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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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30.12.2005
 

Kultureller Höhepunkt
„Endgültig“

»Nach einer siebenjährigen Übergangsfrist tritt die Rechtschreibreform endgültig in Kraft.«

Das melden die OÖNachrichten in einem Jahresrückblick auf die "kulturellen Höhepunkte".
Die Reform ist nicht in Kraft getreten, das hat sie schon 1998 getan. Sie ist für die Schulen jetzt ausschließlich gültig. Aber nur in Teilen. Allerdings weiß fast niemand, um welche Teile es sich handelt. Jedenfalls stehen sie (oder wiederum Teile dieser Teile) nun ebenfalls zur Disposition, daher kann von "Endgültigkeit" keine Rede sein.
Schließlich ist auch nicht "die" Rechtschreibreform verbindlich geworden, sondern eine andere, aber auch das ist weitgehend unbekannt.
Die OÖNachrichten verbreiten denselben Nebel wie fast alle anderen Medien. Kein Höhepunkt, sondern ein Tiefpunkt.



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Kommentare zu »Kultureller Höhepunkt«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.04.2017 um 12.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#34953

Bei Amazon habe ich Notizen zum Duden-Bedeutungswörterbuch eingestellt. Das ist zwar schon 2010 erschienen, aber die Probleme sind geblieben.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 05.01.2006 um 01.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2107

Könnte uns Herr Metz vielleicht die Hintergründe kurz erläutern? Es handelt sich ja offenbar nicht um ein Geheimnis. Vielen Dank!
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 04.01.2006 um 22.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2106

Tempi passati

Mit dem "orthographischen Ethos" des DUDEN meinte ich, daß es den Herausgebern bis vor kurzem jedenfalls nie ausschließlich ums Geschäft ging. Man hatte einen, durch lange Tradition gefestigten, Ruf, man war eine Institution. "DUDEN" - das war ein Begriff wie TEMPO-Tücher oder TESAFILM. Darum entbehrt es nach meinem Empfinden nicht einer gewissen Tragik, daß ausgerechnet das renommierteste Rechtschreibwörterbuch so sehr auf den Hund gekommen ist. Vorläufig letzter Ausdruck dieser hoffnungslosen Strampelei ist ein Leitfaden, der vor dem eigentlichen Wörterbuch des eigenen Hauses ausdrücklich warnt. Kann man tiefer sinken?
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 04.01.2006 um 19.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2105

Auch ich habe mich seinerzeit sehr über diesen Etikettenschwindel geärgert und die Dudenredaktion um eine Stellungnahme gebeten. Ich kann nur jedem Interessierten empfehlen, sich bis zur zuständigen Redakteurin durchzufragen. Sie erläutert einem gern den Hintergrund dieser „Verlagsentscheidung“. Gegebenenfalls wird man sogar im Ausland zurückgerufen.
 
 

Kommentar von Yutaka Nakayama, verfaßt am 04.01.2006 um 17.41 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2104

>DUDEN vertritt ja neben Geschäftsinteressen doch noch ein gewisses, wenn auch pervertiertes, orthographisches Ethos...

Ich weiß nicht, ob man DUDEN noch eine Spur Ethos zusprechen kann. In "Info DaF" (32,2004: 251f.) kann man die Rezension von Fritz Neubauer zu "Kompaktwörterbuch deutsche Rechtschreibung: schnell und zuverlässig" lesen:

Schon bei mehreren früheren Anlässen war bei Wörterbuchausgaben dieses Verlags zu beklagen, daß sich der Titel des Werkes veränderte, ohne daß es im Inhalt des Bandes selbst Veränderungen gegeben hatte. Zuletzt der Fall war dies bei der wundersamen Verwandlung der 3. Auflage des "Duden Bedeutungswörterbuchs" aus dem Jahre 2002 in ein "Duden Standardwörterbuch Deutsch als Fremdsprache" vom selben Jahr. [...] in der Rezension von Köster/Neubauer in Info Daf (30(2003),237-244)wurde dieses bewertet als eine "Unverfrorenheit des Verlages, die nur darauf angelegt sein kann, potentiellen Käufern vorzugaukeln, daß es sich um ein wirkliches DaF-Wörterbuch handeln könnte" (238).
Nun gibt es denselben Fall hier mit dem "Kompaktwörterbuch deutsche Rechtschreibung" aus dem Jahr 2003, das mit identischen 431 Seiten im Jahre 1998 unter dem Titel "Praxiswörterbuch zur neuen Rechtschreibung" erschienen ist. Nur im Vorwort wurde der Titel angepaßt, sonst hat sich nichts geändert, obwohl sich seit 1998 in der Orthographie doch einiges geändert hat [...].
 
