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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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03.12.2011
 

Bildung
Geht es nur um Quiz-Tauglichkeit?

Wir erinnern uns noch an Sloterdijks genialen Vorschlag, der Kohle das Kohlendioxid zu entziehen, bevor sie verbrannt wird ... Bekanntlich ist der Philosoph durch einen solchen Beweis seiner Unwissenheit keineswegs erledigt, sondern tanzt nach wie vor auf sämtlichen Hochzeiten.

Unser alter Freund Peter Schmachthagen schrieb am 29.4.2006:

"Niemand kann alles wissen, aber ein gutgemischter Bodensatz sollte es schon sein, um erfolgreich als Quizkandidat abzuschneiden. Sonst geht es Ihnen wie dem Studenten bei Jörg Pilawa, der bei der Frage nach dem Vater von Kain und Abel stotterte, die Typen aus dem Alten Testament kenne er nicht. 'Aber ein Name wird Ihnen doch einfallen', half Pilawa. Der Kandidat murmelte: 'Moses?'"

Muß man alle Einzelheiten der abrahamitischen Religionen kennen? Was weiß der Gebildete denn vom Hinduismus?

Liane von Billerbeck interviewte im Deutschlandradio am 21.9.11 den Journalisten und Papstkritiker Alan Posener. Dabei sagte sie:

"Es gibt ja einen Satz, den kennt fast jeder, selbst wenn er es mit dem Herrgott und der Kirche nicht so hat. Ich meine den Beginn der Bibel: 'Am Anfang war das Wort.'"

Der freundliche Herr Posener verzichtete darauf, sie auf ihren Irrtum hinzuweisen, korrigierte ihn vielmehr nur implizit im weiteren Gesprächsverlauf. (Nebenbei: Meine Frau hat Posener ebenfalls interviewt, und zwar neulich im Jubiläumsheft 200 der Zeitschrift "Graceland". Jeder Gebildete sollte es gelesen haben ...)

Sehen wir uns aber an, was Schmachthagen selbst an Bildung aufzuweisen hat, so stoßen wir auf dies:

"Nahm man vor 100 Jahren an, das Wissen der Menschheit werde sich in 100 Jahren verdoppeln, lehrte man unsere Kinder, es verdoppele sich alle fünf Jahre, so sagen Informatiker voraus, das Menschheitswissen werde sich 2050 alle fünf Minuten verdoppeln."

Stellen wir uns einen beliebigen Tag im Jahre 2050 vor! Das Wissen vom frühen Morgen hätte sich dann schon um die Mittagszeit so vermehrt, daß "astronomisch" eine starke Untertreibung wäre.

"Bodensatz" war schon richtig ...



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Kommentare zu »Bildung«
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Kommentar von Karsten Bolz, verfaßt am 03.12.2011 um 22.09 Uhr   Mail an
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Wohl wahr. Auch ich kenne solche solche Behauptung zur Wissensvermehrung schon seit Jahrzenten. Die Messung des IQ doch immer noch umstritten. Gibt es jemanden, der behauptet, Wissen messen zu können? Ich warte auf Maßzahlen... Voraussichtlich über 2050 hinaus, wenn wir beim Mittagessen dreimal so schlau sind, wie beim Frühstück.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 04.12.2011 um 15.20 Uhr  
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Man sollte schon wissen, was für Geschichten über Adam so im Umlauf sind. Heißt ja nicht, daß man an sie glauben muß.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.12.2011 um 21.00 Uhr  
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Sowohl Adam als auch Moses haben nach heutigem Wissen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wirklich gelebt. Moses, wenn es ihn denn gab, könnte immerhin der geistige Vater von Kain und Abel sein. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist zwar gering, aber immer noch um ebendiesen astronomischen Faktor größer, als daß Adam der biologische Vater des Bruderpaares war. So gesehen, finde ich, lag der Student mit seiner Antwort gar nicht schlecht.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 04.12.2011 um 22.23 Uhr  
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Es genügt, die Tatsachen zu wissen, Legenden zu kennen ist nicht unbedingt Bildung. Traurig genug, daß evangalische Theologen zwar im Studium lernen, daß das Alte Testament im 6. Jahrhundert v.Chr. verfaßt wurde und alles Frühere nur Legenden sind, diese Legenden aber im Religionsunterricht als Biblische Geschichte und nicht als Geschichten lehren müssen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 04.12.2011 um 22.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19660

Schmachthagen:
... so sagen Informatiker voraus, das Menschheitswissen werde sich 2050 alle fünf Minuten verdoppeln.

Karsten Bolz:
Voraussichtlich über 2050 hinaus, wenn wir beim Mittagessen dreimal so schlau sind, wie beim Frühstück.

"Dreimal" ist zu pessimistisch. Wenn zwischen Frühstück und Mittagessen 4 Stunden liegen (48 x 5 Minuten), dann vervielfacht sich das Wissen vom Frühstück bis zum Mittagessen um den Faktor 2 hoch 48 = circa 280 Billionen.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 06.12.2011 um 06.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19661

"Was weiß der Gebildete denn vom Hinduismus?"

Der gebildete Inder vermutlich so einiges.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.12.2011 um 08.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19662

Was zur Bildung gehört ("Alles, was man wissen muß"), bestimmt ein Konsens, der sich mit der Gesellschaft wandelt. Das ist natürlich einen Banalität. In den letzten Jahren gab es Bildungsbücher und den bekannten Streit darüber; wir hatten das Thema auch schon mal. Naturwissenschaftler kritisierten die einseitige Auswahl bei Schwanitz usw., ich hatte auch Göttert erwähnt. Der Inhalt der Bildung ist eben eine typische "Bestimmungsleistung", was allerdings Didaktiker wie der einst einflußreiche Klafki oder Robinsohn nicht anerkennen wollten.

Früher gehörte die Kenntnis der antiken Mythologie zur Bildung, alle Gymnasiasten lernten das. Dieser Stoff war auch ein Verständigungsmittel in Literatur und Kunst. Man las also Ovid. Später nur noch Gustav Schwab. Heute gar nichts mehr aus dieser Richtung. Nur ein paar Versatzstücke ("Kassandra"!) liegen noch herum.

Es ist wohl erlaubt, diese Entwicklung zu extrapolieren.

Die Stundentafel der Schule konserviert einen Zustand, der eigentlich schon der Vergangenheit angehört. "Allgemeinbildend" ist nicht nur der Schreibweise wegen ein interessantes Wort. Es ist vorstellbar, daß der Begriff der Allgemeinbildung allmählich aus der Mode kommt und vielleicht dem Begriff der "Qualifikation" weicht. Auch hier ist die Wirklichkeit schon weiter als die Ideologie.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 07.12.2011 um 20.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19670

Eben lief im Dritten (HR) eine weihnachtliche Straßenbefragung: "Vor wie vielen Jahren wurde Jesus Christus geboren?"

Elf von 40 Passanten wußten die Antwort, die meisten anderen vermuteten das Geburtsdatum "vor" oder "nach Christus".
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 07.12.2011 um 22.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19671

Naja, sind sich die Astronomen nicht mehr oder weniger darüber einig, daß die Sache mit dem "Stern" da ein oder ein paar mehr Jahre vorher war?
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 08.12.2011 um 09.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19675

Der Gedanke, daß 29 der Befragten vielleicht als scharf rechnende Astronomen qualifiziert waren, ist tröstlich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.12.2011 um 09.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19676

A propos Astronomie: Man trifft selten Leute, die den Unterschied zwischen Planeten und Fixsternen kennen, annähernd zutreffende Vorstellungen von astronomischen Größenordnungen haben oder auch nur am abendlichen Himmel ein paar Sternbilder benennen können. Darüber regt sich niemand auf, und kein Journalist käme auf den Gedanken, die Leute danach zu befragen (schon weil er es selbst nicht weiß).

(Als Gymnasiast habe ich mich einmal mit meinem Erdkundelehrer gestritten, der allen Ernstes behauptete, derselbe Stern, der abends als Abendstern zu sehen sei, erscheine am nächsten Morgen (!) als Morgenstern.)
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 08.12.2011 um 11.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19679

Die HR-Journalisten fragten auch, wer die Heiligen Drei Könige nach Betlehem geführt habe. Zur Auswahl stand neben der Antwort "der Stern" auch "die heilige Kuh". Wenn ich mich recht erinnere, entschied sich die Mehrheit spontan für die Kuh. Größere Schwierigkeiten machte die Aufgabe, den Namen des Kindes in der Krippe zu nennen. Natürlich fand die Befragung mitten im Vorweihnachtsrummel statt – Lichterketten, Glühwein, einkaufende Heerscharen und Nikolausbärte allenthalben. Soviel wochenlange, alljährliche, festlich gestimmte Aufmerksamkeit wird der Astronomie nicht zuteil. Ihr feht der religiöse Glanz. Wir haben eben eine bedeutende christliche Geschichte, seit Christus am Heiligabend den Reichstag verpackt hat.

Weiß übrigens jemand, warum Santa Claus unentwegt "ho, ho, ho" schreit? Würde mich interessieren.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 08.12.2011 um 12.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19681

Ich hätte jetzt zu gern Professor Ickler die Quizfrage gestellt, was die Luftpumpe mit dem Sternenhimmel zu tun hat; das weiß auch fast niemand. Ich gehe aber davon aus, daß er es sofort gewußt hätte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.12.2011 um 14.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19682

Das ist tatsächlich eine von den leichteren Aufgaben, wenn man jahrelang eine riesengroße Karte des Sternhimmels über seinem Bett hängen hatte. Leider bin ich nie auf der Südhalbkugel der Erde gewesen, aber in der Nähe des Äquators sieht man auch schon ein gutes Stück vom Südhimmel.
Um zum Bildungsbegriff zurückzukommen: Wissenslücken sind ja nicht weiter schlimm, aber was ich nie recht verstanden habe, ist der Mangel an Neugier oder einfach Interesse. Man möchte doch wissen, wo man sich befindet, nicht wahr?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.12.2011 um 15.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19683

Vor einiger Zeit saß im Eisenbahnabteil ein etwas abgerissen wirkender Mann mir gegenüber und erzählte mir, daß er vor Aufregung die ganze Nacht nicht geschlafen habe. Er sei nämlich als Kandidat bei Pilawa gewesen. Ich hatte diesen Namen noch nie gehört, wollte mir aber keine Blöße geben und staunte pflichtgemäß. Später habe ich, natürlich nur in der Ferienwohnung, diese und andere Quizsendungen gesehen. Sie müssen recht billig in der Herstellung sein, sonst gäbe es nicht so viele. Ich glaube, ich hätte gute Chancen, wenn nicht in Popmusik und Sport meine Wissenslücken so groß wären.

Man sollte wohl schon wissen, womit sich die lieben Mitmenschen die Zeit vertreiben. So weiß ich auch aus der Zeitung, was Gottschalk, Bohlen usw. machen, obwohl ich keinen davon je gesehen habe.

Tja, was ist Bildung, Allgemeinbildung? Ich glaube, damit ist es vorbei. Die Spötter, die sich gar nicht beruhigen können, wenn jemand die Eltern von Kain und Abel nicht nennen kann, geschweige denn die Inhaber der Fleischmassen auf Ölgemälden im Museum, wissen höchstwahrscheinlich nicht, wie lange das Licht von der Sonne zur Erde braucht, und erst recht nicht, wieviel Energie die Sonne auf jeden Quadaratmeter Erde strahlt – übrigens eine enorm wichtige Sache (es sei noch einmal an Sloterdijks Kohlenmonoxid-Idee erinnert).

Ich muß euch noch erzählen, wie ich die letzte Sonnenfinsternis erlebte. Am Morgen sagte ich zu meiner Familie: Wir müssen nach Augsburg fahren! Das war das einzig Richtige, denn zu Hause wie auch in anderen Teilen Bayerns war es sehr wolkig. Als wir nach einer hindernisreichen Fahrt in Augsburg aus dem Zug stiegen, hatte die Bedeckung schon begonnen. Der Himmel riß nach einem Gewitter auf und war geradezu überirdisch klar. Wir ließen uns in der Innenstadt in einem Straßencafé nieder und guckten durch unserer Sofi-Brillen nach oben. Als die Bedeckung vollständig war, konnte man die Ungeheuerlichkeit der Korona sehen, und ich hatte es mir bei aller Vorkenntnis nicht so gewaltig vorgestellt. Was mich aber am meisten beeindruckte, das war der Eindruck der riesigen Entfernung, ich meine: Die Sterne erleben wir ja als praktisch unendlich weit weg, einer wie der andere, und auf der Erde ist "weit", wenn wir in 60 km Entfernung die Alpen sehen, nicht wahr? Und hier auf einmal eine keineswegs unendliche, aber doch enorme Entfernung, in der sich da oben etwas Ungeheures abspielte, das eben auch ungeheuer groß sein mußte. Übrigens kamen für die paar Minuten eine Menge Fledermäuse aus den Kirchtürmen und flattern um uns herum, als lustiger Kontrapunkt. (Stifter hat das alles viel schöner beschrieben, ich weiß schon.)

War das nun ein Bildungserlebnis? Aber ja doch, die Töchter, damals noch Kinder, erinnern sich sehr genau und werden es nie vergessen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 08.12.2011 um 17.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19684

Der Erfolg der Quizsendungen hängt sicher damit zusammen, daß die Kandidaten so schnell viel Geld gewinnen können, aber auch damit, daß sie so schön abstürzen können. Die Spannung resultiert nicht zuletzt daraus, daß sich der Zuschauer fragt, wie er selbst abschneiden würde. Ich formuliere mal für die Quizfans eine ganz harte Kokosnuß. Da muß man schon extrem neugierig Zeitung gelesen haben und über ein Elefantengedächtnis verfügen, um die Lösung zu erraten.

Welche aufsehenerregende Auseinandersetzung fand 2002 zwischen einem europäischen und einem afrikanischen Land statt?

