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27.04.2009
Erdnüsse
Ein Argument gegen die Reform geht den Bach runter
Bisher konnten wir noch die Milliardenkosten gegen die Reform geltend machen, aber angesichts der Beträge, die zur Zeit für den letzten Unsinn (Abwrackprämie usw.) rausgeschmissen werden, kommt man sich wie ein Krämer vor, der nicht in großem Stil zu denken versteht.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.07.2014 um 14.52 Uhr
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Meine Töchter haben als erstes Wort so etwas wie papa gesagt. Das war aber nicht gegen die Mama gerichtet, wie ein Entwicklungspsychologe vermuten könnte, sondern lag wohl daran, daß die Mutter sowieso da war, der Papa nur ab und zu auftauchte, um seine Spracherwerbsstudien fortzusetzen.
Problematisch dagegen das erste Wort des Spracherwerbsforschers selbst: Ich soll als erstes pi gesagt haben. Wieder liegt der Entlarvungspsychologe falsch: Nicht ein besonderes Interesse an der Mathematik war mein Motiv, sondern die peanut butter, die mein Vater, als Koch bei der amerikanischen Besatzungstruppe beschäftigt, gelegentlich mit nach Hause brachte. Das prägt natürlich, ich esse noch heute gern ein Vollkornbrot mit Pi und bitterer Orangenmarmelade drüber, sehr kindlich. Elvis Presley kam zeitlebens nicht davon los (Toast mit Pi und Banane, überbacken, bis zum dicken Ende).
Im Wörterbuch fehlt gewöhnlich der Erdnußeffekt, der aber doch recht bekannt ist. Ich weiß nicht, ob man ihn schon erforscht hat. Ich erliege ihm am ehesten bei Haselnußschokolade.
Erdnüsse erinnern mich an den kleinsten Kleinhandel, den ich je erlebt habe. In Indien war es (und ist es vielleicht noch) durchaus üblich, daß ein Händler (oft ein Kind) auf einem Holzkohlenfeuer am Straßenrand Erdnüsse röstete und dann jeweils zehn davon auf einem Stückchen Zeitungspapier zum Verkauf bot, bei regem Zuspruch. Der Preis lag unter einem Pfennig, nach damaliger Umrechnung. (Wie schon gesagt, für 8 Pfennig konnte man in Hotels frühstücken.)
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Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 28.04.2009 um 11.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14376
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Ich hoffe ja darauf, daß sich die Haltung der Aachener Polizei durchsetzt, die angekündigt hat, "locker durchzuschreiben" (hier etwas unglücklich unter "Blüthen der Thorheit" aufgeführt), so daß sich die lesbarsten Varianten mit der Zeit durchsetzen. Wenn nur die Journaille einen ähnlich eigenen Kopf hätte wie unsere Polizei!
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.04.2009 um 11.04 Uhr
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Für die leidenschaftlichen Bücherwegwerfer könnte man ermitteln, welche Ausgaben in reformierter Rechtschreibung schon wieder dringend ausgemistet werden müssen, um die armen Kinder nicht zu verwirren.
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Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 28.04.2009 um 10.47 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14374
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Die Reform ist nicht tragfähig; in der Sache sind sich hier alle einig. Und genau deshalb wird sie nicht zusammenbrechen. Die Reformbefürworter wissen das nämlich auch und stützen sie. Diese Stützen sind hinreichend stabil – gerade auch um der Gesichtswahrung willen.
Daß in den Schulen die klassische Orthographie uneingeschränkt weitergelten sollte, sehe ich ebenso. Ich bezweifle allerdings, daß sich dann eine offene Konkurrenz ergäbe, in der sich die unreformierte Rechtschreibung als die bessere erweisen könnte. Die Schulbücher wären weiterhin in (irgendeiner Form von) Neuschrieb gehalten; die Lehrer würden sich wohl oder übel daran orientieren – nicht aus Überzeugung, sondern um den Schülern ein Stück Verläßlichkeit zu bieten.
