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10.12.2008
Mund voll
Beobachtungen an Wörterbüchern
Im Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache von Langenscheidt sind folgende "Stichwörter" zu finden:
"Mund voll der; -, -; die Menge, die in den Mund passt Bissen: Komm, iss doch auf - es sind nur noch ein paar Mund voll!
Hand voll die; -, -; eine Hand voll + Subst eine kleine Menge oder Anzahl wenig(e): eine Hand voll Reis; Zu der Veranstaltung war(en) nur eine Hand voll Leute gekommen"
Rechtschreibduden und DUW verweisen unter "Mund voll" gleich auf "Mund".
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Bei Päderast wird im Rechtschreibduden usw. wenigstens auch noch die klassische Trennung zugelassen, in DUW aber nicht mehr, nur noch Pä-de-rast. Oft ist das DUW vernünftiger.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.06.2020 um 05.30 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#43818
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Komposita sind am Anfang motiviert, aber wenn die Motivation aufhört, der Benennungsfunktion zu dienen (indem ein Teil dem anderen Kontext gibt), setzt ein Verschleifen und Zerreden ein. So wird aus Handvoll Hampfel, Hämpfele usw.
Vgl. Wingert, vineyard.
Das Streben nach Durchsichtigkeit, wie an der volksetymologischen Nachdeutung erkennbar, und die Bequemlichkeit liegen in ständigem Widerstreit, und darum kommt die Sprache nie zur Ruhe.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.03.2019 um 08.05 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#41101
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Sehr gut dargestellt! Manche Reformer wollten Hand analog wie Faß usw. als Maßeinheit rechtfertigen, aber das geht wegen des hinzugefügten Adjektivs nicht; man sagt ja nicht zwei Hand Stoff. Umgekehrt kommt zwei Faß voll vor, wohl als Kontamination zweier Konstruktionen zu deuten.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 21.03.2019 um 10.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#41099
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Ich versuche mal eine Gegenüberstellung. Ich würde schreiben:
Die Tür steht eine Handbreit offen.
Die Öffnung ist eine Hand breit.
*Die Öffnung ist eine Handbreit.
Wie man sieht, ist beides nicht dasselbe, das darf man nicht einfach unterschlagen. Allenfalls könnte man diskutieren über
?Die Tür steht eine Hand breit offen.
Das schreibt auseinander, wer auch sagen würde:
Die Tür steht zwei Hände breit offen.
?Die Tür steht zwei Händebreit offen.
Letzteres widerstrebt mir, wäre aber evtl. auch möglich, oder?
Wer aber sagen würde
Die Tür steht zwei Handbreit offen.
Der muß auch die Einzahl zusammen schreiben, nicht:
*Die Tür steht zwei Hand breit offen.
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Kommentar von TheodorIckler, verfaßt am 21.03.2019 um 04.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#41096
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Der Duden läßt den Ratsuchenden mit folgender Auskunft allein:
„Handbreit, Hand breit, die
Wortart: Substantiv, feminin
Von Duden empfohlene Schreibung: Handbreit
Alternative Schreibung: Hand breit“
Wie kann die Wortgruppe Hand breit ein feminines Substantiv sein?
Natürlich wissen die Redakteure, daß das Unsinn ist. Ich nenne es Wörterbuchzynismus.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.11.2016 um 15.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#33736
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Über Handvoll usw., wovon IdS und Reformer anfangs nichts wissen wollten, handelt Elke Donalies im Sprachreport 32 (2016), Heft 2, S. 34-39. Der historische Ausblick und die ganze Darstellung der "Univerbierung" hätten gewonnen, wenn die Verfasserin die Dialektformen (Hampfel, Mümpfele usw.) einbezogen hätte, die sie offenbar mit ihrem Suchverfahren nicht gefunden hat.
„Wörter werden im Deutschen dadurch markiert, dass wir sie zusammenschreiben. (...)
Tatsächlich dürfen wir – so annonciert es uns aktuell der dafür zuständige Rat für deutsche Rechtschreibung – zwischen Wort und Wortgruppe frei wählen.“
Diese Gleichsetzung liegt auch der Rechtschreibreform zugrunde. Man folgert aus der Schreibweise, ob es sich um Morphologie oder Syntax handelt, und leitet die Schreibweise dann wieder aus dieser Unterscheidung ab.
Donalies betrachtet folglich die Entscheidung zwischen Zeitlang und Zeit lang als eine Entscheidung zwischen Wort und Wortgruppe. Sie übersieht, daß die neueren Belege für Getrenntschreibung großenteils auf der – nicht zuletzt in Korrekturprogrammen implementierten - Neuregelung beruhen. Die Statistik der Google-Belege wird dadurch unbrauchbar.
(Donalies schreibt übrigens Grüner Tisch, laut Duden klein zu schreiben. Man kann dies ihrem anderswo bekundeten „entspannten Verhältnis“ zur Orthographie zuschreiben.)
