zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Diskussionsforum Archiv Bücher & Aufsätze Verschiedenes Impressum      

Theodor Icklers Sprachtagebuch

Die neuesten Kommentare


Zum vorherigen / nächsten Tagebucheintrag

Zu den Kommentaren zu diesem Tagebucheintrag | einen Kommentar dazu schreiben


05.02.2007
 

Über-Heyse
Über den Tod hinaus …

Am Wochende stand in der Zeitung eine Todesanzeige der Bayerischen Hypobank für ihren Ex-Vorstand Karl Wüst. Im Text stand einmal „Wüsst“.

Die Süddeutsche Zeitung selbst schreibt fast nur noch schneuzen, rauh, selbständig. Andererseits immer noch sehr oft „ein Anderer“ und sonstigen Unsinn, der sich aber mit der Zeit sicher noch geben wird.

Der Rechtschreibrat sollte bei seiner nächsten Sitzung wenigstens feststellen, daß sich die Augstschen Schreibweisen rau usw. nicht durchgesetzt haben und daher wieder wegfallen können.



Diesen Beitrag drucken.

Kommentare zu »Über-Heyse«
Kommentar schreiben | älteste Kommentare zuoberst anzeigen | nach oben

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.10.2021 um 05.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#47429

Stephan Protschka MdB
@AfDProtschka
Ich werde morgen auf der Besucher Tribüne im Bundestag Platz nehmen müssen, da ich nicht gewillt bin meinen Gesundheitszustand offen zu legen. Ich werde dass jetzt nicht mit einer gewissen Zeit vergleichen. #Freiheit #Corona #Covid_19

 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 11.07.2012 um 14.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#21038

Einen Vorschlag für ein Rechtschreiblogo hatten wir bereits einmal, siehe www.rechtschreibreform-neindanke.de.

Warum kann man solche Vorhaben nicht vorher miteinander absprechen?

Das Wort ''herkömmlich'' klingt etwas abwertend, ''bewährt'' wäre vielleicht die beste Lösung. War es nicht Herr Melsa, der einmal von ''guter Rechtschreibung'' sprach?

Wenn die Reformer mit ihrer Überrumpelungstaktik Erfolg hatten, dann kann es ungekehrt auch einmal ganz schnell zu Ende damit sein. Vielleicht ist der Leidensdruck noch nicht hoch genug. Auch eine Rückkehr zur bewährten Rechtschreibung würde dann widerstandslos geschluckt werden, und jeder wird dann gegen die Reform gewesen sein.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 11.07.2012 um 11.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#21037

wie wäre es mit "undeformiert"?

Ich habe neulich "das Buch" von der chinoamerikanischen Tigermutter (oder Drachenmutter, ich entsinne mich schon nicht mehr) in deutscher Übersetzung gelesen, und dort ist wohl nur mir aufgefallen, daß dort korrekt "im voraus" und "rauh" statt des üblichen Neuschreibschwachsinns steht. Auch die Kommata sind am rechten Platz, und abgesehen vom dämlichen "meine Mamm und mein Dähd" liest sich der Text recht flüssig. Solange die ss/ß-Regel eingehalten wird, wird kaum jemandem auffallen, wenn die eine oder andere blödsinnige Großschreibung (nicht im geringsten, aufs neue, im nachhinein, im übrigen) unterdrückt wird. Leider geht der Trend aber eher entgegengesetzt, und fast alle Zeitungen schreiben unnötigerweise sogar "vor kurzem", "ohne weiteres", "von weitem", "bei weitem" usw. alles groß, und das Volk schreibt inzwischen auch Infinitive ("ich will essen"), Zeitangaben ("abends", "heute") und zusammengesetzte Adjektive ("geldgierig", "machthungig") groß.

Ich erwarte also eher weitere Deformationen als irgend eine Art von sinnvoller Verbesserung. Vielleicht sollte man die Duden-Redaktion einfach sprengen, denn allein das Wort "Duden" übt eine fast gottgleiche Macht auf das Volk aus ("Du sollst keine anderen Wörterbücher haben neben mir").
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 11.07.2012 um 10.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#21036

In einem anderen Zusammenhang hat Herta Däubler-Gmelin vor zwei Tagen in der Netzausgabe der FAZ erklärt (vgl. hier), daß Entscheidungen nie alternativlos seien. Das gilt selbstverständlich auch für die Reformschreibung. Im Falle der vermeintlichen Eurorettung ist es leider egal, wie viele Milliarden bereits nach Griechenland, Irland, Portugal geflossen sind – oder nun in spanische Banken fließen werden. Ewig so weitergehen muß es deshalb nicht. Das Geld ist freilich so oder so futsch.