A Kaperngefecht
B Knoblauchschlacht
C Petersilienkrieg
D Dillbelagerung

Wenn es jemand auf Anhieb weiß, gebührt ihm meine lebenslange Bewunderung.
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 08.12.2011 um 19.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19686

Das ist nicht Ihr Ernst, Herr Wrase: C natürlich. Richtig knifflig ist eine Frage wie "In welchem Land liegt die Hauptstadt von Brasilien?" – Da kommt als Antwort entweder gar nichts oder wahlweise "Rio de Janeiro", "Sao Paulo" oder "Brasilia". Gut ist auch: "Was war am 6. Dezember 1941?" (Nikolaustag, kommen ebenfalls nur die wenigsten drauf.)
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 08.12.2011 um 22.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19687

Haben Sie das gewußt, Herr Bärlein?? Ich traue Ihnen enorm viel zu, aber Ihre Antwort klingt doch auch sehr ironisch ... Also, dann noch eine Quizfrage der von Ihnen angesprochenen Sorte!

Welcher Germanist hat die Rechtschreibreform gerettet?

A Rosthaufen
B Blechhügel
C Eisenberg
D Erzgebirge

(Zur Einstimmung auf die gleich beginnende Talkrunde auf Phoenix.)
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 08.12.2011 um 23.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19689

Unübertroffen ist für mich jene Folge von Pilawas Quiz, in der gefragt wurde, welche Präposition zu dem Verb »tendieren« gehöre. Der Kandidat war sichtlich überfragt und dachte erst einmal, wie das so üblich ist, laut darüber nach, welche der vier dargereichten Lösungen wohl die richtige sei. Schließlich sagte er: »Ich tendiere zu Lösung …« [ich weiß nicht mehr, welche es war] und entschied sich prompt für irgendeine Präposition, nur nicht für »zu«. Wenn das nicht Unterhaltung ist, dann weiß ich es auch nicht.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 09.12.2011 um 11.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19691

Präposition? Im Radio höre ich immer, die Aktien tendieren stärker, schwach, schwächer, fester, uneinheitlich, gemischt, ..., sogar unverändert tendieren sie mitunter.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 09.12.2011 um 12.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19694

"Die Spötter, die sich gar nicht beruhigen können, wenn jemand die Eltern von Kain und Abel nicht nennen kann, geschweige denn die Inhaber der Fleischmassen auf Ölgemälden im Museum, wissen höchstwahrscheinlich nicht, wie lange das Licht von der Sonne zur Erde braucht …"

Es geht mir nicht um "jemanden", nicht um die Verhöhnung einzelner, denen (von wem auch immer) selbst schlichtestes Wissen vorenthalten wurde, sondern um den fraglichen Konsens, der sich mit der Gesellschaft gewandelt hat. Ein wenig Astronomie hat einmal ebenso zur Allgemeinbildung gehört wie ein gewisses Maß an Kunstkenntnis. Es mußte nicht jeder alles wissen, aber Dürers betende Hände und Rembrandts Nachtwache waren Pflicht, bei Rubens durfte freilich Schluß sein – es reichte schon damals, wenn man fleischige Frauen mit ihm assoziieren konnte. Heute lacht man über Putzfrauen, die unschätzbar wichtige Kunstwerke zerstören, weil sie den Millionenwert von Klebstreifen auf einer Badewanne nicht sehen. Den sieht auch sonst niemand, aber immerhin haben alle was zu lachen, dem Konsens sei Dank. Der Lehrplan meines Bundeslandes sieht für die gymnasiale Oberstufe selbst dann keinen Fitzel Kunstgeschichte vor, wenn der Schwerpunkt Kunst gewählt wurde. Weniger ein Grund, tumbe Gymnasiasten zu verspotten, als Feuer im Ministerium zu legen, finde ich.

Daß die Allgemeinbildung aus der Mode kommt, halte ich trotzdem für ausgeschlossen. Der Mensch ist neugierig, will in der Welt zuhause und auch so angesehen sein, deshalb lernt er heute mit zwölf komplizierte Kleidungsregeln und alle Songs von Justin Bieber auswendig; ist er älter, liest er vielleicht Martin Mosebach. Unzufriedenheit findet sich nur bei Unternehmern und Hochschullehrern, die bei ihrern Schützlingen gern mehr Basiswissen sähen, aber da sind wir schon fast im Bereich der Qualifikation. Denn was ist Allgemeinbildung? Vor allem zweckfrei, oder? Man verdient auf direktem Wege kein Geld damit. Wie vergnüglich es auch ist, genau zu wissen, wieviel Energie die Sonne auf jeden Quadaratmeter Erde strahlt – auf die Sonne macht das Wissen keinen Eindruck, und lohnend ist es nur für Energieexperten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.12.2011 um 16.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19715

Gerade hat auch Margot Käßmann bedauert, daß die Leute die Bibel nicht mehr kennen (Spiegel-online). Sie sollte allerdings etwas vorsichtig sein, denn Alan Posener hatte vor Jahr und Tag Anlaß, ihr selbst auf die Finger zu klopfen:

"Im Magazin der „Süddeutschen“ vom 7. Januar 2009 schrieb Käßmann in der Reihe „Ich habe einen Traum“ Folgendes: „Die Bibel ist voller Träume. Hätte Joseph nicht geträumt, dass sieben magere Jahre auf ihn zukommen, hätte er nicht sieben fette Jahre lang vorgesorgt.“
Hallo? Der Träumer war doch nicht Joseph, sondern der Pharao, in dessen Gefängnis Joseph einsaß. Und er träumte nicht von fetten und mageren Jahren, sondern von fetten und mageren Kühen sowie von vollen und ausgedörrten Ähren. Joseph war nicht der Träumer, sondern der Traumdeuter; er machte aus dem Traum des Pharao die Vorhersage der sieben fetten und der folgenden sieben mageren Jahre und schlug zur Vorsorge übrigens eine interessante wirtschaftspolitische Maßnahme vor: eine Flatrate-Steuer von 20 Prozent für ganz Ägypten. (Wenn Sie das nicht glauben, lesen Sie nach: Genesis 41,34.)"
(Starke Meinungen 16.Januar 2010, es war nicht der einzige Fehler)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.01.2012 um 10.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19835

In Bayern soll wieder einmal der Grundschullehrplan überarbeitet werden. (SZ 9.1.12) „Müssen Grundschüler wirklich die Namen von Nadelbäumen und Pilzen auswendig lernen, um zu begreifen, was ein Wald ist?“ Natürlich nicht: Im Wald, da sind die Räuber, das genügt. Mal im Ernst: Es ist kein Auswendiglernen, wenn man Bäume und Pilze zu unterscheiden und zu benennen lernt. Man versteht vom Wald, der in Bayern glücklicherweise mehr als ein Drittel des Bodens bedeckt, sehr wenig, wenn man keine Ahnung von Baumarten und Pilz-Symbiosen hat. An umweltpolitischen Diskussionen kann man dann nicht teilnehmen, und vielleicht soll man das ja auch gar nicht.
Die Polemik gegen das Auswendiglernen läuft sowieso ins Leere, weil die Schüler kaum noch etwas auswendig lernen. Die einst begierig aufgegriffene „Curriculumrevision“ von Saul Robinsohn war ohnehin auf schlechte amerikanische Grundschulen gemünzt, in Deutschland aber schon seit der Reformpädagogik nicht mehr aktuell. Man tut aber so, als herrsche bei uns flächendeckend die alte Paukschule mit dem stumpfsinnigen „Auswendiglernen“.
Die Vereinfachte Ausgangsschrift sei leichter zu lernen, weil sie „viel weniger Verzierungen und Schleifen“ habe. Nun wird die Grundschrift erprobt, und zweifellos wird sie bald allen Schulen verordnet. Es muß ja etwas geschehen, und das staatliche ISB hat bereits gegen die Überzeugung seiner Mitarbeiter die Rechtschreibreform durchsetzen helfen. Nur eines darf niemals geschehen: Die Schulen dürfen nicht in Ruhe gelassen werden.
„Allen Lehrplänen gemeinsam soll eine stärkere Kompetenzorientierung sein als bisher.“
Der Pädagogikprofessor Joachim Kahlert beklagt mit Recht: „Viele kompetenzorientierte Lehrpläne in anderen Bundesländern sind skandalös inhaltsfrei.“
Hier wiederholt sich der alte Streit um die „formale Bildung“. Man soll das Lernen lernen, ohne etwas Bestimmtes zu lernen. Man soll die Fähigkeit zu rechnen erwerben, ohne wirklich zu rechnen; die Lesekompetenz, ohne viel zu lesen usw. Ob das überhaupt möglich ist, wird gar nicht erforscht. Allenfalls wird zugestanden, daß man Kompetenzen auch üben muß. Aber die Entwertung jeglichen Stoffes zu bloßem Übungsmaterial ist der Tod wirklicher Bildung. Historische Sachverhalte, die Reizleitung in Nerven, der Lebenszyklus von Sternen – das fasziniert um seiner selbst willen. Man darf die wirkliche Welt nicht zu Übungsstoff für formale Operationen vergleichgültigen, sonst erstickt man jedes Interesse im Keim. Auch und gerade Kinder wollen nicht das Denken lernen, sondern wissen, was die Welt zusammenhält.
Kinder wollen alles wissen. Wenn sie fragen, warum Schneeflocken sechs Zacken haben und Salz würfelförmig kristallisiert, dürfen wir doch nicht antworten: Das brauchst du nicht zu wissen, du mußt nur wissen, wo man es nachschlägt. Auf Bürgerversammlungen wird über Umweltfragen diskutiert. Wüßten die Teilnehmer mehr darüber, wie das Ökosystem Wald funktioniert, könnte bessere Politik gemacht werden. MPG-Forscher haben kürzlich herausgefunden, daß Pilze und andere Boden-Organismen möglicherweise einen gewaltigen Einfluß auf das Weltklima haben, der aber in den bisherigen Modellen überhaupt nicht berücksichtigt wird. Um hier mitreden zu können, muß man nicht nur wissen, „was ein Wald ist“. (Der dümmste Satz, den ich seit Jahren gelesen habe!)
Am überzeugendsten ist das bei den Fremdsprachen. Man will nicht wissen, wie eine Sprache funktioniert, sondern man will sie sprechen und verstehen, und wenn das nicht erreicht wird, dann stellt sich sehr schnell heraus, daß es so nicht geht.
Ich hatte erwartet, das modische Kompetenz-Geschwätz würde wieder abflauen, aber in Bayern scheint es erst richtig loszugehen. Bald wird es ein Exzellenzkompetenzzentrum geben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.01.2012 um 13.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19836

Das schlimme Unglück in Neuseeland soll sich bei einem "Heißluftballon-Rundflug" ereignet haben, wie die WELT berichtete, und auch Wikipedia hat unter dem Stichwort "Heißluftballon" schon den Eintrag: „Am 6. Januar kam es in der Nähe der neuseeländischen Stadt Carterton zum Absturz eines für Rundfahrten genutzten Heißluftballons.“
Hier in Mittelfranken ist das Ballonfahren auch sehr beliebt, aber die Dinger fliegen immer nur geradeaus.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.02.2012 um 16.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#20090

Im Magazin der Süddeutschen Zeitung bezweifelte Peter Praschl den Sinn der Schreibschrift, und einige Leser diskutierten darüber im Netz:
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/36969
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.07.2012 um 12.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#20989

Unser Musiklehrer ließ uns kalauernd "die drei großen Sch" auswendig lernen (Schubert, Schumann, Chopin). Daran mußte ich denken, als ich beim Kollegen Manfred Bierwisch las: Daß Schumann seine berühmten „Lieder ohne Worte“ schreiben konnte... (http://www.zas.gwz-berlin.de/fileadmin/mitarbeiter/bierwisch/14_Bierwisch_2008_Grenzen_Sprache.pdf)
Meine Tochter spielt das, es ist aber von Mendelssohn. (Bei amazon gibt es tatsächlich eine Schumann-CD „Lieder ohne Worte“, es handelt sich aber um „Dichterliebe“ und „Liederkreis" in der Besetzung Viola und Klavier.)

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.08.2012 um 07.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#21348

Seit die Pädagogik den Begriff "Kompetenz" entdeckt hat, ist kein Halten mehr. Alle Lehrpläne werden so umgeschrieben, daß darin möglichst oft "kompetenzorientiert" vorkommt. Früher sollten die Schüler am Ende des Lateinunterrichts Latein können, heute sollen sie Lateinkompetenz erwerben. Es ist zwar dasselbe, aber man kommt sich ganz großartig vor. Zeigt wieder einmal die absolute Nichtigkeit der Pädagogik. Kann wegfallen.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 31.08.2012 um 08.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#21349

Auf ganz dasselbe läuft es, glaube ich, nicht hinaus. Ties Rabe, Schulsenator in Hamburg und Präsident der Kultusministerkonferenz, erklärt für Hamburg: „Die Vermittlung von Inhalten, Wissen, und Fähigkeiten wird grundsätzlich auf den Erwerb von Kompetenzen ausgerichtet.“ Demnach sollen die Schüler am Ende nichts können, sondern nur wissen, wie man es können könnte.
 
