Nachrichten rund um die Rechtschreibreform
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22.09.2006
Der Rat hat getagt
Votum für die Varianten – und gegen Duden
(München) Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich bei der Getrennt- oder Zusammenschreibung für ein Festhalten an den zugelassenen Varianten ausgesprochen.
In manchen Fällen müsse das wegen des unterschiedlichen Sinnes offenbleiben, sagte der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair nach einer Sitzung des Gremiums in München. Als Beispiele nannte er "eine Suppe kalt stellen" im Gegensatz zu "einen Politiker kaltstellen" sowie "in der Schule sitzenbleiben" gegenüber "auf einem Stuhl sitzen bleiben".
Mit dem Votum für die Varianten bezog sich der Rat auf die neue Wörterbuchausgabe des Duden, der - im Gegensatz zum Wahrig-Wörterbuch - vor allem im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung bestimmte Varianten empfiehlt. Dies hat nach den Worten von Zehetmair zu Irritationen geführt.
In einem förmlichen Beschluss des Rates dazu heisst es: "Es ist nicht Intention des Rates für deutsche Rechtschreibung, dass vom Rat beschlossene Varianten in den allgemeinen Rechtschreibungswörterbüchern durch Empfehlung nur einer Variante eingeschränkt werden."
Es gebe aber auch Varianten, die keinen unterschiedlichen Sinn ausdrückten - wie "blankputzen" oder "blank putzen", betonte Prof. Ludwig Eichinger vom Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. In diesen Fällen müsse man abwarten, wohin sich der allgemeine Sprachgebrauch entwickele.
Nach jahrelangen erbitterten Debatten war die Rechtschreibreform nach erneuten Korrekturen am 1. August im gesamten deutschsprachigen Raum in Kraft getreten.
Allerdings gelten an den Schulen unterschiedliche Übergangsfristen - in Deutschland ein Jahr, in Österreich seien es zwei und in der Schweiz sogar drei Jahre.
Der Rat will am 22. Juni 2007 zu seiner nächsten Sitzung in Mannheim zusammenkommen und sich dabei unter anderem mit der Schreibweise von Anglizismen wie "Feedback" (auch: "Feed-back") und von Worten auch aus anderen Sprachen wie "Spaghetti" oder "Spagetti" befassen.
sda
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Kommentar von Münchner Merkur, 23. 9. 2006, verfaßt am 23.09.2006 um 15.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4847
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Rechtschreibrat kritisiert neue Duden-Ausgabe
Gremium will sich Anglizismen widmen
München - Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat die neue Duden-Ausgabe kritisiert: "Es ist nicht Intention des Rates, dass vom Rat beschlossene Varianten in den allgemeinen Wörterbüchern durch Empfehlungen nur einer Variante eingeschränkt werden", sagte der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair nach einer Sitzung des Gremiums in München. Im Gegensatz zum Wahrig-Wörterbuch hat sich der neue Duden im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung für bestimmte Varianten ausgesprochen. "Dies hat im Rat Irritationen ausgelöst", so Zehetmair.
Nach jahrelangem erbitterten Streit war die Rechtschreibreform nach erneuten Korrekturen am 1. August im deutschsprachigen Raum in Kraft getreten. Zehetmair betonte, dass sich der Rat bewusst für Varianten bei der Getrennt- und Zusammenschreibung ausgesprochen habe. Als Beispiel nannte er "eine Suppe kalt stellen" im Gegensatz zu "einen Politiker kaltstellen". Trotz seiner Kritik am Duden-Verlag plädierte der Ratsvorsitzende dafür, in die hitzigen Debatten endlich Ruhe einkehren zu lassen.
Der Rechtschreibrat, der 2004 für sechs Jahre eingesetzt wurde, wird im Juni 2007 wieder tagen. Dabei will sich das Gremium mit den Schreibweisen von Anglizismen wie "Feedback" und Fremdwörtern wie "Spaghetti" beschäftigen. Allerdings wolle der Rat nur eine Diskussion anstoßen, konkrete Empfehlungen werde es nicht geben, betonte Zehetmair.
sha
(Link)
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Kommentar von Focus online, 22. 9 .2006, verfaßt am 23.09.2006 um 18.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4853
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Was wird wann getrennt
Die Frage, welche Wörter zusammen geschrieben werden und welche getrennt, hängt vom Sinn ab. Das Verb „blankputzen“ bereitet Experten Kopfzerbrechen.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich bei der Getrennt- oder Zusammenschreibung für ein Festhalten an den zugelassenen Varianten ausgesprochen. In manchen Fällen müsse das wegen des unterschiedlichen Sinnes offenbleiben, sagte der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair nach einer Sitzung des Gremiums. Als Beispiele nannte er „eine Suppe kalt stellen“ im Gegensatz zu „einen Politiker kaltstellen“ sowie „in der Schule sitzenbleiben“ gegenüber „auf einem Stuhl sitzen bleiben“.
Mit dem Votum für die Varianten bezog sich der Rat auf die neue Wörterbuchausgabe des Duden, der – im Gegensatz zum Wahrig-Wörterbuch – vor allem im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung bestimmte Varianten empfiehlt. Dies hat nach den Worten von Zehetmair zu Irritationen geführt. In einem förmlichen Beschluss des Rates dazu heißt es: „Es ist nicht Intention des Rates für deutsche Rechtschreibung, dass vom Rat beschlossene Varianten in den allgemeinen Rechtschreibungswörterbüchern durch Empfehlung nur einer Variante eingeschränkt werden.“
Weitergrübeln und abwarten
Es gebe aber auch Varianten, die keinen unterschiedlichen Sinn ausdrückten – wie „blankputzen“ oder „blank putzen“, betonte Prof. Ludwig Eichinger vom Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. In diesen Fällen müsse man abwarten, wohin sich der allgemeine Sprachgebrauch entwickele.
Nach jahrelangen erbitterten Debatten war die Rechtschreibreform nach erneuten Korrekturen am 1. August im gesamten deutschsprachigen Raum in Kraft getreten. Allerdings gälten an den Schulen unterschiedliche Übergangsfristen – in Deutschland sei das ein Jahr, in Österreich seien es zwei und in der Schweiz sogar drei Jahre, sagte Zehetmair. Wichtig sei, dass nach den hitzigen Debatten nun wieder Ruhe einkehre.
“Feedback“ und „Spaghetti“ im Brennpunkt
Der Rat will am 22. Juni 2007 zu seiner nächsten Sitzung in Mannheim zusammenkommen und sich dabei unter anderem mit der Schreibweise von Anglizismen wie „Feedback“ (auch: „Feed-back“) und von Worten auch aus anderen Sprachen wie „Spaghetti“ oder „Spagetti“ befassen. Allerdings wolle man in dieser Frage nur das Sprachgefühl schärfen, neue Empfehlungen werde es nicht geben.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung war als Reaktion auf die frühe Kritik an den Überlegungen zur Rechtschreibreform gegründet worden. Das Gremium unter dem Vorsitz des früheren bayerischen Kultusministers Zehetmair hatte im Dezember 2004 seine Arbeit für sechs Jahre aufgenommen.
Der im Auftrag der Kultusministerkonferenz (KMK) und entsprechender Gremien anderer deutschsprachiger Länder gegründete Rat hat die Aufgabe, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und diese auf der Grundlage des orthografischen Regelwerks weiterzuentwickeln. Dem Rat gehören derzeit neben Zehetmair 38 Mitglieder aus fünf Ländern mit Deutsch als Amtssprache an.
(mai/dpa)
(Link)
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Kommentar von Mannheimer Morgen, 23. September 2006, verfaßt am 23.09.2006 um 19.37 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4855
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Nur noch beobachten
SPRACHE: Rat für Rechtschreibung zeigt sich zufrieden
Von unserem Korrespondenten Ralf Müller
Die Schlacht und die deutsche Rechtschreibreform scheint geschlagen, die Helden zogen sich am gestrigen Freitag auf das Münchener Oktoberfest zurück. Nicht nur die Sternchen, auch "die Leute, die was arbeiten", dürften sich mal eine Maß genehmigen, befand der Vorsitzende des Rates für deutsche Rechtschreibung, der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair. Die Rechtschreib-Räte wollen sich für den Rest ihrer insgesamt sechsjährigen Amtszeit im Wesentlichen auf das "Beobachten" beschränken, so teilte der Vorsitzende nach der Sitzung des Gremiums in München mit.