Und im Falle der Reformschreibung ist es (ebenfalls leider) auch ganz egal, wie viele Schülergenerationen schon darauf getrimmt wurden. Ewig so weitergehen wird es nicht. Auch der Reformtrüffel wächst nicht jedes Jahr wieder, Pilze – und vor allem Trüffel – sind bekanntlich heikle Gewächse. Politiker leben nach der Devise "Was geht mich heute mein Geschwätz von gestern an", weshalb sie sich anpassen werden. Und die "Textwirtschaft" (ich muß gestehen, daß ich mit diesem Begriff nicht viel anfangen kann) scheint ja auch sehr flexibel zu sein.

Exkurs:
Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, daß Großbritannien vom GCSE abrücken würde? Und inzwischen sieht es so aus, als würden die alten O-levels (wahrscheinlich werden sie nicht so heißen) wiederkommen. Und da wird auch keiner fragen, wie viele Schüler wegen der tollen Comprehensive education nicht richtig lesen, schreiben und rechnen können.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.07.2012 um 09.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#21035

Kompromißvorschlag: "altbewährt" versus "neumodisch".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.07.2012 um 08.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#21034

Wenn ich sehe, wie selbstverständlich die Reformschreibung (wenn auch fehlerhaft, aber das kümmert ja niemanden) in der "Textwirtschaft" verwendet wird, kann ich nicht glauben, daß irgend jemand für die Rückumstellung zu gewinnen sein wird. Das ist sozusagen nur noch eine praktische, technische Frage, denn um Überzeugungen oder auch nur Qualitätsabwägungen geht es nicht mehr. In der genannten Branche wird einfach gemacht, was verordnet ist oder verpflichtend zu sein scheint, basta. Änderungen sind daher wohl nur auf dem Weg des Weiterreformierens möglich. Die Korrekturen von 2004 und 2006 sind widerstandslos geschluckt worden. So ließe sich weiteres einführen, ausgenommen die bessere s-Schreibung, die kommt wohl nicht wieder. Aber wer weiß? Wenn nur die Schriftsteller etwas mehr Mumm hätten.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 10.07.2012 um 15.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#21033

Man muß bei Adjektiven immer aufpassen, wie die Gegensatzpaare aussehen. Zur "neuen" Rechtschreibung gehört die "alte", die aber in dieser Verkürzung leicht den Beigeschmack des Altmodischen bekommt. Außerdem wissen die meisten hier im Forum, daß die angeblich neue Rechtschreibung tatsächlich die alte ist, weil sie aus den Untiefen des 19. Jahrhunderts stammt.

Bei "klassisch" müßte man den Gegensatz schon als "modern" bezeichnen. Zumindest ist das seit 1687 die nun schon klassische Gegenüberstellung. Damit könnte man nun, wenn man diese Linie von der Querelle über Eliot und Borges weiterverfolgt, einigermaßen glücklich sein. Wer wollte einer Rechtschreibung schließlich nicht Reife (Eliot) unterstellen!

Aber auch mit diesem Adjektiv bin ich nicht recht glücklich, denn man sollte im vorliegenden Falle den Gegensatz betonen, daß die experimentelle Neufassung seit ihrer Zwangseinführung nicht funktioniert. Und bei etwas Modernem denkt man doch sehr schnell auch an eine (technische) Weiterentwicklung.

Im Jahr 2015 hingegen wird die reformierte Rechtschreibung 20 Jahre lang die deutsche Schreibwirklichkeit beeinflußt haben. Dazu waren jedoch (bislang) drei Subreformen notwendig, die bekanntlich von den Reformbefürwortern gerne totgeschwiegen werden. Deshalb gefällt mir die Gegenüberstellung "reformiert" und "bewährt", oder "reformiert" und "herkömmlich" am besten. Eine in über 90 Jahren gewachsene Rechtschreibung hat sich im wahrsten Sinne des Wortes bewährt und herkömmlich ist sie immer noch, solange Autoren, Verleger und Firmen an ihr festhalten. Darüber hinaus muß man diese beiden Adjektive nicht erst umständlich mit einer Definition füllen, was bei "klassisch" schon eher nötig ist.
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 09.07.2012 um 14.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#21032

Es sollte besser von der ''klassischen Rechtschreibung'' gesprochen werden.
 
 

Kommentar von Walter Lachenmann, verfaßt am 09.07.2012 um 14.01 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#21031

