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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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28.06.2007
 

Die bösen Professoren
Zehetmair hat erkannt, wer an der Verwirrung schuld ist

An Zehetmairs Pressekonferenz fiel mir besonders folgende Passage (*) auf:

»... wir waren uns schon einig als Rat und haben heute auch die Kultusministerkonferenz mit deren Vertretern gebeten, daß sie in den Schulen darauf einwirken, daß sie jetzt nach der Sicherheit in der Rechtschreibung, die wir hergestellt haben, auf die Rechtschreibung in der Schule und auch in der Beachtung durch die Hochschulen wieder mehr Wert gelegt wird. Es brüsten sich zu viele Hochschullehrer auch damit, daß sie sich nicht umstellen, sie bleiben bei dem, was sie hatten, und das führt natürlich dazu, daß da manche Beliebigkeiten einkehren.«

Das ist der drohende Unterton, den wir von seinem einstigen Adlatus Toni Schmid in Erinnerung haben. Nur daß er damals den tatsächlich weisungsgebundenen Lehrern galt, während Zehetmair nun offenbar die KMK, also seine einstigen Kollegen, bewegen will, uns Hochschullehrer an die Kandare zu nehmen. Damit ruft er zum Verfassungsbruch auf (vgl. Karlsruher Rechtschreiburteil).


(*) siehe S. 5 Mitte des Skripts der Pressekonferenz (PDF-Datei)



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Kommentare zu »Die bösen Professoren«
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Kommentar von R. M., verfaßt am 30.06.2007 um 00.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9254

Es hat fast den Anschein, als gehörte der Hochschulverband der F.A.Z. (so wie die Ärztezeitung).
 
 

Kommentar von Konrad Schultz, verfaßt am 29.06.2007 um 22.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9252

Der Newsletter des Hochschulverbandes schreibt seit 1/2007 reformiert. Siehe http://www.hochschulverband.de/newsletter/index.html.
 
 

Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 29.06.2007 um 16.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9251

Eine Nachricht wie die von Herrn Stiene stimmt mich richtig froh.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 29.06.2007 um 15.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9250

Seit wann schreibt eigentlich der Hochschulverband reformiert (siehe z.B. die Pressemitteilungen unter www.hochschulverband.de oder Artikel in www.forschung-und-lehre.de)?
 
 

Kommentar von Heinz Erich Stiene, verfaßt am 29.06.2007 um 13.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9247

In den vergangenen zwei Wochen habe ich Post von vier Professoren bzw. Privatdozenten aus drei verschiedenen Universitäten erhalten. Die vier Herren haben eines gemein: sie sind alle in den sechziger Jahren geboren und benutzen alle die klassische Orthographie. Einen Duden, in dem sie sich ängstlich „endlich Sicherheit“ verschaffen sollten, oder ein Rechtschreibprogramm, das sie bevormundet, haben sie nicht nötig. Auch die Einlassungen eines Z. können ihnen so gleichgültig sein wie eine Zigarettenkippe im Aschenbecher.
Ich selbst liege in den letzten Zügen mit einem Buch, das im Laufe des nächsten Jahres erscheinen dürfte. Natürlich in klassischer Orthographie: man unterscheidet sich.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 29.06.2007 um 10.14 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9239

Das Frappierende am Unternehmen Zerstörung der deutschen Schreibung (RSR) ist u.a., daß es den in einem – man weiß nicht wie – zusammengetrommelten Gremium mit Zweidrittelmehrheit oder so ähnlich zustandekommenden Beschlüssen folgt, die mit Sachlichem nicht das Geringste gemein haben.

Der entsprechend zu timende Wechsel zwischen Endgültigkeit (wie "Titanic") oder nächstem Rückschritt hält die Aktien und Dividenden der (in den Rat) involvierten Verlage oben. Da letztens Endgültigkeit angesagt war, konnte Brockhaus den Reibach machen. Damit das Haus weiterhin hoch notiert bleibt, muß der Rat nach genau zu berechnender Endgültigkeitszeit die nächste Stufe des Rückbaus der Bauruine einläuten. Dann kann Brockhaus die neueste der Endgültigkeiten wieder in großem Umfang an budgetfinanzierte Einrichtungen verklaufen. Das Ganze heißt dann Demokratie und Wissenschaft mit Staatssektor als marktwirtschaftsfreiem Raum im Hintergrund. So macht man das!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.06.2007 um 09.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9238