 

Kommentar von Karl Hainbuch, verfaßt am 01.09.2012 um 09.03 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#21357

Zitat aus dem Aufsatz "Das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld im Rahmen modernen gymnasialer Bildung" meines verehrten Deutschlehrers im der "Festschrift" zum Schuljubiläum 1987:


Leider geriet die Entwicklung dieses Faches [Gemeinschaftskunde, KH], für das schon bald hastig gearbeitete "Rahmenrichtlinien" vorgelegt wurden, in die Mühlen der zunehmend ideologisch geprägten allgemeinen bildungspolitischen Auseinandersetzung. Eine vorläufige gerechte Beurteilung des erzielten pädagogischen Ertrags dieses Faches dürfte schwierig sein, weil es bis heute noch keine festen Konturen gewonnen hat. So ist es verständlich, daß das Urteil aus der Sicht des Gymnasiallehrers eher negativ ausfallen dürfte, weil sich in der Schulrealität, soweit sie sich, über Zubringerschulen z.B., seinem Erfahrungsbereich darbietet, eine unverkennbare Tendenz zur Zurückdrängung kontinuierlicher historischer Bildung und zum Ausklammern von Wissen über elementare politische, geographische und ökonomische Sachverhalte zugunsten einer wie auch immer verstehbaren Entwicklung von "kommunikativer Kompetenz" abzeichnet.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 01.09.2012 um 10.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#21358

Jeder, der richtig lesen und schreiben kann, hat auch kommunikative Kompetenz, aber nicht jeder, dem eine Schule kommunikative Kompetenz bescheinigt, kann auch richtig lesen und schreiben!
Wie überprüft eine Schule eigentlich kommunikative Kompetenz? Und, welche kommunikative Kompetenz muß ein Lehrer haben, um einem Schüler entweder kommunikative Kompetenz zu bescheinigen oder sie ihm abzusprechen?

 
 

Kommentar von Karl Hainbuch, verfaßt am 01.09.2012 um 10.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#21359

Und wie "entwickelt" man kommunikative Kompetenz?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.09.2012 um 14.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#21360

Es steht übrigens alles schon bei den antiken Rhetoriklehrern. Ich muß oft an meinen Griechischprofessor (und Doktorvater) denken, der mir beiläufig erklärt hat, daß Platon (Wissenschaft) und Isokrates (Rhetorik, soft skills, Selbstdarstellung) bis zum heutigen Tage um die beherrschende Stellung in der Bildung kämpfen. Das geht immer auf und ab.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 01.09.2012 um 15.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#21361

So sah es auch Friedrich der Große, vgl. seine Instruktion für Leuchsenring, 1784 (veröffentlicht von Sybel, 1879).
 
 

Kommentar von Karl Hainbuch, verfaßt am 02.09.2012 um 17.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#21367

Ja, jener Deutschlehrer wußte, was gut war. Und einiges, was er damals, Ende 70er, gemocht und uns beigebracht hat, ist auch heute noch aktuell. Zum Beispiel Hans-Magnus Enzensberger. Sein Aufsatz "Bewußtseinsindustrie" (die sich zurrzeit, wie dankenswerterweise in diesem Forum beschrieben, über die deutsche Schriftsprache hermacht), und, natürlich, die "sieben Hauptfiguren konservativer Rhetorik".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.11.2012 um 06.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#21997

Der moderne Lateinunterricht ist natürlich mit früher gar nicht mehr zu vergleichen. Das sieht man an der Werbung für "Via mea", das Unterrichtswerk von Cornelsen:

Das Fach Latein schult Selbstkompetenzen für das Berufs- und Privatleben und fördert in besonderer Weise Selbststudierfähigkeit: Textselbstanalyse und -selbstinterpretation schulen Schlüsselselbstkompetenzen für jegliche Selbstarbeit mit Texten. Da in der lateinischen Sprache Details entscheidend sind, wird Selbstkonzentration, Sorgfalt und genaues Selbsthinsehen trainiert. Selbstständiges und kontinuierliches Selbsternen stärken Selbstdisziplin und Selbstmanagement. Der Selbstvergleich von Damals und Heute und die vergleichenden Sprachselbstbetrachtungen üben das abstrahierende Selbstdenken und Selbsterkennen von Regeln und Prinzipien. Die Selbstübersetzung komplexer lateinischer Sätze und die Selbstauseinandersetzung mit deren Inhalt/Gehalt schult das selbstproblemlösende Selbstdenken.

(Ich habe den Text ein wenig verändert ...)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.12.2012 um 09.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#22151

Die Süddeutsche Zeitung hat mehrere Dutzend "Intellektuelle" um Literaturempfehlungen zu Weihnachten gebeten und druckt das Ergebnis auf drei ganzen Seiten ab. Von den "zwei Kulturen" (Snow) kommt nur die eine zu Wort, auch die empfohlenen Bücher sind entsprechend. Darunter durchaus anspruchsvolle Werke wie Islamwissenschaftliches, aber eben keine Spur von "Science", das gehört nicht in die Welt der "Intellektuellen". Deutlicher geht es nicht.
Was bedeutet das eigentlich für die Schule? Die eine Hälfte der Unterrichtsfächer ist fürs Leben, d. h. fürs Feuilleton und die Geselligkeit, und die andere Hälfte allenfalls für den Beruf (einiger!), ansonsten für die Katz. Wir haben nie gelernt, uns darüber zu wundern.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.12.2012 um 04.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#22157

Nach Absolvieren einer vieljährigen Schulbildung schluckt der deutsche Mensch die "Tipps" einer RWE-Broschüre:

Sorgen Sie beim Lüften dafür, dass die Türen zu weniger beheizten Räumen geschlossen sind – anderenfalls kondensiert das Wasser an den Wänden der Räume und kühlt sie weiter herunter.

Ebendort wird auch das Wassersparen empfohlen, obwohl längst feststeht, daß wir viel mehr Wasser durch die Leitungen fließen lassen müßten, um Schäden zu vermeiden, die unter großen, auf den Wasserpreis umgelegten Kosten behoben werden müssen. Allerdings nutzen die Gemeinden die Wasser- und Abwassergebühren mittlerweile zur Haushaltssanierung, ein Teufelskreis für den Verbraucher, nicht für die Gemeinderäte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.05.2013 um 17.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#23213

Ist es eigentlich physikalisch möglich, daß Urahne, Großmutter, Mutter und Kind in ihrer dumpfen Stube von einem Blitz erschlagen werden, alle miteinander?

"Hin und wieder muß es doch vorgekommen sein, daß Personen in ihren einfachen Behausungen vom Blitz erschlagen wurden. Das im Jahre 1828 vom Gustav Schwab verfaßte Gedicht 'Das Gewitter', läßt dies vermuten. Wir erfahren darin, daß 'Urahne, Großmutter, Mutter und Kind vom Strahl mit einander getroffen sind..' Auch in der älteren Literatur wird gelegentlich von solchen Unfällen berichtet. Wenn Schwab in der ersten Strophe des Gedichtes anführt , daß 'alle in dumpfer Stube zusammen sind', dürfen wir annehmen, daß er noch an die Gefährlichkeit der Dämpfe und Dünste glaubte. Heute ist auch in einem Haus ohne Blitzableiter durch den Einbau ableitender Wasserleitungen und Gasrohre sowie elektrischer Installationsleitungen die Gefahr weitgehend gebannt." (www.karl-heinz-hentschel.net/Gewitter2.html)

Ich weiß, daß ein einfaches Haus, wie damals üblich, kein Faradayscher Käfig ist, aber trotzdem.

Die Frage hat mich früher schon beschäftigt, jetzt ist sie mir wieder eingefallen, weil es draußen schon wieder grummelt und sogar der Pirol verstummt ist, dessen Ruf übrigens, glockrein wie er ist, sich besonders jeder alphabetischen Transkription widersetzt. (Sein Name kommt ja wohl ebenso von der Nachahmung wie Loriot.)
Die früheren Versuche der Bestimmungsbücher, die Vogelrufe darzustellen, sind lächerlich gescheitert, ich habe nie einen wiedererkennen können. Heute legt man eine CD bei.

Aber wie war das noch mal mit dem Blitz?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 16.05.2013 um 18.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#23214

Also wenn der Urahne die Urgroßmutter ist und alle relativ eng in einer windigen Holzhütte zusammensitzen, hielte ich es wohl für möglich.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 16.05.2013 um 23.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#23215

Der Blitz schlägt immer in den höchsten Punkt eines Hauses ein, das ist ohne Außenantenne der Schornstein oder Kamin. Wenn keine metallischen Leitungen vorhanden sind, fährt er im Schornstein herunter und über das eiserne Ofenrohr in den eisernen Zimmerofen oder Küchenherd. Weil er dort nicht weitergeleitet wird, schlägt er auf Personen in der Nähe über, weil der menschliche Körper nach Überwindung des Hautwiderstandes ein elektrischer Leiter ist. Ein Blitz ist ein sehr starker Stromstoß vergleichbar einem Dirac-Stoß und erzeugt durch die sehr schnelle Stromänderung ein starkes elektromagnetisches Feld, das durch Überspannungen elektronische Geräte noch in einiger Entfernung zerstören kann. Direkter Blitzeinschlag führt durch den starken Strom zu inneren Verbrennungen, und induzierte schwache Blitzströme können zu Herzkammerflimmern führen, das ohne Defibrillierung zum Tode führt.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 17.05.2013 um 11.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#23216

Das Überschlagen des Blitzes in einer »dumpfen Stube« würde durch die hohe Luftfeuchtigkeit vermutlich noch begünstigt?
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 17.05.2013 um 15.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#23218

Die Durchschlagsfestigkeit der Luft sinkt mit steigender Luftfeuchte. Die elektrische Feldstärke ist am höchsten an metallischen Spitzen. Ab einer bestimmten Feldstärke in Luft kommt es zu Entladungen. (Für andere Gase gelten andere Werte.) Schweißnasse Hautoberfläche ist ein guter Leiter.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 17.05.2013 um 15.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#23219

"dumpf" ist sehr interessant, es kann unglaublich vielschichtig bzgl. Bedeutung stehen, es ist ein Adjektiv, welches synonym wie folgt beschrieben wird: synonyme.woxikon.de/synonyme/dumpf.php.

Ich verbinde dumpf am ehesten mit akustischen Empfindungen.

Interessant, daß auch Feuchtigkeit dumpf sein kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.01.2014 um 07.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#24897

Wenn man sich Diskussionen ansieht zwischen Menschen wie Manfred Fuhrmann (verstorben), der die klassische Bildung hochhält, und Werner Fuld, der sie verdammt (und alles übrige gleich mit, außer Stilfragen - bloß keine braunen Schuhe zum grauen Anzug!) oder eben den wenigen, die es mit MINT halten, muß man sich eigentlich wundern. Humboldt wird immer noch hochgehalten, als sei nichts geschehen. Aber sein Lehrplan war um Griechisch herum konstruiert, und Griechisch lernen in Deutschland noch 16.000 bis höchstens 20.000 Schüler. Das sind ungefähr 2 Promille. Das heißt, das Fundament ist weg, aber das Gebäude steht noch!
Als ich mein zweites Staatsexamen in Griechisch abgelegt hatte, drängte mich der Schulrat, mir eine Stelle in Berlin auszusuchen, aber ich hatte mich schon für die Rückkehr an die Uni entschieden. Heute dürfte es fast unmöglich sein, eine Festanstellung als Griechischlehrer zu bekommen. Vielleicht lernen schon mehr Schüler Chinesisch, ich habe leider keine Zahlen finden können.
Hinzu kommt ja noch, daß die wenigen Griechischlerner ihr Lebtag keinen griechischen Text mehr zur Hand nehmen werden, ebenso wie die viel zahlreicheren Lateinlerner keinen lateinischen.
Wir haben uns hier schon oft lustig gemacht über die Blößen, die sich manche Verfechter der humanistischen Bildung geben. Einmal im Jahr sitze ich mit einem befreundeten Latinisten zusammen, und wir lachen uns schlapp über Lateinpannen großmächtiger Gelehrter. Aber eigentlich sollte es eine ernsthafte Diskussion über die Allgemeinbildung geben und über die Schulen, die sich ihr verschrieben haben. Die Unsicherheit, weil man eben weiß, daß man bloß auf dem Hergebrachten aufbaut und um Himmels willen nicht daran rühren soll, dürfte auf die gesamte Motivation abfärben.

Ich empfinde fast ein Grauen,
dass ich, Plato, für und für
bin gesessen über dir.

"Carpe diem" von Martin Opitz ist allerdings nur ein Trinklied.

(Über dieses und andere Barockgedichte hatte ich als Student eine Seminararbeit verfaßt. Sie ging verloren, als ich nachts Opfer eines Raubüberfalls wurde, der mich Portemonnaie und Aktentasche kostete. Ein Jahr später war ich Zeuge im Strafverfahren gegen die 13köpfige Verbrecherbande.)

Ich bin selbst ganz unsicher. Wir haben unsere Töchter nicht auf jenes Fridericianum geschickt, das ich im Zusammenhang mit Ursula März erwähnt habe. Beide haben also weder Latein noch Griechisch gelernt und machen doch einen zumindest humanoiden Eindruck. Die Jüngste büffelt gerade Anatomie, aber selbst dabei hätten ihr Lateinkenntnisse kaum geholfen, weil einerseits viele Bezeichnungen nicht aus dem lateinischen Grundwortschatz stammen und ihr andererseits durch ihre vorzüglichen Englischkenntnisse vieles schon bekannt ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.04.2014 um 04.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#25643

Ich habe ziemlich viel zum Begriff der Bildung bzw. Allgemeinbildung gelesen und fasse den Inhalt aller dieser Schriften einmal so zusammen:

"Alle sollen so werden wie ich. Ich weiß genug, ich denke genug nach, und ich bin auch gut."

Die Einkleidung oder Ausschmückung dieses Grundgedankens kann dann natürlich sehr verschieden ausfallen, aber ob man nun Wolfgang Klafki, Hartmut von Hentig, Manfred Fuhrmann, Dietrich Schwanitz, Karl-Heinz Göttert oder Vertreter der "anderen Bildung" (der naturwissenschaftlichen) liest - es ist doch im Kern immer dasselbe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.04.2014 um 16.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#25647

Eine Bettlektüre, zu der ich mich schamlos bekenne, ist die amerikanische Serie "Don't know much about...", und zum Beispiel über die Geschichte der USA habe ich ziemlich viel daraus gelernt. Weniger ergiebig ist Kenneth C. Davis: Don't know much about geography“. New York 2004, und auf S. 175 hat der Mann sogar einen dicken Bock geschossen:

"Since it takes the moon a little more than a day to orbit the Earth, there are two cycles of tides in roughly every 25 hours."

