Nachrichten rund um die Rechtschreibreform
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22.07.2005
Bundesverwaltung übernimmt neue Rechtschreibung
Der Schriftverkehr in der Bundesverwaltung wird ab 1. August weitgehend nach den neuen Rechtschreibregeln abgewickelt.
Ende Juli läuft die entsprechende Übergangsfrist ab, wie das Bundesinnenministerium am Freitag in Berlin mitteilte. Damit erlangten die Teile des Regelwerkes, die der Rat für deutsche Rechtschreibung beschlossen hat, dauerhafte Gültigkeit für die Verwaltung. Diese Übernahme liege im Interesse der Einheitlichkeit des Sprachgebrauchs von Schulen und Verwaltungen.
Die Übergangsfrist soll jedoch für die Teile vorerst bestehen bleiben, in denen noch Änderungsvorschläge zu erwarten sind. Dies betrifft den Angaben zufolge die Getrennt- und Zusammenschreibung, Worttrennung und Interpunktion.
Der aktuelle Stand des Regelwerks und des Wörterverzeichnisses ist im Internet http://www.rechtschreibkommission.de nachlesbar.
Zehetmair: Groß- und Kleinschreibung könnte ab Herbst geprüft werden
Berlin (ddp). Der Rat für deutsche Rechtschreibung wird sich möglicherweise ab Herbst auch mit der Groß- und Kleinschreibung befassen. Vorsitzender Hans Zehetmair rechnet nach einem Zeitungsbericht damit, dass ein Mitglied des Rats bei der nächsten Sitzung am 28. Oktober beantragen werde, eine zusätzliche Arbeitsgruppe dazu einzusetzen. Neuregelungen in diesem Bereich sollten dann «allerspätestens bis 2006 stehen», sagte der ehemalige bayerische Kultusminister dem Berliner «Tagesspiegel» (Freitagausgabe) nach einem Vorabbericht.
Die Groß- und Kleinschreibung gehört allerdings zu den Bereichen der Rechtschreibreform, die von der Kultusministerkonferenz (KMK) als «unstrittig» gesehen werden und ab 1. August für Schulen in Kraft treten. «Die Groß- und Kleinschreibung ist mit unserem Beschluss vom 23. Juni, die unstrittigen Teile der Reform jetzt verbindlich einzuführen, von Änderungen vorerst ausgeschlossen», sagte die KMK-Präsidentin und brandenburgische Kultusministerin Johanna Wanka (CDU).
Der Kompromiss, dass sich der Rat in diesem Jahr ausschließlich mit den drei Bereichen Getrennt- und Zusammenschreibung, Interpunktion und Worttrennung befasst, sollte jetzt im Interesse der Schüler und der Öffentlichkeit nicht wieder zur Debatte gestellt werden, sagte Wanka. Der auf sechs Jahre berufene Rat werde ab 2006 die Entwicklung der deutschen Sprache beobachten und im Laufe der Zeit gegebenenfalls Anpassungen auch bei der Groß- und Kleinschreibung vornehmen - wie es früher die Duden-Redaktion getan hat. Zehetmair betonte hingegen, es sei «dem Rat unbenommen, seinem Auftrag, die deutsche Sprache zu beobachten, jederzeit nachzukommen und alle Kapitel durchzunehmen».
Quelle: neue musikzeitung online
Link: http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=10244
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 22.07.2005 um 20.41 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1287
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Zur ersten Meldung: ddp scheint heute noch dümmer als dpa zu sein, falls der Redakteur im dritten Satz nicht bloß aus Versehen "hat" statt "habe" schrieb. Bei der dpa-Meldung zum gleichen Thema findet sich eine interessante Variante des Umgangs mit den "strittigen Teilen". Dort ist von den "neuen Schreibweisen" die Rede, "die nach dem Beschluss der Kultusminister als 'unstrittig' gelten". Das ist noch besser als "von den Kultusministern als 'unstrittig' deklariert". Der Kontext läßt übrigens darauf schließen, daß der Verfasser nicht zu unseren Freunden zu rechnen ist. Trifft dieser Schluß zu, ist die Nachricht sogar noch erfreulicher.