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Kommentar von R. M., verfaßt am 13.01.2009 um 12.18 Uhr
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Die Retrowelle rollt längst, in den besseren Vierteln, wo die Kinder Sophie, Charlotte, Emil und Friedrich heißen.
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 13.01.2009 um 00.28 Uhr
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Meine Sorgen möcht ich haben, schrieb Tucholsky. Ich bin mit einer Japanerin verheiratet, und unsere Kinder sollten einen Namen haben, der sowohl japanisch ein richtiger Name ist als auch deutsch ohne Schwierigkeit ausgesprochen werden kann und als Vorname gleich erkannt wird und dessen richtige Aussprache Amerikaner nicht ermorden können. Mein Gott, wir haben also zwei Töchter, und es ging gut — mit den Namen, meine ich. Bei einem dritten Mädchen oder einem Jungen hätte es gehapert. Ken hätte sich als einziger männlicher Vorname angeboten, aber diese Kurzform des keltischen Kenneth (mit der Bedeutung "tüchtig", "hübsch") ist wohl im deutschen Sprachraum doch immer noch recht ungewöhnlich, — wenn ich auch meine, daß auch Deutsche ihn wohl dem Gefühl nach ohne weiteres für einen männlichen Vornamen halten würden. Oder? — Übrigens gab's in Mitteleuropa mal eine Mode, wonach deutsche Nachnamen latinisiert wurden...
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Kommentar von Walter Lachenmann, verfaßt am 12.01.2009 um 21.18 Uhr
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Ich erinnere mich, als wir Mitte der 50er Jahre in der Leonberger Altstadt wohnten, neben dem sogenannten "Spittel", in dem allerlei anderweitig schwer unterzubringende Familien auf Kosten der Stadt zahlreich in engen Verhältnissen untergebracht waren, die trotz alledem reichlichen Nachwuchs ans Licht der Welt förderten – da dirigierte die Oma vom Dachbodenfenster aus das Treiben der Kleinen im Hof mit erzieherischer Professionalität: "Lüege isch, wemmer lüegt", "Harald, willsch a Bananele" und am meisten wurde nach dem Ramonäle gerufen, "Ramona" war damals ein erfolgreicher Schlager, ob das rotznäsige Schmuddelkind Ramonäle der im romantischen Liebeslied besungenen Ramona jemals in ihrem Leben in irgendeiner Weise entsprochen hat – man weiß zu wenig über die beiden. Jedenfalls zeugt die Namensgebung von einer gewissen Gefühligkeit der Namensgeber, das hat etwas Rührendes, gerade in diesen Verhältnissen, in denen es eher roh zugegangen ist.
Vor Jahren nahm ich an einem Forum teil, in dem die Teilnehmer sich über die jeweiligen Alter Gedanken machten – alle waren eher jung. Ich wollte meines nicht verraten, aber man gab mir zu verstehen, daß ich mit dem Namen "Walter" doch wohl zu den älteren Semestern gehören würde. Der Name ist ja auch nicht ganz ungermanisch, hat aber mit Deutschtraditionalismus nichts zu tun, einer meiner Onkel hieß halt auch so.
Irgendwo in Mittelfranken auf dem Lande, so ließ ich mir erzählen, soll es Familien geben, in denen alle Buben denselben Namen haben: Schorsch. Und das bei 9 Buben!
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 12.01.2009 um 20.40 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13751
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Lieber Herr Paulwitz, ich war überrascht, daß die Liste der häufigsten 2 x 500 Vornamen des Jahres 2008 Ihre damalige Darstellung sogar noch übertrifft. Der Befund ist eindeutig: Die Eltern wählen alles, nur keine "deutschen" Vornamen. Das Gegenteil von Traditionsbewußtsein – wie soll man das nennen? Innovationswahn? Profilierungssucht? Bei der Deutung der Motive muß man vorsichtig sein. Immerhin entscheiden sich viele Eltern erst nach langem Überlegen für einen Namen und können somit kaum als Spielball irgendwelcher dunkler Mächte angesehen werden.
Mich erinnern diese Listen an die Situation, wenn man einen Turnschuh oder ein Paar Ski kaufen will: Da gibt es die albernsten Erzeugnisse, künstlich, schrill, mit dem übertriebensten Design. Nach einem normalen Turnschuh muß man lange suchen. Ich sehe da eine kollektive Geschmacksverirrung. Es bleibt abzuwarten, ob immer noch mehr komische Namen Oberwasser bekommen oder ob es mal eine Retro-Welle geben wird. Der rechtschaffene Name Wolfgang nicht einmal mehr unter den Top 500 – das ist ein Skandal :-)
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Kommentar von Thomas Paulwitz, verfaßt am 12.01.2009 um 11.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13750
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Danke, lieber Herr Wrase, für die interessante Netzadresse. (Ich kenne ein paar Wolfgange, aber sie sind leider alle älter als Sie.) Wer zu sehr zuspitzt, riskiert, daß die Spitze abbricht. Ich kenne die Schwächen meines damaligen Essays und bin für konstruktive Kritik dankbar; auf die billige Polemik anderer kann ich jedoch verzichten.
