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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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08.01.2006
 

Schifffahrt auf Seen
Paradoxe Regelung

Die Neuregelung hat geschrien an Seen angeglichen.
In beiden Fällen sind also nun zwei bzw. drei gleiche Buchstaben nicht mehr erlaubt. Umgekehrt wäre es besser gewesen. Ich habe mir erlaubt, in meinem Wörterbuch wenigstens die alte Regelung wiederherzustellen, hätte aber am liebsten auch Seeen zugelassen. Um der Deutlichkeit willen sollte man die jeweils gewünschte Silbenzahl auch schriftlich wiedergeben können. Es ist ja ein bißchen paradox: Wo sie überflüssig sind, werden zwei oder drei gleiche Buchstaben vorgeschrieben (Rohheit, Schifffahrt), aber wo sie wegen der Aussprache notwendig oder wünschenswert wären, werden sogar zwei und erst recht drei gleiche Buchstaben verboten.
Dagegen ist in industriell meiner Ansicht nach nichts weggefallen. Man leitet nicht ab Industrie > industrie-ell, sondern übernimmt das proper gebildete Adjektiv als ganzes aus der Quellsprache. Nach Eisenberg (Dudengrammatik) ist in den Frauen ein n eingespart: *Frauenn. Dafür müßte man allerdings ins Urgermanische zurückgehen, und dann wären noch sehr viele weitere Einsparungen zu vermerken, nicht bloß im Dativ Plural. Wahrscheinlich meint Eisenberg es aber gar nicht historisch, sondern setzt voraus, daß der heutige Sprecher eigentlich ein Frauen-n (wie Männer-n) erwartet. Ziemlich fragwürdig, weil Deutsch ja nun mal keine agglutinierende Sprache ist. Warum fügen wir kein Schwa ein? den Frauenen – das wär's! (In Dialekten gibt es das sogar, als verdeutlichende Mehrfachflexion.)



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Kommentare zu »Schifffahrt auf Seen«
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Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 08.01.2006 um 18.05 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#2131

Partnerwahl à la Faust

Über Prinzipien konnte man früher trefflich streiten, doch heutzutage scheint es so, als habe die sog. Prinzipientreue keine Daseinsberechtigung mehr.
Neuerdings gilt die psycho-„logische“ Weisheit, daß eine freie Entfaltung der Persönlichkeit durch feststehende Grundsätze gehemmt und eingeschränkt wird; und daraus erwirken die Jünger der Moderne das Recht, alle anders-„gläubigen“ Menschen als stockkonservative Prinzipienreiter zu beschimpfen.

Trotzdem sei in Erinnerung gerufen, daß ehemals im deutschen Schreibgebrauch zwei Leitprinzipien galten: 1. Das Prinzip der Ästhetik. 2. Das Prinzip der Ökonomie.
Teilweise haben sich diese beiden Prinzipien überlappt.

Das erstgenannte Prinzip spiegelte sich am deutlichsten wieder in der Fraktur- und Sütterlinschrift, die noch heute von einer langsam dahinsiechenden Generation als einziges schriftsprachliches Ausdrucksmittel angewandt wird.
Jene unverbesserlichen Greise und Greisinnen – die u.a. im Namen der „arischen Rasse“ Verbrechen verübten – bekennen sich vermutlich bis an ihr absehbares Lebensende handlungsaktiv zu deutschem Brauchtum und zu urdeutscher Schreibweise. Und sie halten an ihrem Schreibusus fest, obwohl selbst die seinerzeitigen Machthaber genau jene Prinzipientreue mit der Parole „Ein Deutscher schreibt keine Judenlettern“ zu beseitigen versuchten.
Prinzipientreue? Prinzipienreiterei? Widerstand oder Ergebung?

