zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Diskussionsforum Archiv Bücher & Aufsätze Verschiedenes Impressum      

Theodor Icklers Sprachtagebuch

Die neuesten Kommentare


Zum vorherigen / nächsten Tagebucheintrag

Zu den Kommentaren zu diesem Tagebucheintrag | einen Kommentar dazu schreiben


04.02.2007
 

Folgenlose Einsicht
Die Rechtschreibreform als politisches Lehrstück

Das ist es ja gerade: alle wissen Bescheid, aber es nutzt nichts. Der CDU und CSU ins Stammbuch …

»Jörg Hackeschmidt hält der Linken zugute, dass sie den Diskurs für wichtig nimmt. Daher behauptet sie häufig auch die Diskurshoheit. Warum können die Sozen das so gut? Weil sie gelernt haben, sehr grundsätzlich zu argumentieren, aggressiv zu polemisieren und weil sie keine Angst vor politischem „hardball“ haben. Das Thema Rechtschreibreform sei ein schönes Lehrstück, so der Autor. „Schon mal versucht, ‚bürgerliche Dichter‘ wie Thomas Mann in der GEW-Rechtschreibung zu lesen?“ fragt Hackeschmidt. Die FAZ, die Welt und einige Dichter, Denker und Wissenschaftler mobilisierten den Widerstand. Von der Union kam nichts. Schlimmer, sie reichte der Gegenseite sogar noch die Hand zur gemeinschaftlichen Verhunzung der deutschen Sprache.«
(Aus einer Besprechung zu Philipp Missfelder (Hg.): Wort-Wahl. Politische Begriffe in der Diskussion. Weiss-Verlag 2006)

Die Union hat nicht bloß die Hand gereicht, sondern sich mit wichtigen Exponenten zum Vorreiter gemacht und verteidigt die Reform heute mit Klauen und Zähnen. Die umgedrehten Jungen Wilden sind das traurigste Beispiel.



Diesen Beitrag drucken.

Kommentare zu »Folgenlose Einsicht«
Kommentar schreiben | älteste Kommentare zuoberst anzeigen | nach oben

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 16.02.2007 um 16.33 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=789#7754

Es gibt halt Kontinuitäten. Man kann sie wahrnehmen (nicht: wahr nehmen) und weiß dann in etwa, was die Stunde geschlagen hat und wo man ist.
 
 

Kommentar von Fungizid, verfaßt am 08.02.2007 um 05.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=789#7657

Die hehren Widerständler von 1987 also die eifrigen Denklenker von 2007? Plausibel.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 07.02.2007 um 16.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=789#7651

Zu der Besprechung (deren Untertitel übrigens „Der politische Kampf um die Diskurshoheit ist nichts für Weicheier“ lautet) siehe unter anderem hier: http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2007-02/artikel-7689157.asp
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 05.02.2007 um 19.20 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=789#7606

... für wichtig nimmt

Kontaminationen sind immer erbaulich, besonders im Umfeld von Diskurs (und so). Beeindruckend im von Theodor Ickler zitierten Text indes ist das Wort Diskurshoheit. Ein Bärchen mit arg geringem Verstand könnte einen sie Besitzenden als „Moderator / Diskussionsleiter / Reigenführer“ ansehen, der das Wort erteilt oder den Mund verbietet. So ist es. Falls jemand z.B. der GEW-Schreibe nicht zustimmt, ist er mindestens (groß- / mittel-, klein-)bürgerlich, evtl. sogar faschistoid oder Faschist überhaupt. Augst etwa kennt sich in der Bestempelung von Menschen bestens aus.

Der bis heute nicht als Unwort klassifizierte faschistoide Terminus Sozialtechnologie stammt aus der von Link(elnd)en geliebten Kapital(zentral)e Frankfurt am Main. Sein Schöpfer bleibt hier politisch korrekt ungenannt. Kein im Plankton des Zeitgeistes schwimmender Bürgerlicher hat den Namen „Sozialtechnologie“ und die mit ihm gemeinte faschistoide Steuerung des „Volksganzen“ seinerzeit oder später (hochgeistig z.B.) „hinterfragt“. Herzlichen Glückwunsch also allen Volksmitgliedern / -genossen, die sich als ununterscheidbare In-individuen in einem ad infinitum wiederholbaren Prozeß verstehen, der von den diese Technologie steuernden Volksbeglückern an ihnen vollzogen wird, so beispielsweise mit einer gehirnwaschenden RSR samt staatsobriger Volksetymologie und grammatischer Amnesie. Die Union indessen leidet offensichtlich nicht an selektiver, sondern an totaler solcher.