Daß Deutsche nur germanische Namen erhalten sollen, hatte ich damals ja nicht geschrieben. Seit diesem Beitrag sind meine beiden Kinder geboren und getauft worden, so daß ich selbst vor der Aufgabe stand, geeignete Vornamen zu finden. Natürlich spielen bei der Namenswahl viele Gründe eine Rolle, die Namensforschung hat dies ja hinreichend ergründet. Wir haben einmal einen germanischen und einmal einen lateinischen Vornamen ausgewählt. Damit passe ich wohl nicht zu dem Zerrbild, das Ickler von mir zeichnet.
Die Kurzform des (germ.) Vornamens meines Sohnes läßt sich leicht aussprechen, ist bekannt, aber nicht so häufig, und hat einen hohen Wiedererkennungswert. Es gibt fast ausschließlich positive Reaktionen. Im Kindergarten hat sich der Name mehr als bewährt. Wir sind sehr zufrieden mit unserer Entscheidung. In seiner Gruppe gibt es zwei Lukasse und einen Luca. Da kommt es häufig zu Verwechslungen. Wer „Schaßtin“ ist, und daß ein Kind nicht Leonhard, sondern „Lennart“ heißt, habe ich erst nach und nach herausgefunden. Immerhin gibt es mit Dustin Hoffmann auch einen „Promi“ im Kindergarten.
Der (lat.) Vorname unserer Kleinen ist etwas häufiger (in den vergangenen Jahren zwischen Platz 30 und 50), sie geht aber noch nicht in den Kindergarten, so daß ich noch nicht viel über die Wirkung ihres Namens berichten kann. Exoten- oder Modenamen wollten wir unseren Kindern auf jeden Fall ersparen. Wenn ich mir http://www.beliebte-vornamen.de/2008-top500 ansehe, muß ich bei vielen Namen denken: Die armen Kinder, die so heißen müssen.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.01.2009 um 11.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13749
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Zu der Beliebtheit von Vornamen kann man sich unter www.beliebte-vornamen.de ein objektives Bild verschaffen. So findet man hier
www.beliebte-vornamen.de/alle_jahre.htm
ein Verzeichnis der häufigsten Vornamen über den gesamten Zeitraum seit 1980. Es zeigt sich, daß mein schöner Vorname der häufigste "deutsche" Vorname für Jungen in diesem Zeitraum war (nach Peter, Michael, Thomas, Andreas). Zu vielen Namen gibt es ein Schaubild mit der Häufigkeitsentwicklung:
http://lexikon.beliebte-vornamen.de/wolfgang.htm
Um 1950 war Wolfgang also mega-in, und dann ging es steil abwärts in die Versenkung. Tatsächlich sehen die Kurven bei anderen "deutschen" Vornamen alle irgendwie so ähnlich aus (ich habe ungefähr 20 Diagramme angesehen). Somit hat auch die Gruppe der in der Liste auftauchenden "deutschen" Vornamen insgesamt einen ähnlichen Verlauf.
Sollte das nun die Selbstbewußtseinskurve der Deutschen sein? Ein gewisser Zusammenhang erscheint auf den ersten Blick sogar plausibel. Bei genauerem Überlegen bleibt von dieser Theorie aber nicht viel übrig. Zunächst fällt auf, daß diese Kurven steil ansteigen, in der Mitte ein Maximum haben und dann steil abfallen. Die meisten der "deutschen" Namen waren also noch fünfzig Jahre vor dem Maximum überhaupt nicht der Hit. Warum? Da muß es andere Namen gegeben haben, die einfach so verschwanden, weil man sie irgendwann für zu altmodisch hielt. Dasselbe Schicksal ereilte dann eben auch die meisten Vornamen, die Mitte des letzten Jahrhunderts beliebt waren. Man entdeckte damals neue, sprich ausländische Namen, das war einfach interessanter, reizvoller, jugendlicher. Der Brauch, mit dem Vornamen des Kindes den Großvater, die Großmutter, Onkel oder Tanten zu ehren, kam aus der Mode. Das eröffnete ganz neuen Namen den Einzug in die Hitlisten.
Was kann man daraus schließen? Wenn wir so oberstolz auf unsere Nation wären wie 1933 ff., dann wäre dies ein wesentliches Motiv bei der Namenwahl, und dann würden wahrscheinlich heute mehr "deutsche" Vornamen vergeben werden. So oberstolz sind wir aber nicht, und das ist gut so.