Das zweite Prinzip – das der Sprachökonomie – kämpft derzeit um seine Existenz, denn es wurde ersatz- und konkurrenzlos gegen das sog. „Stammprinzip“ eingetauscht.
Hinter diesem neuen Prinzip steckt der Wahn, alles sichtbar machen zu müssen, was man per Übereinkunft der Ökonomen getrost verschweigen und dem Kontext überlassen könnte.
So könnte man „Tees“ sparen bei „Betttuch“ und „Betttag“, wenn man im Kontext erklärte, daß es sich um keine religiösen Übungen handelt.
Man könnte „Ees“ sparen bei „geschrieen“, "Seen" „Teeernte“ und „Kaffeeersatz“, weil es dem Auge beim Wortbilderfassen generell egal ist, aus wie vielen Einzelbuchstaben sich ein Wort zusammensetzt. Eher wird doch das Auge durch Wortüberlänge und fehlende Buchstabensignifikanz irritiert.
Man könnte „Esse“ sparen bei „Überflusssystem“, „Schlussspurt“, „Messergebnis“ und „Schlosserkundung“, wenn man ein wenig mehr Vertrauen in die Sprachdiagnose und Sprachtherapie des Sprachökonomen Johann Christoph Adelung (8.8.1732 bis 10.9.1806) setzen würde ...
Andererseits müßte man – falls man den neuen Vorschriften gerecht werden wollte – Buchstaben verschwenden bei „Mitttag“ und „dennnoch“; und um es dem „Zooorchesterdirigenten“ Augst „Recht zu machen“, müßten wir gar das Wort Balllast mit drei „Ells“ schreiben, weil der Begriff doch ganz sicher etwas mit dem runden Ding zu tun hat.
„Prinzipientreue“, „Prinzipienreiterei“, „Widerstand“ oder „Ergebung“?

Grundsätze haben so lange ihre unbedingte Lebensberechtigung, so lange sie nicht durch etwas Gleichwertiges ersetzt werden. Ohne Leitbilder, Zufluchtsorte oder gar einen schlichten Strohhalm kommen die Menschen weder in Friedens- noch in Notzeiten aus.
Innerhalb aller zeitlicher Eventualitäten sollte man aber keinesfalls über die Verlockungen eines „gottbefreiten“ Paradieses nachdenken. Denn mit dem Teufel – oder gar mit dem Menschen selbst – wählt man immer den schlechteren Partner!


 
 

Kommentar von nos, verfaßt am 09.01.2006 um 10.52 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#2134

Kleine Anfrage zur Sprachökonomie

Gestern erreichte mich via E-Mail eine Anfrage eines Sprachenliebhabers, die ich hiermit weiterleite. Antwort erbeten!

Anfrage:
„Seit wann müssen die deutschen Lehrer den Schülern die Schreibung Akkord beibringen, wo doch Konrad Duden 1880 Accord, Accordeon, accurat hat?

Mein Großvater dürfte sicherlich „Accord“ gelernt haben. Die Engländer schreiben accord, die Franzosen schreiben accord.

Wann begann der deutsche Sonderweg Akkord?

Meine Quellen, einschließlich des Internets, verweigern genaue Auskünfte.

Hat’s womöglich der Führer befohlen oder noch der Kaiser?

Wenn Du Duden nach 1880 besitzest, könntest Du mal nachschauen? Oder stehen Dir u. U. andere Quellen zu Gebote?

Die Weimarer Ausgabe von Goethes Werken (so um 1880 oder 1890 ff. herum) schreibt im Faust, Vorspiel auf dem Theater, nach Reclams Zählung Zeile 149:
„Wo es in herrlichen Accorden schlägt?“
 
 

Kommentar von Arndt Brünner, verfaßt am 09.01.2006 um 11.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#2136

Stichwort Akkord etc.:

Duden, 4. Auflage, 1895, „nach den neuen amtlichen Regeln":
Nur Accord, Accusativ usw.

Duden, 7. Auflage, 1902, „nach den für Deutschland, Österreich und die Schweiz gültigen amtlichen Regeln":
In den Vorbemerkungen, S. XIX (Schreibung von Fremdwörtern): Statt cc mit dem K-Laut darf man überall kk, statt cc mit dem Laut von kz überall kz schreiben, z. B. Akkord, Akkusativ; Akzent, Akzise.
Im Hauptteil: Accord und Akkord, Accusativ und Akkusativ

Duden, 9. Auflage, 1926
S. XXVII: unveränderter Text von 1902
Im Hauptteil nur noch Akkord und Akkusativ
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 09.01.2006 um 12.41 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#2138

Duden, 8. Auflage, 1910
Im Hauptteil nur noch Akkord.
 
