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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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Theodor Ickler zu »Pädagogik vom Tage«
Dieser Kommentar wurde am 12.07.2025 um 06.19 Uhr verfaßt.

Im Lateinunterricht lesen die Schüler Cäsar, erfahren aber nichts von seiner größten Leistung: Er hat zwischen 58 und 51 eine Million Menschen versklavt (Moses I. Finley: Die antike Wirtschaft. München 1993:78).


Theodor Ickler zu »Kognitivismus«
Dieser Kommentar wurde am 12.07.2025 um 05.40 Uhr verfaßt.

Wenn Günther Patzig in Carnap und den Wiener Kreis einführt, stellt er zwar mit Recht fest, daß die Sprache jetzt der Hauptgegenstand der Forschung wird, aber nur unter dem Gesichtspunkt der logischen Bereinigung; ebenso richtig, daß Husserl sich der sprachlichen Grundlagen seiner vermeintlichen Wesenschau nie bewußt geworden ist. Aber die Sprachwissenschaft heranzuziehen, die sich doch ganz und gar mit Sprache beschäftigt, liegt ihm so fern wie dem Wiener Kreis, in dem sich philosophierende Physiker, Mathematiker und Volkswirtschaftler zusammengefunden hatten. Der eigene Zeichenbegriff ist folglich ganz naiv. Das Bezeichnen ist anscheinend keiner Aufklärung bedürftig. Aber wenn man willkürlich erfundenen Gegenständen, die man Symbole nennt, andere Gegenstände „zuordnet“, werden sie dadurch nicht zu Zeichen und das Ganze nicht zu einer Sprache.
Dabei bleibt es nach dem „linguistic turn“ der analytischen Philosophie: Man spekuliert über Sprache und Spracherwerb, denkt sich eine Orthogenese der Sprachentstehung aus usw., ohne je das Bedürfnis zu spüren, sich einmal wirklich kundig zu machen. Der Vorrang der Logik ist gemeinsame Voraussetzung; man fragt nie danach, was für ein Verhalten das logische eigentlich ist.
Daher auch die fixe Idee, den Wissenschaften eine sichere Grundlage verschaffen zu müssen. Umgekehrt wäre es richtig: Die Wissenschaften rufen nicht nach einer sicheren Grundlage, wohl aber sind philosophierende Wissenschaftler in ihre Schranken zu weisen.
Die Zeichen einer konstruierten „Sprache“, eines Kalküls sind nicht auf dem üblichen Weg empfängerseitig semantisiert worden, sondern eine Bedeutung wird ihnen explizit beigelegt, was immer das sein mag. Der Hörer weiß, was sie bedeuten, aber Wissen ist kein Können. Es handelt sich um Zuordnungen wie zwischen Gegenständen, nichts eigentlich Sprachliches. Das scheint dem „Chinesischzimmer“ zugrunde zu liegen. Die Zeichen funktionieren, aber nicht als Zeichen, und das Zimmer oder sein Insasse kann trotzdem kein Chinesisch. Man könnte statt mit sprachlichem Material auch mit Legosteinen arbeiten. (Es erinnert an die Sprachversuche mit Tieren.)
Die vorübergehende Auslagerung sprachlicher Vorgänge in eine greifbare Gegenstandswelt folgt dem Leibnizschen „calculemus“. Man könnte an einen Abakus denken, den „Rechenrahmen“, etwa in der Form, die heute aus dem Kinderzimmer oder der Grundschule bekannt ist, mit zehn Zehnerreihen von Perlen, die auf Stäben hin und her geschoben werden. Er rechnet nicht selbst, stützt aber das kindliche bzw. kaufmännische Rechenverhalten. (Das Gerät nutzte die Vorzüge des Dezimalsystems trotz der ungünstigen Notationsweise ohne Stellenwertsystem, die das schriftliche Addieren und Subtrahieren erschwerte.) (Es wird berichtet, daß in manchen Ländern nach der Einführung billiger Taschenrechner deren Ergebnisse auf dem Abakus nachgeprüft wurden, weil die Benutzer der Elektronik nicht trauten.)



Theodor Ickler zu »Die Tyrannei des Vermeintlichen«
Dieser Kommentar wurde am 12.07.2025 um 05.38 Uhr verfaßt.

Das Streichen von Diversitätsprogrammen ruft moralische Empörung hervor, aber wenn auch die Motive der Trumpisten und Rechten nicht die lautersten sein mögen, wäre doch einmal zu fragen, was die Programme eigentlich bewirkt haben – über die Imagearbeit hinaus. Das ist wie mit der feministischen Umgestaltung der Sprache. Erfolgskontrolle unterbleibt, schon das Verlangen danach wird als unangemessen, beinah unanständig zurückgewiesen. Allzu viele Pöstchen sind in Gefahr. Ginge es den Fraucn oder sexuellen Minderheiten merklich schlechter, wenn man alle Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten abschaffte? Ich frage ja nur, wohl wissend, daß eine Antwort mangels Empirie nicht gegeben werden kann.


Theodor Ickler zu »Niedriger hängen!«
Dieser Kommentar wurde am 11.07.2025 um 20.50 Uhr verfaßt.

Forscher haben festgestellt, daß die Leute überall auf der Welt unter "coolness" ungefähr das gleiche verstehen. Der Bericht ist so blumig gehalten, daß man der Sache nicht weiter nachgehen kann. Ich will nur an eine triviale Tatsache erinnern: Überall auf der Welt gibt es amerikanische Popmusik, McDonalds und lässige Kleidung - eben den amerikanischen Lebensstil und damit auch solche Hochwertwörter wie "cool" (sogar im Original). Was muß man da noch groß untersuchen?

Übrigens hat sich Geoffrey Nunberg schon vor 30 Jahren in einer seiner Radio-Glossen damit beschäftigt ("Rebirth of the Cool" mit einer Anspielung auf Miles Davis 1950).


Theodor Ickler zu »Kognitivismus«
Dieser Kommentar wurde am 11.07.2025 um 20.43 Uhr verfaßt.

Ja, ich hatte ja schon zugegeben, daß ich das ein bißchen vermischt habe; allerdings läuft es auf dasselbe hinaus: in beiden Fällen geht es um die exemplarische Bekräftigung der Absicht, sich die alltagssprachliche, mentalistische Redeweise (auch "intentionales Idiom" oder eben Erlebnissprache) nicht nehmen zu lassen. Natürlich muß man davon sprechen können, Sie und ich sprechen ja beide deutsch. Aber die Wissenschaft braucht diese subjektive Perspektive nicht. Daß die Biologie einschließlich Verhaltenspsychologie sie nicht braucht, ist wohl unbestreitbar. Wir lächeln heute über die Anthropomorphismen der älteren Biologie. Was der Behaviorismus neu gebracht oder wieder in Erinnerung gerufen hat: auch die Psychologie des Menschen braucht sie nicht. Das intentionale Idiom ist Explanandum. Also ist die Frage heute: Wie entsteht die subjektive Welt? D. h. wie ist die mentalistische Redeweise historisch aufgekommen, und wie wird sie in die Kinder hineingeredet? Sie ist ja nicht sehr alt und keineswegs universell.



Manfred Riemer zu »Kognitivismus«
Dieser Kommentar wurde am 11.07.2025 um 19.01 Uhr verfaßt.

Ich meine, Qualia sind nicht deswegen nutzlos, weil sie falsch sind, sondern weil die Einführung dieses Ausdrucks nichts Neues bringt, d.h. er ist nur überflüssig.
Weder Th. Nagel in seinem Fledermaus-Essay noch M. Tye in dem von Ihnen zitierten Beitrag verwenden ja den Begriff "Qualia".
Vom Gefühlszustand eines Lebewesens, ob und ggf. daß es sich für es irgendwie anfühlt, muß man aber reden können. Nagel spricht hier ja immer von Erlebnissen (experience), womit er aber wohl das meint, was andere Qualia nennen.


Theodor Ickler zu »Kopfrechnen«
Dieser Kommentar wurde am 11.07.2025 um 17.50 Uhr verfaßt.

Gegen Kanada hat sich Trump wieder eine andere Begründung für die exorbitanten Zölle ausgedacht: angeblich ungehinderter Handel mit Rauschgift (Fentanyl).

Bald werden wir hören, daß in Brasilien eigentlich Bolsonaro die Wahl gewonnen hat, und zwar mit einem Erdrutschsieg, der ihm dann von den Kommunisten gestohlen wurde.

