20.09.2008


Theodor Ickler

Deutschbuch 10 (Cornelsen 2008)

Fortsetzung der Schulbücherschau

Alle Texte sind in Reformschreibweise umgesetzt, außer wenn die Inhaber der Rechte widersprochen haben – das ist bei erstaunlich wenigen Autoren wie Brigitte Kronauer und Siegfried Lenz der Fall.
Enzensberger, Thomas Bernhard, Thomas Mann usw. sind umgestellt, von letzterem der Anfang des Felix Krull, den auch der Bayerische Schulbuchverlag 1997 schon einmal radikal verändert hatte. (sodass, ein Komma ist gestrichen)
Goethe ist nach der Hamburger Ausgabe zitiert, aber trotzdem umgestellt. Die Schüler lernen also hier, daß man einen Text auch dann nicht exakt wiederzugeben braucht, wenn man die Quelle angibt.
Hinter einigen Texten von Brecht steht wie in Bd. 9 (s. Tagebuch vom 16.9.2007) das „R“ als Hinweis, daß die Umstellung nicht zugelassen wurde, ein anderer Text desselben Autors ist aber doch umgestellt. Bei Benn findet sich das „R“, aber der Text bot keinen Anlaß für reformerische Eingriffe

so genannte (nur so), selbstständig, nummerisch,
fönte,
während sie mit ihrer kranken Mutter zusammen gelebt hat
(71)
seit Langem, im Mindesten
(Bei dem schon älteren Eintrag nummerisch sieht der Duden übrigens weiterhin nur Betonung auf der ersten Silbe vor – ob die Bearbeiter des Deutschbuchs es auch so sehen? Das amtliche Regelwerk enthält das Stichwort in keiner Schreibweise.)
bedeutend-sten
Interessant ist der fettgedruckte Ratschlag, auch die neuerdings fakultativen Kommas „immer zu setzen, weil sie die Gliederung des Satzes verdeutlichen und niemals falsch sind.“ (340) Das haben wir ja schon immer gesagt.

Die feministische Veränderung der Sprache ist sehr inkonsequent gehandhabt (vgl. das Kapitel „Fairhandeln“), manche Stellen sind durch die umständliche Nennung beider Geschlechter schwer lesbar.

Da z. B. die Zeitungen nicht mitmachen, ist diese politisch korrekte Sprache auf amtliche Texte und einige Veröffentlichungen von beamteten Wissenschaftlern beschränkt. Das verstärkt den Eindruck, mit solchen Schulbüchern in eine von Didaktikern geschaffene Sonderwelt einzutreten. So werden ja auch weiterhin rhetorische Aufsatzformen eingeübt, die es außerhalb der Schule kaum gibt, von denen aber die Didaktiker genau zu wissen vorgeben, wie sie aufgebaut sein müssen. Überhaupt wird das Buch durch hypertrophierende Didaktisierung ungenießbar.

Das Buch ist in den Eigentexten sehr fremdwortreich (Statement usw.) und fordert die Schüler in Übungen auf, so viele Fremdwörter wie möglich zu vewenden – nicht etwa zum Abgewöhnen, sondern in durchaus positiver Absicht.
Halten Sie Ihre Ideen fest, z. B. in einem Cluster. (26)
Es gibt mehrere Formen der Stoffsammlung: Brainstorming, Cluster oder Mind Map. (Weitere Informationen zur Stoffsammlung auf Seite 366). (Auf der angegebenen Seite findet sich übrigens nichts dergleichen.)
Im Kapitel über Philosophie werden die Schüler angewiesen, „ein Prozessportfolio zu erstellen“. Ein gelb unterlegter Abschnitt erläutert den Begriff des Portfolios und beruft sich darauf, er werde „mittlerweile in den verschiedensten Bereichen verwendet“. (300)

Es wird behauptet, Phonetik müsse weiterhin mit Ph geschrieben werden; das trifft nicht zu.

Druckfehler:

Diskutieren Sie darüber, ob Ihnen der der Ausdruck ...(10)
Bereiten Sie eine Diskussion vor, die die durch einen Moderator/eine Moderatorin geleitet wird.
Kommen Sie (statt sie) oft zu Wort (12)
erhält einen angemessen Preis (46)

Nach Frage- und Anführungszeichen steht mehrmals ein überzähliges Komma (14, 18, 19), wo es sich gar nicht um die Ausleitung wörtlicher Rede handelt.
Karasek heißt nicht Helmuth (mehrmals).

Im Folgenden finden Sie Material (...) auf Seite 20 Arbeitsaufträge zur Erschließung desselben. (19) (Das ist schlechtes Deutsch.)

Betrachten Sie die Karikaturen. Worüber wird sich hier lustig gemacht? (28) (!)

Die Unwort-Aktion wird ganz unkritisch dargestellt (142f.).

PowerPoint-Schleichwerbung wie schon in Bd. 9.


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