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15.02.2007
Wortbildung
Zur Neuauflage eines nützlichen Lehrbuchs
Der folgende Text ersetzt die knappen Bemerkungen, die ich im Februar 2007 hier eingestellt hatte. Leider fehlt noch die Kursivierung; Interessierte werden sich auch so zurechtfinden.
("Nützlich" ist das Buch trotz seiner Fehler, weil es trefflich auf das bayerische Staatsexamen vorbereitet und ja auch manche Fehler nicht macht, die anderen unterlaufen.)
Altmann, Hans/Kemmerling, Silke (2000): Wortbildung fürs Examen. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag (2. Aufl. 2005 Vandenhoeck und Ruprecht)
(Die folgenden Bemerkungen beziehen sich teils auf die erste, teils auf die zweite Auflage.)
In der 2. Auflage ist jedes selbständig durch selbstständig ersetzt.
In ihrem eigenen Sprachgebrauch befolgen die Verfasser nur einen Teil der Neuschreibung; stehengeblieben sind zufriedenstellen, im einzelnen, verlorengehen, sogenannt, Schokonüßchen, letzteres u.a., was 2000 teilweise als falsch galt.
Die „Adverbien“ abend, mittag, vormittag, nachmittag, nacht werden als Beispiele für lexikalische Konversion aus Substantiven angeführt (168). Die Verfasser scheinen nicht bemerkt zu haben, daß es diese Adverbien nach dem Willen der Kultusminister nicht mehr gibt und daß nach ihnen deshalb auch in Staatsexamina nicht mehr gefragt werden darf.
leuchtend rot schreiben die Verfasser im Sinne der Reform getrennt, bezeichnen es aber weiter als „Zusammenrückung“ (132).
Kann man bei Rad fahren noch von einer „Zusammenrückung“ sprechen? frischgebacken, fertigbringen, unterderhand usw. werden analysiert, obwohl sie nicht mehr existieren. zuende, eine handvoll sind ebenfalls nicht normgerecht. (Rad fahren auch in der zweiten Auflage noch als Objektinkorporation S. 30, S. 92, zusammen mit Maschine schreiben, Dank sagen, Halt machen, Schlitten fahren; Staub saugen. Hinter standhalten steht die Bemerkung „neue Orthographie!“ Wahrscheinlich bezieht sich der Hinweis auf die anderen Beispiele, die aber auch nicht dem neuesten Stand der Reform entsprechen – abgesehen davon, daß die Wortbildungslehre sich nicht von KMK-Erlassen zur Schulorthographie abhängig machen kann.) Was soll an er saugte Staub bedenklich sein? (95)
Viele Verbzusatzkonstruktionen, die Altmann nur wegen der Zusammenschreibung zur Wortbildung rechnet, sind jetzt im Sinne der Rechtschreibreform (wie er sie versteht) getrennt geschrieben und werden trotzdem noch so behandelt, als sei nichts geschehen: wieder herstellen, aufeinander liegen usw. als „Doppelpartikelverben“ (89 u.ö.). Das muß Studenten arg verwirren. (aufeinander ist als Doppelpartikel auch nicht zutreffend beschrieben.)
Ebenso Auto fahren: „Man sollte sich dabei nicht von der Orthographie, insbesondere von der reformierten, irritieren lassen: Die Orthographie folgt erst in relativ großem Abstand den morphologischen Entwicklungen.“ (S. 63) Die Verfasser folgen der Reform in allzu geringer Distanz.
Dann müßten aber auch Stellung nehmen und viele andere behandelt werden! Die Verfasser begründen ihre Auffassung damit, daß es Substantivierungen wie Schlittenfahrt, Radfahrer usw. gebe, weshalb auch die verbalen Fügungen trotz überwiegender Getrenntschreibung zu den Wortbildungen gehörten (S. 92). Aber es gibt auch das Klavierspiel und die Stellungnahme und unzählige ähnliche Komposita, die gar nichts für die verbalen Gefüge beweisen.
Not leidend soll ein „adjektivisches Determinativkompositum“ sein; die Getrenntschreibung dementiert es. Wie konnte es geschehen, daß solche offenkundigen Widersprüche stehenblieben?
Die Getrenntschreibungen voll labern usw. (S. 86) entsprechen nicht mehr der revidierten Reform. platzieren wird zwar von den Autoren ständig gebraucht, aber unter den Verben mit nichtnativem Suffix nicht besprochen.
An mehreren Stellen wird erwähnt, daß in Zusammensetzungen wie bruchfest Umlaut oder Ablaut (sowie grammatischer Wechsel) auftreten kann. Der ubiquitäre Ablaut hat in diesem Fall aber gar nichts mit der Zusammensetzung zu tun, er kann alle möglichen Bestandteile betreffen.
S. 115: Diminutiva mit angeblich fehlsegmentiertem Suffix -elchen/-erchen:
Hämmerchen (das aber regulär von Hammer abgeleitet ist und nicht von Hamm)
Kinderchen (das ebenfalls falsch analysiert ist, da es sich tatsächlich um einen Plural handelt!)
S. 118: Devotion, Diskretion, Perversion, Präzision sollen von Adjektiven abgeleitet sein. Das ist aber nicht möglich, und außerdem existieren alle diese Verbalabstrakta schon außerhalb des Deutschen.
