15.07.2012


Theodor Ickler

Ohne große Mühe

Latein reicht fürs ganze Leben

2002 hielt der Journalist Theo Sommer auf dem Kongreß des Altphilologenverbandes einen Vortrag „Latein und Griechisch – heute erst recht!“. Der Text wurde auch in der ZEIT abgedruckt; der Verbandsvorsitzende Helmut Meißner beruft sich darauf beim Kongreß zwei Jahre später (Forum Classicum 2004).

Sommer hatte, wie er berichtet, sieben Jahre Lateinunterricht. Seit seine 13jährige Tochter Katharina sich für Latein entschieden hat, frischt er seine Kenntnisse auf: „Seitdem habe ich mich wieder ein Stück weit in die Feinheiten und Schönheiten dieser Sprache vertieft, auch in ihre Vertracktheiten. Vor vierzehn Tagen habe ich zusammen mit Katharina die Gründungssage Roms übersetzt. Es hat mich mit großer Befriedigung erfüllt, dass ich den Text des Livius noch immer ohne große Mühe grammatikalisch aufzuschlüsseln und ins Deutsche zu dolmetschen wusste: ‚Tunc et eo loco, ubi Faustulus geminos invenerat, urbem novam condere constituerunt. Sed quod uterque frater regnare cupivit, Romulus et Remus in foedum certamen venerunt. Romulus autem iratus fratrem interfecit.‘

Sommer hat offenbar nicht erkannt, daß er es mit einem leichten Übungstext aus einem Schulbuch zu tun hatte. (Darin bleibt übrigens unerklärt, warum Romulus „iratus“ war.)

Bei Livius steht: Tenet fama cum fluitantem alveum, quo expositi erant pueri, tenuis in sicco aqua destituisset, lupam sitientem ex montibus qui circa sunt ad puerilem vagitum cursum flexisse; eam submissas infantibus adeo mitem praebuisse mammas ut lingua lambentem pueros magister regii pecoris invenerit—Faustulo fuisse nomen ferunt—ab eo ad stabula Larentiae uxori educandos datos. (...) Volgatior fama est ludibrio fratris Remum novos transiluisse muros; inde ab irato Romulo, cum verbis quoque increpitans adiecisset, "Sic deinde, quicumque alius transiliet moenia mea," interfectum. Ita solus potitus imperio Romulus; condita urbs conditoris nomine appellata.

Sommer, übernehmen Sie! – Soweit zur Beschäftigung mit den „Feinheiten und Schönheiten“ der lateinischen Sprache...


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