 

Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 02.01.2006 um 11.37 Uhr  
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Sturmgeschütze haben in der Regel sehr verengte Sehschlitze, das gilt auch heute noch für unser "Sturmgeschütz der Demokratie", den SPIEGEL.

Selbst der alte Augstein hat mal auf die verengten Sehschlitze hingewiesen. Eine spürbare Erweiterung ist da jedoch nie erfolgt.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 01.01.2006 um 19.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2100

Es muß ja nicht gleich ein Voltaire sein – schon ein Karl Kraus wäre höchst erwünscht. Aber solche kämpferischen, wahrhaft unabhängigen Geister gibt es heute in der Publizistik nicht mehr. Die Satire betr. Rechtschreibreform harrt noch ihrer Verwirklichung. Man könnte auch an eine Tragikomödie denken.
Was mich wundert: Wie kann überhaupt noch jemand nach nunmehr fast zehnjährigem Siechtum noch an ein Weiterleben oder gar eine Gesundung der Rechtscheibreform glauben? Was heißt hier "Kompromiß", "Versöhnung" – was sind das für Kategorien im Hinblick auf das totale Mißlingen des Unternehmen?
Übrigens scheinen bei Bertelsmann doch die schlaueren Geschäftsleute als bei DUDEN zu sitzen. DUDEN vertritt ja neben Geschäftsinteressen doch noch ein gewisses, wenn auch pervertiertes, orthographisches Ethos, während Bertelsmann wohl bedenkenlos umschwenken würde, wenn das "Gewinn versprechend" wäre.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 01.01.2006 um 18.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2098

Zehetmair und seinen Auftraggebern geht es nur darum, daß Bild und F.A.Z. ihren Widerstand einstellen. Alles andere, die deutsche Sprache eingeschlossen, ist nebensächlich.
 
 

Kommentar von Walter Lachenmann, verfaßt am 01.01.2006 um 18.47 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2097

Hans Zehetmair gibt sich mit den Ergebnissen des von ihm geleiteten Rates für deutsche Rechtschreibung und mit dem Erfolg seiner Moderatorenbemühungen recht zufrieden. Er ist wohl der Ansicht, mit dem »notwendigen Kompromiss« die »starren Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern der Rechtschreibreform« genügend abgebaut zu haben. Ob ihm das wirklich gelungen ist, könnten aber nur die Kontrahenten, die er miteinander »versöhnen« wollte (auch das nannte er einmal als sein Ziel) bescheinigen. Da würde wohl mancher Reformer protestieren. Auf der Seite der Reformgegner, die in seinem »Rat« extrem untervertreten waren, weshalb der Kompromißcharakter der Ergebnisse sowieso zweifelhaft erscheint, nennt er hier nur »viele Zeitungen und Zeitschriften« und »Deutsche«, die von ihren »traditionellen Lesegewohnheiten« nicht lassen wollen. Die Hauptgegner der Reform erwähnt er gar nicht: die Mehrheit der gebildeten der deutschen Sprache kundigen Menschen vom einfachen Bürger bis hin zu den bedeutendsten Schriftstellern und Wissenschaftlern, also die intellektuelle und literarische Elite der deutschsprachigen Kultur, zu der er sich gerne und nicht zu Unrecht selbst rechnet. Wie ist eine solche Leugnung der kulturellen Tragweite der Problematik nur möglich?

Es wird ihm gerne eine besondere Schläue unterstellt, und so könnte man denken, er stellt sich da einfach bewußt einfältig an, dafür wüßte man inzwischen ja einige Beispiele. Fragt sich nur, mit welchen Absichten. Selbstverständlich weiß Hans Zehetmair, daß er mit diesem Ergebnis noch nicht einmal sein Minimalziel, nämlich »die schlimmsten Auswüchse« der Reform zu beseitigen, erreicht hat. Und er muß auch wissen, daß die zu erwartende Annahme der Vorschläge durch die KMK die Rechtschreibdiskussion keinesfalls beenden wird. Vielleicht weiß er auch, daß die Lösung auf den bisher versuchten Wegen nicht gefunden werden kann und hat – schlau – mitgeholfen, genau dies zu bestätigen. Dann wäre es bald Zeit, daß er mit einem brauchbaren Vorschlag dazu beiträgt, sein Ziel wirklich zu erreichen.