Überhaupt werden historische und längst lexikalisierte Formen ständig mit heutigen Augenblicksbildungen vermischt, trotz der Einschärfung, man habe sich „streng auf synchrone Argumente zu beschränken, also jede Vermischung synchroner und diachroner Argumente zu vermeiden“ (164). Genau diese Vermischung findet man praktisch auf jeder Seite. Eine synchrone Analyse schon vorgegebener, also früher entstandener Wörter könnte allenfalls angeben, wie der heutige Sprachteilhaber sie versteht, d. h. welche Beziehungen er zu anderen Wörtern herstellt, auf die hin sie durchsichtig sind. Eine „Herleitung“ aus anderen Wörtern ist synchron nicht möglich, die übliche Darstellung in Formeln mit Pfeilen für die Ableitungsrichtung ist irreführend. Historische Bildungen werden so zerlegt, als handele es sich um gegenwärtige Bestandteile, daher auch geradezu falsch, wie bei Augst, aber ohne dessen ausdrückliches Programm einer volksetymologischen Deutung: Dünung ist nicht, wie die Verfasser suggerieren, aus einem Substantiv (Düne) abgeleitet (die beiden Wörter haben etymologisch nichts miteinander zu tun), Gattung nicht aus Gatte, sondern vom Verb gatten abgeleitet, Festung nicht vom Adjektiv fest, sondern vom Verb, ebenso Niederung usw. (alle S. 112). getrost ist nicht vom Substantiv Trost abgeleitet, sondern ein Partizip von trösten, geraum kommt vom Adjektiv raum und nicht vom Substantiv Raum (S. 138). In offenbar steckt zwar das Adjektiv offen, aber diese vereinzelte Bildeweise ist rein historisch (S. 139). Niemand kann heute solche Wörter bilden und konnte es in den genannten Fällen auch früher nicht. Wer denkt übrigens bei Gattung an Gatte, außer wenn er in Augstscher Weise dazu genötig wird, über mögliche Zusammenhänge nachzudenken?
S. 126: Findling, Umsiedler als „nomina patientis“ (nicht einleuchtend)
*er notlandete usw. - solche Rückbildungen werden angeblich nicht finit gebraucht (44). Derselbe Fehler S. 73: Es geht ja an dieser Stelle nicht darum, daß ich belichte das Bild unter nicht möglich ist, sondern ob unterbelichten finit gebraucht werden kann; das ist durchaus möglich: ich unterbelichte das Bild. Warum sollte weil er Maschine schrieb (173) nicht möglich sein?
Die Verfasser bemühen sich stets, auch den Basen eine Wortart zuzuweisen, obwohl Altmann die Bedenken dagegen kennt. Zu Kugel/kugeln sagen sie, die Basen seien zugleich Substantiv und Verb. Im Erstglied von Wissenschaft sehen die Verfasser zunächst das Verb wissen (113), bei den Lösungsvorschlägen (171) dann richtiger dessen Substantivierung, denn Verbstämme verbinden sich nicht mit -schaft. Mit kategorialer Ambivalenz wird ausdrücklich gerechnet.
Die semantischen Analysen der Wortgebilde werden wohl im Examen verlangt und sind daher breit ausgeführt, aber im Grunde ziemlich müßig und oft willkürlich. So gibt es eine Gruppe substantivischer Determinativkomposita, die „affizierend“ genannt wird: „Eine Größe wird nach dem affizierten Objekt der Actio benannt: tun-Prädikation“. Dazu gehört die Brotmaschine: 'Maschine, mit der Brot geschnitten wird'. Hier wäre zunächst zu fragen, woher das „schneiden“ kommt. Man müßte das Kompositum erst als Verkürzung von Brotschneidemaschine analysieren, denn das Brot wird ja nicht maschint, sondern eben geschnitten. Noch unplausibler ist die Einreihung von Bierabend und Wäscheplatz in diese Gruppe. Was ist die Actio in diesen Fällen?
Moralkorsett soll wie Zitronenfalter und Puderzucker „komparational“ sein: „Zwei Größen sind durch eine die Ähnlichkeit signalisierende Relation verbunden: sein-Prädikation mit wie“. Der Zucker ist wie Puder, aber das Korsett ist nicht wie die Moral, sondern umgekehrt. Es handelt sich um die explikative Allerweltsverbindung ('Korsett der Moral'). (Welche Relation ist es denn, die „die Ähnlichkeit signalisiert“?)
Rund fünfzig solcher „semantischen Typen“ von Determinationskomposita werden aufgelistet, mit meist nicht nachvollziehbaren Kennzeichnungen. So sollen Tiefstpreis, Glatteis, Mürbteig, Fertighaus und Großagrarier fünf verschiedenen Typen angehören („nur-modifikativ“, „explikativ“, „indirekt effizierend“, „indirekt substanziell“, „indirekt possessiv“). Von selbst würde wohl niemand auch nur annähernd darauf kommen, so willkürlich erscheint es. Was ist gewonnen, wenn man Erzählstil als „Stil, in dem erzählt wird“ paraphrasiert und das Ganze „modal“ nennt? Lachreiz sei „effizierend“ („Reiz, der Lachen auslöst“), aber wieso gehört Strickmütze in dieselbe Gruppe? Die Mütze löst doch kein Stricken aus, sondern das Stricken bringt die Mütze hervor. Wartezeit soll „temporal“ sein; das ist aber schon die Bedeutung des Grundwortes.
