09.01.2016


Theodor Ickler

Sprachverführtheit

Logisch-semantische Abwege

Bei Eisenberg zum Beispiel werden getauft und entdeckt zu den "absoluten Adjektiven" gerechnet. Dazu einige kritische Gedanken:

Bei getauft richtet sich die Analyse nach religiösen Vorgaben. Die Taufe „prägt“ nach christlicher Auffassung den Täufling, bringt ihm also eine Eigenschaft bei (character indelebilis) wie einer Münze. Aus der Sicht der Ungläubigen besteht das Getauftsein hingegen in der Einfügung in einen sozialen Zusammenhang: im Wissen anderer Personen, daß jemand dem Taufritual unterzogen worden ist. Dieses Wissen teilt der Getaufte meistens, aber nicht notwendigerweise und nicht im Säuglingsalter; es kann auch in schriftlichen Quellen niedergelegt sein.

Entdeckt zu werden kann für ein Land und dessen Bewohner Folgen haben, aber entdeckt zu sein ist keine Eigenschaft. Wenn eine Tierart entdeckt wird, dann wissen einige Menschen fortan, daß es diese Art gibt; sie verändern sich also durch die Entdeckung, auch wenn der Ausdruck suggeriert, daß die Tierart eine Eigenschaft hinzugewonnen habe. Ebenso verhält es sich mit „Bekanntheit“.

Die Adjektive entdeckt und bekannt werden zwar auch ohne nähere Bestimmung benutzt, aber es ist immer aus der Situation oder dem Kontext mitverstanden, durch wen etwas entdeckt oder wem es bekannt ist.

Diese Kritik läßt sich auf sehr viele Wörter anwenden, die unter dem Eindruck ihrer Grammatik logisch-semantisch gedeutet werden.


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