Oder es geht ihm wie vielen Deutschen: es ist ihm inzwischen wurscht. Es gibt Wichtigeres, wie Angie uns wissen ließ: Mehr Freiheit wagen und alle mehr arbeiten, insbesondere die Arbeitslosen. Wo bleibt der Voltaire, der diesen ganzen Schwachsinn in Weltliteratur ummünzt?

Dann hätten wir ihn durch die Hintertür – den kulturellen Höhepunkt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.01.2006 um 11.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2096

Ich bin ebenfalls der Meinung, daß Aust die Gelegenheit nutzt, den weiteren Rückbau durchzusetzen, ohne bei den Eigentümern anzuecken. Es kann ja niemand etwas dagegen haben, daß man den Vorschlägen des Rates folgt, wenn selbst ein Mann wie Zehetmair sich lobend darüber äußert. Außerdem war es so angekündigt: man wolle die Empfehlungen des Rates abwarten. Das ist also rein taktisch zu verstehen. Wir wissen ja, daß der SPIEGEL am liebsten die Reform entweder gar nicht mitgemacht hätte oder bald wieder zurückgekehrt wäre. Beides war angekündigt und scheiterte an den Eigentümern, wobei Bertelsmann die Hauptrolle gespielt haben dürfte. Bertelsmann hat gewiß auch jetzt schon genauere Kenntnis über die nächsten Schritte, aber auch für uns Außenstehende ist es nicht schwer zu erraten, daß die KMK die Vorschläge des Rates annehmen wird. Es ist ja fast nichts drin, was den eigentlichen Drahtziehern Kosten verursachen würde.
Am wichtigsten ist etwas anderes: die KMK hat ihre "Unstrittigkeits"-These nicht reibungslos durchsetzen können. Aber nun scheint wirklich Schluß zu sein. Der Vorsitzende kommt auch seit längerer Zeit nie mehr auf die Revisionsbedürftigkeit der Fremdwortschreibung zu sprechen, die ihm – als einer von vier Punkten – einst so sehr am Herzen lag. Die Nichtbehandlung der Groß- und Kleinschreibung (das geplante bißchen Kosmetik kann man vergessen) wird den Kompromißvorschlag vom März dieses Jahres unbrauchbar machen. Der Vorsitzende sieht das nicht, weil er, wie aus sämtlichen Äußerungen der letzten Jahren (die ich gesammelt und gerade noch einmal durchgesehen habe) eindeutig hervorgeht, das ganze Problem für eines der politischen Verhandlung und Vermittlung hält. Davon versteht er natürlich sehr viel, aber er ist leider auf der falschen Veranstaltung. Ratsmitglied Jakob Ossner hat das gerade in der Zeitschrift "Zeno" auch noch einmal dargestellt.
Besonders bedauerlich, daß die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ins selbe Horn wie die KMK stößt und dem Vorsitzenden falsche Hoffnungen macht, statt ihn zu warnen. Aber wie sagte doch Peter Eisenberg während der Mannheimer Anhörung, anderthalb Jahre vor dem Inkrafttreten der Reform? "Ein Scheitern der Reform wäre eine kulturpolitische Katastrophe." Aufbewahren für alle Zeit!
 
 

Kommentar von Stefan Stirnemann, verfaßt am 01.01.2006 um 10.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2095

Herr Zehetmair und Herr Aust
Das Volk ist schuld

Er wolle die starren Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern der Rechtschreibreform abbauen, sagte Zehetmair der Nachrichtenagentur ddp in Berlin.Die Weigerung vieler Zeitungen und Zeitschriften, die neue Rechtschreibung anzuwenden, sowie die traditionellen Lesegewohnheiten der Deutschen hätten einen Kompromiss notwendig gemacht.

Hans Zehetmair sagt damit, was er schon immer sagte. Am 30. April 2003 meinte er in der Passauer Neuen Presse: „Ich habe einigen Dingen die Zähne ziehen können. Aber aus heutiger Sicht und noch deutlicherer Kenntnis der deutschen Wesensart würde ich die Sache heute ganz zum Scheitern bringen. Wir hätten die Rechtschreibreform nicht machen sollen. Ich sage: Politik Hände weg von einer Rechtschreibreform! Sprache ist ein dynamischer Prozess, sie muss wachsen und entstehen.“

Deutsche Wesensart: Die Deutschen, denkt der deutsche Politiker, sind so unbeweglich und stur, daß sie nicht einmal eine Rechtschreibreform annehmen wollen. Also muß man warten, bis die jetzt Lebenden tot sind und die nächste Abfolge lebender Deutscher in der Schule ihre Unbeweglichkeit und Sturheit mit der neuen Rechtschreibung verknüpft hat, oder man muß einen Kompromiß anbieten.