Obwohl, um Wolfgang ist es wirklich schade, oder? Ich hoffe da schon auf ein Comeback. Sonst denkt gleich jeder, der meinen Vornamen erfährt, daß ich wahrscheinlich bald eine Glatze habe, und das muß ja nicht sein ;-)
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Kommentar von Justus, verfaßt am 10.01.2009 um 19.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13745
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Ganz gleich, wie man zum Inhalt steht: Zur Lektüre hat nicht Paulwitz, sondern Ickler durch den entsprechenden Link aufgefordert.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 10.01.2009 um 18.45 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13744
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Lieber Herr Paulwitz,
Professor Ickler zitiert Sie nicht Wort für Wort, sondern er strafft und spitzt zu, aber sehr weit von Ihrem Original ist seine Wiedergabe nicht entfernt. Da er einen Link angegeben hat, kann jeder selbst den Urtext studieren und sich eine Meinung bilden; auch darüber, ob Professor Ickler Ihnen Unrecht tut oder nicht. Ich finde übrigens, daß Sie in manchem recht haben, aber Professor Ickler ist nun einmal sehr gut darin, das Kritikwürdige an einem Text herauszugreifen und bloßzustellen. Und das würde ich mir dann auch zu Herzen nehmen, Professor Ickler ist schließlich kein Dummer.
Bei den Motiven, die deutsche Eltern dazu bringen, urdeutsche Namen zu vernachlässigen, haben Sie Unsinn geschrieben (meine Meinung). Eltern wählen in der Regel einen Vornamen für ihr Kind, den sie schön finden, vielleicht auch schick finden. Sie wollen etwas Besonderes für ihr einzigartiges Kind, und das ist mit den alten Namen nicht zu machen. So kommen Moden auf: Ausländisches und Exotisches klingt so neu, wie das Kind nun einmal ist, und es erscheint den Eltern deshalb sehr passend. Die hergebrachten Namen geraten ins Hintertreffen, so daß man heute gar nicht anders kann, als Otto und Emilie für Namen von Urgroßeltern zu halten. Wer gibt schon seinem Kind einen so altbackenen Namen? Sie müssen ein paar Generationen abwarten, dann sind vielleicht Helmut (und Theodor) wieder der letzte Schrei. Mit dem mangelnden nationalen Selbstbewußtsein der Deutschen, das man durchaus feststellen kann und für das es andere Gründe gibt, hat dieser verständliche Drang zum Jungen, Neuen und Besonderen bei der Namenwahl wenig zu tun.
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Kommentar von Thomas Paulwitz, verfaßt am 10.01.2009 um 16.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13743
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Soll ich es noch kommentieren, daß Ickler mich falsch zitiert? Es gibt übrigens keinen Verein "Haus der deutschen Sprache". Manchmal wäre etwas mehr Genauigkeit angebracht.
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Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 10.01.2009 um 16.24 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13742
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Wirklich erfrischend finde ich den Text von Ringsgwandl nicht. Einerseits vermittelt er die Botschaft, daß jedes Bemühen um die deutsche Sprache sinnlos und überflüssig sei, weil sie so schön und stark ist, daß sie von selbst lebt, andererseits will er Sprachverhunzer und jene, die mit sprachlicher Vernebelung Politik betreiben, mit „Kerker“ bestrafen. (Ja, ich weiß, die liebe Ironie. Nur: Ist die Ironie, mit der er andere und auch Sprachverhunzung überzieht, nicht auch wieder Sprachkritik, also genau das, was er anderen vorwirft?).
Wenn alle „Pflege“ – was auch immer man darunter verstehen will – so sinnlos ist, warum äußern wir uns seit Jahren auf diesen Seiten?
Im übrigen erinnert mich die Polemik von R., besonders das Beispiel mit J. S. Bach, genau an die Argumente, mit denen man auch die Reformgegner seit Jahren lächerlich zu machen versucht: „Sprache hat sich immer verändert, da kann eine kleine Reform nicht schaden“, „Goethe beherrschte auch keine Rechtschreibung“ „Wollen wir denn noch schreiben wie im 17. Jahrhundert, wir müssen uns doch anpassen …“, und was dergleichen Albernheiten mehr sind.
Vielen Zeitgenossen sind wir Reformgegner nicht sympathischer als anderen die Sprach"schützer".
Zum Teil decken sich die Kreise, zum Teil überschneiden sie sich, zum Teil berühren sie sich gar nicht. Aber wo sie sich decken und überschneiden, sind die Anliegen doch verwandt.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.01.2009 um 10.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13741
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Der Verein "Haus der deutschen Sprache", auf den sich Ringsgwandl hauptsächlich bezieht (und mit dem ich mich an dieser unpassenden Stelle gewiß nicht weiter beschäftigen werde), bezeichnet die Rechtschreibreform zwar als vermurkst, folgt ihr aber in allen seinen Texten, stellt auch zitierte Texte um usw. Man besucht die professionell gemachten Seiten mit Verwunderung. Zum Rechtschreibduden schreibt er:
"Dass der Duden in den letzten Jahren viel von seiner Autorität und Nützlichkeit verloren hat, dürfte mehrere Gründe haben:
- Er hat (allmählich fast ganz) aufgehört, bei der Auswahl der aufzunehmenden Wörter zwischen Umgangs- und Standardsprache zu unterscheiden, d.h. er verzeichnet alle Wörter, auf die er ein paarmal irgendwo gestoßen ist, auch zahllose englische Vokabeln. Dadurch verweigert er denen seine Hilfe, die nicht sicher sind, ob sie dieses oder jenes Wort, z.B. im Schulheft, in der Bewerbung oder Werbung, gebrauchen sollten.
