01.07.2013


Theodor Ickler

Wanzen

Aus der Steinzeit des Abhörens

Die EU will ihre Büroräume auf amerikanische Wanzen untersuchen. Das erinnert mich an ein Erlebnis, das nur indirekt mit Sprache zusammenhängt.
Ich war nämlich noch zu Ceausescus Zeiten als Gast des Goethe-Instituts in Rumänien und hielt Vorträge über die deutsche Sprache. Als der Leiter des Instituts in Bukarest mir etwas Vertrauliches erzählen wollte, lud er mich zu einem Spaziergang nach draußen, denn sein Büro war selbstverständlich verwanzt. Einmal wurde ihm die defekte Wasserspülung zu lästig, er schlug mit der Faust auf den Tisch und brüllte etwas Einschlägiges, und eine halbe Stunde später stand der Installateur vor der Tür.

Im Restaurant des besten Hotels konnte ich meine Gesprächspartnerin kaum sehen, weil zwischen uns ein riesiger Plastikblumenstrauß in einer Vase stand. Darin war das Mikrofon verborgen, wie jeder wußte. (Das Abendessen war offensichtlich verdorben, denn ich hatte danach die schlimmsten Koliken meines Lebens.)

Auf den prächtigeren Straßen der Hauptstadt hing alle zehn Meter ein Porträt des Führers, und in den Buchhandlungen war das Werk seiner Gattin (Lehrbuch der Biochemie oder so ähnlich, natürlich nicht von ihr geschrieben) zu Pyramiden getürmt, und viel größer war das Angebot auch nicht.

Mit der deutschen Sprache in Rumänien (ich war außerdem noch in Temesvar) ist es seither stark bergab gegangen, die Abwanderung war unvermeidlich, das war mir schon klar, als ich sah, wie dieses schöne Land heruntergewirtschaftet und demoralisiert war.


Den Beitrag und dazu vorhandene Kommentare finden Sie online unter
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1562