Die in aller Permissivität von den Bougeois inzwischen in Amt und Würden gehobene Stamokap-Riege und ihre klammheimlichen steinchenwerfenden Sympathisanten von 1987 haben guten Anteil an dem, was man Überwachungsstaat (z.B. Sprachüberwachung) nennen könnte, aber nicht nennen darf. Die Volkszählung war im Vergleich mit dem heute täglich Vollzogenen ein jungfräulich unschuldiges Unternehmen. Der organisierte(!) „Widerstand“ gegen die Volkszählung in der BRD (so heißt das Land unter Linken, der Name wird demnächst von Schwarz-Rot sicher offizialisiert) wurde als Sammlungsbewegung für alle installiert, die gegen alles sind, was von ihnen irgendetwas verlangt. Sie sind gegen jeden deutschen Staat (außer der 1987 noch im Saft stehenden, nun aber entschlafenen DDR), solange dieser nicht Zahlemann ist.
 
 

Kommentar von Fungizid, verfaßt am 05.02.2007 um 10.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=789#7595

Jaja, 1987, die Sache mit dem Überwachungsstaat und dem gläsernen Bürger. Der Name des damaligen Innenministers ist mir entfallen, es war so ein harter Hund mit saradonischem Lächeln, ein richtiger Gegenbeweis zur Güte einer Demokratie.

Aber aus welchen Motiven handelten damals die Fragebogensaboteure, Zählverweigerer und Musterprozeßnebenkläger? Das waren auch nicht alles Edelgesonnene, manche hatten auch einiges zu verbergen. Ich habe mich damals freiwillig gemeldet und mit sicher nicht ganz integrem Datenmaterial 1.700 Mark gemacht, für einen 18jährigen Schüler ein Haufen Holz.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 05.02.2007 um 09.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=789#7590

Der letzte große Aufstand der "mündigen Bürger" gegen den Obrigkeitsstaat fand gegen die Volkszählung von 1987 statt. Seitdem ist eine zunehmende "Biedermeierisierung" der Deutschen zu diagnostizieren. Ich bewundere in dieser Hinsicht die Franzosen.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 05.02.2007 um 08.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=789#7587

Unter Eichen wachsen nur Schwammerln...

...und das ist der Grund, warum das ehedem hochklassige bürgerliche Bildungstum des 19. Jahrhunderts zur leeren Hülse selbsternannter Bildungsbürger verkam. Die haben als Kinder auf den Humanistengymnasien gehockt, dort aber offenbar nichts gelernt. Die linken Kinder aus den Experimentalschulformen haben es insofern besser, als sie ihr Bildungsvakuum erkennen und in Eigenregie ausgleichen können.
 
 

Kommentar von jms, verfaßt am 04.02.2007 um 22.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=789#7586

In der Nazi-Zeit gab es auch viele bürgerliche Mitläufer. Die Rechtschreibreform enthüllt unbeabsichtigt, daß auch heute viele aus den sogenannten bürgerlichen Kreisen kein Rückgrat besitzen, wenn es um die Verteidigung von Werten geht. Offenbar besitzen sie auch keine besondere sprachliche Sensibilität. Dieser Kultur- und Interesselosigkeit in sogenannten bürgerlichen Kreisen konnten dann selbst ehrenwerte Kämpfer gegen den Reformschwachsinn wie Matthias Döpfner und zumindest einige der FAZ-Herausgeber irgendwann nichts mehr entgegenstellen. Der fieseste und am frühesten umgedrehte "Wilde" und letztlich mit am meisten Verantwortliche für die jetzige Lage hockt übrigens in Hessen und lauert immer noch auf die Chance, einmal Kanzler dieses Landes zu werden. Igitt.

 
 

nach oben


Ihr Kommentar: Sie können diesen Beitrag kommentieren. Füllen Sie dazu die mit * versehenen Felder aus und klicken Sie auf „Kommentar eintragen“.

Sie können in Ihrem Kommentar fett und/oder kursiv schreiben: [b]Kommentar[/b] ergibt Kommentar, [i]Kommentar[/i] ergibt Kommentar. Mit der Eingabetaste („Enter“) erzwingen Sie einen Zeilenumbruch. Ein doppelter Bindestrich (- -) wird in einen Gedankenstrich (–), ein doppeltes Komma (,,) bzw. ein doppelter Akut (´´) werden in typographische Anführungszeichen („ bzw. “) umgewandelt, ferner werden >> bzw. << durch die entsprechenden französischen Anführungszeichen » bzw. « ersetzt.

Bitte beziehen Sie sich nach Möglichkeit auf die Ausgangsmeldung.
Für sonstige Diskussionen steht Ihnen unser Diskussionsforum zur Verfügung.
* Ihr Name:
E-Mail:
(Wenn Sie eine E-Mail-Adresse angeben, wird diese angezeigt, damit andere mit Ihnen Kontakt aufnehmen können.)
* Kommentar:
* Spamschutz:   Hier bitte die Zahl einhundertvierundfünfzig (in Ziffern) eintragen.
 


Zurück zur vorherigen Seite | zur Tagebuchübersicht


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM