Nachrichten rund um die Rechtschreibreform
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30.05.2006
Verfassungsklage abgewiesen
Karlsruhe zitiert sich selbst
Wie nicht anders zu erwarten war, hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsklage gegen die Rechtschreibreform nicht zur Entscheidung angenommen.
Die jüngsten Beschlüsse der KMK beträfen, so das Gericht, »unmittelbar Schüler und gegebenenfalls [!] Bedienstete staatlicher Behörden«. Daher sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine »Beeinträchtigung des Grundrechts auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit« darzulegen.
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 30.05.2006 um 13.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4051
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Bei einer Verfassungsklage kommt es immer auf den genauen Wortlaut der Klageschrift an... daher meine Rede seit Anno-Domini: "Einen Ex-Verfassungsrichter als Kläger bzw. Klageschrift-Verfassenden mit ins Boot holen." Normale Anwälte sind damit grundsätzlich überfordert.
Das "Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit" ist ohnehin viel zu schwammig, als daß man damit Punkte gewinnen könnte. Spätestens mit meiner Wehrdienstzeit habe ich verstanden, daß dieses ach-so-hohe-Gut in unserem Staat keinen nennenswerten Wert besitzt.
Interessanter wäre eine Klage von Eltern gewesen, die um das Recht streiten, ihren Kindern nach eigenem (erlerntem und noch immer offiziell aktuellem und, durch die Verfassungsrichter bestätigt, gültigem) Wissen beim erlernen der Sprache/Schrift helfen zu können/dürfen. Dieses Recht hat man den Eltern nämlich durch die NRS genommen. Eltern, die nach eigenem Wissen helfen, die schaden ihren Kindern. Dieses ist ein Umstand, der durch die Verfassung kaum gedeckt sein dürfte.
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Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 30.05.2006 um 13.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4052
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Und die Schülerpersönlichkeiten? Ist es grundgesetzlich vertretbar, wenn eine Gruppe etwas tun muß, was alle anderen nicht tun müssen? Gewiß, Kinder müssen manches tun und lassen, was Erwachsene nicht müssen, aber dann haben sie i.d.R. einen Vorteil davon. In dieser Sache haben sie, bis zur noch immer ausstehenden, überzeugenden Darlegung des Gegenteils, keinen Vorteil.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 30.05.2006 um 17.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4053
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Das deutsche Halbtagsschulsystem setzt voraus und verlangt, daß die Eltern die Fragen ihrer Kinder bei den Hausaufgaben beantworten und die Hausaufgaben auf Richtigkeit prüfen. Kinder von Eltern, die das nicht können und keine Hausaugabenhilfe bezahlen können, sind anerkanntermaßen benachteiligt, außer sie sind hochbegabt. Deshalb sind die Eltern gezwungen, die Reformschreibung noch besser zu beherrschen als die Schüler. Wenn sie diesem Zwang nicht folgen, schaden sie ihren Kindern. Für Schülereltern gilt daher obiges Grundrecht nicht.
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Kommentar von Monte Scherbelino, verfaßt am 30.05.2006 um 18.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4054
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Genau das ist doch der Trick an dieser Taktik, meine Herren!
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 30.05.2006 um 18.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4055
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WIR sind uns ja einig, daß die NRS unsere Grundrechte beschneidet... aber will man vor Gericht gewinnen, dann braucht man eben die richtigen Formulierungen und Argumentationen...
Leider war obige Verfassungsklage NICHT ordentlich formuliert.
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Kommentar von ub, verfaßt am 30.05.2006 um 18.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4056
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Lustig ist, wie die Nachrichtenagenturen heute den Beschluß präsentierten. AP bekräftigt in der Hauptzeile der Überschrift "Rechtschreibreform wird verbindlich", und dpa steigt ein mit dem Satz: "Das Bundesverfassungsgericht hat eine private Beschwerde gegen die einheitlichen Rechtschreibregeln unter Hinweis auf fehlende Betroffenheit abgelehnt."
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Kommentar von Die Welt, 30. Mai 2006, verfaßt am 30.05.2006 um 19.11 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4057
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»Karlsruhe läßt Gegner der Rechtschreibreform abblitzen
Das Bundesverfassungsgericht nimmt die Klage eines Privatmannes nicht an: „Sie sind rechtlich vielmehr frei, wie bisher zu schreiben“
Karlsruhe - Die Rechtschreibreform wird wie geplant am 1. August in Deutschland verbindlich. Der Versuch eines Privatmanns, das neue Regelwerk mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auszuhebeln, ist gescheitert. Eine mit drei Richtern besetzte Kammer des höchsten Gerichts erklärte die Verfassungsbeschwerde für unzulässig und nahm sie daher nicht zur Entscheidung an.
Die Klage richtete sich gegen den Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 2. und 3. März 2006, wonach ab dem 1. August 2006 die neuen Rechtschreibregeln verbindliche Grundlage des Unterrichts an allen Schulen sind. Die zuständige Kammer des Ersten Senats erklärte die Beschwerde aber für unzulässig, weil der Kläger eine Beeinträchtigung des Grundrechts auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit nicht dargelegt habe.
Er greife mit dem Beschluß der Kultusministerkonferenz eine Entscheidung an, die keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen habe, sondern der Umsetzung in den einzelnen Bundesländern bedürfe. Diese Umsetzungsakte betreffen nach Auffassung der Richter unmittelbar Schüler und gegebenenfalls Bedienstete staatlicher Behörden, die ebenfalls zur Beachtung der von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Rechtschreibregeln verpflichtet werden.
Nicht klageberechtigt sind demnach Personen außerhalb dieses Bereichs. Schließlich seien sie rechtlich nicht gehalten, die reformierte Schreibung zu verwenden. „Sie sind rechtlich vielmehr frei, wie bisher zu schreiben“, heißt es in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der Beschluß der Kultusministerkonferenz einen Appell an alle Verlage und Publikationsorgane enthält, sich an die veränderten Rechtschreibregeln zu halten.
In dem somit ab August verbindlichen Beschluß der Kultusminister sind auch die Korrekturen berücksichtigt worden, die der Rat für deutsche Rechtschreibung an den ursprünglichen Reformregeln vorgeschlagen hatte. WELT.de«
(Die Welt, 30. Mai 2006; analog auch Basler Zeitung, 30. 5. 2006)
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Kommentar von ub, verfaßt am 30.05.2006 um 19.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4058
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Der Text in der "Welt" ist, die Überschrift ausgenommen, identisch mit der AP-Meldung.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 30.05.2006 um 19.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4059
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Heißt das letztlich nicht einfach nur, daß der falsche Mann geklagt hat? Was wäre dagegen gewesen, hätte ein Schriftsteller geklagt, der die Reformschreibung ablehnt und dementsprechend auch der Umstellung seiner Texte für den Abdruck in einem Schulbuch nicht zustimmt, woraufhin sein Text nicht abgedruckt wurde (vorausgesetzt, daß das schon vorkam; ich bin mir da gerade nicht sicher)?
A propos BVerfG: Siehe in diesem Zusammenhang auch, wie sich das Bundespräsidialamt kürzlich dazu geäußert hat (hier).
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 30.05.2006 um 19.27 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4060
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Man darf annehmen, daß der Kläger von einem verfassungsrechtlich ausgewiesenen Juristen beraten bzw. vertreten wurde. Das BVG hat sich diesmal ohne Umstände aus der Affäre gezogen und sich im Grunde für nicht zuständig erklärt. - Der aussichtsreichere Weg führt meiner Ansicht nach über Klagen vor Verwaltungsgerichten (Lüneburg als Beispiel) und dann gegebenenfalls Verfassungsgerichten der Länder, sofern vorhanden. Die reformierte Rechtschreibung ist verbindlich allein in den Schulen als vorgeschriebener Unterrichtsstoff. (Wäre ich Lehrer, so würde ich schon z.B. in Einladungen zu Elternabenden stets die herkömmlichen Schreibungen verwenden. Ich möchte einmal sehen, wer mich deswegen belangen wollte.) Eine Klage müßte sich also zunächst auf eine angenommene Verletzung von Schulgesetzen stützen (allgemeine Erziehungsziele u.ä.).
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Kommentar von Freie Presse Chemnitz, verfaßt am 30.05.2006 um 19.33 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4061
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Beschwerde gegen Änderungen an Rechtschreibung erfolglos
Nur für Schüler und Staatsdiener bindend
Die von der Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossene Änderung der deutschen Rechtschreibung ist nur für Schüler und gegebenenfalls für Bedienstete staatlicher Behörden bindend. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss entschieden.