Aus der ersten Auflage ist stehengeblieben: Stellungnahme – 'etwas, wozu Stellung genommen wird' (S. 99).
An mehreren Stellen behaupten die Verfasser, das Partizip I werde nicht verbal verwendet (S. 37, S. 151). Das trifft nicht zu, denn in Satzabschnitten wie die Hände vor der Brust verschränkend ... wird es verbal verwendet. „Die Partizip-II-Form tritt dagegen als verbale Form auf, weshalb wir den 'Wortbildungstyp' grammatische Transposition ansetzen.“ Das kann nur heißen, daß die Form zur Bildung periphrastischer Verbformen genutzt wird. Aber warum sollte dies ein Kriterium sein?
Willkürlich ist auch die Ausschließung des Infinitivs aus der Wortbildung mit der Begründung, die Infinitivendung werde durch andere Konjugationsendungen ersetzt und sei daher selbst eine. Die Konjugationsendungen treten eben an den Verbalstamm, aber der vollständige Infinitiv wird u. U. mit Deklinationsendungen versehen, worauf die Autoren selbst hinweisen. (65) Bei der semantischen Beschreibung der Infinitive (67) werden die „Konversionsfälle mit dem Infinitivflexiv -(e)n“ inkonsequenterweise wieder miteingeschlossen.
S. 46 o. wird „Univerbierung“ ganz anders verwendet als zuvor.
Die Motiviertheit wird in drei Grade eingeteilt:
vollmotiviert
teilmotoviert
idiomatisch
Die Idiomatisierung hat wiederum Grade.
leicht idiomatisiert
stark idiomatisiert
Leider versäumen es die Autoren, konsequent die Perspektive des Hörers oder Lesers einzunehmen, der sich mit schon fertig vorliegenden Wörtern konfrontiert sieht und ihre Durchsichtigkeit zum Verständnis nutzt.
Begriffskonsolidierung und Bedeutungsspezifizierung sorgen dafür, daß Wortbildung und syntaktische Fügung nicht dasselbe ausdrücken. Die Verfasser kritisieren mit Recht die Paraphrasenmethode („Paraphrasenakrobatik“): Sätze und Wörter sind kommunikativ-funktional nicht identisch. Trotzdem machen sie später ausgedehnten Gebrauch davon, wohl als Konzession an die Examenspraxis in Bayern. (Das Kultusministerium bemängelt hernach die geringen Grammatikkenntnisse der Gymnasiasten! Wo soll es denn herkommen, wenn die sprachwissenschaftliche Ausbildung auf diesem Niveau amtlich fixiert bleibt?)
anständig wird als „possessiv“ eingeordnet (184), was unbegreiflich wäre, gäben die Verfasser nicht die Paraphrase Anstand besitzend – eine rein etymologische Umschreibung, die keineswegs die Bedeutung des Adjektivs erfaßt, das ja eine bestimmte Verhaltensweise charakterisiert und nicht einen Besitz: „den Sitten, den geltenden Moralbegriffen entsprechend“ (DUW). nachtblind soll „temporal“ sein, wegen der Paraphrase in der Nacht blind. Plausibler wäre konditionale Deutung: „wenn es dämmerig ist“ ...
Vollmotiviert sei: Leserin, Verzweiflungstat. Das zweite Beispiel ist nicht so überzeugend. Es ist natürlich schwer, gegenüber einer längst geläufigen Bedeutung eine andere zu ersinnen, z. B. eine Tat, die zur Verzweiflung führt, wie etwa Schandtat, Straftat. Vgl. noch Bluttat, Gewalttat, Schandtat, Straftat, Freveltat, Greueltat, Großtat, Heldentat – die ganz unterschiedliche Paraphrasen verlangen.
-tat als nomen facti (?) mit Ablaut usw. ist rein historisch. (48) Auch die Ablautbildungen (40) wie Wurf sowie Bildungen mit Rückumlaut und grammatischem Wechsel sind historische Erscheinungen, die nichts mit gegenwärtiger Wortbildung zu tun haben und höchstens noch zur Beschreibung des gegenwärtigen Verständnisses herangezogen werden dürfen.
Grundstock soll völlig idiomatisiert und nicht mehr aus den Teilen analysierbar sein. Vgl. aber reihenbildendes -stock: Wurzelstock, Bienenstock, Druckstock, Bergstock, Opferstock, Salzstock, Schraubstock, Türstock, Stockwerk.
Freilandeier elliptisch gegenüber Freilandhühnereier? (52) Das ist nicht nötig.
