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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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18.06.2005
 

Stifterverband verunglimpft Bundespräsidenten

„Wissenschaft tut Not“
So ist das Geleitwort des Bundespräsidenten zum Jahresbericht des Stifterverbandes überschrieben. Im Text selbst erklärt uns Horst Köhler, daß „Navigare necesse est“ auf deutsch heiße „Seefahrt tut Not“, und gleich anschließend kommt derselbe Schnitzer noch einmal. Soll man daraus schließen, daß entweder das Staatsoberhaupt kein Deutsch kann oder der Stifterverband ihn bloßstellen wollte? Aber warum eigentlich?

Die Zeitschrift des Stifterverbandes erscheint seit Jahren in einer noch dazu fehlerhaften Reformschreibung (bis auf meinen Vortrag zum Deutschen Sprachpreis). Chefredakteur ist Michael Sonnabend.



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Kommentare zu »Stifterverband verunglimpft Bundespräsidenten«
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Kommentar von Ruth Salber-Buchmüller, verfaßt am 18.06.2005 um 12.38 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=143#464

Ebenfalls: WAZ 18.06. EU-Gipfel in Brüssel gescheitert
Besinnung tut Not

Hier könnte man sogar interpretieren, daß eine Besinnung Not bereitet.

 
 

Kommentar von Fritz Koch, verfaßt am 18.06.2005 um 13.33 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=143#465

Horst Köhler kann kein Latein. Si tacuisset! (Wenn er geschwiegen hätte!) In jedem Lateinwörterbuch steht: necesse = notwendig; necesse esse = notwendig sein; necessitas = Notwendigkeit. "Not" ist etwas anderes.
 
 

Kommentar von Michael Sonnabend, verfaßt am 12.10.2005 um 00.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=143#1125

Mein lieber Herr Ickler, Sie sollten doch die Dinge nicht allzu sehr durcheinander bringen. Obiges Zitat von Herrn Köhler stammt, wie Sie anfangs richtig schreiben, aus dem Jahresbericht des Stifterverbandes. Ihr Vortrag zum Deutschen Sprachpreis erschien allerdings in der Zeitschrift des Stifterverbandes, die "Wirtschaft & Wissenschaft" heißt und mit dem Jahresbericht nicht das Geringste zu tun hat. Nun gut.

Ihre Einstellung zur Rechtschreibung ist mir eigentlich herzlich egal. Ich denke jedoch, der Einzige, der hier Herrn Köhler verunglimpft, sind Sie. Ihre Besserwisserei ist mittlerweile nervtötend!

 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 12.10.2005 um 01.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=143#1126

Hallo Herr Sonnabend,

Ihre Bemerkungen fand ich interessant. Zunächst hatte ich den Eindruck: Das inhaltliche Versehen, das Sie richtigstellen, ist einigermaßen belanglos. Ob ein Zitat aus dem Jahresbericht oder aus der Verbandszeitschrift stammt, ist das der Mühe wert mitgeteilt zu werden? Finden Sie nichts Interessanteres, was Sie an den vielen hundert Beiträgen von Professor Ickler korrigieren könnten? Sie selbst schreiben ja "Nun gut" dazu, was ich mit "Was soll's" übersetze.

Daß Ihnen die Einstellung eines Menschen zur Rechtschreibung herzlich egal ist, paßt dazu, daß Sie die neue Rechtschreibung verwenden. Das tun Leute, denen die Rechtschreibung herzlich egal ist. Ich halte das nicht für einen charakterlichen Mangel, aber schon für einen beruflichen Mangel, wenn es sich um einen Chefredakteur handelt. Denn die Texte, die er verantwortet, werden von vielen hundert oder vielen tausend Menschen gelesen. Das ist, wie wenn der Chefdesigner einer Modefirma sagt: Mir ist es herzlich egal, aus welchen Materialien unsere Bekleidung gefertigt wird. Dieses Achselzucken im Bereich der Schriftproduktion ist doch einigermaßen befremdlich. In Frankreich oder Großbritannien wäre so etwas grotesk, man würde von einer falschen Berufsentscheidung sprechen. Aber in Deutschland wird der Verlust von kultureller Substanz schon mal hartnäckig als Fortschritt verteidigt.

