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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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14.10.2006
 

Dies und das
Was mir beim Lesen auffiel

Duden 1991 hat: wohlbekannt, besser bekannt, bestbekannt. – Könnte es sein, daß bestbekannt eher in der Schweiz gebraucht wird?

"Das Kurzzeitgedächtnis und seine ärgerliche Flüchtigkeit sind uns allen wohl bekannt." (Richard Thompson: Das Gehirn. Spektrum 2001:362) Das ist zweideutig. Der Duden empfiehlt nun wieder Zusammenschreibung, aber die Unsicherheit bleibt.



Im selben Buch lese ich einen Spaltbreit. Das ist erst neuerdings wiederhergestellt worden. Soll man Reformer ehren, weil sie Wörter endlich rehabilitieren, die sie zuvor mutwillig beseitigt haben? Dazu gehören auch die verantwortlichen Minister, auch Zehetmair.
Man darf nie vergessen, daß noch immer auf Zehetmairs Wunsch Rilkes Vers Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen? umgeschrieben werden soll in Wer, wenn ich schrie, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen? Wir haben das hier ja schon einmal besprochen. Das entsprechende Kapitel der Neuregelung darf nicht mehr überarbeitet werden, auch 2007 nicht, wie Zehetmair jetzt schon weiß.



Mentrup 1993 wendet sich mit Recht gegen die Trennung Zu-cker, weil sie den systematischen Ort der Ligatur verkennt. Aber er findet zu Unrecht nur die Trennung Zuc-ker konsequent. Gerade die Anerkennung der Ligatur führt doch dazu, daß man, wenn die Kontaktstellung aufgehoben ist, auch die ursprünglichen Buchstaben wiederherstellt. Natürlich fällt für Mentrup nicht ins Gewicht, daß nun schon über hundert Jahre so getrennt wurde, diese Rücksichtslosigkeit gegenüber der Tradition teilt er mit Gallmann.



Aus dem neuen Duden geht nicht hervor, daß die Schreibweise Diarrhöe völlig beseitigt wurde und nur noch Diarrhö erlaubt ist. Dabei ist auch nicht einsehbar, warum man zwar Katarr schreiben darf, aber nicht Diarrö oder sogar Diarö. (Übrigens hatte der Duden schon vor der Reform irgendwann die Trennung Di-arrhö eingeführt.)



"55 Jahre Österreichisches Wörterbuch – die endgültig rechtschreibreformierte 40. Auflage. Mit dem Abschluss der Rechtschreibreform beginnt ein neues Zeitalter für Rechtschreibwörterbücher." (Internet 2006)

"Und nun ist auch sie endlich fix – die Rechtschreibreform."

Wie fix sie ist, haben wir ja gesehen: heute so und morgen so. Kann man den Mund so voll nehmen und ganz ernst bleiben? "Ein neues Zeitalter" – und ihr könnt sagen, ihr seid dabeigewesen.



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Kommentare zu »Dies und das«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.01.2007 um 11.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=666#7127

»Wer, wenn ich schrie, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen?« Rilkes wunderschöne Elegien, gelesen von Gert Westphal, dem »König der Vorleser«.

(„Jokers“, Katalog und online)

Das Vorausgesagte ist also eingetreten, schneller als erwartet. Zehetmair und die FAZ finden das hinnehmbar.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 15.10.2006 um 17.32 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=666#5882

Den Reformern scheint nicht klar zu (gewesen) sein, daß – bis zu ihrem Eingriff in die deutsche Graphie – die Abtönungspartikel wohl von der homographen Eigenschaftspartikel i.S.v. ,gut‘ unterschieden wurde, indem man letzte graphemisch ins Partizip integrierte (z.B. wohldefiniert). Allerdings entdeckte ein(e) Linguist(in) darin bei Kant schon einmal für das Deutsche unübliche Wortstellung der Modalpartikel wohl gelegentlich eines Vergleichs mit dem Schwedischen, und das trotz sinnvoller Schreibung in der zitierten Edition der "Kritik der reinen Venrunft".
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 14.10.2006 um 20.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=666#5877

Das stimmt doch: Es hat ein neues Zeitalter für Rechtschreibwörterbücher begonnen, gekennzeichnet durch die Abkehr von Verantwortung und Seriosität und die Unterwerfung unter eine doktrinäre Willkürherrschaft.
 
 

Kommentar von K.Bochem, verfaßt am 14.10.2006 um 19.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=666#5875

"Endlich verbindlich: Seit dem 1. August gilt die neue Rechtschreibung! ... Haben Sie sich auch über das jahrelange Hin und Her bei der neuen Rechtschreibung geärgert? Endlich sind sich alle einig. Seit dem 1. August ist die Reform verbindlich. Bringen Sie sich jetzt auf den Stand, der auf Jahre hinaus gültig sein wird. Mit dem völlig neu konzipierten Rechtschreib-Duden lösen Sie alle Probleme ganz leicht. Und der Duden hilft Ihnen auch, wenn unterschiedliche Schreibungen möglich sind. Insgesamt gibt es über 3000 solcher Schreibvarianten. Hier empfiehlt Ihnen der Duden aus seiner über 125-jährigen Sprachkompetenz heraus die beste und vernünftigste Lösung. So wird alles wirklich ganz einfach. Als ideale und unverzichtbare Ergänzung zum Rechtschreib-Duden bieten wir Ihnen in unserem Duden-Paket das Duden-Fremdwörterbuch an. Es wurde ebenfalls auf der Grundlage der neuen Rechtschreibung komplett neu überarbeitet. Das einmalige Duden-Paket mit allen neuen Rechtschreibregeln ist ein Muss für jeden Haushalt. Überzeugen Sie sich!" (Fettdruck wie im Original).

Umfangreiche Beispiele und Farbfotos umrahmen dieses aktuelle Schreiben des ADAC anläßlich seiner Herbstverlosung. Angeboten werden die genannten Bände einschließlich CD-ROM "exklusiv für ADAC-Mitglieder ... mit 20% Preisvorteil ... im Paket!"
Beim Lesen hat man schon den Eindruck, daß Chefredakteur Dr. Völse die Problematik rund um den Duden kennt, dennoch diesen wortreich gewundenen Werbetext hat durchgehen lassen. Immerhin folgt er nicht in allem der Reformschreibung. Mutig, mutig!
 
 

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