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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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03.11.2007
 

strausssch
Der Rest der Reform funktioniert auch nicht

In der Süddeutschen Zeitung war heute von der Uraufführung der Strausschen 'Salome' die Rede. Gleich zwei Fehler in einem Wort, es müßte ja strausssche heißen.

Übrigens geht es in dem Artikel um den "Doktor Faustus" im Rahmen der kommentierten Neuausgabe von Thomas Manns Werken. Man muß annehmen, daß auch diesmal wieder die reformierte Rechtschreibung den Kommentarband beherrscht. Gegen den Willen der Herausgeber besteht ja der Fischer-Verlag darauf und hätte folglich schon mehrmals die Orthographie wechseln müssen. Ich habe die Bände noch nicht verglichen, es muß schauderhaft sein.



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Kommentare zu »strausssch«
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 18.11.2007 um 12.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10713

Richtig, ich wollte es gerade korrigieren. Bei "in Kürze" hatte ich an "in kurzem" gedacht. Dieses Beispiel gehört nicht hierher.
 
 

Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 18.11.2007 um 12.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10712

"Besonders störend" findet Herr Riemer die Schreibweise in Kürze. Das ist jedoch die traditionelle Schreibung. Die Ersetzung der Substantivgroßschreibung durch die Redegegenstands-Großschreibung war vor der Reform noch nicht ganz abgeschlossen; daher schrieb man Substantive, die keine Redegegenstände nennen, in Einzelfällen noch groß: in Bälde, in Gänze, in Kürze; auf die Schnelle; das Ganze (im Sinne von all das).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.11.2007 um 07.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10711

Es wäre bestimmt nicht falsch, die Autorin auf die Verunstaltung ihres Buches aufmerksam zu machen. Briefe an den Verlag sind zwecklos. Die Täter haben kein Unrechtsbewußtsein, sondern versprechen regelmäßig, in Zukunft noch stärker auf die Anwendung der Reformschreibung achten zu wollen. Man kann aber auf eine gewisse Bereitschaft hoffen, den Wünschen der Autoren entgegenzukommen, vor allem wenn diese bestsellerträchtig sind.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 18.11.2007 um 03.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10710

Noch ein Beispiel aus dem S. Fischer Verlag:

In einem Buch kann man sogar auf ein und derselben Seite sowohl "heute Mittag" als auch "heute mittag" lesen. Passenderweise heißt das Buch "Die Mittagsfrau" (2. Aufl. Sept. 2007), siehe Seite 385. Ich mag es eigentlich, habe es gern und zügig gelesen. Ich habe ein schlechtes Gewissen dabei, es hier nur auf die Rechtschreibung zu reduzieren, denke aber, daß mein Gewissen darin von dem Gewissen derer, die gute Bücher orthographisch so verunstalten, weit übertroffen werden sollte.

Julia Francks Bücher sind bis mindestens 2002 noch in guter Rechtschreibung erschienen, die Neuauflagen auch jetzt noch. "Die Mittagsfrau" ist vielleicht ihr erstes Buch in Neuschrieb, und es sieht daher so aus, als hätte sie sich zumindest eine Zeitlang dagegen gewehrt. An Schreibfehlern im allgemeinen und an solchen in Zusammenhang mit der RSR ist sicher nicht sie, sondern der Verlag schuld.

Das obige Beispiel ist in dem Buch kein Einzelfall. Man findet auch "heute Nacht ... heute morgen" zusammen auf einer Seite (349). Drei "heute Abend" (155, 156, 309) und zwei "gestern abend" (227, 297). Es gibt weitere neun Großschreibungen dieser Art, also leider Punktsieg für den Neuschrieb.

Katastrophe: "Die Pflege der Mutter sei nunmehr Dank der Hinterlassenschaften des Onkels gesichert." (151)

"viertel nach eins ... Viertel vor zwei" (272, 273).

Hier siegt die Rechtschreibung:
Einem einzigen "sodass" (15) stehen unzählige "so dass" gegenüber.
Zwei "dass es wehtat" (182, 232) stehen gegen sechs "dass [es] [...] weh tat" (146, 268, 343, 365), "weh tun" (33) und "weh taten" (160).

Unentschieden 2:2 steht es bei übrigbleiben in der übertragenen Bedeutung: "Ihr wird nichts anderes übrigbleiben." (169), "weil ihr nichts anderes übrig blieb" (266), "dass ihr nichts anderes übrig blieb" (276), "was war ihm anderes übriggeblieben" (429).
Ansonsten (in wörtlicher Bedeutung) immer Getrenntschreibung.

Gegenüber anderen Büchern, die noch Opfer der ersten Reformwelle wurden, bleibt einem jetzt wenigstens vieles erspart, man liest also noch bzw. wieder: aufwendig, wieviel, Handvoll, selbständig, recht haben, schuld sein, leid tun, vielversprechend, die Trennung hin-über, kennenlernen. Auch die Zeichensetzung (Komma) ist im wesentlichen in Ordnung.