Und Deutschland? Wenn da nicht alsbald die AfD regiert, setzt es Zölle!

Zölle sind offenbar nicht nur eine Wunder-, sondern auch eine Allzweckwaffe.


Theodor Ickler zu »Kognitivismus«
Dieser Kommentar wurde am 11.07.2025 um 17.35 Uhr verfaßt.

Genau genommen ist die Frage nach den Erlebnisqualitäten (Qualia) nicht dieselbe wie die nach dem Lebensgefühl von Fledermäusen. (Ich habe das ein bißchen vermischt.) Aber es hängt zusammen, beides ist Bekräftigung der Erlebnissprache, der Subjektivität, unaufhebbaren Privatheit der Empfindungen usw. Moritz Schlick schreibt: „Qualitäten lassen sich nicht sagen, sondern nur im Erlebnis aufzeigen, Erkenntnis aber hat damit nichts zu schaffen.“ (Die Wende der Philosophie 1930) Es war damals so wenig klar wie heute, wohin solche Feststellungen eigentlich gehören. Sie wollen ja als wahr verstanden werden.


Theodor Ickler zu »Friede sei mit euch!«
Dieser Kommentar wurde am 11.07.2025 um 12.22 Uhr verfaßt.

Auf das neue Kruzifix-Urteil folgt umgehend die Trotzreaktion der bayerischen Staatsregierung: Man soll Kreuze aufhängen, nicht abhängen usw. Aus Söders Erstem Kreuzzug hätte man doch lernen können, daß so etwas nur schadet, zu allererst nämlich der Kirche, die daher auch überwiegend gegen diese Usurpation ihrer Symbole durch den Staat bzw. die CSU ist.


Theodor Ickler zu »Nichts lernen aus Metaphern«
Dieser Kommentar wurde am 11.07.2025 um 12.18 Uhr verfaßt.

Ein Flugzeugmodell im Windkanal ist nach unserer Auffassung keine Metapher, sondern eben ein Modell; Aristoteles würde aber von Metapher sprechen, wie er ja auch eine Statue und einen Leichnam „metaphorisch einen Menschen“ nennt.
Die Allegorie der Justitia (mit Waage und Augenbinde) ist eine ausgebaute Metapher, wie die Gleichnisse Jesu; sie dienen der Erläuterung oder der Gedächtnisstütze wie ein Symbol. Man kann die Statue noch so genau untersuchen, man wird nichts über die Gerechtigkeit herausfinden, was man nicht vorher hineingesteckt hat. Das ist bei einem Modell anders. Darum waren das Planetenmodell des Atoms und das Ringmodell des Benzolmoleküls auch keine Metaphern, wie die Kognitivisten fälschlich annehmen.


Theodor Ickler zu »Kognitivismus«
Dieser Kommentar wurde am 11.07.2025 um 12.06 Uhr verfaßt.

Ist nicht die Nutzlosigkeit die gleiche, ob ich es nun Qualia nene oder "es fühlt sich irgendwie an"? Quale ist ja nur ein anderer Name dafür. Sätze, aus denen nichts weiter folgt, sind nutzlos.

Ich habe solche Sätze sogar zu retten versucht, indem ich sie als Bekenntnisse zur Erlebnissprache deutete. Sie haben also keinen sachlichen Gehalt, aber doch eine gewisse Funktion in der Diskussion.


Manfred Riemer zu »Kognitivismus«
Dieser Kommentar wurde am 11.07.2025 um 11.46 Uhr verfaßt.

Es bringt auch nichts, ein einzelnes Quale möglichst genau zu beschreiben, denn es läßt sich sowieso nicht reproduzieren. Höchstens so ähnlich für dasselbe Individuum. Darum sagen Nagel u. a. wohl auch nicht, wie es sich für sie genau anfühlt. Nur eben, daß es sich "irgendwie" anfühlt.

Das einzige, was man über ein Quale sagen kann, ist also, es fühlt sich irgendwie an, wobei dieses Irgendwie noch von einem Lebewesen zum andern unterschiedlich (unvergleichbar) ist.

An diesem "Irgendwie" würde ich dann aber schon festhalten. Irgendwie muß es ja sein. Die Frage, ob es sich für ein Wesen irgendwie anfühlt, halte ich nicht für sinnlos. Nur braucht man dazu nicht den Begriff der Qualia.


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