Ein Problem sind die Medien, die sich freiwillig der Reform unterworfen haben. Welchen Anreiz haben sie, ihre Orthographie umzustellen? Für möglich halte ich es, sie mit einer neuerlichen Reform zu locken, die noch mehr Modernität, noch mehr Lernfreundlichkeit, noch mehr Logik bietet. Inhaltlich kann das dann eine Wiederannäherung an die klassische Orthographie sein.
Wir stellen leider fest (die Fundstücke in diesem Forum belegen das), daß die sprachliche Sensibilität in den Medien gelinde gesagt steigerbar ist. Sie ist jedoch unverzichtbar für einen Wettstreit um die beste Orthographie. IT-Programmen geht eine solche ohnehin vollends ab. Solange Texte stur per Rechner auf Rechtschreibrichtigkeit getrimmt werden, kommt es nicht zu einer offenen Konkurrenz der Orthographien.
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 27.04.2009 um 21.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14369
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Bei mir ist das wirklich vergebliche Liebesmüh' mit der Reform: ich hätte natürlich "Ereignissse" schreiben müssen. Und diesmal mußte ich tatsächlich die s-Anschläge mitzählen. Was für eine Schreiberleichterung!
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 27.04.2009 um 21.16 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14368
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Hat die Rechtschreibreform nicht eher zu mehr Fehlern geführt, lieber Germanist? Die Studie von Herrn Grund hat doch hier – allen Bremer Unkenrufen zum Trotz – erste Ergebnisse geliefert. "Küssten", "Ereignisse" und "Tapetenmusster" hat es jedenfalls früher nicht gegeben. Das Relativpronomen und der Konjunktor wurden schon mal verwechselt, aber davon blieben in der Vergangenheit zumindest die bestimmten Artikel verschont ("dass erste Auftreten, das man feststellte, ...").
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 27.04.2009 um 20.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14367
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Es bleibt als Aufgabe, die Eltern zu überzeugen, daß die Reformschreibung nicht zu weniger Fehlern und nur zu anderen Fehlern geführt hat, sogar bei der ss- statt ß-Schreibung.
Jedenfalls hat das Wort "Reform" einen negativen Beiwert bekommen.
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 27.04.2009 um 19.25 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14366
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Erzürnt wird die Redaktion freilich über das Chaos in der Klammer sein, wo das Sonderzeichen von Word für einen längeren Gedankenstrich offensichtlich nicht umgesetzt wird:
Es gibt in diesem Zusammenhang (die als Wahrheit anerkannte Lüge als Lebenselixier) übrigens eine sehr schöne Erzählung der amerikanischen Schriftstellerin Kate Chopin (1850–1904), die in Deutschland immer noch viel zu wenig bekannt ist.
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 27.04.2009 um 19.20 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14365
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Zu #14362:
die Wahrheit muß man immer dann hören (ob man es nun will, oder nicht), wenn rings um einen herum alles zusammenbricht. Denn was ist die Lüge anders als der schöne Schein! Wenn der verblaßt und die häßliche Realität dahinter zum Vorschein kommt, dann muß ich mich wohl oder übel mit ihr befassen.
Es gibt in diesem Zusammenhang (die als Wahrheit anerkannte Lüge als Lebenselixier) übrigens eine sehr schöne Erzählung der amerikanischen Schriftstellerin Kate Chopin (1850−1904), die in Deutschland immer noch viel zu wenig bekannt ist. (In den 80er Jahren hat man gewaltsam versucht, sie in hier wie in den USA dem Feminismus einzuverleiben. Mit eher mäßigem Erfolg, aber immerhin erschienen damals auch ein paar Übersetzungen.) Unter dem Titel „The Dream of an Hour“ erschien die Erzählung am 6. Dezember 1894 in der Zeitschrift „Vogue“ (und am 5. Januar 1895 noch einmal in „St. Louis Life“, falls das jemanden interessieren sollte).
