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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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09.04.2012
 

Interjektionen
Abweichende Phonetik

Bekanntlich zeigen Interjektionen oft eine besondere phonetische Struktur, die in "normalen" Wörtern nicht vorkommt: pst usw.
Der kurze offene Vokal in na, ha usw. ist auch ungewöhnlich. (Wir haben das bisher im Zusammenhang mit der Silbentrennung besprochen.)
Besonders bemerkenswert ist da, weil es hier eine Dublette gibt. Mit langem a wird es als Zeigwort benutzt, mit kurzem a meist als Aufforderung, etwas zu nehmen (was der Sprecher gleichzeitig überreicht).
Das hat übrigens schon Karl Bühler beobachtet (Sprachtheorie S. 100f.).



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Kommentare zu »Interjektionen«
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 10.04.2012 um 23.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1511#20392

Gerade wegen dieser besonderen phonetischen Struktur ist es ja oft schwer oder gar nicht möglich, solche Ausdrücke in die deutsche Lautschreibung einzufügen. Die Verschriftlichung dieser Ausdrücke ist daher mehr oder weniger konventionell.

Sagen die Leute wirklich ha! und hä?, oder sagen sie nicht eher so etwas wie hah! und häh? oder hhh! usw.?

Kann man wirklich sagen, daß es sich in na! und ha! um kurze offene Vokale handelt, oder scheint es nur so wegen der konventionellen Schreibung?

Ein anderes Problem bei der Schreibung gewisser umgangssprachlicher Ausdrücke liegt darin, daß es im Deutschen kein Zeichen für den Knacklaut gibt. Der Duden schreibt für das kindliche Wort für Kot einfach Aa. Auch der Punkt unter dem zweiten a deutet immerhin an, daß es sich um zwei Silben handelt. Nach dem Duden soll es also auf der zweiten Silbe betont werden. Ich kenne nur die Betonung auf der ersten Silbe.
 
 

Kommentar von Der Lehmann, verfaßt am 15.04.2012 um 17.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1511#20428

Noch ne Dublette, wa?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.11.2018 um 16.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1511#40040

Chiswell made the angry, subterranean noise usually rendered as ´harrumph´, then got to his feet.
(Robert Galbraith: Lethal White. London 2018:148)

In Wörterbüchern usw. wird eine Leseaussprache angegeben, die aber nicht gemeint sein kann, sonst würde J. K. Rowling nicht diesen Kommentar einfügen. Wenigstens die Online-Sounddateien könnten doch das tierische Geräusch bringen, das man sich vorstellen kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.11.2024 um 03.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1511#54224

Eine wirklich phonetische Schrift würde beliebige Geräusche wiedergeben. Das ist auch mit dem umfangreichsten phonetischen Alphabet nicht möglich, wie man schon an den Vogelstimmen sieht. Wer die Rufe des Sperlings nicht kennt, wird sie im lautmalenden tschilpen nicht wiedererkennen (vgl. die hilflosen Versuche in den Bestimmungsbüchern), aber wer sie kennt, dürfte das Verb recht treffend finden – die übliche psychophonetische Illusion. Das Verb hat Laut für Laut keine Entsprechung im Vogelruf.
Duden gibt an: „(vom Sperling) kurze, helle Laute von sich geben“. Hier ist die Beschränkung auf bestimmte Subjekte ausnahmsweise verzeichnet, wenn auch nur als Zusatz. „Kurze helle Laute“ ist praktisch wertlos, weil viel zu unbestimmt.

Die IPA-Umschrift ist streng auf menschliche Sprache beschränkt. Nur der Filter des Minimalpaartests entfällt, der die Zahl der Laute radikal einschränkt. Im übrigen befinden wir uns damit keineswegs auf der Ebene der akustischen oder physikalisch-physiologischen Beschreibung, sondern haben den Schalleindruck bereits als artikulierte Sprache voranalysiert.

tschilpen ist das einzige deutsche Wort mit diesem Anlaut (wenn man von tschingderassabum absieht, das keiner Wortart zuzuordnen ist und per default als „Interjektion“ eingeordnet wird). Soll man nun tsch- zu den deutschen Anlauten rechnen?

(Diese Gedanken kommen mir, wenn ich morgens an einer Hecke vorbeigehe, in der zwei Dutzend Spatzen geradezu ohrenbetäubend tschilpen, warum auch immer. Die Spatzen sind wie alle Vögel außer Amseln und Krähen seltener geworden. Sie tun sich an den Pferdeäpfeln gütlich, von denen es immer mehr gibt, seit einige Bauern von Milchvieh auf Reitpferde umgestellt haben. Pferde sind ja schlechte Futterverwerter, so daß in ihrem Kot noch manches zu finden ist, im Gegensatz zu den Kuhfladen, die durch vier Mägen gegangen sind.)
 
 

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