Aber um die folgenden Deformationen wieder zu vergessen, muß wohl noch einige Zeit ins Land gehen: rau, schnäuzte, potenziell.
Besonders störend finde ich die unsinnigen Großschreibungen:
in Kürze, im Voraus, zum Besten geben,
"Aber sie kamen wieder, die Männer, sie bewachten einander, jeder Einzelne achtete darauf, dass kein anderer ..." (52), "Carl ... als Erster" (237), "Helene im Besonderen" (296), "die Sonne tat ihr Übriges" (47), "manche starben und die Übrigen ..." (74), "Er ... sprach nun Deutsch ..." (180).
Umgekehrte Fehler gibt es auch: "keinen der ihrigen" (206), "... mit ihren ständigen Bedürfnissen nach ... einer Auflösung ... in das einzige, alleinige." (305)
stehen/liegen/hängen + bleiben/lassen, auch fallen lassen, sind immer getrennt geschrieben.

Natürlich durchgängig ss am Wortende und vor Konsonanten, dann die lästigen Dreifachen (Stofffetzen (40), Walnussschale (81), Schlussstrophen (235), Betttuch (296), Rollläden (251)) sowie die Trennung zwischen st (obers-te, ...) und vor ck.

Insgesamt hat sich die Rechtschreibsituation seit dem großen Einbruch von 1996 mittlerweile schon wieder sehr gebessert. Abgesehen von ss, st und ck stolpert man beim Lesen nicht mehr wie früher im Durchschnitt mehrmals pro Seite. Trotzdem, aus Rechtschreibsicht lesen sich in Neuschrieb erscheinende Bücher immer noch katastrophal, und selbst nach den Maßstäben des Neuschrieb kann man zur Zeit nur feststellen: So viele Schnitzer kommen in Büchern mit der bewährten Rechtschreibung nicht vor. Auch nicht bei S. Fischer.


 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 05.11.2007 um 13.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10630

Zu den Fällen GROSSPORTANLAGE und MASSCHNEIDEREI möchte ich anmerken, daß dort zwar der Wortlaut der alten Konsonantenkontraktionsregel verletzt wurde, aber nicht ihr SInn.

Eigentlich sollte die Kontraktion immer stattfinden, außer wenn einer der beteiligten Ursprungskonsonanten in einer Ligatur gebunden ist (z.B. das ß in Meßsystem oder das fl in der Sauerstoffflasche).
 
 

Kommentar von Gast, verfaßt am 05.11.2007 um 13.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10629

Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen haben eine neue Hausorthographie vereinbart:

http://www.die-nachrichtenagenturen.de/index.htm

Für Ableitungen von Personennamen mit "sch" wurde dort Großschreibung mit Apostroph vereinbart, z.B. "Bismarck'sche Sozialgesetze", aber auch "Ohm'scher Widerstand", obwohl es sich hier um ein semantisch qualifizierendes Adjektiv handelt (siehe dazu auch http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=282).
 
 

Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 04.11.2007 um 12.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10614

Das von Herrn Albert zitierte "grimmsche" Wörterbuch mutet eher wie ein "grimmiges" an. Auf Grimm komme ich erst im zweiten Anlauf.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 04.11.2007 um 08.23 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10609

Ob Strausssch (alt) oder strausssch (neu), beides ist barbarisch - häßlich und kakophonisch. Da ist, wie ich leider zugeben muß, die Neuschreibung Strauss'sch optisch schon besser, aber genauso kakophonisch. Der einzige Ausweg erscheint mir die etwas altmodische Form Straussisch (alt)/straussisch (neu) zu sein.
 
 

Kommentar von K.Bochem, verfaßt am 04.11.2007 um 01.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10606

In Köln-Ossendorf prangt über einem Sportgelände seit ca. 20 Jahren "GROSSPORTANLAGE". Damalige Hinweise, u.a. im Kölner Stadt-Anzeiger, konnten die Stadt nicht zu einer Reaktion veranlassen. Man war offenbar überzeugt, die Regel der Vermeidung dreier aufeinanderfolgender gleicher Konsonanten bei Zusammensetzungen korrekt befolgt zu haben. Schon lange spottet man darüber und kümmert sich nicht mehr, zumal das in der Kölner Öffentlichkeit kein Einzelfall ist.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.11.2007 um 00.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10605

Im Mannheimer Zentrum gibt es ähnliches: eine MASSCHNEIDEREI. Die Aufschrift am Geschäft sieht aber schon älter aus als von 1996.
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 03.11.2007 um 19.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10595

Ein Rückbau in einem Schritt wäre billiger und würde weniger Verwirrung stiften, besonders bei den Schülern.
 
 

Kommentar von Kurt Albert, verfaßt am 03.11.2007 um 19.02 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=917#10594

strausssch - Straussch - Strausssch - Strauss'sch

Fehler? Funktioniert die Reform hier nicht – oder setzt sich nicht eher, von den drei s jetzt abgesehen, das Bemühen durch, gegen bzw. gleichgültig gegen den Willen der Reformer, Eigennamen orthographisch zu verdeutlichen?
Die Großschreibung bei Familiennamen auf -sch bemerke ich in Presse und Literatur öfter. Gut so. Ich schreibe auch nicht, wozu ich beruflich eigentlich gehalten bin, zum Beispiel "Grimm'sches Wörterbuch" oder (übler noch) "grimmsches Wörterbuch". Wir müssen Geduld haben, der Rückbau kommt schrittchenweise.


 
 

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