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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 26.08.2013 um 20.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#10408


Hamburger Abendblatt, 24. August 2013

Auf verdammt dünnem Eis
Eine Glosse von Rednaxela Relluhcs

Spätestens seit der Rechtschreibreform im Jahr 1996 gilt: Korrekte Rechtschreibung funktioniert aus dem Bauch heraus. Sie ist Gefühlssache, denn Rechtschreibregeln, das ahnte bereits Günther "Günni" Duden (der weitgehend unbekannte Cousin zweiten Grades des Erfinders des gleichnamigen Nachschlagewerks), "seien doch bloß da, um gebrochen zu werden". Überhaupt war es auch voll übel krass, zu versuchen eine Sprache zu reformieren, zu deren Erlernen man nach Ansicht von Mark Twain sowieso "30 Jahre benötigen würde".

Nun gibt es natürlich einige Menschen, die das ganz anders sehen. Die eine ganz andere Meinung haben und für die ein "total korrekt Deutsch, weissu?" ein Grad- oder heißt es Gratmesser? (ach, is' doch egal) für's tägliche Wohlbefinden darstellt. Die ebenso unerschrocken wie unermüdlich ihre Finger in offene Wunden legen. Und die SchreiberInnen auf diesem Planeten, öfter als wie es denen lieb sein kann, der falschen Rechtschreibung und Zeichensetzung überführen. Das nennt man aktive LeserInnen-Blatt-Bindung. Wir geben uns große Mühe, diese Bindung beizubehalten und zu intensivieren. Doch bereits vor einem Jahr hatte die Verlagsleitung ein neues, zeitgemäßes Qualitäts-Management für die Korrekturabteilung implementiert: Es sieht unter anderem das Korrekturlesen im Schein geweihter Kerzen vor, um den Druckfehlerteufel zu verschrecken.

Darüber hinaus sorgt ein pfiffiger interner Strafenkatalog für ein zu 99,99789 Prozent korrekt gedrucktes Produkt. So wird etwa das dreimalige Übersehen eines Tüddelchens (ganz gleich ob oben oder unten) mit zehnprozentigem Lohnabzug bestraft. Falsche Genitive werden mit fünf Linealschlägen auf die Fingerkuppen geahndet. Der Effekt: Nicht einmal zweieinhalb Wochen nach Einführung des neuen Rechtschreibungs-Qualitätsmanagements verstummten die Telefone und versiegten die E-Mail-Briefkästen – denn die Lieblingszeitung der HamburgerInnen war nun upsoluth fählerfrei! Leider versiegte damit jedoch auch die LeserInnen-Blatt-Bindung. Und jetzt wissen Sie, warum die Redaktion täglich 20 bis 30 Rechtschreibfehler absichtlich einbaut.


(www.abendblatt.de)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 09.02.2013 um 00.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9991


Gestern kurz: "Aktuell" (= meistgelesen) an erster Stelle auf faz.net: "Annette Schavan [/] Mit nicht nur heimlichem Hochmut", gleichzeitig: "Meistgelesene Artikel" auf welt.de: "#1. FKK-Kreuzfahrt [/] Auf der "Freedom" kreuzen 3000 Nackte durch die Karibik".
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 28.01.2013 um 14.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9928


Die Fernsehsender möchten gern alles zu Geld machen, auch ihre Internetbeiträge. Aber erstens läuft im Internet nicht das volle Programm, zweitens sind die ausgewählten Sendungen, die dennoch laufen, eine für die Sender nützliche und willkommene Werbung, die sie nicht auch noch bezahlt haben müssen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 26.01.2013 um 11.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9921


Der unauflösbare Widerspruch

Alle Argumente pro "Haushaltsbeitrag" rücken diesen (ungewollt natürlich) in die Nähe einer Steuer. Monika Piel z.B. vergleicht die Fernsehanstalten mit Kinderspielplätzen, die auch von denen mitfinanziert werden, die keine Kinder haben. Andere reden von "Demokratieabgabe" oder "Solidarbeitrag" (besonders dreist).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.01.2013 um 09.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9920


Aus der Fernsehsteuer folgt für den abstinenten Zahlungspflichtigen eine Art Zwang zum Fernsehen. Ausweichen kann er nicht, und dies wäre dann die einzige Möglichkeit, einen Gegenwert zu bekommen. Ob das aber verfassungskonform ist ?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.01.2013 um 18.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9919


Was die Öffentlich-Rechtlichen um keinen Preis wollen (können) – die einzig saubere Lösung:
Daß die Abnehmer nur für die tatsächlich in Anspruch genommenen Sendungen bezahlen. Obwohl ein entsprechender Zähler sich bestimmt technisch verwirklichen ließe.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.01.2013 um 14.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9896


An unserer Schule gab es einen Lehrer namens Armstark, der witzigerweise bei den Schülern "Armstrong" hieß...
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 16.01.2013 um 13.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9886


Ja, man muß heutzutage mit allem rechnen. Einfach pc ein "man/frau" davorgesetzt, schon wird aus dem falschen Imperativ ein richtiger Konjunktiv.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.01.2013 um 09.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9885


Lieber Herr Riemer, womöglich haben Sie und ich nur nicht mitbekommen, daß auch der Imperativ der political correctness zum Opfer gefallen ist...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 06.01.2013 um 09.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9856


Die "Schnüffelei" entfällt, weil die GEZ (oder wie immer sie nun heißen mag) einfach einen "Datenabgleich" mit den Meldebehörden vornehmen, also ein eigenes Melderegister anlegen wird. Dies ist vielleicht ein noch größerer Skandal als die neue Steuer.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.12.2012 um 11.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9817


Vielleicht wird gerade die Maskierung der neuen Zwangsabgabe (= Kopfsteuer) als "Beitrag" den so schlauen Fernsehanstalten zum Verhängnis. Auch auf die EU darf man in diesem Falle hoffen.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 21.12.2012 um 12.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9791


Vielen Dank für den Hinweis auf die älteren Bundesverfassungen. Aber seit irgendwann hat man doch ein professionelles Offizierskorps und auch eine materielle Infrastruktur an Gebäuden, schwerem Gerät usw. »Stehendes Heer« ist zugegebenermaßen ein zu altertümlicher Begriff für diesen Prozeß der Institutionalisierung, aber derselbe hat ja stattgefunden.
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 21.12.2012 um 05.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9790


Ja, Herr Markner, "die republikanische Grundidee ist die gleiche", nur hat sich eben nicht, wie Sie schreiben, "in der Schweiz ein stehendes Heer daraus entwickelt".

Bereits die Bundesverfassungen von 1848 und 1874 untersagten dem Bund (dem Staat), stehende Truppen zu halten. In der heutigen Verfassung (1999) wird das Prinzip der Milizarmee in Art. 58 explizit genannt ("militaerisches Milizsystem").

Man modernisiere lediglich Ihr rustikales Idyll: statt der Trommel ein neuzeitliches Kommunikationsmittel, statt Bauer schlicht Buerger, statt der Knarre endlich – und leider – ein Sturmgewehr, schon haben wir den aktuellen Stand der Dinge.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 20.12.2012 um 22.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9787


Eine Miliz, das »Corps der zur Vertheidigung des Landes ausgesonderten Einwohner
[. . .], welches man auch vollständig die Land-Miliz heißt, zum Unterschiede von den Feldsoldaten« (Adelung), ist eben kein stehendes Heer, sondern kann bei Bedarf zusammengetrommelt werden. Dann läßt der Bauer seine Forke fallen, nimmt die Knarre aus dem Schrank und sagt Adieu zu Weib, Kindern und Rindern. Daß die Schweizer Armee diesem nicht mehr zeitgemäßen Ideal nicht entspricht, spricht weder gegen die Schweiz noch gegen deren Armee.
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 20.12.2012 um 20.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9786


Sowas! Da waren wir doch der Überzeugung, wir hätten hier das klassische Beispiel einer Milizarmee. Nun hat sich unbemerkt und heimlich "ein stehendes Heer daraus entwickelt". Zum Glück gibt es Deutsche, die uns über Fakten und Funktionsweisen unseres Landes unterrichten. –- Merci bien, copain.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 20.12.2012 um 15.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9785


Die republikanische Grundidee ist die gleiche, aber es hat sich in der Schweiz ein stehendes Heer daraus entwickelt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.12.2012 um 14.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9784


Die Schweiz taugt nicht als Beispiel, denn eine Milizarmee ist ja etwas anderes als ein Volk von privat bewaffneten Bürgern. Außerdem haben die Schweizer Wehrmänner schon seit längerem keine Munition mehr im Hause.

Auch in der Schweiz hat es immer wieder Amokläufe gegeben, der spektakulärste war wohl der im Parlament des Kantons Zug. Inwieweit bei allen Fällen ein Sturmgewehr zum Einsatz kam, könnte man sicher herausfinden.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 18.12.2012 um 14.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9780


Es ging darum, ob der gängige Begriff Gewaltmonopol des Staates stimmig ist oder nicht. Die Haager Landkriegsordnung forderte ein Gewaltmonopol der Staaten im Kriegsfall (ohne daß dies so bezeichnet worden wäre, aber man könnte es so nennen).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.12.2012 um 13.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9779


Was soll hier der Verweis auf die Haager Landkriegsordnung, wo es doch um die innerstaatliche Ordnung geht, den Umgang der Bürger miteinander?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.12.2012 um 13.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9778


Netter Gag, den sie da aus einem Schreibfehler saugen, verehrter Herr Markner. Sei Ihnen gegönnt. – Also doch lieber Faustrecht?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 18.12.2012 um 12.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9777


Man sollte nicht Momo mit Monopol vermischen – vor allem aber sollte man nicht im Ernst von Monopolen sprechen, die keine sind. Das Recht auf Notwehr ist keine unbedeutende Ausnahme. Übrigens legte die Haager Landkriegsordnung ein Gewaltmonopol der Staaten fest, indem man sich auf ein strenges Verbot der Freischärlerei verständigte. Aber das war eben eine Regelung für Kriegszustände, die zudem so auch nicht mehr gilt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.12.2012 um 11.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9776


Gewaltmonopol

Man sollte da nicht das Recht auf Notwehr mit dem allgemeinen Verbot der Gewaltanwendung vermischen. Letzteres ist sicher eine der größten Errungenschaften zivilisierter Gesellschaften. Ein Rechtsstaat ist ohne dieses gar nicht denkbar.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.11.2012 um 13.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9714


Es könnten auch alle drei Leuchten der Verkehrsampel z.B. gelb sein, die Position würde genügen. Man müßte aber wohl etwas genauer hinsehen...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.11.2012 um 09.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9713


Günter Grass, ein ganz und gar unpolitischer Kopf, hat seit jeher nur moralisiert – was ja dann auch prompt danebenging. Er glaubt wohl noch immer, die BRD hätte die DDR erobert, gekauft oder sonstwas... Daraus folgte dann ja auch das gewaltige Sanierungsprogramm, das bis heute, glaube ich, eineinhalb Billionen Euro verschlungen hat.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.10.2012 um 18.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9587


Lieber Herr Wagner, Ihre vorwiegend naturwissenschaftlich-technische Betrachtungsweise ist natürlich richtig und berechtigt – aber eben nur ein Aspekt. Ich möchte mich nun nicht weiter zu dem Thema äußern, das ja nur sehr eingeschränkt hierhergehört. Aber glauben Sie mir: Es wird noch viele "Wenden" geben.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 19.10.2012 um 14.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9586


Lieber Kratzbaum, daß es etwas kopflos zugeht, bedeutet ja nicht, daß es gar nicht klappen, sondern nur, daß es etwas länger dauern wird. Bezüglich der Kernkraftwerke würde ich mir keine Hoffnung mehr machen, denn seit der Katastrophe von Fukushima ist die Anti-Kernkraft-Bewegung in Deutschland wieder erstarkt (siehe z. B. hier), und in rund 10 Jahren ist statistisch der nächste größere Unfall fällig (Sellafield 1957, Harrisburg 1979, Tschernobyl 1986, Tōkai-mura 1999, Fukushima 2011). – Vom Klimaschutz habe ich ganz bewußt nicht gesprochen.

Solardächer sind auch im Norden sinnvoll, weil Sonnenreichtum nur ein Kriterium von mehreren ist: Solarzellen funktionieren um so besser, je kälter es ist. Dieser Aspekt wird immer ausgeblendet, wenn davon die Rede ist, es sei viel effektiver, die Photovoltaik in den weiter südlich gelegenen Ländern auszubauen – da gibt es zwar mehr Sonne, aber bei weitem nicht im gleichen Maße mehr Strom.

Natürlich wird die schöne neue Energiewelt nicht umsonst zu haben sein – aber andererseits wird sie auch zu Einsparungen führen, weil der Import von Uran und Öl reduziert werden kann.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.10.2012 um 22.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9580


Lieber Herr Wagner, was in 20, 30 Jahren sein wird, weiß niemand. Sicher wird eine andere Art des Wirtschaftens nötig werden. Das bestreitet wohl auch niemand. Aber die Kopflosigkeit, mit der zur Zeit Energiepolitik gemacht wird, ist einfach erschreckend. Da paßt einfach zu vieles nicht zusammen. Und ich wage zu prophezeien, daß auch über die endgültige Abschaltung der Kernkraftwerke noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Wenn erst einmal politische und gesellschaftliche Verwerfungen auftreten, geht vieles, was zuvor nicht ging. Das gilt ganz besonders auch für den sogenannten Klimaschutz, der ganz schnell ad acta gelegt werden wird.

Ich sehe mir die täglich wachsende Zahl von Solardächern hier im sonnenarmen Nordwesten an... und weiß, warum sie sich so ungehemmt vermehren. Ich sehe die "Vermaisung" der landwirtschaftlichen Nutzflächen... Und vor allem natürlich die mit Windrädern vollgestellten Küstenregionen, die in Zukunft ganz sicher auf so manchen Touristen werden verzichten müssen. Es hat eben alles seinen Preis, und die schöne neue Energiewelt wird nicht umsonst zu haben sein. Der Preis könnte einer Mehrheit zu hoch erscheinen.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 18.10.2012 um 20.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9579


Lieber Kratzbaum, wie stellen Sie sich denn die Energieversorgung der Zukunft (d. h. in ca. 20 bis 30 Jahren) vor?

Daß man mit den "Biokraftstoffen" nicht weit kommen kann, sofern man für deren Produktion extra Pflanzen anbaut, hätte man sich leicht vorher klarmachen können – denn die Photosynthese der Pflanzen hat einen Wirkungsgrad von nur 1 %. Aber offenbar wurde von den Politikern, die darüber zu entscheiden hatten, und ihren beratenden Mitarbeitern die Frage nach der reinen Energiebilanz nie gestellt.

(Aber das Gerücht, daß für die Herstellung von Solarzellen deutlich mehr Energie benötigt werde, als dann von jenen im Laufe ihrer Dienstzeit insgesamt geerntet würde, hält sich bis heute; vor einigen Wochen hat der SPIEGEL kommentarlos einen entsprechenden Leserbrief abgedruckt. In Wirklichkeit beträgt der Erntefaktor der PV heutzutage etwa 10, d. h. es wird zehnmal mehr Energie gewonnen, als aufgewendet wird.)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.10.2012 um 09.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9575


Mich stören oft bloße äußerliche Kleinigkeiten, die mir den Anblick eines Politikers verleiden. Bei KTG waren es die gegelten Haare, bei der Bildungsministerin ist es das nach Belieben an- und auszuknipsende Grinsen. Kindisch, was?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.10.2012 um 22.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9574


Lieber Herr Wagner, ich wohne ja am Standort eines großen Windradherstellers. Der nicht gerade mit Industrie gesegneten Region ist das Steueraufkommen und sind die Arbeitsplätze wohl zu gönnen. Doch dies nur nebenbei.
Ihre Zahlenwerte in allen Ehren. Nur eine Anmerkung: Man darf nicht nur die auf den ersten Blick bescheidenen 60 Euro jährliche Zusatzkosten betrachten, sondern die für viele schon jetzt nicht mehr bezahlbaren Strompreise überhaupt.
Ihre Vision einer Welt mit ausschließlich "erneuerbaren" Energien wird so nicht Wirklichkeit werden. Viele Illusionen werden aus wirtschaftlichen Gründen platzen.

Heute lesen wir, daß die EU bei "Biokraftstoffen" umsteuert. Bedauern kann man, daß viele im Vertrauen auf eine stetige und konsistente Politik zu hohen Investitionen verleitet wurden, die nun oder in Zukunft nichts mehr wert sind. Andererseits: wie kann man so naiv sein, an ein für zwanzig Jahre garantiertes Einkommen zu glauben?
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 17.10.2012 um 22.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9570


Lieber Kratzbaum, ich denke nicht, daß die Installationen "zu schnell" vonstatten gehen. Langfristig gesehen, brauchen wir für eine wirtschaftlich sinnvolle Vollversorgung aus sog. erneuerbaren Energiquellen sehr viel Wind (ca. 200 GW installierte Spitzenleistung) und PV (ca. 100 GW installierte Spitzenleistung; Zahlenwerte lt. PHOTON 10/2012). Dafür ist es sinnvoll, sich mit dem Zubau ranzuhalten.

Welche Ideologie steckt darin, Kernenergie wegen der ungelösten Abfallentsorgung abzulehnen? Es gibt Alternativen zur Kernenergie. Und welche Ideologie steckt darin, fossile Brennstoffe wegen der absehbaren Verknappung bzw. Verteuerung zu vermeiden?

Die Subventionierungen der Erneuerbaren-Energien-Branche waren und sind alles andere als sinnlos bzw. verschwenderisch: Nicht sinnlos, weil nur so das Voranschreiten auf der Lernkurve (in etwa gleichmäßige prozentuale Kostenreduktion bei jeweiliger Verdoppelung der installierten Gesamt-Spitzenleistung; bei der PV langfristig 22 %) so weit beschleunigt werden konnte, daß wir schon nach wenigen Jahren Förderung nennenswerte Größenordnungen der installierten Leistung (Wind und PV deutschlandweit derzeit jeweils um die 30 GW Spitzenleistung) und damit einen enormen Preisrückgang haben (PV-Module kosteten im Jahr 2000 noch etwa 5 Euro pro Watt Spitzenleistung [Wp], derzeit sind wegen der enormen chinesischen Überkapazitäten Module bereits für 0,5 Euro pro Wp zu bekommen, was weit unterhalb der Lernkurve liegt); nicht verschwenderisch, weil es immer noch viel weniger ist als das, was Kohle und Kernenergie bekommen haben (und auch weiterhin bekommen, siehe Fusionsreaktor, bzw. bekommen werden müssen, siehe das Müllager Asse) – vom Aspekt der lohnenden Investition in die Zukunft ganz zu schweigen.

Was wir täglich in der Zeitung lesen können, geht in den seltensten Fällen auf Sachverstand zurück (wie bei der Rechtschreibreform). Ausnahmebeispiele: "Die Strompreislüge", ZEIT Nr. 35 v. 23. August 2012; "Sonne aus der Steckdose", Südd. Zeitung, 9. Januar 2012. Ich empfehle statt dessen die Lektüre von "neue energie" (Bundesverband Windenergie) bzw. "PHOTON" (unabhängig).

Über was für ein "Leid" der privaten Endkunden reden wir, bitte? Die EEG-Umlage wird ab 2013 knapp 5,3 Cent/kWh betragen. Pro 1000 kWh Jahresverbrauch sind das 53 Euro, d. h. nicht mal 5 Euro pro Monat. Wo ist das Problem? Daß es Armut gibt, ist mir bewußt; zu verhindern, daß den Ärmsten der Strom abgestellt wird, ist aber keine Frage der Energie- sondern der Sozialpolitik.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.10.2012 um 10.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9567


Lieber Herr Wagner, wir sind uns wohl einig darin, daß das Zeitalter der fossilen Brennstoffe bald einmal zuende geht. "Windenergie und Photovoltaik wachsen sehr schnell". Da wollen wir doch präzise bleiben und feststellen, daß erst einmal die installierten Anlagen schnell (zu schnell, wie sich zeigt) zunehmen. Also die installierte Maximalleistung. Die wirklich verläßlich (das wichtigste Kriterium!) zur Verfügung stehende Energiemenge ist naturgemäß schwankend – mehr als vielen Produktionsprozessen zuträglich ist.
Mir scheint Ihre Argumentation doch etwas ideologielastig (was mich bei einem Physiker etwas verwundert...). Und in der Energiewende steckt viel Ideologie. Unsere Bundeskanzlerin wurde über Nacht grün... Gewinner und Verlierer gibt es ja bereits überdeutlich – dank sinnloser, verschwenderischer Subventionierung. Die bösen, bösen Energiekonzerne sind ja gar nicht die lautesten Protestierer, obwohl man die KKW-Betreiber kurzerhand per Handstreich quasi enteignet hat, wogege nun Klagen laufen, deren Ergebnis den Staat (also wiederum den Steuerzahler) recht teuer zu stehen kommen kann.
Aber keine Sorge, die absurde Vorstellung, man könne die Energieversorgung eines hochindustrialisierten Landes von heute auf morgen auf Sonne und Wind umstellen, erledigt sich ja gerade von selbst, wie wir täglich in der Zeitung lesen können. Die Leidtragenden, die kleinen Leute nämlich (die eben nicht wie Großunternehmen ausweichen können), scheinen Sie, sehr geehrter Herr Wagner, nicht zu kümmern. Oder was raten Sie denen?
Und die Urlauber werden sich natürlich freuen, wenn sie schon bei der Anreise die hohen Windräder auf Bergeshöhen sehen werden...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.10.2012 um 10.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9566


Es trägt sehr zur Erhellung bei, wenn man sich klarmacht, daß die Patienten für die Ärzte da sind, so wie die Klienten für die Anwälte usw.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 16.10.2012 um 21.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9563


Die Energiewende stellt keine Deindustrialisierung, sondern lediglich eine Umstrukturierung der Energieversorgung Deutschlands dar, bei der es in der Energiewirtschaft Gewinner und Verlierer geben wird, so daß sich die absehbar letzteren natürlich nach Kräften gegen die Energiewende sträuben und alle Register ziehen, um sie wenn nicht aufzuhalten, so doch zu verlangsamen – in der Hoffnung, jetzt noch ein paar ach so moderne konventionelle Kraftwerke bauen und sich für diese einen über 30 Jahre wirtschaftlichen Betrieb sichern zu können. Daraus wird aber nichts, denn die Windenergie an Land und insbesondere die Photovoltaik (PV) wachsen sehr schnell – trotz aller Versuche der Bundesregierung, die PV in Deutschland abzuwürgen.
Eine Deindustrialisierung Deutschlands würde erst stattfinden, wenn die Automobilindustrie vor die Hunde ginge, weil das einen weiten Kreis von Zulieferindustrien mit beträfe. Sofern rechtzeitig auf Elektromobilität umgestiegen wird, sollte das aber kein Thema sein. Der steigende Ölpreis wird's schon richten.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 16.10.2012 um 21.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9562


Also werden hohe Masten aufgestellt; sehr hohe sogar, um mit der gesamten Rotorfläche oberhalb der typischen Flughöhen von Greifvögeln zu bleiben.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.10.2012 um 09.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9560


Noch ein Wort zu "Öko-" (womit wir wieder beim Sprachlichen wären): Wer erfahren will, was an der Windenergie "öko" ist, dem wird dringend empfohlen, sich die zerstörten Landstriche in Ostfriesland anzusehen. So wird die Deindustrialisierung der Zentren durch eine Industrialisierung der peripheren Landschaft ausgegeglichen, könnte man sagen... – Inzwischen sollen ja auch in den Mittelgebirgen (Schwarzwald) Planungen für Windräder laufen. Ein Argument: zwischen den Bäumen kann man sie besser verstecken. Da weht aber auch kaum Wind... Also?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.10.2012 um 08.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9558


Allmählich begreifen wir, daß die sogenannte Energiewende vor allem eine Deindustrialisierung Deutschlands bedeutet (s. Warnungen von Oettinger, Wißmann, ganzseitige Anzeige von Wirtschaftsleuten und Professoren in der FAZ ...). – Abenteuerlicher Gedanke: Frau Merkel, in jungen Jahren entscheidend geprägt von Mangel- und Planwirtschaft, ist die späte personifizierte Rache der wegen Unproduktivität gescheiterten DDR an der wirtschaftlich so erfolgreichen BRD.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.10.2012 um 21.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9556


Die Frage, die immer aktueller wird: Wann kommt die Merkel-Dämmerung? Guttenberg, Wulff, Schavan sind nur Wetterleuchten. Aber die Energiewende, das Scheitern der Euro-Rettung... Es fehlt nur noch der Ritter ohne Furcht und Tadel aus den eigenen Reihen. Zwar hat sie alle möglichen Konkurrenten ausgeschaltet – aber wer weiß? Man kann auch zu geschickt und schlau im Taktieren sein.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 08.10.2012 um 18.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9530


([8.10.] www.welt.de/kultur/article109691196/SPD-Pointenmaschine-setzt-auf-Lacher-statt-Inhalt.html)
»"Mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein reduziert Peer Steinbrück sein Publikum auf das Bedürfnis, unterhalten zu werden. Eine ungehemmte Kostprobe bot der SPD-Kanzlerkandidat bei Günther Jauch"
"Wer sich an Angela Merkels Auftritt bei Günther Jauch erinnerte, als die Kanzlerin versuchte die Zeit zu nutzen, um Ausmaß und Komplexität der Euro-Krise zu erklären, verbot sich die – wie Insider wissen – unglaublich schlagfertige Kanzlerin aus staatsmännischer Räson jede Pointe – auch aus Respekt vor der Aufgeklärtheit des Publikums."«
Ich weise hier mal auf diesen Artikel hin, weil er auf seine Art auch etwas zur kürzlichen Romney-Obama-"Debatte" sagt, die ein Gesprächsleiter, weil er die Zügel nicht in der Hand behalten konnte, ins Zum-Fenster-hinaus-Reden des dann siegenden Romney abgleiten ließ, gegen das der stilvolle und wirklich weit mehr gebildete Obama mit gelegentlichem Zeigefingerheben nichts machen konnte. Der war durchaus auf die Diskussion von Themen vorbereitet, doch nicht auf diesen Stil. In den Kritiken der Nachrichtenbüros der großen Fernsehgesellschaften wurde dann aber auch gleich darauf hingewiesen, daß eine derartige Debatte eben eine Fernsehshow sei, also eben eine Unterhaltungssendung fürs Fernsehpublikum. Das wurde jedoch dann nicht weiter erklärt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.10.2012 um 08.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9529


Das Fernsehen als visuelles Medium muß auch solche Ereignisse in Bilder umsetzen, bei denen es eigentlich nichs zu sehen gibt. So scheitert es an sogenannten Live-Übertragungen von Orchesterkonzerten. Über eine Art von Instrumentenkunde kommt es nicht hinaus. Die Bildregie zeigt, welche Gruppe gerade dran ist – ein Dokument der Hilflosigkeit. Am meisten gibt bezeichnenderweise noch der Dirigent her...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.09.2012 um 19.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9468


Das Rätsel Bettina W.