Dabei haben mich die Gezeiten immer sehr interessiert, weshalb ich ja auch einmal im Jahr eine Weile auf Juist verbringe. Leider konnte mir dort auch niemand erklären, ob ein Gedanke, den ich jedesmal dort fasse, nun eigentlich falsch ist: Wenn Erde und Mond um einen gemeinsamen Schwerpunkt rotieren, der im Inneren der Erde liegt, dann müßte doch der Gezeiten-"Berg" auf der mondzugewandten Seite der Erde ebenfalls auf der Zentrifugal-"Kraft" beruhen und nicht zentripetal zu erklären sein, oder? Ich lese aber überall nur: zentrifugale Flut auf der mondabgewandten Seite, zentripetale auf der mondzugewandten. So steht es auch auf den Schautafeln auf der Insel.

Wenn das stimmte und wenn Erde und Mond sich gar nicht umeinander drehten (das wäre physikalisch nicht möglich, ich weiß, aber nehmen wir es einmal an) - gäbe es dann auf der Mondseite einen Fluthügel und auf der anderen Seite der Erde eine kleinere Flutdelle, weil der Mond an den Wassermassen zerrt? (Müßte er nicht auch an der Lufthülle zerren?)
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 23.04.2014 um 17.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#25650

Ich halte die ganze Darstellung der Gezeiten mittels irgendwelcher Zentrifugalkräfte (die ohnehin nur Scheinkräfte sind) für recht unglücklich. Es geht viel einfacher: Die Erde wird vom Mond angezogen, fällt also auf ihn zu. (Weil sie zugleich eine seitliche Bewegungskomponente hat, kommt es nicht zum Zusammenstoß, sondern beide Körper fallen umeinander herum.) Der mondnächste Teil der Erde (der sublunare Punkt) wird am stärksten angezogen, der entgegengesetzte Punkt am schwächsten, der Mittelpunkt eben mittelstark. Wäre die Erde eine Wolke aus Einzelteilchen, würde sie sich zigarrenförmig in die Länge ziehen. Wäre die Erde ein vollkommen starrer Körper, würde die Kräftedifferenz durch innere (Klebe-)Kräfte aufgefangen. Die Erde ist bekanntlich keins von beiden, und da wird es dann doch etwas kompliziert. Die Gezeitenkraft des Mondes (und erst recht der Sonne) ist nämlich viel zu schwach, um das Wasser tatsächlich anzuheben. Tatsächlich wirkt sie dort, wo der Mond halbhoch am Himmel steht. Dort wirkt sie schräg, hat also eine (vernachlässigbare) vertikale und eine (entscheidende) horizontale Komponente. Diese horizontale Komponente bringt das Wasser zum Fließen in Richtung auf den Punkt am Horizont, über dem der Mond steht. So bildet sich der Flutberg, unter dem die Erde sich dreht.

 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 23.04.2014 um 19.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#25651

Zentrifugal auf der mondabgewandten und zentripetal auf der mondzugewandten Erdseite ist natürlich Unsinn. Beide Kräfte wirken überall rundherum um den gemeinsamen Schwerpunkt innnerhalb der Erde, die -petale Kraft nach innen, die -fugale entgegengesetzt nach außen. Alle zentrifugalen Kräfte zusammen lassen das Wasser schließlich zum am weitesten vom Schwerpunkt entfernten Ort auf der Erde, also zur mondabgewandten Erdseite, fließen. Die zum Schwerpunkt gerichtete Gravitation bildet dazu irgendwann ein Gleichgewicht und verhindert, daß alles Wasser in den Weltraum verschwindet.
Die zentripetale Kraft auf der mondzugewandten Seite hebt also nicht das Wasser zum Mond hin (es ist ja nicht die Mondanziehungskraft), sondern wirkt auch dort der Zentrifugalkraft entgegen, zum Schwerpunkt in der Erde hin. Der Flutberg auf der mondzugewandten Seite entsteht durch die Gravitation des Mondes, der auf seiner Seite die zur Erde hin wirkende Gesamtgravitation abschwächt. Dadurch fließt ein Teil des Wassers auch in Mondrichtung.
Mir ist aber nicht klar, ob beide Flutberge, also mondab- und -zugewandt, eigentlich gleich hoch sind.
Die Verformung der Lufthülle wird wohl ähnlich wie die des Wassers aussehen.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 23.04.2014 um 19.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#25652

Das Elend, wenn man mit Zentrifugalkräften arbeitet, ist eben, daß man für die beiden Flutberge unterschiedliche Erklärungen braucht. Tatsächlich haben beide die gleiche Ursache, nämlich einfach den unterschiedlichen Abstand zum Mond und die daher unterschiedlich stark wirkende Anziehungskraft. Rein theoretisch wären beide Flutberge auch gleich groß. Allerdings ist die wirkliche Erde ja nicht komplett vom Wasser bedeckt, weswegen es "den" Flutberg so gar nicht gibt; außerdem ist die Erde keine Kugel, sondern eine Art Rotationsellipsoid, dessen Achse nicht in der Mondbahnebene liegt, was das ganze weiter verkompliziert. In der Lufthülle würde sich die Gezeitenwirkung durch Luftdruckunterschiede auswirken. Die diversen Luftströmungen und die im Tagesverlauf wechselnde Strahlungswirkung der Sonne lassen den Effekt aber ziemlich untergehen. Man hat mit Präzisionsmessungen ganz geringe Unterschiede auszumachen versucht, für das Wetter und sonstige praktische Zwecke sind sie belanglos.

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.04.2014 um 04.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#25653

Hier gibt es jetzt zwei hübsche bewegte Modelle zum Schwerpunkt der beiden Himmelskörper und zu den Fliehkräften: http://de.wikipedia.org/wiki/Gezeiten.

Der Tidenhub auf offener See wird in dem genannten Buch auch überschätzt. Ich muß mich vor meinem nächsten Nordseeurlaub noch mal genauer mit der Sache beschäftigen. Die Wassermassen, die täglich zweimal ins Wattenmeer und wieder hinaus strömen, sind ja beeindruckend. Aber diese horizontale Bewegung ergibt sich erst aus dem Stau an der Küste, während es auf hoher See im wesentlichen nur auf und ab geht.

Warum ich das alles hier zur Sprache bringe: Warum kann man das den Urlaubern nicht einmal in einem "Küstenmuseum" richtig erklären? Was lernen wir eigentlich in der Schule? Was ist Bildung? (Warum hatte ich 13 Jahre lang jede Woche 2 Stunden Reli?) Was für ein Pfusch!
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 24.04.2014 um 16.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#25663

Ohne bewegte Bilder, aber dafür mit guter Erklärung (ohne mysteriöse Fliehkräfte):
www.physik.wissenstexte.de/gezeiten.htm

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.09.2014 um 15.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#26849

„Wenn erst genügend Eltern erkannt haben werden, daß sie ihren Kindern keinen Gefallen tun, wenn sie sie im Verein mit der Schule ständig unterfordern, wird sich der gegenwärtig schon beobachtbare Trend zu Latein- und Griechischunterricht für immer mehr Schülerinnen und Schüler von selbst fortsetzen. Folglich braucht dafür nicht geworben zu werden.“ (Thomas Szlezák: Was Europa den Griechen verdankt. Tübingen 2010:7f.)

Es könnte ein böses Erwachen geben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.09.2014 um 04.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#26859

Schulkinder sind unterfordert? Das mag in gewisser Hinsicht sein, in anderer sind sie gestreßter als wir früher. Zuerst hat man das Fernsehen für die Konzentrationsschwäche verantwortlich gemacht, später auch Computerspiele. Schnelle Schnitte, allgemeine Beschleunigung. Mir scheint, daß die Mobiltelefone, zumal die neuesten Versionen, die jungen Leute stark beanspruchen. Sie müssen beim Essen, beim Lesen, beim Musikhören usw. ständig auf die immer bereitliegenden Geräte schauen, stehen ständig mit vielen Personen in Kontakt, die sie früher allenfalls einmal am Tag gesehen haben. Wo ist was los? Wer geht mit wem wohin? Usw. - Nach einigen Minuten ergreift sie eine gewisse Unruhe, Die längere Beschäftigung mit einem Buch oder einer einzigen Arbeit ist kaum noch möglich.
So erklärt es sich wenigstens teilweise, daß die Kinder inhaltlich weniger lernen, aber trotzdem durch das Überwiegen des - technisch vermittelten - Sozialen überfordert werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.10.2014 um 05.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#27035

An Pilawas Frage nach Kain und Abel mußte ich neulich denken, als die Zeitung ausführlich über den Umzug von Rembrandts "Jakobssegen" von Kassel nach London berichtete. Was den Wert des Bildes betrifft, wurde ein Vergleich mit der "Mona Lisa" gezogen.
Als Kasseler Schüler habe ich mir den Jakobssegen oft angesehen und mußte mich jedesmal wieder kundig machen, um welche Personen es sich eigentlich handelt. Bezeichnenderweise verliert der Zeitungsbericht auch kein Wort darüber. Früher haben die Leute das bestimmt gleich gewußt, und wenn man Thomas Mann gelesen hat, dürfte das auch nicht wenig zur Gedächtnisstützung beitragen. Das gleiche könnte man von den unzähligen Gemälden sagen, die man ohne Ovid nicht versteht.
Im Kunstunterricht mußten wir irgendwelche gleichgültigen Sachen zusammenpappen oder -schmieren, aber daß uns solche außergewöhnlichen Kunstwerke, die praktisch ein paar Schritte weiter an der Wand hingen, erklärt worden wären, daran kann ich mich nicht erinnern. Ich habe mir selbst Bücher besorgt, um etwas darüber zu erfahren, über Vermeer, Klee usw. Ähnlich schlecht war nur noch der Musikunterricht. Ich werde heute noch wütend, wenn ich an diese Versäumnisse denke.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.02.2015 um 06.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#28037

Gibt es eigentlich Wörter, die es nicht gibt? Wenn man Kunstwörter bildet, wie sie seit Ebbinghaus in der Psychologie verwendet werden, und wenn man darauf achtet, daß sie wirklich deutsch aussehen, also möglichst keine vollen Nebensilbenvokale haben usw., dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß sie in irgendeinem Dialekt oder Register tatsächlich vorkommen. Ich habe das manchmal mit dem Englischen gemacht und dann in einem großen Wörterbuch oder jetzt eben im Internet nachgesehen.
Warum ich das erwähne: Aus dem alten Griechenland oder dem römischen Reich haben wir ja viele Texte, aber wie viel haben wir nicht? Sogar von den einst berühmten Klassikern ist nur ein winziger Bruchteil erhalten, z. B. von Aischylos und Sophokles gerade mal die je sieben Tragödien, die in der hellenistischen Schule gelesen wurden. Aber selbst wenn die Überlieferung tausendmal umfangreicher wäre - wie viele Wörter sind nie literaturfähig geworden? Ich habe schon mal erwähnt, daß die Römer, als Emporkömmlinge, besonders heikel waren, was die Literaturfähigkeit des Alltagswortschatzes anging. Daher die Blutleere der klassischen Texte, die auch durch die farbigeren Privatbriefe nur ein wenig angereichert wird. Manchmal taucht im Vulgärlatein etwas auf, was aber schon die ganze Zeit im Volk lebendig gewesen sein muß.
Nun aber: Können wir überhaupt goldenes Latein lernen und selbst schreiben, wenn es doch bei uns am volkssprachlichen Fundament fehlt, auf dem die edle Redeweise von Zäsar und Zizero sich erhebt?
Ein französischer Sprachliebhaber (Tautologie) bestritt mal, daß es in seiner edlen Muttersprache einen nennenswerten Jugendslang gebe. Dann machte sich jemand ans Sammeln und hörte bei 40.000 Wörtern noch nicht auf... Wie groß ist die sprachliche Unterwelt wirklich? Niemand weiß es.

Wie Figur und Grund, die ohne einander nicht existieren können, heben sich die gebrauchten von den ungebrauchten, aber trotzdem bekannten Wörtern ab. Überliefert ist die Figur, vom Grund nur wenig.
Ich hatte die Schreibübungen der armen kleinen Griechen erwähnt. Sie mußten mit den schwierigen Eigennamen homerischer Helden anfangen statt mit OMA und MIMI wie wir. Und dann mußten sie knax schreiben, wovon, wenn ich recht informiert bin, bis heute niemand weiß, was es heißt (vielleicht "Juckreiz").
Erstaunt bin ich immer wieder, daß wir uns an Wörter erinnern können, die wir vielleicht vor 50 Jahren ein einziges Mal gehört haben. Gestern war ich ganz sicher, daß es im Englischen ein Wort troy gibt, aber ich hatte vergessen, was es bedeutet. Das Gehirn liegt wie ein großer Pudding in seiner Schale, man traut ihm nicht besonders viel zu – und dann so etwas!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.03.2015 um 17.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#28342

Bei einer partiellen Sonnenfinsternis lohnt sich die direkte Beobachtung nicht, weil man die Korona nicht sieht. Wenn ihr euren Kindern etwas zeigen wollt, montiert ihr am besten ein gewöhnliches Fernglas auf ein Stativ und projiziert die Sonne auf ein weißes Blatt Papier. Durch ein Stück Pappe am Fernglas kann man zusätzlich abdunkeln. Mit dieser Methode habe ich als Kind schon die Sonnenflecken beobachtet, das gibt eine sehr schöne scharfe Abbildung. Außerdem schließt es jede Gefahr für die Augen aus.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.03.2015 um 04.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#28361

Je nach Standort in Deutschland verdeckt der Mond maximal 66 bis 83 Prozent der Sonnenscheibe. Deutlich dunkler wird es dadurch allerdings nicht, lediglich etwas düster. (ND 20.3.15)

Interessante synonymische Übung. Dunkel wurde es nicht, dunkler aber schon.

