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27.06.2006
 

Unreformiert, undeformiert.
Mackensen bei Manufactum

Es gibt sie noch, die guten Bücher.

Die Mehrzahl der Lesenden und erst recht der Schreibenden verweigert sich der kultusministeriellen Deformierung der deutschen Rechtschreibung. Mit diesem unmißverständlichen Argument wirbt das Versandhaus Manufactum für einen Nachdruck des Mackensen von 1986.



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Kommentare zu »Unreformiert, undeformiert.«
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Kommentar von GL, verfaßt am 30.07.2006 um 14.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4671

Als Gegnerin einer verordneten Entalphabetisierung benötige ich keine Belehrung, sondern eine klare und verantwortungsvolle deutsche Sprache.
Die CHF 51.80, welche ich für Mackensens unreformiertes und undeformiertes Wörterbuch bezahlt habe, betrachte ich als Investition.

Wie können Politiker vom Volk verlangen, die neue Rechtschreibung anzuwenden, wenn sogar sie selbst, Reformer und Verleger diese nicht beherrschen und auch nicht gewillt sind, diese zu erlernen?


Kommentar von Leseviel, verfaßt am 18.07.2006 um 15.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4485

Sicher ist der Mackensen verfügbar. Aber man muß ihn gezielt suchen/verlangen und daraufhin bestellen. Das kann man nur, wenn man weiß, daß es ihn gibt. Zu feiern ist ein Buchhandel, der ihn selbständig auslegt, damit die Leute zwischen ihm und dem Duden wählen können.


Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 18.07.2006 um 14.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4484

Mit der ISBN findet man Mackensen bei Amazon nicht, mit dem Namen aber schon. Günstig wäre, wenn recht viele Rezensionen eingestellt würden, die auch den Unterschied zu zeitgenössischen Werken gebührend hervorhöben.


Kommentar von Ballistol, verfaßt am 18.07.2006 um 13.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4483

Der Mackensen kann über jede Buchhandlung ganz normal bestellt werden. Der Manuskriptum-Verlag liefert an jede Buchhandlung sowie an die Fa. Manufactum aus.

Der Mackensen ist über www.buchhandel.de recherchierbar und hat die ISBN 3-937801-08-1. Daher kann man ihn auch über Amazon beziehen.

Es wäre sinnvoll, diese Nachricht zu verbreiten.


Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 17.07.2006 um 13.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4473

In den Sprachwörterbüchern ist es perfide und unseriös, nur Neuschrieb aufzuführen. Als ob jeder nur noch Neutexte zu lesen brauche! Insbes. für Ausländer ist es intolerabel, Wortformen nicht aufgeführt zu finden, die millionenfach in den Büchern stehen. Was für eine Barbarei, solche gezielt unvollständigen Wörterbücher herauszubringen.


Kommentar von Leseviel, verfaßt am 17.07.2006 um 11.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4472

Schade, daß der Mackensen nur über den Versandhandel erhältlich ist. So stößt nur derjenige darauf, der ohnehin nach so etwas sucht. Der Normalleser und -schreiber wird resigniert zum überall feilgebotenen Neuschrieb-Wörterbuch greifen und sich bestenfalls einiger Sachen verweigern, aber ansonsten fügen.
Gräßlich finde ich, daß das Pons-Wörterbuch für Deutsch als Fremdsprache nur "dass" aufführt (und "sodass"), ohne mit einem Wort zu erwähnen, daß es da auch etwas anderes gibt.


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 02.07.2006 um 23.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4402

In dem bekannten Auktionshaus bietet auch einer den "Bertelsmann Schülerduden" an. - Im übrigen fiel mir auf, daß so gut wie keine Gebote abgegeben werden. Besonders der DUDEN von 2004 wird angeboten wie Sauerbier. Die Leute sind anscheinend doch nicht mehr so leicht über den Tisch zu ziehen.


Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 02.07.2006 um 22.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4400

Auch Privatleute scheinen die Möglichkeit, mit der verkorksten Reform Geschäfte zu machen, inzwischen entdeckt zu haben.

