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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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11.12.2005
 

Unter Druck
Zur Gruppendynamik im Rat

Wie sich ohne formellen Beschluß und ohne Grundlage im Statut die Reformführerschaft des IDS wiederhergestellt hat, so ist auch unterderhand die Idee eines Zeitdrucks entstanden, unter dem die Arbeit des Rates angeblich stehe. Das Datum März 2006 wird ständig genannt, als müsse der Rat bis dahin mit etwas fertig werden.
Das ist völlig aus der Luft gegriffen, Sitzungstermine der KMK sind für den Rat ohne jede Bedeutung, aber sogar der Vorsitzende stellt sich nicht dagegen, sondern drängt im Gegenteil auf zügige Arbeit, die zugleich aber thematisch, eben mit Hinweis auf den Terminzwang, eingeschränkt werden soll. Dagegen ist überhaupt nichts mehr zu machen, denn der gesamte Rat will ja im Grund die Reform schnell über die Bühne bringen. Deshalb wird auch die Laut-Buchstaben-Entsprechung nicht mehr behandelt. Daß sie zu einem späteren Zeitpunkt, also nachdem der Rest der Reform "verbindlich" gemacht worden ist, noch einmal aufgegriffen wird, glaubt ja wohl niemand. Diesen Unsinn werden wir nie wieder los, ebenso wie den größten Teil der verkorksten GKS.



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Kommentare zu »Unter Druck«
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Kommentar von rrbth, verfaßt am 14.12.2005 um 20.34 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=318#1965

Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum

Dann _muß_ aber die Schweiz das ß einführen. Denn dieser Buchstabe ist jetzt lautunterscheidend. Vor der Reform war das nur eine graphische Schreibvariante.

Früher war das (bei mir) so:
Kein ß auf der Tastatur oder in der Schweiz, also wird es durch ss ersetzt. Auf das (mein) Lesen hat sich das nicht ausgewirkt. Jetzt schon.

Mit (zunehmend verwirrten) Grüssen

ps
Dazu paßt eines meiner Lieblingsneuworte (aus dem Jujutsu-Unterricht meiner Kinder):
Fussstoss
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 12.12.2005 um 13.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=318#1948

Die Kommission ist insofern ihrem Auftrag nachgekommen, als sie versucht hat, die Auslegungsdifferenzen zwischen Duden und Bertelsmann/Wahrig zu minimieren. Im übrigen aber hatte die Reform zur Zerstörung jener Einheitlichkeit geführt, mit deren Wahrung die Kommission vorgeblich betraut wurde.
 
 

Kommentar von borella, verfaßt am 12.12.2005 um 11.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=318#1947

In der Wiener Absichtserklärung steht unter anderem:

Aufgabe dieser Kommission wird es sein, auf die Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum hinzuwirken, ...

und außerdem:

[das neue Regelwerk] Es beseitige in erster Linie eine Vielzahl von Ausnahmen und Sonderregelungen.

Unter "Wahrung" verstehe ich eine evolutionäre und keinen revolutionäre Vorgangsweise!
Und - welche Ausnahmen und Sonderregelungen wurden eigentlich beseitigt?

Aus heutiger Sicht wurde der Ansatz der "Wiener Absichtserklärung" weit verfehlt, finde ich! Kennt im Rat eigentlich noch jemand diese Zielsetzung?
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 11.12.2005 um 14.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=318#1939

Lieber Herr Ickler,
man soll nie "nie" sagen!
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.12.2005 um 13.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=318#1938

Gruppendynamik bei Verhandlungen folgt allgemeingültigen Regeln, die Egozentrik der Beteiligten vorausgesetzt, die im Fall der Rechtschreibreform und fast aller Ratsmitglieder offensichtlich ist. Heraus kommt ein für die Gemeinschaft destruktives Ergebnis, den Profit haben einige wenige Lobbyisten. Es bringt nichts, die Lobbyisten mit Informationen zu versorgen, auf daß sie zugunsten der Gemeinschaft wirken, weil das von vornherein für sie ausgeschlossen ist. Aus dem aktuellen SPIEGEL:

Wer sich durch die alten Verhandlungsprotokolle quält, lernt drei Regeln. Erste Regel: Es gibt immer einen Kompromiss, und sei er noch so weich. Zweitens: Einmal zugestanden, immer zugestanden. Drittens: Je größer die Mehrheit, der man Kosten aufbürdet, je unübersichtlicher das Ganze, desto besser.