Richtig ist die Ablehnung der „Präfixoide“ wie Haupt- usw. Noch nie seien Präfixe aus betonten Erstgliedern entstanden. Daher eher Determinativkomposita mit Neigung zur semantischen Nischenbildung. (Ausführlich 103)
Ebenso werden Suffixoide wie -zeug, -hof abgelehnt, auch dies mit Recht. (Ausführlich 102)
Bei den substantivischen Zusammenrückungen (Hoheslied, Gernegroß, Garaus, Haushalt, Menschärgeredichnicht usw.) bringt die schematische Untergliederung nach der „kategorialen Füllung“ (die Altmann aus der Syntax auf die Wortbildung überträgt, wenn auch nicht ohne Bedenken wegen der nicht immer eindeutigen Zuordnung von Wortarten zu Stämmen) eine solche Fülle von Möglichkeiten zutage, daß man eigentlich von Beliebigkeit sprechen muß. Die aufgezählten Fälle erschöpfen das Gebiet ja keineswegs. Außerdem ist zu kritisieren, daß Lebewohl oder Dankeschön zitierte Sätze sind und nicht sinnvoll nach den Wortarten der darin enthaltenen Wörter (V + Adj./Adv.) klassifiziert werden können. Das Lebewohl ist für die Wortbildung nicht interessanter als ein einfaches Adieu. Zeitvertreib wird bei Paul als imperativisch analysiert, wäre also nicht mit Haushalt vergleichbar.
Zusammenbildung: Warum sollte Altsprachler ein Nomen agentis sein? (99) Durstlöscher wird instrumental gedeutet „etwas, mit dem man Durst löscht“; aber wenig später heißt es zu Minenräumboot: „Boot, das Minen räumt“, obwohl hier dieselbe Instrumentfunktion vorliegt.
Wut ist nicht („mit Rückumlaut“) von wüten abgeleitet, Hohn nicht von höhnen, sondern jeweils umgekehrt; Kuß ist Rückbildung zu küssen (128). Von Dienst gelangt man nicht zu dienen (127), die Ableitung läuft umgekehrt, aber rein historisch. altbacken ist keine Zusammenbildung (132), sondern ein Determinativkompositum mit dem präfixlosen Partizip II als Zweitglied, wie frischbacken und hausbacken.
„Zusammenrückung“: fahrtauglich, gemeinverständlich, menschenmöglich – wieso?
Das Adjektiv obig soll aus dem Adverb oben abgeleitet sein, unter „Tilgung von -en“ (143). In Wirklichkeit ist es durch Erweiterung von ob entstanden. jetzig ist entstanden, als jetzt noch kein abschließendes t hatte, von einer „Tilgung von t“ kann also keine Rede sein. Als historisch korrekte Herleitungen sind die Formeln also falsch, als Regeln des gegenwärtigen Deutschen sind sie aber auch nicht brauchbar, denn es ist dem heutigen Sprecher nicht möglich, jetzig aus jetzt herzuleiten. bewußtlos (144) ist nicht mit dem Adjektiv bewußt zusammengesetzt, sondern mit dem ausgestorbenen Substantiv Bewußt. Andernfalls ergäbe sich eine unzutreffende Regel, nach der man Adjektive mit -los verbinden könnte. Bei selbstlos ist wohl ebenfalls eine Substantivierung oder ein Genitiv als Erstglied anzusetzen und kein Adverb, wie die Verfasser meinen.
offenbar ist nach heutiger Wortbildung nicht ableitbar (139). unendlich wird wohl entgegen den Verfassern normalerweise nicht auf der ersten Silbe betont, sondern auf der zweiten (137).
komfortabel, veritabel, figural, ornamental, charmant, aggressiv, intuitiv u. a. werden als „ornativ“ bezeichnet; das ist nicht nachzuvollziehen und wird auch nicht erläutert, ebensowenig dankbar als „effizierend“ (neben ekelhaft, langweilig).
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konstrastiv (S. 116)
Agressor
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.04.2023 um 05.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#50833
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hintergehbar wird meistens mit Negation verwendet und ist den Philosophen lieb und teuer. Es ist aber nicht von hintergehen abgeleitet, sondern von hinter etwas zurückgehen. Das ist leider nicht transitiv, daher die zusammengerückte Ersatzbildung.
So werden wir geholfen, wir helfbaren Menschen!
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.06.2022 um 20.52 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#49341
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Die Tagesschau meldete heute um 20 Uhr:
Er [der NASA-Satellit "Capstone"] ist kaum größer als eine Mikrowelle [...]".
Ich war einen Moment lang irritiert ob der Größe einer Mikrowelle, bis bei mir der Groschen fiel, nämlich daß damit das Küchengerät gemeint war.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.08.2021 um 07.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#46820
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Wie zu lesen ist, braucht der Wahlkampf mehr Wumms. Steht zwar nicht im Duden, wird aber trotzdem auf Anhieb von jedem verstanden.
Solche Infantilismen treten zuerst in bestimmten Medien auf, aber auch Politiker haben keine Bedenken, sich durch ihren Gebrauch als volksnah und jugendfrisch darzustellen.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.09.2019 um 18.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#42063
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Die Beliebtheit von hypokoristischen Formen variiert zwischen den Sprachen in der Tat sehr stark. Anna Wierzbicka hat sich eingehend damit beschäftigt. Sie stellt die betonte Sachlichkeit der Briten dem Ideal der Herzlichkeit bei den Slawen gegenüber, die ja auffällig viele Diminutive verwenden.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.09.2019 um 16.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#42062
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Verkleinerungsform (Diminutiv), Koseform (Hypokoristikum), Verniedlichungsform, Kurzform – sie alle haben wohl etwas Gemeinsames und vielleicht auch einen fließenden Übergang, nicht immer eindeutig zu trennen.