Im jedermann bekannten Auktionshaus des Internets werden zur Zeit Exemplare der noch nicht erschienenen 24. Auflage des Rechtschreibdudens für 50 Euro verkauft. Vielleicht hoffen diese Leute auf ein schnelles Zuschlagen des Reformkritiker, von denen man ja erwartet, daß sie den neuen Duden noch vor seinem offiziellen Erscheinen auseinandernehmen wollen. Anderen Käufern ist der neue Duden - knapp drei Wochen vor dessen offiziellem Verkaufsbeginn - einen solch horrenden Preis niemals wert. Dies ist den Anbietern ganz sicher bewußt.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.07.2006 um 05.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4395

Es muß noch einen ungeheure Menge des praktisch unverkäuflichen Duden 2004 herumliegen. Wird der Verlag diese verramschen (und sich damit selbst das Geschäft mit dem neuen Duden verderben) oder eher zurücknehmen und vernichten?


Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 01.07.2006 um 17.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4394

Neulich bei Gondrom, als ich berufsbedingt eine bestimmte Schreibung auf ihre Reformkompatibilität hin überprüfen wollte und deshalb Kaufinteresse am Duden 2004 vortäuschte, fragte ich einen Angestellten der Buchhandlung, wieviel Geld er für das Exemplar haben wolle, in dem ich gerade blätterte. Er bestand auf 20 Euro.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.07.2006 um 16.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4393

Soviel ich weiß, sind die 4 Euro Erstattung für einen alten Duden kein Entgegenkommen der einzelnen Buchhandlung (das wäre auch gar nicht möglich), sondern der Verlag selbst gibt diesen Rabatt. Von diesem Plan war schon vor einem Vierteljahr die Rede gewesen. Damit kommt der Duden an den Wahrig-Preis heran. Zusammen mit den Sonderbänden für die Lehrer schmälert es den Gewinn.
Interessant dürfte noch sein, was der Dudenverlag gegen die Bertelsmann-Werbung des Ratsvorsitzenden Zehetmair ins Feld zu führen gedenkt. Vielleicht gar nichts, weil ja schon der Axel Springer Verlag die Werbetrommel für Duden rührt und weil Wahrig kein großer Name im Wörterbuchbereich ist und auch niemals sein wird.


Kommentar von jms, verfaßt am 01.07.2006 um 14.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4391

In den Buchhandlungen geht's jetzt zu wie beim Autokauf, man nimmt den Gebrauchten in Zahlung.

Ankündigung Buchhaus Stern, Düsseldorf:

Der Duden. Die deutsche Rechtschreibung.
Bibliographisches Institut 2006, 24., vollst. neubearb. und erw. Aufl., 1.216 S., geb.
erscheint am 22. Juli - jetzt schon vorbestellen! Beim Kauf eines neuen Duden in unserem Düsseldorfer Buchhaus erstatten wir Ihnen 4,00 EUR für Ihre Altauflage.
Preis: 20,00 EUR

http://www.buchsv.de/FrameSet.sv?&id=DR060701140259AATRATZE


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.07.2006 um 12.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4389

Komischerweise liefert die Versandbuchhandlung BOL gleich ein Porträt des Mitbearbeiters Heiner Müller, verwechselt ihn aber mit dem bekannten DDR-Schriftsteller gleichen Namens:

Hier

Dr. Patrick Brauns hingegen gibt auf seiner eigenen Homepage hinreichend Auskunft.

Mackensen hätte selbstverständlich der Rechtschreibreform nicht zugestimmt. Richtig ist, daß seine milde Gegnerschaft zum Duden ihn zur Galionsfigur der Reformer werden ließ, die ihm deshalb ja auch, wie erwähnt, ein Buch zum 90. Geburtstag widmeten. Aber es bedarf keines Beweises, daß er der Reform von 1996 wegen ihrer grammatischen Fehler widersprochen hätte.


Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 01.07.2006 um 10.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4388


Weiß jemand, was die Werbetexter von Manufactum meinen, wenn sie behaupten, die Mackensen-Ausgabe von 1986 sei „völlig neu bearbeitet“? Die Einträge auf der Beispielseite, die das Versandhaus auf seiner Website präsentiert, unterscheiden sich um keinen Deut von denen in meinem alten Mackensen (10., erweiterte Auflage 1982, Lizenzausgabe für Pawlak). So wohnen die Mähren angeblich immer noch in der Tschechoslowakei.