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Kommentar von Märkische Oderzeitung, 22. Juli 2005 (18:21), verfaßt am 22.07.2005 um 20.58 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1288
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»Bundesbehörden übernehmen neue Rechtschreibregeln
Berlin (dpa) Alle Bundesbehörden werden vom 1. August an Briefe und Verordnungen nach den neuen Rechtschreibregeln abfassen. Dies teilte das Bundesinnenministerium am Freitag mit. Das gilt für die neuen Schreibweisen, die nach dem Beschluss der Kultusminister als "unstrittig" gelten. Für diejenigen Teile des neuen Regelwerks, bei denen in nächster Zeit noch Änderungsvorschläge des Rates für die Rechtschreibung zu erwarten sind, soll weiter die Übergangsfrist gelten. Dies sind die Getrennt- und Zusammenschreibung, Worttrennung und die Zeichensetzung.
Das Bundesinnenministerium übernimmt damit den Kurs der Länder- Kultusminister, die dieses Vorgehen Anfang Juni einstimmig für die Schulen beschlossen hatten. Inzwischen sind jedoch Bayern und Nordrhein-Westfalen aus dieser einheitlichen Linie ausgeschert. Dort gilt auch für die Neuregelung der Laut-Buchstabenzuordnung (Stängel statt Stengel) sowie der Groß- und Kleinschreibung weiterhin eine Übergangsfrist. Abweichungen von den neuen Schreibweisen werden dort nicht als Fehler gewertet.
Dagegen sagte das Bundesinnenministerium, die Übernahme der Neuregelung liege im Interesse einer Einheitlichkeit des Sprachgebrauches von Schulen und Verwaltungen.
In der Schweiz hat das Vorgehen von Bayern und Nordrhein-Westfalen Irritationen ausgelöst. Wie der Leiter des Sprachdienstes der Schweizer Regierung, Werner Hauck, sagte, würden die Schweizer Bundes- und Kantonalverwaltungen die neuen Bestimmungen zum 1. August nicht umsetzen. Mit dem Hin und Her von Änderungen und deren Rücknahmen sowie der Beibehaltung provisorischer Bereiche, über die später entschieden werde, mache man "die Leute verrückt", sagte Hauck.
Der Termin 1. August 2005 für das offizielle in Kraft treten der neuen Rechtschreibregeln war im Juli 1996 nach mehr als zehnjähriger Beratung von Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein sowie der Länder mit deutschsprachigen Minderheiten unterzeichnet worden. Das Papier trägt auch die Unterschriften aller 16 Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer.«
(Märkische Oderzeitung, 22. Juli 2005)
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Kommentar von Peter Müller, verfaßt am 23.07.2005 um 13.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1293
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Die schweizerische Bundesverwaltung kommt zu einem besseren Entscheid, wie die Mitteilung der Bundeskanzlei an die (kantonalen) Staatskanzleien zeigt:
Rechtschreibreform
Die für die Schulen zuständigen Behörden Deutschlands, Österreichs und der Schweiz haben beschlossen, die Rechtschreibreform von 1996 in der Fassung von 2004 nach Ablauf der Übergangsfrist (31. Juli 2005) in ihren unbestrittenen Teilen (Laut-Buchstaben-Zuordnung, Schreibung mit Bindestrich, Gross- und Kleinschreibung) endgültig in Kraft zu setzen. Dieser Beschluss gilt zwar nur für die Schulen, er hat aber doch da und dort die Frage aufgeworfen, welche Konsequenzen er für die Verwaltungen von Bund und Kantonen habe.
