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»Sprache und Politik«


Beiträge zum Thema

»Zur Rolle der Schule
Vorreiterin oder Leidtragende?«

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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 12.05.2005 um 15.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=26#94


Unter diesem Thema (Zur Rolle der Schule – Vorreiterin oder Leidtragende?) könnte man sicherlich verschiedene Dinge anführen; ich möchte hier vor allem auf folgenden bemerkenswerten „Diskussionsbeitrag“ von G. Augst zurückkommen, den man (noch) auf der Internetseite der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung findet (Hervorhebung hinzugefügt):

9. Die Gegner der Neuregelung behaupten: Die Erwachsenen werden zur neuen Rechtschreibung gezwungen.
Richtig ist: Von der neuen Rechtschreibregelung wird eine Vorbildfunktion ausgehen. Aber wie die Erwachsenen außerhalb der Schule und der Behörden die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung aufnehmen, wird sich erst zeigen. Wenn ein Vorschlag, z. B. die Eindeutschung von Portemonnaie zu Portmonee, sich überhaupt nicht durchsetzt, wird die Kommission ihn nach einigen Jahren wieder tilgen. So war es auch bisher. Die Vorschläge des DUDENs, Scheff für Chef, Kautsch für Couch, Schi für Ski zu schreiben, haben sich nicht durchgesetzt. Sie sind daher im amtlichen Wörterverzeichnis nicht mehr aufgeführt. Ebenso muss sich erst zeigen, was die Schreibgemeinschaft mit dem stilistischen Komma beim Infinitiv anfängt. Nimmt sie es an oder nicht? Welche Stilregeln wird sie ausbilden? Von Zwang kann also keine Rede sein. Die Schule setzt die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung in die Praxis um. Was aber die Schreibgemeinschaft nicht annimmt, wird die Schule wieder aus ihrem Lehrplan streichen. So war es auch nach dem Erlass von 1902.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 15.08.2005 um 19.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=26#233


Die Internetseiten der Zwischenstaatlichen Kommission existieren nicht mehr, ihr Inhalt ist jedoch (zumindest teilweise) archiviert. Die Seite, von der ich zuvor zitierte, kann hier eingesehen werden.
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Urs Bärlein
*

Dieser Beitrag wurde am 02.01.2010 um 16.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=26#5811


Weiß jemand, wie es genau zu der Setzung einer Übergangsfrist kam? Daß es auch ohne gegangen wäre, zeigt das französische Beispiel, und daß sie zumindest anfänglich bzw. zumindest teilweise nicht im Sinne der Reformer war, zeigt nicht nur das von Herrn Wagner beigebrachte Gerhard-Augst-Zitat: Eine Rechtschreibreform kann als kulturrevolutionäre Veranstaltung nur so lange eine volkspädagogische Wirkung entfalten, wie die "neue" Orthographie gerade nicht allgemein durchgesetzt ist.

Ich stelle die Frage hier ein, weil erst die Übergangsfrist die Auseinandersetzung um die Reform zu einem gesamtgesellschaftlichen Konflikt über die engeren Grenzen der Schule hinaus werden ließ, in dem es darum ging, ob der Staat befugt ist, nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen auf die Schulbank zu setzen, also letztlich um die Geltung der Schule als zentrale Institution der Gesellschaft.

Für diese Annahme spricht nicht nur, daß die Rechtschreibung zu einer Frage der Staatsraison werden konnte, sondern auch die Selbstverständlichkeit, mit der die Kultusminister die Zuständigkeit für Rechtschreibung beanspruchten. Andererseits kann ich mir nicht gut vorstellen, daß die Kultusminister den Konflikt gesucht haben, denn schließlich hatte niemand den Geltungsanspruch der Schule in Frage gestellt. Er bedurfte der Durchsetzung gar nicht mehr.
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