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03.04.2006
„Ein Stück innerer Befriedigung“
Hans Zehetmair und die Rechtschreibreform
„Rückblickend auf seine bisherige Arbeit als Ratsvorsitzender sagte Zehetmair: ‚Es hat auch mir ein Stück innerer Befriedigung gebracht, vieles von dem zu entkrampfen und neu gestalten zu können, über das bei der Reform so erbittert gestritten worden ist.‘“ (Stuttgarter Nachrichten 30.3.2006)
Zehetmairs Hauptverdienst besteht darin, den Rat auf Wunsch der Kultusminister an der Weiterarbeit gehindert zu haben. Große Teile der Neuregelung konnten nicht mehr überarbeitet werden, weil Zehetmair einen künstlichen Termindruck geltend machte und sogar die im Statut des Rates vorgesehene Anhörung zur Groß- und Kleinschreibung absagte.
„Nach Billigung seiner Korrektur-Vorschläge setzt der Rat für deutsche Rechtschreibung jetzt auf eine behutsame Weiterentwicklung der Schreibregeln. Das Gremium werde ‚ohne Aufgeregtheiten und Zeitdruck in eine neue Phase der Sprachbeobachtung’ eintreten, sagte der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair der dpa. ‚In ruhigem Fahrwasser werden wir künftig weitere, auch grundsätzliche Fragen der deutschen Rechtschreibung diskutieren, ihre Einheitlichkeit wahren und von Zeit zu Zeit auch Anpassungen des orthografischen Regelwerkes vorschlagen.’ Zehetmair war früher Wissenschaftsminister in Bayern. Der Rat werde künftig in etwa die Rolle einnehmen, die bis zum Beschluss über die Rechtschreibreform im Jahre 1996 der private Duden Verlag inne gehabt hatte.“ (Stuttgarter Nachrichten 30.3.2006)
Die Rolle des Dudenverlags bestand darin, Wörterbücher zu machen. Dazu ist der Rat nicht imstande, weshalb Zehetmair schon einmal eine bessere Ausstattung verlangt, wie zuvor Peter Eisenberg, der im Namen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung dieselbe Politik der Mittelbeschaffung verfolgt. Wörterbücher werden von Lexikographen gemacht und nicht „unter Einbeziehung gesellschaftlich relevanter Personen", wie Zehetmair ankündigt. Er ist eben Politiker und hält alles für verhandelbar.
Durch seine Werbetour zu den Zeitungen hat Zehetmair weit mehr für die Durchsetzung der Reformreste getan, als es ein bloßes Hinnehmen des Unabänderlichen gewesen wäre.
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Kommentare zu »„Ein Stück innerer Befriedigung“ « |
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Kommentar von GL, verfaßt am 04.04.2006 um 05.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=479#3668
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Versteht man unter "gesellschaftlich relevanten Personen" Politiker, welche sichtbar überfordert sind und dennoch über grundsätzliche Fragen zu diskutieren wagen?
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 03.04.2006 um 19.10 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=479#3659
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Der Rat braucht die Wörterbücher gar nicht selber zu machen, das erledigen dann Bertelsmann, Duden & Co. schon selbst. Es reicht, wenn der Rat auf der politischen Ebene den Weg bereitet.
Beides funktioniert ja, wie wir jetzt gesehen haben. Der Auftakt hat geklappt, mal sehen, wie die Vorstellung weitergeht.
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