Nach jahrelangen Streitereien und Glaubenskämpfen um die künftige Schreibung der deutschen Sprache ist die Reform am vergangenen 1. August in Kraft getreten. In Deutschland haben die Schulen ein, in Österreich zwei und in der Schweiz drei Jahre zu ihrer Umsetzung. Der Rat werde sich jetzt im Wesentlichen darauf beschränken, die Sprachpflege und -gewohnheiten zu beobachten, sagte Zehetmair. "Es gibt keine nennenswerten Probleme mehr."
Einen milden Tadel an den Rechtschreibungs-Marktführer Duden enthält ein Beschluss, den der Rechtschreibrat in München zu den kitzligen Problemen der Getrennt-Schreibung verabschiedete. Es sei nicht Intention des Rates gewesen, dass von ihm beschlossene Schreibvarianten "durch Empfehlung von nur einer Form eingeschränkt werden", heißt es darin. Hintergrund: Die Duden-Redaktion hat in der Reform-Fassung der Rechtschreibung in Fällen wie "sitzen bleiben" oder "kalt stellen" die Getrenntschreibung empfohlen, obwohl der Rechtschreibrat in diesen Fällen das Zusammenschreiben ebenfalls für korrekt erklärte, ohne eigene Präferenzen zu setzen.
"Der Markt und die Menschen" müssten sich jetzt in Sachen Rechtschreibung beruhigen, meinte Zehetmair. Das Ziel des Rates wäre seiner Ansicht nach erreicht, wenn das Gremium mangels Aufgaben in Vergessenheit geraten würde: "Glauben Sie denn", so der CSU-Politiker, "dass ich an dem Job hänge?"
(Link)
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Kommentar von F.A.Z., 25.09.2006, Nr. 223 / Seite 4, verfaßt am 24.09.2006 um 19.48 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4863
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Keine weiteren Empfehlungen
Rat für deutsche Rechtschreibung betrachtet Überarbeitung der Reform offenbar als abgeschlossen / "Markt und Menschen beruhigen"
oll. FRANKFURT, 24. September. Nach der Sitzung des Rates für deutsche Rechtschreibung am vergangenen Freitag hat sich der Eindruck erhärtet, daß die Überarbeitung der Rechtschreibreform als abgeschlossen betrachtet wird und keine weiteren Änderungen mehr geplant sind. In nächster Zeit sollten keine weiteren Empfehlungen veröffentlicht werden, weil der "Markt und die Menschen" erst einmal beruhigt werden müßten, sagte der Ratsvorsitzende, der frühere bayerische Kultusminister Zehetmair (CSU). Er ist auch der Meinung, daß es keine nennenswerten Probleme mehr gibt.
Strittig waren in der vergangenen Sitzung vor allem die neuen Duden-Empfehlungen. Das österreichische Ratsmitglied, Hans Haider, hatte eine Beschlußvorlage eingebracht, die öffentlich klarstellen sollte, daß die Einengung der vom Rat und von den zuständigen Gremien in allen beteiligten Ländern bestätigten Variantenbreite im neuen Duden nicht den Intentionen des Rates entspreche. In der Debatte wurde diese Kritik offenbar erheblich entschärft, so daß es in der endgültigen Beschlußfassung des Rates nur noch heißt: "Es ist nicht Intention des Rates für deutsche Rechtschreibung, dass vom Rat beschlossene Varianten in den allgemeinen Rechtschreibungswörterbüchern durch Empfehlung nur einer Variante eingeschränkt werden." Ausdrücklich sprach sich der Rat bei der Getrennt- oder Zusammenschreibung für ein Festhalten an den zugelassenen Varianten aus.
In manchen Fällen müsse das wegen des unterschiedlichen Sinnes offenbleiben, sagte Zehetmair und nannte als Beispiele "eine Suppe kalt stellen" im Gegensatz zu "einen Politiker kaltstellen" sowie "in der Schule sitzenbleiben" gegenüber "auf einem Stuhl sitzen bleiben". Beschäftigen wollte sich der Rat laut Tagesordnung darüber hinaus mit der Verwirklichung der Reform durch staatliche Stellen, Wörterbuchverlage, Schulbuchverlage und Medien. Nun wolle sich das Gremium, dem nur einige wenige Sprachwissenschaftler angehören, der Sprachbeobachtung widmen, hieß es in einer kurzen Erklärung. Dabei waren bisher nur dreieinhalb von sechs Bereichen der Reform bearbeitet worden: Getrennt- und Zusammenschreibung, Zeichensetzung und Silbentrennung und jene Teile der Groß- und Kleinschreibung, die auch die Getrennt- und Zusammenschreibung berühren. Unbearbeitet sind die Volksetymologien wie "behände", "Stängel", "Tollpatsch", "einbläuen", "nummerieren", die Dreibuchstabenregelung ("helllicht", "Brennnessel", "Nussschokolade"), die Fremdwortschreibung ("Schikoree", "Hämoriden"), die Großschreibung der Tageszeiten (gestern Abend) und die Verwendung des Bindestrichs (das "8-Fache"). Viele Einzelfragen werden nicht im Regelwerk des Rates entschieden, sondern finden sich erst in der Wörterliste.