Zu klären bleibt nach wie vor, wieso eine weder besonders gescheite noch besonders schöne (mir ist das Gesicht zu "leer"...) Frau und ihr Geplapper so viel Aufsehen erregen. Nur, weil sie die Gattin eines ehemaligen – und zwar gerade dieses – Bundespräsidenten ist? Weiterführende Enthüllungen zum Fall Chr. W. sind wohl von dieser Seite nicht zu erwarten. Wahrscheinlich hat sie vieles gar nicht mitbekommen – so sehr mit sich selbst und ihrer Außenwirkung beschäftigt, wie sie es war und ist.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.09.2012 um 12.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9461


Erst seitdem das Pärchen W. in Bellevue gastiert hat, wissen wir so recht, was uns das Amt des Bundespräsidenten wert ist und wie es würdig auszufüllen wäre.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.09.2012 um 17.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9455


Frau Merkel könnten höchstens die Folgen ihrer hochriskanten Politik (Euro-Rettung, Energiewende...) zum Verhängnis werden. Wenn nämlich die Bürger allmählich im Portemonnaie spüren, wohin das alles führt. Aber wen soll man dann wählen? Die SPD kommt doch nicht infrage. Wahrscheinlich gibt es eine Große Koalition im nächsten Jahr.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.09.2012 um 23.37 Uhr eingetragen.
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Ob Herr Gniffke, als er das sagte, das Ta(a)-ta(a) ... wohl gesungen oder gesprochen hat?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.09.2012 um 10.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9422


Wie macht die Tagesschau?

Das berühmte "Ta-ta, ta ta ta taaa" wird von Hollywood-Komponist Henning Lohner überarbeitet
Die Erkennungsmelodie der ARD-"Tagesschau" - das berühmte "Ta-ta, ta ta ta taaa" bekommt eine Auffrischung.
"Die Sorge um das Ta-ta, ta ta ta taaa ist unbegründet", versicherte der erste Chefredakteur, Kai Gniffke, gestern ...

(MM, 12.9.12, S. 16)

Bei so viel Einheitlichkeit (bis auf die kleine Unklarheit bei den Anführungszeichen) wähnt man schon, es stünde so auch bereits im Duden. Wird sicher nicht mehr lange dauern. Man beachte die tiefere Bedeutung des Bindestrichs gerade an dieser Stelle, das wohlgesetzte Pausenkomma und nicht zuletzt die Andeutung von Klangfarbe und -länge. Letztere wäre allerdings noch verbesserungsfähig, wie SPIEGEL ONLINE beweist: Das Taa-taa Ta-ta-ta-taaa soll doch bleiben. Interessant hier auch die GKS. Überhaupt findet man im Internet jede Menge Varianten. Man fragt sich, ob die tatsächlich alle die gleiche Sendung kucken.

SPIEGEL ONLINE ist übrigens in sich nicht ganz so einheitlich wie der MM:
Nun stellt ARD-Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke klar: "Die Sorge um das Taa-taa, ta-ta-ta-taaa ist unbegründet."
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Matthias Künzer
Herzogenrath

Dieser Beitrag wurde am 11.09.2012 um 12.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9418


http://www.titanic-magazin.de, 11.09.2012:

«Darüber lacht Ihre Tastatur

* QWERTY
* fESTSTELLTASTE AKTIVIERT BEI pASSWORTEINGABE
* neue Rechtschreibung
* Komparativ mit wie
* selbsterfundene Smilies wie: ]:~E
* Strg + Alt + Einfg
* Die Tastenkombination O-S-N-A-B-R-Ü-C-K»
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.08.2012 um 09.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9361


Eine Programmzeitschrift bietet einen "Test" an: Wie alt ist Ihr Herz-Kreislaufsystem? Dann folgt eine Reihe von Fragen zu Ernährung und sonstigem Verhalten. Am Ende hat man eine Punktesumme, die man in eine Formel einsetzt, mit deren Hilfe man schließlich sein "Herzalter" berechnet. Natürlich erfährt man so über den Zustand seines Herz-Kreislaufsystems überhaupt nichts. - Ich möchte noch erleben, wie das arme Cholesterin und das als "Klimakiller" beschimpfte Kohlendioxid aus der Haftung entlassen werden...
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 16.08.2012 um 22.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9314


zu # 9005 (H. Westrich)
An diese Beobachtung mußte ich gerade, an diesem Sommerabend auf meiner Terrasse sitzend, denken.
Es ist nichts mehr, wie Marlene Dietrich sang: ... umschwirren wie Motten das Licht.
Um das Terrassenlicht herum sitzen auf der Hauswand 4 Motten und einige andere Insekten, von herumschwirrenden nichts zu sehen, wo in gleicher Situation vor (wieviel?) Jahren ein lustiges, manchmal lästiges Treiben herrschte. Nicht ein Insekt kostete aus meinem Weinglas.
Die "Vermaisung" der Landschaft läßt grüßen.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.08.2012 um 01.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9283


Die griechische Leichtathletik wird von Negativnachrichten geplagt. ... Er [Dimitrios Chondrokoukis] wurde positiv auf das anabole Steroid Stanozolol getestet, ...
(FAZ, 27.7.12, Seite 29)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.07.2012 um 08.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9225


Eines ist ganz sicher: Es wird bald eine gesetzliche Regelung geben, wonach die Beschneidung erlaubt sein wird. Ich bin allerdings gespannt, wie man den Tatbestand "Körperverletzung" umgehen wird.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.07.2012 um 17.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9184


In der Beschneidung könnte man insofern eine körperliche (und seelische) Beeinträchtigung sehen, als die Glans penis unempfindlicher wird, wenn sie gewissermaßen Wind und Wetter ausgesetzt ist.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 01.07.2012 um 00.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9181


Exakt so war das auch bei uns.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.06.2012 um 21.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9179


Wir haben unsere Kinder nicht taufen lassen (das hatte ich mir schon sehr früh vorgenommen). Sie haben aber am Religionsunterricht in der Schule teilgenommen – und hatten sogar gute Zensuren. Konfessionslos sind sie geblieben.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.05.2012 um 07.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9033


Es geht, kurz gesagt, darum, dass es in der katholischen Messe künftig nicht mehr heißen wird "mein Blut, dass für euch und alle vergossen wird"... (Chr. Geyer, FAZ v. 27.04.)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.05.2012 um 07.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9032


Ja, natürlich, Herr Wagner, Sie haben in allem recht. Ich wollte nur daran erinnern, daß der Übergang zu einer anderen Energiewirtschaft einen hohen Preis verlangt. Es ist keine "sanfte" Energiegewinnung, die da etabliert wird. Sie ist im Gegenteil mit einer brutalen Umweltzerstörung verbunden.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 01.05.2012 um 22.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9030


Ursache für den beschriebenen Flächenverbrauch (#9006) ist nicht nur die im Vergleich zu fossilen Brennstoffen und Kernenergie geringe Energiedichte der "erneuerbaren" Energien, sondern auch der hohe Energiebedarf, der aus unsem Lebensstil und der Bevölkerungsdichte resultiert. Was also sind die Alternativen? Die Zeit des billigen Öls ist bereits zu Ende (siehe z. B. "Oil's tipping point has passed", Nature, Januar 2012 [PDF-Datei]; World Energy Outlook 2011, deutsche Fassung, Seite 5), Kernenergie kommt aus verschiedenen Gründen nicht in Frage (siehe z. B. "Atomkatastrophe würde Deutschland überfordern", umweltinstitut.org; die darin erwähnte BfS-Studie ist inzwischen veröffentlicht), Erdgas kommt im wesentlichen aus Rußland, und bei "Desertec" gibt es Verzögerungen (laut eigener Planung dauert die Fertigstellung sowieso bis 2050).
Sofern wir also unseren Lebensstil beibehalten (wollen – was nicht gelingen wird, denn das Ende des billigen Öls wird unvermeidlich zu Änderungen führen; siehe dazu z. B. "The Oil Crash") und sich die Bevölkerungsdichte (wehe dem, der 7 Milliarden Menschen auf der Erde für zuviel hält, der Spott des SPIEGEL ist ihm sicher) nicht wesentlich ändert, sind wir m. E. mit den "erneuerbaren" Energien noch am besten bedient.

Nachtrag (2. 5. '12): Was das Ende des billigen Öls noch an Auswirkungen haben kann, wird in der Bundeswehrstudie "Sicherheitspolitische Implikationen knapper Ressourcen" (fertiggestellt Juli 2010) beschrieben (insbesondere Abschnitt 3.1.4).
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 23.04.2012 um 22.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9008


Sind die Urnen entwendet worden?
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 23.04.2012 um 21.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9007


Wählerstimmen geklaut hat auch die NPD.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.04.2012 um 20.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9006


Lieber Herr Westrich, ein Problem ist die intensive landwirtschaftliche Nutzung. Auch hier sieht man fast nur noch Maisfelder – aber nicht für die menschliche Ernährung, ja nicht einmal für die Schweinehaltung. Den Bauern kann man es nicht verdenken, daß sie sich neue Verdienstmöglichkeiten suchen.
Mit "Industrialisierung" meinte ich die exzessive Vermehrung der Windräder, vielleicht ist das nicht ganz klar geworden. Dies ist ja ein Übergang von "intensiver" Energiegewinnung (fossile Brennstoffe, Kernenergie) zu "extensiver", einer mit großem Flächenverbrauch also. Ursache dafür ist die geringe Energiedichte der "erneuerbaren" Energien. (So etwas gibt es physikalisch nicht, gemeint ist die praktisch unendlich lange nutzbare Energiequelle Sonne.) Auch ihrer schönen, artenreichen Schwäbischen Alb oder dem Schwarzwald droht Gefahr.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 23.04.2012 um 17.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9005


Lieber Kratzbaum,
wenn ich durch mein Fenster schaue, sehe ich die Schwäbische Alb. Hier hat die Intensivierung des Grünlands in den vergangenen drei Jahren ebenfalls weiter massiv zugenommen, selbst auf Wiesen, die eigentlich durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie europarechtlich geschützt sind. Letzeres wird praktisch nicht kontrolliert, und so nimmt auch die von einer vielfältigen Wiesenflora abhängige Blütenbesuchergemeinschaft so stark ab, daß mittlerweile Gärten artenreicher sein können als das die Siedlungen umgebende Offenland. Allein die in Wiesen lebenden Tagfalter haben in den vergangenen 50 Jahren um über 90% in der Individuenzahl abgenommen.
Ich erinnere mich noch gut an meine Schulzeit, wo bei jedem Schritt durch eine Wiese die Falter hochflogen. Heute kann man so etwas nur noch in den Südalpen in Höhen über 1000 m erleben. Ich empfinde das auch emotional als einen großen Verlust, weil ich noch in einer artenreichen Landschaft aufgewachsen bin. Für die Kinder von heute ist eine verarmte Landschaft der Normalzustand und deshalb vermissen sie auch nicht das, was mir heute so fehlt, um mich in meiner Umwelt wohlzufühlen.
Leider sind auch die Grünen entgegen der Meinung vieler Mitbürger nicht sonderlich am Naturschutz interessiert. Für sie hat der technische Umweltschutz Priorität. So werden hier durch die verstärkte Nutzung von Biogas auch die Äcker durch den stark zunehmenden Maisanbau immer ärmer. Was nützt der internationale Schutz des Rotmilans, wenn dieser durch den großflächigen Maisanbau seine Nahrungsräume verliert. Ich habe aber keine große Hoffnung, daß dieser Trend noch zu stoppen ist.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.04.2012 um 15.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9004


Das beste an den Piraten ist, daß sie anderen Parteien Wählerstimmen wegnehmen, also das bewirken, was diese am meisten fürchten. Ist vielleicht in einem späteren Urteil ihre einzige Funktion gewesen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.04.2012 um 14.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#9003


War am Wochenende im Hinterland der ostfriesischen Nordseeküste (Altkreis Norden, Kreis Wittmund). Die Industrialisierung der Landschaft schreitet in wahnsinnigem Tempo fort. Wer das nicht gesehen hat, weiß nicht, was "Energiewende" bedeutet.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.04.2012 um 08.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8972


Wer einer monotheistischen Religion anhängt, muß nahezu zwangsläufig zur Verfolgung Un- oder Andersgläubiger neigen. Denn im Angesicht eines einzigen Gottes werden Glaubenszweifel existenzbedrohend. Aus kollektiven Wahnsystemen (vulgo Religionen) tritt man nicht einfach so aus.

Die Römer waren bekanntlich in religiösen Dingen erstaunlich tolerant – solange das Staatswesen nicht gefährdet wurde. Folgerichtig wurde Jesus aus politischen Gründen eliminiert.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 01.04.2012 um 20.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8928


»Gaucks Rücktritt« hatte ja immerhin einen Sinn. Es war ein ironischer Kommentar auf die vielfältigen Versuche, Gauck vor seiner Wahl noch irgendwie zu beschädigen.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 01.04.2012 um 19.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8927


Nicht nur das. Die FASZ bringt heute auf ihrer Titelseite, dick, als Hauptaufmacher, die UNO wolle zu Ehren des Altkanzlers die Milchstraße in Schmidtstraße umbenennen. Was kann man dann auf Seite 1, was in der ganzen Zeitung, überhaupt noch ernst nehmen? Einen etwas geistreicheren Aprilscherz im Spaßteil, beim Kreuzworträtsel, meinetwegen über die erneute RSR, fände ich in Ordnung, aber auf Seite 1?

Am Mittwoch, dem 7.3.12 (einen Tag vor dem Großen Zapfenstreich für Wulff), konnte man in der FAZ auf der ersten Feuilletonseite (S. 27) folgendes lesen:
Gaucks Rücktritt
Vor dem für Donnerstag geplanten Großen Zapfenstreich für den zurückgetretenen Bundespräsidentenkandidaten Gauck hagelt es Absagen. ... lassen nun auch ... Scheel, von Weizsäcker, Herzog, Köhler und Wulff durchblicken, dass sie zu diesem Termin wohl nicht erscheinen werden.
Usw.

Mangelt es mir etwa an Humor? Ich kann über solche Witze nicht lachen. Satire hin oder Aprilscherze her, aber diese Beiträge sind an Albernheit und Dummheit einfach nicht zu überbieten. So etwas will ich in einer seriösen Zeitung nicht sehen.
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 01.04.2012 um 12.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8925


Heute macht sich die Frankfurter Allgemeine über die RSR lustig:

www.faz.net
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.03.2012 um 05.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8828


Herr Wrase spricht von hohen Gütern und dem Wohl der Gemeinschaft, die durch Politikerirrtümer beschädigt werden können – völlig zu Recht. Bleiben wir ganz irdisch und denken mal ans Geld. Die Folgen politischer Fehlentscheidungen, getroffen oft aufgrund mangelnder Sachkenntnis oder lobbyistischer Einflüsse, trägt nie der Politiker selbst, sondern meistens der kleine Mann. Beispiele: Abwrackprämie, städtische Umweltzonen – beides wertvernichtende, sinnlose Maßnahmen. Aktuell das Zurückfahren der Solarstromförderung. Das massenhafte Zupflastern von Hausdächern hat einen ja schon bald ahnen lassen, daß da etwas nicht stimmen konnte – nach Erfahrungen mit Butterbergen und Milchseen. Nun gibt es ein großes Wehklagen bei den Betroffenen. Der kleine Mann zahlt in jedem Fall: einmal für eine weit überzogene Subventionierung; und falls er Solarinvestor ist, für die Hinfälligkeit seiner Kalkulation.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 12.03.2012 um 20.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8824


Die Entscheidungsmechanismen, die zur (überstürzten) Einführung der Reform führten, sind sicher noch nicht alle aufgeklärt. Daß die Elternvertreter ausschlaggebend gewesen seien, ist wenig wahrscheinlich. Auch alle anderen Schüler mußten ja umlernen, ob nun nach zwei oder mehr Jahren mit der herkömmlichen Orthographie, spielt doch keine große Rolle.

Der entscheidende "Sündenfall" geschah früher, als nämlich die Kultusbürokratie auf eine Handvoll mäßig qualifizierter, missionarisch sich gebender und argumentierender (um "Erleichterung" ging es) Dogmatiker hereinfiel. Danach ging es nur noch um Staatsraison, niemals um Inhalte und Qualität, geschweige denn um Erprobung oder gar Rücknahme.

(Heide Kuhlmanns Studie "Orthographie und Politik" ist leider nicht fortgeführt und aktualisiert worden)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.03.2012 um 16.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8809


Ich bin sehr für die Ausweitung direktdemokratischer Elemente in unserem Parteienstaat. Aber die Wahl des Bundespräsidenten per Volksabstimmung muß es nun wirklich nicht sein. Herr Mahlmann hat recht: dem Amt würde eine Bedeutung untergeschoben, die es nach der Verfassung nicht hat. Überhaupt wäre mir eine Beteiligung des Volkes durch Abstimmungen über Gesetzesvorhaben (z.B. durch obligatorische oder fakultative Referenden wie in der Schweiz) wesentlich wichtiger als durch Wahlen.
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 22.01.2012 um 19.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8606


Allein die Kritik Wulffs an dem zu autoritären Preußen entlarvt seine Unkenntnis. Man muß doch historische Personen im Kontext ihrer Zeit beurteilen. Und da gab es doch rundum zahlreiche Fürsten, die Ludwig XIV. in seinem Ausspruch "L'état c'est moi" nachzuahmen versuchten. Wogegen Friedrich der erste Diener seines Staates sein wollte und es zuließ, daß Gerichtsprozesse gegen ihn nicht nur geführt sondern auch gewonnen werden durften.

Eine solche Indifferenz gegenüber dem Christentum, wie sie der Katholik Wulff an den Tag legt, war ihm auch fremd, denn sein Ausspruch hieß ja "...hier muß jeder nach seiner Fasson selig werden." Meist wird aber das Zitat falsch mit dem Wort "soll" anstelle von "muß" verwendet. Und daraus wird immer abgeleitet, es sei ihm "wurscht" gewesen, was man glaubte. Tolerant war er aber gegenüber unterschiedlichen christlichen Glaubensrichtungen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.01.2012 um 16.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8604


Ja, Herr Schuchardt, da fehlt es u.a. wohl auch sehr an Bildung. Bei einem Bundespräsidenten ein ernstes Manko.

Wulff hat ja sinngemäß gesagt, aus seinem Werdegang ergebe sich, daß er nicht einfach hinschmeiße und davonlaufe. Was hat er denn hinzuschmeißen? Er hat eben immer noch nicht begriffen und wird es auch nie begreifen, was ein BP ist oder sein sollte. Eigentlich sollte er sich jeden Abend vor dem Spiegel fragen: Was mache ich hier?
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 22.01.2012 um 15.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8603


Ich habe zufällig kurz reingeschaut. Der interviewende Journalist war gerade bei den Preußischen Tugenden angekommen und zählte Sie Wulff auf. Dann fragte er ihn, was er davon hielte. Wulff begann ungefähr so: besonders die religiöse Toleranz und die Einwanderungspolitik seien lobenswert. Aber Preußen sei zu autoritär gewesen... Ich schaltete sofort ab.

So viel zum Thema "Preußisch für Anfänger".
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.01.2012 um 14.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8601


Heute hätte man auf PHOENIX ein Interview mit dem Bundespräsidenten sehen und hören können. Merkwürdig, daß ich dazu nicht die geringste Lust verspürte. Der Mann ist einem einfach nur noch gleichgültig und langweilig.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 11.01.2012 um 20.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8549


Genau so: "Merkel sagte bei einer Pressekonferenz mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti, Wulff habe in den vergangenen Tagen und Wochen auf viele Fragen eine Antwort gegeben. 'Sollte es neue Fragen geben, sei sie davon überzeugt, dass er sie genau so beantworten werde, und deshalb habe ihre Wertschätzung Bestand.'" (dpa, heute 14:40)
Wie denn nun wirklich? Wie gehabt? Und was meint Merkel hier eigentlich mit "eine Antwort"? Irgendeine? Welche Fragen sind bei den vielen Fragen nicht beantwortet worden? Diese Fragen setzen, finde ich, meinen Kommentar #8519 hier fort. Und auffällt: Man kann aufgrund des Zitats nicht mal schnell hin genaue Fragen formulieren, was man aber müßte, um gleich sachgerecht nachzuhaken.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 11.01.2012 um 13.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8545


Nach Guttenberg, Koch-Mehrin und anderen hat nun auch Wulff ein eigenes Wiki bekommen, das – freilich noch in den Anfängen steckend – die von ihm im Fernsehinterview angekündigte und inzwischen zurückgenommene Transparenz bieten möchte. Vgl. hier.

Tröstlich für Wulff mag dabei sein, daß es mal nicht um Plagiate geht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.01.2012 um 08.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8535


Das Besondere am Amt des Bundespräsidenten – was Wulff nicht begriffen hat – ist, daß es durch die Persönlichkeit des Inhabers geprägt wird, dessen Person sich aber auf keinen Fall damit identifizieren darf.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 07.01.2012 um 19.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8519


"Was ich nicht verstehe: Was kann Wulff bewegen, so zäh an seinem Amt zu kleben?" Mein lieber Kratzbaum! Eigentlich diskutieren wir ja hier Sprachprobleme, aber wir hatten schon öfter die parallele Frage: Was kann Kultusminister und andere Politiker bewegen, so zäh an der kulturell in jeder Hinsicht wirklich irreführenden Rechtschreibreform zu kleben? Politiker unserer Art hier machen eben a. nichts falsch, und geben b. schon gar nicht zu, etwas getan zu haben, was sie um ihren Job bringen könnte. Auch hier in den USA fragen sich Kandidaten bei all ihren öffentlichen Bekenntnissen gerade dieser Tage: Wie kann man wirksam sein, wenn man nicht erst mal gewählt worden ist! (Natürlich spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Bei Michelle Bachmann hier z. B. war's nicht mal eine Bettina, sondern Gott selbst, der sie ja angeblich auch sonst schon zu unüberlegten Abenteuern verleitet haben soll...)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.01.2012 um 16.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8518


Was ich nicht verstehe: Was kann Wulff bewegen, so zäh an seinem Amt zu kleben? Man könnte bei einem anderen Charakter die unerschüttlerliche Überzeugung von einer Mission, einer Aufgabe annehmen, die einer glaubt auf Biegen und Brechen erfüllen zu müssen. "Und wenn die Welt voll Teufel wär..." Oder ist es Trotz auch und gerade denen gegenüber, die ihn ohne rechte Überzeugung ins Amt gebrach haben? "Nun habt ihr mich, nun seht zu, wie ihr mich loswerdet." Oder ist es einfach ein totaler Realitätsverslust, der das Wahnhafte streift? Vielleicht ist es aber auch ganz simpel seine Bettina, die ihn ja angeblich auch sonst schon zu unüberlegten Abenteuern verleitet haben soll...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 06.01.2012 um 09.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8511


Wulff ist ja im Grunde eine unglückliche, ja beinahe tragische Figur. Sein Verhängnis scheint mir seine Wurzel in dem fundamentalen Mißverständnis zu haben, das Amt des Bundespräsidenten sei die höchste Stufe einer Politikerkarriere.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.01.2012 um 19.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8510


Ich find's einfach köstlich: Alle bis hinauf zu Merkel möchten Wulff loswerden – und keiner weiß, wie. Eigentlich muß man ihm ein wenig dankbar sein, daß er nicht nur sich, sondern die ganze Clique da oben bloßstellt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.01.2012 um 18.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8508


Doch, Herr Mahlmann: Der BP tritt nun bald zurück
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 04.01.2012 um 19.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8503


Letztes Jahr sagte Frau Merkel, sie habe keinen wissenschaftlichen Assistenten, sondern einen Minister eingestellt. Was wird sie nun sagen? Daß sie keinen Kreditprüfer in einer Bankfiliale, sondern einen Bundespräsidenten durchgesetzt habe?

