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06.10.2008
 

Was will Sprachlehrer Bundesbern uns lehren?
Zum Skandal der heutigen Rechtschreibung

Am 26. September brachte der „Walliser Bote“ ein ganzseitiges Interview mit Stefan Stirnemann.

Kürzlich hielt der St. Galler Sprachwissenschafter Stefan Stirnemann vor dem Vortragsverein Brig und dem Rottenbund im Alfred Grünwald-Saal der Mediathek Brig einen Vortrag zum Thema: „Berlin, Bundesbern und die Sprache der Heimat. Zwölf Jahre neue Rechtschreibung, zwölf Jahre zentralistischer und dirigistischer Eingriffe in unsere Sprache - wie ist die Lage?“ Der Vortrag warf ein Licht auf die chaotische Entwicklung der heutigen deutschen Rechtschreibung. Herr Stirnemann war so freundlich, uns bei dieser Gelegenheit einige Fragen zur Rechtschreibreform zu beantworten, die inzwischen für Lehrpersonen, die Deutsch unterrichten, und für uns alle, die wir täglich schreiben und lesen, nicht mehr zu durchschauen ist.

WB: 1996 wurde die neue Rechtschreibung eingeführt. Seither löst ein Verbesserungsversuch den anderen ab. Was wollten eigentlich die Reformer?
Stefan Stirnemann: „Die Reformer glaubten, dass unsere Rechtschreibung zu schwierig sei, und wollten sie zugunsten der Schüler, der Wenigschreiber und der Anderssprachigen vereinfachen, indem sie neue Regeln einführten. Sie hielten es für einfach, wenn wir möglichst viel getrennt schreiben (Beispiel: viel versprechend statt vielversprechend, wieder sehen statt wiedersehen) und möglichst viel gross (es tut mir Leid). Ferner sollten wir viele Kommas weglassen (Er sah den Spazierstock in der Hand tatenlos zu), sozusagen dadaistisch trennen (Montaga-bend) und Wörter anderer Sprachen falsch schreiben (Spagetti). Eine weitere angebliche Vereinfachung bestand darin, das Adjektiv greulich (abscheulich) gräulich zu schreiben, so dass man es nicht mehr vom Farbadjektiv gräulich (ein wenig grau) unterscheiden kann. Das sind natürlich alles Irrtümer. Manche davon hat man in den vergangenen zwölf Jahren zurückgenommen, sehr vieles aber wartet noch auf Verbesserung.“

„Die Reformer veränderten, ohne zu begreifen“

Wenn so viele Korrekturen nötig waren und sind, wo liegt denn der Kern des Übels?
„Unsere Sprache und Schrift sind anspruchsvolle Gebilde. Man muss sich um sie bemühen, man muss üben. Wir können uns nicht nach den Schülern richten oder nach denen, die sich selten schriftlich ausdrücken. Das macht man ja bei der Mathematik auch nicht. Zwar gibt es Regeln des Sprechens und Schreibens, aber man kann sie nicht mechanisch anwenden. Über allen Regeln steht der Gebrauch; man muss wissen, was heute üblich ist. Die Reformer haben auch nicht bedacht, warum wir schreiben. Wir schreiben, um einem Leser eine klare Mitteilung zu machen. Ziel kann nicht sein, dass der Schreiber es einfach hat; Ziel ist, dass der Leser versteht.
Kern des Übels ist also, dass die Reformer eine falsche Auffassung von Sprache, Schrift und Regel haben. Dazu kommt, dass sie etwas veränderten, ohne es zu begreifen. Sie hätten eine Bestandesaufnahme durchführen müssen: Wie wird heute in Literatur und Presse geschrieben? Dann hätte sich gezeigt, ob, wo und wie zu ändern ist. Vor drei Jahren hat der deutsche Professor Gerhard Augst, einer der Väter der Reform, ein Teilgeständnis abgelegt: ‚Wir hätten unsere Trennregeln vorher mit den Wörterbuchverlagen durchprobieren müssen. Es reicht nicht, zehn Beispiele zu nehmen. Dann wären wir früher auf die Schwierigkeiten gestossen‘. Das gilt für alle Bereiche der Reform.“

