06.01.2007


Theodor Ickler

Neue Unruhe

Zweimal dreitausend Empfehlungen – was bedeutet das?

Zehetmair und die Seinen glaubten sich nach dem Einknicken der FAZ befriedigt zurücklehnen zu können.
Den Widerstand der FAZ zu brechen war nachweislich ein besonderer Herzenswunsch des ehemaligen Kultusministers, dessen Schuld um so unübersehbarer blieb, solange noch die Fahne der unverschandelten Rechtschreibung hochgehalten wurde.

Nun haben sich aber die Reformer selbst einen mächtigen Block in den Weg gelegt. Statt eines wenn auch kirchhofsmäßigen Friedens auf den Trümmern der Reform haben wir nun zweimal 3.000 Empfehlungen, die sich hochgerechnet in ungefähr 1.000 widersprechen, zum Teil geradezu grundsätzlich und programmatisch. Es scheint mir nicht möglich, die Gegensätze in absehbarer Zeit etwa durch ein einheitliches Rechtschreibprogramm aufzufangen. Die beiden Hausorthographien werden ja wohl in Kürze auch als Korrekturprogramme vorliegen und damit auf Dauer gestellt sein. Hinzu kommt die Entschlossenheit der FAZ, einiges Verbindliche nicht mitzumachen. Auch weichen schon jetzt manche großen Zeitungen von dem ab, was den gemeinsamen Kern von Duden und Wahrig ausmacht, z. B. „Fantasie“ usw.

Die Folgen dieser Entwicklung, die Zehetmair wohl noch gar nicht begriffen hat, dürften denen einer vierten Rechtschreibreform innerhalb von zehn Jahren gleichkommen. Wie wird die Schule damit fertig werden? Sobald unsere Untersuchungen zu den neuen Wörterbüchern abgeschlossen sind, müssen wir diese Frage den Kultusministern vorlegen und darauf dringen, daß der Rechtschreibrat seine Arbeit wiederaufnimmt.


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