Karlsruhe (ddp). Die von der Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossene Änderung der deutschen Rechtschreibung ist nur für Schüler und gegebenenfalls für Bedienstete staatlicher Behörden bindend. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss entschieden.
«Personen außerhalb dieses Bereichs sind rechtlich nicht gehalten, die reformierte Schreibung zu verwenden; sie sind rechtlich vielmehr frei, wie bisher zu schreiben», betonten die Karlsruher Richter. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die KMK an alle Verlage und Publikationsorgane appelliert habe, sich an die veränderten Rechtschreibregeln zu halten.
Das Bundesverfassungsgericht verwarf die Verfassungsbeschwerde eines Privatmanns als unzulässig. Er habe nicht dargelegt, dass er durch die Rechtschreibreform in seinem Grundrecht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit beeinträchtigt werde.
Die KMK hatte in ihrer Sitzung vom 2. und 3. März beschlossen, dass ab 1. August 2006 die geänderte Rechtschreibung die verbindliche Grundlage des Unterrichts an allen Schulen ist. Die Kultusminister hatten damals den Empfehlungen des Rechtschreibrates für Korrekturen an der deutschen Rechtschreibung zugestimmt.
Der Kläger greife mit dem KMK-Beschluss eine Entscheidung an, die «keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen» habe, sondern der Umsetzung in den einzelnen Bundesländern bedürfe, betonten die Verfassungsrichter. Diese Umsetzungsakte beträfen «unmittelbar Schüler und gegebenenfalls Bedienstete staatlicher Behörden». Denn diese sollten dadurch «zur Beachtung der von der KMK beschlossenen Rechtschreibregeln verpflichtet» werden.
(AZ: 1 BvR 698/06 - Beschluss vom 2. Mai 2006)
(Freie Presse, 30. Mai 2006)
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 30.05.2006 um 19.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4062
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Die Klage war also, wenn schon erfolglos, so doch nicht vergebens. Sie hat das Karlsruher Gericht dazu genötigt, noch einmal klarzustellen, wie weit die Verbindlichkeit des kultusministeriellen Erlasses reicht.
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Kommentar von Ist die Rechtschreibreform am Ende? (ÖAZ), verfaßt am 30.05.2006 um 19.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4063
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Lesen Sie diesen Artikel hier.
(Da kann man nur sagen: Der Februar war ja erst.)
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 30.05.2006 um 19.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4064
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Um Herrn Wagner zuvorzukommen: Die s-Schreibung und die Kommasetzung dieses Textes wurden von der ÖAZ-Redaktion bearbeitet. Der Beitrag wurde von mir in den ersten Märztagen abgeliefert.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 30.05.2006 um 19.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4065
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Etwas Gutes haben diese Meldungen ja: Es wird klar gesagt, daß die reformierten Regeln nur an den Schulen gelten, also weder „Gesetz“ noch „allgemeinverbindlich“ sind. Ich stimme also Herrn Bärlein zu: erfolglos, aber keinesfalls vergebens.
Zu Kratzbaum: »Man darf annehmen, daß der Kläger von einem verfassungsrechtlich ausgewiesenen Juristen beraten bzw. vertreten wurde.«
Das steht schon deshalb zu vermuten, weil die Verfassungsbeschwerde – wie man dem eigentlichen Beschluß 1 BvR 698/06 entnehmen kann (man folge dem entsprechenden Verweis im Kopf der Pressemitteilung) – dreiteilig angelegt war: Neben der eigentlichen Verfassungsbeschwerde wurden ein Antragauf Erlaß einer einstweiligen Anordnung und ein Antrag auf Richterablehnung gestellt. Letzterer richtete sich gegen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Papier, der aber an diesem ablehnenden Beschluß beteiligt ist; das Ablehnungsgesuch gegen Präsident Papier wurde als unzulässig verworfen (Absatz 4ff).
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 30.05.2006 um 19.59 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4066
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Oh, jetzt bin ich Herrn Wagner wirklich zuvorgekommen! Wenn auch nur wenige Sekunden...
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 30.05.2006 um 20.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4067
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Und wann genau ist Ihr Beitrag in der ÖAZ erschienen?
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 30.05.2006 um 20.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4068
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60. Jg., 8. Mai 2006, Nr. 10. Im Internet aber erst jetzt. Ich persönlich hätte einen früheren Erscheinungstermin aus naheliegenden Gründen bevorzugt.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 30.05.2006 um 20.12 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4069
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Wie wahr, wie wahr ... Sagen Sie, könnten Sie vielleicht noch einen ähnlichen Auftrag in der Schweiz an Land ziehen? Das würde sich doch in Anbetracht des noch nicht abgeschlossenen Anhörungsverfahrens der EDK immer noch sehr lohnen – vorausgesetzt, daß die Publikation dann schneller zustandekommt.
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Kommentar von Reuters, 30. Mai 2006, verfaßt am 30.05.2006 um 21.02 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4070
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»Rechtschreibreform kann im August in Kraft treten
Karlsruhe (Reuters) - Die Rechtschreibreform kann wie geplant am 1. August in Kraft treten.
Das Bundesverfassungsgericht wies eine Verfassungsbeschwerde samt Eilantrag gegen den Reform-Beschluss der Kultusminister als unzulässig ab. Außerhalb von Schulen und gegebenenfalls Behörden sei die Reform für niemanden verbindlich, hieß es in dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. Der Kläger hatte argumentiert, durch die neuen Regeln in seinem Grundrecht auf freie Persönlichkeitsentfaltung verletzt zu werden. (Az.: 1 BvR 698/06)
Die Kultusminister hatten im März eine erneute Änderung der Reform von 1996 beschlossen. Damit sollten jahrelange Streitigkeiten beseitigt werden, die nach der Reform entbrannt waren. So wurde die Groß- und Kleinschreibung sowie die Trennung von Wörtern geändert, das "Sie" als formale Anrede soll wieder groß geschrieben werden. Ab August sollen die neuen Regeln für alle Schulen in Deutschland verbindlich gelten.
Der Beschwerdeführer sei durch die geänderten Rechtschreibregeln nicht in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen, urteilte das Gericht in seinem nur vierseitigen Beschluss. Denn außerhalb von Schulen und gegebenenfalls Behörden müsse sich niemand an die neuen Regeln halten. Daran ändere auch der Appell der Kultusministerkonferenz an alle Verlage und Publikationsorgane nichts, die neuen Regeln anzuwenden.«
(Reuters Deutschland, 30. 5. 2006)
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Kommentar von T. P., verfaßt am 30.05.2006 um 21.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4071
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Wir haben die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde ja schon vor etwa zwei Jahren unter Einbeziehung renommierter Verfassungsrechtler intensiv geprüft und dann wegen Aussichtslosigkeit verworfen, damit der Schuß nicht nach hinten losgeht. Nun hat es doch jemand gewagt.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 30.05.2006 um 22.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4072
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Die geänderte Rechtschreibung ist verbindliche Grundlage der von den Halbtagsschulen geforderten Hausaufgabenbetreuung durch die Eltern. Diese sind darin den Bediensteten staatlicher Behörden wie z.B. den Lehrern gleichgestellt.
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 30.05.2006 um 23.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4073
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@TP
Wie kann denn ein solcher Schuß nach hinten losgehen? Ist diese Behauptung nicht nur eine Form von Selbstbetrug? Ein sich selbst einreden müssen, daß man ja ohnehin nichts demokratisches/rechtliches mehr unternehmen kann? Mithin also, ein sich in das Unvermeidliche ergeben?
Was hätte denn bei einem weiteren verpatzen Rechtstreit überhaupt schlimmes passieren können? Wovor hätte man sich fürchten müssen? Schlimmstenfalls doch, daß das "hohe Gericht" endlich erlösend sagt, die NRS sei ab jetzt für jeden Bürger verbindlich -- aber dann wüßten wir zumindest verbindlich, daß wir in einem totalitären Staat leben. So bleibt uns nur das undeutliche und dumpfe Gefühl, daß es so ist.
Wir leben heute in einer Aufmerksamkeitsgesellschaft... alleine die öffentliche Erwähnung, daß nicht jeder die kultusbürokratische Willkür für sich hinnehmen will, ist doch schon ein kleiner Sieg.