Zum Beispiel wirkte auf mich die Entscheidung der meisten Chefredakteure zugunsten der Rechtschreibreform, denen der Fachmann sofort die völlige Inkompetenz ihrer Urheber ansieht, derart abstoßend, daß ich mich entschlossen habe, keine Zeitungen mehr zu kaufen, die in der Neuschreibung herauskommen. Ich möchte es nicht unterstützen, daß unnötig Minderwertiges produziert und verarbeitet wird.

Ich finde übrigens auch, daß die Interpretation, der Bundespräsident sei verunglimpft worden, weil man ihm die Urheberschaft an der Schreibung XY ist Not als Übersetzung von XY necesse est andichtet, übertrieben ist, weil doch der aufmerksame Zeitgenosse inzwischen weiß, daß solche lächerlichen Schreibungen auf die Richtlinienkompetenz des betreffenden Chefredakteurs zurückgehen.

Das hat durchaus Auswirkungen auf das Image. Wie seriös sind solche Publikationen? Welche Zuverlässigkeit hat der Inhalt, wenn das Kleid mit völliger Indifferenz zugeteilt wird? Da können schon kleine, ja winzige Versehen Zweifel auslösen, zum Beispiel ein solcher Mißgriff, wie ihn Professor Ickler hier vorgeführt hat, nämlich die Übersetzung des lateinischen Adektivs necesse mit dem Substantiv Not (bzw. mit dem "Adjektiv" Not, das plötzlich wie ein reinrassiges Substantiv aussieht).

Ich gebe Ihnen ein Beispiel, das ein wenig anders gelagert ist, aber die möglichen Folgen veranschaulicht. In einer Zeitschrift, der ich eine relativ hohe Glaubwürdigkeit zumesse, stand zu lesen - wie auch in praktisch allen anderen Zeitungen -, der rätselhafte "Piano Man", der in einer britischen Einrichtung der Psychiatrie gestrandet war, habe stundenlang die herrlichste Musik gespielt: virtuose Klavierkonzerte, aus dem Gedächtnis. Viele Wochen später wurde das dahingehend verändert, daß er stundenlang einen einzigen Ton repetiert habe. Was für ein Unterschied! Seitdem habe ich die Vertrauenswürdigkeit, der ich der Zeitung zumesse, erheblich nach unten geschraubt: Es könnte alles komplett falsch sein. Gegen alles, was ich da lese, setze ich ein größeres Mißtrauen als zuvor. Obwohl die Zeitschrift ihrerseits einer Falschmeldung aufgesessen ist. Aber sie hätte ja besser recherchieren können, anstatt einfach jeden Unsinn abzuschreiben, der irgendwo anders in die Welt gesetzt worden war, oder?
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 12.10.2005 um 03.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=143#1127

W. Wrase: Das inhaltliche Versehen, das Sie richtigstellen, ist einigermaßen belanglos.

Welches inhaltliche Versehen müßte hier richtiggestellt werden? Herr Ickler bezieht sich nur im ersten Absatz auf den Jahresbericht des Stifterverbandes. Völlig unabhängig davon schließt er im zweiten Absatz eine Bemerkung über die Zeitschrift des Stifterverbandes an. Alles ist schon genau so, wie es Herr Sonnabend darlegt (und der Text von Herrn Ickler ist auch nicht nachträglich geändert worden, wie ein Blick in den Cache von Google zeigt) – wo ist das Problem? Es gibt keines.

Vielleicht hat ja Herr Sonnabend das im letzten Moment gemerkt und deshalb noch das "Nun gut" hinzugefügt, anstatt seinen Beitrag zurückzuziehen. Aber offenbar mußte er etwas loswerden: Selbst wenn ihm "eigentlich" Herrn Icklers Einstellung zur Rechtschreibung egal ist – dessen "Besserwisserei" (zu ergänzen: in Sachen Rechtschreibung) aber ist nervtötend. Aha.

