23.12.2007


Theodor Ickler

Ein jüngerer Germanist

Das deutsche Adjektiv und seine Steigerung

Igor Trost: Das deutsche Adjektiv. Hamburg: Buske 2007.
Von Hans Werner Eroms betreute Dissertation.

Extrem weitschweifige Fleißarbeit, in der trotzdem wichtige Literatur nicht berücksichtigt ist, die dem Verfasser hätte helfen können.

Bei Trost wird das Adjektiv so definiert, daß die Definition nur für das Deutsche als flektierende Sprache gilt. Ein Vergleich mit anderen Sprachen, schon mit dem Englischen, ist also nicht möglich.

ledig sei ein absolutes Qualitätsadjektiv, Trost erkennt nicht das Relationale daran.

Adjektive, die nur prädikativ gebraucht werden, nennt er monoprädikativ, entsprechend monoattributiv - ziemlich ungeschickt.

Ein so interessantes Adjektiv wie unzählig wird überhaupt nicht erwähnt, ich kann es auch auf der beigefügten CD-ROM nicht finden. Interessant ist es schon deshalb, weil im Langenscheidt Großwörterbuch DaF angegeben ist, es werde "nur attr und adv" gebraucht, aber adverbialer Gebrauch kommt praktisch nicht vor, wenn man nicht die feste Verbindung unzählig viele dazu rechnen will.

Unflektierte Verwendung wird bei Trost damit erklärt, daß die Flexion hier überflüssig sei. Aber dann wäre sie in Sprachen wie Italienisch auch überflüssig, und im Englischen ist sie immer überflüssig, und trotzdem verfahren diese Sprachen sehr verschieden!

Der absolute Komparativ wird als Aufwärtsgraduierung (jüngere Dame) und Abwärtsgraduierung (ältere Dame) aufgefaßt. Diese Komparativbildung wird zur Wortbildung gerechnet, die explizit vergleichende (Max ist älter als Moritz) dagegen zur Flexion. Trost behauptet mit einer ziemlich sonderbaren Begründung sogar: "Der Flexionscharakter der mit dem Positiv lexikalisch identischen Vergleichskomparative (...) ist unbestreitbar." (73) Er äußert sich nicht dazu, daß dann flektierte Formen eine zweites Mal flektiert werden müßten.

Außerdem verkennt er die Logik der absoluten Komparative: eine Dame, die eher alt (als jung) ist. Oder: "Wenn ich zwischen alt und jung wählen müßte, würde ich eher sagen alt." Auch diese Komparative sind also durchaus vergleichend. Das ist doch längst geklärt. Der Vergleich findet auf einer anderen Ebene statt, Skinner würde von einem autoklitischen Sprachverhalten sprechen.

Trost schreibt allein stehend getrennt, spricht aber trotzdem von "Partizipialadjektiv". Beim "kataphorischen Partizipialadjektiv" folgend wird an keiner Stelle, soweit ich sehe, erwähnt, daß dieses Wort pronomenähnlich ohne Artikel gebraucht werden kann: folgende Anmerkung usw. Dies hätte den Verfasser vielleicht auf die sinnvolle, den Kultusministern aber nicht genehme Kleinschreibung folgendes führen können. Ebenso bei nachstehend (S. 142). reihenbildend/Reihen bildend (auf derselben Seite), die Silbentrennung istuneinheitlich.

Mir fällt gerade auf, daß die Gemeinsame Erklärung der Professoren gegen die Rechtschreibreform von keinem Passauer Hochschullehrer unterzeichnet worden ist. Kann natürlich Zufall sein. (In Passau werden sogar die "Ethik"-Lehrer an der Theologischen Fakultät ausgebildet ...)


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