06.07.2008


Theodor Ickler

Rhetorik

Der neue Renner – wieder einmal

Beinahe jede Woche werden wir Hochschullehrer aufgefordert, uns hochschuldidaktisch weiterzubilden.
Gegen gutes Geld, das wir privat zahlen müßten, wollen uns junge freiberufliche Rhetorik-Trainerinnen das überzeugende Reden (und manches andere) beibringen. Ob solche Veranstaltungen je zu einer Verbesserung der Lehre geführt haben, weiß ich nicht, wahrscheinlich ist es nie untersucht worden (wie ja auch die Evaluierer, die das Land heute bevölkern, nie evaluiert werden). Es wundert mich ja schon ein bißchen, daß die jungen Damen, von denen sonst weiter nichts bekannt ist, sich anheischig machen, zu unseren Vorlesungen etwas Nahrhaftes beizutragen. Nun, mich betrifft es nicht, ich werde bald pensioniert und ändere mich sowieso nicht mehr.

Das Ganze erinnert mich an einen Gedanken, den einer meiner akademischen Lehrer vor über vierzig Jahren einmal äußerte: Die abendländische Bildungsgeschichte läßt sich als ununterbrochener Konkurrenzkampf von Wissenschaft (Platon) und Rhetorik (Isokrates) auffassen. Das muß man sich mal durch den Kopf gehen lassen. In den Geisteswissenschaften und in der Hochschulpolitik haben im Augenblick die Rhetoriker den Fuß in der Tür. Daher auch die "Schlüsselqualifikationen" in den neuen Studiengängen. Wer hier nachliest, wird sofort die Richtigkeit jenes Gedankens erkennen: Die Versprechungen gleichen aufs Haar denen der alten Sophisten. Bei uns in Erlangen heißt es klipp und klar, daß alles im Dienst der "Employability" steht. Das ist etwas so Erhabenes, daß es kein deutsches Wort dafür gibt.


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