Den Einwand von Herrn Ickler finde ich nicht so gravierend. Am ß (bzw. dessen Ersetzung durch ss) läßt sich immerhin am leichtesten erkennen, ob ein Text in reformierter Orthographie geschrieben ist oder nicht. Es ist sozusagen das Erkennungszeichen.
Bedenklicher ist, daß es vermutlich schwierig sein wird, bekennende Reformgegner unter den Verlagen zu finden. Wenn sie sich nicht engagiert haben, als noch Aussicht auf Verhinderung oder Rücknahme der Reform bestand, weshalb sollten sie es jetzt tun?
Das Verhalten der Verlage war entweder übereifrige Anpassung (insbesondere Schul- und Kinderbuchverlage, mit allen dadurch entstandenen Verballhornungen) oder ein Abwarten auf die Entwicklung der Dinge. Und jetzt, wo sich die Dinge entwickelt haben, wie wir es täglich in den Zeitungen und den meisten neuen Bücher sehen, pflegt jeder seine mehr oder weniger plausible Hausorthographie, die der Reformorthographie in ihren markantesten Ausformungen folgt.
In der SZ von heute steht übrigens folgender verblüffende Satz: "Uns, die wir uns den Feinheiten der deutschen Rechtschreibung verpflichtet fühlen, wäre das jedenfalls nicht passiert." Das bezieht sich auf den Slogan auf dem Rücken eines Teashirts, das ein von Polizisten abgeführtes Mädchen trägt: "FICH DICK!". Der humorvolle Kolumnist kam überhaupt nicht auf die Idee, daß diese Buchstabenvelwechsrung humorvoll gemeint sein könnte. Von Humor und von den Feinheiten der deutschen Rechtschreibung verstehen eben nur unsere geistreichen Journalisten etwas, insbesondere die von der SZ.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.07.2012 um 08.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#21029

Das "Rechtschreibsiegel" (im Diskussionsforum erwähnt) ist hübsch gemacht und eine gute Idee. Der einzige Einwand (den ich bei seiner Erfindung auch schon irgendwo angeführt habe) könnte sein, daß es die Reform in gewisser Weise falsch darstellt, denn es gilt ja nicht, den Buchstaben ß zu erhalten, sondern dessen Verteilung, also Adelung statt Heyse (um es salopp zu formulieren).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.07.2011 um 09.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#19029

Gestern hat meine Tochter den Sehtest wg. Führerschein gemacht. Kostet 6,43 Euro einschliesslich MwSt.. So steht es auf dem Vordruck, wahrscheinlich bundesweit.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 13.04.2008 um 15.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#11897

Bei Faz.Net (13.4.) heute ebenfalls:
"Hesssischer Grünen-Chef Al-Wazir"
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.04.2008 um 06.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#11894

Gestern schrieb die Süddeutsche Zeitung vorsichtshalber "gewissermasssen" mit drei s.
 
 

Kommentar von Heinz Erich Stiene, verfaßt am 02.11.2007 um 11.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#10575

Dass recht sich

Kicker, 29. Oktober 2007, S. 59:

"Lange Gesichter in Paderborn: Trotz einer überzeugenden Leistung in Köln steht dass Schlusslicht nach einem unglücklichen 1:2 wieder mit leeren Händen da. 'Das ist unfassbar. Unser Problem ist und bleibt die Chancenverwertung. Das hat sich am Ende gerecht', analysierte der starke SC-Rückhalt Alexander Bade zutreffend."
 
 

Kommentar von heinz-ludwig, verfaßt am 08.03.2007 um 10.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7922

Einige Wörter sehen halt gar zu dämlich aus mit dem breitgequetschten ss. Schluss, Genuss.

Vielleicht steht deshalb auf sueddeutsche.de immer noch "Musik. Genuß. Erleben."?
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 07.03.2007 um 19.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7921

Zu #7919: Natürlich kann Heyse das – einfach, indem es die amtliche Regel bleibt. Denn wie nannte der Kabarettist Martin Buchholz eines seiner Programme Anfang der 90er Jahre? „Wir sind, was volkt!“ – Eben!
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 07.03.2007 um 18.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7920

"Genuss erinnert an Nüsse, aber Genuß nicht an Nuß?" (#7916)
Nein, tatsächlich nicht. Karin Pfeiffer-Stolz sagt ganz richtig: "Das ist nichts für seriöse Produktwerbung." Wir haben nämlich, wo wir doch das Gemeinte besonders in der Werbung so mühelos wie möglich erfassen sollen, die Interferenz des Gewohnten! Bei "Genuß" hat kein Mensch je, auch ein Leseanfänger nie, an "Nuß" gedacht. Dagegen kommen einem schon sehr leicht "Nüsse" in den Sinn, wenn ich auf einmal das ungewohnte "Genuss" vor mir sehe. (Das gilt jedoch nicht für Schweizer mit ihrer eszettlosen Schreibung und Schulanfänger jetzt und die Leute, die fast gar nichts lesen und daher beim Lesen sich ein Wort nur Buchstabe für Buchstabe erlesen.) Karin Pfeiffer-Stolz weist auf Assoziationen hin, die ein guter Werbefachmann keinesfalls außer acht läßt. Zum "Nicht nur dämlich, auch peinlich" (7914) ist für die Werbung also hinzuzufügen: "auch kontraproduktiv".
 
 

Kommentar von Adelung, verfaßt am 07.03.2007 um 18.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7919

Tatsächlich ist es sehr erstaunlich, wie verbissen sich die Heysesche ß-Schreibung hält, obwohl, entgegen meinen Erwartungen, ansonsten oftmals die klassische Schreibung dem Reformmist vorgezogen wird. (Von dem allgemeinen Sprachverlust beim Volk – sogar bei Lehrern – und der damit einhergehenden absoluten Deppenorthographie, die Wörter wie "Auto Wasch Anlage" und "link's abbiegen" nach sich zieht, mal abgesehen.)