„Kein einziges Lehrmittel enthält die zur Zeit geltende Rechtschreibung vollständig“

Wo stehen wir heute?
„Seit 1996 sind drei amtliche Regelwerke erschienen, das heisst drei Versuche, die Regeln der Reformer darzustellen oder zu verbessern. Den bisher letzten Versuch hat der sogenannte ‚Rat für deutsche Rechtschreibung‘ vor zwei Jahren vorgelegt. Die drei Regelwerke sind begleitet von einem Schwarm von Wörter- und Schulbüchern. Diese werden alle noch verwendet, obwohl vieles nicht mehr gilt. Ich habe die neuesten Schweizer Lehrmittel geprüft - es gibt kein einziges, das die zur Zeit geltende Doktrin vollständig bietet. Das ist bemerkenswert, weil alle unsere wichtigen Lehrmittel von Mitgliedern des Rates für Rechtschreibung verfasst werden, die eigentlich dem Regelwerk dieses Rates verpflichtet wären.“

„Wir benutzen einen Schwarm Wörterbücher, die alle nicht mehr gelten“

Haben also sogar die Rechtschreibräte den Überblick verloren?
„Das ist zum Teil so. Es kommt etwas anderes dazu. Darf ich Namen nennen? Es geht um Horst Sitta und Peter Gallmann, führende Schweizer Reformer, und ihre akademischen Schüler und Mitarbeiter. Die sind alle von den ursprünglichen Reformregeln überzeugt und möchten möglichst viele retten, also möglichst viel getrennt und gross schreiben. Im neuen Schweizer Schülerduden sucht man zum Beispiel das alte Wort wiedersehen umsonst. Ein Redaktor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung führte einst mit einem deutschen Kultusminister ein Gespräch über die Reform und verabschiedete sich mit dem Satz: ‚Ich hoffe, Sie können wieder sehen, wenn wir uns wiedersehen.‘ Die Schweizer Reformer wollen dieses Wortspiel verbieten.“

„Es ist fast nicht möglich, zu wissen, was heute noch oder nicht mehr oder wieder gilt“

Wie sollen sich in dieser chaotischen Lage die Lehrkräfte verhalten?
„Es ist fast unmöglich zu wissen, was heute noch oder nicht mehr oder wieder gilt. Ich empfehle beim Korrigieren grösstmögliche Zurückhaltung. Freilich besteht die Gefahr, dass die Schüler nun denken, es komme auf gar nichts an und es sei alles möglich. Damit müssen wir wohl noch eine Weile leben. Ich rate auch davon ab, neue Lehrmittel und Wörterbücher anzuschaffen. Wir sind noch nicht am Ende der Verbesserungen; auch die Doktrin des Rates für Rechtschreibung ist fehlerhaft.“

„Bundesbern beugt sich der deutschen Staatsräson“

Welche Rolle spielt Bundesbern?
„Die Schweiz hat die sogenannte Wiener Absichtserklärung unterzeichnet und fühlt sich seither verpflichtet, die Reformregeln und die halbherzigen Verbesserungen mitzutragen. Die eigentlichen Auftraggeber des verunglückten Unternehmens, die deutschen Kultusminister, nehmen längst Abstand von ihrem Werk. Vor drei Jahren sagte die Präsidentin der deutschen Kultusministerkonferenz: ‚Die Kultusminister wissen längst, dass die Rechtschreibreform falsch war. Aus Gründen der Staatsräson ist sie nicht zurückgenommen worden.‘ Bundesbern beugt sich also der deutschen Staatsräson. Wohin das führt, sieht man an unserer Bundeskanzlei. Die hat kürzlich ihren ‚Leitfaden zur deutschen Rechtschreibung‘ neu herausgegeben. Die Kanzlei schreibt nun manches wieder zusammen, zum Beispiel alleinerziehend. Wegen dieser an sich erwünschten Umstellung liegen nun politisch und juristisch definierte Begriffe in unterschiedlicher Schreibweise vor, und das kann zu Auslegungsproblemen führen. Im Leitfaden werden Auswege erwogen, aber zum Schluss heisst es: ‚Notfalls - wenn gar kein Weg gangbar erscheint - muss die korrekte Rechtschreibung hinter der Rechtssicherheit zurückstehen.‘ Der Satz verdient einen Preis für Nibelungentreue gegen die deutsche Staatsräson. Dass unser Staat sich für etwas einsetzt, was handgreiflich falsch ist, das hat es noch nie gegeben.“