Als Deutscher ist der Politiker Zehetmair der Meinung, die deutsche Sprache gehöre Deutschland. Und als Politiker denkt der Deutsche Zehetmair, daß das Volk die Politik stört, zum Beispiel mit seiner Wesensart.
Ist es nicht einfacher, wenn man ungestört befehlen kann? Das kann man, wenn die Zeitungen mitmachen.

Warum wartet Herr Aust nicht ab, was die Öffentlichkeit zu den Empfehlungen des Rates meint? In Deutschland und der Schweiz und anderswo werden zur Zeit Gutachten erarbeitet; es ist freilich fast keine Zeit dafür da. Aber man könnte doch wenigstens den Anschein von Demokratie wahren.

Die Regeln zum Getrennt- und Zusammenschreiben sind auch in der neuesten Fassung unbrauchbar.
In den nächsten Tagen und Wochen wird sich zeigen, was Herr Zehetmair, Herr Aust und andere Herren bereit sind in Kauf zu nehmen, nur um ein politisches Geschäft zum Abschluß zu bringen.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 31.12.2005 um 19.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2094

Bemerkenswert finde ich aber doch, daß der SPIEGEL den Empfehlungen des Rates schon jetzt folgen will, obwohl sie doch noch gar nicht in Kraft sind, d.h. die Billigung der KMK gefunden haben. Soll man darin nun vorauseilenden Gehorsam oder eine Taktik sehen, daß hier einfach Tatsachen geschaffen werden, die die anstehenden Entscheidungen beeinflussen sollen? Oder weiß der SPIEGEL bereits, daß das alles so eingeführt werden wird? - Was Aust an den noch zu erwartenden Empfehlungen "sorgfältig analysieren" will, möchte man gern wissen. Vielleicht geht es ja doch um einen möglichst geräuschlosen Rückzug auf Raten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.12.2005 um 17.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2093

Noch einen Meldung vom 31.12.2005:

"Berlin (ddp). Der Präsident des Rates für deutsche Rechtschreibung, Hans Zehetmair, versteht sich als «Moderator» der deutschen Sprache. Er wolle die starren Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern der Rechtschreibreform abbauen, sagte Zehetmair der Nachrichtenagentur ddp in Berlin. Die Weigerung vieler Zeitungen und Zeitschriften, die neue Rechtschreibung anzuwenden, sowie die traditionellen Lesegewohnheiten der Deutschen hätten einen Kompromiss notwendig gemacht. Nach den Korrekturen an der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Silbentrennung sowie der Interpunktion entscheidet der Rat am 25. Februar über die letzten Veränderungen bei der Groß- und Kleinschreibung. Anfang März werden die Empfehlungen des Rates der Kultusministerkonferenz (KMK) vorgelegt. Für die Schulen treten die Korrekturen am 1. August 2006 in Kraft. Insgesamt zieht der ehemalige bayerische CSU-Kultusminister eine positive Bilanz der bisherigen Arbeit des Rates für deutsche Rechtschreibung. Er sei mit dem Ergebnis «sehr zufrieden», sagte Zehetmair ein Jahr nach Bestehen des Gremiums. Für das 2006 hofft er, nicht mehr so unter Zeitdruck zu geraten. «Der Rat soll in ruhigere Gewässer kommen", sagte er. Der Rat plane vorerst nicht, noch weitere Teile der Reform anzugreifen. Fremdwörter würden nicht sofort geändert. Hier werde man abwarten, welche Schreibart sich in der Öffentlichkeit durchsetzt."

