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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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23.06.2005
 

Unaufwändig

Der KMK-Beschluß begünstigt die Schulbuchverlage.
Das ist kein Wunder, denn am 3. Juni 2005 spielte, wie aus der Amtschefskommission der Kultusminister zu erfahren ist, die Rücksichtnahme auf die Schulbuchverlage ausdrücklich eine Rolle.

»21.06.2005 (Bildungsklick) Begrüßt haben die Schulbuchverlage die Entscheidung der Kultusministerkonferenz, die unstrittigen Teile der Rechtschreibreform zum 1.8. 2005 endgültig in Kraft zu setzen.

Die durch den Rat für die deutsche Rechtschreibung empfohlenen Änderungen bei der Getrennt- und Zusammenschreibung lassen sich nach Auffassung der Verlage relativ unaufwändig in die Schulbücher einarbeiten.
Auf ihrer Verbandstagung in Schwerin machte der Verband der Schulbuchverlage (VdS Bildungsmedien e.V.) aber auch deutlich, dass dies nicht ohne Kosten für die Verlage ablaufen werde. Die Verleger äußerten die Erwartung, dass durch diesen Kompromiss auch der "Rechtschreibfriede" insgesamt wiederhergestellt werden kann.«



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Kommentare zu »Unaufwändig«
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Kommentar von Wolfgang Scheuermann, verfaßt am 23.08.2005 um 15.32 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=153#909

Man meint zunächst, das sei ein Leserbrief zu einem ganz anderen Artikel. Dann erkennt man erst, daß er selbst eine höchst geschickte Polemik darstellt. An der Sache völlig vorbei, aber fast genial!
 
 

Kommentar von FAZ / Briefe an die Herausgeber, verfaßt am 22.08.2005 um 20.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=153#906

»Bayern ist kein gutes Vorbild

Zur "Fremden Feder" von Theodor Ickler. Er holt in seinem Beitrag ",Direkt generiert‘ – Die Politik der Schulbuchverleger" (F.A.Z. vom 1. August) zum großen Rundumschlag gegen die "gut organisierte Lobby" der Schulbuchverlage aus, gegen deren Durchsetzungswillen "die Interessen der Allgemeinheit keine Chance haben". Diese Polemik bedarf der Korrektur. Die Notwendigkeit einer Rechtschreibreform im deutschen Sprachraum und deren Inhalte waren zu keinem Zeitpunkt ein Anliegen der Schulbuchverlage. Im Gegenteil: Wir sind die einzige Berufsgruppe, die in finanzieller Hinsicht die Zeche für diese unglückliche "Reform" bezahlt hat. Wir waren unter Aufbringung erheblicher Kosten genötigt, unsere Verlagsprogramme auf die neue Rechtschreibung umzustellen, und wir mußten überdies große Mengen unverkäuflich gewordener Bücher makulieren. Der Schaden, der uns entstanden ist, läßt sich insgesamt schwer beziffern. 100 Millionen Euro werden mit Sicherheit nicht reichen. Auf der anderen Seite bescherte uns die Reform keinen einzigen Cent Mehreinnahmen. Die Kultusminister hatten die Reform als "kostenneutral" deklariert, will sagen, die Ausgaben für Lehrbücher wurden nicht erhöht, die öffentliche Hand kaufte trotz Reform kein einziges zusätzliches Schulbuch.

Persönlich bin ich durchaus kein Freund der neuen Rechtschreibregeln. Aber die Angst, erneut Opfer kultusministeriellen Reformeifers zu werden, erklärt sicher manche Reaktion aus Verlegerkreisen. Auch Schulbuchverleger sind für die Arbeitsplätze in ihren Betrieben verantwortlich. Völlig ins Abseits begibt sich Professor Ickler allerdings, indem er die Probleme der Rechtschreibreform mit der Einführung des Büchergeldes in Bayern in Verbindung bringt, um auf diese Weise die Schulbuchverlage zu diskreditieren. Dabei verzichtet er auf jegliche wissenschaftliche Sorgfalt: Einzelne Äußerungen werden aus dem Zusammenhang gerissen, um so die angebliche Macht eines in Wahrheit politisch und volkswirtschaftlich unbedeutenden Verbandes zu suggerieren. Glaubt Ickler denn allen Ernstes, ein Ministerpräsident Stoiber würde den Einflüsterungen der wenigen verbliebenen Schulbuchverleger erliegen? Die Stimme jeder großen Automobil-, Energie- oder Sonstwas-AG hat mehr Gewicht.

