12.03.2006


Theodor Ickler

Weise Beschränkung

Befunde zur GZS

„Die Sprache lebt.“ Das sagt sich einfach und klingt im Munde der Reformer so falsch.
Wir machen die Probe aufs Exempel. Warum überläßt man es den Leuten nicht einfach, wie sie die Getrennt- und Zusammenschreibung handhaben? Der Befund war stets uneinheitlich. Ich habe das bei den Vorarbeiten zu meinem Wörterbuch festgestellt. Meine Sammlungen füllen ganze Kladden, ich beschränke mich hier auf einige Beispiele aus Süddeutscher Zeitung und FAZ vor der Reform:
bereitfinden
bestehenbleiben
hängenbleiben
steckenbleiben
stehenbleiben
fallenlassen
stehenlassen
kaputtmachen
leichtfallen
sauberhalten
verlorengehen
zugrundelegen, -liegen


In allen diesen Fällen wurde in unterschiedlichen Zahlenverhältnissen, aber hinreichend deutlich sowohl zusammen- als auch getrennt geschrieben, unabhängig von den jeweils eindeutigen Dudenfestlegungen.

Fast nur getrennt schrieb man genau nehmen (aber sehr oft genaugenommen), fast nur zusammen dagegen zufriedenstellen. Ein Grund für diese unterschiedliche Entwicklung, die offensichtlich noch im Fluß war, ist entweder nicht auszumachen oder so fein gesponnen, daß es sich nicht lohnt, praktische Normen daraus abzuleiten. Daran ist der Duden gescheitert (was aber kaum bemerkt wurde), daran scheitert auch jede Reform, die nicht die weise Zurückhaltung der Zweiten Orthographischen Konferenz von 1901 übt.


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