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10.09.2005
Beirat und Rat
Der Anfang vom Ende
Obwohl über die Arbeit des Beirates wenig nach außen drang und seine Stellungnahmen belanglos blieben, ist seine Tätigkeit bedeutsam. Zum erstenmal bahnte sich hier an, daß nicht mehr Fachleute, sondern Interessenvertreter, die sogenannten „Verbände“, über die deutsche Schriftsprache zu befinden haben.
In der Sprache der KMK sind das „Vertreter von Institutionen, die aus ihrer Erfahrung im Umgang mit dem Schreiben die Fortentwicklung der Rechtschreibung in der jeweiligen praktischen Umsetzung kompetent beurteilen können.“ Welche besondere Erfahrung der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Bundeselternrat oder der Börsenverein „mit dem Schreiben“ haben, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand.
Im „Rat“ setzte sich das gesteigert fort. Die Sprache wird seitdem zwischen politischen Kräften und wirtschaftlichen Interessen hin und her gezerrt.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.11.2019 um 04.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=219#42377
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Nachtrag zur Dokumentation:
Kultusministerkonferenz-Pressemitteilung Bonn, 8.2.2001
Beirat für die deutsche Rechtschreibung
Am 8.2.2001 ist der Beirat für die deutsche Rechtschreibung zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommen.
Der Beirat für die deutsche Rechtschreibung hat die Aufgabe, zu den von der Kommission für die deutsche Rechtschreibung an die staatlichen Stellen im zweijährigen Turnus vorzulegenden Berichten Stellung zu nehmen. Gegenstand der Stellungnahme ist die Praktikabilität und die Akzeptanz von Vorschlägen der Kommission in der Sprachgemeinschaft.
In den Beirat hat die Kultusministerkonferenz im Einvernehmen mit der Bundesregierung Vertreter von Institutionen berufen, die aus ihrer Erfahrung im Umgang mit dem Schreiben die Fortentwicklung der Rechtschreibung in der jeweiligen praktischen Umsetzung kompetent beurteilen können.
Folgende Organisationen wurden um ihre Teilnahme gebeten: P.E.N.-Zentrum Bundesrepublik Deutschland, Verband deutscher Schriftsteller in der IG Medien, Deutscher Journalistenverband, Bundesverband deutscher Zeitungsverleger e.V., Verband deutscher Zeitschriftenverleger e.V., Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen, Börsenverein des Deutschen Buchhandels, VdS Bildungsmedien e.V. (vormals Verband der Schulbuchverlage), Bundeselternrat, Deutscher Gewerkschaftsbund (Lehrerorganisationen), Deutscher Beamtenbund (Lehrerorganisationen), Deutsches Institut für Normung, Dudenredaktion, Bertelsmann-Lexikonverlag, Wahrig-Wörterbuchredaktion.
Die Mitglieder des Beirats sind ehrenamtlich tätig.
Die Einrichtung des Beirates ist international mit Österreich und mit der Schweiz abgestimmt worden. Von dort wurde erklärt, dass derzeit von einer Teilnahme am Beirat abgesehen wird.
Folgendes Verfahren ist für die Arbeit des Beirats verabredet worden: Die Kommission für die deutsche Rechtschreibung leitet ihren den staatlichen Stellen vorzulegenden Bericht zunächst dem Beirat zu. Der Beirat erörtert den Bericht zusammen mit der Kommission in einer eigenen Sitzung, nachdem er die Vorschläge der Kommission unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und der Akzeptanz in der Sprachgemeinschaft geprüft hat. Die Kommission leitet dann - wie von der Kultusministerkonferenz in Auftrag gegeben - ihren Bericht den staatlichen Stellen bis Ende 2001 zu.
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Die Pressemitteilung verkleistert das Zerwürfnis zwischen den deutschsprachigen Staaten. Außerdem fällt die informelle "Verabredung" auf. Der Beirat war eben eine ziemlich kopflose Reaktion der KMK auf das Versagen der Zwischenstaatlichen Kommission.
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Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 12.09.2005 um 14.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=219#934
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Gesetzt, man kehrte ab sofort zum Prinzip der Beobachtung und Sanktionierung des Schreibusus zurück (Google erleichert das jetzt ungemein). Man hätte dann sehr viele der Reformschreibungen als hinreichend etabliert hin- und in die Wörterbücher aufzunehmen. (Die würden dicker als zuvor, was die Verlage ja gerade nicht wollten.)
Wie auch immer der Usus entstanden ist - er ist nun einmal da. Leider kann man nicht zum Vergleich auf den Google-Inhalt von vor 10 Jahren zurückgreifen - es gibt ihn nicht. (Auch nicht den von vor einem Jahr oder Monat.) Es mag zwar genügend 10 Jahre alte Textdateien geben, die man auswerten könnte, um den reformbedingt entstandenen neuen Usus nachzuweisen. Aber wer wird das machen wollen und wer wird es anerkennen? Wer könnte also eruieren, was in den 10 Jahren "natürlich" entstanden wäre und was nicht? Die Verzerrung ist mindestens zu einem guten Teil irreversibel.
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Kommentar von Maier, verfaßt am 12.09.2005 um 13.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=219#933
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Ist jetzt für uns wirklich schon alles aus, Herr Ickler?
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Kommentar von Jochen Gruber, verfaßt am 12.09.2005 um 13.48 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=219#932
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"Der Anfang vom Ende"
Der Anfang vom Ende der Chance auf Rückkehr zur alten Rechtschreibung?
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