05.08.2006


SDA

Zitate und Chronologie

Dossier zur Rechtschreibreform

Bern (sda) Selbst namhafte Exponenten der Rechtschreibreform halten sie für gescheitert. Nachfolgend einige Zitate:

"Die Zahl der Einzelfestlegungen und Ausnahmen ist mit der Neuregelung kaum kleiner geworden." (Horst Sitta/Peter Gallmann, Handbuch Rechtschreiben, Zürich 1996)

Hans Zehetmair, einst als bayerischer Kultusminister verantwortlich für die Einführung der Reform, heute Vorsitzender des Rates für Rechtschreibung: "Wir hätten die Rechtschreibreform nicht machen sollen. Ich sage: Politik, Hände weg von einer Rechtschreibreform! Sprache ist ein dynamischer Prozess, sie muss wachsen und entstehen." (30. April 2003, Passauer Neue Presse)

Die brandenburgische Wissenschaftsministerin Johanna Wanka, die im letzten Jahr Präsidentin der deutschen Kultusministerkonferenz war: "Die Kultusminister wissen längst, dass die Rechtschreibreform falsch war. Aus Gründen der Staatsräson ist sie nicht zurückgenommen worden." (Der Spiegel 1/2006)

Hans Zehetmair über das dritte amtliche Regelwerk, das vom Rat für Rechtschreibung mit Zweidrittelmehrheit beschlossen wurde: "Eine Zweidrittelmehrheit bedeutet natürlich auch manchen Kompromiss, der vielleicht für die Sprache nicht das Beste ist." (Rheinischer Merkur, 16. Februar 2006)

Der Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) meinte zur Arbeit des Rates für Rechtschreibung: "Der LCH weist die Vorschläge des Rates vollumfänglich zurück und verlangt, dass die Pflege der Rechtschreibung grundlegend neu und diesmal professionell geordnet wird." (1. Dezember 2005, www.lch.ch)

"Der Rat für Rechtschreibung aber, für weitere fünf Jahre berufen, will jetzt in ruhige Gewässer kommen und peu à peu die Rechtschreibung den Schreibgewohnheiten anpassen." (Hans Zehetmair, FAZ, 28.2.2006)


Die Gremien

Bern (sda) Fast 20 Jahre hat es gedauert, bis die Rechtschreibreform nun in ihrer dritten und vorläufig "endgültigen" Variante zum Abschluss gekommen ist:

1980: Wissenschaftliche Tagung in Basel (Thema: Rechtschreibreform). Es bildet sich der "Internationale Arbeitskreis für Orthographie". Arbeit in Arbeitsgruppen und auf Tagungen. Massgeblich beteiligt ist die Kommission für Rechtschreibfragen des Instituts für deutsche Sprache (IDS), Mannheim.

1986 nehmen in Wien erstmals politische Beamte an einer Tagung teil.

1987 beauftragt die deutsche Kultusministerkonferenz und das Bundesministerium des Innern das IDS damit, ein Regelwerk zu erstellen.

1992 wird ein Vorschlag vorgelegt. Er wird besprochen und vielfach abgeändert.

1.7.1996: Deutschland, Österreich und die Schweiz unterzeichnen in Wien eine Gemeinsame Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung.

März 1997: Die Zwischenstaatliche Kommission für die deutsche Rechtschreibung wird eingesetzt. Auftrag: Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung, Begleitung der Einführung der Neuregelung, Beobachtung der Sprachentwicklung, Anpassung des Regelwerks.

Juni 2004: Das zweite amtliche Regelwerk wird von den Behörden gebilligt.

Dezember 2004: Wegen mangelnder Akzeptanz wird die Zwischenstaatliche Kommission ersetzt durch den Rat für deutsche Rechtschreibung, in dem auch Reformgegner einsitzen. "Dieser Rat hat die Aufgabe, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und die Rechtschreibung auf der Grundlage des orthografischen Regelwerks (Regeln und Wörterverzeichnis von 1996 in der Fassung von 2004) im unerlässlichen Umfang weiterzuentwickeln." Vorsitz: alt Staatsminister Hans Zehetmair.

Februar 2006: Der Rat legt das dritte amtliche Regelwerk vor.

Juni 2006: Die Konferenz der Erziehungsdirektoren stimmt zu.

Juni/Juli 2006: Es erscheinen ein neuer Wahrig (Vorgänger: Juli 2005) und ein neuer Duden (Vorgänger: August 2004). Merkmal: Unzählige Varianten und Tausende von Abweichungen bei den empfohlenen Varianten. Hans Zehetmair verwahrt sich öffentlich dagegen, dass der Duden mit seinen Empfehlungen die Arbeit des Rates für Rechtschreibung unterlaufe.



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