Gerade in dieser grammatischen Kategorie gibt es große Unterschiede zwischen den Sprachen. Schon das Englische hat nichts den Suffixen -chen und -lein Entsprechendes. Ein Brötchen muß man als kleines Brot umschreiben, sie haben zwar dort auch spezielle Wörter dafür, aber ist das wirklich das gleiche? Besonderen Spaß macht es mir immer, wenn ich ausländischen Kollegen die Bedeutung von Stiefmütterchen als little stepmother erkläre.
In meiner Heimatmundart (Erzgebirgisch) gibt es kein -i für Kosenamen. Man sagt nicht der Rudi oder die Moni für Rudolf oder Monika, sondern dr Rud oder de Mon. Meine Cousinen Gabriele und Gisela heißen dort de Gab un de Gis. Das kann man im Erzgebirgischen wohl kaum als Koseform, sondern eigentlich nur als Kurzform bezeichnen.
Ich frage mich oft, ob sich solche fehlenden sprachlichen Elemente nicht irgendwie in der Menthalität der Menschen widerspiegeln. Ist dieses Bergvolk der Erzgebirger vielleicht ein wenig herzloser, rauher als andere? Im Mittelalter sollen dort die Wälder ja auch noch dichter und die Winter härter gewesen sein.
Z. B. war es in meiner mittleren Teenagerzeit ein Problem für mich, wie ich denn auf erzgebirgisch meiner Freundin ein Liebesgeständnis machen könnte. Es ging natürlich nur erzgebirgisch, alles andere wäre völlig unpassend gewesen, ganz indiskutabel. Aber einen Satz wie "Evi, ich liebe dich" kann man auf erzgebirgisch einfach nicht sagen, und eine Umschreibung wie "Ev, iech hob diech fei esuu garn" klang mir wiederum irgendwie zu blöd und sowieso zu schwach. Der Umzug unserer Familie nach Dresden erlöste mich von diesen Grübeleien.
Daher glaube ich fast, eine Sprache mit ihren Eigenarten kann doch die Denkweise und letztlich sogar die Gebräuche und den Charakter einer Sprachgemeinschaft beeinflussen. Oder auch umgekehrt.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.10.2018 um 05.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#39818
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Auf dem Weg in die USA
US-Pastor stoppt in Deutschland zwischen (n-tv-de 13.10.18)
Die Rückbildung aus Zwischenstopp wäre damit abgeschlossen.
(Gleich unter der Meldung sieht man, wie die Leser der WELT auch diesen Fall zur Polemik gegen Merkel nutzen: Trump habe Erdogan gezeigt, wie man mit Tyrannen umgehen muß usw.)
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.07.2018 um 04.48 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#39038
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Traumhochzeit und andere Wörter mit diesem Präfixoid scheinen mir der kommerziellen Kitschproduktion zu entstammen; ich würde sie nie benutzen und wäre ziemlich skeptisch, wenn jemand mir von seiner eigenen Traumhochzeit berichtete, sein eigenes Leben also im Licht der Regenbogenpresse betrachtete.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.06.2017 um 11.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35447
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Gute Beobachtung! Die einzige andere Ausnahme ist tunlich, sonst scheinen sie alle das "unorganische" t zu enthalten, als Übergangslaut.
Früher wurden sie vom Infinitiv oder Partizip gebildet, also von Verbalnomina, später dann mehr direkt vom Verbstamm: vergeßlich usw.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 22.06.2017 um 22.35 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35440
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Es mag sein, daß ansehnlich vom Substantiv das Ansehen und nicht vom Verb ansehen abgeleitet ist. (Ich frage mich allerdings, wie man das feststellen kann.)
Aber wie auch immer, was zeigt das? Beide Wörter, Verb und Substantiv, haben den Stamm seh und die Endung en. Warum leitet man vom Substantiv mit Endung, vom Verb ohne Endung ab?
Es scheint das einzige deutsche Wort dieser Art zu sein, bei dem die Endung -(e)n ohne zusätzliches t erhalten bleibt (versehentlich, ...).
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.06.2017 um 17.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35438
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Verben der Bewegung können in ihrem Gültigkeitsbereich transitiv sein, d.h. ein Akkusativobjekt haben: einen Weg wandern, radeln, fahren u.a.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.06.2017 um 03.45 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35431
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Ansehenlich (> ansehnlich) ist, was ein Ansehen hat.
-bar wurde ursprünglich ebenfalls nur an Substantivstämme gehängt, daher noch fruchtbar, sichtbar usw., heute nur noch an Stämme transitiver Verben. Ausnahmen sind verzichtbar, (scherzhaft) wanderbar...
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.06.2017 um 00.12 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35430
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Ich habe den Eindruck, daß das Suffix "-bar" meist mit dem Infinitiv von Verben verwendet wird, indem die Endung "-en" abgeschitten wird, und daß das Suffix "-lich" meist mit Substantiven verwendet wird.
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Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 21.06.2017 um 19.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35429
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Ich würde eine Kontamination mit sehnlich durchaus nicht ausschließen. Oder doch einfach euphonisch? Man sagt verstehbar, aber verständlich; verstehlich ist zumindest ungebräuchlich.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 21.06.2017 um 16.17 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35426
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Ich finde das n in ansehnlich bemerkenswert, denn es gehört nicht zum Stamm wie z. B. bei erstaunlich.
Zur leichteren Aussprache ist es auch nicht erforderlich. Man sagt beispielsweise auch nicht verdaunlich oder unausstehnlich.