Viel schlimmer ist jedoch das Anrennen Icklers gegen die Einführung eines Büchergeldes in Bayern. Ist Professor Ickler bekannt, daß Bayern mit einer durchschnittlich dreizehnjährigen Ausleihzeit von Schulbüchern Schlußlicht unter den deutschen Flächenstaaten ist? Mit dem von der Bayerischen Staatsregierung eingeführten bescheidenen Büchergeld von 40 Euro im Jahr wird sich daran zwar nichts ändern, aber immerhin wird die Ausleihzeit auf circa acht bis neun Jahre verkürzt. Ähnliche Prozesse finden gegenwärtig in einer Reihe von Bundesländern statt. Für die Bereitstellung moderner Bildungsmaterialien ist dies alles bei weitem nicht ausreichend, aber wenigstens sind es erste Schritte zu einer zeitgemäßeren Ausstattung mit Schulbüchern. Doch während Ickler darin lediglich einen "Etappensieg der deutschen Schulbuchverlage" sieht, sind es gleichzeitig und in erster Linie Etappensiege für eine bessere Ausbildung unserer Jugend. Und dagegen sollte niemand etwas haben.

Gunnar Grünke, C.C. Buchners Verlag, Bamberg«


( F.A.Z., 23.08.2005, Nr. 195 / Seite 9 )
 
 

Kommentar von Klaus Malorny, verfaßt am 01.08.2005 um 20.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=153#843

Die letzte Pressemitteilung des FDS war ja nicht unbedingt schlecht, auch wenn ihr doch etwas der Pfiff gefehlt hat. Ihr Text, sehr geehrter Prof. Ickler, hätte, als Pressemitteilung verarbeitet, vielleicht aber doch den einen oder anderen reformfreundlichen Journalisten ins Grübeln gebracht, wie er sich über Jahre hinweg hat instrumentalisieren lassen.

Für mich zumindest haben die zitierten Äußerungen Skandalcharakter. Leider habe ich bis heute nicht begriffen, wann ein Skandal ein Skandal ist und wann nicht ...
 
 

Kommentar von F.A.Z. / Fremde Federn, verfaßt am 31.07.2005 um 19.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=153#831

»„Direkt generiert“ – Die Politik der Schulbuchverleger

Von Theodor Ickler


Die Einführung des Büchergeldes in Bayern ist ein Etappensieg des Verbandes der Schulbuchverlage (VdS Bildungsmedien). Dieser strebt seit vielen Jahren die Abschaffung der Lernmittelfreiheit an. Das Büchergeld - eigentlich eine überteuerte Leihgebühr - ist für den Staat ein gutes Geschäft, denn es ist doppelt so hoch wie die bisherigen Ausgaben der Kultusministerien für Schulbücher. Der VdS-Vorsitzende sagte denn auch auf der Hauptversammlung 2004 unverblümt: "Die Eltern erhalten wiederum nur alte Bücher, und das auch noch gegen relativ teures Geld." Erst wenn die Eltern jedes Jahr neue Bücher aus eigener Tasche bezahlen müssen, ist das Verbandsziel erreicht.