Und *klein* ist der Sieg dieser verlorenen Verfassungsbeschwerde alleine deshalb schon, weil sie nirgends mehr eine deutliche Erwähnug findet. Das Thema rangiert nicht mehr auf den vorderen Seiten... es wird in den Nachrichten bestenfalls noch mit einer 30 Sekunden Mitteilung abgehandelt.
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Und überhaupt... Hat denn irgendwer schon die aktuelle Word-2007-Beta installiert und nachgeschaut, ob es im nächsten Jahr die bewährte Rechtschreibung überhaupt noch geben wird?
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Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 31.05.2006 um 06.40 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4074
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> Die geänderte Rechtschreibung ist verbindliche Grundlage
> der von den Halbtagsschulen geforderten
> Hausaufgabenbetreuung durch die Eltern. Diese sind
> darin den Bediensteten staatlicher Behörden wie
> z.B. den Lehrern gleichgestellt.
Papier ist geduldig.
Das zu verlangen, ist ein Federstrich. Das durchzusetzen ist dann schon erheblich schwieriger. Bekanntlich beherrscht praktisch keiner die BRaZ (Lehrer, Ministerialbeamte und Eltern eingeschlossen), daran helfen markige Sprüche nichts.
Diese Büchse kriegt man so schnell nicht wieder zu, allen Durchhalteappellen zum Trotz.
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Kommentar von AG, verfaßt am 31.05.2006 um 09.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4075
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JMW: "Sagen Sie, könnten Sie vielleicht noch einen ähnlichen Auftrag in der Schweiz an Land ziehen?"
Das kann ich versuchen, habe dafür auch ein paar Ideen, aber Garantien gibt es nicht. Vor allem bräuchte ich dann einen topaktuellen Stand und einen guten Aufhänger.
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Kommentar von T. P., verfaßt am 31.05.2006 um 11.52 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4076
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@ Kai Lindner
Die Schlußfolgerung lag nicht darin aufzugeben, sondern erfolgversprechendere Wege zu beschreiten.
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Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 31.05.2006 um 12.05 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4077
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Die ARD hat den Beschluß des BVerfG bereits umgesetzt. In der Fußballübertragung am Abend des 30.5. war in mehreren Einblendungen mehrmals zu lesen, was "im Anschluß" an die Übertragung zu sehen sei.
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Kommentar von Wikipedia, verfaßt am 31.05.2006 um 12.40 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4078
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Sollte man das nicht mal mit Inhalten füllen?
http://de.wikipedia.org/wiki/Forschungsgruppe_Deutsche_Sprache
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Kommentar von Günter Kaiser, verfaßt am 31.05.2006 um 12.47 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4079
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....und im österreichischen Staatsfernsehen wohl nach Jahren der erste Werbespot in nichtreformierter Schreibweise: "Es muß(!) ein Stiegl sein"
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Kommentar von W.L., verfaßt am 31.05.2006 um 13.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4080
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»Sollte man das nicht mal mit Inhalten füllen?«
http://de.wikipedia.org/wiki/Forschungsgruppe_Deutsche_Sprache
Lieber nicht - an dem Kindergartenspiel müssen wir uns nicht unbedingt beteiligen.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.05.2006 um 18.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4081
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"Wäre die Rechtschreibreform verbindlicher, könnte man etwas dagegen unternehmen. Da sie aber unverbindlich ist, ist sie unabwendbar."
Das habe ich schon 1997 in meinem "Schildbürgerstreich" geschrieben – damals im Anschluß an die Abweisung der Klage von Prof. Gröschner; es steht auch noch einmal in "Falsch ist richtig", weil es immer noch den Kern dieser rabulistischen Abwehrmaßnahme trifft. Ich bleibe dabei, daß noch nie eine Reform auf so miese Weise durchgesetzt worden ist. "Erfolgversprechend" ist gar nichts mehr, sobald die letzten Zeitungen sich unterworfen haben werden. Ein bißchen spannend wird es aber schon noch einmal werden, weil anschließend ja die Literaturverlage und damit die Schriftsteller dran sind. Das Plattmachen ist auch hier schon im Gange; im Herbst wird es sich beschleunigen.
Nachtrag: Wie ich gerade sehe, bringt der TAGESSPIEGEL denselben Text wie die anderen, titelt aber: "Schreiben nach Belieben". Bald werden in der Tat alle nach Belieben schreiben, wenn auch nicht nach eigenem.
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Kommentar von Biertrinker, verfaßt am 31.05.2006 um 21.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4082
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An Herrn Kaiser:
Dafür druckt die Ottakringer Brauerei auf Bierdeckel: "Bloss so."
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 31.05.2006 um 22.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4083
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Zeitungen stellen an Orthographie vor allem eine Anforderung: daß sie im Tagesgeschäft funktioniert. Scheint das der Fall zu sein ("Das läßt sich drucken", meinte Döpfner über das Ergebnis der Zehetmair-Revision), und wird das eigene Archiv durch eine Reform nicht unbrauchbar, können sie mit jeder Rechtschreibung leben.
Bekanntlich ist nichts so alt wie die Zeitung von gestern. Dem entspricht im Denken von Zeitungsleuten ein defizienter Begriff von Einheitsorthographie. Er ist zwar nicht identisch, jedoch kompatibel mit der Vorstellung, Einheitsorthographie sei dazu da, daß alle gleich schreiben. Tatsächlich, und das wissen auch die intelligenteren Redakteure, Herausgeber, Verleger oder Pressekonzern-Vorstandsvorsitzenden, dient sie der Verständlichkeit und Eindeutigkeit beim Lesen. Eindeutigkeit und Verständlichkeit stellen sich aber nicht von heute auf morgen ein. Sie setzen voraus, daß Schreibungen dem Leser im Horizont des Gewohnten begegnen, dessen, was in seiner Wahrnehmung schon immer so war.
Damit hat der Begriff der Einheitsorthographie eine zeitliche Achse, die sich dem Blick des Zeitungsmachers auch dann entzieht, wenn er sein Geschäft rational betreibt. Ihn interessiert weniger, was das Übliche, als daß es das Übliche ist. Im Grunde weiß er, daß er in Sachen Orthographie nur Second-Hand-Dealer ist. (Womit die Unterwürfigkeit der Presse, sei es 1999 oder heute, als Ausdruck angemessener Bescheidenheit sogar einen sympathischen Zug gewinnt.)
Anders als bei der Zeitung, die es jeden Tag neu gibt, sieht es bei der Literatur aus. Sie kann sich zur Einheitsorthographie nur im vollen Umfang von deren Begriff verhalten, ganz gleich, wie der einzelne Schriftsteller mit Rechtschreibung umgeht. Es sind ja nicht nur die Älteren und Arrivierten, deren Werk durch die Reform entweder verhunzt oder zu Makulatur gemacht wird. Es sind auch die Jüngeren, die zu Kaspern eines wahnhaften Projektes von bornierten Wissenschaftlern und stumpfsinnigen Politikern gemacht werden sollen und denen die Reform nicht nur das Handwerkszeug, sondern auch das Werkstück ruiniert. Das Gedächtnis der Sprache ist nicht die Zeitung, sondern die Literatur. Dort ist die Zitadelle. Sie ist uneinnehmbar. Die Zeitungen waren nur Außenforts, schlecht befestigt und besetzt mit Hilfstruppen von zweifelhafter Loyalität.
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Kommentar von Der Tagesspiegel, 31. Mai 2006, verfaßt am 31.05.2006 um 22.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4084
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»Schreiben nach Belieben
Bundesverfassungsgericht weist Klage ab
Die Klage eines Bürgers gegen die Rechtschreibreform ist vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Das Gericht nahm die Verfassungsbeschwerde des Privatmanns nicht zur Entscheidung an, weil der Mann nicht verpflichtet sei, sich an die neuen Rechtschreibregeln zu halten. Betroffen seien nur Schüler und Bedienstete staatlicher Stellen; der Kläger könne dagegen weiter schreiben, wie es ihm beliebe, heißt es in dem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichen Beschluss.
Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) einen Appell an alle Verlage enthält, sich an die veränderten Rechtschreibregeln zu halten. Ab August gilt die Reform an Deutschlands Schulen in einer im März nochmals geänderten Form. Am 1. August 1998 traten die neuen Regeln an den Schulen und Behörden in Kraft. Zwei Wochen vor diesem Termin hatte das Bundesverfassungsgericht die Reform für rechtmäßig erklärt. Nach anhaltender Kritik beschloss die Kultusministerkonferenz (KMK) im März dieses Jahres Änderungen in strittigen Bereichen, die danach auch von den Ministerpräsidenten der Länder gebilligt wurden. Die Änderungsvorschläge hatte der Rat für deutsche Rechtschreibung erarbeitet.
Die Empfehlungen des Gremiums sollen ab dem kommenden Schuljahr 2006/2007 verbindliche Grundlage im Schulunterricht werden. Bis Ende Juli 2007 sollen sie allerdings nicht als Fehler gewertet werden. Betroffen sind Regelungen in der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Groß- und Kleinschreibung, der Zeichensetzung sowie der Worttrennung am Zeilenende. AFP/Tsp«
(Der Tagesspiegel, 31. 5. 2006)
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Kommentar von Mannheimer Morgen, 31. Mai 2006, verfaßt am 01.06.2006 um 01.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4085
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»Karlsruhe lehnt Beschwerde ab
RECHTSCHREIBUNG: Bundesverfassungsgericht verweist auf "fehlende Betroffenheit"
Das Bundesverfassungsgericht hat eine private Beschwerde gegen die einheitlichen Rechtschreibregeln unter Hinweis auf fehlende Betroffenheit abgelehnt. Personen außerhalb von Schulen und Behörden seien nicht verpflichtet, die neuen Regeln zu verwenden, sondern "vielmehr frei, wie bisher zu schreiben", heißt es in der gestern in Karlsruhe veröffentlichten Entscheidung. (Az: 1 BvR 698/06)
Ein Mann aus Frankfurt hatte sich durch die Reform in seinem Grundrecht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit verletzt gesehen. Nach Ansicht der Bundesrichter hat der Mann seine Kritik an der Reform, mit der zum Beginn des neuen Schuljahres bundesweit im Unterricht einheitliche Schreibweisen gelten, nicht dargelegt.
"Er greift mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz eine Entscheidung an, die keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen hat, sondern der Umsetzung in den einzelnen Bundesländern bedarf", erklärte das Gericht. Diese Umsetzung betreffe unmittelbar Schüler und Bedienstete staatlicher Behörden, die dazu verpflichtet werden sollen, die Regeln zu beachten. "Personen außerhalb dieses Bereichs sind rechtlich nicht gehalten, die reformierte Schreibung zu verwenden", heißt es weiter. "Sie sind frei, wie bisher zu schreiben."
Die umstrittene Rechtschreibreform von 1996 wird zum 1. August endgültig geändert. Die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer hatten Ende März einstimmig Korrekturen beschlossen, die vom Rat für deutsche Rechtschreibung erstellt worden waren. Für die Änderungen gilt eine einjährige Übergangsfrist. Nach den Korrekturen soll künftig wieder mehr zusammengeschrieben werden - vor allem dann, wenn ein einheitlicher Wortakzent vorliegt. dpa«
(Mannheimer Morgen, 31. 5. 2006)
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.06.2006 um 05.38 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4086
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Die Gerichte könnten noch einmal zum Zuge kommen, wenn ein Schüler wegen sprachrichtiger, aber nach den Reformregeln "falscher" Schreibweisen einen Nachteil erleidet. Das werden aber die Kultusminister nach Möglichkeit zu vermeiden suchen.
Es scheint so, als bliebe von der milliardenteuren, kulturell und politisch beispiellos zerstörerischen Rechtschreibreform bis auf selten vorkommende Ärgerlichkeiten nur das ss übrig, das ursprünglich gar kein Anliegen der Reformer war - und für diesen sinnlosen Feldzug gegen das unschuldige ß haben sich nun erwachsene Minister und andere Politiker derart ins Zeug gelegt! Irrenhaus Deutschland.
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Kommentar von Biertrinker, verfaßt am 01.06.2006 um 08.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4087
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ss/ß:
"Nach kurzem Vokal schreibt man ss."
(gefolgt von einem Rattenschwanz an Ausnahmen)
(Quelle: Diethard Lübke, Die neue deutsche Rechtschreibung. Rechtschreibtabelle. Erscheint im Juni 2006 bei Hueber)
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 01.06.2006 um 10.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4088
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Ich halte es sogar für wahrscheinlich, daß das ß ganz verschwinden wird. Die Tendenz - zur Zeit noch fehlerträchtig - geht doch eindeutig dorthin. Was aber auch bleiben wird: der größte Klops, nämlich die Etymogeleien. D.h sie werden nicht förmlich korrigiert werden, sondern einfach so herumstehen wie die Figuren auf der Osterinsel.
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 01.06.2006 um 10.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4089
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Wenn das ß eines Tages verschwinden sollte, dann soll es konsequenterweise auch die Umlaute mitnehmen ;-)
Das scheint in Zeiten der Globalisierung, in der Manager, Politiker und Nachrichtensprecher weder gutes Englisch, noch richtiges Deutsch beherrschen, ohnehin der vorgezeichnete Weg zu sein. Denn für die globale Welt gilt ganz deutlich: Das Ganze ist sehr sehr viel weniger als seine Teile (= Synergie-Effekt).
Freuen wir uns also auf die globale "FIFA-Fussball-WM" ... merkwürdig, aber seit der Beschäftigung mit der NRS bin ich versucht, das "u" kurz auszusprechen.
Nur nebenbei noch angemerkt... ich mußte es doch einfach mal ausprobieren: Word-2007-Beta2 beherrscht noch immer die bewährte Rechtschreibung -- und hat sie sogar als Voreinstellung nach der Installation. Und -- dank neuem, "einfacherem" Bedienkonzept -- ist das Umstellen auf NRS nicht mehr so leicht zu finden. Wenn Microsoft die Voreinstellungen nicht noch ändern wird, dann ist das ein klarer Sieg für die bewährte Rechtschreibung.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 01.06.2006 um 11.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4090
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Könnte es nicht einfach sein, daß Ihr Beta-Programm einfach die von Ihnen gewählte Einstellung des Vorgängers übernommen hat? Daß also bei einer echten Neuinstallation doch die KMK-Schreibung voreingestellt wird?
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 01.06.2006 um 11.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4091
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@ Glasreiniger...
In diesem Fall ein deutliches "Nein", da ich die Beta auf meinem alten Testrechner installiert habe, auf dem vorher noch kein MS-Office installiert war. Ich würde niemals eine Beta auf meinem Arbeitsrechner installieren (zumindest würde ich kein Programm installieren, das "offiziell" noch als Beta gekennzeichnet ist ;-)
Bemerkenswert ist aber folgendes. Ich habe meinem Word-2003 vor einiger Zeit einen Duden-Korrektor-3.5 spendiert (als preisgünstiges Update meines uralten Korrektor-2.0)... nun benutze ich Word so gut wie nie (ich bin WordPerfect Nutzer und benötige vom MS-Office nur Excel), und so fiel mir erst jetzt, beim Testen der Unterschiede von Word-2003 zu Word-2007 auf, daß der aktuelle Korrekter in der Tat nur noch die NRS unterstützt. Auch die Korrektor-Option "Konservativ" korrigert nach der NRS -- man kann nicht einmal optional die bewährte GZS einschalten (als möglichen Kompromiß zwischen neu und bewährt).
Aber der Hammer ist: Nach dem Abschalten der ganzen VBA-Makros (und damit auch des Korrektors -- eine andere Möglichkeit zum Deaktivieren findet sich nicht) blieb mein Word dabei, nach der NRS zu korrigiren... unabhängig von den Einstellungen in den Word-Optionen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt...
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Kommentar von Red., verfaßt am 01.06.2006 um 12.12 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4092
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Diese interessanten Beobachtungen passen besser in die Rubrik „Software“ – wie wäre es, dort damit fortzufahren? Hier geht es um die abgelehnte Verfassungsklage.