Eigentlich ist es sogar irreführend, denn man könnte es mit sehnen statt sehen in Verbindung bringen. Seltsam, daß es nicht ansehlich heißt, oder?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.06.2017 um 05.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35272
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Mehrere Hühner tun sich zusammen, um ein Hühnerei zu legen. Dieses Ei hat die Schale mehrerer Eier, die Eierschale: Die Eierschale eines Hühnereis besteht zu 90 % aus Kalk. (Wikipedia)
Es gibt übrigens auch die Eischale ("fachsprachlich" laut Duden).
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2017 um 07.02 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35068
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Inzwischen habe ich meine Bemerkungen zu Scholtens Buch bei Amazon eingestellt. Wegen der drei Sterne war ich etwas unsicher.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.05.2017 um 09.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#35012
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Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#23783
Auch Eisenberg bezeichnet Ächzer, Huster, Seufzer, Schluczer, Hopser usw. als Nomina acti („Ergebnis von Tätigkeiten“).
Bei Daniel Scholten ("Denksport Deutsch") dagegen sind solche Wörter geradezu Nomina agentis:
„Der Situp ist maskulin, weil ihn unser Sprachzentrum nicht als Aufsetzen begreift, sondern als Aufsetzer.“ Usw. (Dieses Buch werde ich noch kommentieren.)
In Wirklichkeit bezeichnen sie, wie gesagt, eine einmalige unbeträchtliche Handlung, sind also weder Nomina agentis noch Nomina acti, sondern Nomina actionis.
Als kleines Mädchen teilte sich meine Frau manchmal eine Süßigkeit mit den Spielkameradinnen, und wenn eine ein Eis hatte, hieß es: let me have a lick!. Also Laß mich mal lecken. Man würde aber nicht sagen Laß mich mal morden, denn das ist nichts Unbeträchtliches.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 30.11.2016 um 09.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#33974
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Man beachte auch die Unterschlagung des Fugen-s in (3) und (4)!
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.11.2016 um 08.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#33973
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Ausdrücklich zum Programm erhoben wird die Paraphrasenmethode bei Norbert Richard Wolf: „Deverbale Substantive: Bestand und textuelle Funktion. Am Beispiel der -ung-Abstrakta“ (http://www.spr.germanistik.uni-wuerzburg.de/finde-korpus)
„Unter einem '(Wortbildungs-)Bauplan' verstehe ich die ausdrucksseitige Struktur einer Wortbildung bzw. einer 'Wortbildungskonstruktion', also die Morphemstruktur einer Wortbildung, das 'morphologisch-syntaktisch bestimmte Strukturschema'. Im Gegensatz dazu bezeichne ich mit dem Begriff 'Inhaltsmuster' die Inhaltsseite einer Wortbildung, wie sie am besten mit einer Wortbildungsparaphrase beschrieben werden kann; eine solche Wortbildungsparaphrase soll die jeweils unmittelbaren Konstituenten einer Wortbildungskonstruktion so wörtlich wie möglich enthalten und das inhaltliche Verhältnis, die semantische Relation zwischen den beiden unmittelbaren Konstituenten am besten satzförmig beschreiben. Wenn wir eine Technik zur Ermittlung von 'Wortbildungsbedeutungen' so streng formulieren, dann wird auch deutlich, dass die Paraphrase als Inhaltsanalyse bereits die Formanalyse enthält: Wenn wir ein geradezu berühmtes deutsches Dekompositum nehmen wie Donaudampfschifffahrtsgesellschaft, dann gibt es - rein formal, ausdrucksseitig gesehen - mehrere Segmentierungsmöglichkeiten:
(1) Donau - Dampfschifffahrtsgesellschaft,
(2) Donaudampf - Schifffahrtsgesellschaft,
(3) Donaudampfschiff - Fahrtgesellschaft und schließlich
(4) Donaudampfschifffahrt - Gesellschaft.
Welche Segmentierung die adäquate und somit die richtige ist, erfahren wir erst durch die möglichen Paraphrasen:
(1) Dampfschifffahrtsgesellschaft, die auf der Donau agiert,
(2) Schifffahrtsgesellschaft, die mit Donaudampf arbeitet,
(3) Fahrtgesellschaft, die Donaudampfschiffe betreibt,
(4) Gesellschaft, die die Donaudampfschifffahrt organisiert.“
Es ist offensichtlich umgekehrt: Um eine treffende Paraphrase formulieren zu können, muß man die Bedeutung schon verstanden haben.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.10.2016 um 13.13 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#33535
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Üblicherweise sieht man in begeistern eine "pluralische Ableitung" (Wilmanns § 107, wie bebändern, begütern, bevölkern, ebenso Dudengrammatik 2016).
Das ist nicht einleuchtend. Das Wort ist ja aus älterem begeisten entwickelt (bekanntester Beleg natürlich die Marienbader Elegie), und warum sollten die Sprecher, wenn es dieses Verb schon gab, plötzlich zum Plural des Vordergliedes übergegangen sein, als wäre ihnen eingefallen, daß es um die Vergabe von mehreren Geistern ging? Wahrscheinlicher ist doch, daß einfach das schon vorhandene Muster der Verben auf -ern sich ausgedehnt hat.
