17.01.2006


Theodor Ickler

Wh

Was ist das?

Lehrer sind gehalten, „Wiederholungsfehler“ anzustreichen.
Damit sind sie heillos überfordert, denn niemand weiß, was ein Wiederholungsfehler ist. Ich führe in Vorträgen gern vor, was meiner damals neunjährigen Tochter 1996 in der dritten Klasse widerfahren ist („es tut mir sehr leid“ wurde grün angestrichen und in „Leid“ verschlimmbessert, wie von Minister Zehetmair angeordnet). Im selben Text, dem ersten Aufsatz der Klasse überhaupt, steht aber auch mehrmals „Wh“ am Rande, und das wurde auch angerechnet. Der kleine Text handelt von einem beschädigten Buch, und es kommt tatsächlich sowohl im ersten als auch im zweiten Satz das Wort „Buch“ vor, folglich ein Wiederholungsfehler ...
Man muß sich wundern, daß das Mädchen (übermorgen wird sie volljährig) die Lust am Schreiben nicht verloren hat, denn die nächsten Jahre waren auch nicht erfreulicher, im Gegenteil, der Deutschunterricht wurde erst am Gymnasium so richtig schlimm; trotzdem ist Deutsch ihr Lieblingsfach geblieben.
Aber zurück zum Wiederholungsfehler. Sehen Sie sich mal Kafkas „Vor dem Gesetz“ an! Da braucht man bloß wenige Zeilen zu lesen, um den armen Tropf von jedem Anspruch auf Sprachkunst ein für allemal auszuschließen. Caesar stümpert im Bellum gallicum vor sich hin, daß es zum Davonlaufen ist (natürlich magnis itineribus), bloß 1.300 Wörter benutzt er für das ganze Werk.
Also was ist ein Wiederholungsfehler?


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