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Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 01.06.2006 um 12.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4093
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„Es scheint so, als bliebe von der milliardenteuren, kulturell und politisch beispiellos zerstörerischen Rechtschreibreform bis auf selten vorkommende Ärgerlichkeiten nur das ss übrig, das ursprünglich gar kein Anliegen der Reformer war - und für diesen sinnlosen Feldzug gegen das unschuldige ß haben sich nun erwachsene Minister und andere Politiker derart ins Zeug gelegt! Irrenhaus Deutschland.“ (Ickler)
Der letzte Vorsitzende der Rechtschreibkommission, Blüml, schrieb in einem „Chat“ im Anschluß an eine Fernseh-Diskussion bei „Sabine Christiansen“ am 8.8.2004 auf die Frage:
A. H.: In der Schweiz gibt es nach wie vor kein “ß“. Konterkariert das aber nicht die ganzen Bemühungen um Vereinheitlichung? Da wird doch eine der zentralen Änderungen förmlich ausgehebelt.
Karl Blüml: Natürlich wäre es möglich gewesen, auf das ß insgesamt zu verzichten. Dies wäre aber gegen den ausdrücklichen Wunsch einer großen Bevölkerungsmehrheit gewesen, weil sie diesen Buchstaben als typisch deutsches Zeichen betrachten.
Dem „ausdrücklichen Wunsch einer großen Bevölkerungsmehrheit“ hätte jedoch nur die Beibehaltung des herkömmlichen Gebrauchs entsprochen. Die Erhaltung einiger weniger „ß“ diente also nur der Übertölpelung der Bürger. Die Präzisierung der Aussprache war danach ein Nebeneffekt, der jetzt zum Hauptvorzug der „Reform“ emporgejubelt wird – trotz seiner Fehlerträchtigkeit und traditionszerstörerischen Wirkung.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 01.06.2006 um 13.22 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4096
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"Das ß als typisch deutsches Zeichen" klingt abwertend. Jedes Land außer Italien hat seine Sonderzeichen zusätzlich zum lateinischen Alphabet. (Italienisch sieht sich als der direkte Nachkomme des Lateinischen.) Kein anderes Land würde sich seine Sonderzeichen wegnehmen lassen. Im Gegenteil: Island hat in allen isländischen Wörtern das z abgeschafft, außer in Eigennamen und Fremdwörtern. Die Zeiten, als wir auf Fernschreibern Lochstreifen zum Einlesen in Rechner stanzen mußten, sind doch lange vorbei; Fernschreiber hatten weder Umlaute noch ß. Jetzt hat jedes Land seine eigene Computertastatur.
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Kommentar von Dudenfreund, verfaßt am 01.06.2006 um 13.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4097
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Ob man aus dem seltsamen Gebaren des Duden-Korrektors vielleicht eine Art Virengeschichte machen kann? Für Computerzeitschriften? Große Warnmeldung?
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 01.06.2006 um 18.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4098
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Zwar auch nicht zur Verfassungsklage, aber ich möchte doch meine persönliche Einschätzung einstreuen: Die Abschaffung des ß oder gar der Umlaute halte ich in weiter Zukunft für unwahrscheinlich. So schnell wird keiner mehr für eine neue Rechtschreibung werben wollen. Die Reformer wünschen sich zwar solche großartigen weiteren Schritte, aber die können sie nicht einfach lostreten. Die Kultusminister bleiben (formal) zuständig, unsinnig wie es ist, und werden sich vor einer Neuauflage der Rechtschreibreform in ihrer Verantwortung hüten. Jetzt geht es weiter wie bei jeder politischen Reform eines komplexen Gegenstandes: Herumflicken ohne Ende.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.06.2006 um 18.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4099
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Diethard Lübke, den Biertrinker hier erwähnte, produziert nicht nur (inzwischen schon längst wieder überholte) Rechtschreibmaterialien, sondern betreibt auch für Cornelsen die Verhunzung der Klassikertexte: Umstellung auf Reformschreibung, Weglassen und Austauschen von angeblich schwierigen Wörtern und Satzkonstruktionen, Streichungen. Amazon verzeichnet nicht weniger als 87 "Werke" dieses schlimmen Zeitgenossen.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 01.06.2006 um 19.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4100
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W. Wrase: »Die Reformer wünschen sich zwar solche großartigen weiteren Schritte, aber die können sie nicht einfach lostreten. Die Kultusminister bleiben (formal) zuständig, unsinnig wie es ist, und werden sich vor einer Neuauflage der Rechtschreibreform in ihrer Verantwortung hüten.«
Ehrlich gesagt, ist es mir schon lieber, daß die Kultusminister zuständig bleiben, denn was von einer losgelassenen Kommission zu erwarten wäre, kann man sich unschwer ausmalen (Pitza, Geheimniss und dergleichen). Das heißt aber auch, daß man wohl um das Fazit (wer hatte das schon für sich reklamiert?) nicht herumkommt, daß die KMK bzw. einige Kultusminister zumindest Schlimmeres verhindert haben. Außerdem bleiben sie so in der Pflicht: Sie können zwar versuchen, sich davonzustehlen und Gras über die Sache wachsen zu lassen, aber bestehende Probleme kann man nicht dadurch beseitigen, daß man sie per Beschluß für nicht existent erklärt. Das mag eine Zeitlang gutgehen, aber irgendwann ist Schluß mit lustig. Der Schwarze Peter bleibt im Spiel, auch wenn ihn keiner haben will.
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 02.06.2006 um 00.27 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4104
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Zwei Wege zur Liquidierung der Reform (und daß von ihr auf lange Sicht so gut wie nichts übrigbleiben wird, daran habe ich keinen Zweifel) sind m. E. denkbar:
1. Die Urheber - das sind nicht die Reformer, sondern die Kultusminister - schaffen, aus Einsicht oder aufgrund von Gerichtsurteilen, in einer Art Kraftakt dieses total mißlungene Machwerk ab. Mit dem Ende der Reform im Schulunterricht ist sie auch sonst überall gestorben.
2. Wahrscheinlicher ist eine schleichende Aushöhlung durch die Praxis der Medien und Wörterbücher. Wenn letztere nur wollten, würden sie weitgehend freie Hand bekommen. Die Kultusbürokratie würde keinen Widerstand leisten, es müßte nur jedes provokative Aufsehen vermieden werden. Schon die Art und Weise, in der die KMK die jüngsten Änderungsvorschläge des Rates hat passieren lassen, spricht sehr für diese Annahme. Maßgebend ist das Geschäftsinteresse der Wörterbuchverlage.
Und der Rat für deutsche Rechtschreibung?
Entgegen manchen hier geäußerten Erwartungen wird er meiner Ansicht nach im künftigen Gang der Dinge keine Hauptrolle mehr spielen. Dazu fehlt es den meisten seiner Mitglieder an Motivation und auch an Kompetenz.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 02.06.2006 um 01.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4105
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Das heißt aber letztlich nur, daß die Ratsmitglieder, die über Motivation und Kompetenz verfügen, die Führungsrolle übernehmen werden. Deshalb noch mal die Frage, ob denn schon klar ist, wer sich langfristig als führender Reformerkopf durchsetzen wird – Gallmann oder Eisenberg?
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 02.06.2006 um 01.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4106
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Die Kultusminister haben "Schlimmeres verhindert", aber aufgrund des allgemeinen Protests, nicht aus freien Stücken. Sie wollten noch vor wenigen Jahren der Reformkommission die Vollmacht erteilen, nach eigenem Gutdünken weiterzureformieren. Das ist das Gegenteil von verantwortlichem Eingreifen. Zweitens ist das auch deshalb ein unangemessenes Fazit, weil die Kultusminister zuerst Schlimmes getan haben, bevor sie noch Schlimmeres zu verhindern gezwungen wurden.
Wenn jemand ein wertvolles Gebäude in Brand steckt und dann von aufmerksamen Passanten genötigt wird, seine Helfershelfer davon abzuhalten, noch mehr Benzin ins Feuer zu gießen, ist das keine Heldentat. Ich bitte von Belobigungen der Brandstifter abzusehen.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 02.06.2006 um 03.21 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4107
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Bleibt die Frage, ob die Kultusminister wußten, daß sie mit der Reform quasi einen Brand legen. Ich vermute, daß sie das nicht wußten, weil sie von dem Inhalt und den möglichen Auswirkungen der Reform keine Ahnung hatten. Sie waren doch im wesentlichen nur die Marionetten der Reformer, denen sie nahezu blind vertraut haben – was ihnen zum Verhängnis wurde.