Es gibt ja auch einen Reform-Mackensen, genauer: eine Neuausgabe seines Rechtschreibwörterbuchs in reformierter Orthographie. Die Gondrom-Sonderausgabe war vor ein, zwei Jahren in allen größeren Buchhandlungen für knapp 9 Euro zu haben und ist heute über die einschlägigen Internetanbieter noch billiger zu beziehen. Die Bearbeiter sind Dr. Patrick Brauns und Heiner Müller. Im Vorwort beteuern Verlag und Redaktion, mit der Umstellung auf die neue Rechtschreibung ganz im Sinne Mackensens gehandelt zu haben, der „die Klärung orthographischer Widersprüche und Zweifelsfälle“ angestrebt und beispielsweise empfohlen habe, neben auf seiten auch auf Seiten zuzulassen und statt alles mögliche nur noch alles Mögliche zu schreiben. Deshalb sei er seiner Zeit weit voraus gewesen. „Die im August 1998 in Kraft getretene Rechtschreibreform hat zahlreiche seiner Anregungen aufgenommen und in das neue amtliche Regelwerk einfließen lassen.“ Mit anderen Worten: Mackensen wäre von der Rechtschreibreform begeistert gewesen! Dieser gedankliche Bogenschlag erscheint mir doch sehr gewagt. Mit der gleichen Logik könnte man Professor Ickler als verkappten Anhänger der Reform überführen. Wenn ich mich recht entsinne, hat Wilfried Kürschner tatsächlich einmal diesen Versuch unternommen.


Kommentar von Datis sonedris, verfaßt am 30.06.2006 um 08.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4385

Ist eigentlich bekannt, ob es zur Zeit eine ordentliche Grammatik der deutschen Sprache gibt? Vielleicht eine Schulgrammatik?


Kommentar von jms, verfaßt am 29.06.2006 um 16.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4382

Wenn sich die FAZ auf den Zehetmair-Schwindel einläßt, muß man vom Ende der freien Presse in Deutschland sprechen. Dann hätten sich alle Zeitungen der Staatsräson gebeugt, die in Wahrheit eine Staatsdummheit ist. Und der deutsche Untertanengeist wird schweben über allem Gedruckten...


Kommentar von F.A.Z., 29.06.2006, Nr. 148 / Seite 46, verfaßt am 29.06.2006 um 16.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4381

Kommando zurück
Springer folgt dem neuen Duden

Der Axel Springer Verlag kehrt wie geplant am 1. August zur neuen Rechtschreibung zurück. Alle Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien würden künftig den Schreibempfehlungen des neuen Dudens folgen, teilte das Unternehmen am Mittwoch in Berlin mit. Anlaß der Umstellung sei der Beschluß der Kultusministerkonferenz, die Rechtschreibreform entsprechend der Vorschläge des Rates für deutsche Rechtschreibung verbindlich zu ändern. Die überarbeitete Reform tritt am 1. August in Kraft. AP


Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 29.06.2006 um 15.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4380

Die FAZ hätte das wohl vor einiger Zeit noch getan. Neuerdings ist sie in puncto R-Reform sehr schweigsam. Es schwant einem nichts Gutes. Möchte nicht in deren Haut stecken...


Kommentar von jms, verfaßt am 29.06.2006 um 14.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4379

Mal sehen, ob eine Zeitung es wagt, über den manufactum-Mackensen zu berichten. Wetten, daß der Presse das Thema zu peinlich ist und es totschweigt? Und falls doch, kann man sich den süffisant-abfälligen Ton schon vorstellen, mit dem es abgetan wird.


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 29.06.2006 um 14.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4378

Mit den Gegnern der Reform meint S. Speicher offensichtlich die Zeitungen, die nun "Ruhe geben" wollen. Aber die wahren Gegner waren diese ohnehin nie. Da war immer viel Opportunismus im Spiel, wie sich auch bei der folgsamen Übernahme der jüngsten Reformvariante wieder zeigt.


Kommentar von Geradeaus, verfaßt am 29.06.2006 um 13.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4377

Es gibt durchaus eine Parallele: Der Mensch hat sich selbst außer die Evolution gestellt, genau wie nun der Schreib"gebrauch" außerhalb des freien Spiels der Kräfte steht (weil automatisiert). In beiden Fällen die gleiche Folge: die Unfähigkeit, beim "Survival of the fittest" als Bestes wirklich zu surviveln...


Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 29.06.2006 um 12.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4376

Im Ergebnis leitet sich auf diese Weise eine allmähliche Entalphabetisierung ein. Denn es ist klar, daß die Maschinen uns nicht ersetzen, was uns selbst an Können abhandenkommt.