 

Kommentar von Karsten Bolz, verfaßt am 11.01.2006 um 13.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#2154

Ist Seeen tatsächlich so belegbar? (Anders als natürlich geschrien und geschrieen) Es ist ja wirklich nur eine Marginalie, aber wer hat denn wirklich Seeen geschrieben? Bewußt gelesen habe ich es so noch niemals.
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 12.01.2006 um 12.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#2168

Als "Google-Page-Count" (mittels "Seiten auf Deutsch", was hoffentlich die meisten englischen Seiten aus der Liste wirft):

"Seeen": ca. 21.000
"Seen": ca. 4.900.000

bzw.

"Seeen" "Flüsse": 458
"Seen" "Flüsse": ca. 1.670.000

(was alle englischen Seiten aus der Liste eliminieren sollte)
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 12.01.2006 um 13.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#2169

Komisch...

da es bei Google knapp 100.000 mal den (allen Lexika unbekannten) Begriff "Flüße" gibt (also rund 5 mal mehr als "Seen"), könnten die vorhandenen "Seeen" auch einfach schlichte Schreibfehler sein. Schreibfehler im Sinne von: Daß sich die Schreiber darüber keine besondere Gedanken gemacht haben. Wer aus gutem Grund etwas falsch schreibt, der mag diese Worte vielleicht als persönliches Stilmmittel verwenden wollen.

Letztlich könnte nur eine genaue Analyse der Rechtschreibqualität der Seeen-Seiten etwas Licht ins Dunkel bringen.

Der Duden kennt die "Seeen" zumindest gar nicht – was aber auch nichts zu bedeuten hat.
 
 

Kommentar von rrbth, verfaßt am 12.01.2006 um 21.54 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#2182

Karsten Bolz frägt: „Wer hat denn wirklich Seeen geschrieben?

Nun, hier hat das jemand sogar in einem Firmennamen geschieben:
Land & Seeen Touristik GmbH
Marktstr. 20
19395 Plau am See

http://www.info-luebz.de/cms/front_content.php?idcat=11
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.07.2011 um 16.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#18992

Wenn ich mich nicht täusche, spreche ich Schiffahrt mit einem gewöhnlichen kurzen f, Tauffeier aber mit einem gedehnten - obwohl es Doppelkonsonanten im Deutschen eigentlich nicht gibt. Also anders als Taufeier (Feier des Taus). Der Grund der unterschiedlichen Behandlung wird wohl sein, daß bei Tauffeier die Zusammengesetztheit noch deutlich gespürt wird, während Schiffahrt ohnehin irregulär gebildet ist. Würde man es neu bilden, setzte man bestimmt ein Fugen-s (wie in Schiffsfarbe, Schiffsrumpf.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 13.07.2011 um 00.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#18994

Naheliegender erschiene mir hier die Annahme, daß das f in Tauffeier unwillkürlich gedehnt ausgesprochen wird, um eben eine Verwechslung mit Tau-Feier zu vermeiden. Gerade nach Diphthong oder langer Silbe ist ja (jedenfalls phonetisch) nicht klar, ob ein nachfolgender Konsonant zum ersten Wortteil gehört oder nicht. Anders bei Schiffahrt: hier ist wegen der Kürze der ersten Silbe ja klar, daß ein (Doppel)konsonant folgen muß.

Ich vermute, daß dabei weniger der Bedeutungsunterschied (Tauf-Feier vs. Tau-Feier) die Hauptrolle spielt als das Bedürfnis, die Wortfuge kenntlich zu machen. Deshalb spricht man ja auch Schifffracht mit gedehntem f aus, um Schiff-Fracht phonetisch klar von Schiff-Racht zu unterscheiden, obwohl letzteres gar keinen Sinn ergibt. Insofern ist die alte Dudenregel zu den dreifachen Konsonanten phonetisch sehr gut begründet.

Vielleicht noch deutlicher spreche ich in Schubboot das b doppelt aus, obwohl eine Verwechslung mit Schuh-Boot kaum zu befürchten ist. Hier kommt aber noch das Zusammentreffen eines stimmlosen und eines stimmhaften b hinzu.