Um nicht mißverstanden zu werden: Ich will die Kultusminister nicht in Schutz nehmen. Spätestens als die Rechtschreibkommission selbst massiv zurückrudern wollte, als die ersten massiven Proteste aufkamen und fundierte Kritik geübt wurde, haben sie verantwortliches Eingreifen in der Tat vermissen lassen – und das bis heute. War es aber nicht so, daß sie sich auch in der Anfangsphase der Reform von 1996 bis 1998 auf die Einflüsterer in ihrem Umfeld verlassen haben? Dann hätten sie auch damals nicht wissentlich den Brand befördert. Die Frage, ab welchem Zeitpunkt sie wußten, was sie taten, kann vermutlich Herr Ickler beantworten; auf jedenfall war das aber zu spät.
Konkret nachgefragt: Auf wen ging letztlich die Einladungsliste bei der Mannheimer Anhörung zurück? Hätten die Kultusminister zu dem Zeitpunkt schon erkannt, daß die Reform massiv nach hinten losgegangen ist, hätten sie sich ja durch eine mehrheitliche Beteiligung von Reformkritikern und -gegnern quasi ein Alibi verschaffen können, warum die Reform doch nicht wie geplant in Kraft treten kann – also genau umgekehrt zu dem, wie es damals gelaufen ist. Wußten sie damals, was sie taten? Ich bin mir nicht sicher.
Um nicht mißverstanden zu werden: Ganz offenkundig liegt das eigentliche Problem tiefer. Die Kultusminister haben einen viel schwereren Fehler begangen, als eine unsinnige Rechtschreibreform in Gang gesetzt zu haben: Sie haben nicht gemerkt, daß sie unsinnig war – weil sie denjenigen, die für sie gearbeitet haben, freie Hand ließen. Wer aber für andere die Arbeit macht, muß von denen kontrolliert werden. Spätestens bei der Besetzung der Zwischenstaatlichen Kommission hätte die KMK dafür sorgen müssen, daß eine unabhängige Begutachtung stattfindet. Das ist ein unverzichtbarer Bestandteil verläßlichen Arbeitens in verschiedenen Bereichen (Wissenschaft, Technik, Wirtschaft, ...), und daher ist es nicht verwunderlich, daß die Mißachtung dieses notwendiges Kriteriums zu dem Murks geführt hat, den wir jetzt haben. – Eigentlich ist das ein Paradebeispiel elementarer Verantwortungslosigkeit. Ob es aber wirklich abschreckend gewirkt hat, muß sich erst noch zeigen.
Mit meiner Bemerkung #4100 wollte ich lediglich darauf hinaus, daß es nicht vollkommen unsinnig ist, daß die Kultusminister weiterhin formal zuständig bleiben – denn was wäre(n) die aus ihrer Sicht mögliche(n) Alternative(n), d.h. unter der Maßgabe der Gesichtswahrung? (Da die Kultusminister bislang die Zuständigkeit hatten, kommt es auf ihre Perspektive an, sie müssen entscheiden, wie diese Frage geregelt werden soll – zumindest solange kein Gericht dazwischenfunkt.) Alles, was nach dem gesunden Menschenverstand wünschenswert wäre, kommt für sie aber dem Eingeständnis des Scheiterns gleich und daher nicht in Frage. Um sich weitestmöglich von der Sache fern zu halten, können sie nur noch den Rechtschreibrat tun und machen lassen und alle paar Jahre ihr Placet dazu geben, oder aber die Verantwortung fast ganz an den Rat abtreten (wie es 2004 geplant war). Letzteres würde mir aber gar nicht gefallen.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 02.06.2006 um 09.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4108
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Völlig einverstanden. Ich fände es relativ günstig, wenn es so läuft, wie Kratzbaum es für gut möglich hält: Verlage und Wörterbücher biegen langsam, aber sicher die Rechtschreibung wieder halbwegs hin, und solange niemand groß nachfragt, halten die Kultusminister das Maul. Aber ist das wahrscheinlich? Immer wenn irgendein offizielles Statement von den Medien gewünscht wird, rennen doch die Journalisten als erstes zu einem Kultusministerium und verlangen Aufklärung, was nun gelten soll; an wen sollten sie sich auch sonst wenden? Ich kann mir schlecht vorstellen, daß die Kultusminister sich einfach ausklinken. Der Versuch, ihre Verantwortung fast gänzlich an die Kommission abzutreten, war durchaus verständlich. Ebenso halte ich es für naheliegend, wie Herr Wagner und anders als Kratzbaum, daß die Kultusminister bei Bedarf auf den "Rat" oder auf einen neuen "Rat" zurückgreifen, um sich wenigstens von der Verantwortung für die wechselnden Inhalte des Wörterverzeichnisses freizuhalten.
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 02.06.2006 um 09.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4109
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Man darf nicht vergessen, daß die Kultusminister - fixiert auf die Schule, wie sie nun einmal sind - vom Inhalt der Reform so gut wie keine Ahnung hatten. Davon zeugen zahllose Äußerungen bis auf den heutigen Tag, man denke nur an die Peinlichkeiten, die der Vorstizende des Rechtschreibrates bei Gelegenheit von sich gibt. Die MK wollten einfach den Schülern etwas Gutes tun. Was man ihnen vorwerfen kann, ist, daß sie sich blind auf die nächsttiefere Entscheidungsebene verlassen haben. Dort sitzen die eigentlichen Durchpeitscher. Da stellt sich natürlich die Frage, welche Qualifikation man eigentlich für das Amt eines Kultusministers mitbringen muß. Genügt es, wenn man einmal Fußballtrainer war?Viel wäre schon gewonnen, wenn ganz besonders Lehrer in Zukunft von diesem Amt ausgeschlossen würden.
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 02.06.2006 um 09.48 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4110
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Qualifikationsanforderungen an einen Politiker oder an politische Beamte:
* Maul halten und der Linie der Partei folgen.
* Keine Fragen stellen und immer dann die Hand heben, wenn es der Vorsitzende befiehlt.
* Nicht denken... das Denken übernehmen andere.
Problematisch ist das, weil die Parteien keine Linie haben (immerhin will man es ja jedem Wähler rechtmachen)... weil der Vorsitzende inkompetent ist (man wird so lange nach oben befördert, bis man den Grad seiner Inkompetenz erreicht)... weil es keinen gibt, der die Rolle eines klugen Vordenkers übernehmen kann (das bedingt das korrupte System der Parteien, in denen die Mittelmäßigkeit gefördert wird).
Und überhaupt: welcher Politiker hatte denn schon Ahnung von Rechtschreibung? Wieviele Schriftsteller sitzen denn im Bundestag (oder saßen in den letzten 50 Jahren im Bundestag)?
Die politische Kaste verband mit der Rechtschreibreform m.E. keine echte Vision... vielleicht noch entfernt die, daß mit der deutschen Einheit auch ein einheitliches Deutsch wünschenswert wäre (wobei natürlich übersehen wurde, daß es dieses seit 1901 schon gab).
Dennoch ist es ein Wunder (wenn man denn bei bösen Entwicklungen von Wunder sprechen sollte), daß die Reformbetreiber bis nach oben durchdrangen. Ich schätze, daß die hohe Kultusbürokratie einfach nur überrumpelt wurde. Und da Politiker einen Fehler niemals zugeben, wird das Ganze eben durchgezogen -- bis zum bitteren Ende; ganz gleich, wie viele "Tote" und "Verletzte" es den Kulturbetrieb kostet.
Und hier liegt auch das Problem für eine wünschenswerte Korrektur der Reform. Noch einmal werden die Kultusbürokraten sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen. Alle Räte und Ausschüsse sind nur ein Feigenblatt um die Kritiker zu besänftigen. Wirkliche Änderungen sind nicht mehr gewünscht. Der Status (ohne quo) wird fixiert.
Und in diesem Sinne kann man davon ausgehen, daß die Wörterbuchverlage einen ministerialen Rüffel bekommen, wenn sie von der *amtlichen* Reformschreibung abweichen. "Wir können ihr Buch so den Schulen nicht empfehlen" -- wird es dann unverfänglich heißen. Und so wird die NRS dauerhaft betoniert.
Natürlich darf jeder Bürger so schreiben, wie er will...
Aber die Zeitungen schreiben reformiert... die großen Verlage nötigen ihre Autoren reformiert zu schreiben... wer seine Bewerbung in "alt" schreibt, macht sich verdächtig... Stadtbüchereien verkaufen alte Bücher nach Gewicht... Staatsangestellte müssen ihre Pamphlete reformiert herausgeben...