Wie die Zeitungen schon schrieben, die "Affäre Wulff" ist längst zur "Causa Merkel" geworden. Und der Rücktritt Wulffs ist nur aufgeschoben, genau wie letztes Jahr der von Guttenberg.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.01.2012 um 10.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8498


Und eines fernen Tages fragt Oma Bettina (oder wie die dann heißen mag) die Enkel: "Wißt ihr eigentlich, daß Opa auch mal Bundespräsident war?" – "Nee, echt???" – "Du, Christian, erzähl doch mal." – "Ja, da war von allen Jobs mein tollster. Vor allem konnte ich mein Häuschen ungeahnt schnell abzahlen... Habe auch viel Wirbel erzeugt. Ich glaube, kein anderer Bundespräsident vor und nach mir hat ein solches Medienecho gehabt."
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.01.2012 um 08.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8497


Wulff plant im Amt zu bleiben, liest man. Einen Bundespräsidenten loszuwerden, scheint noch schwieriger, als einen geeigneten Kandidaten zu finden. – Aber zu Wulff paßt das irgendwie.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.01.2012 um 19.28 Uhr eingetragen.
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Der Fall Wulff ist eigentlich ein Fall Merkel. Von ihr hört man ja nun gar nichts mehr, nachdem sie Wulff gönnerhaft gelobt hatte. – Ja, woher eine "Persönlichkeit von Format" nehmen? Vielleicht doch wieder einen Hochschullehrer? – Frau Schwan hatte vor kurzem einen bemerkenswerten Aufsatz zum "System Merkel" (Stichworte: Mißtrauen, Kontrollwut) in der FAZ.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 03.01.2012 um 16.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8492


Vermutlich erfolgt der Rücktritt am Donnerstag, das hätte dann eine Entsprechung zum 22.12.2011. Aber fraglich bleibt, ob Frau Merkel in der Bundesversammlung noch einmal einen Kandidaten (sollte es tatsächlich immer noch Schäuble sein?) durchgeboxt bekäme. Gabriel ist ja wohl auch nur deshalb so auffallend still, weil er keinen geeigneten Kandidaten hat. Er würde doch nicht noch einmal auf Frau Schwan setzen, oder?

Natürlich wird Wulff bald vergessen sein. Das Problem ist die "Persönlichkeit von Format". Welche Persönlichkeit gibt sich nun dafür her, kurzfristig und damit nicht wirklich geplant den Notnagel im Schloß Bellevue zu spielen? Ich spiele das mal kurz mit Gauck durch. Vor anderthalb Jahren wurde er nicht gewählt. Er konnte damit wohl gut leben, denn als Wunschkandidat der Bevölkerungsmehrheit war (und ist) er ja der 'Prinz der Herzen'. Aber würde es nicht doch ein bißchen verzweifelt aussehen, wenn er nur kurze Zeit später zeigte, daß er immer noch ins Berliner Schlößchen will?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.01.2012 um 22.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8485


Wie harmlos nimmt sich doch aus heutiger Sicht das Vergehen des KTG aus... Ich glaube übrigens nicht, daß das Amt des Bundespräsidenten durch seinen jetzigen Inhaber nachhaltig beschädigt wird. Es muß nur eine Persönlichkeit von Format nachfolgen. Wulff wird bald vergessen sein. Der Rücktritt dürfte noch in dieser Woche erfolgen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.12.2011 um 08.51 Uhr eingetragen.
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Der Bundespräsident – ohne reale Macht – ist eine Symbolfigur. Eine Direktwahl wäre sicher unschädlich fürs Gemeinwesen.

Nun nehmen alle möglichen Leute Wulff in Schutz (P. Döhring, Muslime, ...), stellen sich hinter oder auch vor ihn. Aber mit jeder Stimme zu seiner Entlastung verliert er an Ansehen und Stärke – eben weil seine herausgehobene Stellung eine fiktive ist, die allein vom Glauben der "Untertanen" getragen wird.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.12.2011 um 13.54 Uhr eingetragen.
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Das kommt drauf an

Lieber Herr Wrase, sobald Sie Ihrem Freund Zinsen für sein Darlehn zahlen, unterhalten Sie eine Geschäftsbeziehung.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 17.12.2011 um 20.14 Uhr eingetragen.
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Offenbar spielt es gar keine Rolle, von wem der Kredit kam, illegal war dessen Annahme allemal (was es nicht alles für Gesetze gibt). Und tschüß!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.12.2011 um 17.58 Uhr eingetragen.
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Dead man walking

Der Fall Wulff – er-ledigt, würde Mynheer Peeperkorn sagen.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 16.12.2011 um 20.23 Uhr eingetragen.
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Kleinanzeige
Suche Kleinkredit über 500.000 € unter banküblichen Zinsen, ohne dingliche Sicherung, Ehrenwort zugesichert.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.12.2011 um 18.31 Uhr eingetragen.
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Der väterliche Freund

Nun kamen die 500 000 Euro wohl doch von Geerkens selbst, der dem Bundespräsidenten gerade den letzten Stoß zu geben scheint. Was treibt ihn dazu? Oder wer steckt dahinter?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.12.2011 um 19.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8420


Koch-Mehrin

Ist die Verleihung eines Doktorgrades überhaupt ein Verwaltungsakt?
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 15.12.2011 um 15.33 Uhr eingetragen.
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Zu viele Visitenkarten gedruckt?

Entweder Frau Koch-Mehrin hat noch zu viele Visitenkarten mit dem "Doktor" oder sie leidet unter akuten Minderwertigkeitskomplexen. In jedem Fall will sie nun gerichtlich gegen die Universität Heidelberg vorgehen und ihren akademischen Grad einklagen.

Übrigens mit einer ganz famosen Rechtfertigung:

Koch-Mehrin hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sie erklärte, ihre Arbeit sei zwar "nicht frei von Schwächen, nicht selten ungenau, oberflächlich und manchmal geradezu fehlerhaft", die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer Arbeit beruhten jedoch auf ihrer eigenen Leistung.

Eine wissenschaftliche Leistung ist demnach eine wissenschaftliche Leistung ist eine wissenschaftliche Leistung (so frei nach Gertrude Stein). Auch wenn sie schwach, oft ungenau, oberflächlich und fehlerhaft ist. Es ist und bleibt eben eine wissenschaftliche Leistung (ach so, das erwähnte ich schon).

Mehr zu dieser Posse in der Netzausgabe der "Süddeutschen".
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.12.2011 um 12.54 Uhr eingetragen.
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Wenn Wulff zurücktritt, ist Frau Merkel schon der zweite Bundespräsident abhandengekommen. Soll man darüber nun lachen oder weinen?

Apropos Energiewende: Die EU -Kommission empfiehlt den Bau von 30 neuen Kernkraftwerken.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 14.12.2011 um 16.26 Uhr eingetragen.
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Süddeutsche Zeitung, 13. Dezember 2011

Mein Deutschland
Das innere Leben einer Sprache
Eine Kolumne von Aktham Suliman

In arabischen Ländern wird die Suppe getrunken, in Deutschland wird sie gegessen.

Es gibt auch Vorteile, wenn man eine Sprache erst im Erwachsenenalter lernt. Kinder lernen keine Sprache, sie sprechen sie, Erwachsene schon, und entwickeln dabei eine ganz andere Beziehung dazu, jenseits von Selbstverständlichkeiten. Wäre etwa der syrisch-stämmige und äußerst erfolgreiche deutsche Autor Rafik Schami in Deutschland geboren und aufgewachsen, hätte er sicherlich niemals sein besonderes Verhältnis zum "ß" entwickelt. Bei einem Interview nach der Rechtschreibreform klagte der Geburts- und Gefühls-Damaszener, dass ihm das reformbedingte Ersetzen von "ß" durch "ss" seinen Lieblingsbuchstaben raube, "einen Buchstaben mit Nase und Bauch". Eine Form- und Kurvenwahrnehmung, wie sie bei Muttersprachlern wohl kaum möglich wäre.

Die Beziehung zu einer später erlernten Sprache bleibt etwas Besonderes, und besonders schwierig, wenn es um die Aussprache geht. Wissenschaftler behaupten, dass man das, was man in den ersten sechs Monaten seines Lebens nicht gehört hat, später niemals vernünftig von sich wird geben können. Und wann sollte ein arabisches Kind Buchstaben wie "ü" und "ö" hören, wenn seine Mutter nicht gerade in der deutschen Botschaft entbunden hat? Ein arabischstämmiger Neudeutscher kann sich nur fragen, welcher Geist um alles auf der Welt auf die Idee kam, mit zwei Punkten über das "u" und das "o" die Araber über den jüngsten Tag hinaus zu ärgern? Denn wenn diese nicht über den ersten Punkt über dem "ü" oder "ö" stolpern, dann spätestens über den zweiten.

Noch interessanter als Form und Aussprache der Buchstaben ist aber das innere Leben einer Sprache, das nur mühsam ertastet werden kann und quantitativ nicht zu erfassen ist. Ein arabischer Kommilitone versuchte Anfang der 90er Jahre, jeden Tag 50 neue Wörter zu lernen, in der Hoffnung, in berechenbarer Zeit mit Deutsch "fertig" zu werden. Doch fertig war er nur mit den Nerven. Denn ein Tisch ist auf Deutsch männlich, ein Stuhl auch. Auf Arabisch sind beide weiblich. Eine Suppe ist zwar in beiden Sprachen weiblich. Doch in arabischen Ländern "trinken" wir Suppe; hier wird sie gegessen. Araber "trinken" auch eine Zigarette; in Deutschland wird nicht einmal Wasserpfeife getrunken.

Eine Sprache zu beherrschen, heißt, deren Dichtung zu genießen, sagte einmal ein arabischer Übersetzer. Redewendungen zu verstehen, wäre auch ein guter Maßstab. "Vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen" - das kann nur aus dem Land der Dichter und Denker stammen. Es ist nur verständlich, dass ein Araber vor dieser "Erfindung" anfangs erstarrt und es ihm vor lauter Sinnhaftigkeit schwarz vor den Augen wird. Auch die Beschreibung "Jemand hat nicht alle Tassen im Schrank" befasst sich mit Geist und Geistlosigkeit. Schrank für Hirn, Tassen für Ordnung? Schwierig für jemanden aus einer anderen Kultur, in der Tassen, Untertassen, Schränke und Schrankordnung im Wohnzimmer nur "beschränkt" eine Rolle spielen.

Nur Tiere haben das Glück oder Unglück, keine neue Sprache später lernen zu müssen. Sicher ist das aber nicht, denn ein deutscher Hund bellt "wau wau", ein arabischer Hund bellt "hau hau". "W" gibt es im Arabischen nicht. Ob beide sich dann trotzdem verständigen können? Vielleicht - wenn beide alle Tassen im Schrank haben und beim gemeinsamen Gassigehen den Wald vor lauter Bäumen nicht übersehen.

An dieser Stelle schreiben Auslandskorrespondenten über Deutschland. Aktham Suliman leitet das Berliner Büro des arabischen Fernsehsenders Al Jazeera Network.


(www.sueddeutsche.de)
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Dieser Beitrag wurde am 14.12.2011 um 14.05 Uhr eingetragen.
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Dazugehören

Auffällig scheint mir auch, daß es Aufsteiger aus kleinen Verhältnissen sind, denen ihre Nähe zu den Reichen zum Verhängnis wird. Schröder ist auch so einer, der zwar nicht über eine Affäre gestürzt ist, aber nach seiner Amtszeit doch recht stillos dasteht.
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Dieser Beitrag wurde am 13.12.2011 um 13.08 Uhr eingetragen.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 13.12.2011 um 12.15 Uhr

Die serbische Standardsprache (weniger die kroatische) ist voll von deutschen Wörtern in rein phonetischer Schreibweise, also nicht über die Literatur, sondern von eingewanderten deutschen Bauern und Handwerkern nach den Türkenkriegen und von serbischen Gastarbeitern übernommen. Eine schöne Sammlung findet man in: Biljana Golubovic, Germanismen im Serbischen und Kroatischen.
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Dieser Beitrag wurde am 12.12.2011 um 16.26 Uhr eingetragen.
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Abgerechnet wird am Schluß

Nun schauen alle teils mitleidig, teils abschätzig, teils gehässig auf den britischen Premier. Warten wir mal bis zum Zahltag, der ja allmählich näherrückt.
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Dieser Beitrag wurde am 29.11.2011 um 13.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8359


Noch einmal zu Präfixen: Genau so wie Germanist es sagt und ich auch schon angemerkt hatte, ist es. Darum kann man die Präfixe ohne Probleme im Dualsystem verwenden und muß sie nur neu definieren.
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Dieser Beitrag wurde am 27.11.2011 um 16.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8354


Ich bin unbedingt dafür, daß KTG bald zurückkehrt und sich wieder politisch betätigt, am besten auch eine neue Doktorarbeit vorlegt. – Die bisherigen Erfahrungen mit diesem Ausnahmetalent berechtigen zu den schönsten Hoffnungen.
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Dieser Beitrag wurde am 25.11.2011 um 22.37 Uhr eingetragen.
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Vor allem aber ist die Kilokalorie anschaulich im Gegensatz zum Kilojoule. Die Wärmemenge, die ein Kilogramm Wasser von 14,5 auf 15,5 Grad Celsius erwämt, erscheint mir weitaus "greifbarer" als die entsprechenden Newtonmeter. Im wissenschaftlichen Gebrauch ist es allerdings nützlich und rationell, mit möglichst wenigen Einheiten auszukommen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.11.2011 um 20.43 Uhr eingetragen.
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Oder in Niedersachsen? Kann ich mir aber kaum vorstellen.Die Sachbearbeiter dürften ganz zufrieden mit dieser Namensnennung sein. So kann manches unterderhand telefonisch geklärt werden, sie brauchen keinen Vorgang anzulegen, sparen sich auch zeitraubenden Schriftverkehr.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 25.11.2011 um 18.59 Uhr eingetragen.
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Vielleicht ist man ja in Ostfriesland weiter als andernorts?
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Dieser Beitrag wurde am 25.11.2011 um 12.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8346


Lieber Herr Markner, so ganz stimmt das nicht: irgendwo steht doch auf dem amtlichen Schreiben "bearbeitet von Herrn/Frau ..." / "Auskunft erteilt Frau...", so z.B. auf den Beihilfebescheiden der Oberfinanzdirektion, auf den Gebührenbescheiden unserer Stadtverwaltung und des Landkreises. Auch das ist besser geworden, wie ich finde. Hinzu kommt die Dienst-Telefonnr., manchmal auch die e-mail-Adresse.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 25.11.2011 um 11.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8344


»Amtsperson« ist gut gesagt, denn auch heute noch bleibt das Geschlecht dieses Menschen meist unbestimmbar – sein Schreiben endet »Mit freundlichen Grüßen i. A. Schulz«. Antworten läßt sich darauf nur mit der Formel »Sehr geehrte(r) Frau/Herr Schulz«.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.11.2011 um 10.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8342


Es ist ja noch gar nicht so lange her, da war die Formel "Mit freundlichen Grüßen" in amtlichen Schreiben undenkbar. Das hat sich geändert, und ich finde das gut. Die Amtsperson bleibt zwar abstrakt, gewinnt aber für das Empfinden des Empfängers doch menschliche Züge. Und warum sollte nicht auch ein eher unangenehmes Schreiben mit freundlichen Grüßen enden? Gerade dadurch wird der sachliche Vorgang vom Persönlichen befreit. (Du schuldest uns als Bürger etwas, aber gegen dich persönlich haben wir nichts). Allerdings würde ich z.B. bei "ultimativen" Aufforderungen dann doch etwas zurückhaltender sein.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 24.11.2011 um 17.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8338


Mit dem Kilo ist es so eine Sache. Die sehr auf eine schlanke Linie achten und die Hersteller von Diätnahrungsmitteln wollen ja oft gar nicht wahrhaben, daß sie ihren Joghurt kilokalorienweise zu sich nehmen, bzw. sie möchten gern etwas gefälliger ausdrücken, was drin ist. Von ein paar Hundert oder Tausend Kalorien pro Tag wäre jedenfalls auch die schlankste Hungerkünstlerin längst verhungert.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.11.2011 um 15.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8337


Zu Kilo-, Mega- usw. (K. Bolz/Germanist)

Es stimmt schon: Strenggenommen haben die Präfixe aus dem Dezimalsystem im Dualsystem nichts zu suchen. Aber aus praktischen Gründen werden sie trotzdem benutzt. Man muß einfach von der wörtlichen Bedeutung absehen, sie sozusagen umdefinieren. Dann geht's wieder.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.11.2011 um 14.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8335


Lieber Germanist, das ist eigentlich ganz einfach. Wenn ich in einem Text z.B. ein chemisches Gesetz anführe, zitiere ich ja im allgemeinen nicht. Natürlich kann und werde ich den Urheber nennen, wenn es um eine mehr historische Betrachtungsweise geht. Vielleicht sogar einmal die ursprüngliche Formulierung, als Zitat deutlich markiert, bringen. Aber ansonsten wird, auch ohne Namensnennung, niemand annehmen, ich gäbe die Erkenntnis eines anderen als meine eigene aus. Es handelt sich sozusagen längst um ein "freies Gut".
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.11.2011 um 12.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#8276


Th. Ickler hat es (ich glaube, im "Schildbürgerbüchlein") auf den Punkt gebracht: Die Reformer wollten (jedenfalls nicht primär) die Rechtschreibung nicht verbessern, sondern erleichtern. Jeder sollte nach der Schulzeit richtig schreiben können. Dazu sollte das Schreiben nach Regeln verhelfen, also eine deduktive Methode. Nun wurde aber die Rechtschreibung bisher auf induktivem Wege erlernt. Man schrieb so, wie man es als richtig gelesen zu haben glaubte, darüberhinaus bildete man Analogien. Schließlich kam es zur Gewohnheitsbildung und zum Schreiben nach Intuition ("Gefühl"). Wer wenig oder nichts las und auch nicht über ein hinreichend entwickeltes Sprachgefühl verfügte, dem begegnete man von vornherein mit einer gewissen Nachsicht (Stichworte: Fehlertoleranz, abgestufte Kompetenz – ich erinnere hierbei besonders an den verstorbenen Prof. Jochems).
Wie auf anderen Gebieten auch legte man nicht überall dieselben Maßstäbe an. Das ist realistisch und menschenfreundlich.

Und heute? Es gibt das schöne, ach so logische Regelwerk. Aber noch immer schreiben die meisten, wenn nicht alle nach Beispiel und Analogie. Nur leider oft falsch. Ein Sprachgefühl kann sich auch nicht mehr entwickeln, die Gründe dafür sind bekannt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.06.2011 um 08.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7822


Wenn Frau Käßmann sagt, nichts sei gut in unserem Land, solange noch irgendetwas (was dann zu gewichten wäre) schlecht sei, so heißt das, daß es nichts (unbezweifelbar) Gutes gebe. Da fragt man sich doch:

1. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?

2. Nützt das bei der Beseitigung des Schlechten?

Zu 1. Jemand rettet einen Ertrinkenden. Kommentar: Ja, das war schon eine moralische Großtat, aber das Waldsterben geht immer weiter.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.05.2011 um 09.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7792


Das Leben eines Sprachtypologen vereinfacht sich wahrscheinlich beträchtlich, wenn er seinen Forschungsgegenstand nicht allzu gründlich kennt. Dies gilt besonders für die "unübersetzbare" Grammatik. Er wendet dann ersatzweise die ihm vertrauten Kategorien seiner Muttersprache an.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.05.2011 um 19.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7791


Wolf Schneider schreibt seit Jahrzehnten immer das gleiche Ratgeber-Buch. Wen also sein Schwenk zur Reformschreibung stört, der liest einfach ein Werk aus der vorreformatorischen Epoche.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 18.05.2011 um 19.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7790


Schwäbisches Tagblatt, 17. Mai 2011

Den Wortklaubern aufs Wort glauben
„Die besten Sätze sind die ungesagten“, meinte Wittgenstein. Von wegen. Wer schweigt, hat automatisch Unrecht, wer am lautesten brüllt, bekommt meistens Recht. An den Tag treten solche Charakterfragen am sichtbarsten bei Debatten über die Schreibweise. Heißt es „infragestellen“ oder „infrage stellen“ oder „in Frage stellen“? Der Reutlinger Familienvater, der sich über solche Spielarten der Rechtschreibreform Gedanken macht, gehört zu den bemerkenswerten Menschen, denen Kleinigkeiten nicht gleichgültig sind. Ehefrauen, die sich lautstark für eine der drei Schreibweisen verkämpfen, sind Heldinnen des Wörterbuchs, denen meine uneingeschränkte Bewunderung sicher ist.

Was sind Metaphern und Metonymien, Alliterationen und Assonanzen gegen ein falsch gesetztes Komma? Ein Nichts im Kosmos, ein leerer Strich des Kugelschreibers, eitel Tand und Gaukelei. Rhetorik ist doch nur eine Technik zu blenden, die korrekte Rechtschreibung hingegen eine Kunst, die man nicht hoch genug preisen kann.

Richtige Wortklauber wissen das. Blind für die Schönheiten der Sprache, können sie sich stundenlang über einen falsch gesetzten Wortabstand in einem Firmennamen aufregen. Ohne Gespür für Stilfragen, können sie ihre Arbeitskollegen stundenlang wegen eines verkehrt herum gesetzten Akzents im Namen eines Geschäftspartners in den Ohren liegen.

Wortklauben beginnt, wie alle wichtigen Dinge des Lebens, in der Kindheit. Wer andauernd von den Schulkameraden wegen seiner Kleidung gehänselt wird, der legt bald Wert auf Äußerlichkeiten wie richtig gesetzte Strichpunkte. Wer von der Oma wegen einer fünf im Deutschaufsatz mit Liebesentzug bestraft wird, der gewinnt wohl nie mehr ein unverkrampftes Verhältnis zur Sprache Goethes und Schillers.

Man erkennt Wortklauber daran, dass sie völlig verkrampft stundenlang über einer einzigen Formulierung brüten, ihre Mitmenschen andauernd verbessern und noch beim trauten abendlichen Tête-à-Tête an erweiterten Infinitiven herummachen, statt die Augenfarbe ihres Gegenübers zu rühmen. Wortklauber sind verhinderte Alphatiere, weil sie wegen ihrer unermesslichen grammatikalischen Fähigkeiten von allen Sekretärinnen und Sekretären bewundert, von ihren Chefinnen und Chefs aber heimlich gefürchtet werden. Sie bringen es meistens nur zu Hilfsarbeitertätigkeiten und rächen sich, indem sie nachts bei Kerzenlicht jedes falsche Komma auf ihrer Lohnabrechnung mit Rotstift anstreichen.

Dennoch sind sie unentbehrlich – als warnendes Beispiel für künftige Generationen, als wandelnder Duden und als personifizierte Rechtschreibreform. Sie suchen den Fehler immer bei anderen – und wehe, sie finden einen. Gäbe es keine Wortklauber in Reutlingen, müsste man sie aus Indien einfliegen. Und das würde zu babylonischer Sprachverwirrung in den Betrieben unter der Achalm führen, ohne dass deshalb eine einzige Lohnabrechnung richtiger geschrieben würde. Deshalb: Schützt eure Wortklauber, glaubt ihnen aufs Wort, alles andere wäre nicht korrekt.

Matthias Reichert


(www.tagblatt.de)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.03.2011 um 11.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7627


Die Frage der Wahl des "richtigen" Konjunktivs in indirekter Rede stellt sich auch und ganz besonders beim Übersetzen aus dem Lateinischen. In dieser Sprache (die allerdings nur in schriftlicher Form zugänglich ist, aber ich denke, in unserer Diskussion geht es ohnehin darum) ist der Gebrauch von K. 1 und K.2 unvergleichlich strenger und "verläßlich" geregelt – wobei ggf. noch zwischen klassischem und nachklassischem Usus zu unterscheiden ist.

Mit Herrn Achenbach bin ich der Meinung, daß im Deutschen der Konjunktiv 2 nicht zum Ausdruck einer Distanzierung des zitierenden Sprechers vom zitierten bzw. dessen Äußerung taugt. Sobald man die Ebenen vermischt, kommt es zu weiteren Unklarheiten im ohnehin schon schwierigen Gebrauch dieser Modi.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 09.03.2011 um 20.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7585


Einverstanden.

Übrigens, was so originelle, treffende fremdsprachige Zusammensetzungen wie den Kleinlitrigen betrifft, da fand ich immer das chinesische Wort für Eule spitze:
mao tou ying heißt wörtlich Katzenkopfadler.
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(Red.)


Dieser Beitrag wurde am 09.03.2011 um 18.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7584


Sehr geehrter Herr Riemer, es mag zwar sein, daß das Pseudonym „Vollgasfahrer“ den Anlaß gegeben hat, aber das ist immer noch kein inhaltlicher Bezug zum eigentlichen Thema. Der Maßstab für letzteres ist klar benannt: „Bitte beziehen Sie sich nach Möglichkeit auf die Ausgangsmeldung. Für sonstige Diskussionen steht Ihnen unser Diskussionsforum zur Verfügung.“ Mit dem „Kleinwagen“ an „Vollgasfahrer“ anzuknüpfen, wäre überall möglich, daher die Einsortierung hier in „Glossen“.

Wenn Sie nur in Einzelfällen den Ausgangspunkt vermissen, fragen Sie doch im Forum explizit danach. Vielleicht hilft das ja, die Diskussion am neuen Ort in Gang zu bringen.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 09.03.2011 um 15.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7583


Vielen Dank. Das finde ich auch gut so, nur habe ich in Einzelfällen schon mal genau diesen Ausgangspunkt vermißt.
In diesem Fall ging es zunächst um Fremdworteindeutschung und im weiteren Sinne dann auch um die Einnahme von Fremdwörtern in anderen Sprachen. Und womöglich hat sich Germanist gar von dem Pseudonym "Vollgasfahrer" zu dem "kleinlitrigen Selbstläufer" inspirieren lassen? Also vielleicht doch nicht ganz ohne Bezug.
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(Red.)


Dieser Beitrag wurde am 08.03.2011 um 22.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7582


Sehr geehrter Herr Riemer, der hierherverschobene Beitrag von Germanist stammt aus den Kommentaren zur Nachricht „Zehetmair im Telefoninterview“ (siehe hier) und bezieht sich nach Auffassung der Redaktion inhaltlich auf nichts, was zu dem dortigen Thema gehört; schauen Sie doch selber mal, ob es einen solchen Bezug gibt.

