07.08.2004


CDU-Reformgegner gewinnen Terrain

Rücknahme der Rechtschreibreform würde an Hamburg nicht scheitern

Der Druck auf die Ministerpräsidenten, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, wächst. Immer mehr Länderchefs sind bereit, sich von dem Reformversuch zu verabschieden. So sagte ein Sprecher des Ersten Bürgermeisters von Hamburg, Ole von Beust (CDU), der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Eine Rücknahme der Reform durch die Kultusminister würde an Hamburg nicht scheitern.“ Bislang verhalte sich der Senat der Hansestadt jedoch neutral.

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte dem Blatt, man solle jetzt “das Scheitern der Rechtschreibreform“ eingestehen. “Wir sind kurz vor dem Ziel. Jetzt können wir es wirklich schaffen, mit einem mutigen Sprung zur alten Rechtschreibung zurückzukehren.“

Nach Ansicht von Wulff müßten die Ministerpräsidenten auf ihrer Konferenz Anfang Oktober Konsequenzen ziehen. “Viele Länderchefs sagen mir hinter vorgehaltener Hand, sie hätten von Anfang an Unbehagen gehabt, wollten ihren Kultusministern nicht in den Rücken fallen.“ Jetzt sollten sich die Ministerpräsidenten “einen Ruck geben, die klassische Rechtschreibung als Ausgangsbasis zu nehmen, um von dieser Grundlage aus für eine behutsame Weiterentwicklung zu sorgen.“ Allerdings wies Wulff auf die nötige Einstimmigkeit der Länderchefs hin. Die größte Gefahr sei, “daß sich ein Ministerpräsident querstellt und sich die anderen dann hinter ihm verstecken können. Es ist bedrückend, daß der Langsamste das Tempo bestimmen kann“.

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) nannte die Entscheidung der Großverlage “den entscheidenden Markstein“, der für ganz Deutschland die Rückkehr zur alten Schreibweise markiere. “Damit ist die unsinnige Reform gekippt. Wir werden nun prüfen, inwiefern wir in allen Bereichen der Landesverwaltung nur noch die alte Rechtschreibung anwenden werden.“

Der Chef der nordrhein-westfälischen CDU, Jürgen Rüttgers, sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: “Als erstes sollten die Ministerpräsidenten nach der Sommerpause die endgültige Einführung der Reform stoppen und diese wichtige Frage nicht ausschließlich den Kultusministern überlassen.“ Die CDU werde nach einem Wahlsieg bei der Landtagswahl im Mai 2005 dafür sorgen, daß man zu den bewährten Regeln zurückkehrt.

Bei CDU und FDP wird der Schritt von Springer und “Spiegel“ gelobt. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: “Ich begrüße es ausdrücklich, daß große deutsche Verlage zur alten Rechtschreibung zurückkehren.“

Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Gerhardt, hält die Rechtschreibreform für gekippt. “Damit ist der Versuch gescheitert, unsere Sprache gegen den Willen des Volkes in ein künstliches Korsett schnüren zu wollen“, sagte Gerhardt der Zeitung. Er freue sich darüber und werde “meiner Fraktion im Bundestag und allen Mitarbeitern empfehlen, fortan nur noch die alte Schreibweise zu benutzen.“

Quelle: F.A.Z.
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