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Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 31.05.2016 um 18.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#32724
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https://virchblog.wordpress.com/2013/06/16/professorinnen-und-tortenheberinnen/
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 31.05.2016 um 15.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#32722
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Das eröffnet neue Möglichkeiten: Der Zahnstocherer / die Zahnstocherin benutzt einen Zahnstocher. Schwierig wird es bei: Der Betonmischerer / die Betonmischerin bedient einen Betonmischer. Weibliche Gerätebediener sind klar im Vorteil.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.05.2016 um 07.24 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#32720
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Zahnstocher leiten manche von stochern ab, aber dann müßte es Stocherer heißen.
Der Grubber grubbt, man kann damit aber auch wieder grubbern.
hebern steht nicht im Wörterbuch, aber man hört es gelegentlich, wo mit dem Heber gearbeitet wird.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.02.2016 um 11.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#31721
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Ecksofa mit Liegefunktion
und tausend ähnliche Gebilde. Eigentlich ist ja Liegefunktion ziemlich albern, aber dieses zum Suffixoid gewordene Zweitglied ist sehr praktisch, es verkürzt die Rede ungemein (erspart einen Relativsatz).
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.11.2015 um 16.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#30532
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Für den Hingucker (siehe hier) gibt Wiktionary drei Bedeutungen an:
"[1] salopp, Werbung: eine Person oder eine Sache, die Aufmerksamkeit erregt
[2] wörtlich, süddeutsch nicht ganz selten: Person oder Institution, die ihre Aufmerksamkeit auf etwas richtet
[3] übertragen aus [2]: Person, die Acht hat auf andere Menschen, die bereit ist, bei drohender Gefahr selbst einzuschreiten"
und erläutert:
"[2] regelmäßig gebildetes Nomen actionis zum Verb hingucken"
Das stimmt natürlich nicht.
Das Neologismenwörterbuch von Herberg u. a. gibt als Erstbeleg die taz von 1991.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.08.2015 um 18.39 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#29721
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Fürs Lastabtragen sind die Statiker zuständig.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.08.2015 um 18.21 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#29720
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Griechenlands Schulden sind zurzeit nicht tragfähig. (...) Doch nicht nur der IWF muss die Schuldentragfähigkeit Griechenlands analysieren, auch der Euro-Rettungsfonds ESM, der die meisten Kredite des geplanten Pakets vergeben soll. (SZ 13.8.15)
Griechenland trägt die Schulden, aber wen tragen diese?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.08.2015 um 05.37 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#29639
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Jedes dritte Mädchen ist essgestört. (Welt 7.8.15)
eßgestört ist eine sogenannte Rückbildung, nämlich aus Eßstörung. Beide Wörter sehen so aus, als seien sie aus eßstören abgeleitet, aber das gibt es gar nicht.
(Die Zahlenangabe ist ziemlich phantastisch.)
Die Polizei leitete ein Todesermittlungsverfahren ein. (morgenpost.de 7.8.15, nämlich zu einem in der Spree Ertrunkenen)
Das lange Wort ist ein Kurzwort! Es steht für Todesursachenermittlungsverfahren.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.08.2015 um 04.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#29633
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Zu #23783:
Zu den Wörtern, die wie Nomina agentis auf -er aussehen, aber keine sind, gehören auch der Hingucker und danach der Hinhörer.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.02.2015 um 09.17 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#28172
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Verwaltungsfachwirt/in gesucht
Der "Wirt" hat einen langen, aber vollständig überschaubaren Weg zurückgelegt, bis er zu einem solchen berufsbezeichnenden Halbsuffix wurde. In einigen Fällen vermutet man die Kürzung von -wirtschaftler.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.01.2015 um 06.11 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#27834
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Berlin will die deutschen Supermärkte entquengeln. (FAS 18.1.15)
Das hübsche Wort erinnert an ein anderes: Homosexuelle sollten in Kursen „umgepolt und 'entschwult'“ werden (FAS 17.6.07)
Die gutgemeinte Erziehungsdiktatur der Großen Koalition ähnelt, wie man bemerkt hat, den bisher von den Grünen vorgelegten Entwürfen (Veggie-Day usw.). Man hat auch bemerkt, daß Eltern, die ihre Kinder nicht von ungezogenem Quengeln an Ladenkassen abhalten können, wohl ziemlich unfähige Erzieher sein müssen. Besser ist es, den Kindern etwas Verantwortungsvolles aufzutragen, z. B. den Einkaufswagen zu schieben (gute Läden haben eigens kleine Exemplare angeschafft). Das tun sie viel lieber als Süßigkeiten grabschen.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.12.2014 um 07.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#27662
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In Wortbildungslehren wird z. B. Aufkleber als Nomen acti oder patientis gedeutet. Wenn es nur um Semantik ginge, wäre das Synonym Etikett logischerweise ebenfalls ein Nomen acti. Das behauptet natürlich niemand. Folglich geht es nicht um Semantik, sondern um das Verhältnis des Substantivs zum zugrunde liegenden Verb, also um Etymologie.