„Die Kultusminister wissen längst, dass die Rechtschreibreform falsch war. Aus Gründen der Staatsräson ist sie nicht zurückgenommen worden.“

Sie nennen die Verbesserungen „halbherzig“. Woher kommt die Halbherzigkeit?
„Einerseits geben die verantwortlichen deutschen Politiker nur ungerne Fehler zu (Stichwort: Staatsräson), andererseits haben im Rat für Rechtschreibung die Reformer und die Wörter- und Schulbuchverlage die Mehrheit, und sie wollen nicht zuviel korrigieren.“

Wörter- und Schulbuchverlage im Rat - ist die Reform ein Geschäft?
„Das ist sie natürlich. Die Schweizer Reformer im Rat arbeiten für Duden und weitere Verlage; das passt nicht zu einem öffentlichen Amt.“

„Wir sind noch nicht am Ende der Verbesserungen“

Vor zwei Jahren ist die „Schweizer Orthographische Konferenz (SOK)“ gegründet worden. Der WB schrieb darüber. Sie sind Mitglied der SOK- Arbeitsgruppe. Was ist von der SOK zu erwarten?
„Die Arbeitsgruppe hat das neueste amtliche Regelwerk geprüft und Vorschläge erarbeitet. Mit ihnen werden die Verbesserungen des Rates für Rechtschreibung konsequent umgesetzt und in einigen Bereichen weitere Verbesserungen durchgeführt. Die Schweizerische Depeschenagentur und verschiedene Zeitungen folgen diesen Empfehlungen bereits, und vor kurzem haben die Konferenz der Schweizer Chefredaktoren und der Verband Schweizer Presse (VSP) ihren Mitgliedern empfohlen, die Vorschläge der SOK zu übernehmen.“

Wann endet diese endlose Geschichte?
„Ein Ende wäre leicht zu erreichen. Gesucht ist ein verantwortungsvoller Politiker, der weiss, was des Staates und was nicht des Staates ist. Die Presse hat mit den Vorschlägen der SOK einen guten Weg. Die Schule braucht ein Moratorium - Zeit, in der die Lehrmittel überarbeitet werden können. Ich bin zuversichtlich, zwölf Jahre des Unsinns sind mehr als genug.“

Herr Stirnemann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wir wünschen Ihren Bemühungen zur Korrektur dieses chaotischen Kulturbereiches Erfolg.

ag.


Rilke den Konjunktiv verbieten...
Rilkes im Wallis verfasste Duineser Elegien beginnen mit dem Text: „Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen?“ Die neue Rechtschreibung will ihm den Konjunktiv, die Möglichkeitsform „schriee“ mit Schluss-e, nicht erlauben. Man müsse schreiben: „Wer wenn ich schrie...“ - also kein Schluss-e! Dem Dichter wird damit amtlich verboten, was er sagen möchte. Um einen Witz Schopenhauers zu zitieren: „Wer das liest und nicht denkt, er sei in einem Irrenhaus, der gehört in eines.“


Chefredaktoren und Schweizer Presse (VSP)
Die Konferenz der Schweizer Chefredaktoren und der Verband der Schweizer Presse empfehlen, die Vorschläge der Schweizerischen Orthographischen Konferenz zu übernehmen mit den Worten:
„Die Konferenz der Chefredaktoren empfiehlt ihren Deutschschweizer Mitgliedern, im Interesse einer leserfreundlichen, sprachrichtigen und einheitlichen Rechtschreibung die Vorschläge der Schweizerischen Orthographischen Konferenz (SOK) umzusetzen. Diese Empfehlung erfolgt übereinstimmend mit dem Verband der Schweizer Presse (VSP) und koordiniert mit der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA).“
Die Chefredaktoren unterstützen damit nicht nur die Anliegen der sprachlichen Einheitlichkeit, der Sprachrichtigkeit, sondern - was ihnen wichtiges Anliegen ist und sein muss - die Leserfreundlichkeit. Durch die „Regeln“ der Reformer wird der Leser heute leider vor Rätsel gestellt und irregeführt.