Die Frage, die sich mir stellt: Kann die Heysesche ß-Schreibung auch in zehn und zwanzig Jahren noch existieren, wenn ansonsten ein wünschenswerter Rückbau erfolgt? Kann dieser Wahnsinn sich tatsächlich etablieren und auf Dauer bleiben?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 07.03.2007 um 11.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7916

Genuss erinnert an Nüsse, aber Genuß nicht an Nuß? Es sind schon bessere Argumente gegen Heyse vorgebracht worden. Schön an dem Filter ClassGerman ist übrigens, daß man die Heyse-Fehler noch leichter findet.
 
 

Kommentar von Heinz Erich Stiene, verfaßt am 07.03.2007 um 11.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7915

Gestern erhielt ich den Katalog "Artservice" einer Karlsruher Kunstbuchhandlung, eine, wie der Inhaber Robert Just schreibt, "aktuelle Sonderliste, die ich Ihnen heute erstmals zusende". Das alles von vorne bis hinten in tadelloser Rechtschreibung, ohne die Unsicherheiten und Verwerfungen, wie sie mittlerweile in Druckerzeugnissen an der Tagesordnung sind. Offenbar hat Just gebildete Erwachsene im Blick.
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 07.03.2007 um 11.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7914

Nicht nur dämlich, auch peinlich: ausgerechnet ss als Markenzeichen der Reform und einziges sicheres Erkennungsmerkmal neueren deutschen Schriftguts. Wer kann das ernsthaft wollen? Ich nicht, um mit J. Fest zu sprechen.
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 07.03.2007 um 11.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7913

Einige Wörter sehen halt gar zu dämlich aus mit dem breitgequetschten ss. Schluss, Genuss.
Schluss erinnert an schusselig. Genuss an Nüsse. Das ist nichts für seriöse Produktwerbung.

Wohin wird sich die s-Schreibung entwickeln? Das ist spannend.
 
 

Kommentar von Philips, verfaßt am 07.03.2007 um 11.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7912

Das Neueste aus der Werbung: „Schluß mit Aufwecken. Wachen Sie einfach auf. Das neue Philips Wake-up Light!“

http://www.wakeuplight.philips.de/
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 02.03.2007 um 12.59 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7874

Gricens Kooperationsmaxime gemäß enkodiert man sein inneres Sprechen in der Schrift (Satzprosodie samt Wortakzenten) so, daß dem Leser das Dekodieren dieses inneren Sprechens zum adäquaten Nachvollzug möglichst leichtfällt.

Schillers „ominöser“ Satz „Es ist der Geist, der sich den Körper baut“, für den Karl Kraus mehrere Prosodien und anhand dieser ebensoviele Verständnisweisen aufzeigt, belegt zwar, daß Eineindeutigkeit nicht immer gewollt ist oder sein muß, aber generell möglich ist. Dazu zwei für Pädagogen unerträgliche Beispielsätze:

Wir meinen nicht-korrelierte Frequenzen.
Wir meinen nicht korrelierte Frequenzen(, sondern sich aufhebende).

Anläßlich der aus unterfindlichen Gründen vollzogenen Abkehr von Adelung zurück zu Heyse könnte man lakonisch konstatieren: „Kein Gewinn ohne Verlust“, was alle Dialektiker freut, aber nur eine Bilanzregel mit zwei möglichen Kopulae ist. Die Adelungsche Schreibung kennzeichnet Silbengrenzen, die Heysesche nicht.

Die Heysesche Schreibung läßt die Silbengrenzen unerkennbar, dafür erlaubt sie, von hinten nach vorn auf die Qualität des vorausgehenden Vokals zu schließen. Das Problem ist nur, daß das Erkennen der Silbengrenzen für fließendes Lesen wichtig ist, das Erkennen der Vokalqualität indessen fürs fließende Vorlesen.

Für Pädagogen ist das Vorlesen immer das Wichtigste, das verstehende Lesen dagegen Nebensache, denn als Pädagogen können sie nicht wissen, daß die Rezeption eines Textes durch prima-vista-Vorlesen erheblich behindert ist. So hat man dann die alle Pädagogen erfreuenden Ergebnisse der Pisa-Studie(n).
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 17.02.2007 um 13.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7765

Die Einzahl Bundesbahn bedeutet in Österreich das selbe wie in anderen Deutsch sprechenden Ländern ;-)
Eine Bundesbahn ist jene Bahn, die sich im Besitz eines Bundesstaates befindet (z.B. Aktienmehrheit). In Österreich ist das ein Unternehmen mit Namen ÖBB, in Deutschland ein Unternehmen mit Namen DB, und die SBB sind das Schweizer Unternehmen. Bundesbahn ist ein grammatisch gebildeter Begriff, der mit zufällig ähnlich lautenden Firmenbezeichnungen (ÖBB, SBB) nicht verwechselt werden sollte. Die Mehrzahl in den Firmenbezeichnungen kommt aus der Geschichte dieser Unternehmen: sie entstanden aus Zusammenschlüssen mehrerer Vorgängergesellschaften (Bahnen).
 