Das soll jetzt nicht heißen, daß ich glaube, die Reform hätte schon gewonnen... aber ich denke, man darf nicht so blauäugig sein und davon ausgehen, daß sich das Ganze durch Evolution reparieren wird. Wo die Politik ihre Hand im Spiel hat, da ist die Evolution abgeschaltet.
Die Politik kann man nur politisch/rechtstaatlich greifen. Über zivilen Ungehorsam bei der Rechtschreibung lachen die Politiker doch nur -- die Ungehorsamen werden mit der Zeit aussterben.
Noch ist Zeit, eine wirklich fundierte Klage durchzubringen. Das Ziel der Klage darf nicht sein, die NRS abzuschaffen -- das würde jetzt kaum noch funktionieren... das Ziel muß sein, daß in der Schule auch und gleichberechtigt die bewährte Rechtschreibung unterrichtet wird. Natürlich klingt das erst einmal unsinnig... aber es wäre politisch korrekt... und man könnte so die Evolution in der Rechtschreibung wieder in Gang setzen.
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 02.06.2006 um 10.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4111
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Ganz entscheidend wird sein, wie weit die Zeitungen mit der Übernahme des "Kompromisses" gehen werden. Ich kann mir einfach nur schwer bis gar nicht vorstellen, daß die WELT oder die FAZ von ihrer z. Zt. praktizierten Schreibung plötzlich wieder in das Elend der reformierten Rechtschreibung zurückfallen.
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Kommentar von rrbth, verfaßt am 02.06.2006 um 14.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4113
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Das Ziel der Klage darf nicht sein, die NRS abzuschaffen -- das würde jetzt kaum noch funktionieren... das Ziel muß sein, daß in der Schule auch und gleichberechtigt die bewährte Rechtschreibung unterrichtet wird.
Ich bin mir sicher, daß bei Wahlfreiheit sich die bewährte Schreibung (ziemlich schnell) durchsetzen wird.
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Kommentar von Hans-Jürgen Martin, verfaßt am 02.06.2006 um 19.35 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4114
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Das Schreiben des Herrn Schichtl an den Bundespräsidenten, auf das Jan-Martin Wagner am 30.05.2006 um 19:26 Uhr hinwies, beginnt mit den Worten: "Sie sind die oberste moralische Instanz, die in diesem grotesken Kulturstreit wieder Frieden stiften kann." Was davon zu halten ist, beweist die Antwort des Bundespräsidialamtes vom 16. April:
– Dem Bundespräsidenten ist es "leider nicht möglich, in jedem Fall persönlich zu antworten." Daß es gerade in diesem Fall "nicht möglich" war, zeigt den Stellenwert, den Horst Köhler der deutschen Sprache und dem Thema RSR beimißt.
– "Letztendlich soll von hier aus kein Urteil über Wert oder Unwert der Reform abgegeben werden." Das macht Köhler zwar in vielen Fällen, aber eben nicht in diesem. Nicht einmal "überflüssig wie ein Kropf" ist die RSR mehr, so ist man nach dem Durchwinken der RSR auf der KMK politisch korrekt.
– "Breitere Akzeptanz [...] zeigt sich darin, daß bisher der Rechtschreibreform gegenüber kritische Verlage" sich haben beschwatzen lassen; das Schreibvolk selbst wird nicht erwähnt - weil es nicht wichtig ist.
– "Die zunächst gegen die Reform sprechenden praktischen Erwägungen (Umstellungskosten, Verunsicherung der Bevölkerung) dürften nunmehr eher gegen eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung sprechen." Damals wurden sie ignoriert, jetzt aber sind sie wichtig.
– "Der überwiegende Teil der Schulkinder hat Schreiben nach den neuen Regeln gelernt. Insofern wird auch die Akzeptanz der neuen Rechtsschreibregelungen Jahr für Jahr deutlich ansteigen." Richtig: Wenn man die Jugend nur lange genug vereinnahmt und manipuliert, steigt die prozentuale "Akzeptanz" zwar langsam, aber stetig. Das hat auch früher schon funktioniert: Meine Mutter kann auch heute noch problemlos die entscheidenden Lebensdaten des Führers aufsagen, und ähnliches "Kultuswissen" haben die ehemaligen Schüler, FDJler etc. der DDR. Die Jugend gehört der Großen Koalition. Merkt das Bundespräsidialamt etwa nicht, welch ungeheuerliche Anmaßung es da ausspricht?
– "Der Bundespräsident hätte im Übrigen nicht die Kompetenz die Rechtschreibreform für ungültig zu erklären." Auch richtig; er hat aber die Kompetenz, in seinen Schreiben an der von der überwältigend großen Bevölkerungsmehrheit gestützten deutschen Rechtschreibung festzuhalten; und der könnte sogar Gesetzesvorlagen, die nicht der deutschen Rechtschreibung entsprechen, mit Hinweis auf § 23 Abs. 1 VwVfG zurückweisen.
Das würde sein "Standing" natürlich beschädigen. "Unbequem" und "streitbar" sind Politiker und andere wichtige Personen der "Öffentlichkeit" nur in Festreden; ansonsten sind sie Mitläufer, und nur als Mitläufer geraten sie in höchste Ämter.
Eigentlich muß man nur die zwangsreformierte Schulschreibung des Textes zur Kenntnis nehmen, um die Rolle des Bundespräsidenten zu verstehen. Die der obersten moralischen Instanz ist sie offenkundig nicht.
Es sind nicht Selbstdarstellungssucht oder Naivität, sondern Äußerungen und Verhaltensweisen wie die des Bundespräsidenten, die Privatpersonen im Gefühl der Ohnmacht zu einem ebenso verzweifelten wie aussichtslosen Gang nach Karlsruhe veranlassen. Die, die etwas bewirken könnten, die Professoren, Juristen, Verleger, Manager etc., schauen in vermeintlich vornehmer Zurückhaltung zu und schütteln verständnislos den Kopf über die Dummheit des Einzelgängers, der es doch tatsächlich wagt, ohne ihre Unterstützung das System der Ignoranz und Kulturlosigkeit anzugreifen.
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 03.06.2006 um 00.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4115
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"Es ist jetzt wichtig, dass nunmehr Sicherheit hinsichtlich der Rechtschreibregelungen herrscht. Der Bundespräsident hätte im Übrigen nicht die Kompetenz die Rechtschreibreform für ungültig zu erklären." Aus der Antwort des Bundespräsidialamts an Herrn Schichtl ()
Im zweiten Satz ist der Konjunktiv (II) richtig verwendet. Entspräche im ersten der Konj. I dem Gemeinten ("herrsche")? Was ist denn da wirklich der Inhalt: Es ist jetzt wichtig = es fällt jetzt erst mal Gott sei Dank ins Gewicht? Oder: Es ist jetzt wichtig = es ist jetzt die wünschenswerte Hauptsache? Zum ersten Interpretation: Das stimmt nicht; es herrscht eben keine Sicherheit hinsichtlich der Rechtschreibregelungen. Und der Hauptgrund ist, daß nun mal die aufoktroyierte Schreibung in sich nicht geschlossen ist und unserer Kultur außer der Zerstörung von etwas sehr natürlich Gewachsenem und sinnvoll Gehegtem nichts Nützliches bringt. Wie weit weg vom normalen Geschehen im Staat ist dieses Präsidialamt? Zur zweiten Interpretation: Es sei/wäre jetzt wünschenswert? Ja, darum ging es Herrn Schichtl doch gerade! Hat der Beauftragte das denn nicht bemerkt? Welch bemerkenswerte Art der Ablehnung, präsidial Hilfe zu leisten. Kai Lindners Benennung "Die politische Kaste" (#4110) trifft den Nagel auf den Kopf!
kratzbaum, den Satz "Viel wäre schon gewonnen, wenn ganz besonders Lehrer in Zukunft von diesem Amt [Kultusminister] ausgeschlossen würden" (#4109) hätte ich nicht geschrieben. Nur fähige Leute sollten dazu ernannt werden; denn auch ein Bodybuilder könnte ein guter Gouverneur sein, und ein Lehrer auch. (Und ich habe jenem sogar ein Deutschland bekannt gewordenen Freistilringer mit meiner Stimme zum Amt des Gouverneurs von Minnesota verholfen. Allerdings hatte ich — wie offenbar sehr viele andere dann auch — nicht gedacht, daß er gewinnen würde; aber er machte einen besseren Eindruck als die Kandidaten der Kaste. Und so ein schlechter Gouverneur war er dann übrigens gar nicht; er konnte nämlich er selbst sein, weil er eben als Außenseiter anderen der Kaste nicht verpflichtet war. So lehnte er den Bau eines neuen Stadions auf Steuerkosten mit der Begründung ab, daß seine frühere High School älter sei und einen Neubau nötiger hätte als das Stadion, das gerade mal 1982 eröffnet worden war. Jetzt, unter einem anderen, "normalen" Gouverneur, wird einem privaten Sportkonzern das gerade mal 24 Jahre alte Stadion mit Hilfe von Steuergeldern durch ein neues ersetzt.) Was war Köhler früher?