Ich habe auch Zweifel, ob man die Bildung Schiffahrt wirklich als "irregulär" bezeichnen kann. Es gibt ja auch das Wort Schiffsfahrt, das allerdings etwas anderes bedeutet.

Ebenso empfinde ich einen Bedeutungsunterschied zwischen Schifffracht und Schiffsfracht, Schiffbau und Schiffsbau, Schiffarbe und Schiffsfarbe, Schiffrumpf und Schiffsrumpf. Die Schiffsfarbe ist für mich die Farbe (das Aussehen) eines bestimmten Schiffs, eine Schiffarbe ist eine Farbe, die geeignet ist, Schiffe anzustreichen. Der Schiffsrumpf ist der Rumpf eines bestimmten Schiffes, der Schiffrumpf die allgemeine Bezeichnung eines Bestandteils von Schiffen.

Allerdings ist der Sprachgebrauch heutzutage anscheined anders. Das Fugen-s scheint sich hier skrupellos durchzusetzen.

Der Duden (2006) kennt weder Schifffarbe noch Schiffrumpf, ja nicht einmal Schifffracht, obwohl er das Wort als Standardbeispiel für die herkömmliche Dreikonsonantenregel weiterhin anführt. Schiffbau bezeichnet er als "fachsprachlich"; normale Sterbliche sprechen anscheined nur noch von Schiffsbau.

Noch eine Beobachtung: Auch bei Wikipedia wird Schiffrumpf viel seltener gebraucht als Schiffsrumpf. Unter den wenigen Fällen von Schiffrumpf sind allerdings auffallend viele Fälle des Gebrauchs im Genitiv: des/eines Schiffrumpf(e)s.

Anscheinend sträubt sich das Sprachempfinden gegen das doppelte s in Schiffsrumpfs, was in der Tat ja sehr unschön ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.07.2011 um 08.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#18996

Feine Beobachtungen! Man könnte noch die Schiffschaukel hinzufügen, die wohl viel häufiger ist als die Schiffsschaukel. Der Unterschied bestätigt meine alte Vermutung zum Fugen-Element. Bei einer Schiffsschaukel denkt man eher an zwei Gegenstände, die Schaukel und das Schiff, auf dem sie möglicherweise installiert ist; eine Schiffschaukel dagegen ist eine Schaukel in Form eines Schiffs.

An die Feier des Taus denke ich wohl eher nicht, wenn ich Tauffeier sage. Aber die Hypothese mit dem langen Vokal bzw. Diphthong ist wegen des Silbenschnitts trotzdem interessant und weiterer Untersuchung wert.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.07.2011 um 18.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#19025

Der DPS (Deutscher Philatelie Service) wirbt in seinem neuesten Prospekt (siehe auch http://www.dps-shop.info/dyn_angebot2.asp?id=3445093041812411707201185216100132&Position=50053&akt=&picdir=bilder):

Originalbogen "Weltschifffahrtstag 1979" mit 2 Plattenfehlern!

Da muß der Bogen wohl 27 Plattenfehler haben, denn auf jeder seiner 25 Marken steht "Weltschiffahrtstag 1979".
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.07.2011 um 18.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#19026

Im Gegensatz zum Internet stehen auf dem papiernen Prospekt die Anführungszeichen.
 
 

Kommentar von Belles Lettres, verfaßt am 25.10.2011 um 01.02 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#19429

Das in der Dudengrammatik kann nicht stimmen, historisch oder synchron.

Im Urgermanischen bilden die Substantive aller Geschlechter in der n-Klasse den Plural auf -s und den Dativ Plural auf -mz:

Nom. Plural: tungōnz 'Zungen'
Dat. Plural: tungōnmz

Entscheidend ist aber, daß noch voreinzelsprachlich alle Kasusendungen der n-Klasse abfallen und das Stammbildungssuffix -Vn- als Endung neuinterpretiert werden. Sonst hätte sich die n-Klasse doch nicht zur schwachen Deklination entwickeln können. Bei der vokalischen Deklination ist das nicht passiert.