 

Kommentar von Konrad Schultz, verfaßt am 17.02.2007 um 12.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7763

Und vom Plural RŽD ist dann wieder zum Beispiel die Einzahl Kaliningradskaja Želesnaja Doroga ein Teil. Aber was bedeutet die Einzahl Bundesbahn in Österreich?
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 17.02.2007 um 11.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7761

Rossijskije Schelesnyje Dorogi bzw. RŽD ist die Bezeichnung einer Bahngesellschaft, die heißt halt so. Genauso wie Österreichische Bundesbahnen bzw. ÖBB die staatliche Bahngesellschaft bezeichnet. Für Österreich gesprochen bedeutet das aber keineswegs, daß es nicht noch andere Bahnen gäbe und auch nicht, daß mit der grammatisch gebildenten Einzahl Bundesbahn etwas nicht stimmt.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 17.02.2007 um 10.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7758

Auch die SZ verfälscht Originale: Heute in "Kunst und Preise": Auf dem abgebildeten Gemälde von Anselm Kiefer ist eindeutig die handschriftliche Überschrift des Künstlers zu lesen: "Laßt tausend Blumen blühen!" Aber die Südd. Zeitung schreibt in der Bild-Unterschrift "Lasst tausend Blumen sprechen" und im Text "Lasst tausend Blumen blühen". Hat der Künstler etwas Falsches geschrieben?
 
 

Kommentar von Konrad Schultz, verfaßt am 15.02.2007 um 19.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7735

"Eisenbahn" heißt im Russischen durchaus "željeznaja doroga", in der russischen Wikipedia als Alternative zu "željeznyj transport"; "željeznyje dorogi" bezeichnet dagegen die Gesamtheit der Eisenbahnen in einem Land. Analog wie in Österreich.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 15.02.2007 um 18.55 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7733

Was will Herr Schatte uns damit sagen?
Übrigens danke ich Herrn Schulz für die Richtigstellung.
 
 

Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 15.02.2007 um 18.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7732

Ich möchte nochmal an die vor einem Monat erneut kurz geführte Diskussion über ein Erkennungszeichen für Medien in klassischer Rechtschreibung erinnern:

www.zeichen.de.tt

Es wäre schön, wenn dieser Gedanke weitergetragen werden könnte, leider hat sich bisher keiner getraut.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 15.02.2007 um 17.51 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7730

An Herr Achenbach und Herrn Schulz,
nicht nur ÖBB repräsentiert einen Plural, sondern eben auch (russ.) željeznyje dorogi. Soviel sei den Russistik geschuldet.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 09.02.2007 um 18.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7688

Die Südwestdeutsche Medienholding, der die Stuttgarter Zeitung gehört, hat sich bekanntlich auch bei der Süddeutschen eingekauft. In welchem Maße die Schwaben daran beteiligt waren, die SZ von einer Rückkehr zur normalen Rechtschreibung abzuhalten, ist bisher nicht geklärt.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 07.02.2007 um 17.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7653

»Eigentlich muss es nicht betont werden: der Redakteur beherrscht die Rechtschreibung! Im Prinzip schon - und dann gab's da ja noch die Reform, und die Reform der Reform... Weil es aber zwischen Theorie und Praxis manchmal doch kleine, aber sprachlich feine, Unterschiede gibt, beschäftigt die Stuttgarter Zeitung ein Team von Korrektoren. Diese Seitenrevision arbeitet bis spätabends an der Qualität des Blattes -- übrigens, in der deutschen Zeitungslandschaft inzwischen eine Rarität.«

(Stuttgarter Zeitung online, vermutlich 17. Januar 2007 [Google-News-Fundtag], http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1337784)
 
 

Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 07.02.2007 um 10.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7641

Konrad Schultz: Ich dachte an eine studentische Arbeit zum Thema "Rechtschreibreform und Schriftsprachgebrauch" (o.s.ä.) an einem Germanistikinstitut.

"aufwändig": wie gesagt, ich hatte meinen Eindruck nicht statistisch abgesichert und muß daher damit rechnen, widerlegt zu werden.