- Er hat sich schon der ersten Version der sogenannten Rechtschreibreform unterworfen und bald darauf, wohl erschrocken über den der Reform und dem Duden nachgewiesenen Unsinn, den Rückzug dadurch angetreten, dass er in Hunderten von Fällen sagt: "Mach’s, wie du willst!“. Seither ist der Duden nicht mehr der Duden.
- Mit dem Wörterbuch "Wahrig. Die deutsche Rechtschreibung“ ist ihm ein ebenbürtiger, gut angenommener Konkurrent gegenübergetreten, der pfleglicher mit der bewährten Rechtschreibung umgeht."
Was soll man dazu sagen? Der Rechtschreibduden soll die Rechtschreibung dokumentieren, nicht Ratgeber bei der Wortwahl sein. Unterdrückte er die (keineswegs besonders großzügig ausgewählten) Fremdwörter, würde er erst recht die Rechtschreibhilfe verweigern, die man von ihm erwartet. Die Zurückhaltung bei der Aufnahme von Fremdwörtern war gerade der Vorwurf, den man den herkömmlichen Wörterbüchern machte, und der Grund dafür, daß Deutschland das "Land der Fremdwörterbücher" wurde, denn hier gibt es seit langem mehr davon als in allen anderen europäischen Ländern zusammen.
Nicht der Duden hat die Varianten eingeführt, sondern die Reform war es, der Duden hat ja mit seinen Empfehlungen wieder Entscheidungshilfen zu geben versucht. Was die Überlegenheit des Wahrig angeht, so wäre sie erst noch nachzuweisen. Der erste von 1996 (Götzes Machwerk) kann ja wohl nicht gemeint sein.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.01.2009 um 09.45 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13740
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Immerhin war es Herr Paulwitz selbst, der die "Amis" ins Spiel brachte, und da fiel mir eben der famose Vor- oder Beitrag wieder ein, zu dessen Lektüre Paulwitz selbst durch entsprechende Links auffordert und dessen Bedeutung er nun herunterzuspielen versucht, nachdem es mit der Masche des Sich-naiv-Stellens (Ickler als antiamerikanischer Volksverhetzer) nicht geklappt hat. In besagtem Text hieß es nämlich: "Ein bekannter Sprachschützer hat eine Ursache für das deutsch-englische Kauderwelsch recht treffend beschrieben: Viele Deutsche wollen „lieber ein halber Ami als ein ganzer Nazi“ sein."
Aber es geht ja noch viel weiter. Paulwitz glaubt eine "schleichende Missionierung" durch die Amerikaner zu erkennen, und eine besonders tückische Waffe der Amis sind die jüdischen Vornamen, die sie uns unterjubeln. Wenn wir unsere Söhne nicht mehr Thomas und Michael nennen, sondern Thorwald und Meinrad, dann sind wir gleichviel identischer, nicht wahr?
Es fällt mir schwer, angesichts dieser Dokumente zur Tagesordnung überzugehen, da es immerhin "mein" Tagebuch ist.
Übrigens bringt die Süddeutsche Zeitung heute eine erfrischende ganzseitige Polemik von Georg Ringsgwandl gegen die Sprachschützer.
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 10.01.2009 um 02.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13739
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Guys, this is getting f–-ing boring. Sollte wirklich interessant "des weiteren die Frage [sein], inwiefern das Wort „f***ing“ in Amerika noch in der ursprünglichen Bedeutung wahrgenommen wird, und ob der massenhafte Gebrauch inzwischen zu einem Wandel geführt hat, wie es auch das Wörtchen „sehr“ im Deutschen erfahren hat", dann ist die Antwort, daß im deutschen Sprachgebrauch bei "sehr" kein Mensch an "versehrt" oder engl. "sore" denkt, daß es unter den Amis aber durchaus noch Typen gibt, die beim doch für bestimmte Alters- und soziale Gruppen total harmlosen *f–-ing* zusammenzucken, obwohl sie wissen, daß dieses Verstärkungsadverb nichts mit der Bedeutung eines lebendigen alten germanischen Wortes zu tun hat, das ja auch im deutschen in bestimmter Fachsprache durchaus noch gebräuchlich ist. Im Vorstellungsgespräch bei der Bewerbung um bestimmte leitende Positionen im öffentlichen Leben würden es die meisten Amis also nicht benutzen.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 09.01.2009 um 22.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13738
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Fachliche Kritik ist notwendig und hilfreich und muß ertragen werden können. Persönliche Angriffe sind nicht unser Stil.