Dieser Vorgang ist, soweit ich weiß, einmalig und sucht vergeblich nach Parallelen in der Geschichte des Menschen. Wenn unsere Kultur durch Schrift und Buchdruck entstanden ist, dann bedeutet Schriftverfall den Verfall der Kultur. Es sei denn, wir entwickeln daraus etwas bis jetzt Unvorstellbares, Besseres ... mir fällt nichts ein.


Kommentar von Nikolaus Lohse, verfaßt am 29.06.2006 um 12.06 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4375

Ja, natürlich - die Effekte potenzieren sich gegenseitig...


Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 29.06.2006 um 11.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4374

Die Automatisierung wäre auch ohne Reform eingetreten. Tragisch ist, daß sie nun auf einer mutwillig veränderten, verschlechterten Grundlage zu einer neuen Runde ansetzt, statt auf der Grundlage eines 100 Jahre lang im praktischen Gebrauch optimierten Usus.


Kommentar von Nikolaus Lohse, verfaßt am 29.06.2006 um 11.20 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4373

Wenn alle nach Duden schreiben und Duden dann ermittelt, wie alle schreiben, ist das Ergebnis vorhersehbar.

Das Problem ist ernster als es aussieht. Die zunehmende Automatisierung bei der Texterzeugung entzieht auch der empirischen Sprachforschung den Boden. Sprachentwicklung findet nur statt, solange die Sprache sich in freier Rede und Schrift entfalten kann. Zumindest bei letzterer schwindet diese Voraussetzung aber in dem Maße, wie das Computerprogramm die Verschriftung eigenmächtig steuert und der Schreiber selbst "abschaltet". Wenn der Trend zur Uniformierung so weitergeht wie bisher, führt das auch bei den Wörterbüchern zu einem Problem mit der Datenbasis. Noch wichtiger wird es daher werden, bei der Materialauswahl strenge Maßstäbe anzulegen und nicht Masse mit Klasse zu verwechseln.


Kommentar von Christian F. Langewische, verfaßt am 29.06.2006 um 10.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4372

"Die Gegner der Rechtschreibreform haben etwas erreicht, nun wollen sie Ruhe geben."

Wunschdenken eines Journalisten, dem es eh nie in den Sinn käme, gegen den Reformirrsinn aufzubegehren?

Oder dient es vor allem wieder der Beschwichtigung der Leserschaft?


Kommentar von Berliner Zeitung, 29.06.2006, verfaßt am 28.06.2006 um 22.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4371

Kommentar
Rechtschreibung, zusammengerüttelt

Stephan Speicher

Die Rechtschreibreform hat es geschafft. Der Springer Verlag will sich ab August nach den Regeln des frisch überarbeiteten Dudens richten, gleichfalls der Spiegel. Die FAZ, das dritte der opponierenden Verlagshäuser denkt noch über ihre Position nach. Irgendwann sind alle müde, auch dieser Streit musste verläppern. Ganz umsonst aber war er nicht. So sehr der schrille Ton ärgerte, so sehr man den Gegner der Reform Besserwisserei und Biestigkeit vorwerfen konnte: vieles wussten sie wirklich besser.

Die Rechtschreibreform war professionell schlecht vorbereitet. Probleme, die sich ergeben mussten, waren aus Trägheit nicht bedacht worden. Statt dessen begegneten die verantwortlichen Linguisten den Protesten mit einem Fachmannshochmut, zu dem nun nicht der geringste Anlass bestand; die staatlichen Autoritäten verdarben die Stimmung ihrerseits durch politische Verbocktheit. Schriftsteller wollten sich nicht in die neuen Regeln zwingen lassen, dazu existiert eine gewaltige Menge von Büchern in der alten Orthographie; die Sache lief auf die größte Unordnung zu. In der Sprache gibt es wenig, das aus sich richtig oder falsch wäre. Es gilt, was gilt, alles hängt am Sprachgebrauch. In diesen Sprachgebrauch aber brachte die Reform nicht Klarheit, sondern Verwirrung. Mittlerweile ist manches geradegerückt, der Zusammenhang mit den alten, zähen Regeln gerade in der Zusammen- und Getrenntschreibung wieder verbessert. Die Gegner der Rechtschreibreform haben etwas erreicht, nun wollen sie Ruhe geben.


(Berliner Zeitung, 29. Juni 2006)


Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.06.2006 um 19.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4370

Für Schriftsteller eröffnet sich ein Kompromiß: Wenn schon Reformschreibung, dann aber die Schweizer! Weil die Schweizer Rechtschreibung schon immer das ss statt ß setzte, entspricht die Schweizer Reformschreibung schon wieder (fast) der vorreformatorischen.


Kommentar von ub, verfaßt am 28.06.2006 um 18.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4369

Die Agentur AP hat die heutige Nachricht aus dem Hause Springer zum Anlaß genommen, sich bei der FAZ nach dem dortigen Stand der Dinge zu erkundigen. Hier das Ergebnis: "Die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung', die wie Springer 2004 beschlossen hatte, die neue Rechtschreibung zu ignorieren und nach den alten Regeln zu verfahren, prüft derzeit noch die überarbeiteten Regeln, wie das Blatt auf Anfrage mitteilte. In absehbarer Zeit werde darüber entschieden."


Kommentar von jms, verfaßt am 28.06.2006 um 17.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4367

So wie heute kaum noch jemand kopfrechnen kann, wird in Zukunft kaum noch jemand rechtschreiben können. Man wird einfach drauflos tippen oder aufsprechen, was man mitteilen möchte, und den Rest macht der Computer. So sorgt dann Big Brother Bertelsmann für die einheitliche Rechtschreibung und entsorgt gleichzeitig ein Stück Denkfähigkeit. Wie praktisch.


Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 28.06.2006 um 17.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4365

Springer wechselt zur Duden-Variante der "neuen" Rechtschreibung?
Na sowas!

Dabei ging es doch beim ganzen Verfahren nicht um die Neuerungen, wie der Reformer Karl Blüml 1998 eingestand. "Das Ziel war, die Rechtschreibregelung aus der Kompetenz eines deutschen Privatverlages in die staatliche Kompetenz zurückzuholen."

Man könnte sagen, wir wären nach 10 Jahren wieder dort angekommen, wo wir losgegangen sind. Das stimmt aber nicht: Zwar mögen wir im Kreis gegangen sein, aber finden uns nun, um etliche Blessuren reicher, mindestens ein Stockwerk tiefer wieder.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.06.2006 um 17.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4364

Die Zeitungsverlage und die Deutsche Presse-Agentur haben lange darauf hingearbeitet, die Duden-Lösung "Was Duden empfiehlt" pauschal zu übernehmen (Jürgen Hein, dpa: "Lösung von der Stange"). Damals wußte zwar noch niemand, was Duden empfehlen wird, aber das war auch völlig gleichgültig. Es kam und kommt nur darauf an, den Politikern wenigstens dem äußeren Anschein nach zu gehorchen und gleichzeitig die ganze Geschichte ohne eigenes Nachdenken, das ja nur Geld kostet, loszuwerden. Es ist vorauszusehen - wie schon mehrmals erwähnt -, daß die Dudenempfehlungen nach einer gewissen Zeit als die einzigen schulrelevanten Schreibweisen gelten werden, andere sind dann zwar nicht falsch, werden aber nicht unterrichtet, und nach weiteren drei Jahren verschwinden sie ganz aus den Wörterbüchern. Duden wird dann wahrscheinlich längst von Bertelsmann geschluckt worden sein.

Angesichts der hohen Bezugspreise sollte man sich ernsthaft überlegen, ob man all diese Zeitungen wirklich kaufen oder gar abonnieren muß. Viel wird es nicht helfen, aber ein paar tausend Kündigungen als Denkzettel haben schon einen gewissen Sinn. Ich selbst habe nicht nur mit gekündigten Abonnements schon viel Geld gespart, sondern betrete auch Buchandlungen nur noch selten und mit steigendem Widerwillen, meine Buchkäufe haben sich auf höchstens ein Zehntel reduziert. Ein bißchen liegt es auch am "Ambiente", wie man es passenderweise nennen muß. Diese "Thalia"-Einheitsläden wecken bei mir Fluchtinstinkte, und dann noch das rechtschreibreformierte Zeug, das sich da ausbreitet!


Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 28.06.2006 um 16.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4363

Die Technokraten sind am Ruder. "Einbindung in die IT-Landschaft" ist unvereinbar mit rückwärsgewandtem Konservativismus, der seine Textgewebe noch in Handarbeit erstellen will.
Das Variantengestrüpp ist zu lichten, ganz klar, da liegt die Ursache des neuen "celeste"-Dudens (argentinisch-hellblaue Streifen auf weiß).
Die Programmierer hätten sonst die Waffen strecken müssen...
Tragisch eigentlich. Ein paar Jahre mehr, und keiner hätte eine Reform für nötig befunden, weil keiner mehr selbständig zu schreiben hätte oder wollte, und dann wär's ja egal. wenn man eh nur noch die Software buchstabieren läßt. Natürlich wäre auch dann die Qualität nach unten gegangen, wie die SIlbentrennung schon länger gezeigt hat, aber nicht ganz so drastisch.



Kommentar von Nikolaus Lohse, verfaßt am 28.06.2006 um 16.12 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4362

Im Zweifel pro Duden! Das ist die peinlichste Erklärung und die erbärmlichste Begründung, die der Springer AG einfallen konnte. Der mediale Klüngel macht den gesamten Widerstand gegen die "Schlechtschreibreform" noch im nachhinein zur Farce. Nicht mal das Schweizer Feigenblatt "Im Zweifel fürs Bewährte" bindet Springer sich um. Einfach schamlos.


Kommentar von jms, verfaßt am 28.06.2006 um 15.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4361

Jetzt kommt das Geschäft ins Rollen. In Zukunft werden nicht Wörterbücher, sondern Rechtschreibprogramme den Schriftsprachgebrauch bestimmen. Der DUDEN-Verlag spekuliert wohl darauf, sein Geld mit ständigen Updates der reformkonformen Rechtschreibung zu verdienen. Das ist lukrativer und sicherer als das Drucken von Wörterbüchern, die aufgrund der Dauerbaustelle Rechtschreibreform ständig ihre Aktualität einbüßen und Gefahr laufen, eingestampft werden zu müssen.

Die Neuherausgabe des alten Mackensen kommt da genau richtig und müßte Zeitungen und Dudenverlag die Schamröte ins Gesicht steigen lassen. Aber Mitläufer kennen weder Schamgefühl noch Berufsethos noch intellektuelle Redlichkeit.


Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.06.2006 um 15.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4360

Wenn die Schweizer Verlage die herkömmlichen Varianten bevorzugen und der Duden die neuen empfiehlt, wird es in den Zeitungen und Büchern wohl eine bundesdeutsche und eine Schweizer und eine österreichische Rechtschreibung geben. Für zukünftige Historiker sehr interessant.


Kommentar von Axel Springer AG, verfaßt am 28.06.2006 um 12.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4359

Berlin (ots) - Trotz Reform ist Einheitlichkeit der Rechtschreibung angestrebt / Technologie-Partnerschaft mit Dudenverlag

Die Axel Springer AG wird eine reformkonforme Rechtschreibung in ihren Publikationen wie angekündigt bis zum 1. August 2006 umsetzen. Anlaß der Umstellung ist der Beschluß der Kultusministerkonferenz, die Rechtschreibreform entsprechend der Vorschläge des Rats für deutsche Rechtschreibung verbindlich zu ändern. Diese Reform tritt ab dem 1. August dieses Jahres in Kraft.

Trotz der Reform und der vielen erlaubten Schreibvarianten kann es gelingen, die Einheitlichkeit der Schreibung der deutschen Sprache wiederherzustellen. Um diese Zielsetzung zu unterstützen, werden alle Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien des Verlages Axel Springer zukünftig den Schreibempfehlungen des Dudens folgen, die dieser in der neuen 24. Auflage enthält. Der neue Duden weist in allen Fällen, in denen die neuen Rechtschreibregeln zu mehreren zulässigen Schreibvarianten führen, die von der Dudenredaktion jeweils empfohlene Schreibung besonders aus.

Vor diesem Hintergrund sind der Dudenverlag und die Axel Springer AG im Rahmen der Umstellung der Rechtschreibung eine Technologie-Partnerschaft eingegangen. Diese Partnerschaft dient insbesondere der Prüfung und Einbindung von Softwarewerkzeugen des Dudenverlages zur Rechtschreibprüfung in die IT-Systemlandschaft von Axel Springer.


(news aktuell, 28. Juni 2006)


Kommentar von Christian F. Langewische, verfaßt am 28.06.2006 um 02.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=483#4358

"Unreformiert, undeformiert."

Ein weitaus überzeugenderes Kaufargument als "Rechtschreibung Stand 2006" (Duden) oder das Wahrig-Wunschdenken "Endlich Sicherheit!"



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