Noch vor einem Jahr hatte Zehetmair bekräftigt, der Rat werde es sich nicht nehmen lassen, sich mit anderen Feldern der Reform zu beschäftigen, um auch hier Ungereimtheiten zu beseitigen. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede.
Ob und wie die Zeitungen die überarbeitete Reform befolgten, sei offen, hieß es auch beim Rat. Das hängt entscheidend davon ab, wie sich die Nachrichtenagentur dpa entscheidet. Nach einer Kundenumfrage sollen sich die meisten Abonnenten von dpa für die bewährten Schreibweisen ausgesprochen haben. Nun will die dpa bis Jahresende eine Hausorthographie entwickeln und sucht dafür einen Software-Partner, der bereits im Fach tätig ist - "entweder Wahrig oder Duden klassisch". Die Österreicher werden sich dieser anschließen. Die Schweizerische Depeschenagentur steht der ganzen Reform ohnehin kritisch gegenüber und wird nicht einzubinden sein. Nach jahrzehntelangen Debatten war die Rechtschreibreform nach weiteren Korrekturen am 1. August im gesamten deutschsprachigen Raum in Kraft getreten. An den Schulen der betroffenen Länder gelten unterschiedliche Übergangsfristen: in Deutschland ein Jahr, in Österreich zwei und in der Schweiz sogar drei Jahre. Zu seiner nächsten Sitzung in Mannheim will der Rat am 22. Juni 2007 zusammenkommen und sich dabei unter anderem mit der Schreibweise von Anglizismen wie "Feedback" (auch: "Feed-back") und von Worten auch aus anderen Sprachen wie "Spaghetti" oder "Spagetti" befassen.
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Kommentar von Ruth Salber-Buchmüller, verfaßt am 25.09.2006 um 14.39 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4870
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In Werner d'Inkas persönlichen Brief
vom 4. September an mich schreibt er
u.a.:
"Er (der Rechtschreibrat) hat aber dort,
wo die Reform schlimme Sinnentstellungen
brachte, vor allem bei der Getrennt- und
Zusammenschreibung, manches verhindert
Deshalb prüfen wir derzeit die Wörterbücher
und reden mit Kollegen in namhaften Redaktionen
darüber, wie wir in einem abgestimmten Verfahren
möglichste viel von dem Sprachschatz und dem
Nuancenreichtum erhalten."
(Den letzten Absatz hatte ich bereits in die
Diskussionsseite gestellt. Es geht da um die paar
"Banausenwörter" wie Tollpatsch, usw., die die
F.A.Z: nicht übernehmen werde).
Tja, aber alles andere (wie alles "Andere",
wie "Manches" verhindert, s.o.) sind dann keine Banausenwörter?
Werden wir lesen müssen, daß ich "morgen Abend
zuhause" sein werde? Usw., usw.
Wieso schreibt Heike Schmoll heute von "Worten"
aus anderen Sprachen, wie Spagetti....?
Heißt das nicht nach wie vor hier "von Wörtern"?
Die Franzosen haben zur Unterscheidung:
les mots, les paroles.
Dann sind Spagetti und Feed-Back also "paroles"?
Im übrigen finde ich den Schmollschen Beitrag nicht in F.A.Z.-net. Absicht?
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Kommentar von Magdeburger Volksstimme, 23. 9. 2006, verfaßt am 26.09.2006 um 15.30 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4883
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Rat will an Schreibvarianten festhalten
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich bei der Getrennt- oder Zusammenschreibung für ein Festhalten an den zugelassenen Varianten ausgesprochen. In manchen Fällen müsse das wegen des unterschiedlichen Sinnes offenbleiben, sagte der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair gestern nach einer Sitzung des Gremiums in München. Als Beispiele nannte er "eine Suppe kalt stellen" im Gegensatz zu "einen Politiker kaltstellen" sowie "in der Schule sitzenbleiben" gegenüber "auf einem Stuhl sitzen bleiben".