Bundeskanzlei und Staatsschreiberkonferenz halten dazu Folgendes fest: Zurzeit ist der Rat für deutsche Rechtschreibung, der Ende letzten Jahres die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung abgelöst hat, daran, die am heftigsten kritisierten Teile des neuen Regelwerks (Getrennt- und Zusammenschreibung, Zeichensetzung, Worttrennung am Zeilenende) so zu ändern, dass ein möglichst breiter Konsens gefunden werden kann. Der wichtigste Teil der Reform, die Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung, ist bereits bearbeitet und weitgehend auf den Stand vor der Reform zurückgeführt worden. Der Rat wird die Arbeiten zu den übrigen Bereichen voraussichtlich gegen Mitte des nächsten Jahres abschliessen.
Angesichts dieser Situation verzichten wir in der Bundesverwaltung und in den kantonalen Verwaltungen auf eine Teilinkraftsetzung des neuen Regelwerks und verlängern die Übergangsfrist bis zu dem Zeitpunkt, da der Rat für deutsche Rechtschreibung seine Arbeiten abgeschlossen hat und die zuständigen Behörden die Resultate genehmigt haben. Wir rechnen damit, dass dies in der zweiten Jahreshälfte 2006 der Fall sein wird.
Sobald die entsprechenden Beschlüsse getroffen sind, wird die Bundeskanzlei in Zusammenarbeit mit der Staatsschreiberkonferenz den „Leitfaden zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ entsprechend anpassen und eine dritte Auflage veröffentlichen.
Bern, 20. Juli 2005
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.07.2005 um 17.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1298
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Die Meldung ist mir nicht ganz verständlich, denn die Behörden schreiben auch jetzt schon nach einer Regelung, die sie für die amtlich-reformierte halten. Also geht es wohl bloß darum, Solidarität zu demonstrieren. Das ist die Wagenburgmentalität der staatlichen Stellen ganz allgemein. Wenn sie von kritischen Bürgern belagert werden, rücken sie alle zusammen.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 23.07.2005 um 18.38 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1302
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Die Meldung enthält zudem baren Unfug. ddp schrieb:
Damit erlangten die Teile des Regelwerkes, die der Rat für deutsche Rechtschreibung beschlossen hat, dauerhafte Gültigkeit für die Verwaltung.
Weder ist es der Rat für deutsche Rechtschreibung, der irgendwelche Teile des Regelwerks in Kraft setzt, noch sollen ab 1. August die Teile, mit denen der Rat sich derzeit beschäftigt, "dauerhafte Gültigkeit" erlangen. Richtig wird der Satz erst, wenn man der Rat für deutsche Rechtschreibung durch die KMK ersetzt.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 23.07.2005 um 19.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1303
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Für die Dauer der Übergangszeit galt m.W. die Vorschrift, daß es den Bundesbediensteten freigestellt war, alte oder neue Schreibung zu verwenden. Beide durften aber nicht vermischt werden.
Der Fehler in der Agenturmeldung ist nicht der ddp anzulasten, sondern dem Bundesministerium des Innern (siehe Text der Presseerklärung unter http://www.bundesregierung.de/Bundesregierung/-,422/Bundesministerien.htm).
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 23.07.2005 um 19.22 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1304
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Die fehlerhafte Pressemitteilung findet sich derzeit ganz oben auf der Seite www.bmi.bund.de, und hier gelangt man direkt zu ihr.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.07.2005 um 08.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1313
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Ich habe das Innenministerium auf die falschen Voraussetzungen seiner Entscheidung hingewiesen. Unter Kanther wußte man dort (leider) nur zu gut, was man tat; ich erinnere an Bergsdorf und Palmen-Schrübbers. Jetzt scheint das bekannte Desinteresse Schilys auf die ganze Behörde abgefärbt zu haben. Übriggeblieben ist das reflexhafte Zusammenhalten des gesamten Regierungsapparates, der sich vom Volk grundsätzlich niemals dreinreden läßt. Das nächste Personal wird genau dort weitermachen, wo das jetzige aufhört.