Einige Banausen zeigten sich in Leserforen enttäuscht und meinten, es sei auch nicht anders gewesen als bei bewölktem Himmel. Wahrscheinlich waren sie gar nicht draußen. Der Unterschied ist natürlich der, daß das Sonnenlicht weiterhin scharfe Schatten (sogar noch schärfere) warf, wodurch der fahle Eindruck entsteht. Und erstaunlich kalt wurde es auch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.04.2015 um 07.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#28673

Mich beschäftigen ja die "normalen" Täuschungen in der Wahrnehmung, u. a. weil ich glaube, daß auch die Sprachwissenschaft ein realistisches Menschenbild brauchen kann.

Über den Lidschlag (Lidschluß, Blinzeln) zum Beispiel kann man sich bei Wikipedia unterrichten.

"Die durch den Lidschluss bedingte Dunkelphase wird nicht bewusst wahrgenommen, da die visuelle Wahrnehmung in den zuständigen Bereichen des Gehirns kurz vor dem Blinzeln unterdrückt wird." (Wikipedia)

Hätten Sie's gewußt? Das erinnert ja wieder an die Fledermäuse, die sich mehrere hundertmal pro Sekunde die Ohren zuhalten, um sie nicht durch den eigenen Schrei zu beschädigen.

Man findet noch einiges über das Blinzeln bei Männern und Frauen und vor dem Bildschirm (wichtig! - Aber wie ist es beim Bücherlesen?).

Manche Menschen scheinen öfter oder langsamer oder beides zu blinzeln, deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß sie auf Fotos die Augen gerade geschlossen haben. Ich kenne liebe Leute, bei denen ich sicherheitshalber immer drei Fotos mache, weil sie bestimmt auf zweien davon zu schlafen scheinen.

Wenn Aliens uns besuchen, werden sie erst mal herausfinden müssen, warum wir dauernd blinzeln, es sieht ja irgendwie behelfsmäßig aus, wie Scheibenwischer, die das stromlinienförmige Design auch der allermodernsten Autos verunzieren.

Auslöser dieser Abschweifung war das heutige Google-Doodle zu Nessie.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.05.2015 um 07.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#28964

Neulich habe ich ein paar junge Leute schwer beeindruckt, als ich ihnen erzählte, daß die Elemente, aus denen sie bestehen, im Inneren von Sternen erbrütet oder bei Nova- und Supernova-Explosionen entstanden sind, mit Ausnahme der Wasserstoffs, der 9 Prozent ihres Körpers ausmacht und viel älter ist, nämlich so alt ist wie das Weltall selbst. Das hatten sie vielleicht in der Schule schon mal gehört (ich bezweifle es), aber wenn ich es sage, wirkt es gleich viel besser, so mitten im Leben, beim gemeinsamen Essen.

Diese Erfahrung habe ich schon oft gemacht. In der Schule kommt man nicht zum Staunen, es rauscht alles mehr oder weniger gleichförmig vorbei. Im Fernsehen erst recht, da deckt eins das andere gleich wieder zu. Das merkt man immer wieder, wenn man die Leute fragt, was sie in einer dieser angeblich aufklärenden Dokumentationen denn eigentlich gesehen haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.07.2015 um 13.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#29419

Geraten Sie auch in Hochstimmung, wenn Sie daran denken, daß die Klippschliefer mit den Elefanten verwandt sind und nichts mit Murmeltieren und sonstigem Gezücht zu tun haben, dem sie auf den ersten Blick ähneln? "Evidenz ist der Feind der Wahrheit."
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.08.2015 um 08.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#29704

Zum Thema Sternschnuppen (diesjährige Perseiden) drucken viele Zeitungen Himmelsfotos, auf denen aber gar keine zu sehen sind, sondern die gewohnten Fixsterne in Langzeitbelichtung, immer hübsch im Kreis herum. Die Leser merken es ja eh nicht.
 
 

Kommentar von Heinz Erich Stiene, verfaßt am 13.08.2015 um 20.37 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#29709

"Evidenz ist der Feind der Wahrheit." Oft, zu oft, aber doch nicht immer. Evidenz kann ebensogut der Freund der Wahrheit sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.09.2015 um 11.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#30106

Der Philosoph Sloterdijk rechnet "meisterhaft" mit Merkel ab. Nun, sie wird es überleben.

Bei Durchsicht Hunderter von Fotos stelle ich fest, daß bei Herrn Sloterdijk eine Brille irgendwo im Gesicht hängt, daß er aber kein einziges Mal hindurchblickt, immer nur drüberweg. Das muß also ein Zeichen sein, aber wofür?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 27.09.2015 um 12.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#30107

Es ist ein Zeichen für Alterssichtigkeit.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.09.2015 um 17.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#30111

Hübsch gesagt. Mir fällt dazu ein, daß man wohl "Zeichen von" und "Zeichen für" unterscheiden müßte. Das erste ist ein Symptom, das zweite ein Symbol (traditionell gesprochen, Näheres in meinem Text "Wirkliche Zeichen").
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 27.09.2015 um 21.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#30114

Für das Symptom gibt es ja auch noch das Anzeichen, aber auch dort schwankt man zwischen von und für.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.09.2015 um 06.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#30117

Ja, lieber Herr Markner, und dieses Schwanken war der Grund, warum ich in meinem Aufsatz mit den Zeichenbegriffen aufzuräumen versucht habe. (Auch gegen die besonders große Verwirrung in den Büchern Rudi Kellers.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.11.2015 um 07.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#30422

„Meine Großmutter wunderte sich immer, dass am Tag genauso viel passiert war, damit das Kreisblatt gerade voll wurde – keine Zeile auf der letzten Seite zu viel und keine Zeile zu wenig.“ (Schmachthagen 3.11.15)

Das erinnert mich an einen Schulkameraden, der zu meiner steten Verwunderung ebenfalls nicht zwischen „daß“ und „damit“ unterscheiden konnte. (Die Scherzfrage stammt übrigens von Karl Valentin, wie man sich denken kann.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.11.2015 um 04.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#30456

Laut dem Verkehrsministerium wurden bei 98.000 VW-Benzinern falsche Angaben zum CO2-Verbrauch gemacht. (Zeit 4.11.15)

Könnte von Sloterdijk sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.01.2016 um 15.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#31396

Die Jahre gehen dahin, und man kann unfreiwillig die Probe aufs Exempel machen. Meine beiden jüngeren Töchter, die noch hier zu Hause bzw. in der Nähe wohnen, sind jetzt fünf bzw. neun Jahre aus der Schule. Da ich mich gerade mit einer von ihnen über Stickstoffknöllchen und Photosynthese unterhalten habe, kann ich wieder mal feststellen, was aus der Schule geblieben ist. Beide haben damals den Zitronensäurezyklus auswendig gelernt und sind abgefragt worden. Ich habe während meiner Schulzeit nichts davon gehört, auch die Photosynthese (die man heute ja auch etwas anders sieht als früher) nur im allgemeinen, nicht in den biochemischen Einzelheiten gelernt. Kurz gesagt: Ich weiß ungefähr, was vorn hineingesteckt wird und was hinten rauskommt. Mehr wissen aber meine Kinder auch nicht. Hat der Zitronensäurezyklus trotzdem irgendeinen Bildungswert gehabt? Er hat den Kleinen vermittelt, daß man auch so etwas herauskriegen kann, aber daran haben sie ohnehin nicht gezweifelt.
Jeder kann das Beispiel verhundertfachen. Wagenschein hat kritisiert, daß der Mathematikunterricht sich an die drei Prozent wendet, die Mathematiker oder Physiker werden. Der Wert für die Allgemeinbildung ist eine Illusion.
Aber was wäre die Alternative?
Mein Lieblingsautor Dawkins hat sehr schöne Bücher geschrieben, verständlich, aber nicht plauderhaft, persönlich, aber nicht eitel. Ich lese gerade zum zweitenmal "The magic of reality", für Kinder oder Jugendliche geschrieben und herrlich illustriert (David McKean hat auch an Harry-Potter-Filmen mitgearbeitet). Der Stoff reicht für zwei Schuljahre oder mehr, wenn man die Kapitel durch eigene Arbeit vertieft und erweitert. Bei Dawkins ist fast jede einzelne Doppelseite unvergeßlich. Warum glaubt man, Schulbücher müßten ganz anders sein?
Nichts gegen den Zitronensäurezyklus! Vor allem nichts gegen die Neurochemie und -physik der Reizleitung in unseren Nerven! Aber wenn man es nicht braucht, vergißt man die Einzelheiten. Ich habe sehr gute Bücher, wo ich sie jederzeit nachlesen kann. Ich gehöre aber nicht zu den Leuten, die meinen, man brauche nichts mehr zu wissen außer, wo man es findet (im Zweifel bei Wikipedia). Man lernt ja auch bei Dawkins sehr viel, vor allem aber eine grundsätzlich wissenschaftliche Einstellung. (Für die Oberstufe und andere Fortgeschrittene gibt es dann zum Beispiel das famose "The ancestor's tale".)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.04.2016 um 06.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#32150

Zur Bildung gehörte neben der christlichen Lehre die Kenntnis der antiken Sagen und Mythen sowie der griechischen und vor allem römischen Geschichte. Das ist auch der Gegenstand der vormodernen Kunst. Heute sind diese Stoffe dem Museumsbesucher fremd, er versteht das Dargestellte nicht ohne umständliche Erläuterung, auf die er dann meistens verzichtet. Vieles ist auch nicht gerade von allgemeinerem menschlichen Interesse. Waren denn die Künstler selber daran interessiert? Wohl kaum.
Als Junge war ich oft in der Kasseler Gemäldegalerie, für eine Provinzstadt wirklich eine bemerkenswerte Sammlung. Am stärksten beeindruckte mich immer Hans Baldung Griens „Herkules und Antäus“, eines der wüstesten Gemälde, die ich kenne. Aber Baldung interessierte sich bestimmt nicht für den abstrusen Stoff, der stellt ihm nur eine künstlerisch reizvolle Aufgabe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2016 um 14.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#32540

Der Merkur-Durchgang (noch bis heute abend) ist leicht zu beobachten, man sollte aber die vielen Warnungen ernst nehmen und nicht durchs Fernglas gucken, auch nicht durch die alten Sofi-Brillen. Ich montiere wieder mein altes 8x30-Fernglas auf ein Fotostativ, decke eine Seite ab, stülpe über die andere einen Pappschirm zum Abdunkeln und projiziere die Sonne auf ein Blatt Papier, am besten ungefähr in 1 m Entfernung vom Okular. Scharf stellen wie gewohnt. Man sieht etwa in der Mitte der Sonne einen ansehnlichen Sonnenfleck, und vom Rand her wandert ein schwarzes Pünktchen über die Scheibe, das ist der Merkur.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.05.2016 um 23.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#32552

Heute hatten viele Zeitungen das Foto vom Merkur vor der Sonne. Wenn man sich Merkur als einzelnes Kaffeesatzkrümelchen auf der Sonne als Untertasse vorstellt, hat man ungefähr das richtige Größenverhältnis.

Wenn man von der Erde aus zur Sonne blickt, kann man sie mit dem kleinen Fingernagel am ausgestreckten Arm so etwa abdecken. Wie groß mag die Sonne wohl erscheinen, wenn man sie von Merkur aus anschaut?
(Wer meint, das sei leicht auszurechnen, bitte erstmal anhand der Zeitungsfotos schätzen!)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.05.2016 um 07.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#32651

Es gibt auch hübsche Filmchen, auf denen simuliert wird, daß bei uns "der Saturn aufgeht", und zwar in der Entfernung unseres Mondes. Das ist recht unheimlich zu sehen, und man vergißt beinahe, daß es physikalisch unmöglich ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.05.2016 um 07.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#32652

Viele Reinigungsmittel enthalten chemische Stoffe. (focus.de 10.5.16)

Könnte von Sloterdijk sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.08.2016 um 05.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#32994

Den Wikipedia-Eintrag über Goethes Farbenlehre würde ich durch folgende Literaturangabe ergänzen:

https://profchristophberger.files.wordpress.com/2015/05/goethe-vortrag.pdf

https://profchristophberger.files.wordpress.com/2015/04/farbenlehrev2.pdf

(Die alten Links gelten teilweise nicht mehr.)