Orthographische Konferenz (SOK): „Bei Varianten die herkömmliche!“
Die SOK wurde 2006 von an der Sprache interessierten Persönlichkeiten gegründet und zählt Mitglieder aus verschiedensten Bereichen. Sie organisiert regelmässig Tagungen. Näheres auf der SOK-Website www.sok.ch. In der 2006 geschaffenen SOK-Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung von Empfehlungen zu einer einheitlichen und sprachrichtigen Rechtschreibung wirken mit: Dr. Dr. h. c. Urs Breitenstein, damals Präsident des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbandes (SBVV); Stephan Dové, Chefkorrektor der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und Delegierter des Verbands Schweizer Presse (VSP) im „Rat für deutsche Rechtschreibung“; Peter Müller, Direktor der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) und deren Beauftragter für deutsche Rechtschreibung; Stefan Stirnemann, Sprachkreis Deutsch (SKD); Prof. Dr. Dr. Rudolf Wachter, Sprachwissenschafter, Universitäten Basel und Lausanne.
Nach reiflicher Prüfung hat die Arbeitsgruppe Empfehlungen und Wörterlisten ausgearbeitet, ebenfalls auf www.sok.ch zu finden. Die SOK setzt die Verbesserungen des Rates für deutsche Rechtschreibung konsequent um und führt in einigen Bereichen weitere Verbesserungen durch. Sie wendet sich aber gegen falsche Varianten (Handvoll ist nicht gleich Hand voll: Eine Handvoll Bohnen ist korrekt, eine Handvoll Schwielen ist falsch), gegen willkürliche Grossschreibung (Der eine sitzt neben dem Kasten, der andere am Friedhof, ein Dritter bei der Weitsprunganlage...). Bei Vorliegen von Schreibvarianten empfiehlt sie „die herkömmliche". Für die Empfehlungen der SOK wird ein Korrekturprogramm vorbereitet, das auf verschiedenen Plattformen (z.B. Windows, Linux) und in gängigen Anwendungen (z.B. Word, OpenOffice) verwendet werden kann. Jedermann kann Mitglied der SOK werden.


Quelle: Walliser Bote, 26. September 2008, Seite 7; Verfasser: Dr. Alois Grichting



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Kommentare zu »Was will Sprachlehrer Bundesbern uns lehren?«
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 20.10.2008 um 00.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=605#7382

Herr Stirnemann hat mir freundlicherweise eine Fotokopie dieses Artikels geschickt, so daß ich auf einer "European Studies Conference" in Omaha, Nebraska kürzlich bei meinem Referat zur Schweizer Bewegung in dieser Rechtschreibfrage mit einer Folie aufwarten konnte, die etwas zeigte, was weniger als eine Woche alt war, und woran man sehen konnte, daß die Sache noch gar nicht so erledigt ist, wie's manche kleine Geister gerne hätten.
Beim erneuten Bedenken dieser SOK-Empfehlungen fiel mir aber auf, daß "Dienstagmorgen" und "Dienstag morgen" ("Dienstag morgen [nicht: Dienstag morgen])" mehr Beachtung brauchten als die Empfehlungen mit "falsche Großschreibung der Tageszeiten" anzeigten. Selbst bei "heute abend (nicht: heute Abend)" ist der Fall ja offenbar nicht jedem gleich einsichtig. Mir kam dazu diese Erklärung, die die Kleinschreibung "erzwingt" (würde man im Schach sagen): Diese Tageszeitenwörter sind hier Adverbien, wie auch die alte Genitivform "abends", und eben nicht Substantive, wie, sagen wir, in "er kommt am Abend". In "er kommt morgen abend" haben wir zunächst das Adverb "morgen". Dazu tritt dann die Antwort auf die Frage: "Wann morgen?" Und die ist dann: "morgen abend, nicht morgen früh oder morgen mittag". Die in Frage stehenden einzelnen Wörter sind hier also adverbiales Attribut zu einem Adverb. Und als Adverbien schreibt man sie ganz natürlich klein.
Dies also als etwas Begründung der durchaus berechtigten SOK-Empfehlung, "die falsche Großschreibung bei Tageszeiten nicht [zu] beachten".