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Kommentar von Thomas Paulwitz, verfaßt am 09.01.2009 um 20.35 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13737
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Natürlich weiß ich, was Herr Ickler gemeint hat, daß ich nämlich – zugespitzt formuliert – ein Nationalist sei, der gegen Amerika hetzt, und dem man jetzt endlich einmal seine Grenzen aufzeigen müsse. So deutlich wollte er es nicht sagen, also hat er es in einen ironischen Satz verpackt. Als Nachweis für die Unzulänglichkeit meiner Gesinnung führt er dann noch einen Beitrag (keinen Vortrag) von mir an, der vor sechs Jahren in einer konservativen Zeitschrift erschienen ist.
Herr Ickler liegt in der Beurteilung meiner Gesinnung meiner Ansicht nach falsch. Aber wie soll man anders auf dieses Zunahetreten reagieren als die – meiner Ansicht nach völlig unpassende – Ironie zu übergehen? Ist es wirklich nützlich, wenn wir hier einander in die Pfanne hauen? Eine Leserin dieser Seiten schrieb mir heute: „Wenn ‚unsere Feinde‘ diese Seiten lesen, müssen sie sich ins Fäustchen lachen.“ Ich kann mir nicht vorstellen, daß das Sinn und Zweck dieser Plattform sein soll. Lassen Sie’s gut sein und uns zur Sache zurückkehren.
Es ging um Verstärkungswörter. Ich warf ein, daß es in den USA sehr derbe Wörter gebe, die überraschend häufig im allgemeinen Sprachgebrauch anzutreffen sind. Interessant ist also zum Beispiel die Frage, ob die Weise, wie die sog. „four-letter-words“ in den USA durch Gerichte geächtet wurden, nicht eher zu ihrer Verbreitung beigetragen hat. Das führt auch zu der Frage, was ein Sprachgesetz bewirken kann, wenn es derartige Verbote enthält. Interessant ist des weiteren die Frage, inwiefern das Wort „f***ing“ in Amerika noch in der ursprünglichen Bedeutung wahrgenommen wird, und ob der massenhafte Gebrauch inzwischen zu einem Wandel geführt hat, wie es auch das Wörtchen „sehr“ im Deutschen erfahren hat.
Herr Riemer, es ist freilich schön, daß wir ein eigenes Wort wie „Ausweis“ besitzen. Das Wort selbst finde ich zwar nicht gerade schön, aber immerhin bietet es die Möglichkeit zu Sprachspielen. (Sagt der Volkspolizist zum DDR-Bürger: „Bitte weisen Sie sich aus!“ – „Was, muß man das jetzt schon selbst tun?“)
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.01.2009 um 17.58 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13733
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Herr Paulwitz weiß genau, was ich gemeint habe und mit dem Hinweis auf seinen Vortrag (in entsprechender Umgebung) sagen wollte.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 09.01.2009 um 16.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13732
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Lieber Herr Paulwitz,
ich verstehe Herrn Icklers Bemerkung ebenfalls als ironisch, und zwar im Zusammenhang mit dem, was Sie in dem angegebenen Artikel über den Mangel an Identität bzw. Selbstvertrauen der Deutschen schreiben.
Ich denke darüber folgendes, hoffentlich schweife ich nun nicht zu sehr vom Tagebuch ab:
Identität heißt, wie Sie auch schreiben, lediglich Übereinstimmung oder Gleichheit. Man vergleicht sich (selbst) mit dem, was amtlich beglaubigt auf der ID-Karte steht.
Mit dem Ausweis weist man sich (selbst) mit dem amtlich beglaubigten Schreiben aus.
Das Selbst, auf das es hier ankommt, steckt weder in der Identität noch im Ausweis explizit, bei beiden liegt es nur in der Reflexivität des entspr. Verbs.
Deshalb wäre es m.E. übertrieben, das deutsche Wort Ausweis als einen Beleg für einen Identitätsmangel bzw. Mangel an Selbstbewußtsein der Deutschen zu werten. Seien wir doch froh, das müßte ja auch in Ihrem Sinne sein, daß wir so ein aussagekräftiges schönes kurzes deutsches Wort wie Ausweis anstatt Identitätskarte (Übereinstimmungskarte!) haben.
Herrn Icklers ironische Bemerkung kam ja im Zusammenhang mit der geringeren Harmlosigkeit amerikanischer Verstärkungswörter.
Jede Sprache ist wohl in der Lage, mit ihren Mitteln das gleiche auszudrücken. Noch weniger harmlose Verstärkungswörter als "terribly" habe ich im Deutschen auch schon oft gehört.
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Kommentar von Michael Krutzke, verfaßt am 09.01.2009 um 16.23 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13731
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Eher wohl:
Professor provoziert mit unrechter Einstellung zu deutscher Identität :-)
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Kommentar von Karl-Heinz Isleif, verfaßt am 09.01.2009 um 12.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13730
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Futterneid
Fensterputzer provoziert Sprachputzer.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 09.01.2009 um 09.22 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13729
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Lieber Herr Paulwitz, laden Sie doch bitte einfach mal die Akkus in Ihrem Ironiedetektor auf!