Das kann man auch mal zwischendurch lesen. Interessant für die deutsche Bildungsgeschichte.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.03.2017 um 06.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#34674

In der Schule werden immer noch zu viele Einzelheiten gelehrt, die man alsbald wieder vergißt, denen aber aufgrund einer alten Ideologie ein "exemplarischer" Bildungswert zugeschrieben wird. Erst später, wenn überhaupt, kommt man dazu, das grundlegende Wissen zu ordnen und auf den vielen Gebieten, die man gerade nicht berufsmäßig beackert, ein Orientierungswissen zu besitzen.
Gewiß haben wir die "einfachen Maschinen" kennengelernt, aber nicht in ihrem größeren Zusammenhang. Überhaupt Technikgeschichte, das war kein zusammenhängendes Thema, könnte es aber sein. Ich komme oft auf die Erfindung des Lasers und ihre Folgen für unser Leben und für die Forschung. Kürzlich ist ja was passiert, was unsereins nicht in allen Einzelheiten versteht, aber doch in großen Zügen: Um die Gravitationswellen nachzuweisen, mußte man Längenänderungen der Meßstrecke (einer 4 km langen Vakuumröhre) in der Größenordnung von 40 Billiardstel messen, absolut ein Tausendstel des Durchmessers eines Protons. „Bei solch extrem kleinen Längenänderungen werden selbst kühne Experimentalphysiker blass.“ Das Mittel der Wahl war natürlich ein Interferometer samt Laser. Hinreißend schönes Experiment.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.07.2017 um 05.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#35807

Ich hatte zwar Christoph Berger über Goethes Farbenlehre verlinkt (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#32994), sollte aber vielleicht durch ein Zitat Appetit machen:

Es ist für den heutigen Goethe-Liebhaber gar nicht so einfach, diesen aufregenden Text zu bekommen, da die Germanisten aus den meisten greifbaren Gesamtausgaben den Polemischen Teil der Farbenlehre entfernt haben. Genannt seien hier vor allem die Hamburger Ausgabe (14 Bände, ab 1948), die Artemis Gedenkausgabe (18 Bände, 1949), die auf der Artemis-Ausgabe beruhende DTV Ausgabe (45 Bände, 1961) und die Berliner Ausgabe (22 Bände, DDR ab 1960). Editorische Rücksichten auf den Seitenumfang sind bei Ausgaben mit vielen tausend Seiten gewiss nicht maßgebend. Goethe hat zwar selbst daran gedacht, in späteren Ausgaben den Polemischen Teil wegzulassen, aber er ging hierbei davon aus, dass dieser Teil durch den Sieg seiner Lehre unnötig werden würde. Mir scheint eher ein gewisser Verdrängungseffekt in der germanistischen Zunft vorzuliegen, der das durchaus Peinliche an diesem Buch auszublenden sucht. Im Internet kann man jedoch leicht fündig werden und zum Beispiel den Polemischen Teil als 34. Band der im Verlag Cotta’sche Buchhandlung erschienenen Ausgabe von 1867 herunterladen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.08.2017 um 05.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#35928

Die partielle Mondfinsternis "über Deutschland" (wie die Presse schreibt) bringt mich zu der Bemerkung, daß die sprachliche Parallele Sonnenfinsternis - Mondfinsternis den astronomischen Sachverhalt verdunkelt, sozusagen typisch menschlich. Während es bei einer Mondfinsternis auf dem Mond dunkel wird, wird bei einer Sonnenfinsternis ein kleiner Teil der Erde verdunkelt. Sie ist also eigentlich eine partielle Erdfinsternis und die Mondfinsternis eigentlich eine Sonnenfinsternis vom Mond aus gesehen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 08.08.2017 um 11.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#35929

Vielleicht hat es damit zu tun, daß verdunkeln = verfinstern (ggf. reflexiv) oft auch im Sinne von bedecken oder unsichtbar machen/werden verwendet wird, ohne daß es am Standort des Beobachters merklich dunkler wird.
Auch wird das Bestimmungswort von Zusammensetzungen unterschiedlich bewertet:
Sonnenfinsternis: Sonne wird bedeckt (unsichtbar)
Mondfinsternis: Mond wird dunkel (unsichtbar)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.08.2017 um 06.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36036

Laut Focus kann das direkte Betrachten der Sonne die "Seeschärfe" beeinträchtigen. Das wäre selbst bei korrekter Schreibweise ein sehr milder Ausdruck. Trump soll trotzdem ohne Sofi-Brille geguckt haben. Das ist übrigens während der totalen Bedeckung zu empfehlen, sonst sieht man die Korona nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.08.2017 um 07.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36045

Das Fernsehen soll ja, wie ganz naive Menschen glauben, Bildung vermitteln. Es ist eigenartig, welche der vielen Sendungen sich festsetzen. Jeder erzählt mir, daß die Leute in der Nähe von Stromleitungen, Windrädern usw. auffallend oft an Krebs, MS usw. erkranken. Im Fernsehen wurde dazu eine Familie vorgestellt, an der man das ganz klar sehen konnte.
Der Taxifahrer weiß es auch genau, und ich hüte mich, mit ihm zu diskutieren.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.09.2017 um 08.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36154

„Aristotle, the leading scientist of his day, would not understand a single page of modern physics, but Plato would have little difficulty in understanding current discussions of freedom.“ (Skinner)

Interessanter Gedanke.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.09.2017 um 06.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36255

Hätte Galilei noch erfahren, was das Cassini-Unternehmen über den Saturn herausgefunden hat, er wäre vor Freude wohl fast verrückt geworden (wie ich bei der Lektüre von "Sterne & Weltraum").
Neulich hat man die Rotationsachse von Sternen in einem offenen Sternhaufen festgestellt, auch eine großartige Leistung.
Die neuen Roboter aus DNA sind sechs Nanometer groß und werden demnächst in unserem Körper herumlaufen und nützliche Arbeit verrichten. Die Herstellung von Maschinen, die man auch mit dem stärksten Mikroskop nicht sehen kann, ist phantastisch.

Die Leute reden aber lieber über Fernsehduelle und die nimmermüde Suche nach Superstar und Topmodel. Daran ändern auch Saturnringe auf der Titelseite nichts. Leitkultur...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.09.2017 um 06.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36303

Le Nôtre revenu. So beschreibt Volker Zastrow (FAS 24.9.17) die Architektur des Kanzleramtes. Vor lauter Bewunderung seiner Bildung kommt man gar nicht dazu, die Stichhaltigkeit des Vergleichs zu bedenken.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2017 um 08.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36514

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#30106

Gibt es eigentlich einen besonderen Namen für diese Art von Brillen, wie auch Gauland oft eine trägt, aber nicht hindurchsieht?

Die Rhetoriker der Tübinger Schule lehren auch das Auf- und Absetzen der Brille als Kunstmittel und rühmen seinen Einsatz bei bestimmten Politikern (ich glaube, Helmut Schmidt wurde genannt). Zurechtrücken und Putzen kommen noch hinzu. Verlegenheitsgesten, aber nicht so schräg wie Kratzen oder Bohren.

Die Brille ist, wie Wikipedia vermerkt, auch als modisches Accessoire von Bedeutung. Seit fast jeder eine trägt und wohl auch braucht (die Augen der Menschheit scheinen sich zurückzubilden wie beim Grottenolm), schwindet auch ihre Signalwirkung ("Intellektueller, Leser"). Zur Gliederung unangenehm großflächiger Gesichter ("Gesichtskrapfen") kann sie noch verordnet werden.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 10.10.2017 um 10.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36516

Es handelt sich um eine Halbbrille oder Halblesebrille. Peter Sloterdijk trägt auch so ein Ding.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2017 um 11.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36517

Ja, an Sloterdijk hatte ich meine Frage ja auch angeschlossen und hauptäschlich an ihn gedacht.Aber es gibt doch auch Halbbrillen, die nicht so tief hängen? Dumbledores Halbmondbrille zum Beispiel.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.10.2017 um 06.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36613

Die Nächte sind zur Zeit schön klar, und ich habe heute morgen schon einen Blick in den Himmel geworfen. In unseren lichtverschmutzten Gegenden sieht man die Milchstraße ja eher selten. Unsere gehört zum Virgo-Haufen mit rund 2.500 Galaxien. Man schätzt, daß es rund 2 Billionen Galaxien gibt, mit je 300 Mrd. Sternen.

Das Licht der entferntesten Himmelskörper ist über 13 Mrd. Jahre unterwegs gewesen. Moment mal! Vor 13 Mrd. Jahren waren die Himmelskörper – so "kurz" nach dem Big Bang – doch noch gar nicht so weit entfernt? Wie ist denn dieses Paradox zu erklären?

In "Sterne und Weltraum" wurde gerade einem Leser erklärt, warum die Gravitationslinsen im All punktförmige Abbildungen der dahinterliegenden Sterne liefern, also z. B. das bekannte "Einstein-Kreuz" aus vier Lichtpunkten, und keinen Ring. Verstanden habe ich es aber nicht ganz. Sammellinsen bilden Punkte immer als Punkte ab, das ist verständlich, aber trotzdem...
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.10.2017 um 11.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36637

Eine halbe Milliarde Jahre nach dem Urknall war das Weltall ja auch schon ganz schön groß. Ich weiß nicht genau, wie schnell es auseinandergeflogen ist, aber einige hundert Millionen Lichtjahre wird der Durchmesser schon gewesen sein. Wenn damals von einem Stern ein Lichtstrahl aufgebrochen ist, hat das All nicht gewartet, sondern sich immer weiter ausgedehnt. Da hat es eben noch 13 Milliarden Jahre gedauert, bis dieser Strahl die entfliehende Gegend einholte, in der vor über 4 Milliarden Jahren die Erde entstand.

Daß im Falle des Einsteinkreuzes 4 fast punktförmige Bilder anstelle eines Ringes (Idealfall) zu sehen sind, muß wohl mit einer speziellen, sehr ungleichmäßigen Masseverteilung in der Gravitationslinse zusammenhängen. Bei der Linse des Einsteinkreuzes soll es sich um eine Galaxie handeln, nicht um ein einzelnes Schwarzes Loch.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.10.2017 um 11.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36638

Man nimmt ja wegen der Rotverschiebung an, daß die Himmelskörper, je weiter sie schon entfernt sind, um so schneller davonfliegen, so daß die entferntesten schon einen nennenswerten Teil der Lichtgeschwindigkeit erreichen. Aber diese ist konstant; das Licht wird also nicht wie eine Schleppe hinter der sich entfernenden Quelle hergezogen, so daß es dann länger brauchte, um uns zu erreichen. Wenn es 13 Mrd. Jahre unterwegs war, hat es eben 13 Mrd. Lichtjahre zurückgelegt, obwohl das Weltall vor 13 Mrd. Jahren noch gar nicht diese Ausdehnung gehabt haben soll.

Mir ist es also immer noch nicht klar, aber ich werde mal darauf achten, wenn ich Zeit zur weiteren Lektüre finde.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.10.2017 um 12.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36639

Nicht nur die Lichtquelle entfernt sich immer schneller von ihrem ursprünglichen Ort, sondern auch die Erde bzw. der Ort, an dem die Erde eines Tages entstehen sollte, entfernt sich immer schneller vom ursprünglichen Ort. Der Raum zwischen beiden, den der Lichtstrahl insgesamt zurücklegen muß, wird immer größer.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.10.2017 um 12.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36640

Ja, das habe ich schon mitbedacht, alles entfernt sich von allem, und immer schneller. (In populären Büchern wird mit den Rosinen im aufgehenden Hefeteig verglichen.) Aber das ändert nichts an meinem Grundproblem, daß 13 Mrd. Lichtjahre die HEUTIGE Entfernung ist.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 17.10.2017 um 12.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36641

Im WWW gibt es so "Witze und Sprüche zum Nachdenken"... manche verblüffend originell.
Z.B.
Wenn sich das Weltall ausdehnt, wohin dehnt es sich dann aus?
Es ist noch nie jemand in einem leeren Raum gewesen.

Aber auch dieser:
Wenn mein Hund wüßte, daß ich innerlich aus Knochen bestehe, wie würde er mich dann wohl sehen?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.10.2017 um 13.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36643

Dann verstehe ich leider nicht, worauf Sie hinauswollen. Natürlich sind die 13 Milliarden Lichtjahre die heutige Entfernung, die muß das Licht zurücklegen, um hier anzukommen. Würde sich das Weltall nicht ausdehnen, wäre der Weg kürzer gewesen und das Licht wäre früher angekommen.

Was ist so verwunderlich daran, wenn der Hund dem 10m entfernten Hasen nachläuft, diesen aber erst nach 100m Sprint hechelnd schnappen kann, weil der Hase nun mal nicht stillgesessen hat? Wie könnte sich der Hund darüber beschweren, da es vor 5min doch nur 10m gewesen seien?
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 17.10.2017 um 14.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36644

Noch zwei:

Der Teufel trägt eine Heugabel, Gevatter Tod eine Sense: in der Unterwelt scheint es viele Bauern zu geben.

Wenn ich im Wald Initialen und Herzen in Baumrinden geritzt sehe, denke ich: Erstaunlich, wie viele Leute Messer zu einem date mitbringen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.10.2017 um 15.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36645

Das ist ein interessanter Gedanke und ein trickreicher Vergleich. Ich dachte, Sie würden anders argumentieren: Die Quelle könnte Licht aussenden, das nach 13 Mrd. Jahren auf eine inzwischen entstandene Erde trifft. Dann wäre das Licht nicht hinter uns her gehechelt wie der Hund hinter dem Hasen.

Als das Weltall noch viel kleiner war, entstanden Lichtquellen, und die sandten Licht aus, das heute nach 13 Mrd. Jahren immer noch unterwegs ist... Wohin geht es eigentlich, wenn es das All durchquert hat?

Ich nehme an, daß ich unfreiwillig lauter Sophismen hervorbringe, über die ein Physiker und Relativitätstheoretiker nur lachen würde.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.10.2017 um 16.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36646

Wohin geht das Licht, wenn es das All durchquert hat?

Das Licht muß sich immer innerhalb des Weltalls bewegen. Ich stelle mir das Weltall als überdimensionales Schwarzes Loch vor, aus dem nichts entweichen kann, nicht einmal das Licht. Es wird durch die Gesamtschwerkraft des Alls immer wieder nach innen gelenkt. Wir können also nie nach "draußen" kucken, falls es dort überhaupt etwas gibt.

Kratzbaum: Wohin dehnt sich das Weltall aus?

Nirgendwohin. Es wird zwar größer, aber nimmt woanders keinen Platz weg.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.10.2017 um 17.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36647

Vielleicht können wir doch nach "draußen" kucken?

Falls es da draußen dunkel ist, könnten wir nicht mit einer Lampe leuchten, und wir können auch nie hinausgehen, um nachzusehen.

Aber falls da draußen irgendwas passiert oder jemand uns eine Nachricht schickt, könnten wir das u. U. bemerken.
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 17.10.2017 um 19.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36650

Zu #36646

Kratzbaum: Wohin dehnt sich das Weltall aus?

Nirgendwohin. Es wird zwar größer, aber nimmt woanders keinen Platz weg.

Erinnert irgendwie an das Haus von Sirius Black, das Harry Potter geerbt hat.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 17.10.2017 um 21.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36656

Was viele nicht wissen: A. Einstein erhielt den Nobelpreis für die richtige Deutung des Photoelektrischen Effekts, nicht etwa für seine Relativitätstheorie(n).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.10.2017 um 05.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36752

Sind Sie allgemeingebildet? Kurios:

http://www.galli-institut.de/fragen.htm

Sieht aus wie Training fürs Quiz "Wer wird Millionär?"
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.10.2017 um 15.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36830

Auf Hunderten von Websites wird behauptet, schon Aristoteles habe gesagt:

Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.

