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21.09.2009
Stöbern im Regeldickicht
Es gibt Menschen, die von sich behaupten, die deutsche Sprache perfekt zu beherrschen.
Das ist keine kleine Sache, die deutsche Sprache zu beherrschen. Zumindest, wenn man damit nicht nur meint, sich verständlich ausdrücken zu können, sondern in Grammatik und Orthografie fehlerfrei zu sein. Ich persönlich habe zeitlebens niemals jemanden kennengelernt, bei dem das zutrifft. Und die Germanistik-Professoren oder professionellen Korrektoren, die wahrscheinlich noch am nächsten an der Perfektion sind, würden so einen Schmarrn nie von sich behaupten.
In Wirklichkeit ist nämlich eine Sprache ein so tiefer Wald mit so vielen Bäumen und Ästen und Wurzeln, dass es einfach unrealistisch ist, alles zu kennen. Schon das Regeldickicht ist immens. Es ist mit einer keineswegs logischen, zum Teil verwirrenden Herkunft verknüpft.
Vor allem aber überfordert ein Korpus von Hunderttausenden von Wörtern (mit Fachsprachen) das menschliche Gehirn. Es müssen und können nicht alle wissen, wie man Wörter wie «Portulak» (eine Gemüse- und Zierpflanze) oder «Stylit» (ein Eremit) schreibt. Perfektion ist in einer lebenden Sprache letztlich gar nicht möglich.
Wie in anderen Wissensbereichen ist es sogar so, dass diejenigen, die am meisten davon verstehen, die größten Zweifel an absoluter Richtigkeit hegen. Ein erfahrener Architekt weiß, dass in seiner Zunft alle paar Jahre neue Erkenntnisse kommen und alte gehen – der Wandel macht das Wissen dynamisch und kompliziert. So war es auch bei der Rechtschreibreform. Deren größter – und vielleicht einziger – Vorteil ist, dass fast keiner mehr behauptet, sich wirklich auszukennen. Wer es dennoch tut, dem fehlt die Demut vor unserer wirklich riesigen und schwierigen Sprache. Im Zweifel bittet man so jemanden am besten danach, die korrekte Schreibweise von «Triphthong» zu erklären. Und wenn er nicht weiß, was das ist, dann sagen Sie nur, das sei ein Dreilaut, wie er im Deutschen so gut wie nie vorkommt. Im Fränkischen aber schon: «Schnouä» für «Schnur» wäre dafür ein Beispiel. Wenn jemand das jedoch von sich aus beantworten kann, dann haben Sie gewiss nicht nur einen Aufschneider vor sich.
Quelle: Nürnberger Zeitung
Link: http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=1090331&kat=317
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Kommentare zu »Stöbern im Regeldickicht« |
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Kommentar von Nürnberger Zeitung, verfaßt am 16.11.2009 um 21.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=160#783
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Missglückte Eselsbrücken:
Besser ein paar Wissenslücken!
Wer nämlich mit «h» schreibt, ist dämlich. Das weiß man ja noch aus der Schule, wo die Lehrer meinten, uns orthografische Eselsbrücken bauen zu müssen. Tatsächlich sind ja ein paar davon hängen geblieben, etwa «Wer ,brauchen‘ nicht mit ,zu‘ gebraucht, braucht ,brauchen‘ überhaupt nicht zu gebrauchen.» Oder «Das ,s‘ in ,das‘ muss einsam bleiben, kannst du auch ,dieses‘ oder ,welches‘ schreiben.»
Vielleicht konnte man über einige Eselsbrücken früher tatsächlich schmunzeln, etwa: «Nimm’ die Regel mit ins Bett: nach ,ei‘, ,au‘, ,eu‘ steht nie ,tz‘». Manche haben sich jedoch infolge bestimmter Reformen längst erledigt: «Trenne nie ,st‘, denn es tut ihm weh!» Schöner war sowieso immer: «,s‘ und ,t‘ wird nie getrennt, auch wenn das ganze Schulhaus brennt!»
Ein ganzes Buch mit Eselsbrücken hat der ehemalige Spiegel- und Playboy-Redakteur Rainer Wörtmann veröffentlicht. Darin befindet sich auch ein eigenes Kapitel über Merkhilfen der Rechtschreibung. «Den Stängel bei der Stange halten», heißt es da zum Beispiel. Wie man sieht, hat die Eselsbrücken-Branche auch die Rechtschreib-Reform antizipiert. «Du, euer, dir, dein schreibt man jetzt auch in Briefen klein» – an dieser Stelle geht allerdings der Nutzen von Erinnerungshilfen langsam verloren. Vollständig nutzlos wird der Trick bei solchen Sprüchen wie «Das Pronomen ist ein Helfer schnelle, wenn wir’s gebrauchen an Nomens Stelle.» Und regelrecht zur Lachnummer werden Eselsbrücken dann, wenn sie viel komplizierter sind als jede Regel: «An, auf, hinter, unter, vor und zwischen – kennst du den Akkusativ oder Dativ nicht – dann werd’ ich dich gleich erwischen.» Immerhin hat sich der Autor seine eigene blöde Regel gemerkt, dass man persönliche Anreden nicht mehr groß schreibt.
Am schlimmsten sind Eselsbrücken freilich dann, wenn sie Schaden anrichten – indem sie Kindern nicht nur Unsinn einflößen, sondern auch ihr Gefühl für feine Reime verletzen. Auch hier ein fieses Beispiel: «Ohne die Wörtchen mir, mein und mich wär’s in unserer Welt sehr ärmlich.» Dem kann man eigentlich nur einen Merkspruch entgegensetzen: «Besser ein paar Wissenslücken als missglückte Eselsbrücken!»
Stefan Brunn
16.11.2009
http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=1123743&kat=317
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Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 21.10.2009 um 09.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=160#781
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Autor Stefan Brunn kennt vermutlich die Rechtschreibserie von Sabine Hillinger nicht. Sie erklärt in mittlerweile 18 Folgen die Logik, die hinter der reformierten Schreibung steckt.
An Triphthong hat die Reform übrigens nur eine neue, eigenartige Trennweise geschaffen: Triph-thong
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