Anmerkungen dazu: Nicht die Weigerung der Zeitungen und nicht die Lesegewohnheiten der Deutschen, sondern die Fehler der Reform haben eine Revision nötig gemacht. Die Weigerung des Rates, weitere Bereiche der Neuregelung zu überarbeiten, verurteilt auch die bisherige Arbeit zum Scheitern, weil nur wieder ein unannehmbares Flickwerk herauskommen wird, das den ungeheuren Aufwand einer nochmaligen amtlichen Umstellung nicht rechtfertigt. Der "Zeitdruck" war selbstgeschaffen bzw. eingebildet. Die KMK und die Verlage wollten es so.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.12.2005 um 17.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2092

Wir werden uns das dann mal genauer ansehen. Wenn der SPIEGEL nun schon zum grundsätzlichen Gehorsam verpflichtet ist, kann er durch kluge Ausnutzung der Spielräume innerhalb des vom Rat "Erlaubten", wenn auch nicht Amtlichen, durchaus eine passable Schreibweise entwickeln. Die indiskutable Silbentrennung wird er ja wohl nicht einführen. Die wievielte Hausorthographie mag es sein? Im März kommt dann die nächste.
Denkwürdig bleibt es aber doch, daß ausgerechnet der SPIEGEL sich nicht von einer experimentellen Schreibweise zu befreien vermag, deren Mißerfolg sonst von allen Dächern gepfiffen wird.
 
 

Kommentar von Norbert Schäbler, verfaßt am 31.12.2005 um 17.03 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2091

„Macht“ auf Umwegen zu sich selbst

Wenn denn die Komplimente von Stefan Aust („... insbesondere die Änderungen in der Getrennt- und Zusammenschreibung sind eine Rückkehr zur Vernunft ...“) ehrlich gemeint sein sollten, dann könnte man umgekehrt daraus schließen, daß der Spiegel längere Zeit unvernünftig war.
Wenn Stefan Aust nun den Vorschlägen der „Zehetmair-Kommission“ Folge leistet und auch künftige Vorschläge sorgfältig analysieren und ebenfalls übernehmen will, dann deutet er eine Verhaltensänderung an, die keine ist, denn der „Spiegel“ handelt auf Empfehlungen der Staatsmacht hin. Er läßt analysieren, um danach zu vollstrecken.
Wenn Stefan Aust von „weiteren Empfehlungen“ des Rates spricht, dann handelt es sich um Augenwischerei (geradezu um eine vorsätzliche Lüge), denn der Chefredakteur eines der führenden Nachrichtenmagazine müßte eigentlich wissen, daß es keine großartigen Änderungen mehr geben wird.

Somit entpuppt sich der Spiegel zunehmend als Sprachrohr der Reformbetreiber.
Obwohl Aust genau weiß, daß alle Bereiche der Rechtschreibreform „strittig“ sind, läßt er sich und seinem Nachrichtenmagazin die sog. „unstrittigen“ Bereiche überstülpen.
Zudem überschüttet er bei geringfügigen Änderungen die Reformbetreiber mit unverdienten Komplimenten.
Derartige Unterwürfigkeit der sog. Vierten Staatsmacht soll einer verstehen!
 
 

Kommentar von DER SPIEGEL 31.12.2005, verfaßt am 31.12.2005 um 15.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2090

SPIEGEL folgt der Zehetmair-Kommission

Von seiner am Montag erscheinenden Ausgabe an folgt das Hamburger Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL den bisherigen Ergebnissen des Rats für deutsche Rechtschreibung. Die von dem früheren bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair geleitete Kommission hat die missglückte, seit dem 1. August 2005 aber in den meisten Bundesländern als verbindlich geltende Reform korrigiert, einige Empfehlungen wie die zur Groß- und Kleinschreibung stehen noch aus. Der SPIEGEL folgt insbesondere den Änderungen in der Getrennt- und Zusammenschreibung. "Sie sind eine Rückkehr zur Vernunft", sagt SPIEGEL-Chefredakteur Stefan Aust. Der SPIEGEL werde "die weiteren Empfehlungen sorgfältig analysieren und ebenfalls übernehmen, wenn sie so vernünftig sind wie die bisherigen".

www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,392890,00.html
 
 

Kommentar von Karsten Bolz, verfaßt am 31.12.2005 um 13.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2089

Ist schließlich naheliegend: "Verlag an der Este" und "am Besten". Ich habe gerade keinen Atlas zur Hand, um nachzuschauen, wo der Beste liegt. Ich wünsche allen das beste (Beste?) für das neue Jahr.
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 30.12.2005 um 22.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=341#2088

Die "in Kraft getretene" (meine Assoziationen sind hier etwas unanständig) Reformschreibung ist sehr wichtig für die Bildung, das weiß auch die Redaktionsleitung des "Verlag an der Este", der sich ausschließlich der Leseförderung verschrieben hat. Im Editorial des neuesten Katalogs kann man das lesen: "Sie wissen am Besten, wie wertvoll und wichtig Lesen für die Entwicklung der Kinder ist."
Aber gewiß doch.
 
 

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