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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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15.11.2006
 

Stillemunkes gegen Zehetmair
Zurechtweisung eines Ratsvorsitzenden

Bekanntlich hat der Vorsitzende des Rechtschreibrates die "Empfehlungs"-Praxis des Duden gerügt; die Zeitungen haben ausführlich darüber berichtet, und auch im Rat selbst war die Kritik am Duden heftiger, als das Protokoll erkennen läßt.

Nun teilt der hessische Ministerialrat Stillemunkes im Auftrag von Ministerin Wolff brieflich mit, daß gegen die Duden-Empfehlungen nichts einzuwenden sei. Im Gegenteil, die Einheitsorthographie werde gefördert, wenn die "Nutzerinnen und Nutzer" sich an diese Empfehlungen hielten. Eine weitere Ohrfeige für Zehetmair, der sich immer tiefer ducken muß, bis man ihn am Ende gar nicht mehr wahrnimmt.

Wenn die neuen Wörterbücher nicht den Intentionen des Rechtschreibrates entsprechen und auch aus anderen Gründen, wie nachgewiesen, nicht schultauglich sind, bricht die ganze Reform zusammen. Deshalb müssen sich die Reformdurchsetzer, ob sie wollen oder nicht, auch zu Verteidigern der Wörterbücher machen.



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Kommentare zu »Stillemunkes gegen Zehetmair«
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 17.11.2006 um 12.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=710#6733

Welches Wörterbuch gilt? Die Antwort fällt sehr widersprüchlich aus: Alle reformierten. Keines. – Wie das?

Alle reformierten: Wie an anderer Stelle diskutiert wurde („Ohne Kontrolle“), sind offiziell alle Wörterbücher zugelassen, die von sich selber behaupten, den reformierten Regeln zu folgen. (Daher kann ein Lehrer seinen Unterricht auch allein auf dem Wahrig aufbauen.)

Keines: Letztlich „gilt“ nur das amtliche Regelwerk, allein dieses wurde von den Kultusministern als Grundlage für den Schulunterricht beschlossen. Die Wörterbücher liefern gewissermaßen nur eine Auslegung. Dabei liegen sie mal mehr, mal weniger daneben, wie Herr Ickler ausführlich gezeigt hat („Die Vernunft kehrt nur in Trippelschritten zurück“ und „Noch nicht einmal der Duden hält sich an den Duden“). (Weitere Anmerkungen zu den Wörterbüchern von Herrn Markner [„Nicht empfehlenswert: der neue Duden“] und Herrn Glück [„Der große Vergleichstest“].) Außerdem kann man davon ausgehen, daß im Laufe der Zeit noch weitere Lücken und Probleme der Neuregelung und ihrer Umsetzung in den Wörterbüchern ans Licht kommen werden (siehe dazu etwa „abst-rakt“, „Zusammensetzungen mit gewesen, „Krieg führend oder nicht“, „Probleme mit der GZS“, „Guten Morgen“, „Neues Päckchen von Ausnahmen“ und „Alles wird leichter“).
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 17.11.2006 um 12.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=710#6732

Amtlich sind nur die sog. "Amtlichen Regeln" nebst Wörterverzeichnis, jedoch auch diese nur für die Schulen und nur nachdem die Länderministerien dies verordnet haben. Jeder andere, auch Behörden, ist daran in keiner Weise gebunden, wie das BundesVerfGericht 1998 festgestellt hat.
Wer genau hinschaut, hat bemerkt, daß Mannheim viele großspurige Aussagen getilgt hat, wie "Endlich amtlich" oder "verbindlich" u.a.m.
Es heißt nur noch "auf der Grundlage der neuen amtlichen Regeln."
Dieser Rückzug geschah ganz sicher aus Angst vor Abmahnungen wegen irreführender Werbung. Auch so ist die Werbung immer noch in unlauterer Weise suggestiv, weil Uneingeweihte eben gar nicht wissen, wie wenig hier das Wörtchen "amtlich" zu sagen hat: außerhalb der Schulen einfach nichts. Nägel mit Köpfen kann man zur Zeit immer noch NUR machen, indem man die Reform als Ganzes ignoriert. Nur so ist man auf der sicheren Seite (zusammen mit allen, die im 20. Jh. irgendwas geschrieben haben, und das sind ja nicht wenige). Folgen Sie jetzt den Duden-Empfehlungen, ist ihr "abschließender Nagel" nächstes Jahr schon wieder verrostet.
Ein Ignorieren des Duden kann somit noch nicht einmal als bürgerlicher Ungehorsam oder gar Zivilcourage durchgehen, denn es kostet weder Kopf noch Kragen. Wenn dennoch viele meinen, sich konform verhalten zu sollen, kann das nur einer tiefsitzenden Rotstiftfurcht entspringen, also einer Haltung der frühen Schuljahre, wo der Lehrer die unbedingte Autorität darstellt, die zu hinterfragen man nicht wagt. Sehr viele haben anscheinend diese Unterwerfungshaltung nie verarbeitet oder gar überwunden, aber sehr wohl verdrängt.
 
 

Kommentar von Kelkin, verfaßt am 17.11.2006 um 10.55 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=710#6731

Inwiefern ist der Duden eigentlich noch verbindlich? Kann ein Lehrer seinen Unterricht nicht auch auf dem Wahrig aufbauen?

Ich frage deshalb, weil unser Betrieb immer noch nicht auf Neuschreib umgestellt hat - zwar behaupten das leitende Angestellte recht heftig, doch die Texte stehen in einem Gemisch - solche älteren Datums traditionell, solche neueren Datums frei Schnauze. Interne Empfehlungen spiegeln den Reformstand von 1996...

Grund für dieses Laissez-aller ist, daß Korrekturmodule für industrielle Software Geld kosten. Durch Ihre Stillhaltetaktik hat die Firma also bares Geld gespart.

Nun aber soll der abschließende Nagel eingeschlagen werden. Daher nochmal die Frage: Wenn jemand unbedingt amtlichen Schreibregeln folgen will, ob Schüler oder technischer Autor - welches Wörterbuch gilt?
 
 

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