Gewisse Abschweifungen sind völlig normal, aber zusammenhangslose Einzelbeiträge (z. T. von regelmäßigen Gästen unserer Seiten, die sich bislang nicht für die Forumsteilnahme registriert haben) oder Gruppen von Beiträgen, die einen eigenständigen Diskussionsfaden bilden, werden regelmäßig ins Forum verschoben; zum Teil wird dabei ein Verweis auf den Ausgangspunkt der Diskussion gesetzt. Die Diskussionen sollen weitergeführt werden können, ohne vom eigentlichen Thema abzulenken. Weil die Kommentarfunktion bei den Nachrichten, den Thorheiten und im Rechtschreibtagebuch frei zugänglich ist (modulo Spamschutz), behalten wir uns (neben gelegentlichen Löschungen) derlei Verschiebungen vor. Im Diskussionsforum finden Verschiebungen nur nach Rücksprache mit den Verfassern statt.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 08.03.2011 um 00.52 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7580


Nicht zum ersten Mal hätte ich gern gewußt, woher eigentlich ein verschobener Beitrag verschoben wurde. Man kommt ja leider manchmal zu spät. Zum Beispiel dieser von Germanist. Wenn es auch nicht genau zum Tagebuchthema gehört hat, aber auf etwas hat derjenige sich ja doch meist bezogen. Der Zusammenhang geht so leider verloren.
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verschoben


Dieser Beitrag wurde am 06.03.2011 um 22.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7575


Kommentar von Germanist, verfaßt am 05.03.2011 um 13.40 Uhr

Am schönsten finde ich die Polonisierung von "Kleinwagen": "malolitrowy samochód" = kleinlitriger Selbstläufer".
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.02.2011 um 12.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7541


Jetzt wird's spannend.

Nicht der Nachweis des Betrugs, nicht die berechtigten Angriffe von Wissenschaftlern, Doktoranden zumal, sind am interessantesten. Nein: Wann und wie die Kanzlerin den Rückzug antritt – darauf bin ich äußerst gespannt. Schavan, bisher abgetaucht, ist ja schon mal vorgeschickt worden.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 24.02.2011 um 15.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7517


Zu den dubiosen Internetunterstützern des Freiherrn und der Kampagne von BILD gibt es hier kritische Töne: www.spiegelfechter.com.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.02.2011 um 12.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7516


Gestern nacht hatte ich eine Vision.

KTG, junger Familienvater, sitzt bei mühevollster Kleinarbeit. Töchterchen: "Mama, wo ist Papa?" – " Der ist auf Montage."

Sieben Jahre später. KTG, inzwischen Dr. summa cum laude, vor der Presse, im Bundestag... "Mama, wo ist Papa?" – "Der ist auf Demontage."
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.02.2011 um 19.47 Uhr eingetragen.
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Lieber Herr Lachenmann, bald sind wir nicht nur ein Volk von Beleidigern, sondern auch von Beleidigten. Daraus könnte ein ganz neues Zusammengehörigkeitsgefühl hervorgehen, sozusagen ein neuer Nationalcharakter. "Sensibilisierung" ist das Gebot der Stunde. Ich will aber gar nicht sensibilisiert, sondern in Ruhe gelassen werden – das vornehmste Bürgerrecht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 26.01.2011 um 13.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7415


Und nicht zu vergessen: die deutsche Fußballnationalmannschaft der Frauen war bisher außerordentlich erfolgreich.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 26.01.2011 um 12.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7413


Die Welt mittels Manipulation von Sprachformalismen "in Ordnung bringen" zu wollen, die Sprache zu überlasten, hat etwas Wahnhaftes. Ich glaube einmal gelesen zu haben, auch Schizophrene verführen so. (L.Navratil)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.01.2011 um 12.38 Uhr eingetragen.
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Nahe liegend

Vorschlag: Sing. zu viri probati – virus probatus.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 20.01.2011 um 21.38 Uhr eingetragen.
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Angesichts des trüben, wolkenverhangenen Himmels in diesem Winter und der zahllosen Solardächer schlage ich als Unwort des Jahres "Null-Watt-Wetter" vor.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.01.2011 um 13.04 Uhr eingetragen.
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Wenn man aus einer LVA von Frau Dr.in Ernst kommt, weiß man wahrscheinlich nicht mehr, ob man Männlein oder Weiblein ist. Ob das sexuell karrierefördernd ist? Und ist es der Sinn einer LVA, der Dozentin zu Aufregungen zu verhelfen?
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 14.01.2011 um 20.41 Uhr eingetragen.
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Es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Der Journalist hat sich im Duden-Universalwörterbuch kundig gemacht. Wird dort gefaselt, faselt er notgedrungen mit, wenn auch guten Glaubens. In dem Eintrag steht nichts anderes als das, was sich jeder Unkundige so oder ähnlich aus den Fingern saugen wird, wenn man ihn nach der Bedeutung von "Jahrhunderthochwasser" fragt. Der Verfasser ist also ein typischer "Normalschreiber". Wenn jetzt auch noch die Leser alle bei ihm nachschauen, sollte es keine Probleme mehr geben. Allerdings gehören solche Wörterbücher in den Ofen.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 14.01.2011 um 19.53 Uhr eingetragen.
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Ich kenne die Terminologie der Wasserbauer ganz gut (schon das Wort »Pegelstand« ist hier unpassend), die meisten dürften damit aber nicht vertraut sein. Deshalb sprach ich bewußt vom »Normalschreiber«. Ob ein Journalist jeweils das Fachwort benutzt oder einfach nur von einer »Jahrhundertflut« faselt, wissen wir leider nie so genau. Der Verdacht liegt nahe, daß in vielen Fällen das Ereignis, über das es zu berichten gilt, größer gemacht werden soll, als es ist.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 14.01.2011 um 18.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7371


Wasserbauer sprechen durchaus auch von "Jahrtausendhochwasser". Es ist eben, analog zum "Jahrhunderthochwasser", ein sogenanntes Hochwasserereignis, wie es statistisch einmal in tausend Jahren vorkommt. Die Termini dienen unter anderem dazu, die Kapazität von Schutzbauten wie Deichen und Poldern auszudrücken. Das hat mit Emotionalität nichts zu tun. Der Autor des Duden-Eintrags weiß offensichtlich ebensowenig wie vermutlich die meisten Journalisten, worum es geht.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 14.01.2011 um 18.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7370


Ich kann mir schwer vorstellen, daß Normalschreiber – und dazu zähle ich in diesem Fall auch die Journalisten, die darüber berichten – mit Jahrhundertflut auf die statistische Eintrittswahrscheinlichkeit eines Hochwasserereignisses abstellen. Auch die Definition von Jahrhunderthochwasser im Duden-Universalwörterbuch überzeugt mich nicht: »Hochwasser mit dem höchsten Pegelstand eines Jahrhunderts od. eines Zeitraums von hundert Jahren.« Diese Erklärung verträgt sich übrigens schlecht mit dem beigegebenen Hinweis »emotional verstärkend«, denn wenn jemand ein Wort emotional verstärkt, dürfte er damit kaum eine derart präzise Vorstellung verbinden; vergleiche etwa Wörter wie Riesenerfolg, Mordshunger oder Megaevent.

»Emotional verstärkend« ist schon richtig, aber eben nicht in Kombination mit einer so exakten Definition. Ist eine Jahrhundertflut im normalen Sprachgebrauch nicht eher eine Flut, wie sie selbst in einem so langen Zeitraum wie einem Jahrhundert bzw. in einem sehr langen Zeitraum wie einem Jahrhundert nur äußerst selten vorkommt? Die Grenzen zur Jahrtausendflut sind derweil fließend . . .

Wieviel Jahrhundertweine gab es im 20. Jahrhundert (oder meinethalben auch seit 1911)? Drei? Vier? Fünf? Gegen einen Jahrhundertwein kann man wohl nichts haben, auch nicht sprachlich. Problematisch sind nur »Jahrhundertfluten« und »Jahrhunderthochzeiten«, von denen uns alle fünf bis zehn Jahre eine ereilt.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 21.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7364


Nach Wiki gab es auch schon 1893 und 1974 gewaltige Überschwemmungen in Brisbane. Noch frühere Nachweise scheint es für die frühere Strafkolonie am Ende der Welt nicht zu geben. Woher auch, wenn es Brisbane gar nicht gab. Angesichts des Wachstums der Stadt sind heutige Überschwemmungen weitaus schwererwiegend.
Dann sind es schnell "Jahrhundertfluten". Auch der "Klimawandel" muß selbstverständlich ins Spiel. Die gegenwärtige Hochwasserwelle in Rhein, Main und Mosel wird bald auch eine "Jahrhundertflut" genannt werden. Wo hier am Rhein sich in früherer Zeit der Fluß auf Felder und Brachland ausdehnen konnte sind gegen lukrative Baulandpreise Wohnsiedlungen entstanden.
Sommerdämme wurden überspült und mußten durch teure Hochwasserdämme verstärkt werden. Als Ersatz für den fehlenden Überschwemmungsraum wurden Polder neu angelegt.
Die Politik schafft sich, einem geflügelten Wort zufolge, die Probleme, an deren Beseitigung sie wieder ihre Aufgabe hat.
Noch Fragen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 20.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7363


Natürlich nicht in einem gegebenen (kalendarischen) Jahrhundert... deswegen auch meine ironisch gemeinte Frage. Aber innerhalb von hundert Jahren nur einmal, meinetwegen auch im langfristigen Mittel. Wenn aber im Abstand von wenigen Jahren solche Fluten vergleichbarer Stärke auftreten, dann sind es eben keine Jahrhundertfluten mehr, d.h. die Bezeichnung wird unbrauchbar.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 15.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7360


Unter Jahrhundertflut versteht man wohl eine Flut, wie sie statistisch alle hundert Jahre einmal zu erwarten ist. Sie muß also weder im Abstand von hundert Jahren noch genau einmal in einem gegebenen Jahrhundert eintreten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 15.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7358


Jahrhundertflut

Das kann entweder die einzigartige Flut in den letzten hundert Jahren oder im laufenden Jahrhundert sein. Aber woher weiß die Flut, in welchem Jahrhundert sie flutet?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 06.01.2011 um 13.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7332


Ich bin ja auch ein wenig hin und her gerissen. Ich wäre dafür, Studenten, Lehrlinge, Sozialhilfeempfänger sowieso von allen Rundfunkgebühren zu befreien. Übers Internet wird meist nicht das vollständige Programm gesendet. Kein Sender ist gezwungen, sein Programm überhaupt oder in bester Bildqualität ins Internet zu stellen. Man könnte also das Internetfernsehen getrost außen vor lassen. Damit vereinfachte sich alles sehr, und es ließe sich wohl eine gerechtere Lösung als allgemeine Gebühren für alle finden.
Die "verschwindende Minderheit" meinte ich natürlich im relativen Sinn. Wäre (jetzt mal nicht unbedingt aufs Fernsehen bezogen) einer von tausend (0,1%) nicht sehr wenig? Aber in einem Land wie China ist auch das noch über eine Million. Wenn man immer absolute Gerechtigkeit haben wollte, dann gäbe es sicherlich noch wichtigere Themen als nur Radio und Fernsehen.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 05.01.2011 um 20.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7331


Nicht so kompliziert, sehr geehrter Herr Riemer.
Lassen wir mal den Radioempfang, um den es hier gar nicht geht, beiseite. Für Verkehrsmeldungen oder Musik bin ich ganz dankbar und bereit dafür zu bezahlen.
Mit einem Zugangscode könnte ich mich für Fernsehempfang einloggen (so wie in diesem Forum) und zu empfangende Sendezeit kaufen.
Wenn jemand wie ich sich längere Zeit im Ausland aufhält, dann hole ich mir für mein Laptop, Entschuldigung: Klapprechner, einen USB-Stick beim örtlichen Anbieter, und schon bin ich im Internet. Ich verwende dort auch ein Mobiltelefon, für das ich mir eine Telefonkarte kaufe, eine Zahl freirubbele und eingebe. Dann gehen meine Gespräche und die meiner ausländischen Partner mit mir nicht über das deutsche Mobilfunknetz.
Für Fernsehempfang wäre das auch kein Problem, siehe Bezahlfernsehen.
Einen Weltuntergang und eine kulturelle Verarmung kann ich mir ohne die Öffentlich-Rechtlichen auch nicht vorstellen. Ich behaupte sogar, der vom Fernsehen ausgehende Einfluß auf die Bevölkerung, der ja auch unbestritten gewollt ist (vierte Gewalt), und der in Deutschland ja auch schon vor 80 Jahren rasch erkannt wurde, geht eher in die andere Richtung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.01.2011 um 18.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7330


Sinn und Zweck einer Versicherung ist es, große Risiken, die der einzelne nicht allein tragen kann, auf viele Schultern zu verteilen. "Gerecht" geht es dabei nicht unbedingt zu. Warum soll der "gesund" Lebende (was immer das sein mag) mit seinen Beiträgen, noch dazu in einer Zwangsversicherung, den Risikofreudigen mitfinanzieren? Aber so ist das mit Versicherungen: man zahlt und zahlt, und am Ende war es ein Verlustgeschäft - oder doch nicht... gesund geblieben, keinen Unfall verschuldet, es hat nicht gebrannt...?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 05.01.2011 um 18.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7329


Lieber Kratzbaum,
Sie meinen, technisch wäre die Messung der tatsächlichen Nutzung kein Problem? Technisch sicher nicht, aber praktisch kann ich mir das nicht vorstellen. Man müßte, je nachdem, entweder jeden Empfänger, also sowohl alle herkömmlichen Radios und Fernseher als auch alle Video- und DVD-Recorder, Computer, Reiseempfänger, Satellitenempfänger, Mobiltelephone usw., oder sämtliche Bildschirme, also auch alle Arten von Displays, Beamern usw. mit entsprechenden Zusatzgeräten aus- und nachrüsten. Wer weiß, was ich alles noch vergessen habe, der technische Fortschritt geht ja auch weiter.

Ich hielte die Bezahlung nach Nutzung auch für das Beste. Es ist leider schwer umzusetzen. Daß künftig Leute, die nicht fernsehen, trotzdem dafür bezahlen sollen, ist schon verrückt. Aber was tun? Totale Fernsehverächter wie Prof. Ickler (die ich manchmal dafür sogar beneide) stellen eine verschwindende Minderheit dar (ich denke, unter 5%). Da scheint die einzige Alternative zu Rundfunkgebühren nur zu sein, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ganz abzuschaffen, was auch wieder ein Unding wäre. So kommt man also auf Wege wie den jetzt angegangenen, allgemeine Gebühren für alle. Die wenigen, die das nicht wollen, müssen sich an die weit größere Mehrheit anpassen. Für sie ist es nicht gerecht.

Bisher wurde viel schwarzgesehen, der ehrliche GEZ-Zahler war der Dumme. Ich kenne genügend Leute, nicht nur Studenten, wo das so läuft. Jedenfalls, wenn wir eines Tages keine öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mehr hätten, sondern nur noch solche Werbe- und Irrenanstalten wie RTL, SAT1, VOX usw., dann brauchte ich auch kein Fernsehen mehr, und Deutschland wäre endlich auf dem untersten kulturellen Niveau angekommen.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 05.01.2011 um 14.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7328


Ich habe nicht Versicherungen und Steuern in einen Topf geworfen, ich habe darauf hingewiesen, daß der Zahler nicht beeinflussen kann, was mit seinem Geld geschieht – und das ist bei einer Krankenversicherung, in der man überdies zwangsweise Mitglied ist, nicht anders als bei Steuern.

Über den Unterschied zwischen Steuern und Gebühren kann man in politikwissenschaftlichen Seminaren philosophieren. Für den Zahler ist es bedeutunglos, ob er nun eine Steuer oder eine Gebühr entrichten muß. Und jeder Kämmerer kennt Mittel und Wege, die Einnahmen aller Quellen nach Bedarf zu verteilen. Zweckgebundenheit und Zweck sind auslegbare Begriffe.

Bei Telephon und Internet geht die Entwicklung seit Jahren klar in Richtung einer Pauschalgebühr unabhängig von der Nutzung – betrieben von privaten Unternehmen, denen das privatisierte erst nacheifern mußte. Die Folge davon ist, daß für Wenigtelephonierer der Anschluß heute teurer ist als zu Zeiten der Bundespost.

Ich habe im anderen Beitrag schon geschrieben, daß bislang alle Versuche gescheitert sind, nutzungsabhängige Fernsehgebühren einzuführen; der Verbraucher nimmt das Angebot nicht an.
Die Einschaltquoten zeigen, daß die öffentlich-rechtlichen Sender Marktführer sind (hin und wieder liegt RTL an der Spitze, dann ist die ARD knapp dahinter), im Radio sogar unangefochten. Was hindert den Zuschauer daran, Privatsender einzuschalten? Offenbar kommt das Programm von ARD und ZDF gut an; bei nutzungsabhängigen Gebühren kriegten sie also das meiste Geld.

Was eine Grundversorgung sein soll, ist tatsächlich strittig. Die gleiche Frage kann man aber auch in bezug auf Theater, Museen, Bibliotheken etc. stellen.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 05.01.2011 um 13.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7327


Genau dieser von Kratzbaum angesprochene Punkt ging mir schon oft durch den Kopf. Wenn man von "Gebühren" spricht, hat das mit der – neben der Bereitstellung – tatsächlichen Nutzung einer Einrichtung und deren Bezahlung zu tun; hohe Inanspruchnahme – hohe Kosten. Eigentlich auch eine Kaufmannsregel.

Das weiterzudenken bedeutete den Untergang der Öffentlich-Rechtlichen. Herr Ickler hat von der (hinter)listigen Erfindung der Grundversorgung gesprochen (Klammerzusatz von mir). Mit der Einheitsgebühr sind die Kosten zugleich sozialisiert.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.01.2011 um 13.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7326


Am gerechtesten wäre es, die tatsächliche Nutzung von Rundfunk und Fernsehen zu bezahlen. Technisch wäre das überhaupt kein Problem. Es brauchte nur ein entsprechendes Zusatzgerät, ähnlich wie Strom-, Gas-, Wasserzähler. Zum Erfassen müßten keine Bediensteten beschäftigt werden. Als Berechnungsgrundlage könnte z.B. die Betriebszeit des TV-Gerätes dienen. Noch gerechter wäre natürlich die Verteilung der Einnahmen auf die einzelnen Sender nach deren Nutzung durch den Empfänger. – Aber das Geschrei möchte ich erleben, wenn nicht mehr das "Angebot", sondern die tatsächliche Leistung zu bezahlen wäre.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 05.01.2011 um 00.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7325


Steuern fließen als sogenannte allgemeine Deckungsmittel in den Gesamthaushalt des Bundes oder eines Landes ein. Über ihre Verwendung entscheiden durch Gesetz die Parlamente. Zweckgebundene Steuern sind die große Ausnahme. Gebührenhaushalte bestehen gezielt für die nicht aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzierenden Aufgaben. Auch über die Gebührenhaushalte, vorwiegend im kommunalen Bereich, beschließen Kommunal-"Parlamente". Eine Fernseh-"Steuer", oder ganz gleich wie man es nennen will, mit Anschlußzwang (es fehlte gerade noch der Benutzungszwang!) kann aber von den Öffentlich-Rechtlichen auf der Ausgabenseite nach eigener Entscheidung verwendet werden. Ich kann die im Rundfunkrat sitzenden Parteien nicht als parlamentarisches Kontrollorgan akzeptieren. Und der Rechnungshof ist nur ein schwacher Trost.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.01.2011 um 21.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7324


Sehr geehrter Herr Mahlmann, Versicherungsbeiträge und Steuern sollte man nun wirklich nicht in einen Topf werfen. Den Unterschied brauche ich hier wohl nicht zu erklären. – Ein Merkmal von Steuern ist es, daß sie gerade nicht zweckgebunden sind, abgesehen von Ergänzungsabgaben wie z.B. dem Solidaritätszuschlag. Der ADAC hat zwar in (bewußter) Verkennung dieser Tatsache immer mal wieder gefordert, das Aufkommen aus der Mineralölsteuer voll dem Straßenbau zugute kommen zu lassen. Ich glaube, das tut er heute nicht mehr.

Wie schon früher angemerkt, kommt die geplante Haushaltsabgabe am ehesten einer Gebühr für dem Gemeinwohl dienende öffentliche Leistungen mit Anschlußzwang nahe. Die Frage ist also, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine solche Aufgabe erfüllen. Daran anschließend: Muß ihre Finanzierung wie diejenige von Trinkwasserversorgern, Müllabfuhrunternehmen usw. per Gesetz garantiert werden?
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 21.12.2010 um 20.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7278


Stephen Fry Kinetic Typography - Language (http://www.youtube.com/watch?v=J7E-aoXLZGY)

Am Anfang dachte ich noch, das wird eine interessante Betrachtung zum Gebrauch der englischen Sprache, aber es ist dominiert von einer Anti-Kritiker-Haltung ("There are all kinds of pedants around with more time to read and imitate Lynne Truss and John Humphreys [...]", ab 2'10"). Weitere Leitgedanken: "The claim to be defending language for the sake of clarity almost never, ever holds water" (ab 4'31"); "Context, convention and circumstance are all" (ab 5'34"). Nur am Ende dann noch eine selbstironische Bemerkung, die aber abgeblendet wird.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 20.12.2010 um 11.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7267


...nicht aber das damit verbundene Milliardengeschäft, lieber Kratzbaum, das wird uns erhalten bleiben, siehe Sektsteuer und Soli.
Vor ein paar Tagen las ich hier im Computer die Nachricht, es stünde uns eine kleine Eiszeit bevor. Man sieht: Drei kalte Winter, und der jetzige beginnt erst morgen, genügen diesen "Experten", um eine "Klimaänderung" zu prognostizieren. Ich finde das gar nicht poetisch.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.12.2010 um 08.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7265


Angesichts des zweiten strengen Winters "in Folge" könnte man frei nach E. Kästner ("Herr Kästner, wo bleibt das Positive?") fragen: Wo bleibt die Klimaerwärmung? – "Weiß der Teufel, wo die bleibt!" – Noch ein paar solcher Winter und es bleibt von dem ganzen schaurig-schönen Szenario nur noch sience-fiction übrig...
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 18.12.2010 um 23.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7260


Gerade lese ich in einem Text über die Schalmei. Muß ich nach Herrn Augst jetzt Schallmei (nach Schall) schreiben?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.12.2010 um 21.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7239


Werter stst: Genau das ist doch geschehen. In Schulen und Behörden wird eine Orthographie gelehrt und verlangt, die außerhalb dieser geschlossenen Welten nicht verwendet wird. Das ist ja auch einer der schwersten Vorwürfe gegenüber der Reform, daß sie die Schüler gegen das in der Erwachsenenwelt Übliche in Stellung bringt ("Schüler in Geiselhaft").
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.12.2010 um 22.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7204


Die Eiertänze ums Quentchen/Quäntchen sind allmählich nur noch langweilig. Mir scheint, R.M. hat etwas sehr Wesentliches gesagt: Es gibt sprachliche Tatsachen, sprich Wörter, samt etablierten Schreibweisen. Die Reformer taten so, als fingen sie bei Null an. Sie erfanden Wörter und unterlegten ihnen eine Etymologie, um das Willkürliche und Dogmatische zu verschleiern. So wie die ganze Reform nach Gewaltsamkeit schmeckt. Folgerichtig war sie auch nur mit staatlicher "Regelungsgewalt" (geborgter Macht) durchzusetzen. Das Gute und Bessere braucht man nicht "durchzusetzen".
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Sigmar Salzburg
Mohrkirch

Dieser Beitrag wurde am 07.12.2010 um 10.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7202


Das richtige „Quentchen“ darf in der Schule kein Fehler sein, auch wenn „Quäntchen“ zugelassen wird. U.a. deshalb rechnete ich 2005 mit einem bescheidenen Erfolg meiner Klage in Schleswig, zumal das Bundesverfassungsgericht festgelegt hatte, der Staat dürfe die Sprache „nicht beliebig regeln“ und der Volksentscheid die mangelnde Akzeptanz der Reform dokumentiert hatte, die vom OVG Schleswig 1997 vorausgesetzt worden war. In Schleswig jedoch folgte die Richterin in der mündlichen Verhandlung 2008 der umwerfenden Logik, „wenn die Reform schon 1998 zulässig war, dann ist sie es jetzt in der revidierten Form erst recht“, und schrieb in das Urteil: „Weder der von der Exekutiven angenommene Gemeinwohlbelang noch die Verhältnismäßigkeit der Rechtschreibreform im engeren Sinne sind heute zu bezweifeln“. – Eine Mitstreiterin mit ähnlicher Gerichtserfahrung nannte es „eine Frechheit“.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 06.12.2010 um 20.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7200


Ich denke, man darf es ruhig aussprechen: Der Unterschied zwischen Quäntchen und Quentchen ist der zwischen Unbildung und Bildung. Nicht was die Schreiber angeht, die verdienen wie immer jede Nachsicht. Die einen wie die anderen werden so gut wie nie auf die (wahre oder falsche) etymologische Wurzel rekurrieren. Der Skandal besteht darin, daß der Erfinder von Quäntchen nicht nur das Falsche lehrt, sondern den Schüler für immer von einer Bildungsquelle fernhält. So etwas nennt man wohl Herrschaftswissen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 06.12.2010 um 09.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7195


Zu Herrn Metz' "Privat-Etymologie":

Unsere kleine Tochter sagte "Staubsauber" – auch dies wohlbegründet. So gibt es sicher in vielen Familien "Irrläufer"...
Im übrigen kann man hervorragend in Rechtschreibung sein, ohne eine einzige etymologische Herleitung zu kennen. Aber die Geschichte eines Wortes ist nicht nur für den Wissenschaftler interessant.
Gut, daß hier noch einmal auf die Arbeit von Heide Kuhlmann hingewiesen wurde. Die politische Seite der "Durchsetzung" ist fast noch spannender als die hanebüchene (von Hainbuche) Reform selbst.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.12.2010 um 15.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7194