(Seite 85; hier geht es um die Reform des globalen Zuckermarktes.)

 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 11.12.2005 um 12.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=318#1937

Jene, die Bescheid wissen, sind unverbesserliche Erfüllungsgehilfen ihrer Arbeitgeber. Diese kann man nicht zum Guten bekehren. Wer mit dem Wissen um die Probleme der neuen Rechtschreibung in den Rat entsandt wurde und dort blockiert, der hat seine Seele schon lange verkauft.

Meine Hoffnung bezieht sich auf jene, die unwissend sind und in den Rat entsandt wurden mit dem Satz: "Sorge einfach nur für die Durchsetzung unserer Interessen!"

Es ist ja wie in der großen Politik... der Fraktionszwang entscheidet über den Ausgang von Abstimmungen und nicht die vom Grundgesetz geforderte Freiheit der Abgeordneten. Aber es gibt immer wieder Abgeordnete, die nach einer Einarbeitung in die Themen Rückgrat beweisen und sich gegen den "Zwang von oben" entscheiden.

So, wie der Bundestag eigentlich eine gute Idee war, die leider inzwischen korrumpiert wurde, so sollten im Rat ja auch Räte sitzen, die im Interesse des Kulturgutes Rechtschreibung handeln, und nicht im Interesse ihrer Arbeitgeber.
Ein Rat, der nur mit dem Ziel gegründet worden wäre, die Interessen von Verbänden und Konzernen zu wahren, der hätte kaum auf Verständnis und Rückhalt durch die Bevölkerung hoffen können. Schließlich soll ja das Ziel (der an der Rechtschreibung verdienenden) sein: "Friede, Freude, Eierkuchen... der Streit ist geschlichtet, alles ist geklärt und auch die letzten Zauderer dürfen nun endlich ihre alten, nicht mehr gültigen Bücher verbrennen und bei den Verlagen neue ordern!" – und dieses Ziel erreicht man nur, wenn an der Integrität des Rates kein großer Zweifel herrscht.

Mich wundert, warum die Bertelsmänner (bzw. die Stohmänner der Bertelsmänner) so verbissen an den Fehlern der NRS festhalten, statt Änderungen zuzulassen... denn... wieder neue Regeln = wieder neue Bücher = neue Gewinne.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.12.2005 um 11.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=318#1936

Das Problem liegt nicht in einem Mangel an Aufklärung. Einige Ratsmitglieder wissen Bescheid, einige interessieren sich nicht für die Einzelheiten. Das Problem ist vielmehr, daß der Rat überhaupt keine sachgerechte Lösung will, sondern von anderen Interessen geleitet ist. Sonst wäre man mit der Arbeit schnell fertig, und die Krämpfe um Einsetzung und Vergatterung der AG Groß- und Kleinschreibung hätte es erst recht nicht geben müssen. Ein Ratsmitglied, das auch schon in der Kommission saß, wiederholt unermüdlich, daß überhaupt kein Grund zu Änderungen bestehe. Man solle die Schüler doch erst einmal ein paar Jahre in Ruhe die neuen Regeln lernen lassen usw. So wäre es der großen Ratsmehrheit am allerliebsten. Da helfen auch Bücher wie das von Herrn Munske nichts.
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 11.12.2005 um 11.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=318#1935

Nach der Lektüre von Haider-Munskes letztem Buch und damit für mich vielen neuen Erkenntnissen...

...wie wäre es mit einem signierten Gratisexemplar für jeden im Rat und dem netten Hinweis: "Sie können es lesen... oder sie können es lassen und bleiben dumm und schuldig, ohne die Chance auf Vergebung durch die Opfer!"

So können diese sich zumindest hinterher nicht herausreden, denn scheinbar sind die meisten der "Täter" unwissend und befolgen nur die Befehle ihrer Vorgesetzten.

Hmm... hab' ich ein Déjà-vu? Das kommt mir jetzt aber irgendwie bekannt vor...

PS: Leider bin ich nicht religiös und habe daher nicht die Hoffnung, daß den vielen Judassen, die ihre Integrität für die lächerlichen Silberlinge ihrer Arbeitgeber verramscht haben, irgendwann Gerechtigkeit widerfahren wird.

 
 

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