Und manche schreiben einfach:

Allen Unkenrufen zum Trotz – bereits vor 2500 Jahren beklagte sich Aristoteles über die Jugend – ist doch noch immer eine brauchbare Generation herangewachsen. (stern.de)

Paßt eigentlich nicht besonders zu ihm, es fehlt auch regelmäßig die Stellenangabe. Hesiod wird es auch zugeschrieben, aber ich glaube, bei dem steht es auch nicht. Das Ganze gehört wahrscheinlich in die Kategorie "Chinesisches Sprichwort". Aber ich lasse mich gern belehren, man kann ja nicht alles im Kopf haben.
 
 

Kommentar von Frank Daubner, verfaßt am 01.11.2017 um 08.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36832

Alles, was Aristoteles im langen Absatz über den Charakter der Jugend in seiner Rhetorik (II 12, 1389a-b) schreibt, spricht dagegen, daß dieses irrlichternde Zitat von ihm stammt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.11.2017 um 05.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36874

Woran erkennt man ein gutes Buch? Es gibt tatsächlich ein Buch mit dem Titel "Was ist gute Literatur? Wie man gute Bücher von schlechten unterscheidet", aber viele andere und die ganze Literaturkritik handeln natürlich ebenfalls davon.

Woran erkennt man eine gute Bohnensuppe? Jürgen Dollase versucht es wissenschaftlich zu ergründen, aber wir alle wissen, daß es einen viel einfacheren Weg gibt.

Nicht sehr verschieden sind Adornos Versuche, gute Musik zu definieren. Dollases "avancierte Kreationen" könnten beinahe auch von ihm sein.

Woran erkennt man eine schöne Frau?

Immer wieder hat man versucht, das Schöne zu vermessen. Polyklet soll eine Schrift verfaßt und vielleicht sogar eine Musterstatue geschaffen haben, die er "Kanon" nannte. Aus der genauen Vermessung des "Doryphoros" versucht man zu erschließen, was in der verlorenen Schrift gestanden haben mag.

Manche Menschen meinten, eine schöne Frau müsse eingebundene Füße haben, die sie am Gehen hinderten und zeitlebens schmerzten. Andere halten diese Vorliebe für einen abscheulichen Deformationsfetischismus.

Die berühmten Schönheiten der Stummfilmzeit kommen uns nicht gerade anziehend vor, die schmalen Lippenschlitze, die rasierten und nachgezogenen Augenbrauen...

Es ist so offensichtlich, daß jeder nachtheoretisiert, was dem eigenen Geschmack oder dem der Epoche entspricht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.11.2017 um 05.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36962

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#34674

Noch ein anschaulicher Vergleich (aus "Sterne und Weltraum"): Die Genauigkeit der Instrumente, mit denen man die Gravitationswellen nachweist, entspricht der Genauigkeit, mit der man die Entfernung des nächsten Fixsterns Alpha Centauri (über 40 Billionen km) bis auf die Breite eines menschlichen Haars bestimmen könnte. Alle Störfaktoren sind viel stärker und müssen herausgerechnet werden. – Ist das nicht der helle Wahnsinn?

(Dazu noch eine persönliche Bemerkung, die ich mir als Tagebuchschreiber erlaube: Meinen vorigen, hier verlinkten Eintrag zum Thema glaubte ich erst neulich geschrieben zu haben und bin doch ziemlich schockiert, daß es schon im März war. Dazu gibt es ja jetzt ein schönes Buch, hier erwähnt: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1106#34065.)
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 11.11.2017 um 08.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36964

Wer erfahren möchte, zu welchen Perversionen das Denken deutscher Medienschaffender fähig ist, muß den Kommentar eines Jakob Augstein zu den Ereignissen in Köln lesen. – Da möchte man auch ausrufen: "Man kann gar nicht so viel fressen..."
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 11.11.2017 um 11.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36966

Es wird immer komischer: Nun beschuldigt eine US-Torhüterin Blatter, ihr 2013 an den Po gefaßt zu haben. Allmählich hat man den Eindruck, es sei für manche Frauen eine Frage des Renommees, belästigt worden zu sein. Und immer liegt es viele Jahre zurück. "Lustobjekt" möchte keine sein – aber Unlustobjekt anscheinend auch nicht. Der ewige Zwiespalt.
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 11.11.2017 um 12.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36967

S. Freud bemerkt einmal, daß die primären Geschlechtsmerkmale nie als schön bezeichnet werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.11.2017 um 13.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36969

Wo werden sie überhaupt bezeichnet? In der Fachliteratur entfallen ästhetische Urteile, aber in der "expliziten" Literatur werden sie auch als schön gepriesen. Das liegt natürlich am vorauszusetzenden Erregungszustand des Lesers, der bekanntlich alles verschiebt. Vgl. schon http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1103#24130
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 11.11.2017 um 14.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36970

Ich habe nur aus der Erinnerung zitiert. Muß die Stelle mal suchen. Jedenfalls meinte Freud, daß Schönheit eher den sekundären Merkmalen zugeschrieben wird. Wir sehen es z.B. in den Werken der bildenden Kunst. "Interesseloses Wohlgefallen". In der Pornographie ist es natürlich anders, aber da geht es ja nicht um Schönheit, sondern um "Interessen". – Freud war weise und gebildet und obendrein ein großer Humanist. Immer wieder mit Gewinn zu lesen. Oder wie Eric Berne sagt: Freud wußte die Antworten. Wenn du von der Sexualität etwas nicht weißt, nenn es nicht schrecklich oder geheimnisvoll. Schlag nach bei Freud, da steht alles drin.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 11.11.2017 um 14.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36971

Freud war ein schönschreibender Scharlatan, dessen eigene Therapien erwiesenermaßen keinem einzigen seiner Patienten geholfen haben. (Ihm selbst allerdings schon.)
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 11.11.2017 um 14.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36972

Ich freue mich immer wieder, wenn sich sonst durchaus zurechnungsfähige und rational argumentierende Leute über Freud ereifern; sie zu provozieren, macht mir großen Spaß. Allerdings wecken der Eifer, ja der Haß und die Verachtung, die sich da Luft machen, doch gewisse Ahnungen in mir. Ich muß und will auch gar nicht die Psychoanalyse verteidigen. Ich selbst würde mich nie einer unterziehen. Das ist keine Wissenschaft, aber das kann man auch von manchen anderen Heilmethoden sagen. – In einem Nachbarstädtchen hat ein falscher Arzt ziemlich lange unentdeckt in der Psychiatrie gearbeitet. War übrigens selbst psychisch krank. Scheint in der Karriere kein Nachteil zu sein.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.11.2017 um 16.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36974

Über Freud braucht man sich weder so noch so zu ereifern, man sollte aber die Literatur, die allein in den letzten 30 Jahren über ihn erschienen ist und u. a. die Briefe an Fliess auswertet, einigermaßen kennen. Es genügt eben nicht mehr, nur Freud-Leser zu sein. Das hat übrigens gar nichts mit dem Stand von Psychologie und Psychiatrie zu tun.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 11.11.2017 um 16.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36975

Wenn man sich darauf verständigt, daß Psychoanalyse keine Wissenschaft ist, ist ja schon viel gewonnen. Allerdings hätte Freud selbst das nie zugegeben, und das ist eben der Kern seiner Scharlatanerie.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.11.2017 um 17.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36976

Uns geht das nur insofern an, als die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung weiterhin ungerührt ihren Preis für wissenschaftliche Prosa nach ihm benennt. Wie grotesk das ist, erkennt man aber nicht aus der Lektüre seiner veröffentlichten Schriften.
Zur ersten Orientierunng: http://www.psychiatrie-und-ethik.de/wpinfcen/
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 11.11.2017 um 17.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36977

Als Nicht-Freud-Forscher muß ich Literatur über ihn erst einmal nicht zur Kenntnis nehmen. Ich lese Freud ähnlich wie Erzählungen oder auch Essays, ganz unbefangen. Übernehme das eine oder andere für mich Brauchbare. Z.B. finde ich "Zeitgemäßes über Krieg und Tod" sehr treffend. – Jeder zimmert sich sein Menschenbild zurecht. Ob es zutrifft, entscheidet sich allein in der Lebenspraxis, d.h. im Umgang mit anderen. Der eine begnügt sich mit Behaviorismus, ein anderer mit Gottesglauben, ein anderer wieder sieht Glück als Folge gewisser Hormone. Hinter allem lauert die Todesangst und die Gewißheit, daß am Ende doch alles vergeblich, "eitel" ist. – Das Leben ist kurz, aber wir wollen und können ihm doch ein wenig Spaß abgewinnen, bevor wir in die Grube fahren, nicht wahr?
 
 

Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 11.11.2017 um 17.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36978

Das ehrt die Akademie, daß sie ihrem berühmten Preisträger treu bleibt. Freudsche Prosa zu lesen, ist allein schon ein Genuß.
 
 

Kommentar von , verfaßt am 11.11.2017 um 19.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36979


 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 11.11.2017 um 21.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36980

Freud war ein Scharlatan. Duden: jemand, der bestimmte Fähigkeiten vortäuscht und andere damit hinters Licht führt. Das trifft es.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.11.2017 um 04.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36981

Freud behauptete, Patientinnen geheilt zu haben, von denen er wußte, daß sie längst in der psychiatrischen Anstalt saßen. Er bekannte sich privat dazu, die Behandlung reicher Damen in die Länge zu ziehen, weil dies seine einzige Einnahmequelle war; manchmal mußten deren Angehörige dem Spuk ein Ende machen. An den Untaten seines verrückten Freundes Fliess war er beteiligt. Die literarische Welt lag ihm zu Füßen - die bekannte Verführbarkeit der Intellektuellen. Die medizinische Sexualforschung war nicht so beeindruckt, wurde aber nicht gehört, sie war rhetorisch unterlegen und auch zu gewissenhaft. Später stilisierte Freud sich zum Weltweisen; das ist dann Literatur.
Das Freudarchiv konnte nicht verhindern, daß Masson und andere die Dokumente wenigstens teilweise ans Licht brachten. Die Lektüre ist ungemein lehrreich, auch viel spannender als die schematischen Deutungen bei Freud selbst. (Die Haltlosigkeit seiner Essays über Moses und Leonardo ist ja bekannt; mit kritisch geschultem Blick kann man das heute fast gar nicht mehr lesen, ohne sich ständig an den Kopf zu greifen.)

Zu den hier verlinkten Texten ergänzend: www.sgipt.org/th_schul/pa/pak_ueb0.htm
Ganz kurz auch dies: www.ppfi.de/buchbesp/israels.htm
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.11.2017 um 05.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36982

Sprachlich interessant ist Freuds „psychischer Apparat“ als typisches Konstrukt:

3 Provinzen: Ich, Es, Überich
2 Triebe: Sexualtrieb, Todestrieb
3 psychische Qualitäten: Bewußtes, Unbewußtes, Vorbewußtes
4 Entwicklungsstadien

(Nach Felix Annerl, der hinzufügt:) „Ergänzt wird das Ganze im Gesamtwerk durch ein umfangreiches Set von Zusatzbegriffen wie Tabu, Trauma, Fixierung, Verdrängung, Verdichtung, Verschiebung, Regression, Sublimierung, Übertragung etc. sowie durch eine Reihe von funktionalistischen Fachtermini aus der Medizin, besonders der Neurologie und Psychiatrie. Auf der Basis dieser prägnanten, aber umstrittenen
Begriffe entwickelte Freud seine komplexen Theorien des Traums, der Neurose, der Sexualität oder der Kultur.“

In diesem Begriffsnetz ist es, wie man schon früh erkannte, nicht mehr möglich, irgend etwas zu widerlegen. Stets findet der Psychoanalytiker einen Kunstgriff, mit dem er recht behält. Der Preis der Akademie sollte "Preis für pseudowissenschaftliche Beredsamkeit heißen", Kandidaten gibt es genug.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.11.2017 um 16.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#37081

„An Werthern gefällt mir das Lesen seines Homers nicht. Es ist subtile Prahlerei, daß der Mann etwas Griechisches lesen konnte, während andere Leute etwas Deutsches lesen müssen. Daß deutsche Schriftsteller so oft ihre Helden mit einem Griechen in der Hand spazieren lassen, ist deutsche Prahlerei, Zeitungs- und Journalenleserei.“ (Lichtenberg G5)

Ich hatte mir als Student etwas ähnliches notiert zu „kennt seinen Horaz“ usw., das auch mir Unbehagen bereitete, kann meine Aufzeichnungen aber gerade nicht finden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.12.2017 um 09.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#37168

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1503#34378

Die Religionskritik des Xenophanes ist ja sehr bekannt und zeitlos treffend. Weniger bekannt: Kaum waren die Olympischen Spiele erfunden, hat Xenophanes sie auch schon in die Pfanne gehauen. Wichtiger als der Sport sei die Bildung.