Das hatte ich nun nicht erwartet ... oder vielleicht doch

Herr Hamberger schreibt "Recht haben", weil es irgendwo in der amtlichen Regelung steht. Basta. Damit hat er sich selbst aus der Diskussion über Sinn und Unsinn bestimmter Schreibweisen herausgeschossen. Schade eigentlich. – "Kretinismen" finde ich klasse, Herr Bärlein!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.12.2010 um 09.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7191


Herr Wrase hat noch einmal auf einen Haupteinwand gegen die Reform hingewiesen: sie ist bildungsfeindlich. Warum sollte man den Schülern nicht einfach die richtige Herkunft eines Wortes erläutern? Nichts einfacher als das. Und die richtige Schreibweise würde ganz nebenbei gelernt. – Im übrigen begnügt sich der Reformer aus dem Westerwald nicht damit, einfach neue Wörter zu erfinden, er liefert auch die passende Etymologie mit. So bekommen seine Hirngespinste eine Schein-Legitimation.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 23.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7189


Anläßlich der Diskussion zum Quäntchen fiel mir der heutzutage kaum noch anzutreffenende Begriff der "Quanten" (nur pl.) wieder ein, ugs. für große Füße, Schuhe, aber auch übelriechende Füße, wenn ein Sesselhocker diese auf den Tisch legte: tu´ mal deine Quanten da weg.
S.a. Wiktionary.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 23.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7188


Es gibt noch eine Sonderform der Quanten: Geleequanten. – So hieß es zu meiner Schulzeit...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 23.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7187


Selbstverständlich, Herr Achenbach, die Etymologie ist für die aktuelle Schreibung eines Wortes zunächst einmal ohne Belang. Sonst hätten wir wohl, auch ohne Reform, eine unabsehbare Zahl sehr befremdlich aussehender Schreibungen. – Es geht doch gar nicht um die Rechtschreibung, sondern um eine gewaltsame, doktrinäre Unterdrückung sprachgeschichtlicher Tatbestände. Also um Fälschung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 22.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7184


An Herrn Hambergers Argumentation kann man sehr schön sehen, wie die Befolgung der "amtlichen" Schreibweisen zur Verteidigung der Unbildung verleitet. Statt einer wissenschaftlich sauberen Etymologie heißt es dann eben: heute zu...
Herr H. schreibt auch "Recht haben". Nun warten wir auf seine Erklärung und Begründung des Substantivs in dieser Wendung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 20.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7183


"Kleine Menge von irgendetwas"

Wenn Quäntchen eine Verkleinerungsform sein soll, so muß es sich ableiten lassen. Die Reformer behaupten, heute beziehe man das Wort auf Quantum. Aber nach den Regeln der deutschen Wortbildung müßte es dann Quantümchen heißen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 18.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7182


Das Komische an den "Erleichterungen" ist ja u.a., daß der Wenigschreiber genau von diesen etymologisch falschen Zuordnungen überhaupt nichts hat. Denn daß dieser sagenhafte Zeitgenosse jemals solche entlegenen Wörter wie Tolpatsch, Gemse, Quentchen brauchen sollte – wenn er denn schon mal schreibt –, ist doch sehr unwahrscheinlich. Man hat oft den Eindruck, daß der bekannte Reformer sich einfach einen Jux machen wollte.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 18.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7181


Lieber Kratzbaum, man soll nie nie sagen, Physiker sprechen z.B. schon von Teilchen (-beschleuniger, -modell, -physik, ...). Von Quäntchen natürlich nicht, zumindest solange Herr Augst noch nicht bei ihnen mitmischt.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 15.53 Uhr eingetragen.
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Lieber Kratzbaum (29#7178),

der "Markt", wie Sie es so treffend nennen, hat deshalb inzwischen die hanebüchensten (wer weiß da übrigens noch, daß das Wort eigentlich von der Hagebuche kommt?) Etymogeleien bereinigt. Lediglich die selten verwendeten halten sich hartnäckig in Augstscher Blödschreibung. Aber daran ist nicht zuletzt die gewaltige Propaganda schuld, mit der diese Schreibungen 1996 (recte 1995) eingeführt wurden. Wir erinnern uns ja noch mit Bauchschmerzen an die Gämsen, die behände über die Berge tollten und danach aufwändig von tollpatschigen Hirten eingefangen wurden. Ähnlicher Blödsinn fand sich bekanntlich damals gehäuft in Diktaten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 15.29 Uhr eingetragen.
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Zu Herrn Strasser: eigentlich ist es müßig, zu fragen, ob ein Quäntchen, physikalisch betrachtet, existiert. Der Physiker braucht es jedenfalls nicht. Er kennt z.B. Lichtquanten ("Strahlungsenergie-Pakete") verschiedener Größe. Aber er würde nie die Verkleinerungsform benutzen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 15.22 Uhr eingetragen.
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Vielen Dank, Herr Höher, Sie bringen es auf den Punkt: Die Reform, ganz besonders ein Hobby-Etymologe (der es aber besser wußte, das ist die Schweinerei dabei), hat nicht bei den empirisch zu erfassenden wirklichen Rechtschreibproblemen angesetzt, sondern bei erfundenen, einem ominösen Laien oder Wenigschreiber untergeschobenen. – Das ist auch der Hauptgrund, warum sie scheitern mußte. Bei einem Hersteller würde man sagen: am Markt vorbei produziert.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2010 um 13.11 Uhr eingetragen.
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"...muß nicht an der etymologischen Schreibung festgehalten werden." (Herr Hamberger)

Aber genau das wird mit der Schreibweise "Quäntchen" getan. Allerdings an einer falschen. Wo liegt der Gewinn? Außerdem leiten die Reformer ja nicht von "Quant" ab, sondern von "Quantum" . Wie aus Quantum Quäntchen geworden sein soll, wäre dann noch zu erklären. In der Praxis dürfte der Schreibende nicht so schließen. All diese "Etymologien" sind eben reine Erfindungen eines Reformers.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.11.2010 um 12.27 Uhr eingetragen.
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Herr Bärlein hat es wieder einmal scharfsichtig auf den Punkt gebracht: Nur wer schon eine gewisse Vorstellung von einer bestimmten Schreibung hat, schlägt im Wörterbuch nach. So ist eigentlich jedes Wörterbuch eines der "sprachlichen Zweifelsfälle". Außerdem entnimmt man ihm eher Anregungen als Vorschriften.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 11.11.2010 um 21.06 Uhr eingetragen.
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Typisch Golo Mann, freedom of speech war nicht so sein Ding.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.11.2010 um 19.31 Uhr eingetragen.
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Sinn und Zweck

Ich wandere jedes Jahr in den Schweizer Bergen, nichts Spektakuläres und keineswegs waghalsig. Selbstverständlich benutze ich dabei einen Stock (noch besser wären zwei, ich weiß). Er gibt Sicherheit und entlastet vor allem die Knie beim Absteigen. Allerdings habe ich mich auch schon samt Stock auf Geröll überschlagen...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.11.2010 um 13.12 Uhr eingetragen.
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"Einfach nur so" durch den Wald zu gehen oder meinetwegen auch zu radeln, genügt wohl vielen Zeitgenossen nicht mehr. Wenn ich bei meinen täglichen kleinen Radtouren einem schwitzenden, keuchenden Jogger mit seinem qualvoll verzerrten Gesicht begegne, dann habe ich nur einen Gedanken: Welch wunderbare Erfindung ist doch das Fahrrad! – Die mit den Stöcken, die mit den angewinkelten Armen, die (vor allem die!) an, auf und unter den Fitneßmaschinen wirken auf mich alle ungeheuer komisch. Aber da fehlt mir wohl die rechte Einstellung. Bin wohl zu freundlich zu mir selbst und meinem Körper.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 11.11.2010 um 12.45 Uhr eingetragen.
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"Darin hatten die Österreicher recht; recht auch darin – wenn es hier überhaupt noch Recht gab –, daß sie die genaueste Unterdrückung der jugoslawischen Agitation forderten."

(Golo Mann: Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts)
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 10.11.2010 um 10.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#7110


Rechtschreibung für Gewaltherrscher:
Recht haben, Leid tun.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 08.11.2010 um 17.14 Uhr eingetragen.
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Mein spezielles Problemwort ist der Nachname des Historikers Hans Delbrück (auch jetzt habe ich ihn wieder nachschlagen müssen). Zwar weiß ich genau, daß er sich anders schreibt als der Kölner Stadtteil, aber da ich mir die korrekte Anzahl l von Dellbrück ebenfalls nicht merken kann, hilft das wenig. Ein ähnlicher Effekt – ein an sich vertrautes Wort guckt einen dumm an, ohne daß man auf Anhieb den Grund erkennt – kann sich nach mehrstündigem Bearbeiten von Fremdtexten einstellen. In solchen Situationen ist ein Wörterbuch hilfreich, auch und gerade für Profis. Wer sich allerdings eins kauft, um irgendwelche GZS-Regelmätzchen nachzuturnen, darf sich nicht wundern, wenn es Mittag wird, bis er eine Seite vollgeschrieben hat.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.11.2010 um 13.52 Uhr eingetragen.
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Ins Wörterbuch schaue ich eigentlich nur, wenn es um Fremdwörter geht. Niemals jedoch wegen Getrennt- und Zusammenschreibung oder Groß- und Kleinschreibung.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 26.10.2010 um 20.21 Uhr eingetragen.
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Woran man nicht alles vorbeigehen kann:

»Der Germanist Dr. Karl Allgaier wies darauf hin, dass die Autoren nicht an einer Rechtschreibreform vorbei gekommen seien [...]«

("Ein Jahrhundertwerk: Der neue Sprachschatz", www.an-online.de, 22. Oktober 2010)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.10.2010 um 13.06 Uhr eingetragen.
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Lieber Herr Roth, die forschreitende Unterwerfung unter "Brüssel" bereitet auch mir große Sorge. "Deutschland schafft sich ab" – aber auf ganz andere Weise. Man kann das wohl nur aus der Geschichte verstehen. Ein Volk hatte sich einer Verbrecher- und Mörderbande ausgeliefert und kann auf unabsehbare Zeit nicht wieder zur Unschuld zurückfinden. Da ist es verlockend, einfach die Identität aufzugeben. Das scheint mir der eigentliche Grund der Europafreudigkeit zu sein.
Alle Länder um uns herum, von denen manche auch Dreck am Stecken haben, betreiben natürlich nach wie vor Politik im wohlverstandenen nationalen Interesse. Es ist Wunschdenken anzunehmen, durch eine immer engere institutionelle Verflechtung sei Konflikten ein für allemal der Boden entzogen. Es müssen ja keine Kriege sein.

Ein zweites ist, daß unsere Demokratie, die ich keineswegs für gefestigt halte, uns von außen, von den Siegern "geschenkt" wurde. Sie wurde nicht den Mächtigen in einer Revolution abgerungen. Der Gründungsmythos fehlt. Nicht umsonst werden bei uns so oft demokratische Verfahren beschworen und eingefordert. In gewachsenen Demokratien einfach überflüssig.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 21.10.2010 um 11.42 Uhr eingetragen.
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Es ist ja noch viel schlimmer als Kratzbaum schreibt.
Wie steht es um die sogenannte freie Willensentscheidung des einzelnen Abgeordneten? Entscheidungen im Parlament werden in engen Zirkeln getroffen – dann folgt der Fraktionszwang, mehr oder weniger offen. Beispiele wie ..."es gibt keine Alternative..." oder die vielbemühte Staatsräson kennt jeder, der nicht nur seine Tageszeitung liest. Wer als Abgeordneter aus der Reihe tanzt, wird abgestraft und nicht wieder aufgestellt. Das beste Beispiel gibt die Kanzlerin selbst.

Für was brauchen wir überhaupt noch einen Bundestag, wenn die deutschen europäischen Musterknaben Schritt für Schritt nationale Souveränität an den Moloch Brüssel abtreten?
Dann sehe man sich mal an, wie "europäisches Recht" in Deutschland millimetergenau umgesetzt wird im Gegensatz zu anderen EU-Ländern.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.10.2010 um 06.10 Uhr eingetragen.
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Herr Riemer, ich finde es sehr schön und geradezu bewegend, wie Sie als ehemaliger DDR-Bewohnrer die westdeutsche Demokratie verteidigen. Selbstverständlich ist sie ein hohes, unbedingt schützenswertes Gut. Was die Bürger aufbringt und zu der vielbeschworenen Poltikverdrossenheit führt, sind eben die Akteure. Vor allem herrscht zunehmend das Gefühl, die gewählten Politiker betrieben nach der Wahl hauptsächlich Klientelpolitik oder verzettelten sich in Belanglosigkeiten (Rauchverbot). Denken Sie an die Hoteliers, die Abwrackprämie, die völlig überzogene Förderung der Photovoltaik u.a.m. Also: der Bürger darf zwar wählen, aber bis zur nächsten Wahl bzw. Abwahl kann so viel Unumkehrbares passieren, wovon er sich nichts hat träumen lassen. Davor bewahrt auch kein Blick in Parteiprogramme.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.10.2010 um 19.34 Uhr eingetragen.
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Kartoffelkunde

Woraus man wieder mal ersieht, daß ein Mangel an Sachkenntnis jedenfalls nicht durch Sprachanalyse zu beheben ist. Verfügt man aber über jene, so erübrigt sich diese bzw. ist man fast unbegrenzt fehlerimmun.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.10.2010 um 17.23 Uhr eingetragen.
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Hoch hinaus oder klein-klein

Nicht nur Problemchen (hier vor allem Minderheiten, von denen es ja auf ewig genügend viele geben wird) werden anstelle der wirklich drängenden Nöte angepackt. Sondern auf der Gegenseite dann die ganz, ganz großen Menschheitsaufgaben. So wird ein Konzept zur Energiewende (sprich: Desindustrialisierung Deutschlands) verkündet, und das dann gleich auf 40 Jahre.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.10.2010 um 14.43 Uhr eingetragen.
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"unerlässlich"

Man muß das umgekehrt lesen: Das Regelwerk wird dem Schreibgebrauch angepaßt – mittels Varianten.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 22.09.2010 um 12.07 Uhr eingetragen.
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Das dürfte stimmen, läßt sich aber natürlich schwer nachweisen. Die Franzosen schreiben jedenfalls ein völlig anderes r mit einem Abschwung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.09.2010 um 08.38 Uhr eingetragen.
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Zur Schreibschrift bei anderen Völkern

Eine Beobachtung: Ich habe den Eindruck (allerdings nur wenig belegt), daß z.B. Franzosen alle ähnlich schreiben, so, wie sie es in einer strengen Schule gelernt haben. Man sieht das z.B. an Briefen unterschiedlicher Herkunft. Kann jemand dazu etwas sagen ?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 22.09.2010 um 04.43 Uhr eingetragen.
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Ich glaube eher, es ist eine "hyperkorrekte" Bildung, also nicht "im Dienste der Eindeutigkeit", sondern eher um ja nichts falsch zu machen. Den Gen. Sg. finde ich relativ oft ("dieses Autoren"). Was diese Leute übersehen, ist, daß bei den schwachen Vorbildern hier im Sg. der Akzent auf der letzten Silbe ist (Student [-'], Polizist [–']), was bei Autor ['-], Professor [-'-] aber nicht der Fall ist. Bei Motor haben wir interessanterweise beide Akzentmuster ['- und -']; trotzdem habe ich noch nie ein *des/im Motoren" gehört oder gesehen.
Die hyperkorrekte englische Form "he dove" statt "he dived" ist praktisch akzeptiert. Alle Schwimm-Offiziellen hier sagen "dove". (Ich bin an unserm ganzen College hier der einzige, der "dived" sagt. Dann ist da noch eine Professorin, die wahrscheinlich auch "dived" sagen würde, aber ihre Tochter ist mehr musikinteressiert; meine beiden schwimmen.) Deswegen meine Frage zunächst, ob der vereinzelte schwache Autor sich irgendwo vielleicht schon festgesetzt hat.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.09.2010 um 08.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6874


Ja, Herr Ludwig, soviel steht fest: es ist eine Analogiebildung. Vielleicht hängt es wirklich mit dem selteneren Gebrauch zusammen. Mir scheint sprachpsychologisch mitzuschwingen, daß den Schreibern "den Autor" nicht deutlich genug den Akkusativ markiert. Im Dienste der Eindeutigkeit hängen sie dann eben noch das "-en" an.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 21.09.2010 um 02.24 Uhr eingetragen.
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Ich weiß nicht, ob da auch eine Dialektverteilung vorliegt. Ich glaube aber, daß die "Leute, die 'den Autoren' (Akk. Sing.) sagen oder schreiben", dieses Substantiv nicht so oft sagen oder schreiben wie "Doktor" oder "Motor", — vor allem, wo bei diesen auch der starke Gen. Sg. relativ häufig zu hören ist. Ansonsten aber werden sie durch das Betonungsmuster (-)-'- der Pluralformen "Polizisten/Fotografen/Philosophen/Präsidenten/Patriarchen/Studenten/Katholiken" usw. zu ihren schwachen Singularformen *Autoren in den obliquen Kasus im Sg. verleitet.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.09.2010 um 19.43 Uhr eingetragen.
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Eine Frage

Die Leute, die "den Autoren" (Akk. Sing.) sagen oder schreiben, schreiben wohl nicht: Ich habe den Motoren reparieren lassen - Ich habe den Doktoren aufgesucht. - Wie erklärt sich das?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.09.2010 um 07.30 Uhr eingetragen.
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Betrüblich

Eigentlich sollten wir hier nicht politisieren. Aber dieser Bundespräsident zeigt schon nach kurzer Zeit im Amt, daß er wahrscheinlich von allen bisherigen Inhabern die krasseste Fehlbesetzung ist. Von "Duisburg" über "Sarrazin" und nun auch "Steueroase Schweiz" ist sein Weg mit voreiligen oder eines Staatsoberhauptes unwürdigen Einlassungen markiert.

Es gab mal einen "Hähnchenkrieg" zwischen Amerikanern und Europäern (wg. Hormonbelastung). Da hat der amerikanische Präsident Kennedy bei einem Staatsbesuch Bundeskanzler Adenauer mehrmals darauf angesprochen. Adenauer: Nun habe ich den Herrn Kennedy dreimal getroffen. Jedesmal hat er von den Hähnchen angefangen. Ist er nun eigentlich Hähnchenzüchter oder der Präsident der Vereinigten Staaten? – Vorbei die Zeiten, da man noch ein Empfinden für das hatte, was sich schickt.
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 04.09.2010 um 22.01 Uhr eingetragen.
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Augsburger Allgemeine, 21. August 2010

STÖREND füRs AU(g)e

Das Schöne an der geschriebenen Sprache ist, dass die Buchstaben sich in Wörtern auflösen, die Wörter in Sätzen und sich in diesem Prozess die Bedeutung einschleicht. Das funktioniert völlig reibungslos, solange der Lesefluss nicht ins Stocken gerät.

Schon länger wird das Gefüge von großen und kleinen Buchstaben torpediert. Erst haben die staatlich bestellten Rechtschreibreformer damit angefangen, die Orthografie in ein Schlachtfeld zu verwandeln, in dem Schüler, Lehrer und Erwachsene sich zurechtfinden müssen. Und nun, wo das Lexikon über den Eintrag Rechtschreibzweifel verfügen müsste, aber wenigstens wieder so etwas wie ein Burgfriede herrscht, werden am laufenden Band Eigennamen erfunden, die aus der Reihe tanzen. Die Kreativität soll gleich über das Schriftbild vermittelt werden.

Die in Günzburg ansässige „camerata vokale“ schreibt sich selbst konsequent klein, auch die Burgauer Rollladenfirma „roma“ sowie „erdgas schwaben“ tun es, was man wohlwollend ja noch als Bescheidenheit auslegen könnte bei der gebotenen musikalischen bzw. unternehmerischen Qualität.

Die konsequente Kleinschreibung erfreut sich überhaupt großer Beliebtheit. Sie wirkt progressiv, weil die Rechtschreibreform unerwarteterweise in die andere Richtung zielte.

Schlimm für das Auge wird es, wenn anstelle der Klein- die Großschreibung rückt. So schreibt sich LEGOLAND konsequent in Versalien, auch AL-KO KOBER und CANCOM tun das. DAS FÄLLT AUF! Wer seine Wichtigkeit unterstreichen will, integriert ein Ausrufezeichen in den Namen, wie das „energie- und umweltzentrum allgäu“, kurz „eza!“

Zu steigern sind die Versalien nur dadurch, dass Klammern ins Wort integriert werden: Zukunft(s)musik nennt sich die Reihe für Neue Musik. Und der Leser hat nun geistig zu turnen und die Bedeutungsebenen durchzuspielen. Selbstverständlich handelt es sich bei den Genannten nur um die lokale Basis des Eisberges. Man denke nur an die Sängerin P¡NK, das heute-journal oder den Energieriesen E der ständig ON ist (E.ON). Aber es ist und bleibt STÖREND füRs AU(g)e!


(www.augsburger-allgemeine.de)
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 23.07.2010 um 10.05 Uhr eingetragen.
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Zu Herrn Riemers Beitrag:

Das euphemistische Bild von Parteien kann ich nicht teilen.
Wenn von Politikverdrossenheit gesprochen wird, ist eigentlich Parteienverdrossenheit gemeint. Die schwindenden Mitgliederzahlen und ausbleibenden sogenannten Stammwähler sind Zeugnis.
Wenn ich einem Abgeordneten meine Stimme gebe, kann er daraus machen, was er will. Er kann sich an ein propagiertes (Partei-)Programm halten oder – aus Gründen der Parteiräson – entgegen seiner Wahlkampfaussagen auch nicht. Dabei ist die Ausrede des höheren Gutes des Kompromiß-Eingehens eine willkommene. Hat einer mal das Rückgrat, gegen die Partei zu mucken, wird er weg- oder rausbefördert. Die Entscheidungen innerhalb einer Partei werden nach allem, was man so mitbekommt, in engen Zirkeln beschlossen. Der Abgeordnete weiter hinten zählt zum „Stimmvieh“. Von Sachverstand möchte ich da nicht sprechen.

Den Bundespräsidenten könnte man nicht ohne weitgehende Grundgesetzänderung direkt wählen lassen, was quasi ein Volksentscheid wäre. Mit der Direktwahl würde ihm eine solche Machtfülle zuwachsen, daß das Amt dem des französischen oder US- Präsidenten vergleichbar würde. Das ist Utopie.
Eine interessante Variante wäre allerdings, bei der Wahl des Bundestags als Wähler die Möglichkeit zu haben, Kandidaten auch außerhalb der Landesliste und Direktkandidaten außerhalb des Wahlkreises wählen zu können.

Diese Überlegung entspringt ganz einfach meinem Wunsch aus der Vergangenheit, statt einem mir servierten farblosen Abgeordneten (Kandidaten) lieber einem mein Kreuzchen zu geben, der mir zusagt. Ein solcher Abgeordneter, mit entsprechendem Mandat ausgestattet, ließe sich, was unschwer zu folgern ist, durch seine Partei nicht so einfach an die Kandare nehmen. Da die größte Partei, die der Nichtwähler, immer größer wird, könnte womöglich durch ein solches Verfahren gegengesteuert werden.
Man darf sich nicht darüber wundern, wenn die Bevölkerung verstärkt nach Volksentscheiden ruft. „Geht doch da Herr Wowereit her“ und verkündet schon vor dem Ergebnis einer Volksbefragung, der Senat würde sich nicht danach richten. So geschehen vor einiger Zeit. War es nicht in Schleswig-Holstein, wo der Volksentscheid zur RSR kassiert wurde?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.07.2010 um 09.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6642


Fachmann wofür?

Zwischen Fliesenlegen und einer politischen Entscheidung gibt es ja wohl einen Unterschied. – Es ist gar nicht gesagt, daß das Volk gegen die Rechtschreibreform entschieden hätte. Aber es wäre wenigstens gefragt worden. Die Interessierten und Aufgeklärten wären zur Abstimmung gegangen.

Ich habe lange in der Schweiz gelebt, habe auch heute noch enge Beziehungen. Als besonders wohltuend empfinde ich es, daß der Staat dort weit weniger eine Beute der Parteien geworden ist. Und die Stimmbürger werden sogar in Steuerangelegenheiten befragt, und, o Wunder, sie stimmen sogar für Erhöhungen, wenn sie von der Notwendigkeit überzeugt sind. Wenn irgendwo, dann besteht in der Schweiz eine weitreichende Deckung von Volk und Staat. Die Bezeichnung "Der Souverän" hat dort eine ganz eigene Würde. Initiative und vor allem Referendum sind mächtige Waffen, den Regierenden ihre Grenzen aufzuzeigen.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 23.07.2010 um 09.12 Uhr eingetragen.
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Nach den Volksentscheiden in Hamburg zur Schulreform und in Bayern zum Nichtraucherschutz wünscht sich eine große Mehrheit der Bürger, dass sie bundesweit mehr direkt an politischen Entscheidungen beteiligt werden: 76 Prozent sprachen sich bei der aktuellen Umfrage "Deutschlandtrend" im Auftrag des ARD-Morgenmagazins dafür aus.

Nur jeder fünfte Deutsche (21 Prozent) will laut ARD-"Deutschlandtrend" politische Entscheidungen auf Bundesebene weiterhin allein den Abgeordneten des Bundestags überlassen.

(T-Online-Startseite heute)
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 23.07.2010 um 08.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6640


Natürlich eignet sicn nicht jeder Gegenstand für Volksabstimmungen. Ich würde auch nicht über die Wirksamkeit eines Medikaments oder die Sicherheitsvorschriften beim Flughafen abstimmen wollen. Weiß jemand ein Beispiel, z. B. in der Schweiz? Ich glaube, daß die Menschen, die zu so einer Abstimmung gehen, sich Gedanken machen. Es waren ja in Hamburg auch nur 39 %, die sich beteiligten. Und in einem solchen Fall würde die Mehrheit sich wohl eher am Urteil Piloten u. ä. orientieren und dann abstimmen. Man soll doch die Menschen nicht für dümmer halten als sie sind. Die Dummen und Gleichgültigen gehen doch gar nicht zur Volksabstimmung.