Es ist ja schon recht peinlich, wie trefflich sich eins zum anderen fügt. Nach der neunten Sitzung des Rechtschreibrates hatte Zehetmair angekündigt, nichts mehr ändern zu wollen, damit sich der Markt beruhige. Ein Jahr später gibt der große Wörterbuchverlag bekannt, genau diese Marktberuhigung habe zu einem Umsatzsprung geführt. Damit ist Zehetmair so zufrieden, daß er nicht nur seinen Vorsatz noch einmal bekräftigt, sondern auch die Probleme bei der Umsetzung der Reform überhaupt nicht mehr wahrnimmt, er sieht überall nur noch Zustimmung. Die Handlanger des Handlangers sitzen beim IDS: "federführend" (satzungswidrig! Aber wen kümmert das noch angesichts der Umsatzsteigerung ...)

Wenn geplant ist, den Rat 2010 auslaufen zu lassen (obwohl er unbefristet eingerichtet und nur seine erste Amtsperiode auf sechs Jahre begrenzt ist), kann Zehetmair gut und gerne auch noch solange durchhalten. Es gibt ja nichts mehr zu tun, bis auf die gemütvolle Rede zweimal im Jahr, vor schwindendem Publikum.

Daß sich an der "Beobachtung" des Schreibbrauchs außer den Verlagen auch die Feigenblatt-Akademie ("der Eisenberg", wie Zehetmair sagt) beteiligen soll, ist lustig. Die DASD konnte nicht einmal zwei kompetente Mitglieder aufbieten, um ihre zwei Sitze im Rat zu besetzen. Der ehrenwerte Kollege Pörksen saß - wenn überhaupt - nur pro forma dabei. Unter Reichert, der völlig desinteressiert ist, kam es zu jener denkwürdigen Abkanzelung einiger Mitglieder und ihrer "Nacht-und-Nebel"- bzw. Dolchstoß-Aktion. Was soll man da schon erwarten?
 
 

Kommentar von rjb, verfaßt am 29.06.2007 um 00.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9237

Hat Herr Zehetmair eigentlich bedacht, daß zumindest in den Natur- und Ingenieurwissenschaften die "bösen Professoren", wenn man sie mit Rechtschreibunsinn belästigt, auch einfach dahingehend umstellen könnten, daß ihr gesamter Betrieb weitestgehend auf Englisch abläuft? Das ist ohnehin bestens mit anderen Tendenzen, etwa im "Bologna-Prozeß", vereinbar.
 
 

Kommentar von jms, verfaßt am 28.06.2007 um 12.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9234

Anscheinend läuft die Rechtschreibreform doch nicht so rund wie propagiert, wenn sich Herr Zehetmair bemüßigt fühlt, die Hochschulen solcherart ins Visier zu nehmen. Es muß in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, daß die sogenannte amtliche Rechtschreibung außerhalb von Schulen und Verwaltungen völlig unverbindlich ist. Daß die Kultusminister ein sprachwissenschaftlich unhaltbares Konstrukt in einem äußerst dubiosen Verfahren durchgedrückt haben und nun durch Lügen, Verschweigen und Unterdrücken verfestigen wollen, zeugt von einer politischen Mentalität, die an Diktaturen erinnert. Menschen, die über sprachliche Sensibilität verfügen, ignorieren den Reformunsinn weiterhin, und das nicht nur an Hochschulen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.06.2007 um 11.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9230

Herr Zehetair wünscht sich anscheinend, daß die Studenten in den Vorlesungen bei alter Rechtschreibung "Buh!" rufen und daß die Assistenten die herausgegebenen Vorlesungsskripten entsprechend "berichtigen". Qualifiziert einen Hochschullehrer Wissensvermittlungsfähigkeit und wissenschaftliche Leistung oder staatskonforme Rechtschreibung?
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 28.06.2007 um 11.05 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=862#9228

Mir fiel besonders die Sprache von Herrn Prof. Zehetmair auf, die wohl die mittlerweile installierte und homologisierte Normsprache der Lehrer an Schulen und Hochschulen ist. Natürlich hat dies nichts mit Orthographie zu tun, mit Sprachkultur indes vielleicht doch:

"Wenn wir keine Fragen mehr gestellt bekommen, ..."

"... den jungen Leuten beibringen ..."

Ein Kommentar erübrigt sich.
 
 

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