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03.05.2012
Vorgreifer-es
Stilistische Feinheiten
Wann ein Korrelat es als sogenannter Vorgreifer eines Ergänzungssatzes gesetzt werden muß oder sollte, ist eine alte Frage.
Daher ist richtig, dass Schavan die Universität Düsseldorf gebeten hat, ihre Doktorarbeit zu prüfen. (taz 3.5.12)
Gemeint ist: "Es war richtig, das zu tun." Aber man versteht zunächst: "Es trifft zu, daß sie das getan hat." Das liegt am Fehlen des es.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.08.2016 um 06.17 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1516#33105
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Nebensätze können im Deutschen nicht unmittelbar mit Präpositionen angeschlossen werden; man muß ein Korrelat setzen:
Innovationen der Elektroindustrie sorgen dafür, dass unser Kaffee schon fertig ist, wenn wir morgens aufstehen. (Bundeswirtschaftsministerium April 2016)
Also nicht: sorgen für daß unser Kaffee fertig ist
In der Umgangssprache gilt das aber nicht so streng, ein Beispiel wäre auch Uwe Johnsons Für wenn ich tot bin.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 04.05.2012 um 11.48 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1516#20609
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Herr Achenbach hat recht, Herr Virch hat recht, Professor Ickler hat recht.
Ich könnte auch sagen:
Professor Ickler hat recht, Herr Achenbach hat recht, Herr Virch hat recht.
Vermutlich ist das für die Leser auch nicht genau dasselbe. Wobei der Leser in diesem Fall nur vermuten kann, welche Priorität mit der Reihenfolge verbunden sein könnte. Chronologie der Beiträge? Menge der Argumente? Objektive Triftigkeit der Argumente? Das Bedürfnis, jemandem zustimmen, dessen Wortmeldung sonst vielleicht nicht genügend gewürdigt wird? Persönliche Wertschätzung?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.05.2012 um 08.12 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1516#20606
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Wegen des richtig bleibt es natürlich grundsätzlich möglich, daß entweder die Handlung oder die Aussage darüber kommentiert wird. Bei zutreffend einerseits (Kommentar zur Aussage) oder berechtigt andererseits (Kommentar zur Handlung) wäre es jeweils eindeutig (es gibt noch eine Reihe Synonyme, die vielleicht noch besser passen). Für mein Gefühl wird im Originalsatz, wie angedeutet, eine bestimmte unpassende Lesart nahegelegt, und das liegt meiner Ansicht nach am fehlenden Vorgreifer. Ich kann mich natürlich irren und unterbreite den Fall einfach mal dem Urteil der anderen Leser. Wohlgemerkt, an der der logischen Zergliederung durch Herrn Achenbach zweifle ich nicht! Aber das ist wie mit Sie heirateten und bekamen eine Kind vs. Sie bekamen ein Kind und heirateten. Die beiden Sätze sind logisch äquivalent, da die Konjunktion zweier wahrer Aussagen wieder eine wahre Aussage ergibt. Und doch ...
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Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 03.05.2012 um 23.12 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1516#20604
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Fehlt das es im zitierten Satz, ist der Sinn nach meinem Empfinden entstellt, weil das richtig für ein veraltetes recht steht, und letzteres ginge hier nicht ohne es: "Daher ist es recht, dass Schavan die Universität Düsseldorf gebeten hat, ihre Doktorarbeit zu prüfen." Das ist stört allerdings auch dann noch.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 03.05.2012 um 22.15 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1516#20603
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Mir erscheint nicht, daß sich die Zweideutigkeit des zitierten Satzes aus dem fehlenden Vorgreifer-es ergibt. Auch mit Vorgreifer-es wäre der Satz nicht minder zweideutig.
Verändert man die Reihenfolge des Satzes so, daß ein Vorgreifer-es nicht mehr möglich ist, ergibt sich dieselbe Zweideutigkeit:
Daß Schavan die Universität Düsseldorf gebeten hat, ihre Doktorarbeit zu prüfen, ist richtig.
Für die Zweideutigkeit sind mehrere Gründe verantwortlich: 1. in erster Linie die Zweideutigkeit des Wortes richtig (angemessen vs. zutreffend), 2. die Verwendung eines daß-Satzes und 3. die Verwendung der Gegenwartsform.
Hieße der Satz "Daß ..., war richtig", wäre ein Fehlverständnis dagegen kaum möglich, denn man würde kaum sagen: "Daß ..., war zutreffend."
Bei Verwendung des Infinitivs mit zu wäre ein Fehlverständnis erst recht nicht möglich, denn die Infinitivgruppe ist kein vollständiger Aussagesatz, über dessen Zutreffen überhaupt geurteilt werden könnte.
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