Ich halte mich auch für einen Durchschnittsmenschen aber ich kann für mich sehr wohl beurteilen, ob mir andere Sprachvorschriften eine Erleichterung bringen. Und nur dies war ja der Ansatz für die Reform wie ja das Textbeispiell von 1995 zeigt.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 22.07.2010 um 23.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6639


Lieber Kratzbaum,

bei einer Volksabstimmung wird sozusagen nach der Durchschnittsmeinung des Volkes entschieden. Jeder Bürger ist auf irgendeinem Gebiet Spezialist, auf einem anderen Gebiet eine totale Niete. Ich würde mir jedenfalls nicht von einem absoluten Durchschnittskönner das Bad fliesen lassen, ich würde es auch nicht selbst machen. Dazu hole ich mir einen Fliesenleger, der kann das besser.

Das ganze Volk nach der besseren Rechtschreibung befragen? Ich glaube, mit dem durchschnittlichen Wissen in Rechtschreibung ist es ebensoweit her wie mit dem durchschnittlichen Fliesenlegen. Daß die Rechtschreibreform bei einer Volksabstimmung gescheitert wäre, wäre nicht dem Wissen, sondern der Trägheit der Massen zu verdanken gewesen. Nicht das Volk, sondern Sprachwissenschaftler kennen die sprachlichen Zusammenhänge am besten.

Leider sind bei der Rechtschreibreform von skrupellosen Geschäftemachern Fliesenleger als Ratgeber eingesetzt worden, die naiven Kultusministern Ammenmärchen eingeflüstert haben. Stimmt schon, da haben die Politiker auch versagt. In diesem einen Fall hätte ich auch gern die Volksabstimmung gehabt. Aber schon beim nächsten Mal kann es mit einer Volksabstimmung genau andersrum laufen. Obwohl es nur andere Worte sind, ich will trotzdem nicht sagen, das Volk sei zu dumm. Ich sage es lieber so: Es gibt für alles einen Fachmann, durchschnittliches Wissen und Können ist auf keinem Gebiet gut genug. Deshalb bin ich grundsätzlich gegen Volksabstimmungen.

Politiker können natürlich nicht alles wissen. Sie müssen hauptsächlich organisieren, verhandeln und mit Menschen umgehen können. Für alle Fachfragen müssen sie sich Spezialisten holen. Politiker machen leider auch Fehler. Ich sagte ja schon, unsere Demokratie ist nicht ideal. Aber gibt es irgendwo eine bessere? Ohne Politiker, ohne Staat geht es eben auch nicht. Es wäre das Chaos.

Verfassungsmäßige Begrenzung der zur Volksabstimmung zugelassenen Gegenstände – haben wir das nicht schon? Wo wir auch die Grenze ziehen, es wird immer die gleiche Diskussion um ihre Verschiebung geben.

Nach meiner Meinung ist der Demokratie vollkommen Genüge getan, wenn Parteien demokratisch gewählt werden, die dann in ihren Reihen die Verantwortlichkeiten festlegen und die Gesetze erlassen. Vielleicht funktionieren die Kontrollen noch nicht richtig. Es gibt sicher noch Verbesserungsmöglichkeiten. Volksabstimmungen halte ich aber nicht für geeignet. Ich will das Beste, nicht den Durchschnitt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.07.2010 um 17.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6638


Lieber Herr Riemer, das müßten Sie mir bitte erklären: Was soll das heißen, daß die Politiker mehr von Politik verstünden als das Volk? Wissenschaftliche Politikbetrachtung kann ja nicht gemeint sein.

Gegen die direkte Demokratie wird immer wieder vorgebracht, daß dann morgen auch die Todesstrafe wiedereingeführt werden könnte. Aber man könnte die zur Abstimmung zugelassenen Rechtsgegenstände durchaus per Verfassung begrenzen.

Ich bin der festen Überzeugung, daß das beste Mittel gegen die vielbeschworene Politikverdrossenheit und das Gefühl der Ohnmacht gegenüber dem Parteienfilz ein gehöriges Maß an unmittelbarer Mitwirkung des Souveräns wäre. Nach einer "falschen" Abstimmung hätte das Volk dann auch die Folgen zu tragen. Wer trägt denn z.B. die Folgen der Rechtschreibreform? Diejenigen, die sie durchgedrückt haben?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.07.2010 um 09.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6619


Zu Herrn Markners Anmerkung:

Als besonders pfiffig sollte es wohl erscheinen, daß v. Beust bereits seinen Rückzug ankündigte, bevor das Ergebnis des Volksentscheids vorlag. – Übrigens dürfte sich über Frau Merkel erst so richtig Unheil zusammenbrauen, wenn all die Zurückgetretenen und Kaltgestellten sich gemeinsam zwecks Rettung der CDU vereinen sollten. Denn daß die sich alle einfach so aus der Politik verabschieden, ist wenig glaubhaft.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 10.07.2010 um 10.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6576


Was es auf der Insel Jersey nicht alles gibt:
"Einem rollenden Käse den Abhang hinterherjagen oder mal im Sumpf schnorcheln - den Briten fällt bekanntermaßen so allerlei ein, um sich in der Natur zu beschäftigen."

(Mannheimer Morgen, 10.7.2010, Beilage WOCHENENDE, S. 1)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.05.2010 um 23.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6362


Lieber Herr Riemer, wenn jemand einen mundartlichen Ausdruck zusammen mit der Herkunftsbezeichnung verwendet, so unterstelle ich ohne weiteres, daß beides zusammengehören soll. Es sind gewissermaßen Zitate. Also ein bayrisches Madl, eine holsteinische Deern usw. In Ihrem Beispiel geht es um eine Übersetzung, wobei selbstverständlich die hochdeutsche Entsprechung die richtige ist. Niemand würde von einem russischen Madl sprechen. Es wäre nicht falsch, aber doch recht abwegig bis geradezu albern.
In der Schweiz heißt es z.B. Meitli, Meitschi und noch anders – je nach Kanton.
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 05.05.2010 um 17.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6361


Der STERN fragt seine Online-Leser:

„Was wäre, wenn es keine Rechtschraibregeln gähbe?“ [...] Haben Sie eine Idee? Dann schreiben Sie uns!“

Und zwar hier (max. 500 Zeichen).
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 02.05.2010 um 01.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6336


Lieber Kratzbaum,
es lag nicht nur an Ihnen, daß ich den Bezug nicht gleich gefunden hatte. Auch durch die gelegentlichen (sicher gutgemeinten) Verschiebereien gehen manchmal Zusammenhänge verloren. Germanist bezog sich offenbar mit seinem Tagebucheintrag zum Schweizer Madl auf die inzwischen im Diskussionsforum unter Namensschreibung gelandeten Beiträge.

(Auch Germanists „Madl-Eintrag“ befindet sich jetzt dort, so daß der Zusammenhang wieder hergestellt ist. –Red.)

Sie meinen, es gibt in der Schweiz keine Madl? Vielleicht heißen sie in der Schweiz anders, aber die Bayern können doch die Schweizer Mädchen ohne weiteres Madl nennen, genauso wie wir auf hochdeutsch auch von russischen und englischen Mädchen sprechen, obwohl sie in ihrer Heimat dewuschki und girls heißen.
Und wenn die Bayern Madl sagen, dann können's auch alle Deutschen, denn deren Watschn und Wiesn übernehmen wir ja auch ab und zu.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.04.2010 um 12.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6332


Lieber Herr Riemer, vielen Dank für die freundlichen Worte. Sie haben recht: ich bin da etwas nachlässig. In Zukunft werde ich den Bezug angeben. Mein Auftreten im Forum unterliegt gewissen Einschränkungen, von denen Sie ja nichts wissen können... Gruß aus der Ebene. K.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 29.04.2010 um 10.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6331


Lieber Kratzbaum,
ich lese Ihre Beiträge immer gern, sie sind originell und lehrreich, nur manchmal (wie bei diesem) habe ich Mühe zu erkennen, worauf Sie sich beziehen. Um welchen Beitrag von Germanist geht es Ihnen?
Warum schreiben Sie prinzipiell nur im Diskussionsforum, auch wenn Sie sich auf Beiträge im Tagebuch oder in den anderen Foren beziehen? Besonders, wenn man Tagebucheinträge später liest, ist der Zusammenhang mit Ihren Beiträgen verloren. Vor einigen Jahren haben Sie doch auch noch in allen FDS-Foren geschrieben?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.04.2010 um 22.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6328


Lieber Germanist, es besteht in der Schweiz die Tendenz zur Zusammenschreibung: Schweizerpass, Schweizervolk... und ein "Madl" gibt es dort ganz bestimmt nicht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.04.2010 um 13.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6251


Man ist ein paar Tage verreist gewesen, schlägt frohgemut und erwartungsvoll das Forum auf – und sieht vor einer Riesenwolke aus Qualm und Staub erst einmal gar nichts mehr. Ja, muß das denn sein?
Was da plötzlich alles an Namen auftaucht, von denen so gut wie keiner sich je in der Sachdiskussion fand. Wer hätte gedacht, daß es so viele stumme Mitleser gibt. Nun, da es "politisch" wurde, treten sie auf den Plan. Zwar haben sie noch immer nichts Belangvolles beizusteuern, aber die Gelegenheit zum Dampfablassen läßt manch einer eben nie ungenutzt vorübergehen. – Hoffen wir, daß bald wieder Bekenntnise durch Kenntnisse abgelöst werden.
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Dieser Beitrag wurde am 06.04.2010 um 22.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6218


Kommentar von Germanist, verfaßt am 06.04.2010 um 17.03 Uhr

Laut Südd. Zeitg. vom 6.4.2010 muß das Öftere eine Stadt in der Nähe von Schrobenhausen sein: "Die Schwestern haben den Stadtpfarrer des Öfteren gerufen, wenn sie nicht mehr weiterwussten. Herr Mixa ist dann gekommen ..."
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.04.2010 um 18.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6212


Von Sprachverfall kann man unter einem rein funktionalen Aspekt sicher nicht reden. Solange die Leute noch sagen können, was sie sagen wollen... (Schreiben können sie es dank der Rechtschreibreform nicht mehr unbedingt.) Die Frage ist aber doch, ob nicht die Deutschen mehr als andere Völker dabei sind, ihre Sprache aufzugeben. Man kann natürlich alles unter "Sprachwandel" subsumieren. – Latein kann übrigens als tote Sprache nicht mehr verfallen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.03.2010 um 11.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6182


Zu "Schauinsland"

Sie haben ja so recht, was die Qualität der Schulbücher angeht. Ist auch dies eine Entwicklung, die aus Amerika kommt? Ich denke da z.B. an gewisse Chemie-Lehrbücher (für die Hochschule), die uns mit bunten Bildchen erfreuen, die absolut nichts zum Erkenntnisgewinn beitragen. Hinzu kommen ziemlich ausführliche biographische Angaben über irgendwelche Wissenschaftler, die ich an dieser Stelle auch nicht lesen möchte.
Ein Beispiel aus den "Confessiones" des Augustinus in einer Kurzfassung für die Schule: Da stehen nebeneinander zwei Bildchen einer Familie, eines von Fr. Overbeck, das andere von Picasso. Beide Gemälde haben mit Augustinus (natürlich) nicht das geringste zu tun. Der Bearbeiter fragt: Welches der beiden Bilder passt besser zur Familie Augustins? Und schon kann das Geschwafel losgehen.
Oder die Kapitelüberschriften: Böse Babies – In den Fängen einer Sekte – Lasst uns Kommunisten werden! – Lebe wohl, meine Geliebte!

Eine Didaktik, die den Gegenstand "interessant" machen will, von dem sie von vornherein annimmt, daß er es per se nicht sei, bringt ihn schließlich zum Verschwinden.
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 25.03.2010 um 22.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6166


Main-Netz, 25. 1. 2010

Tanzmäuschen und gestählte Körper
Fastnacht: Mespelbrunner »Krachköize« feiern eine gelungene Premiere - Langer, aber kurzweiliger Abend

[...]

Nico Hegmann, ein vielversprechendes Talent in der Bütt, zog gekonnt das immer noch recht aktuelle Thema »Rechtschreibreform« durch den Kakao. Mit seinem Vortrag eifert er seinem größeren Bruder und seinem Vater nach. Sitzungspräsident Lars Waldmann kommentierte den Auftritt richtig: »Sogar viele Jahre nach der Reform, erfüllt es viele Lehrer mit Zorn.«

[...]


(www.main-netz.de)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.03.2010 um 11.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6150


Wenn ich all diese schrecklichen Erinnerungen an sadistische, prügelnde Lehrer lese, läuft es mir kalt den Rücken runter. Haben damals besonders veranlagte Menschen den Weg in den Lehrerberuf gewählt? – In meiner Volksschulzeit und auch später hatten wir es ja vielfach mit Kriegsteilnehmern zu tun. Unvergessen, wie ein Studienrat von den SS-Leuten als "bestem Menschenmaterial" sprach. Ich denke, die meisten haben ihre seelischen Wunden überdeckt, so gut sie konnten. Einer in der Mittelschule hatte seine gesamte Familie beim Bombenangriff auf Dresden verloren. Wir hatten es also sehr oft mit innerlich zerstörten Menschen zu tun. Eigentlich muß man sich wundern, daß sie überhaupt noch das Minimum an freundlicher Zuwendung aufbrachten, ohne das ein erfolgreicher Unterricht nicht möglich ist. Das "Militärische" kam ganz besonders im Sportunterricht zum Zuge und hat mir z.B. das Turnen auf immer vergällt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.03.2010 um 13.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6149


Wir Älteren haben sicher ganz unterschiedliche Erfahrungen mit körperlichen Strafen während unserer Schulzeit gemacht. Ich selbst entsinne mich eigentlich nur eines Erlebnisses, als ich (wahrscheinlich wegen "Schwatzens") mit einem Zeigestock auf den Rücken geschlagen wurde. Das war in der Volksschule, so um 1950. –
Wie Herr Ickler kam auch ich von einer kleinstädtischen Mittelschule in die Oberstufe eines großen Gymnasiums und hatte einen beträchtlichen Vorsprung in Mathematik. Das erklärt sich aber auch daraus, daß die Mittelschule auf einen Abschluß ausgerichtet war. Noch heute zehre ich von dem bis Klasse 10 Gelernten und staune, wie vielseitig das Angebot war: Maschinenschreiben, Werken, sog. Technisches Zeichnen u.a.m. Auch wurde Latein angeboten für diejenigen, die später zum Gymnasium wechseln wollten. Schon damals ging es zumindest an den weiterführenden Schulen ausgeprochen zivil zu. An die meisten Lehrer erinnere ich mich gern und mit Hochachtung.
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Dieser Beitrag wurde am 16.03.2010 um 16.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6145


Kommentar von M. Schuchardt, verfaßt am 16.03.2010 um 15.11 Uhr

Sehr geehrter Germanist,

ich weiß nicht, warum Sie das Thema nach so langer Zeit nochmals wiederbeleben. Ich vermute, daß es was mit dem Film über Hypathia zu tun hat. Obwohl es nicht zum Thema gehört, möchte ich doch nicht, daß Ihre Behauptungen unwidersprochen bleiben. Ich weiß nicht, welches Wissen Sie persönlich über das Thema haben. Mir selbst ist es nur als Tatsache bekannt. Die Ursachen waren mir unbekannt.

Ich halte den Film für eine antichristliche Hetze. Bei einem gleichartigen Thema, nur mit Frontstellung zum Islam, wäre er vermutlich verboten worden. Oder man hätte die Kinos aus "Sicherheitsgründen" von einem solchen Film "befreit". Soweit meine Polemik.

Nun habe ich nur mal ein bißchen im Internet gesucht. Ich bin überzeugt, daß man noch mehr dazu sagen könnte. Natürlich bin ich bei Wikipedia fündig geworden. Dort findet sich das, was Sie behaupten.

Suchen Sie bitte im Internet nach "Exkurs: Die Bibliothek von Alexandria (Museion)", dann finden Sie einen Artikel von der Universität Bern, den ich allemal für relevanter halte. Darin ist von einem "christlichen Pöbel" keine Rede, obwohl es ihn in der Geschichte leider sehr oft gegeben hat. Aber den Pöbel wird es immer geben, auch wenn man das Christentum beseitigt.


Kommentar von Germanist, verfaßt am 15.03.2010 um 17.53 Uhr

Die bedeutendste Bücherverbrennung war die Vernichtung der berühmten Bibliothek von Alexandria durch den christlichen Pöbel, der alles, was er nicht verstand, als Magie bezeichnete. (Abgebrannt sind die laut Zeugenaussagen schon leeren Gebäude erst lange danach.) Später wurde das den islamischen Eroberern in die Schuhe geschoben, die jedoch im Gegensatz zu den frühen Christen am griechischen Wissen äußerst interessiert waren und es wiederentdeckten und retteten. (Dem entspricht die Erfindung einer Heiligen Katharina von Alexandrien, deren Mätyrertod durch die Heiden die Erinnerung an die Ermordung der [heidnischen und unverheirateten] Wissenschaftlerin Hypatia von Alexandia durch den christlichen Pöbel überdecken sollte.) Dadurch wurde Europa für Jahrhunderte analphabetisiert und unwissend.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.02.2010 um 11.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6072


Anscheinend haben wir in Fräulein Hegemann ein ziemlich normales, vielleicht ein wenig frühreifes, auch geltungsbedürftiges, junges Mädchen vor uns, das nach dem Genuß diverser literarischer und anderer Produkte sich sagte: "Mensch, toll, das probiere ich auch mal!" So geht oder ging es wenigstens zu meiner Zeit vielen Jugendlichen. Da mischt sich dann Eigenes mit Fremdem, ohne daß der Verfasserin die Grenze immer deutlich sichtbar gewesen sein mag. Ich glaube insofern auch gar nicht an einen bewußt vollzogenen Diebstahl. Allerdings habe ich eine unbestimmte Ahnung, daß die Autorin womöglich nicht einmal die entstandene Reste-Suppe selbst angerührt hat.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.02.2010 um 19.52 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6058


Was heißt hier Verdacht?

Lese-, Rechtschreib- oder Rechenschwäche offenbaren sich unzweideutig. Da braucht es nicht erst einen Verdacht. – Aber neuerdings sind das ja alles Krankeitsbilder. Und mal ehrlich: Legasthenie, Dyskalkulie... das klingt irgendwie beruhigend. – W. Schneider schrieb einmal, daß ein Arzt auf seine Frage, warum das Kind nicht geatmet habe, antwortete, es sei asphyktisch gewesen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 12.02.2010 um 09.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#6045


Zum "Absentiv"

Bei dem Dialog "Wo ist Fritz?" – "Fritz ist einkaufen." enthält nicht nur die Antwort keine Ortsangabe, sondern es wird auch gar nicht nach dem Aufenthaltsort von F. gefragt. Der Sinn der Frage ist vielmehr: Warum ist Fritz nicht da? Evtl. auch: Was macht F. gerade? Die Abwesenheit der besprochenen Person wird vorausgesetzt.

Letzteres gilt auch für Aussagen ohne vorangehende Frage: Ich war Hecke schneiden, als der Postbote kam. (abwesend) – Ich war am Heckeschneiden, als der Postbote kam. (anwesend)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.01.2010 um 09.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5953


dessen – stattdessen – statt dessen

1. Getrenntschreibung:
Meinem Sprachgefühl nach hat dessen seinen Charakter als Personalpronomen weitgehend verloren. Ich selbst würde es nur noch als Possessivpronomen gebrauchen.
Ansonsten würde ich statt mit seiner/ihrer verbinden.

2. Zusammenschreibung:
stattdessen ist für mich ein Adverbiale, das sich auf den ganzen vorhergehenden Satz oder Sachverhalt bezieht.

Beispiele: Die Kanzlerin erschien nicht, statt ihrer kam der Außenminister
Auch möglich: Stattdessen kam der Außenminister (würde ich sprachlich als nicht so präzise empfinden) / stattdessen schickte sie einen Brief.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.01.2010 um 08.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5929


Lieber Herr Roth, wir könnten hier lang und breit über den sogenannten Klimaschutz diskutieren. Es beginnt schon damit, wie Sie ganz richtig feststellen, daß gar nicht klar ist, was da geschützt werden soll. Diese begriffliche Unsauberkeit rückt die Klimadebatte ein wenig in die Nähe der Rechtschreibreform und ihrer Verfechter. Und insofern ist das Thema hier eben doch nicht ganz fehl am Platze. – Im übrigen: noch ein, zwei Winter wie diesen hintereinander, und es wird sehr still um den "Klimawandel" werden...
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 20.01.2010 um 23.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5927


Klimaschutz
Die Duden-Suche liefert folgende Erklärung:

Gesamtheit der Maßnahmen zum Schutz des Klimas.

Nun ist aber „Klima“ ein Zustand der Vergangenheit. Ein zukünftiges gibt es eigentlich (noch) nicht. Das Klima ist nichts anderes als das gewesene Wetter. Über einen längeren Zeitraum, man spricht von mindestens 30 Jahren, werden Erhebungen über die jeweils in einer „Klimazone“ herrschenden (besser: geherrscht habenden) Wetterbedingungen wie Niederschlag, Temperaturen usw. gemacht und zu einem Gesamtbild, dem Klima, gefügt.
Grundlage sind also Messungen.
Demnach müßte die Menschheit , wenn sie das Klima schützen will, zuerst einmal das Wetter schützen. Wie das gehen soll, kann ich mir nicht vorstellen.
So wenig wie mir jemand sagen kann, ob es in einem Monat, am 20.2.2010, regnen, schneien oder stürmen wird, und ob ich dann einen Regenmantel, den Eiskratzer für mein Auto oder besser Mütze statt Hut brauche, so wenig kann mir jemand, diese Unbekannten für 30 Jahre multipliziert, das Klima voraussagen.

Ganz nebenbei ist Wetter-Schutz etwas, womit ich mich vor dessen Unbilden schütze, also warme Handschuhe gegen kalte Finger, ein Schirm gegen Regen, Creme als Sonnenschutz. Beim Klimaschutz ist es per definitionem gerade umgekehrt. Nicht ich, sondern das Klima soll geschützt werden. Da aber doch das Klima eigentlich das Wetter ist, verstehe ich jetzt gar nichts mehr.

Oh weh, jetzt hab´ ich mich wohl ins Feuilleton verirrt...

...aus dem ich durch diese Meldung wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werde:

Die ARD-Tagesschau berichtet:

Die 2007 veröffentlichte Prognose, wonach die Gletscher [des Himalaya] bis 2035 größtenteils verschwunden sein könnten, habe auf nur mangelhaft belegten Schätzungen beruht, erklärte der IPCC in Genf.

http://www.tagesschau.de/ausland/klimawandel/weltklimarat102.html
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2010 um 19.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5886


Auch einen Beitrag zum Klimaschutz leistet hier ein großes Möbelhaus:

COOL WOHNEN

prangt in riesigen Lettern.
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2010 um 16.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5885


Es ist wohl eine Variante der Astrologie. Die FAZ bekleckert sich hier nicht mit Ruhm, indem sie diese "Wahrsagungen" unkritisch verbreitet. Tja, lieber Kratzbaum, wenn man an Astrologie, Erdstrahlen, Wasseradern, Feng Shui usw. glaubt, dann möchte ich meinen, es bleibt nichts mehr übrig, was man noch selbst bestimmen kann. Nebenbei: wie standen denn die Sterne, als die RSR beschlossen wurde?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 12.01.2010 um 16.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5883


Das Witzige an diesen Biowetter-Verlautbarungen (die allesamt als Tatsachen, nicht etwa als Möglichkeiten formuliert sind) ist, daß der arme Teufel, der schon an Rheuma, Bronchitis usw. leidet, es extra noch einmal in der Zeitung liest. Aber wenigstens ist er dann nicht allein. – Umgekehrt könnte der Gesunde sich regelrecht ins Abseits gestellt fühlen, erfüllt er doch sozusagen nicht die der Jahreszeit geschuldete Norm.
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2010 um 15.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5882


Autogenes Training würde den Redakteuren der FAZ guttun. Das hilft vielleicht auch gegen die "für die Jahreszeit" zu große Kälte. Einfach entspannen und dabei denken "mir ist ganz warm, meine Hände sind warm, mein Bauch ist warm...". Das wäre überhaupt die Lösung für den Klimaschutz. Einfach alle Heizungen abschalten und die Leute stattdessen zum kostenlosen autogenen Training schicken.

Und gegen die RSR-Beschwerden hätte ich auch eine Suggestivformel: je mehr ich die Reform verwende, desto weniger Fehler mache ich. Oder für Lehrer: die Fehler meiner Schüler sehe ich überhaupt nicht mehr.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 12.01.2010 um 14.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5881


Noch zu "Biowetter"

Das Schöne an dieser Rubrik, die ich im übrigen für völlig überflüssig halte, ist, daß man sie für jede Wetterlage nur einmal und dann nie wieder zu lesen braucht. – Doch Halt! Neulich schrieb die FAZ tatsächlich "Wir schlafen gut und sind leistungsfähig". Und da dachte ich bei mir: Schön für euch, aber was geht mich das an?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.01.2010 um 21.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5853


In der Zeitung lese ich, daß ein Meteorologe feststellt, für die Jahreszeit sei es zu kalt. – Da es im Frühling, Sommer und Herbst normalerweise auch nicht so kalt wie zur Zeit ist, ist wohl Kälte neuerdings ganz verboten. Warum auch nicht, da doch die Erderwärmung auch schon durch politischen Beschluß begrenzt wurde.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.01.2010 um 21.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5819


Nachdem ich nun mit Genuß und Belehrung die Rezension von Paul Dräger zu Schrotts Buch gelesen habe, drängt sich mir als Fazit der Eindruck auf: Das ist doch Erich v. Däniken Nr.2 !
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.12.2009 um 20.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5790


Lies das Richtige!

Beim "Biowetter" hat man die Wahl. Die FAZ bietet heute z.B. folgendes:

Kopfschmerzen, Migräne, hoher Blutdruck. Auch Stimmungsschwankungen seien keine Seltenheit. Und ein guter Rat: Der Körper sollte entsprechend warm gehalten (Rechtschreibung geschenkt) werden. Das beuge dem Auskühlen vor... Na sowas!

Vor all den Gefahren sucht man am besten Zuflucht bei der Ostfriesen-Zeitung:
Zur Zeit herrscht kein ungünstiger Wettereinfluss. Es werden keine Beschwerden verursacht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.12.2009 um 08.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5704


Und nicht zu vergessen Chr. Morgenstern: Die Möwen sehen alle aus... (Manesse-Verlag, 1985)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.11.2009 um 20.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5678


Vorhin habe ich mich mit dem Vater eines Drittkläßlers unterhalten. Erst sagte mir der Kleine auf Befragen, daß er nicht gern zur Schule gehe. Dann bemerkte der Vater, er könne seinem Sohn leider nicht beim Erlernen der Rechtschreibung helfen, da er sie in ihrer reformierten Fassung nicht beherrsche. (Mit der Vereinfachten Ausgangsschrift geht es ihm genauso.) Aber zurückzunehmen sei sie wohl nicht mehr, da gebe es ja einen Staatsvertrag zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz. – Da sieht man, wie die Saat der Lüge und Indoktrination aufgegangen ist.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 25.11.2009 um 18.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5655


Von Sauerstoffflaschen und Nussstrudeln

15 Jahre Rechtschreibreform.

Wie schreibt man was?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.11.2009 um 12.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5654


So stimmt's wieder

Der Schreiber des Artikels in der "Südostschweiz" hätte statt "obwohl" nur "weil" zu schreiben brauchen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.11.2009 um 12.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5644


Wen wundert's?

Gerade lese ich, daß vom letzten DUDEN bis jetzt 100 000 Exemplare weniger verkauft worden sind, als veranschlagt.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 04.11.2009 um 12.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5551


"Angesichts der Machtverhältnisse ..."

... könnte man nun auch der Bundeskanzlerin und ihren Mitstreitern in Sachen Opel zurufen. Ein betrübliches, aber auch befreiendes Beispiel von Fehleinschätzung der Lage und Selbstüberschätzung, was die eigene Verhandlungsstärke angeht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.11.2009 um 21.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5524


"Pronuntiatur..."

Da steht nun der einsame Genitiv "sermonis" in der Gegend und weiß nicht wohin. Gesellen wir ihm ein "pronuntiatio" bei, so verschwindet auch das subjektlose Passiv, und wir haben einen Satz aus dem "Lateinischen" ins Lateinische übersetzt.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 01.11.2009 um 22.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5521


Was es mit der Kundenfreundlichkeit der Finanzämter auf sich hat, hat mir einmal der Direktor einer solchen Einrichtung erläutert, mit dem ich anläßlich seiner Amtseinführung beruflich zu tun hatte. Auf meine Bemerkung hin, daß ich die alljährlichen Drohbriefe seiner Behörde idiotisch finde, weil sich am Ende immer herausstellte, daß ich nicht etwa eine Steuerschuld zu begleichen, sondern vielmehr Anspruch auf eine Rückzahlung hatte, erklärte er, dies eben sei der Service des Finanzamtes: dafür zu sorgen, daß ich dem Staat nicht länger als nötig einen zinslosen Kredit zur Verfügung stelle. Da mußte ich ihm recht geben.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.11.2009 um 19.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5518


Zu "Kunde"...

Bei all diesen Umbenennungen geht es ohne Ausnahme um die Verschleierung der Machtverhältnisse. Man versuche nur einmal bei einer Behörde als wirklicher Kunde aufzutreten. - Besonders schön (im Dienste der zeitgemäßen Konfliktscheu) ist es auch, wenn aus dem früheren "Unfallgegner" ein "Unfallpartner" wird. Letzterer käme eigentlich nur bei einem geplanten Versicherungsbetrug in Betracht.
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Ruth Salber-Buchmüller
Mülheim-Ruhr

Dieser Beitrag wurde am 01.11.2009 um 13.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5515


Auch am 31.10. in der WAZ auf der Titelseite:

"In Deutschland ist erstmals eine Frau
allein an der sogenannten Schweinegrippe gestorben."
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 01.11.2009 um 07.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5514


Überschrift in FAZ.Net von heute:

"Frau stirbt erstmals allein an Folgen der Schweinegrippe"

Woran ist sie denn vorher noch gestorben?
Oder ist sie vorher nur in Gesellschaft gestorben?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.10.2009 um 21.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5504


Ein Vorsatz

Ab sofort keine Zeitungsnotizen mehr lesen, in denen die Wörter "Studie" und "Forscher" vorkommen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.10.2009 um 18.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5491


Noch ein Beispiel zu Firmennamen

Vor Jahren hatte irgendeine Werbeagentur der Firma Beiersdorf eingeredet, sie müsse ihren guten alten Namen "modernisieren" und sich hinfort nur noch BDF nennen. In den Anzeigen stand dann tatsächlich "weil wir weder vom Dorf, noch aus Bayern sind" oder so ähnlich. Man staunt, was seriöse Firmen mit sich anstellen lassen. – Aber auch die Rechtschreibreform liefert ja genügend Beispiele von Selbst- und Ehrvergessenheit.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.10.2009 um 18.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5479


Ich denke, die haßerfüllten Reaktionen der Jounalisten sind einfach darauf zurückzuführen, daß sie sehr bald merkten, daß sie auf einen Bubenstreich hereingefallen waren, sich der Obrigkeit (ohne Not) unterworfen hatten und schließlich das Schlechte und Mißlungene auch noch gut finden mußten. Solch ein Sündenfall und Totalversagen trübt gewaltig das ach so schöne und hehre Selbstbild der Zunft.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.10.2009 um 23.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5429


"Zieht euch warm an! – Wir werden euch gehörig einheizen."
(Steinmeier zur künftigen Koalitionsregierung)

Da stimmt doch was nicht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.09.2009 um 10.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5417


So ist es Brauch

Nach dem Protokoll spricht jeder Politiker grundsätzlich in seiner Landessprache, jedenfalls bei offiziellen Kontakten mit dem Ausland. Z.B. dürfte Frau Merkel mit Putin, außer unter vier Augen, nicht Russisch sprechen, obwohl sie es beherrscht. Auch darin drückt sich eben die Souveränität eines Staates aus.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.09.2009 um 14.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5413


Lieber Herr Ickler, das stimmt schon mit dem Verhalten in isotoner und hyper- bzw. hypotoner Lösung. Aber die Zellwand ist nicht semipermeabel, das ist nur der Zytoplast. Die ZW ist permeabel.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 26.09.2009 um 20.11 Uhr eingetragen.
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Selbstverständlich ist die Lise ein Musterfall einer reformgeschädigten Schulabgängerin und gewiß nicht besonders dumm oder rechtschreibschwach. Jetzt ist sie 19, war also 1996 sechs Jahre alt und somit von Anfang an der Reform ausgesetzt. Es ist nun eine Generation herangewachsen, die von den Segnungen der neuen Orthographie (Erleichterungen! Logik!) voll "profitiert". Wer die Jugend verdorben und mißbraucht hat, brauchen wir nicht lange zu fragen: Es sind diejenigen, die eigentlich zu ihrer Pflege und Bildung berufen wären.
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 25.09.2009 um 13.19 Uhr eingetragen.
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Dazu paßte auch die Wettervorhersage, die ich letztens hier im Hessischen Rundfunk hörte:

Die Temperaturen erwärmen sich auf X Grad.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.09.2009 um 12.17 Uhr eingetragen.
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Leicht faßbar

Ist ja klar: die Abgase kommen warm aus dem Auspuff und dem Schornstein. Und darum wird "das Klima" immer wärmer...

Das Wetter auf der ganzen Welt nennt man also Klima. Wie geht das?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.09.2009 um 21.57 Uhr eingetragen.
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Gerade lese ich, daß "jeder 60. Wahlberechtigte" an Demenz leidet.

Da heißt es mitzählen, damit man nicht beim Verlassen des Wahllokals mit unangenehmen Fragen behelligt wird...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.09.2009 um 07.35 Uhr eingetragen.
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Genus

Je weiter entfernt eine Sprache von der eigenen ist, desto schwieriger wird die Erfassung und Klassifizierung grammatischer Eigenheiten. Es drängt sich fast unweigerlich die vertraute Begrifflichkeit und Terminologie auf. Das gilt bereits innerhalb der indogermanischen Sprachen, wo die Grammatik des Lateinischen z. B. in der des Deutschen aufscheint. Ich spreche von der Grammatik als Theorie und Lehre.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.09.2009 um 19.47 Uhr eingetragen.
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Ungeahnte Möglichkeiten

Wer einmal vom Wahn der "Geschlechtergerechtigkeit" ergriffen wurde, für den gibt es schier unendliche Betätigungsfelder. Die Verurteilung ( und Mißdeutung) des unschuldigen genus verbi ist nur ein Beispiel.

Weitere Vorschläge:

In Elektronik-Versandkatalogen wird immer noch ganz unbefangen von male und female cinch gesprochen.

Das bekannte Merksprüchlein betr. Stalagmiten und Stalagtiten gehört auch dringend entsorgt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.09.2009 um 16.10 Uhr eingetragen.
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Verräterisch

Welchen Begriff muß man von Rechtschreibung und Sprache überhaupt haben, um sie "betreut" zu sehen? Dazu noch von einer solchen Institution. - Hier paßt ganz gut die bekannte Definition: Betreuung ist diejenige Art von Bevormundung, für die der Bevormundete auch noch dankbar zu sein hat.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.09.2009 um 22.45 Uhr eingetragen.
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Was mich schon seit längerem wundert

Eigentlich müßten sich angesichts der nach wie vor häufigen und heftigen Kritik an der Reform doch deren Urheber, also z.B. die Mitglieder des Wiener Arbeitskreises, zu Wort melden und ihr Produkt verteidigen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.08.2009 um 09.01 Uhr eingetragen.
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Zum Thema Provinzialität

Die Vorstellung, ein auch von meinen Steuern alimentierter Haushaltsausschuß befasse sich mit der Frage, ob der Chef der Deutschen Bank sich ein Abendessen bei Frau Merkel quasi erschnorrt hat, ist schon nicht mehr komisch. – Erfreulich, daß die Deutsche Bank sich nicht herbeiläßt, auf solch einen Irrsinn zu reagieren.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 25.08.2009 um 00.06 Uhr eingetragen.
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Lieber Kratzbaum, Sie erinnern sich richtig, und ich erinnere mich, daß nach dem Duden der 50er Jahre, wo ich also schreiben lernte, "wieviel" zusammen, aber "wie viele" auseinander geschrieben wurde. Österreichisch war dabei jedoch auch "wie viel" richtig. (Die interrogative Ordinalzahl "wievielte' wurde jedoch auch in Österreich nur so geschrieben.) Zum Grund dafür: Sobald "viel" eine Endung hat, fasse ich es (wohl zu Recht) als eigenständiges Wort auf (der Duden damals: "wieviel Personen [mit Betonung auf "wie-"]; wie viele Personen; [...]").

Auseinanderschreibung wäre mit dem parallelen "soviel / so viel, wieweit / wie weit, sobald / so bald" zu begründen; aber ich kann verstehen, warum der Duden das damals für Deutschland und die Schweiz bei "wieviel" ganz bewußt übersah. Bei besonderer Betonung und deutlicher Aussprache als zwei Wörter, z. B. bei "Mann, wie *viel* der weiß!", würde auch ich das in zwei Wörtern schreiben. Aber bis eben habe diesen Ausruf noch nie aufschreiben müssen. —

Zur Tiefebene bei Ihnen: Wußten Sie, daß der mächtige Mississippi, der ja aus meiner Gegend hier kommt, gerade mal ein Gefälle von 450 m hat? So hoch hinaus sind wir hier nun wieder auch nicht.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 24.08.2009 um 23.28 Uhr eingetragen.
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Auseinander oder zusammen, das gibt nun mal nur zwei Möglichkeiten.
Wie soll man denn einen dritten Sinn schreiben?

1. wieviele = welche Anzahl
2. wie viele = was für eine große Menge
3. wie viele = auf die gleiche Weise, wie zahlreiche ... / auf welche Weise viele ...

1. entspricht nicht dem undeformierten Duden, aber ich fände diese Schreibweise auch (wie Kratzbaum) besser, analog zu wieviel.
Aber ob nun bei den Hochschullehrern 2. oder 3. gemeint war - ich denke auch, 2. - man hat ja gar keine Möglichkeit, noch anders zu schreiben. Die Zusammenschreibung wie in 1. fände ich in dem Fall nicht gut, denn die konkrete Anzahl war ja auch nicht gemeint.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.08.2009 um 19.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5276


Lieber Herr Ludwig, ich glaube mich zu erinnern, daß Sie "wieviel" zusammen, "wie viele" aber getrennt schreiben. Den Grund dafür vermag ich nicht zu erkennen. Mit freundlichen Grüßen aus der Tiefebene
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.08.2009 um 21.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5271


Zur Frage von Frau v. Thiel (97#5270)

"Bei Verwendung von frischem Broccoli" ist äquivalent dem Konditionalsatz "Wenn man frischen Broccoli verwendet,..." Vielleicht meint der Schreiber, das Komma müsse weiterhin stehen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.08.2009 um 15.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5209


Aha-Erlebnis

Ich wußte bisher ja gar nicht, wieviel ("virtuelles") Wasser in einer Tasse Kaffee enthalten ist. Also darum schmeckt er in manchen Etablissements so dünn...ganz real.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.07.2009 um 21.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5195


Das mit der Kinderlosigkeit und der Geburtenrate kam mir zuerst auch spaßig vor, als ich es heute im DLF hörte. Aber dann dachte ich mir, daß es wohl so gemeint sei: Die Leute haben nicht nur weniger Kinder, sondern häufig überhaupt keine mehr. Und letzteres schlägt eben voll auf die Geburtenrate durch. Kann man das so als sinnvoll gelten lassen?

Aber echt lustig war die Befürchtung eines "Suchtexperten", daß nun, da in Freiburg auf öffentlichen Plätzen wieder Alkohol konsumiert werden darf, die Leute denken könnten, nun dürfe man wieder Alkohol trinken.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.07.2009 um 13.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5184


Was nun?

In der Studiophotographie gebraucht man schwarze Stellwände, sog. "Neger", zum "Abnegern", wenn man z.B. Glasgefäße photographieren will. – Soll man nun in Zukunft sagen: "Stell doch mal einen Schwarzafrikaner auf" ?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.07.2009 um 09.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5152


Lachnummern

Wir begrenzen die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius

Die Renten werden niemals gekürzt

Die Reform hat das Erlernen der Rechtschreibung leichter gemacht
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.07.2009 um 18.05 Uhr eingetragen.
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Man darf ohne weiteres glauben, daß Schüler wie Lehrer mit der Rechtschreibreform nie ein Problem hatten. - Was die Schülerseite angeht, erinnert mich das wieder an den schon mal zitierten Dialog Lehrerin-Schüler:

- Fritzchen, Du machst so furchtbar viele Rechtschreibfehler. Schlag doch nach, wenn Du im Zweifel bist.

- Ich bin nie im Zweifel.

Aber im Ernst: Es wäre reizvoll, einmal die Gründe dieser Problemlosigkeit zu versammeln.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 08.07.2009 um 13.58 Uhr eingetragen.
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Das leuchtet mir aber trotzdem noch nicht ein. Der Unterschied zwischen in und im liegt ja nicht im Dativ, sondern darin, daß bei in der bestimmte Artikel fehlt.
Früher in der DDR war man immer gut beraten, in der Einleitung aller möglichen Texte die Standardformulierung "in Auswertung der Beschlüsse des x. Parteitages" zu verwenden. Aber dieses in ohne Artikel ist natürlich keine Erfindung der DDR, es wurde und wird allgemein verwendet, wie die folgenden bekannten Beispiele zeigen:
in Auswertung, in Vorbereitung, in Wahrnehmung, in Bezug auf, ... Sie klingen abstrakter als mit dem best. Artikel, es entsteht wohl ein ähnlicher Effekt wie bei Kleinschreibung: der adverbiale Charakter der Wendung wird betont.
Aber immer bleibt das Substantiv bestehen. Warum geht die Eigenschaft als Substantiv ausgerechnet bei in bezug auf verloren? bezug kann ich einfach nicht als andere Wortart erkennen, ich habe da keine Wahl, so wie bei das Kurze/kurze, und bezug ist hier auch kein Verbzusatz (wie kopfstehen, ich stehe kopf).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.07.2009 um 11.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5145


Sehr geehrter Herr Riemer, in der Wendung "in bezug auf" ist bezug/Bezug meinem Empfinden nach kein Substantiv mehr. Vgl. "im Bezug auf" / "mit Bezug auf". Da ist Bezug ein Substantiv im Dativ. "in bezug auf" ist womöglich einfach eine etwas gespreizte Formulierung anstelle von "bezogen auf" (Kanzleideutsch?)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.07.2009 um 09.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5127


Wer soll denn die Presse "kontrollieren"? Und wie soll das gehen? Dazu müßte eine Öffentlichkeit hergestellt werden - neben der Presse und ihren Organen. Gerade am Beispiel der Rechtschreibreform hat sich doch gezeigt, wie wirkungsvoll Verschweigen und Nichtbefassen der Zeitungen die Kritik lahmgelegt haben. Die Pressefreiheit ist eben auch eine Narrenfreiheit, sprich letztlich Verantwortungslosigkeit. Käuferschwund hat sie jedenfalls in dieser Hinsicht am wenigsten zu fürchten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.06.2009 um 17.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5118


Das war eben das juristische Neuland...

Das Bundesverfassungsgericht konnte gar nicht anders. Im Grundgesetz findet sich nichts über die deutsche Rechtschreibung und eine allfällige Regelungskompetenz. Die Beschwerde ging ja darauf hin, daß das Erziehungrecht der Eltern verletzt würde. Das Gericht hat dies verneint, um alsbald weitschweifig und wenig sachkundig über die Sprache im allgemeinen zu - man muß schon sagen: - schwadronieren. Es hat insofern freischwebend neues Verfassungsrecht geschaffen. Dazu paßt genau, daß es ein Urteil fällte, obwohl die Antragssteller ihre Beschwerde aus den bekannten Gründen zurückgezogen hatten. Einmal kreativ geworden, gab es kein Halten mehr.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.06.2009 um 13.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5064


Von der zweifachen Wurzel des Übels

Mir scheinen vor allem zwei Ursachen für die im Vergleich zu früher bis zur Unverständlichkeit und wortreichen Hohlheit aufgeblähten Rahmenrichtlinien und Abiturvorschriften von Bedeutung zu sein.

1. Die Schule spielt Mini-Universität. Folge: Die Universität muß die großen Lücken an elementaren Kenntnissen füllen, um die Abiturienten überhaupt studierfähig zu machen. Z.B. sollte man mal Chemie-Leistungskursler nach ganz simplen Reaktionen fragen. Da würde man sein blaues Wunder erleben.

2. Der Aspekt der Leistungsbewertung ist grotesk hypertroph geworden. Dabei weiß jeder erfahrene Lehrer nach einmaligem Durchlesen einer Arbeit, wie sie zu benoten ist. (Ja, aber vor dem Verwaltungsgericht... ?)
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 06.06.2009 um 18.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5062


Zur Unterscheidung zwischen der Wirklichkeit (Kratzbaum) und dem Ideal (Horst Ludwig) lohnt es in jedem Fall, noch einmal Schillers Gedicht "Das Ideal und das Leben" nachzulesen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 06.06.2009 um 17.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5061


Ich möchte nicht nur sagen, — ich sage aufgrund von Beobachtung und aus Erfahrung, daß es ein politisch abgekartetes Spiel ist. Kratzbaum, Sie sprachen in Ihrem Beitrag von dem, was ist. Ich spreche in meinem von dem, wie's das Ideal ist und dem ich mich mit meiner Arbeit widme. Als ich hier mal im Lehrer-Umkleideraum in unserem (wirklich klasse) Sportzentrum die Frage stellte, was denn bei uns noch "liberal arts education" sei, bekam ich nur Lachen als Antwort. Auch bei uns wäre also interessant, "einmal nachzuspüren, was an psychologischen, soziologischen und bald wohl auch neurobiologischen Theorien den Weg in Lehrpläne und Prüfungsrichtlinien findet und in welcher Gestalt es dort ankommt." Aber statt dessen lachen wir nur hin (um den letzten Satz in Büchners *Lenz* etwas abzuwandeln und damit zu zeigen, daß die traditionelle *liberal arts*-Bildung bei uns wenigstens sporadisch noch zu bemerken ist, und sei's nur im Lehrer-Umkleideraum. ["Lehrer" ist hier nicht allgemein zu verstehen; es ist rein mask.! Denn über mehr kann ich — gebranntes Kind! — meine Hand nicht ins Feuer legen]).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.06.2009 um 19.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5059


Lieber Herr Ludwig, da haben Sie so viel Kluges und Schönes gesagt ( z.B. :Lernen fürs Abitur bewegt den Geist) Ich will das Bemühen der Schüler auch gar nicht herabsetzen, sie merken es nicht einmal, daß sie Figuren in einem - ich möchte beinahe sagen: abgekarteten - Spiel sind. Aber die EPAS sprechen eine deutliche Sprache. - Interessant wäre, einmal nachzuspüren, was an psychologischen, soziologischen und bald wohl auch neurobiologischen Theorien den Weg in Lehrpläne und Prüfungsrichtlinien findet und in welcher Gestalt es dort ankommt. -
Auch von hier, aus der tiefsten Provinz freundliche Grüße
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 05.06.2009 um 15.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5058


"Sehr unwahrscheinlich ist allerdings, daß er je wieder einen Nutzen von dem haben wird, was er fürs Abitur gelernt und dort abgeliefert hat." Das mag schon sein. Ich sehe die Sache jedoch etwas anders: Sehr wahrscheinlich ist nämlich, daß er einen Nutzen davon haben wird, *daß* er etwas fürs Abitur gelernt und dort abgeliefert hat. Daß jemand nämlich dabei auch z. B. für einen 3000-m-Lauf übt, körperlich und mental sachgerecht, obwohl er nach dem Abitur nur auf einen Porsche hin studiert und den sich auch später kauft und nie wieder 3000 Meter läuft, ist nicht unbedingt nutzlos und er hört — noch später — seinem Arzt vielleicht mit größerem Verständnis zu und trägt vielleicht so sogar zur Volksgesundheit bei und verliert beim BMW-Fahren vielleicht nicht plötzlich das Bewußtsein, was in dem Moment uns allen gefährlich sein könnte.

Daß das Lernen fürs Abitur den Geist bewegt — und zwar systematisch bewegt —, wie er vielleicht später im Leben beim Betroffenen nie wieder bewegt wird, darin liegt der Nährwert solch einer Arbeit. Daß jedoch die Bildung mit Hilfe der traditionellen freien Künste auch inhaltlich eine gute Menge zu einer guten Entwicklung des Heranwachsenden beitragen, das steht für mich auch außer Frage. Sie verstehen mich richtig, nicht wahr: Ich schätze bei diesem kulturellen Prozeß die fleißige Beschäftigung mit Mathematik weit höher ein als die mit Schach. Aber ich bin auch fürs Schachspiel. Und ich bin auch für die Schule des Lebens. Die ist ebenfalls eine gute Schule und auf keinen Fall zu verachten! Noch zum "hochgradig ritualisiert": Was vom Wesentlichen ist denn im Leben des Menschen letztlich nicht ritualisiert? Aber das ist kein Argument gegen Kratzbaums eigentlich richtige Beobachtung zum homo ludens, im Gegenteil. — Mit besten Grüßen Ihr hinterwäldlicher Idealist Horst Ludwig
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.06.2009 um 09.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5057


Spielgeld

Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß ein Mensch später noch einmal wird gebrauchen können, was er in seiner Schulzeit gelernt hat. Sehr unwahrscheinlich ist allerdings, daß er je wieder einen Nutzen von dem haben wird, was er fürs Abitur gelernt und dort abgeliefert hat.- Der ungebrochene Glaube an eine irgendwie herzustellende Objektivität in der Leistungsbewertung hat durchaus wahnhafte Züge. Hochgradig ritualisiert das alles.
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K. Bochem
Köln

Dieser Beitrag wurde am 02.06.2009 um 17.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#5050


"Da weiß man, was man hat" oder Aufmacher am Wochenende

... wie es in der Persilwerbung der sechziger Jahre hieß.Dies hier hat zwar nicht direkt mit der Rechtschreibung zu tun, aber immerhin mit unseren Schreibmedien und ihren Entscheidungen. Das fiel mir am Pfingstwochenende auf:

Die Süddeutsche titelt an Pfingsten schön bunt "Rätsel Rosa Luxemburg" mit Informationen über Luxemburgs angebliches Grab,
die Frankfurter Allgemeine schwarzweiß "Zungen zerteilt wie von Feuer" mit Kurzinformationen zum Fest,
der Kölner Stadt-Anzeiger strahlend blau "Unendlich blau" mit Informationen über das Wetter an Pfingsten.

