30.12.2010 Theodor Ickler Ein Volk von KlapprechnernFalsche und richtige „Sprachpflege“Im Verkehrsministerium soll nach dem Willen des Ministers der Laptop nur noch Klapprechner heißen.Damit zieht sich Ramsauer das Lob der Sprachschützer zu, die diesen Eindeutschungsvorschlag auch erfunden oder zumindest verbreitet haben. Erreicht wäre mit solchen punktuellen Änderungen nichts. Da ich selbst gegen überflüssige Fremdwörter bin, darf ich wohl sagen, daß hier am ungeeigneten Objekt ein Exempel statuiert werden soll. (So viele Fremdwörter!) Richtiger wäre es, auf ein gewisses "Ethos" hinzuwirken, also etwa: Verständlichkeit, kein Imponiergehabe, keine Arroganz gegenüber dem Normalbürger. Nun drei Beispiele: Das Momentum nutzen (Überschrift in einer Beilage zu „Ruhr 2010 – Kulturhauptstadt Europas“) Im Text heißt es dann Schwung. Warum nicht gleich so? Der Anglizismus ist für viele Mitmenschen unverständlich. Schon im Jahr 2002 war sexueller Missbrauch in der Kirche über Monate hinweg in vielen Medien ausführlich thematisiert worden. (...) Die Bischöfe fragten nicht, die Opfer schwiegen. Wie und warum sich die gesellschaftlichen Dispositive im Winter des Jahres 2010 von denen im Herbst 2002 unterschieden, dürfte Soziologen noch lange beschäftigen. (FAZ 26.12.2010) Ich habe nicht herausfinden können, was hier mit Dispositiven gemeint sein könnte, obwohl ich das Wort zu kennen glaube. Auf der Suche nach dem Unbestimmten versuchen die Begriffe der modernen Philosophie permanent, ihre eigenen Grenzen zu sprengen: "Die Kategorie als Einheit, worin Sein und Selbst, Begriff und Sache usf. übereinkommen, verliert ihre Bindungskraft: Begriffe und Zeichen, Bilder und Symbole sind auf der Flucht aus der Kategorie." (Quelle bekannt, spielt aber keine Rolle) Hier sind es nicht die Fremdwörter, die das Verständnis unmöglich machen, es ist die Verwahrlosung der philosophischen Sprache und des gesamten Faches. Wenn es gelingt, eine gewisse Empfindlichkeit gegenüber solchen Ausdrucksweisen zu wecken, statt den Drang zum Höheren schon in Schule und Hochschule zu belohnen, wäre mehr gewonnen als durch noch so gutgemeinte Eindeutschungen. Der Klapprechner wird so wenig Erfolg haben wie das Weltnetz usw.; der Vorschlag scheint einer gewissen Lust am Scheitern entsprungen zu sein.
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