Außerdem betont Herr Sonnabend, daß die Zeitschrift des Stifterverbandes, deren Chefredakteur er ist, "mit dem Jahresbericht nicht das Geringste zu tun hat." Das Zitat von Herrn Köhler, auf das sich Herr Ickler bezieht und welchen Bezug Herr Sonnabend hier kommentiert, stammt aber aus dem Jahresbericht. Hmm.


Herr Sonnabend, was Sie geschrieben haben, paßt vorn und hinten nicht zusammen. Nun gut – jeder führt sich selber vor, so gut er kann. Besonders peinlich für Sie ist allerdings, daß Sie Herrn Ickler an einem Punkt "Besserwisserei" vorhalten, an dem Sie genausogut Bescheid wissen sollten wie er, was richtig ist. Warum aber handeln Sie nicht danach?

 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 12.10.2005 um 04.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=143#1128

Tatsächlich, da gab es ja gar nichts richtigzustellen. Deshalb erlaube ich mir den Beitrag von Herrn Wagner wie folgt richtigzustellen:

Welches inhaltliche Versehen müßte hier richtiggestellt werden? ... Alles ist schon genau so, wie es Herr Ickler darlegt ...

Andernfalls bliebe ein gewisses argumentatorisches Ungleichgewicht in dem richtigstellenden Beitrag von Herrn Wagner erhalten, vergleiche:

Alles ist schon genau so, wie es Herr Sonnabend darlegt ...

Herr Sonnabend, was Sie geschrieben haben, paßt vorn und hinten nicht zusammen.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 12.10.2005 um 04.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=143#1129

W. Wrase: Alles ist schon genau so, wie es Herr Ickler darlegt ...

Und welchen Sinn soll jetzt das "schon" in diesem Satz haben? – Sie haben natürlich recht, meine Formulierung ist nicht ganz klar. Ich wollte aber durchaus darauf hinaus, daß die "richtigstellenden" Ausführungen von Herrn Sonnabend genau das einfordern, was schon dasteht, und daher läuft seine Kritik ins Leere. Auch das trägt dazu bei, daß bei seinem Beitrag vorn und hinten nichts zusammenpaßt – eben nicht nur innerhalb seines Beitrags, sondern auch, wenn man diesen an der Realität des Icklerschen Tagebucheintrags mißt. Welches argumentatorische Ungleichgewicht bleibt dann noch?
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 12.10.2005 um 04.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=143#1130

Ach so: "schon" kann hier ja sowohl "durchaus" als auch "bereits" bedeuten. Ich hatte letzteres gemeint.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.10.2005 um 05.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=143#1131

Wie Herr Wagner schon gezeigt hat, ist mir kein Versehen unterlaufen, ich habe auch nichts durcheinandergebracht. Selbstverständlich verunglimpfe ich den Bundespräsidenen nicht, sondern weise mit einer Prise Ironie nach, daß die Reformschreibung jeden Verfasser, der sich nicht dagegen wehrt, bloßstellt. Die "Gleichgültigkeit", die Herr Sonnabend für sich in Anspruch nimmt, erstreckt sich auch auf die Sprachrichtigkeit. Das ist bedauerlich, aber immerhin: er reagiert mal, und das ist ja schon ein gutes Zeichen. Übrigens hatte ich über die Jahre hin (auch unter www.rechtschreibreform.com) eine Fülle von Sprachverhunzungen in der von Sonnabend redigierten Zeitschrift nachgewiesen. Darüber ist auch kein Streit möglich, die Fälle sind eindeutig. Der wohlfeile Vorwurf der "Besserwisserei" ist mir allzu vertraut, als daß ich mich darüber ärgern könnte. Alle Leser wissen es besser als der Redakteur, aber er bleibt - gleichgültig.
 
 

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