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.10.2008 um 08.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=605#7383

Um der lästigen Diskussion über die Definition von "Adverb" aus dem Weg zu gehen, habe ich vorgeschlagen, die von den Reformern selbst anerkannte Grundregel "im Zweifel klein" heranzuziehen. Substantive sind diese Wörter hier jedenfalls nicht, weil sie den von Gallmann und anderen Reformern aufgestellten Kriterien nicht genügen (nicht Kern einer Nominalphrase usw.).


Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 20.10.2008 um 19.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=605#7385

In der Tat ist die "Diskussion über die Definition von 'Adverb'" lästig; und wo steht nachschlagbar bei den Reformern "im Zweifel klein"? Aber *"er kommt Sonntage" gibt es auch nicht, und doch schreiben wir "Sonntag" in "er kommt Sonntag" groß, entgegen meiner Einsicht, als ich zwölf Jahre alt war und meinem Deutschlehrer gegenüber argumentierte, daß hier "Sonntag" ein Adverb sei (und "nicht Kern einer Nominalphrase" — nein, letzteres tat ich damals nicht, aber gemeint hatte ich es natürlich; schließlich hatte ich ja kein Problem mit der Schreibung bei "er kommt [am] nächsten Sonntag").

Aber wenn Herr Ickler mit seiner Argumentation bei den Reformern keinen Erfolg hat, obwohl er sich doch auf deren eigenes Denken hierzu stützt, wie sollte ich es dann mit meinem Hinweis, daß eine einfache, aber im Zusammenhang richtig gestellte Frage selbst Anfängern zeigt, daß wir es hier mit Umstandswörtern zu tun haben und eben nicht mit Hauptwörtern? Aber vielleicht versteht der eine oder andere Lehrer oder Journalist jetzt doch leichter, was ich hier meine.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.10.2008 um 09.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=605#7386

Durch die Rückfrage von HerrnLudwig werde ich erst auf die Tatsache aufmerksam, daß die Geschäftsführung des Rechtschreibrates auch das Vorwort zum Regelwerk geändert hat. Gestrichen ist folgender Abschnitt:

"So ist bei den Laut-Buchstaben-Zuordnungen sch in schnell oder ei in Kreide der Normalfall; im Weiteren wird dann dargelegt, dass sp, st in Speck, Stein regelhafte Abweichungen sind und ai in Kaiser eine Ausnahme ist. Ebenso ist bei der Getrennt- und Zusammenschreibung die Getrenntschreibung der Normalfall; regelungsbedürftig ist die Zusammenschreibung. Bei der Groß- und Kleinschreibung ist die Kleinschreibung der Normalfall. Die Worttrennung folgt grundsätzlich der Silbenzerlegung beim Sprechen; regelungsbedürftig sind die Abweichungen davon (zum Beispiel in Sprechsilben: wi-drig - getrennt: wid-rig). Bei der Zeichensetzung ist der Punkt am Satzende der Normalfall; Einzelregeln folgen für das Fehlen des Punktes, zum Beispiel in Überschriften, oder für das Ausrufe- und Fragezeichen."

Überflüssig zu sagen, daß der Rechtschreibrat darüber nicht beraten und seither die Veränderung wohl ebenso wenig bemerkt hat wie ich. Eine weitere Ungeheuerlichkeit und noch einmal ein Beweis dafür, daß man einem solchen kastrierten Rat nicht angehören darf, wenn man noch einen Funken Selbstachtung im Leib hat.



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