Mit dem Votum für die Varianten bezog sich der Rat auf die neue Wörterbuchausgabe des Dudens, der – im Gegensatz zum Wahrig-Wörterbuch – vor allem im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung bestimmte Varianten empfiehlt. In einem förmlichen Beschluss des Rates dazu heißt es: "Es ist nicht Intention des Rates für deutsche Rechtschreibung, dass vom Rat beschlossene Varianten in den allgemeinen Rechtschreibungswörterbüchern durch Empfehlung nur einer Variante eingeschränkt werden."
Es gebe aber auch Varianten, die keinen unterschiedlichen Sinn ausdrückten – wie "blankputzen" oder "blank putzen", betonte Prof. Ludwig Eichinger vom Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. In diesen Fällen müsse man abwarten, wohin sich der allgemeine Sprachgebrauch entwickele.
Nach jahrelangen erbitterten Debatten war die Rechtschreibreform nach erneuten Korrekturen am 1. August im gesamten deutschsprachigen Raum – mit unterschiedlichen Übergangsfristen – in Kraft getreten. Wichtig sei, dass nach den hitzigen Debatten nun wieder Ruhe einkehre, sagte Zehetmair.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung unter dem Vorsitz des früheren bayerischen Kultusministers Zehetmair hatte im Dezember 2004 seine Arbeit für sechs Jahre aufgenommen. Er soll die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum bewahren und diese auf der Grundlage des orthografischen Regelwerks weiterentwickeln. (dpa)
(Link)
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Kommentar von Süddeutsche Zeitung, 23./24. 9. 2006, verfaßt am 27.09.2006 um 15.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4894
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Damit Ruhe einkehrt
Rat für deutsche Rechtschreibung schließt Reformprozess vorerst ab
"Der Rat hat sich verständigt, in der nächsten Zeit nicht mit Empfehlungen zu kommen, weil der Markt und die Menschen erst mal beruhigt werden sollen." Mit diesen Worten beendete Hans Zehetmair die neunte Sitzung des Rats für deutsche Rechtschreibung in München. Das Gremium, das wegen anhaltender Kritik an der 1996 eingeführten Rechtschreibreform von der Kultusministerkonferenz beauftragt worden war, Änderungsvorschläge zu erarbeiten, schließt seine Arbeit an den umstrittenen, zum dritten Mal reformierten Rechtschreibempfehlungen vorerst ab. Langfristige Aufgabe des Rats sei es, die Entwicklung der deutschen Sprache zu beobachten, so Zehetmair. Ob und inwieweit Presseorgane die jetzige Fassung der reformierten Orthografie umsetzen werden, bleibe abzuwarten. Die überarbeitete Reform, die am 1. August dieses Jahres in Kraft trat, räumt deutschen Schulen eine einjährige Übergangsfrist zur Umstellung auf die neue Schreibweise ein. In Österreich dürfen die Schüler zwei und in der Schweiz drei Jahre lang üben, ob man "Résumé" oder "Resümee" schreibt. Der Rat jedenfalls lässt Varianten zu.
Nicola Roeb
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 27.09.2006 um 23.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4897
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Aus den von der Südd. Zeitg. geschilderten Fakten ziehe ich folgende Schlüsse:
Die Empfehlungen des Rechtschreibrats haben sich als geschäftsschädigend für die Wörterbuchverlage erwiesen und sollen deswegen unterbleiben. Die Verlage sind ja im Rat stark vertreten.
Die Beobachtung der Rechtschreibentwicklung halte ich für nicht ergiebig, weil letztere immer mehr von den Rechtschreibkorrekturprogrammen bestimmt wird, welche ihrerseits auf den vorhandenen Wörterbüchern aufsetzen.
Ein Fortschritt in der Sache kann nur noch durch anhaltende laute Kritik an den vom Rat unerledigten Gebieten bewirkt werden. Besonders stoßen mir dabei die übertriebenen Großschreibungen auf.
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Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 28.09.2006 um 10.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4898
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Die Beobachtung der Rechtschreibentwicklung halte ich für nicht ergiebig, weil letztere immer mehr von den Rechtschreibkorrekturprogrammen bestimmt wird, welche ihrerseits auf den vorhandenen Wörterbüchern aufsetzen.
Im Prinzip sollte das so sein.
