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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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17.03.2006
 

Reizfigur
Der Vorsitzende Zehetmair hat meinen Austritt aus dem Rat „konsequent“ genannt

Das will ich meinen! Da meine Argumente gegen die Reform nicht widerlegt sind, brauchte ich mich in den letzten zehn Jahren keinen Millimeter zu bewegen, geschweige denn vom Saulus zum Paulus und wieder zurück zum Saulus zu verwandeln.
Noch wertvoller ist mir das Kompliment, ich sei für viele Ratsmitglieder eine „Reizfigur“ gewesen. Man wird mir wohl glauben, daß damit nicht irgendein ausfallendes Benehmen gemeint sein kann. Vielmehr ist gemeint: Da ich die Ansicht von mindestens 90 Prozent der Bevölkerung vertrat, mußte ich im Rat für deutsche Rechtschreibung der absolute Außenseiter sein. Für diese Klarstellung gebührt dem Vorsitzenden Dank.



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Kommentare zu »Reizfigur«
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Kommentar von Kuno, verfaßt am 20.03.2006 um 00.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=462#3455

Sehr geehrter Herr Professor Ickler,

gestern lag Ihr großartiges Werk "Die sogenannte Rechtschreibreform" endlich in meinem Briefkasten. Ganz herzlichen Dank dafür. Inhaltlich und typographisch ein Genuß.

Obwohl ich als Dozent an einer Technischen Hochschule zu anderem genötigt werde, setze ich Ihre normale Rechtschreibung um. Sowohl in den Texten des Skriptums als auch bei Klausuraufgaben. Und dies wird bis zu meinem Lebensende so bleiben.

In diesem Sommersemester versuche ich nun erstmals, die normale Rechtschreibung von den Studenten zu fordern. In Studienarbeiten und Laborberichten. Ein heikles Unterfangen, und juristisch wahrscheinlich angreifbar. Ich werde von der weiteren Entwicklung berichten.

Allerbeste Grüße aus Berlin
Kuno
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 17.03.2006 um 13.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=462#3410

Wo lauter Falschmünzer am Werke sind, macht derjenige, der mit echtem Geld bezahlen will, sich höchst unbeliebt, ja verdächtig. —

"Diese Art Menschen hat sich zu allen Zeiten die neue Zeit genannt. Es ist das ein Wort wie ein Sack, in dem man die Winde des Aeolus fangen möchte; dieses Wort ist die beständige Entschudigung dafür, die Dinge nicht in Ordnung zu bringen, das heißt, nicht in ihre eigene, eine sachliche Ordnung, sondern in den eingebildeten Zusammenhang eines Undings. Und doch liegt ein Bekenntnis darin. Die Überzeugung, daß sie die Aufgabe hätten, Ordnung in die Welt zu tragen, lebte in der sonderbarsten Weise in diesen Menschen. Wenn man das, was sie zu diesem Zweck unternahmen, Halbklugheit nennen wollte, so wäre bemerkenswert, daß gerade die andere, ungenannte, oder, um sie zu nennen, die dumme, niemals genaue und richtige Hälfte dieses Halbklugseins eine unerschöpfliche Erneuerungskraft und Fruchtbarkeit besaß. Es war Leben in ihr, Wandelbarkeit, Ruhelosigkeit, Standpunktwechsel." (R. Musil, Der Mann ohne Eigenschaften, Kap. 99) – "Du störst sie mit deinem Ernst." (Tante Jane zu Ulrich, ebd.)
 
 

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