Und auch die Differenzen von Zeitung zu Zeitung (resp. Nachrichtenmagazin) wären natürlich interessant. Als besonders reformbeflissen ist mir z.B. die sonst eher konservative Stuttgarter Zeitung aufgefallen ("vor Kurzem", "seit Langem").
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 07.02.2007 um 09.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7640

Die Neue Freiheit ist Zwang

Die sich so eifrig – und freiwillig! – nach der neuen Rechtschreibung richten, sind dieselben, die vormals gewettert haben gegen die Knechtschaft der Orthographie, angeblich von „bösen, alten“ Herren durchgesetzt und zur Zementierung der gesellschaftlichen Klassen mißbraucht. Ich habe mich noch im vergangenen Jahr wegen meiner ablehnenden Haltung zur „Reformschreibung“ als „unseriös“ und „Kinderfeind“ verspotten lassen müssen.
Merken die reformbeflügelten Gutmenschen denn nicht, daß nun erst eine wahrhafte Knechtschaft verwirklicht ist? Man läßt sich freiwillig kujonieren von willkürlichen Schreibweisen, welche einige („böse, alte“?) Herren im 20. Jahrhundert ersonnen und mit der launenhaften Beliebigkeit des Zufalls über unseren Wortschatz gezwungen haben.
Aber nein, sie merken es nicht! Denn die das betrieben haben, sind ja als „Befreier“ aufgetreten! So ist es allemal gegangen in der Geschichte der Menschheit: Die Befreier von heute sind die Diktatoren von morgen, und es dauert seine Zeit, ehe das den Leuten dämmert.

Wir verwechseln gern die Sache mit dem Begriff. Wenn man uns sagt, wir seien „frei“, dann glauben wir es sogar dann noch, wenn wir längst an Ketten liegen. Das Bewußtsein wird offensichtlich nicht nur vom Sein bestimmt, sondern im weitesten Sinne auch durch Begriffe. Darin sind die Linken immer schon gut gewesen: Begriffe zu besetzen für ihre eigenen ideologischen Zwecke. Weshalb lernen wir nicht von ihnen?
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 07.02.2007 um 09.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7635

Vielleicht sollten wir Ihnen zum Steak mal eine Ration echten tschechischen Biers rübersenden?
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 07.02.2007 um 00.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7632

Wir erjagen's, Herr Herter! Gutes Deutsch ist schon etwas, was man richtig lieben kann. Aber petits épis de maïs, Mann, das ist auch sehr gut. Selbst gute *hamburger* sind, wenn sie gut sind, was Feines. Hunger ist der beste Koch, papperlapapp; für frisches *corn on the cob* (ausgewachsene Maiskolben) als Gesprächseröffnungsgeschenk lassen die christlichsten Leute hier im amerikanischen Mittelwesten sogar den Teufel ins Haus und hören sich an, was er sonst noch zu besprechen hat. — Doch hier geht's für mich aufs Abendessen zu: Porterhouse-Steak. Mann, dafür unterbreche ich sogar kurz meine Teilnahme an der Diskussion der deutschen Rechtschreibung. Aber bei Ihnen da in Mitteleuropa ist's sowieso schon über die Mitternacht hinaus, und so fällt's mir auch deshalb leicht.
 
 

Kommentar von Roger Herter, verfaßt am 06.02.2007 um 23.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7631

Herrn Achenbachs "eigentlich ja ganz banale" Anmerkung zum Vorteil der Zusammensetzungen im Deutschen möchte ich – sozusagen innig – bekräftigen.
Ich bekomme das täglich vor Augen geführt, ist doch in der Schweiz alles (mindestens) dreisprachig gehalten, so auch die Warenbezeichnungen auf Etiketten.
Bei jedem Blick in den Kühlschrank sehe ich daher ein Glas mit der Aufschrift:
Petits épis de maïs, darunter
Pannocchiette di mais, zuoberst aber schlicht
Maiskölbchen...
Und jedesmal macht es mich innerlich schmunzeln. Das ist nicht bloß kurz und prägnant, es ist geradezu ein Gedichtchen in einem Wort!
(Man sehe mir die kleine Liebes[v]erklärung gütigst nach. Wer's nicht erfühlt, wird's nicht erjagen.)
 
 

Kommentar von Konrad Schultz, verfaßt am 06.02.2007 um 23.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7630

An Herrn Achenbach (#7626): shelesnaja doroga
 
 

Kommentar von Bücherleser, verfaßt am 06.02.2007 um 23.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7628

Unsere regionale Tageszeitung "Hannoversche Allgemeine" (Madsack-Verlag) hat vor etwa einem halben Jahr ganz leise damit begonnen, einzelne "alte" Schreibweisen sukzessive wieder zu verwenden. Angefangen hat es mit "hierzulande" – bis dahin wurden wir immer unerbittlich mit "hier zu Lande" belästigt. Dann kam einige Wochen später die Wiedergeburt von "sogenannt" und seit kurzem heißt es auch wieder "kennenlernen" und schließlich sogar wieder "Handvoll". Leider hat sich in der HAZ-Redaktion aber auch das alberne "mithilfe" durchgesetzt. Auf die Änderungen der Hausorthographie wurde mit keinem Wort eingegangen. Zur Zeit herrscht diesbezüglich Stillschweigen. Ich konnte auch keine Meldung zum Umfall der FAZ in unserer örtlichen Tageszeitung entdecken.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 06.02.2007 um 22.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7627

Die Regel in den slawischen Sprachen "bei zwei zusammenzufügenden Substantiven muß eines zum Adjektiv werden" (meist mit dem Suffix "-owy" bzw. "-ovy" führt manchmal zu (für uns) lustigen Fügungen wie (übersetzt) "gepäckiger Wagen", "gepäckiger Schein", usw. Deswegen können nicht mehr als zwei Substantive zusammengefügt werden. In neueren Wortbildungen wird das Fugenelement "-o-" bevorzugt.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 06.02.2007 um 21.25 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7626

Herr Ludwig hat natürlich ganz recht. Es ist das Kennzeichnende an Zusammensetzungen im Deutschen, daß das Verhältnis zwischen den Bestandteilen nicht ausdrücklich genannt ist. So besteht ein Stahlträger aus Stahl, eine Stahlfabrik aber produziert Stahl. In den allermeisten Fällen ist die Bedeutung trotzdem ohne weiteres klar. Im Zweifelsfall kann man immer zu Wortfügungen greifen (Träger aus Stahl, Fabrik für Stahl). Der Vorteil der Zusammensetzungen im Deutschen liegt eben in der prägnanten, in der Regel aber leicht verständlichen Ausdrucksweise.
Das ist eigentlich ja ganz banal. Dazu braucht man nicht unbedingt "deutsche Sprachwissenschaft".
Im Französischen gibt es keine vergleichbaren Zusammensetzungen, was häufig zu langen, komplizierten Wortfügungen führt. Vielleicht ist das ein Grund für die besondere Vorliebe der Franzosen für Abkürzungen.
Auch im Russischen gibt es keine Zusammensetzungen; dennoch sind die Verhältnisse ähnlich wie im Deutschen. Im Russischen gibt es zu so gut wie jedem Substantiv ein zugehöriges, sogenanntes "relationales Adjektiv", das im Gegensatz zu den "qualitativen Adjektiven" keine innewohnende Eigenschaft, sondern einen – ebenfalls nicht ausdrücklich genannten – Zusammenhang ausdrückt. Im Russischen würde man etwa "stählerner Träger" und "stählerne Fabrik" sagen und das gleiche meinen wie "Stahlträger" und "Stahlfabrik". So heißt auch "Eisenbahn" im Russischen "eiserner Weg" (shelesnoe dorogo).
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 06.02.2007 um 20.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7625

Abgesehen von Heyse …

Im amtlich strengen Sinn ist unser Volk ein Volk von Analphabeten geworden!
Wir, die Normalschreiber, schreiben absichtlich nicht nach den deformierten Regeln; bei denjenigen, die gerne nach den amtlichen Regeln schreiben würden, reicht's meistens nur bis Heyse – und auch das nur unzureichend, wie die vielen Beispiele beweisen, von GZS ganz zu schweigen; und der Rest sind die Zeitungen, die ohnehin in Hausortographie(e)n erscheinen und, wie viele andere, auch Heyse- und GZS Fehler machen.
Also wer, frage ich, kann heute eigentlich halbwegs vollständig und fehlerfrei nach den amtlichen Regeln schreiben und tut das auch?
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 06.02.2007 um 20.07 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7624

Die "Wortzusammensetzungen" oder so ähnlich

Es lohnt zu betrachten, was nicht allein in Schullehrbüchern, sondern auch in Hochschullehrbüchern bzw. sog. Wissenschaftsverschnitten zu Komposita so geschrieben steht - übrigens ganz entgegen dem, was jeder Wahrnehmungswillige beispielsweise in online newsletters lesen kann. Horst Ludwig verweist zurecht darauf, daß die seit eh und je etwa 60 Jahre hinter der aktuellen Grammatikschreibung humpelnde Muttersprachgrammatik ihren armen Schülern keinerlei Instrumente anbietet, die dem "Phänomen" irgendwie angemessen wären. Die deutsche Sprachwissenschaft kann es schon seit einiger Zeit. Aber erst müssen besagte 60 Jahre verstreichen.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 06.02.2007 um 19.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7623

Zu Restaurant-Morde in Sittensen (#7618):
"... (wurden etwa Restaurants ermordet?) – Fortschrittliche Pädagogen würden dazu sagen, 'na und, man weiß doch, was gemeint ist.'" — Ganz ehrlich, ich würde das nicht unter Sprachschluderei einordnen. Wenn jemand die "Januar-Einnahmen" mit den "Februar-Einnahmen" vergleicht, dann sind hier eben Gelder und nicht Monate eingenommen worden. So sprechen Leute nun einmal. Wenn Substantive durch andere Substantive erweitert werden, muß die Erweiterung nicht immer nur für das direkte Objekt der implizierten Handlung stehen. Eine "Gute-Lehrer-Zulage" bedeutete auch nicht nur, daß gute Lehrer zugelegt würden. Ein Mäcki-Schnitt bedeutet für die, die sich noch daran erinnern können, nicht, daß oder wie Mäcki geschnitten wurde oder wird oder geschnitten hat oder immer noch schneidet, sondern halt etwas anderes (naja, für die vielen fortschrittlichen Pädagogen, die — und das gebe ich gern zu — von vielem keine Ahnung haben: einen Schnitt, so daß dessen Ergebnis aussieht wie Mäcki).
 