Die sachliche Richtigkeit ist aber auch fraglich. Wie steht es mit Anhänger, Aussetzer u. v. a.? Ein Aufkleber ist nicht nur aufgeklebt, sondern klebt irgendwo drauf.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.06.2014 um 09.11 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#26179
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Unter diesen wurde fleißig Karten gespielt, gemäßigte Parkpromenaden gemacht, den Tafelfreuden gehuldigt und unabsehbar viel »kannegegossen«. (Bertha von Suttner: Die Waffen nieder! Kap. 3)
Keine Objektinkorporation (gegen Yoshiko Ono in Kennosuke Ezawa u.a. (Hg.): Linguistik jenseits des Strukturalismus. Tübingen 2002:373), sondern scherzhafte Bildung zu kannegießern, nach einer Holbergschen Komödienfigur in deutscher Übersetzung.
Das unpersönliche Passiv wurde gemäßigte Parkpromenaden gemacht ist ungewöhnlich und wohl nur in Reihung mit dem gewöhnlicheren wurde Karten gespielt möglich.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.07.2013 um 12.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#23783
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Hopser wird in dem genannten Buch von Heringer als Produktbezeichnung eingeordnet: „was man beim Hopsen produziert“ (185). Ähnlich verfahren viele Wortbildungslehren. Das Seufzen bringt angeblich einen Seufzer hervor usw.
Meiner Ansicht nach ist das falsch. Es handelt sich durchweg nicht um herstellende Tätigkeit (Poiesis), sondern um reine Praxis (mit Aristoteles zu sprechen).
Die Wortbildung auf -er bedeutet "einmalige unbeträchtliche Tätigkeit".
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.07.2013 um 04.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#23734
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Die Wortbildungslehre ist, wenn sie überhaupt behandelt wird, oft eine Art Anhang in den Grammatiken. Die IDS-Grammatik (2500 Seiten) klammert sie ganz aus.
Der Hauptgrund dürfte sein, daß die gegenwartssprachlich-synchron ausgerichtete Grammatik zum Wortschatz, diesem riesigen Haufen von historischen Bildungen, nichts sagen kann. Wir haben ja an Augsts Wortfamilienwörterbuch gesehen, wohin die pseudoetymologische Spekulation führt.
Hans Jürgen Heringer erklärt die Wache für ein substantiviertes Adjektiv und führt außerdem das feminine Genus darauf zurück (Heidrun Popp, Hg.: Deutsch als Fremdsprache. Fs. für Gerhard Helbig zum 65. Geburtstag. München 1995:204, 215). Aber dann müßte es ja das Wache heißen. Es handelt sich auch nicht um eine feminine deadjektivische Abstraktbildung auf -i wie Glätte, Schräge usw., sondern um ein Nomen actionis zu wachen.
In selben Beitrag erklärt Heringer Mutti, Resi, Vati, Sozi, Schatzi, Mausi für Diminutive. Gemeint sind wohl Hypokoristika, und das dürfte nur für einen Teil zutreffen. Sozi hat (wie Resi) das i des Stammes.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.02.2008 um 09.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#11486
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Hier noch ein Nachtrag: Nicht ganz richtig ist die allzu knappe Darstellung bei Altmann/Kemmerling 115, wo Substantive wie Dickerchen unmittelbar aus Adjektiven hergeleitet werden, Nickerchen und Prösterchen unmittelbar aus Verben. Dummerchen, Dickerchen, auch Alterchen könnten von Anredenominativen stammen, was bei Kosewörtern naheliegt (s. DUW zu Alterchen, LDaF zu Dummerchen). Henzen erklärt Alterchen, Grauchen, Liebchen mit Recht über die substantivierten Adjektive und weist auf die viel weiter gehende Diminution in den Mundarten hin (Adjektive, Adverbien, sogar Verben werden diminuiert). (Nickerchen gehört laut Kluge/Seebold nicht zu nicken, sondern mit einnicken zu mhd. nücken. prösterchen wird in DUW zunächst als „Interjektion“ - beim Zuprosten - bezeichnet, das umgangssprachliche Substantiv Prösterchen könnte also delokutionär verstanden werden, es wird fast nur in der Wunschformel „ein Prösterchn auf ...!“ verwendet.)
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Kommentar von R. M., verfaßt am 22.02.2007 um 18.05 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#7825
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In welchem Maße historische Editionen betroffen sind, wäre zu überprüfen. Es gibt jedenfalls mehrbändige Werke bei V&R, deren Orthographie wechselt, zum Beispiel eine Geschichte Göttingens.
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Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 22.02.2007 um 17.40 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#7823
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Wenn stimmt, was R.M. (#7742) uns mitteilt, dann sind auch Gottlob Freges Schriften unleserlich geworden. Eigentlich schlimm.
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Kommentar von stern.de, verfaßt am 20.02.2007 um 19.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#7793
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Wort-entbildung:
"Rabatte und Zugaben machen den Neuwagenkauf leicht. Leider wird es immer schwieriger, sich im Dickicht der Sonderaktionen zu Recht zu finden. "
... geschweige denn im Dickicht der Reformorthogaphie.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 16.02.2007 um 03.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#7742
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Vandenhoeck & Ruprecht haben frühzeitig die gesamte Produktion umgestellt, ausnahmslos.
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Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 15.02.2007 um 18.59 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=795#7734
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Und wie besteht man nach der Lektüre dieses Buches ein Examen in deutscher Wortbildung? Allein einige der von Theodor Ickler zur Demonstration der in diesem Buche anzutreffenden Schreibungen zitierten Feststellungen genügen, um mit ihrer Wiederholung im Examen glatt durchzufallen. Ob das Buch also wirklich "nützlich" ist, scheint nicht gewiß.
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