03.12.2011


Theodor Ickler

Bildung

Geht es nur um Quiz-Tauglichkeit?

Wir erinnern uns noch an Sloterdijks genialen Vorschlag, der Kohle das Kohlendioxid zu entziehen, bevor sie verbrannt wird ... Bekanntlich ist der Philosoph durch einen solchen Beweis seiner Unwissenheit keineswegs erledigt, sondern tanzt nach wie vor auf sämtlichen Hochzeiten.

Unser alter Freund Peter Schmachthagen schrieb am 29.4.2006:

"Niemand kann alles wissen, aber ein gutgemischter Bodensatz sollte es schon sein, um erfolgreich als Quizkandidat abzuschneiden. Sonst geht es Ihnen wie dem Studenten bei Jörg Pilawa, der bei der Frage nach dem Vater von Kain und Abel stotterte, die Typen aus dem Alten Testament kenne er nicht. 'Aber ein Name wird Ihnen doch einfallen', half Pilawa. Der Kandidat murmelte: 'Moses?'"

Muß man alle Einzelheiten der abrahamitischen Religionen kennen? Was weiß der Gebildete denn vom Hinduismus?

Liane von Billerbeck interviewte im Deutschlandradio am 21.9.11 den Journalisten und Papstkritiker Alan Posener. Dabei sagte sie:

"Es gibt ja einen Satz, den kennt fast jeder, selbst wenn er es mit dem Herrgott und der Kirche nicht so hat. Ich meine den Beginn der Bibel: 'Am Anfang war das Wort.'"

Der freundliche Herr Posener verzichtete darauf, sie auf ihren Irrtum hinzuweisen, korrigierte ihn vielmehr nur implizit im weiteren Gesprächsverlauf. (Nebenbei: Meine Frau hat Posener ebenfalls interviewt, und zwar neulich im Jubiläumsheft 200 der Zeitschrift "Graceland". Jeder Gebildete sollte es gelesen haben ...)

Sehen wir uns aber an, was Schmachthagen selbst an Bildung aufzuweisen hat, so stoßen wir auf dies:

"Nahm man vor 100 Jahren an, das Wissen der Menschheit werde sich in 100 Jahren verdoppeln, lehrte man unsere Kinder, es verdoppele sich alle fünf Jahre, so sagen Informatiker voraus, das Menschheitswissen werde sich 2050 alle fünf Minuten verdoppeln."

Stellen wir uns einen beliebigen Tag im Jahre 2050 vor! Das Wissen vom frühen Morgen hätte sich dann schon um die Mittagszeit so vermehrt, daß "astronomisch" eine starke Untertreibung wäre.

"Bodensatz" war schon richtig ...


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