 

Kommentar von Konrad Schultz, verfaßt am 06.02.2007 um 18.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7619

Herrn Künzer: Wer macht's? Eine Statistik-Funktion ist mir bisher nur bei der Süddeutschen über den Weg gelaufen. Wortgruppen wie "des weiteren" fand ich dort nicht bedient. Und bei aufwändig vs. aufwendig fand ich für das letzte Jahr 82 zu 57, für den letzten Monat aber 33 zu 11, was nicht gerade für eíne Rückentwicklung zum Sprachrichtigen spricht.
 
 

Kommentar von Kölner Stadt-Anzeiger, verfaßt am 06.02.2007 um 17.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7618

"Ein zwei Jahre altes Mädchen hat die Restaurant-Morde in Sittensen unverletzt überstanden. Die Polizei hatte die Medien eindringlich gebeten, nicht über das Kind zu berichten, dass sich während des Dramas am Tatort befand."

Quelle: http://www.ksta.de/index.shtml

Wieder ein Beispiel für den ganz normalen Über-Heyse bzw. Wahnsinn, den man täglich vorgesetzt bekomt. Online-Journalismus und Rechtschreibreform führen unvermeidlich zur Sprachschluderei. Man beachte auch den ersten Satz (wurden etwa Restaurants ermordet?) – Fortschrittliche Pädagogen würden dazu sagen, "na und, man weiß doch, was gemeint ist."
 
 

Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 06.02.2007 um 14.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7616

Zu Konrad Schulz. Das wäre doch einmal eine umfassende Untersuchung wert, auf diese Weise für jede Tageszeitung ein "Reformeiferdiagramm" zu erstellen. Man könnte über einer von 1998 bis 2007 reichenden Zeitachse die Prozentzahl der Reformschreibungen auftragen, möglicherweise auch nach Einzelworten/-regelungen getrennt. Mein unfundierter Eindruck ist, daß unterschiedliche Reformschreibungen unterschiedliche Halbwertszeiten aufweisen. Sehr schnell zu zerfallen scheint "aufwändig", hartnäckiger hält sich dagegen "des Weiteren" usf.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 05.02.2007 um 22.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7610

Weil ich es soeben verwendete, fiel mir auf, daß man Anomalie noch ganz üblich schreibt, hier ist dem Hrn. Augst scheinbar was durch die Lappen gegangen.
 
 

Kommentar von Wüstl, verfaßt am 05.02.2007 um 22.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7609

Wüsd wissen wie wüst d' Wüste ischt, brachst nur d' Wüstdeitsche les'n. Steht nix drin, was ma wiss'n müsd. Dös is ka Zeitung, sondern a Zeitraub.
 
 

Kommentar von Konrad Schultz, verfaßt am 05.02.2007 um 18.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=790#7603

Hoffen wir es. Suche unter sueddeutsche.de ergibt für das letzte Jahr 85 mal selbstständig und 82 mal selbständig, für den letzten Monat dagegen 9 mal selbstständig und 36 mal selbständig; im letzten Jahr 84 mal rau und 8 mal rauh, im letzten Monat 27 mal rau und 5 mal rauh.
 
 

nach oben


Ihr Kommentar: Sie können diesen Beitrag kommentieren. Füllen Sie dazu die mit * versehenen Felder aus und klicken Sie auf „Kommentar eintragen“.

Sie können in Ihrem Kommentar fett und/oder kursiv schreiben: [b]Kommentar[/b] ergibt Kommentar, [i]Kommentar[/i] ergibt Kommentar. Mit der Eingabetaste („Enter“) erzwingen Sie einen Zeilenumbruch. Ein doppelter Bindestrich (- -) wird in einen Gedankenstrich (–), ein doppeltes Komma (,,) bzw. ein doppelter Akut (´´) werden in typographische Anführungszeichen („ bzw. “) umgewandelt, ferner werden >> bzw. << durch die entsprechenden französischen Anführungszeichen » bzw. « ersetzt.

Bitte beziehen Sie sich nach Möglichkeit auf die Ausgangsmeldung.
Für sonstige Diskussionen steht Ihnen unser Diskussionsforum zur Verfügung.
* Ihr Name:
E-Mail:
(Wenn Sie eine E-Mail-Adresse angeben, wird diese angezeigt, damit andere mit Ihnen Kontakt aufnehmen können.)
* Kommentar:
* Spamschutz:   Hier bitte die Zahl einhundertvierundfünfzig (in Ziffern) eintragen.
 


Zurück zur vorherigen Seite | zur Tagebuchübersicht


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM