24.12.2010


Theodor Ickler

Nicht pornographisch

Anmerkung zur Literaturkritik

Der schwule Sex ist sehr geradeaus und unverklemmt inszeniert, ohne voyeuristisch zu sein. (abendblatt.de 23.12.10 über einen neuen Film von Tykwer)

Leider habe ich keine Sammlung angelegt, aber seit Jahren beobachte ich, daß Film- und Buchkritiker, nachdem sie über die sehr direkte Darstellung sexueller Handlungen berichtet haben, hinzufügen zu müssen glauben, es sei "weit von Pornographie entfernt" oder so ähnlich. Oder andersherum: "herrlich schamlos".
Besonders Reich-Ranicki muß immer wieder hervorheben, daß seine amerikanischen Lieblingsautoren zwar viele Sexszenen schildern, aber dabei keineswegs pornographisch wirken.

Mir kommt das verklemmt vor. Warum gibt man den Begriff der Pornographie nicht ganz auf? Der eine treibt dies, der andere das, und manche kaufen das Buch oder gehen in den Film, weil sie gewisse Feuchtgebiete oder schwulen Sex anregend finden, was denn sonst? Vor 50 Jahren gab es den sprichwörtlichen Studienrat, der sich "zu Studienzwecken" den Playboy kaufte. Irgendwie hat er überlebt. Unsere Sprache hat sich in diesem Bereich sehr verändert, manche haben es nicht mitgekriegt.


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