16.02.2011


Theodor Ickler

Pronominaladverbien

Für was oder wofür?

Vor einiger Zeit habe ich auf eine allzu rigide Norm in der Schüler-Wahrig-Grammatik (Lutz Götze) hingewiesen:

www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=870

„Falsch, obwohl gebräuchlich: *Um was geht es? *Für was setzt ihr euch ein?“ (297)

Andere Grammatiken und Ratgeber sehen diese analytische Form als "umgangssprachlich" an und warnen nur vor dem Gebrauch in Schriftstücken. Auch das ist unrealistisch. Es mag stilistisch etwas besser sein, das Pronomianal- bzw. Präpositionaladverb zu verwenden, aber die Zahl der Belege auch für die inkriminierte Form ist überwältigend. Das wußten natürlich auch die großen alten Grammatiken der deutschen Sprache.
Sick hat sich auch damit beschäftigt:

http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,376735,00.html

Er ist weder orginell in seinem Urteil noch umsichtig genug, um die interessanteren Teile des Problems zu erkennen.

Zunächst einmal fehlt die Verbindung mit hin und her; es sind also nicht nur Präpositionen.

Sick schreibt:

„Die Antwort auf die Frage 'Liegt es am Wetter?' könnte lauten: 'Ja, es liegt an ihm'. Üblicherweise drückt man es aber kürzer aus: 'Ja, es liegt daran' oder 'Ja, daran liegt es'.“ (Sick)
Das ist aber gar nicht kürzer.

„Pronominaladverbien werden auf Deutsch Umstandsfürwörter genannt; das sind kleine nützliche Platzhalter, die eine Fügung aus Präposition und Pronomen ersetzen.“

„Die Neigung, das vorangestellte "wo" durch ein nachgestelltes "was" zu ersetzen, ist allerdings nicht nur im Norden vorhanden.“

A ersetzt B, und dann wird B durch A ersetzt, oder wie?

Vor allem entgeht ihm der Unterschied zwischen Person und Nichtperson, den alle Grammatiken behandeln.

Blatz I:618:
„Mit Bezug auf Personen dürfen, streng genommen, die adverbialen Verschmelzungen nicht gebraucht werden. Ungewöhnlich: Das Mädchen, wovon du gestern ein Lied sangst, kriegte einen Mann durch Witz (Göthe). Ein Vater hatte zwei Söhne, davon war der älteste klug und gescheit (Gebr. Grimm). (...) Nicht gerade selten ist darunter, worunter, wovon.“

Auch in neueren Grammatiken wird das "Verbot" für den Bezug auf Personen angegeben, aber oft nicht beachtet, daß gerade der Plural dann wieder ausgenommen werden muß, denn es ist völlig normal zu sagen: "An der Ecke standen einige Kinder, darunter meine beiden Töchter." Die Gruppe von Personen ist nämlich selbst keine Person ...

Die analytische Fügung wird fast unmöglich, wenn das Pronomen "es" lautet, folglich im Akkusativ und zugleich im Fokus einer Präposition stehen müßte: "Für es interessiere ich mich nicht." (Kommt vor, aber selten, und klingt hart! Es geht hier um eine besondere Einschränkung, die das "es" betrifft, das im Akkusativ ja auch nicht am Satzanfang stehen kann..)

Sick streift noch kurz das norddeutsche Auseinanderreißen: "Da kann ich nichts für" usw., das man auch "Preposition stranding" nennt, obwohl es nicht genau mit dem englischen Phänomen übereinstimmt. Eigentlich ist es das ältere Verfahren.

Sick beklagt sogleich den „Rückgang“ oder das „Verschwinden der Umstandsfürwörter aus der Alltagssprache“. Das ist aber nicht bewiesen. Vielleicht läßt die Verbindlichkeit der ohnehin unrealistischen Stilnorm nach.


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http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1417