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20.01.2006
 

Rechtschreibreform im März „unter Dach und Fach“
„Keine Diskussion“

Die neue KMK-Präsidentin Ute Erdsiek-Rave hat angekündigt, die Rechtschreibreform solle im März endgültig unter Dach und Fach sein.

Das vermeldet die Nachrichtenagentur AP heute anläßlich der Amtseinführung. Die KMK werde sich Anfang März mit den Vorschlägen des Rats für deutsche Rechtschreibung befassen, diese dann unmittelbar verabschieden und in den Schulen auf den Weg bringen, gibt die Agentur Äußerungen der schleswig-holsteinischen Kultusministerin wieder. „Die Vorschläge des Rats würde die KMK nicht mehr inhaltlich diskutieren“, lautet ein Versuch in indirekter Rede. Die konkurrierende dpa hat das Thema in ihrer Berichterstattung, jedenfalls bis zum Abend, ausgespart.



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Kommentare zu »Rechtschreibreform im März „unter Dach und Fach“«
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Kommentar von David Weiers, verfaßt am 20.01.2006 um 22.35 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=385#2698

Ist das nicht mittlerweile alles nur noch schwaches Stöhnen eines zahnlosen Löwen? Das ist ja schon nicht mal mehr lächerlich; das ist nur noch erbärmlich.


Kommentar von ub, verfaßt am 21.01.2006 um 02.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=385#2699

Falls die Berichterstattung von AP zutrifft, ist die von der KMK ursprünglich vorgesehene Anhörungsrunde mit diversen Eltern-, Lehrer- und sonstigen Verbänden vom Tisch. Das hat aber nicht unbedingt etwas Gutes zu bedeuten, jedenfalls nicht für das Ergebnis, das der Rechtschreibrat vorlegen wird.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.01.2006 um 04.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=385#2700

Das ist eine kleine Kriegserklärung an den Rat und an die Bevölkerung. Es kann zum Beispiel bedeuten, daß die Vorlage zur Groß- und Kleinschreibung, einem ohnehin für "unstrittig" erklärten Bereich, entweder nicht angenommen oder keiner Anhörung mehr unterzogen wird. Die Unabhängigkeit des Rates stand schon bisher nur auf dem Papier; sie wurde durch sehr deutlich vorgebrachte Wünsche und Vorwegnahmen seitens der KMK immer weiter untergraben. Der Vorsitzende müßte jetzt zurücktreten.


Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 21.01.2006 um 07.12 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=385#2702

Kann die Politik noch deutlicher werden? Wer jetzt noch immer nicht begriffen hat, daß der "Rat" eine reine Schaufenstereinrichtung zur Ablenkung der Öffentlichkeit ist, während die eigentlichen Verhandlungen über das politische - nicht inhaltliche! - Schicksal der Rechtschreibreform hinter den Kulissen stattfanden und weiter stattfinden, dem ist nicht mehr zu helfen.
Mitglieder des Rates, die ihre dortige Mitarbeit im Dienst der Sprache ernstgenommen haben, sollten jetzt die Konsequenzen ziehen.



Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 21.01.2006 um 10.01 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=385#2703

Interview der Lübecker Nachrichten mit Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave anläßlich der sich abzeichnenden Großen Koalition zur Annullierung des Volksentscheids am 17.9.1999:
...
Erdsiek-Rave: Es gibt im neuen Regelwerk auch Rechtschreibung, die schwer nachvollziehbar ist – die dreifachen Konsonanten zum Beispiel. Entweder wird diese Schreibweise im Laufe der Zeit korrigiert – oder aber man gewöhnt sich daran.

Geht Ihnen die neue Rechtschreibung nicht weit genug?

Meine private Meinung zur neuen Rechtschreibung ist eher gespalten. Was aber die Schulen angeht, muß ich sagen: Es geht künftig nicht mehr anders als in der neuen Rechtschreibung, der Zug ist abgefahren.

Nachgehakt: Hat sich ausgerechnet die Kultusministerin mit ihrer gespaltenen Meinung zur Reform dem Fraktionszwang Ihrer Partei beugen müssen?

Ich habe diese Reform nicht gemacht. In Kiel war ich auch nicht verantwortlich, als 1996 in der Kultusministerkonferenz darüber entschieden wurde. Ich muß nicht begeistert sein. Es war eine pragmatische Entscheidung.

(Lübecker Nachrichten 30.7.99, Seite 3)

Eine seltsame Mischung aus linker und religiöser Glaubensstärke führt sie dazu, sich jede Eigeninitiave zur Verbesserung des „Regelwerks“ zu versagen. Zudem vermeiden die beiden Hauptverantwortlichen für das gemeinsame Schurkenstück der Annullierung des Volksentscheids in Schleswig-Holstein, SPD und CDU, jede Bewegung in dieser Richtung, um die Öffentlichkeit nicht daran zu erinnern.

Sogar meine bescheidene Forderung, die übliche Großschreibung des „Du“ in der Briefanrede wieder zuzulassen, lehnte sie mit folgender (nicht ganz zutreffender) Begründung ab: „Selbst wenn ich Ihnen inhaltlich zustimmen würde, könnte und dürfte ich Ihre Bitte nicht erfüllen, weil Normen der Rechtschreibung nicht von der persönlichen Meinung bzw. vom persönlichen Geschmack einer Ministerin abhängig sein dürfen." (Schreiben v. 29.1.02)

Ute Erdsiek-Rave war erste „Frauenministerin“ eines Landes der Bundesrepublik:
Erdsiek-Rave will, wie sie der taz sagte, mit Fachtagungen und Gesprächen die doppelte Gender-Frage thematisieren.“ (taz v. 21.1.2006)

GEW Mitglied soll sie erst seit 1997 sein. Von dieser Seite kommen denn auch erste Beifallsbekundungen: „Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Deutsche Philologenverband setzen große Hoffnungen auf die neue KMK-Präsidentin. Der bildungspolitische Dialog solle ausgebaut und vertieft werden, erklärte die GEW.“ (http://www.n-tv.de/625385.html)



Kommentar von R. M., verfaßt am 21.01.2006 um 10.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=385#2704

Aus Sicht der Ministerin ist nicht so sehr der Rat eine Alibiveranstaltung als vielmehr die Anhörung der Verbände, die gegenwärtig auf schriftlichem Wege abläuft.


Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 21.01.2006 um 11.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=385#2705

Und aus Sicht der Reformbetreiber (Gerhard Augst & Gefährten, Bertelsmann, Duden, Schulbuchlobby) sind die "Entscheidungen" der Kultusminister Alibiveranstaltungen zur Durchsetzung ihrer Interessen. Die Reformanhänger sagen: "Die Politiker haben es so beschlossen, also müssen wir die Reform umsetzen. Für Politik sind wir nicht verantwortlich." Die Kultusminister sagen: "Die Reformer und der Rat haben es so beschlossen, also werden wir es anordnen. Für Einzelheiten sind wir nicht zuständig." So schließt sich der Kreis.



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