Im Prinzip sollte man in keiner Zeitung mehr Wortfehlschreibungen finden (gemeint sind Buchstabenzusammenstellungen, die es so im Deutschen nicht gibt). Meiner laienhaften Beobachtung nach ist das nicht der Fall. Ich habe den Eindruck, daß es mehr solche Fehler (z.B. Tippfehler) gibt als früher. Das läßt den Schluß zu, daß die Rechtschreibkontrolle (manuell oder maschinell) eben doch nicht der letzte Schritt ist oder daß entgegen dem Behaupten der Kollege Computer halt doch nicht durchgehend zum Einsatz kommt.
Ich habe den Eindruck, daß viele sich von Rechtschreibprogrammen zuviel erwarten. Sie sind nützlich zum Auffinden von Tippfehlern, aber eine Rundum-Sorglos-Lösung sind sie nicht.
Ein Wort-zu-Wort-Vergleichsprogramm (die meisten "Rechtschreibprogramme" sind solche) kann die Schreibung "flasch" für "falsch" als nicht im Wörterbuch vorhanden erkennen, die nicht unverbreitete Schreibung "währe" für "wäre" aber nicht. Dafür wäre eine Sinnanalyse erforderlich, und von einer solchen sind aktuelle Computerprogramme weit entfernt.
Der "selbst verursachten" Verunsicherung der Schreibgemeinschaft folgend hat man die Groß-Klein-Schreibung von Zahlwörtern und Pronomina weitgehend freigegeben und damit ärgerlicherweise die Trivialregel "Man schreibt groß, wenn ein Artikel davorsteht" gestärkt. Auch hier darf man dem Computer nicht freie Hand geben. Ohne Grammatikanalyse erkennt er nicht, daß der Satz "Soll ich nun das blaue Hemd nehmen oder das Rote" fehlerhaft geschrieben ist. Ein menschlicher Schreiber erkennt den Fehler ohne Grammatikkenntnis und -analyse übrigens auch nicht, entsprechend zugenommen hat dieser Fehlertyp in öffentlichen (und wohl auch privaten) Texten.
In Niedersachsen hat gerade die Kommunalwahl stattgefunden; Wahlplakate enthalten in aller Regel nur wenig Text. Mich hat verblüfft, wie wenig Text reicht, um darin einen Fehler zu stauen: "Wählt xx; weil Stadt und Region zusammen gehören", stand auf einem Plakat. Noch vor wenigen Jahren wäre ein solches Plakat wohl so nicht in den Druck gegangen.
Wenn man wollte, gäbs also eine ganze Menge Schreibgebrauch zu beobachten.
Will man denn?
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Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 04.10.2006 um 17.58 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=509#4951
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Martin Gerdes hat die zunehmend desolate Schreibung in deutschen Zeitungen wahrgenommen wie sicher viele andere aufmerksamere Leser. Seit 1988 verfolge (und dokumentiere ich für mich) dieses wenig erbauliche "Phänomen". Es hängt weniger mit der amtlich gesteuerten Orthographieverwirrung als mit der Computerisierung der Publizistikbranche zusammen. Früher gingen Korrektoren, ja sogar Setzer noch einmal über den Text, den ein Journalist (in ewiger Eile mit Zeilenhonorar) abgesondert hatte. Heute geht der Text – nach Prüfung seiner "political correctness" (sprich: Opportunismus) – direkt zum Layouter als optisch, aber nicht graphemisch Trainierten. Das Ergebnis hat dann der Leser vor sich. Auch die immer noch halbwegs redigierte FAZ enthält seit der Jahrtausendwende eine ständig zunehmende Anzahl von Tippfehlern, Schreibfehlern, Trennungsfehlern und merkwürdigen Schreibungen, wenn man von den ebenfalls ins Kraut schießenden semantischen Aporien in Expressnomination und "heavy-duty"-Textung absieht.
Die nun installierte permanente Orthographieabänderung macht Rechtschreibhilfen zu Schreibprogrammen wertlos. Je mehr Varianten zulässig sind, desto hilfloser werden sie, weil sich zum "Regelwerk" kein sinnvoller Algorhythmus entwickeln läßt. Trennprogramme, die die liberalisierte "Silben"trennung berücksichtigen, wie etwa das von WORD, schlagen Unsägliches bzw. Unlesbares vor und sind (auch nach Schütteln) nicht zu gebrauchen.
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