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Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 25.07.2005 um 13.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1337
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Der 1.8.2005 gilt den Flickschustern wohl als eine Art Rubikon. Gelingt es, ihn zu ueberschreiten, sind damit Fakten geschaffen, die erstens für das eigene Ansehen dringend nötig sind, die aber zweitens bewirken sollen, daß danach so gut wie keiner mehr hinhört, wenn von der R-Reform noch die Rede sein wird. Die Reform gilt dann nicht mehr nur als "unstrittig", sondern als "abgehakt" - der Überdruß ist eh schon längst übergroß. Jeder macht dann zwar unverändert weiter, aber wer nicht hören will, fühlt sich dann voll im Recht, wirklich nicht mehr hinzuhören. (Natürlich haben auch die Flickschuster keine Wurschtigkeit gewollt. Sie ignorieren deshalb ihre Existenz und ihre Mitschuld daran.)
Der angestrebten normativen Kraft des Faktischen steht aber entgegen, daß eben nicht alle zusammengerückt sind, sondern
1. mit NRW und Bayern zwei Großgebiete sich verweigern
2. eine Mehrheit im Volk noch immer die Reform ablehnt
3. große Zeitungen weiterhin (hoffentlich) nicht mitmachen
4. kein brauchbares Wörterbuch existiert, weil den Verlagen eine Einigung weniger wichtig ist als das Geschäft.
Weil aber zugleich der Rat aus den Querelen vor Ultimo ganz klar gestärkt hervorgegangen ist: Wenn es ihm gelingt, in den wirklich (und nicht nur angeblich) strittigen Fragen klare Vorlagen abzuliefern, dann wird es dazu keine Alternative geben - woher denn wohl? Daß Duden23 schon de facto verramscht wird, deutet doch darauf hin, daß auch Duden keine eigene Schiene fahren wird, aber dann nächstes Jahr gegenüber Bertelsmann doch wieder die Nase vorn haben kann, wenn er als erster die Ratsvorlagen komplett umsetzt. Welches bessere Argument könnte er dann noch haben? Er wird wohl auch merken, daß er nicht einfach Wörter weglassen kann, die zwar nach der Reform nicht mehr zulässig sind, aber in hunderttausenden von immer noch wichtigen Büchern nun mal stehen.
Insgesamt sehen also die Chancen für eine vernünftige Entwicklung doch nicht so übel aus. Glück auf dem Rat und allen, die jetzt unbeirrbar konzentriert an der Sache arbeiten!
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Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 26.07.2005 um 10.48 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1344
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Ich warte gespannt auf das erste Disziplinarverfahren gegen einen Verwaltungsbeamten, der sich weigert, amtlich verordnetes falsches Deutsch zu schreiben. (Es wird keines geben.)
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Kommentar von SWR, verfaßt am 26.07.2005 um 11.44 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=307#1346
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»Voß: Rechtschreibreform ist für den SWR nicht verbindlich
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des SWR bleibt es weiterhin freigestellt, ob sie die neue oder die alte Rechtschreibung anwenden wollen. Das hat SWR-Intendant Peter Voß nochmals unterstrichen. „Politische Entscheidungen der Länder gelten für Schulen und nachgeordnete Behörden, aber für den unabhängigen Rundfunk ebensowenig wie für die freie Presse und für freie Bürger“ erklärte Voß.
Der SWR werde lediglich bei Einblendungen auf dem Bildschirm die politischen Vorgaben strikt beachten, um z. B. bei Schülern keine Verwirrung auszulösen, teilte Voß mit. Er begrüßte es ausdrücklich, daß wenigstens die Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern bereit seien, so lange unterschiedliche Schreibweisen zuzulassen, bis endlich die schlimmsten Mißstände der Reform korrigiert seien.
Die sogenannte Rechtschreibreform sei eine kulturpolitische Instinktlosigkeit, gegen die zu Recht alle namhaften Schriftsteller protestiert hätten und die dennoch bürokratisch durchgepaukt worden sei. „In einem Kulturland, das diesen Namen verdient – zum Beispiel in Frankreich – wäre ein so unsensibles Vorgehen unmöglich gewesen“, sagte Voß. Er selbst werde sich weiter an die alte Rechtschreibung halten.«
( Südwestrundfunk, Pressemitteilung vom 25.07.2005, 16:41 Uhr )
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