Im Singular hat der Kasus rectus im Urgermanischen wie im Lateinischen kein Suffix: tungō (vgl. Catō); in den Casus obliqui schon: tungōnz (gen, vgl. Catōnis), tungōn (dat), tungōnu (akk).

Daraus ergibt sich das bekannte Bild im Althochdeutschen:

Nom. zunga
Casus obl. zungūn
Plural in allen Kasus: zungūn

Im Neuhochdeutschen wird dann der Kontrast zwischen Singular (Zunge) und Plural (Zungen) verstärkt.

Das hat Duden wohl mit der starken Deklination verwechselt. Aber auch da gab es früher kein 'n': gebōmz 'den Gaben'. Und heute haben Feminina nur noch den schwachen Plural. Also weit und breit kein zusätzliches 'n' im Dativ Plural.
 
 

Kommentar von Thomas B., verfaßt am 03.02.2013 um 18.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#22554

Karsten Bolz fragte: "Ist Seeen tatsächlich so belegbar?"

In der 6. Auflage des Dudens von 1900 und in der 7. von 1902 stehen diese genialen Pluralformen:

See[e]n und analog dazu: Armee[e]n, Allee[e]n, Fee[e]n, Idee[e]n ...

Ebenso in Ableitungen:

fee[e]nhaft, Fee[e]rei, idee[e]nreich ...

Und natürlich im Genitiv Singular:

des Schnee[e]s ...

Analog auch bei auf -ie endenden Substantiven; hier ist das zusätzliche e wegen der Aussprache genau wie bei den Seeen wünschenswert:

Kalorie[e]n, Theorie[e]n, Knie[e], ...


In der 8. Auflage sind all diese schönen Formen leider nicht mehr verzeichnet.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 19.08.2013 um 11.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#23914

Bei Wikipedia hat ein Benutzer namens Nitnatsnok (das ist "Konstantin" rückwärts) eine "Liste mit Wörtern mit drei aufeinanderfolgenden, gleichen Buchstaben" erstellt – regelwidrig auf seiner eigenen Benutzerseite, also erkennbar als privates Hobby. Seine Motivation bleibt trotz Kommentar unklar: Faszination am Kuriosen, Protest? Jedenfalls kann man dort bei Bedarf ein paar schöne Beispiele finden, zum Beispiel "Voodooopfer".

Zum Auffinden muß man ins Suchfeld eingeben: Benutzer:Nitnatsnok.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.05.2015 um 16.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#28941

Gerade weil sich die Reform auf "Konsequenz" so viel zugute hält, ist es seltsam, daß sie die Ausnahme Hoheit beibehält. Im schweizerischen Leitfaden heißt es dazu:
"Eine (rein historisch begründete) Ausnahme bildet Hoheit und hoheitlich (nicht: Hohheit und hohheitlich)."

Aber was heißt hier historisch begründet? Geht man etwas weiter zurück, hätte man etwas anderes gefunden. In Wirklichkeit wird willkürlich postuliert, daß der Schreibende den Zusammenhang mit dem Adjektiv hoch nicht mehr zu erahnen vermag.
Im amtlichen Regelwerk kommt das Wort nicht vor (außer implizit in anderen Regeln), nur im Wörterverzeichnis überrascht es den Benutzer, ohne Kommentar und Regelverweis. Das wirkt eher, als habe man den Fall einfach übersehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.05.2016 um 07.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#32581

In Bayern hat es wegen der Flüchtlinge zwar nicht mehr Verbrechen gegeben, nur mehr Roheitsdelikte, wie der Focus mehrmals schreibt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.09.2017 um 04.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=348#36209

Rohheit schreibt z. B. die FAZ, und dagegen ist nichts zu sagen, diese Schreibweise war entgegen dem alten Duden auch vor der Reform oft anzutreffen. Ich hatte mal auf die Inkonsequenz bei Hoheit hingewiesen, aber im Sinne meines eigenen empirischen Ansatzes muß ich einräumen, daß das Weglassen eines h hier besser motiviert (und eben viel üblicher) war. Das Rohe hat Rohheit, aber das Hohe nicht Hoheit, sondern Höhe.
 
 

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