Deutscher Text hier: http://www.zeno.org/Philosophie/M/Xenophanes+aus+Kolophon/Fragmente/Aus+den+Elegien

Griechisch und englisch hier: https://history.hanover.edu/texts/presoc/Xenophan.html

Erfrischend zu lesen, solche freien Geister in so früher Zeit.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.02.2018 um 09.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#37788

Fundstück, nicht ganz unbekannt:

Nicht ohne eine Gebärde schamvoller Abwehr nehme ich zuweilen wahr, daß man mich auf Grund meiner Bücher für einen geradezu universellen Kopf, einen Mann von encyklopädischem Wissen hält. Eine tragische Illusion! In Wirklichkeit bin ich für einen – verzeihen Sie das harte Wort – weltberühmten Schriftsteller von einer schwer glaublichen Unbildung. Auf Schulen habe ich nichts gelernt als Lesen und Schreiben, das kleine Einmaleins und etwas Lateinisch. Alles übrige wies ich mit dumpfer Hartnäckigkeit ab und galt für einen ausgemachten Faulpelz, – voreiliger Weise; denn später entwickelte ich einen Bienenfleiß, wenn es galt, ein dichterisches Werk wissenschaftlich zu fundieren, d. h. positive Kenntnisse zu sammeln, um literarisch damit zu spielen, streng genommen also, um Unfug damit zu treiben. So war ich nacheinander ein gelernter Mediziner und Biologe, ein firmer Orientalist, Ägyptolog, Mytholog und Religionshistoriker, ein Spezialist für mittelalterliche Kultur und Poesie und dergleichen mehr. (Thomas Mann 1951)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.07.2018 um 04.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#39004

Was wären wir ohne unsere Brillen!

Der Flügelaltar des Konrad von Soest (heute Stadtkirche von Bad Wildungen) zeigt, wie man meint, den ersten Brillenträger nördlich der Alpen, kurz nach 1400 gemalt.

Über eine mögliche symbolische Bedeutung der Brille auf religiösen Bildern vgl. https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2013/1/petrus-mit-brille.php
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.07.2018 um 05.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#39076

Der katholischen Theologie, die man nun auch in Berlin soll studieren können, wird zugeschrieben, sie stelle „Handlungs- und Orientierungswissen der Gesellschaft“ bereit (FAZ 7.7.18).

Vgl. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=640#19447

Orientierungswissen zu vermitteln wird auch den Geisteswissenschaften insgesamt zugeschrieben und von ihnen beansprucht. Einbildung ist auch eine Bildung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.01.2019 um 04.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#40685

Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren...

Wenn Philosophen und andere Geisteswissenschaftler mehr oder weniger gehässig über Mathematik und Physik reden (ich hatte schon Konrad Adam erwähnt), kann man sicher sein, daß das nicht ihre Glanznummer in der Schule war.

Die Volksschule verließ Adorno bereits nach drei Jahren. Er wechselte an das Kaiser-Wilhelm-Gymnasium in Sachsenhausen. Dort übersprang er die Oberprima. In Mathematik schloss er „noch genügend“ und „mit Bedenken“ ab. Dennoch bestand er bereits zu Ostern 1921 die Reifeprüfung.

In der "Dialektik der Aufklärung" und anderswo findet man einschlägige Seitenhiebe. Habermas treibt es noch schlimmer. Beim entsprechenden Publikum findet das viel Beifall.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.02.2019 um 05.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#40790

Amazon-Rezension zu „Geschichte der Philosophie für Dummies“:

Für alle die Geschichte der Philosophie I, II oder III machen wollen habe ich einen Tipp.
Lest und studiert dieses Buch und macht dann die Prüfungen. Habe letztes Jahr alle 3 gemacht mit 10 Stunden Lernaufwand und mit den Noten 2,3 und 4 bestanden! (für 15 ECTS)


Das macht gute Laune, wirft aber auch die Frage auf: Was ist der Sinn des Lebens?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.03.2019 um 05.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#40988

„Der Shootingstar ist Unsinn, denn im Englischen ist es ein niederstürzender, verglühender Komet.“ (Josef Kraus)

Zum Glück nicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.04.2020 um 04.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#43434

"Sterne und Weltraum" ist sorgfältig redigiert und gut gemacht, prall voll mit sachlicher Information, kein Firlefanz – aber die Reformschreibung stößt den Leser immer wieder vor den Kopf, also die keplerschen Gesetze und: Herr T. hat mit seiner Nachfrage völlig Recht.

Das ist eine deutliche Verschlechterung und ein Dokument der Abstumpfung. Immerhin wird nicht gegendert, außer in der schuldidaktischen Zugabe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.01.2021 um 07.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#45050

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#36874

Es ist wohl wirklich so, wie Platon es nicht wahrhaben wollte: Was wir schön nennen, etwa eine schöne Melodie und eine schöne Frau, muß nichts gemein haben. Das Prädikat kann auf verschiedenen Gebieten zwar unser Wohlgefallen ausdrücken, dieses jedoch hat verschiedene Ursachen. Die Umformulierung hilft: Von Dingen, die uns gefallen, nehmen wir ja auch nicht an, daß sie gemeinsame Eigenschaften haben. Soviel zum Universalienstreit. (Kant meinte freilich, das ästhetische Urteil trete mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit auf. Na und? Ansprüche sind billig wie Brombeeren.)

Unklar ist, warum etwas nicht „schön schmecken“ kann. Das Essen riecht gut, nicht schön. Etwas riecht angenehm oder unangenehm. Der „schöne Duft“ kommt zwar vor, aber wohl eher im Zusammenhang mit der Parfümwerbung, die ja auch schöne Frauen abbildet, um etwas davon auf die beworbenen Riechstoffe abzuleiten. Bei Kleidung ist „schön“ wieder normal.

Schmecken und riechen sind vielleicht zu animalisch, um der kulturellen Prägung zu unterliegen, die den sprichwörtlich wandelbaren „Geschmack“ (wie man paradoxerweise dann doch wieder sagt) bestimmt.
Klassizisten haben eine Zeitlang an den unveränderlichen „Kanon“ geglaubt, buchstäblich verkörpert in Polyklets Doryphoros (nach seiner Schrift „Kanon“ genannt), aber das ist nicht mehr aktuell, seit sich unser Blick auf den Rest der Menschheit geweitet hat.

Der gut gebaute junge Mann (athletischer Typ, aber kein Bodybuilder) lag den alten Griechen wohl besonders; die Frauen müßten sich eigentlich ein wenig ärgern, daß keine von ihnen in Betracht gezogen wurde. Dabei sind sie viel schöner als Männer (wie ein deutscher Philosoph vor einigen Jahren bewiesen hat).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.06.2021 um 13.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#46156

Habt ihr auch was für eure Bildung getan und die Sonnenfinsternis beobachtet, die gerade zu Ende geht?

Vor 22 Jahren war es natürlich unvergleichlich großartiger (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#19683), aber heute haben die Kinder mehr Verstand (und auch schon wieder eigene Kinder...). Ich habe es mit dem Fernglas auf ein Blatt Papier projiziert, und meine Frau hat es mit dem Smartphone fotografiert.

Man kann allmählich ein Gefühl für die grundlegenden geometrischen Verhältnisse bekommen, unter denen wir durchs Weltall sausen. Dazu braucht man die Anschauung und konkrete Beschäftigung mit den Dingen. Wir hatten doch hier schon mal das Thema der Streuung des Sonnenlichts im Laub der Bäume. Heute fiel uns wieder mal auf, daß die Lichtflecken auf dem Waldweg um so kreisförmiger sind, je kleiner und lichtschwächer sie sind: lauter kleine Lochkamerabilder der Sonne.

Außerdem konnten wir nicht auf Anhieb sagen, welche Blüten heliotrop sind. Heckenrosen? Die sahen jedenfalls so aus.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.06.2021 um 13.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#46157

Man soll sich eine partielle Sonnenfinsternis ja normalerweise nicht mit bloßem Auge ansehen. Aber manchmal geht das sehr gut. In den 90er Jahren fand eine am späten Nachmittag statt, die Sonne stand schon recht tief, war durch den dunstigen Himmel als matt leuchtende Feuerkugel zu sehen, und ich konnte die zu etwa 1/3 bedeckte rote Sonnenscheibe sogar direkt durch ein Fernglas betrachten. Ein herrlicher Anblick.

Heute mittag war es ähnlich, denn ein paar dichte Schleierwolken schoben sich zeitweise wie ein Filter vor die Sonne. Mit dem Fernglas direkt hinzuschauen habe ich allerdings wegen des schnellen Wechsels heute nicht gewagt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.11.2021 um 05.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#47571

Google feiert mit einem Doodle Vermeers 389. Geburtstag und verlinkt den Wikipedia-Eintrag, aus dem man jedoch sogleich erfährt, daß er am 31. Oktober getauft wurde.

Unter den drei Doodle-Bildern ist auch "Die Malkunst" oder wie auch immer man es nennen will. Zu den ersten Kunstbüchern, die ich mir zulegte, gehörte Kurt Badt: Modell und Maler. Damit versuchte ich, den miserablen Kunstunterricht auszugleichen (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#27035). Das hat meinen Kunstgeschmack bis heute geprägt. Über dem Klavier hängt jetzt wirklich der Poussin (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1103#44742).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.01.2022 um 17.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#48108

Erdgas verbrennt zwar entgegen einer neueren Annahme nicht frei von CO2, aber man könnte Sloterdijks geniale Idee verfolgen, ihm das CO2 vor der Verbrennung zu entziehen...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.09.2022 um 06.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#49704

Meine bescheidene naturwissenschaftliche Bildung reicht aus, mir ein völlig anderes „Lebensgefühl“ zu verschaffen, als es den keineswegs weniger intelligenten Altvorderen möglich war. Die Erde kreist um die Sonne (eine ganz gute Annäherung; über Kepler weiß ich Bescheid, das Elliptische wird aber nicht so anschaulich erlebt) und dreht sich um sich selbst, wobei die Rotationsachse schräg zur Ekliptik steht, daher die Jahreszeiten: Vor vier Wochen japste der Hund noch in der Sommerhitze, aber jetzt ist es fast schon Zeit, das Wohnzimmer zu heizen. Nachts kann der Sternhimmel erlebbar machen, daß alle Himmelskörper der gleichen Gravitationskraft folgend umeinander fallen. Eigentlich alles ganz einfach, aber nur nach einer völligen Umkehr der Perspektive einseh- und erlebbar. Der geniale Aristoteles hatte noch nicht die Abstraktionen „Schwerkraft“, „Bewegung“ und mühte sich mit dem mehrfachen Sinn der Grundbegriffe ab. Das ist heute so selbstverständlich, daß wir vergessen können, wie sehr wir auf den Schultern von Riesen stehen.
„Kopernikanische Wende“ trifft es ganz gut. Der nächste Schritt war Newtons Einsicht, daß es für die ewige Bewegung der Himmelskörper keiner „Kraft“ bedarf. Dafür haben wir auf der Erde kein anschauliches Vorbild: einen Körper, der nur von der Schwerkraft gehalten um einen anderen kreist – ohne einen besonderen Antrieb, der ihn in Bewegung hält. Das ist gegen die Intuition, aber viele von uns haben sich auch an diese Perspektive gewöhnt. Einstein hat uns dann einen noch härteren Brocken in den Weg gelegt. Die Relativität der Zeit will uns bisher nicht in den Kopf, auch wenn wir „rein theoretisch“ die Lektion gelernt haben. Die Geschichte unserer Aufklärung zeigt aber, daß man die Hoffnung nicht aufgeben sollte.
Übertragbar auf andere Gebiete.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.10.2022 um 03.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#49741

Der Tod der Queen und dann die neuen Filme und Bücher über Sisi geben unseren Journalisten die Gelegenheit, sich raunend über die „zwei Körper des Königs“ vernehmen zu lassen. Das „bekannte“ Werk von Kantorowicz gilt als oft zitiert, aber selten gelesen; mehr als das Schlagwort wird denn auch nicht verraten.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.10.2022 um 21.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#49823

zu #46156, #46157:

Auch heute mittag konnte man die partielle Sonnenfinsternis wegen der Filterung durch die Wolken bei uns teilweise sehr gut mit bloßem Auge beobachten.

Das Erste meldete in der Tagesschau:
"Die nächste partielle Sonnenfinsternis kann man in Mitteleuropa voraussichtlich 2025 sehen."

Voraussichtlich? Was außer Wolken könnte denn sonst noch das Himmelsereignis verstecken? Sie werden wohl kaum so lückenlos undurchdringlich sein, daß ganz Mitteleuropa keine freie Sicht hat.

Diese vorsichtige Ausdrucksweise ist wohl schon so eingeschliffen, daß sie ganz automatisch verwendet wird, ähnlich wie man angeblich immer nur die "mutmaßlichen" Täter sucht, anstatt die tatsächlichen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.11.2022 um 07.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#49923

Kalidasa gestaltete sein Versdrama im vierten Jahrhundert nachchristlicher Zeit für die Kastengesellschaft des indischen Theaters. (Wikipedia Abhijnanashakuntala)

„nachchristlich“ = christlich. Und was soll das denn heißen, daß Kalidasa seine „Shakuntala“ „für die Kastengesellschaft des indischen Theaters“ schrieb? Das gesellschaftskritische Gestammel schiebt sich vor die Gegenstände, die dadurch irgendwie überholt erscheinen (und nicht gelesen zu werden brauchen – wie schön!).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.12.2022 um 10.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#50001

Doch Kühe, Schafe, Ziegen und Pferde haben nicht nur einen, sondern vier Mägen und können damit anders als der Mensch Grünzeug verdauen. (SZ Wissen 3.12.22)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.02.2024 um 04.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1485#52740

Wie Hermann Unterstöger einmal schrieb, werde jungen Journalisten geraten: „Finger weg von lateinischen Zitaten!“ Aber auch die nicht mehr ganz so jungen halten sich nicht daran, und je weiter der Lateinunterricht zurückliegt, desto unglücklicher sind die Folgen.
Wie viele Schüler Griechisch lernen, scheint nicht leicht zu sagen, denn die jüngsten Daten bei Wikipedia sind von 2013. Vielleicht sind es heute noch 10.000, überall als dritte Fremdsprache. Man kann also sagen, daß Griechisch im deutschen Bildungswesen keine Rolle mehr spielt, nachdem es durch Humboldt und seine Idee des Gymnasiums sogar einmal die Grundlage der Bildung gewesen war. Den Griechen selbst hätte das gefallen, denn über Platons Akademie stand die Inschrift: „Ohne MINT kein Zutritt!“ Nie wäre es den Griechen eingefallen, ihren Kindern die tote Sprache eines fremden Volks beizubringen.
 
 

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Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

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