Das Internet macht’s möglich, daß nun alle die Erzählung lesen können und dabei – so hoffe ich jedenfalls – womöglich auch noch Kate Chopin kennenlernen, was sie wirklich verdient:
www.pbs.org/katechopin/library/storyofanhour.html
Um nicht auf dem Verschiebebahnhof zu landen (und die Redaktion zugleich um Nachsicht zu bitten), füge ich hinzu, daß ich natürlich nicht möchte, daß Augst und Co. der Schlag trifft, wenn sie bald die Wahrheit erkennen müssen. Die Konkurrenz der beiden Schreibweisen (1148#14363) könnte die Wahrheit natürlich viel schneller zum Vorschein bringen. Hoffentlich ebenfalls ohne gesundheitliche Risiken für die Reformer.
Anders als Herr Ickler fürchte ich allerdings, daß das Gesicht bereits unwiederbringlich verloren ist. Wenigstens das bleibt aber Eisenberg durch sein zweigleisiges Fahren erspart. Vielleicht wird’s daher doch noch was mit dem Retter der deutschen Rechtschreibung. (Und damit müßte ich auch zur Zufriedenheit der Redaktion wieder auf die Bahn zurückgefunden haben.)
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Kommentar von Pt, verfaßt am 27.04.2009 um 18.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14364
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Sollte die klassische Rechtschreibung dauerhaft neben der aktuellen Schlechtschreibung auch an den Schulen anerkannt werden, so fällt die Notwendigkeit weg, die Schüler vor ersteren ''schützen'' zu müssen. Damit könnte der ganze Reformspuk recht schnell vorbei sein.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.04.2009 um 18.41 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14363
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Allzu viele Menschen sind der Meinung, die Reform sei zwar ein Schlag ins Wasser gewesen, aber nun sei sie einmal da und nur zu unzumutbaren Kosten wieder aufzuheben. Deshalb ist nur der Weg der Revision praktisch gangbar, der zugleich den Politikern hilft, das Gesicht zu wahren. Anzustreben wäre über die Revision hinaus die dauerhafte Anerkennung der nichtreformierten, offenkundig besseren und beliebteren Schreibweisen. Die ehrliche Konkurrrenz der beiden Schreibweisen würde zugunsten der besseren ausgehen, das weiß jeder. Es hat auch etwas für sich, den Schülern diesen menschenfreundlichen Spielraum zu gewähren, deshalb könnte es vielen einleuchten.
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Kommentar von Pt, verfaßt am 27.04.2009 um 18.25 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14362
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Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht,
auch wenn er dann die Wahrheit spricht.
Wer immer lügt, dem glaubt man gern,
wer will denn schon die Wahrheit hör'n?
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Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 27.04.2009 um 18.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14361
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Warum eigentlich nicht?
Wenn sich nicht bald die Akzeptanz der Bevölkerung einstellt, dann ist und bleibt die ganze Rechtschreibreform verfassungswidrig. (Und das ist nicht meine ganz private Interpretation.) Irgendwann möchten die Politiker vielleicht auch noch mal von mehr Leuten als den (schwindenden) Mitgliedern ihrer eigenen Parteien gewählt werden. Und da ist die Rechtschreibreform eben eine Lüge im Topf der vielen einst so verheißungsvollen Reformen. Man darf jetzt nur nicht aufhören daran zu erinnern. Dabei ist es ganz egal, ob die Politiker (oder die gleichgeschaltete Presse) das Thema nicht mehr hören mögen. Alle vier Jahre wird der Wähler schließlich gebraucht und hat die vielen Lügen (egal zu welchem Thema) immer mehr satt. Wer einmal lügt, dem glaubt man bekanntlich nicht. Und genau daran leidet ja derzeit die politische Kaste.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.04.2009 um 16.35 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14359
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Auf eine Rückkehr oder Rücknahme braucht man nicht mehr zu hoffen, jedenfalls nicht unter dieser Bezeichnung. Dazu gibt es auch zu wenige Menschen, die darin das kleinere Übel sehen würden. Es geht also immer nur vorwärts zurück ...
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Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 27.04.2009 um 16.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1148#14358
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Auf der anderen Seite wäre eine Rückkehr zur normalen Schreibweise auch ein Konjunkturpäckchen. Am besten schrittweise. Was dürften sich die Schulbuchverlage freuen.
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