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31.03.2005
 

In der Lazarettstraße
Rat für deutsche Rechtschreibung

Am 8. April 2005 wird der Rat für deutsche Rechtschreibung zu seiner dritten Sitzung in München zusammenkommen.

Im Anschluß soll eine Pressekonferenz mit dem Vorsitzenden des Rats, Herrn Staatsminister a.D. Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, stattfinden, um 15.00 Uhr im Konferenzzentrum München der Hanns-Seidel-Stiftung, Lazarettstr. 33, 80636 München.



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Kommentare zu »In der Lazarettstraße«
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Kommentar von Jan z Lasu, verfaßt am 05.04.2005 um 11.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=228#538

Vor vierzehn Tagen fragte die Thüringer Allgemeine das RfdS-Mitglied Peter Gallmann: Am 8. April tagt der Rat zum zweiten Mal, ist diesmal Konkretes zu erwarten? Gallmann darauf: Konkretes war bei der ersten Sitzung nicht drin, Geschäftsordnung, Arbeitsgruppen wurden erst mal bestimmt. Am 8. April geht es nun um die Getrennt- und Zusammenschreibung. Wir werden danach erst mal ein Zwischenergebnis vorlegen. Verbindliche Beschlüsse wird es erst im Mai/Juni geben. Die Kultusministerkonferenz will zum 1. August einen Bericht vom Rat zur Reform. Das heißt aber nicht, dass dann die Diskussion beendet ist.

An anderer Stelle präzisiert Gallmann, daß mit den Vorschlägen des 4. Berichts der Zw. Komm. zumindest im Bereich der Verbindungen mit Partizipien der heikelste Teilbereich mit einer liberalen und flexiblen Regeländerung befriedigend gelöst worden sei. Mehr sei im Augenblick nicht möglich, da in anderen Fällen der Paragraphen 34 und 36 kein ernstzunehmender Alternativvorschlag vorliege, was angesichts der Komplexität des Gegenstandes verständlich sei. Für die nächste Zukunft seien allerdings einige seriöse Publikationen zu erwarten.

Und dann noch zur Terminplanung: Ich will die Beschlüsse des Rates nicht vorweg nehmen. Sie fallen frühestens im Mai/Juni, mit Zweidrittel-Mehrheit. Aber ich vermute, dass der Rat, um Ärger zu vermeiden, ein 2-Phasen-Modell einführt. [...] Ich denke, es wird mehr Kann-Regeln geben, also zwei oder mehrere richtige Varianten. In Phase zwei, wenn die Emotionen etwas abgeebbt sind, legt man dann eine allein gültige fest. Je nachdem, was sich durchsetzt. Kombiniert mit einigen kleineren Änderungen könnte das dann relativ unauffällig in vier, fünf Jahren sein, immer dann, wenn es etwa den neuen Duden gibt.

Hier fühlt man sich an die Bemerkung meines Landsmanns Polonius über Methode im Wahnsinn erinnert. Der Internationale Arbeitskreis hat also im Vorfeld der Rechtschreibreform die 1901 nicht behandelte Getrennt- und Zusammenschreibung "zum erstenmal geregelt", obwohl keine seriösen Untersuchungen zu diesem Thema vorlagen und er selbst dazu auch keinen Anlaß sah. Burkhard Schaeder verfiel angesichts dieses Dilemmas auf die Kreation von Faustregeln, die, wie die Reformer schon in ihrem 1. Kommissionsbericht zugeben mußten, weder einfach noch eindeutig sind, von ihren teils abenteuerlichen Ergebnissen ganz abgesehen. Dieter Nerius pflegte darauf hinzuweisen, ein entsprechender Vorschlag der DDR-Delegation sei wesentlich besser gewesen. Leider hat ihn die Öffentlichkeit bis auf den heutigen Tag nicht zu sehen bekommen. Ob er jetzt noch in der Diskussion ist, weiß sie ebenfalls nicht. Vielleicht fragt jemand den VorsitzendenZehetmair, wenn er am 8. April vor die Presse tritt.

