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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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27.02.2010
 

Sprache der Idee
Neuer Aktionismus

Der Bundesaußenminister hat die Aktion "Deutsch – Sprache der Ideen" eröffnet. Die Zeitungen machen sich schon darüber lustig. Man versteht ja auch nicht so recht, was darunter zu verstehen ist. (Ist nicht Griechisch die Sprache der "Ideen"?)

Ob der Staat solche Kampagnen durchführt, um die Schäden vergessen zu machen, die er mit seiner allerschönsten "Idee", der Rechtschreibreform, angerichtet hat?

Jedenfalls hat Westerwelle u. a. gesagt:
"Sprache kann beschäftigen. Dann muss sie auf den Punkt sein." Da kann man kaum widersprechen. Und laut amtlicher Pressemitteilung hat er auch gesagt:

"Wir nehmen das sehr Ernst in diesem Amt."

Schade, daß man die Großschreibung nicht hören konnte. Schon Oscar Wilde hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, Ernst zu sein.



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Kommentare zu »Sprache der Idee«
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.03.2010 um 22.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1282#15783

Mein letzter Satz ist wohl etwas erklärungsbedürftig. Ich sah "zurück" vor allem als Verbzusatz, aber als einzelnes Wort kann es m.E. natürlich auch ein Lokaladverb sein. Die Zuordnung lokal/temporal/modal ist vielleicht nicht ganz eindeutig.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 01.03.2010 um 12.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1282#15780

Hoffentlich bürgert sich Thomas Gottschalks Spruch aus der letzten "Wetten-dass"-Sendung: "den Ballon platzen machen" nicht als Umgangssprache ein. (T. G. hat zwar Deutsch und Geschichte für das Volksschul- und Hauptschul-Lehramt (aus?)studiert, aber wohl schon zu lange in den USA gelebt, um englische und deutsche Ausdrucksweisen noch unterscheiden zu können.) Eigentlich sind jetzt doch deutsche Ausdrucksweisen auf englisch Mode wie "thats a good train of him".
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 01.03.2010 um 10.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1282#15779

Damit stellt sich mir wieder die Frage, auf die ich schon lange eine Antwort suche:
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Fehler und einem Beleg? Oder anders: Wie viele Belege machen aus einem Fehler einen korrekten Gebrauch?
Einerseits heißt es allgemein, jeder Mensch könne mal einen Fehler machen, andererseits sind wir aber bei anerkannten Dichtern sofort bereit, alles für bare Münze und für eine geniale Idee zu nehmen.

Manchmal wird ja auch von einem bekannten Autor ein umgangssprachlicher Gebrauch aufgegriffen. Na gut, warum soll es nicht das Fernsehen genauso machen. So gesehen finde ich es auch in Ordnung.

Aber in "Er ist zurück" ein Adverb des Ortes? In dem Satz "Der Bart ist ab" haben wir auch kein Ortsadverb, oder?
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 01.03.2010 um 03.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1282#15778

Unser "zurück" ist nicht nur ein Lokaladverb der Richtung, wie man vielleicht annehmen möchte, weil wir es meist mit Verben der Bewegung verwenden, — es wird auch im Deutschen als Adverb einfach des Ortes verwendet, — wenn auch die Frage "wo" dazu nicht ganz passend ist, — und daher wohl Herrn Riemers Erstaunen. Aber wenn "er ist zurück" richtiges Deutsch ist, dann ist an "Herzlich willkommen zurück!" ebenfalls nichts auszusetzen. Neben "Er ist zu Hause" haben wir ja auch "Herzlich willkommen zu Hause!" Und das Englische und die anderen germanischen Sprachen haben das auch.

Eher stört mich der neuerliche Anglizismus in "Dann muss sie auf den Punkt sein." Unser "sein" mit Akkusativ? Daß jemand "auf etwas aus ist", das verstehen wir; aber daß Sprache je "auf den Punkt" wäre, — come on.
 
 

Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 28.02.2010 um 22.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1282#15776

willkommen zurück gibt es spätestens seit 1744:

Willkommen zurück! mein lieber Herr Sohn! (Zum zweyten male Sechs Lust-Spiele. So anfänglich in Dänischer Sprache geschrieben von Herrn Ludwig Holberg, Assessor des Consistorii und Professor der Universität in Coppenhagen. Anietzo aber ins Deutsche übersetzt worden von J.G.L.v.A. Coppenhagen und Leipzig, Bey Gabriel Christian Rothe. 1744, S. 300)

Dieser Beleg könnte vom Dänischen beeinflußt sein, aber der folgende scheint einwandfrei:

Willkommen zurück, Teufel! (Doktor Faust. Volks-Schauspiel. in fünf Akten. von Julius Soden, Reichs-Graf. Mit einem Kupfer. Augsburg, bey Georg Wilhelm Friedrich Späth. 1797, S. 29, gemäß den Errata auf S. 105)

Diese Stellen lassen sich mit der Google-Buchsuche finden (bei einer ›erweiterten Buchsuche‹ kann man sich auf Belege aus einem gewissen Zeitraum beschränken).
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 27.02.2010 um 20.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1282#15774

Vor wenigen Minuten begann "Olympia live" im Ersten mit den Worten:
"Herzlich willkommen zurück".
Solange es Mode ist, die Amerikaner immer nur nachzuplappern, kann man sich über eine Aktion "Deutsch – Sprache der Ideen" nur wundern.

Meine Söhne müssen ihre Diplomarbeiten auf englisch abgeben. Ich weiß nicht, ob sie wirklich "müssen", aber es wird ihnen eingeredet, nur so hätten die Arbeiten auch international eine Chance. Sprachliche Qualität spielt also bei neuen Ideen aus Deutschland zur Zeit keine Rolle, und Deutsch erst recht nicht.
Vielleicht bringt eine solche Kampagne ja doch mal einige zum Nachdenken.
 
 

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