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Kommentar von Thomas Paulwitz, verfaßt am 09.01.2009 um 08.30 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13728
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Herr Ickler behauptet, daß „die Amis“ alles kaputtmachen, „auch unsere schöne deutsche Identität“. Ich meine, hier muß man ihm heftig widersprechen. Erstens ist es völlig undifferenziert, von „den Amis“ zu sprechen, die angeblich „alles“ kaputtmachten. Eine solch leichtsinnige Pauschalisierung schürt Vorurteile und Haß gegen eine andere Nation. Zweitens sind in erster Linie nicht „die Amis“ für unsere Identität verantwortlich, sondern wir selbst. Ich empfehle Herrn Ickler, da ruhig etwas selbstbewußter zu sein. Er braucht wohl keine Angst davor zu haben, daß „die Amis“ seine Identität kaputtmachen.
Ich meine, Herr Ickler sollte seine dahingeworfene Bemerkung zurücknehmen.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.01.2009 um 18.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13723
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Ja, die Amis! Die machen sowieso alles kaputt, auch unsere schöne deutsche Identität – vgl. hier.
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Kommentar von Thomas Paulwitz, verfaßt am 08.01.2009 um 06.58 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13722
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Im Vergleich zu gewissen Verstärkungswörtern, die nicht wenige Amis verwenden, sind diese deutschen Wörter ja noch recht harmlos, Herr Riemer.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 08.01.2009 um 04.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13720
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Ich finde das auch wahnsinnig interessant! Habe ich bisher nicht gewußt. Trotzdem muß man schon bedenken, daß bei sehr diese alte Bedeutung ganz verlorengegangen ist. sehr ist heute völlig neutral und nur deswegen so universell verwendbar. Bei Steigerungen mit schrecklich, wahnsinnig usw., auch umgekehrt (ein herrlich stilvolles Begräbnis u.a.), sollte man schon achtgeben, ob das im Ton noch paßt, und vielleicht lieber sehr verwenden.
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 08.01.2009 um 02.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13719
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»... und „I am sorry“ heißt dann wörtlich etwa „Ich bin versehrt“«: Richtig, eigentlich, ursprünglich also, heißt es das. Interessant war dabei immer für mich, daß die für manche Ausdrücke geschmähten Verstärkungsadverbien (schrecklich schön, terribly beautiful) im dafür vorgeschlagenen "sehr" ("sehr schön") ihre Parallele haben; nur weiß es keiner.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 07.01.2009 um 19.20 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13717
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Altisländisch / altnorwegisch (Wikingersprache): sar = Wunde; sarr = verwundet.
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Kommentar von Thomas Paulwitz, verfaßt am 07.01.2009 um 16.39 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13716
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Ach, dann sind die Wörter „sorry“ und „sehr“ also miteinander verwandt, und „I am sorry“ heißt dann wörtlich etwa „Ich bin versehrt“.
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 07.01.2009 um 15.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13715
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Naja, "sorry" geht auf ae. *sarig* (= in pain, pained at heart) zurück und steht zusammen mit ne. *sore*. Es drückt Bedauern aus, meist weil man Mitleid hat oder sich entschuldigen möchte oder etwas nicht als angemessen empfindet (I am sorry to hear that your are sick / to have missed you; a sorry performance/place). "Beileid": formeller doch wohl besser was mit "condolence(s)"; "I am sorry" tut's jedoch natürlich auch. Aber "(I am) sorry" kann unter Umständen genauso wenig echtes Gefühl ausdrücken wie "(Das/es) tut mir leid". Herr Riemer hat jedenfalls recht: Die Großschreibung ist grammatisch falsch, denn sie gibt dem adverbialen "leid" den Charakter eines direkten Objekts im Satz.
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Kommentar von Kelkin, verfaßt am 07.01.2009 um 08.40 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13714
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"Das tut mir leid" halte ich auch in traditioneller Schreibweise nicht unbedingt für die geeignete Übersetzung von "I am sorry". Die englische Wendung steht auch für "Mein Beileid" oder "Verzeihung".
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 21.12.2008 um 23.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13634
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zu #13599:
Nun war ich doch neugierig, wie sich das nervige "Leid tun" bei der amerikanischen Autorin ausnimmt, und habe mal im Originaltext nachgesehen. Und da steht tatsächlich auch fast jedesmal derselbe Ausdruck "(to be/feel) sorry".
Daß diese real fast einhundert "sorry" auf englisch gar nicht weiter stören, im Deutschen aber auf gefühlte 500mal auflaufen, liegt meiner Ansicht nach kaum an dem etwas kürzeren "(I'm) sorry" gegenüber "(es) tut mir Leid", sondern an der grammatisch falschen und wirklich verboten aussehenden Großschreibung.
Ob es wohl irgendwann einmal Neuauflagen all dieser verschandelten Bücher in einer einigermaßen vernünftigen Rechtschreibung geben wird?