Angesichts dieser Umstände ist Gallmanns 2-Phasen-Plan mit der vorübergehenden Zulassung mehrerer "richtiger" Varianten verantwortungslos. Offenbar ist nur an den korrigierenden Lehrer gedacht. Das neueste Produkt aus Matthias Wermkes Werkstatt - Was Duden empfiehlt - könnte auf die Dauer aus der selbstgeschaffenen Zwangslage herausführen, wenn man im seriösen Mannheim den Mut hätte, auch andere Absurditäten der Neuregelung zu ignorieren. Im übrigen könnte hier jeder seriöse Handwerker raten: Ein verpfuschtes Werkstück in Ordnung zu bringen ist aufwendiger und am Ende unbefriedigender als der Neubeginn an unverdorbenem Material. Leider erwartet man von Kultusministern, Ministerialräten und von ihnen eingesetzten Kommissionen vergeblich, daß sie sich an die Grundregeln der Handwerkskunst halten.



Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 05.04.2005 um 12.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=228#539

Was ist das "Wahnsinnige", und weshalb hat es "Methode"?
Ursache ist wohl, daß die Reformer in einen sich selbstregulierenden Kreis geraten sind. Dieser Kreis gehorcht seiner eigenen Logik. Der Kontakt mit der Welt außerhalb ist verloren, weshalb die Insassen des Kreises gegen wissenschaftliche und intellektuell redliche Anfechtungen - wie etwa der Verifizierung ihrer Thesen - gefeit sind. Innerhalb des festgefügten Kreises denken und entscheiden die Betroffenen durchaus logisch. Sie sind von der Richtigkeit ihres Vorgehens völlig überzeugt - entsprechend selbstsicher vertreten sie ihre scheinlogischen Argumente in der Öffentlichkeit. Das wirkt. Jedenfalls bei jenen, die keine Ahnung haben. Und das sind die meisten.
Das ganze Vorgehen bekommt - von außen betrachtet - tatsächlich den Anstrich des Wahnsinns, der durchaus Logik und Methode hat.

Vielleicht kann erst die nächste Generation diesen Wahnsinn aufdecken und entsprechend "würdigen". Und dann der Handwerklichkeit wieder zu ihrem Recht verhelfen. Weil es anders auch gar nicht geht.


Kommentar von R. M., verfaßt am 05.04.2005 um 14.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=228#540

Hugo Müller-Vogg gab sich etwas gnädiger in seiner Wochenvorschau, die Bild gestern brachte. Er schrieb im Hinblick auf die kommende Zusammenkunft des Rechtschreibrats: »Ist es auch Unsinn, so hat es doch Methode.«


Kommentar von Johannes Hauberger, verfaßt am 05.04.2005 um 14.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=228#541

Die deutschen Reformer, insbesondere die führenden Köpfe Nerius und Augst, sind seit der Auflösung der Zwischenstaatlichen Kommission aus der Öffentlichkeit verschwunden. Es ist kaum anzunehmen, daß sie noch einmal in Interviews, Talkshows und dergleichen auftauchen. Seit Herbst 1996 waren sie nur noch damit beschäftigt, ihre Reform mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten zu verteidigen. Damit handelten sie im Auftrag und im Interesse der Kultusministerkonferenz. Wirkliche Überzeugung stand nicht dahinter, und an die Logik ihrer Ausflüchte haben sie mit Sicherheit nicht geglaubt. Herr Ickler hat bei mehreren Gelegenheiten dargelegt, wie die Kultusbürokraten um den Ministerialdirigenten Niehl ihnen ihr ursprüngliches Konzept gründlich verdorben haben, so daß sie am Ende nur noch Flickwerk präsentierten (um Herrn Gallmanns Ausdruck aufzugreifen). Das fast scholastische Festhalten am Buchstaben des auch in den Augen ihrer Urheber keineswegs idealen Regelwerks ist eine Sache der Politik und der Wirtschaft. Kein Reformer hat den Eindruck, in dieser Affäre an akademischer Reputation eingebüßt zu haben. Alle Kollegen wissen, daß unter den staatlichen Rahmenbedingungen wissenschaftlich haltbare Lösungen nicht möglich waren. Jetzt kommt es darauf an, die wirklichen Übeltäter aufs Korn zu nehmen. Besser noch wäre es, wenn die Schreibgemeinschaft stillschweigend zur Tagesordnung zurückkehrte.



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