Wie der VdS die öffentliche Diskussion steuert, beschreibt er so: "Bei den in der Öffentlichkeit verwendeten Zahlen zu den Schulbuchausgaben und der Ausstattungsmisere haben wir mittlerweile eine Monopolstellung erreicht. Selbst die Ministerien stützen sich bei ihren Aussagen auf unser Zahlenwerk. Damit haben wir die Berichterstattung über das Thema Lernmittelfreiheit stark beeinflußt: Journalisten haben zumindest erkannt, daß Elternkauf in vielen Bundesländern selbstverständlich ist. Es gibt auch direkte Belege dafür, daß unsere Arbeit einen Meinungswandel bei Medien erzeugen konnte: So hat die "Frankfurter Rundschau" kürzlich unter weidlicher Ausschlachtung unserer Hintergrundmaterialien auf einer ganzen Themenseite eine ,sozialdemokratische' Position zur Lernmittelfreiheit entwickelt, die unserer Forderung nach einer einkommensabhängigen Regelung sehr nahe kommt." Und: "Direkt generiert haben wir eine breite Berichterstattung zu den rückläufigen öffentlichen Schulbuchausgaben."

Der Verband kämpft mit allen Mitteln für die Durchsetzung der Rechtschreibreform. Als die F.A.Z. mit ihrer Rückkehr zur bewährten Orthographie das ganze Unternehmen in Gefahr brachte, intervenierte er aufs energischste und konnte berichten: "Wir haben also nicht allein auf die Kultusminister, sondern auch auf alle Ministerpräsidenten der Länder massiv eingewirkt und diese in die Öffentlichkeit gezwungen mit klaren und unmißverständlichen Erklärungen zu einer Reformumsetzung. Parallel dazu haben wir unsere alte Verbändeallianz erneut mobilisiert, nämlich Lehrer- und Elternorganisationen, die sich auch prompt auf unsere Seite stellten, die durch die F.A.Z. ausgelöste Diskussion als unnütz deklarierten, für eine Beibehaltung der Reform votierten und uns somit eine sehr wichtige politische wie mediale Schützenhilfe gaben". Der Vorsitzende fügte hellsichtig hinzu: "Ich möchte nicht wissen, wie die Öffentlichkeit und unsere geneigten Kultusminister reagiert hätten, hätte sich die F.A.Z. vorab mit Spiegel, Focus und der Süddeutschen und vielleicht noch den Agenturen auf eine gemeinsame Attacke verabredet."

Am 19. Februar 2004 mahnte der VdS alle Kultusminister und am 16. Juli 2004 die Ministerpräsidenten, den Kritikern der Rechtschreibreform kein Gehör zu schenken und die Debatte zu beenden. Als treueste Verbündete lobt der VdS die hessische Schulministerin Wolff, die er als "Meinungsführerin" in Sachen Rechtschreibreform betrachtet. Sie war es auch, die zusammen mit ihrer Kollegin Schavan den "Rat für Rechtschreibung" ins Leben rief, um die Reform gegen den Widerstand der Bevölkerung doch noch durchzusetzen. Als dessen Verhandlungen aus dem Ruder zu laufen drohten, wurde der VdS aufs neue aktiv und versucht seither, den Rat von weitergehenden Korrekturen der Reform abzuhalten. Aus der Amtschefskommission der Kultusministerien war zu erfahren, daß beim jüngsten Plan, Teile der Reform am Rat vorbei einzuführen, wiederum die Rücksicht auf die Schulbuchverlage eine Rolle spielte. Den wohlbegründeten Alleingang von Bayern und Nordrhein-Westfalen kritisierte der Verband mit der absurden Behauptung, kostenträchtige Vorbereitungen zur Umsetzung der ersten (von der Politik noch gar nicht gebilligten!) Ratsbeschlüsse seien bereits im Gange.

Der verständliche Wunsch der Schulbuchverleger nach "Planungs- und Investitionssicherheit" mutiert im Mund der willfährigen Politiker und ihres journalistischen Gefolges zur Tugend schülerfreundlicher "Verläßlichkeit". Die Sprachrichtigkeit bleibt auf der Strecke. Der VdS gibt selbst zu: "Die große Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Reform weiterhin ab." Doch die Interessen der Allgemeinheit haben keine Chance gegen den Durchsetzungswillen einer gut organisierten Lobby.

Der Verfasser ist Professor für Deutsch als Fremdsprache an der Universität Erlangen-Nürnberg und vertritt das PEN.-Zentrum Deutschland im Rat für deutsche Rechtschreibung.«


( F.A.Z., 01.08.2005, Nr. 176 / Seite 8 )
 
 

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