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Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 17.12.2008 um 02.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13607
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Lieber Germanist,
Individuativa und Maßeinheiten haben halt so ihre geweißten Schubsäcke im sie scheidenden Pluralgebrauch, wobei der Plural nicht immer auf eine Mehrzahl i.e.S. bezogen ist.
Der Drucksatz indessen könnte gegebenenfalls zwei oder auch mehr Spalten breit sein, alldieweil die Spalte (noch) nicht zur Maßeinheit geworden.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 16.12.2008 um 17.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13604
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Einige Getrenntschreibungen haben eine witzige Mehrzahlprobe: Zwei Hände voll, zwei Münder voll, zwei Arme voll, zwei Spalte breit usw. Bei Sack und Fuß könnte es sich auch um nicht mehr zulässige Einheiten handeln, die als Einheit keine Mehrzahlform hatten: zwei Sack Weizen, zwei Fuß hoch.
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Kommentar von Kelkin, verfaßt am 16.12.2008 um 10.30 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13602
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Das Löffelbeispiel zeigt es hier am deutlichsten: Wenn der Löffel höchstselbst beteiligt ist, bekommt er sein eigenes Substantiv; wenn er aber nur als Mengenangabe dient, schreibt man ihn mit dem '-voll' zusammen. Ein Test könnte darin bestehen, ob man die Mengenangabe erhöhen kann (zwei Hände voller Schlüssel, zwei Handvoll Schlüssel).
Beim Spalt wäre ich für '-breit' statt '-weit', aber das ist wohl Geschmackssache. Ansonsten scheint Getrenntschreibung in der Raumstation zutreffender, da eine Tür kaum mehrere Spaltbreit offenstehen kann.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 15.12.2008 um 23.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13599
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Audrey Niffenegger, Die Frau des Zeitreisenden, Fischer Taschenbuch, 3. Aufl. 2005:
"Ich stecke meine Hand voll Schlüssel in alle hundertsieben Schlösser ..." (S. 27)
"Clare trinkt einen Mund voll, schluckt ihn in geschäftsmäßiger Manier und sagt: ..." (S. 425)
So schade wie es ist, denn dies ist eigentlich ein sehr originelles Märchen für Erwachsene, und wenn man einfach mal als gegeben voraussetzt, daß Zeitreisen möglich sind, dann ist der Roman eine Kette von wirklich verblüffenden und interessanten Gedankenspielereien.
Aber gleichzeitig handelt es sich um einen der von der RSR am übelsten zugerichteten Romane. Der amerikanische Autor kann einem leid tun. Da ist wirklich alles drin, was die Reform zu bieten hatte, und darüber hinaus, falsch, falscher, am falschesten, es ist im Grunde schon wieder so ulkig, daß man das Buch für eine Parodie der RSR halten könnte. Man braucht zum Lesen entweder starke Nerven oder starke Lachmuskeln.
Auf den gut 500 Seiten trifft man etwa 100mal (wohl in dieser Anzahl auch eine Fehlleistung der Übersetzerin) auf "Leid tun" und zweimal auch auf "Leid sein" in allen nur möglichen Varianten; "beim Zeitung lesen" (S. 286), "die nahe liegendste Lösung" (S. 357), unmöglich, hier alles aufzuzählen, deshalb zurück zum Thema.
Über Handvoll, Mundvoll, Armvoll, Handbreit, Zeitlang usw. lohnt es sich kaum zu reden, denn fast jeder Satz damit in Neuschrieb oder in vermeintlichem Neuschrieb ist ein Witz.
Aber es gibt auch den Eimer voll Wasser, den Sack voll Korn usw.
Nimmt man einen Löffel voll Zucker oder dürfte es auch ein Löffelvoll sein?
Noch zwei Beispiele aus der Science Fiction, diesmal aus einem Buch, durchgängig in guter alter Rechtschreibung:
Stanislaw Lem, Solaris, List Taschenbuch, 1. Auflage 2006:
"Noch eine Tür, im Schachbrettmuster weiß und grün gestrichen. Sie stand einen Spaltweit offen." (S. 18)
"- Ich weiß nicht ... - sagte sie hilflos. - Wohl im Schrank ...? - fügte sie hinzu und öffnete die Tür einen Spalt weit." (S. 82)
Der erste "Spaltweit" steht wohl fest. Aber im zweiten Fall zögere ich: Absicht aufgrund eines sehr feinen Bedeutungsunterschieds? Zufall, weil sowohl Auseinander- als auch Zusammenschreibung möglich ist? Oder einfach nur ein Druckfehler?
Wie ist also genau die Regel, wie soll man das richtig schreiben?
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Kommentar von Kelkin, verfaßt am 11.12.2008 um 08.50 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1083#13574
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Welcher Wortart gehört denn im Langenscheidt-DAF-Wörterbuch 'voll' an? Handelt es sich um ein nachgestelltes Adjektiv wie in "Röslein rot" oder in "Urlaub pur"? Dann werden aber die nachfolgenden Wörter zu Genitiven (die 'Hand voll' der Blumen).
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