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.06.2006 um 11.46 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4119
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In Artikel 56 Grundgesetz (Amtseid des Bundespräsidenten und der Bundesminister) ist "deutsches Volk" durch "Interessenverbände" zu ersetzen.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 04.06.2006 um 11.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4121
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Ein Beispiel dafür, daß früher oder später erneut an den Regeln herumgeflickt werden muß: Die neue Regel, daß man entweder ohmsches Gesetz oder Ohm'sches Gesetz zu schreiben habe, ist doch so gut wie tot. Die Zeitungen schreiben ganz überwiegend wie zuvor Ohmsches Gesetz, oder? (Wird die Apostroph- bzw. Kleinschreibung eigentlich noch in aktuellen Schulbüchern gelehrt?)
Jedenfalls wird früher oder später die übliche und sinnvolle Schreibung Ohmsches Gesetz wieder zugelassen werden müssen. Dann haben wir drei mögliche Schreibungen, also wird früher oder später eine Bereinigung stattfinden. Die Wörterbücher könnten das jeweils anbahnen, indem sie auf eigene Faust die Schreibung Ohmsches Gesetz mit aufnehmen, mit der Begründung, das lasse sich aus der Beobachtung des tatsächlichen Schreibgebrauchs ableiten. Einfach die beiden anderen, offiziellen Schreibungen tilgen können sie wohl kaum. Auch das "amtliche Regelwerk" wird also geändert werden müssen.
Wie soll das vor sich gehen? Ich nehme an, der Rat für Rechtschreibung wird eine entsprechende Vorlage durchwinken, und die Kultusminister segnen die geänderte Fassung des Regelwerks ab.
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 04.06.2006 um 11.32 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4122
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So könnte es sich als Verfahren etablieren: Die Wörterbuchverlage ändern, einfach durch Eintrag (die Regeln müssen also offiziell nicht modifiziert werden, sehr wichtig für die "Gesichtswahrung"), im Sinne eines Rückbaus, der Rat diskutiert und beschließt und bildet das Scharnier zur KMK, die alles stillschweigend zur Kenntnis nimmt. Die berühmte normative Kraft des Faktischen gewinnt die Oberhand. (Jahrzehntelang wollte die Post uns beibringen, es heiße "Postwertzeichen", bis auch sie bei "Briefmarke" landete.) Das geht nur gut, wenn nicht ein zweihundertprozentiger Reformtreuer stänkert. Aber den könnte man ja dann auf die gleiche bewährte Weise neutralisieren wie zuvor die Kritiker.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 04.06.2006 um 13.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4124
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Solche Zweihundertprozentigen sitzen z.B. in der Wikipedia-Redaktion. Was die Entscheidung über den Abdruck von Leserbriefen in herkömmlicher Schreibweise betrifft, vermute ich ähnliche Kleingeister am Werk. „Schreiber aller deutschsprachigen Länder, schreibt Euch frei!“ – so sehr ich Herrn Jochems in diesem Aufruf (siehe hier) unterstütze, gibt es doch das Problem, daß man gerade dort, wo man sich öffentlich sichtbar freischreiben könnte, auf Hemmnisse stößt.
Einen Kernpunkt dieser Hemmnisse hat Herr Jochems m.E. richtig benannt: „Einheitlichkeit vor Richtigkeit“ – der Popanz der Mischung aus Amtlichkeit und Vorbildcharakter des reformierten Regelwerks funktioniert weiterhin. Wo also sollte sich der tatsächliche freie Schreibgebrauch manifestieren bzw. gar etablieren können, den die Wörterbuchredaktionen dann aufgreifen können? So einleuchtend der von Herrn Wrase und Kratzbaum beschriebene Ablauf ist, er greift nur, wenn es auch wirklich etwas Neues zu beobachten gibt – wenn also Privatleute auf ihrem verfassungsgerichtlich bestätigten Recht bestehen, so zu schreiben und auch gedruckt zu werden, wie sie es für richtig erachten.
Das werden sie aber nur tun, wenn sie sich ihrer Sache wirklich sicher sind. Niemand will unangenehm auffallen, niemand will als Ewiggestriger dastehen usw., wir haben das alles schon diskutiert (siehe auch noch mal hier: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=520#4251 – »"Deutsche" schlagen im Wörterbuch nach, damit keiner sagen kann, sie hätten etwas falsch gemacht. Sie schlagen nicht nach, um es für den Leser richtig zu machen. [...] weil keiner was falsch machen will und jeder damit glänzen will, daß er auf der Höhe der Zeit ist, – wobei aber eben die wenigsten zuallererst an den Leser denken, also daran, warum man schreibt.«). Unsicherheit herrscht selbst unter denen, die es besser wissen müßten (ich denke dabei speziell an die Mitarbeiter meiner Lieblingsbuchhandlung hier in Jena, die alle die Reform ablehnen, aber immer wieder zweifeln, ob sie wirklich „auf der richtigen Seite“ stehen). Jetzt also kommt es auf das vollständige BVerfG-Zitat und die nötige Portion Selbstbewußtsein an:
»Aber auch für die Zeit nach dem 31. Juli 2005 ist nicht erkennbar, daß ein Festhalten an den überkommenen Schreibweisen für den Schreibenden mit gesellschaftlichem Ansehensverlust oder sonstigen Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsentfaltung verbunden sein könnte. Die Schriftsprache wird sich wie bisher trotz bestehender amtlicher Regeln weiterentwickeln. Traditionelle Schreibweisen werden sich noch längere Zeit erhalten und, wie dies schon im ersten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung vom Januar 1998 für eine Reihe von Fällen vorgeschlagen worden ist, als Schreibvarianten neben den reformierten Schreibweisen verwendet werden. Allenfalls auf lange Sicht läßt sich vorstellen, daß einzelne Schreibweisen von neuen - im hier behandelten Regelwerk enthaltenen oder später hinzugetretenen - abgelöst werden, sofern sich diese im Schreibusus der Schreibgemeinschaft durchsetzen. Es ist unter diesen Umständen nicht erkennbar, inwieweit durch die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung Grundrechte derjenigen, die ihrer Schreibung die alten Regeln und Schreibweisen zugrunde legen wollen, beeinträchtigt werden könnten.« (http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs19980714_1bvr164097.html#abs164)
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 04.06.2006 um 14.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4125
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Nachtrag: Siehe auch die Entscheidung des BVerfG, keine einstweilige Anordnung zugunsten von Schülern in Schleswig-Holstein zu treffen, nach den reformierten Regeln unterrichtet zu werden (http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/rechtsch.html).
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 04.06.2006 um 14.37 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#4126
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Das Urheberrecht auf unkonvertierte Leserbriefe und Forumseinträge muß vermutlich auch erst vor dem Bundesverfassungsgericht erstritten werden, damit die von Herrn Jochems vorgeschlagenen "vernünftigen" Schreibweisen anstelle von "alten" oder "neuen" überhaupt von den Wörterbuchmachern wahrgenommen werden können. Trotzdem ist das die Lösung. Sprachgeschichtlich war sie es immer.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.06.2016 um 18.10 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=470#10497
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Schönes Interview mit Rolf Gröschner in der Thüringischen Landeszeitung:
http://www.tlz.de/web/zgt/kultur/detail/-/specific/20-Jahre-Rechtschreibreform-20-Jahre-Verwirrung-1389502967
Rolf Gröschner, Christian Meier und ich waren 1998 vor dem Bundesverfassungsgericht allein auf weiter Flur. Hätten die Richter sich ein wenig mehr auf unsere Argumente eingelassen - was wäre Deutschland alles erspart geblieben!
(Näheres in meinem Buch "Regelungsgewalt": http://vernuenftig-schreiben.de/dokumente/ickler_regelungsgewalt.pdf)
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