Satire kann wohl die Realität nicht wirklich einholen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.05.2009 um 14.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4970


Hoffnungsvoll

Eine Volksabstimmung über die Rechtschreibung wird es in der Schweiz nicht geben. Aber es ist schwer vorstellbar, daß die Schule gegen die Gesellschaft in Stellung gebracht wird, wie es bei uns geschehen ist. Wenn die führenden Publikationsorgane sich verweigern, werden die amtlichen Stellen nicht anders können, als zumindest eine stillschweigende Duldung zu empfehlen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.05.2009 um 14.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4965


Beharrungsvermögen

Man hat sowieso öfter den Eindruck, daß Ämter und Behörden ganz besonders an frühen Versionen der Reform festhalten. Keine Lust, ständig umzulernen, offenbar. Und was mal amtlich war, bleibt es eben.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.05.2009 um 22.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4962


Deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang...

Wie so oft ist die vermeintliche Wohltat eigentlich eine Herabwürdigung. Indem man das Fräulein zur Frau machte, wurde unterstellt, daß die verheiratete Frau einen höheren Status besitze. In anderen Kulturen ist es gerade umgekehrt, z.B. die Anrede Mademoiselle ein Kompliment für jugendliches Aussehen. Eine amerikanische Filmschauspielerin bleibt immer Miss X.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.05.2009 um 09.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4928


Es ging auch ohne

Ich spreche ja als Seiteneinsteiger pro domo. Jedenfalls habe ich die schulpraktische Prüfung mit "gut" bestanden. Mein Unterricht war immer ergebnisorientiert, die Abschlußprüfungen brachten hervorragende Ergebnisse. Ich kann aber gut verstehen, daß diejenigen, die sich der Mühe einer Vorbereitungszeit (oft verbunden mit persönlich erniedrigenden Erfahrungen) unterzogen haben und nun erleben müssen, daß im Zeichen des Lehrermangels einfach Fachkräfte von außerhalb herangezogen werden, darauf mit Abwehrreflexen reagieren.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 03.05.2009 um 22.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4927


Lieber Kratzbaum,

Marquard hat auch geschrieben, daß die Kehrseite unserer modernen Innovationskultur die rapide zunehmende Veraltungsgeschwindigkeit derselben sei. Auf diese Weise werde unsere moderne fortschrittliche Welt zugleich zum Zeitalter des Ausrangierens und der Kompensation dieses Ausrangierens.

Man kann und darf einiges aus dem Vortrag Marquards "Das Zeitalter des Ausrangierens und die Kultur des Erinnerns" aus dem Jahr 1997 auf die Rechtschreibreform und ihre Vorgeschichte beziehen.

Und bekanntlich produziert kaum eine der sogenannten Disziplinen so viele Neuerscheinungen wie die Pädagogik und die Didaktik. Eigentlich schade um das viele Papier!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.05.2009 um 21.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4926


Aber lieber Herr Höher, Didaktik ist doch keine Wissenschaft, wie kommen Sie denn darauf? - Odo Marquard, glaube ich, hat es mal treffend auf den Punkt gebracht. Die Pädagogik sei immer die Magd irgendeiner anderen Disziplin gewesen: Theologie, Philosophie, Psychologie... Es gebe in der Geistesgeschichte nichts Rührenderes als die Emanzipationsbemühungen der Pädagogik.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.05.2009 um 09.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4925


Dulce et decorum est... (Achtung: Gilt nicht für Generäle und Minister!)

Jung sagte, der Kampf gegen den Terrorismus müsse weitergeführt werden. "Das sind wir unseren gefallenen und verwundeten Soldaten schuldig." (FAZ v. 02.05.)

Na, da können die und ihre Angehörigen ja beruhigt sein.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.05.2009 um 09.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4921


Lieber Herr Mahlmann, es wäre wirklich pädagogisch außerordentlich wertvoll, wenn im Deutschunterricht (aber auch sonst) die reformierte Rechtschreibung im Vergleich zur herkömmlichen behandelt würde. Z.B. könnte man über den Sinn von Groß- und Kleinschreibung diskutieren und die Irrwege der Reformer aufzeigen. Aber ich fürchte, das ist nicht der Fall. Die alte Rechtschreibung gibt es offiziell gar nicht mehr, und es wird alles getan, sie im Orkus verschwinden zu lassen. Die reformierte Orthographie erlaubt gerade wegen ihres dogmatischen Charakters nur die Unterscheidung von falsch und richtig. - Was den Mathematikunterricht angeht, so wollen Sie sie sicher nicht behaupten, die Leistungsbewertung erschöpfe sich im Anstreichen von Fehlern. Ich selbst hatte in meiner aktiven Zeit viel mit angewandter Mathematik zu tun (chemisches Rechnen). Da hat mich das Ergebnis weniger interessiert als der Lösungsansatz. Natürlich muß es, wenn es "ernst" wird, auch stimmen.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 02.05.2009 um 00.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4919


Inwiefern kann ich den Schüler in der Mathematik besser positiv verstärken als im Deutschunterricht? Ich kann besser – oder leichter oder eindeutiger – richtig von falsch sondern, aber ich kann einen Schüler viel schlechter für etwas Gelungenes loben. Wenn er eine Rechenaufgabe richtig löst, hat er die volle Punktzahl, aber im Grunde nur reproduziert, was vorher feststand. Im Deutschunterricht kann ich eine gelungene Wendung loben, eine geschickte Formulierung, eine trennscharfe und erhellende Beschreibung. Diese Möglichkeit ist den Lehrern zu großem Teil genommen worden.
Lieber kratzbaum, ich stimme Ihnen in der Sache völlig zu, folgere daraus aber genau das Gegenteil. Eben weil Orthographie viel mit gut und besser und Intuition zu tun hat, deshalb kann ich als Lehrer viel mehr positiv verstärken. Wenn es nur richtig und falsch gibt, dann habe ich Schema F und Fehleranstreicherei.
Ich kann einen Schüler dazu animieren, eine gute Formulierung zu überdenken, um eine bessere zu finden. Welche bessere Lösung für die Rechenaufgabe 47 + 11 kann es aber geben als 58?

Über die Ziele der Reformer streite ich nicht. Warum aber sollen sie den Lehrern im allgemeinen als erstrebenswert erschienen sein? Und warum ist es idealisierend, wenn ich sage, daß vielen Lehrer die Pädagogik wichtig ist?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.05.2009 um 20.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4918


Herr Mahlmann scheint mir die Dinge doch etwas zu idealisierend zu sehen. Die Schule ist der einzige Ort, an dem Rechtschreibung explizit bewertet wird. Und dieses Bewerten besteht eben doch in erster Linie im Anstreichen von Fehlern und nicht im Belobigen des orthographisch Richtigen. (Im Mathmatikunterricht, in Naturwissenschaften kann ich als Lehrer den Schüler ohne weiteres positiv bestärken. Da gibt es nämlich eindeutig richtig und falsch, während Orthographie viel mit gut und besser zu tun hat - und mit Intuition). Genau da haben die Reformer angesetzt und mit ihnen die ministeriellen Vollstrecker. Th. Ickler hat es schon vor über zehn Jahren in seinem "Schildbürgerbuch" auf den Punkt gebracht: Rechtschreibung nicht als Werkzeug zur Kommunikation, sondern als Fehlerquelle. "Fetisch Fehlervermeidung". Das und nichts anderes war der Antrieb hinter dem ganzen Unternehmen. Die Rechtschreibung sollte "erleichtert" werden, und zwar - wie verräterisch - für Schüler und Wenigschreiber, wobei sich heute zeigt, daß nicht einmal klar war und ist, worin diese Erleichterung eigentlich bestehen könnte. Im Schreiben nach Regeln offenbar nicht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.04.2009 um 21.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4915


Ergänzend zu Urs Bärleins Betrachtungen.

Es sind nicht nur die Reformer, die den verengten, schülerhaften Blick auf die Rechtschreibung haben. Vor allem die Kultusminister, oft ehemalige Lehrer; können gar nicht anders als die Schülerperspektive einzunehmen. Sie sind auch die Verantwortlichen für das Rechtschreibelend. Die Reformer haben nur Pfusch abgeliefert. Ohne den Machtmißbrauch der Amtsinhaber wäre das Ganze längst vergessen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.04.2009 um 15.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4881


Die Gurke ist eine saure

Naja, mir ging es zuletzt eigentlich darum, zu zeigen, daß das "prädikative Attribut" (nicht meine Wortschöpfung übrigens...), also das einsame A. noch immer ein Attribut ist und daß es zum Markieren einer Gattungszugehörigkeit dient. - MIt der Kongruenz kommen wir zu keinem Ende. Da stehe ich lieber im Latein auf festem Grund.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 17.04.2009 um 15.00 Uhr eingetragen.
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Aber das ist es ja gerade.
Wenn es um prädikative Kongruenz im Genus geht, dann ist Er ist Lehrer, sie ist Lehrerin doch genauso zutreffend oder nicht wie Er ist Lehrerin, sie ist Lehrer. (Die Beispiele, und andere, hatten wir doch hier schon, sie zeigen ja nur, daß es prädikative Kongruenz im Genus einfach nicht gibt, bzw. wenn, dann daß sie rein zufällig ist!)

Und wenn es um Kongruenz im Sexus geht, dann sollte man das erstens auch deutlich unter dieser Überschrift abhandeln (und nicht beim Genus), zweitens auch entsprechende klare und eindeutige Beispiele bringen (z.B. Der Mann ist Lehrer, die Frau ist Lehrerin, und keine Pronomen).

Drittens aber muß man dann wohl ein Wort darüber verlieren, wozu es überhaupt sinnvoll ist, über prädikative Kongruenz des natürlichen Geschlechts zu sprechen. Sonst könnte man z.B. auch folgendes denken:
Helmut Schmidt ist ein starker Raucher.
Dieser Sportler ist Nichtraucher.
Siehe da, wer hätte das gedacht, es gibt in der deutschen Sprache eine prädikative Kongruenz in Bezug auf die Eigenschaft des Rauchens/Nichtrauchens.

Ist es nicht so, daß sich Kongruenzen im Bereich der Semantik, wozu auch das natürliche Geschlecht gehört, einfach aus dem Sprachinhalt ergeben? Ich denke, das hat nichts mit Grammatik zu tun. Die Endung -in für weibliche Berufe u.a. ist doch keine Flexionsendung.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 17.04.2009 um 12.17 Uhr eingetragen.
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Und wieder fragt man sich, warum P.Eisenberg nicht sofort aus dem Rechtschreibrat austritt. Seiner Diagnose wird ganz bestimmt keine Therapie folgen. Glaubt er ja auch selbst nicht.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 17.04.2009 um 08.23 Uhr eingetragen.
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Doch, Kongruenz gibt es schon. Das Beispiel mit der Lehrerin (Bußmann) belegt es. (Owohl ich da mehr inhaltlichen als grammatischen Bezug sehe, natürliches Geschlecht eben). Aber ansonsten ist das Prädikativum fast immer unflektiert , anders als im Lateinischen.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 22.34 Uhr eingetragen.
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Also gut, Ellipsen, die flektierten Adjektive sind nur Attribute zum ausgelassenen substantivischen Prädikatsnomen, unterliegen also der attributiven Kongruenz.

Aber dann gäbe oder gibt es ja tatsächlich überhaupt keine prädikative Kongruenz bzw. Kongruenz des Gleichsetzungsgliedes im Genus.
Wovon reden dann diese Grammatikbücher (Duden, Bußmann) eigentlich?
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 18.35 Uhr eingetragen.
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Feierabend

Ich denke, am befriedigendsten ist doch die Annahme einer Ellipse: Das Bezugswort fällt weg (der Leser ergänzt es automatisch richtig, anders wäre der Satz nicht verständlich), das Attribut bleibt stehen. An der Satzkonstruktion ändert sich nichts, alle Wörter behalten ihre Funktion.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 14.04 Uhr eingetragen.
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Diese Mandel ist eine bittere.

Was Ihrer Meinung nach, lieber Kratzbaum, Subjekt ist, ist unterstrichen. Wenn bittere ein nachgestelltes Attribut wäre, dann gehörte es zum Subjekt. Was ist in diesem Satz das Prädikat?
Ich bin der Meinung (siehe unten), daß bittere innerhalb des Prädikats Attribut sein mag, aber zuerst einmal bildet eine bittere das Prädikativ.

Das "Mädchenbeispiel" habe ich deswegen gebracht, weil Sie das nachgestellte Attribut, als das Sie Beispiele wie eine bittere ansehen, allgemein für schlechten Stil halten. Ich denke aber, "die hübschere" ist formal genau das gleiche. Als was bezeichnen Sie "die hübschere" sonst? Ich meine, es ist ebenfalls ein Adjektiv als Gleichsetzungsglied (Bestandteil des Prädikats).
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 13.30 Uhr eingetragen.
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Unterschiede

Lieber Herr Riemer, nun muß ich doch noch einmal einiges klären.

1. Diese Mandel ist eine bittere Mandel. - "ist eine bittere Mandel" ist das Prädikat, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Und wenn ich "Mandel" weglasse, bleibt das Attribut "bittere" übrig, jetzt prädikativ gebraucht. Zum Prädikativum wird es dadurch nicht. (Vgl. Diese Mandel ist bitter.) Dagegen spricht vor allem die weiterhin bestehende Flektion.

2. Ihr "Mädchenbeispiel" taugt leider auch nicht als Beleg. "Dieses Mädchen ist ein hübsches" wäre ein Beispiel für schlechten Stil. Anders wieder: Du bist aber eine Hübsche! Sie sehen: es kommt auf genaue Entsprechungen an. Hier z.B. auf den unbestimmten Artikel, das alleinstehende Adjektiv im Positiv... Wie Sie schon einmal gesagt haben:Es geht weniger um Grammatik als um Stil- und Anschauungsfragen.

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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 11.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4869


Ellipse, schön, aber hat eine Ellipse kein Prädikat?

In Diese Mandel ist eine bittere (Mandel) mag bittere Attribut sein, und zwar Attribut des zweiten (gedachten) Wortes Mandel, welches wegen der Ellipsenform weggelassen wurde. Insgesamt aber halte ich ist eine bittere (Mandel) für das Prädikat dieses Satzes, Diese Mandel für das Subjekt und bittere für ein Attribut, aber nicht des Subjekts, sondern eines nichtgenannten (weil auf elliptische Art nicht wiederholten) Prädikativnomens. Insofern ist das Prädikat hier wegen der elliptischen Form unvollständig, nicht aber der ganze Satz, dieser hat ein Subjekt und ein Prädikat (letzteres incl. bittere).

Anna ist die hübschere der beiden.
Was ist daran schlechter Stil?
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 09.37 Uhr eingetragen.
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Je nachdem

An Ellipse hatte ich natürlich auch schon gedacht. Dieses nachgestellte Attribut gilt allgemein als schlechter Stil, gespreizte Ausdrucksweise, darf man wohl sagen. Zur Markierung der Gattungszugehörigkeit ist es nützlich, sonst entbehrlich. Es ist und bleibt aber ein Attribut. - "Diese Mandel ist eine Bittermandel" finde ich übrigens nicht besser als "diese Mandel ist eine bittere". Z.B. kann ich mir einen Haufen Mandeln vorstellen, aus dem ich die bitteren und süßen herauslese. Dabei benenne ich jedes Exemplar und sage: Das ist eine bittere, das ist eine süße. Meinetwegen kann man natürlich auch sagen: ...eine Bittermandel - und weiter? Süßmandel?
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 04.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4866


Ich betrachte Ausdrücke wie Das Haus ist ein altes und Die Firma ist eine erfolgreiche als Ellipsen:
Das Haus ist ein altes (Haus).
Aus dieser Sicht ist altes eindeutig ein Attribut.
Ich teile nicht die Auffassung von Kratzbaum, daß das "prädikative Attribut zur Markierung einer Gattungszugehörigkeit" diene.
Wenn ich von einer Gattungszugehörigkeit reden will, muß ich mich schon klarer ausdrücken, etwa: Diese Mandel ist eine Bittermandel.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 16.04.2009 um 02.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4865


Lieber Kratzbaum, das prädikative Attribut klingt zwar hier nach einem schönen Kompromiß, aber etwas stimmt nicht. Siehe das P.S. von Herrn Herter:
Ein Attribut (auch ein prädikatives) bleibt ein Attribut.

Ein Attribut gehört aber strukturiell zu dem Satzglied, auf das es sich bezieht. Wäre bittere in dem Satz Diese Mandel ist eine bittere Attribut, dann gehörte es zum Subjekt. Es kann aber m.E. gar kein Zweifel daran bestehen, daß eine bittere hier das Prädikativ ist. Was sonst sollte das Prädikativ sein? bittere kann also nicht Attribut zu Mandel sein, demzufolge auch kein prädikatives.
(Man kann schnell irgendwohin fahren oder man kann krank irgendwohin fahren. Schnell (Adverb) bezieht sich auf fahren, aber krank (prädikativ gebrauchtes Adjektiv) bezieht sich aufs Subjekt, es wird auch prädikatives Attribut genannt.)

Diese Mandel ist eine bittere, das ist für mich ein typischer Gleichsetzungssatz, wie er z.B. zur Markierung der Gattungszugehörigkeit (da haben Sie völlig recht) verwendet wird, aber auch für viele andere Zwecke.

Leider führt das alles von der Frage der Kongruenz weg. Es ist ja nicht nur das Lexikon von H. Bußmann, auch z.B. der Duden vor der Reform (Band 4: Grammatik, 1984) führt unter "Kongruenz des Gleichsetzungsgliedes", Unterpunkt "Im Genus" fast nur Beispiele für das natürliche Geschlecht von Nomina, also für eine nicht-grammatische Eigenschaft, an. Ich habe den Eindruck, daß wir uns bisher alle einig sind, daß das Unsinn ist, oder?
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Dieser Beitrag wurde am 14.04.2009 um 21.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4864


Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 31.03.2009 um 19.34 Uhr

Zu Kratzbaum (hier): Von Hilbert stammt, daß die Physik für die Physiker eigentlich viel zu schwer sei. Von wem stammt denn die Retourkutsche – oder war Hilberts Ausspruch bereits eine solche?
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 13.04.2009 um 22.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4852


Sonderfall

Das sog. prädikative Attribut dient zur Markierung einer Gattungszugehörigkeit.
Es gibt z.B. süße (Süße) und bittere (Bittere) Mandeln: Diese Mandel ist eine bittere, jene eine süße. - Diese Aussage ist nicht deckungsgleich mit dem Satz: Diese Mandel ist bitter, jene süß. Denn die Gattungszugehörigkeit könnte auch am Aussehen erkannt werden.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 13.04.2009 um 21.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4851


Dann möchte ich mich auch für die zu große Ausführlichkeit entschuldigen. Sehen Sie, lieber Herr Herter, ich kenne hier niemanden, außer bei Herrn Ickler weiß ich nicht, ob jemand Germanistikprofessor oder interessierter Laie oder irgendetwas dazwischen ist. Außerdem, was für manchen grundlegend ist, ist vielleicht für mich nicht ganz so selbstverständlich, deshalb schreibe ich lieber meine Schlußkette auf, so wie ich es verstehe, nicht um andere zu belehren, sondern weil ich, falls nötig, selbst auf Richtigstellung hoffe. Ich lerne in diesem Forum sehr viel dazu.

Was Ihre Ansicht über die Distanzstellung des Attributs betrifft, so habe ich mich anfangs das gleiche gefragt. Ich bin aber davon abgekommen, weil dann ja der Satz, den ich als vollständig empfinde, gar kein Prädikat hätte.
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 13.04.2009 um 19.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4850


Lieber Herr Riemer, ich möchte mich für die Unschärfe meiner Frage entschuldigen, die Sie veranlaßt hat, derart ausführlich Grundlegendes zu erläutern. Was Sie über Kopulaverb und Prädikativ sagen, ist mir, wie vermutlich den meisten hier, geläufig; auch weiß ich wohl, daß das Attribut beim Nomen steht.

Jedenfalls üblicherweise; denn genau da bin ich skeptisch geworden. Das Haus ist
ein altes
ist ja gewiß kein in üblicher Weise gebauter Satz, und ich frage mich, ob er wirklich dem Satz Das Haus ist alt gleichzusetzen ist. Sie (und H. Bußmann) bejahen dies: das flektierte "ein altes" sei nur eine Verstärkung von "alt".

Vielleicht ist das – anerkanntermaßen – so. Dennoch sträubt sich an diesem Punkt meine Intuition. Ich sehe nämlich Das Haus ist ein altes lediglich als einen (geradezu lateinischen) 'Verschiebebahnhof' von Das ist ein altes Haus – wobei eben jedes Wort (und vor allem sein Bezug) unverändert bleibt.

Daher komme ich zu dem (möglicherweise irrigen) Schluß, das Adjektiv rotes in Das ist ein rotes Tuch beziehe sich in Das Tuch ist ein rotes ganz ebenso auf Tuch wie
im ersten Fall. D.h. es liegt hier attributiver Gebrauch in – gleichsam gewaltsamer – Distanzstellung vor, die Ausnahme von der Regel.

Doch genug des Dilettierens!

P.S. Das einzige hieb- und stichfeste Beispiel für prädikative Kongruenz, das mir auf die Schnelle einfällt, lautet: Ein Esel bleibt ein Esel. – Honi soit...
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 13.04.2009 um 12.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4849


Da Sie mich fragen, Herr Herter, ich hab es zwar nicht studiert, aber gelernt habe ich es so: Eine Kopula (wie hier ist) kann nicht allein das Prädikat bilden, dazu gehört immer ein Prädikativ. Gleichsetzungen mit Hilfe von Adjektiven sind eine besondere Form des prädikativen Gebrauchs, durch die flektierte Form soll das Adjektiv stärker betont werden. Aufgrund der Kongruenz sieht dieses Adjektiv genauso aus wie ein Attribut des Substantivs (hier Subjekt), aber das Attribut steht immer direkt beim Substantiv, meist davor, selten dahinter.

Ich wüßte nur gern, ob "Sie ist Lehrerin vs. Er ist Lehrer." (H. Bußmann) wirklich ein treffendes Beispiel für prädikative Kongruenz ist. M.E. (und so habe ich auch Kratzbaum verstanden) ist Kongruenz beim Prädikatsnomen (Substantiv) völlig zufällig und nicht der Rede wert, es sei denn, man wendet den Begriff der Kongruenz in einem anderen Zusammenhang auch auf nicht-grammatische, semantische Eigenschaften (natürliches Geschlecht) an.
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 13.04.2009 um 05.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4848


Warum prädikativ, Herr Riemer? – Meines Erachtens werden die Adjektive in Ihren Beispielen (trotz der ungewohnten Stellung im Satz) als Attribute zu einem Nomen verwendet; bei prädikativem Gebrauch wären sie zudem unflektiert.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.04.2009 um 22.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4847


Der einzige Fall von wirklicher (d.h. regelmäßiger) prädikativer Kongruenz scheint mir beim Adjektiv als Gleichsetzungsglied vorzuliegen:
Das Haus ist ein altes. Die Firma ist eine erfolgreiche. ...
Bitte um Korrektur, falls ich damit falsch liege.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 10.04.2009 um 20.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4843


Kongruenz

Wie ist das eigentlich mit der Kongruenz? Kratzbaum schreibt:
"zwischen Subjekt und ... Prädikatsnomen gibt es keine zwingende Kongruenz".

Ich sehe das auch so, denn die Betonung liegt auf "zwingend".
Im "Lexikon der Sprachwissenschaft" (H. Bußmann, 3. Aufl. 2002) steht:
"Bei der prädikativen K. stimmen Subjekt und Prädikativ hinsichtlich Genus, Numerus oder Kasus überein: Sie ist Lehrerin vs. Er ist Lehrer."

Die Übereinstimmung im Genus, die eigentlich belegt werden soll, wird in diesem Beispiel leider durch das natürliche Geschlecht überlagert. Wir haben ja gesehen, daß es auch genau andersherum lauten könnte: Der Gast ist Lehrerin, die Person ist Lehrer.
H. Bußmann schreibt zwar nicht, daß diese Kongruenz immer notwendig sei, aber was ergibt es überhaupt für einen Sinn, von "prädikativer Kongruenz" zu sprechen, wenn sie eigentlich völlig zufällig ist? (Sie ist Mitglied – unterschiedliches Genus).
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 10.04.2009 um 01.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4842


Lieber Kratzbaum, es wären durchaus Situationen denkbar, in denen man sagen könnte Dieser Besucher ist meine Freundin, aber Sie haben schon recht, i.a. (z.B. wenn man sie schon [er]kennt) würde ich hier Besucherin sagen. Andererseits sehe ich nicht, daß dies irgendwie die Schlußfolgerung aus Dieser Gast ist meine Freundin widerlegt, nämlich daß sich die Nachsilbe -in am natürlichen Geschlecht orientiert.

Das Prädikatsnomen ist grammatikalisch ganz unabhängig vom Subjekt, das ist klar, und eben deswegen kein Grund, in Diese Person ist mein Lehrer nicht Lehrerin zu sagen. Grammatisch ist man frei, Lehrer oder Lehrerin zu sagen. Und dann sagt man eben Lehrer, weil man sich an das natürliche Geschlecht hält. Es geht um Semantik. Genau, meinen wir nicht sowieso eigentlich beide das gleiche?

Was mich jetzt aber stutzig macht, ist Ihr Beispiel Mutter Kirche. Vater Staat, könnte man noch hinzufügen, Mutter Erde ... Hier werden Dinge personifiziert, man ordnet ihnen ein natürliches Geschlecht zu. Dabei fällt auf, daß man das natürliche Geschlecht so wählt, daß es mit dem grammatischen übereinstimmt. So etwas ist also möglich. Dann kann man aber auch in dem Satz mit der Kirche als Mittlerin zwischen Kulturen das Wort Mittlerin als Personifizierung auffassen und so rechtfertigen.

Letztendlich bestätigt das wohl, daß es im Grunde um eine Stilfrage oder Anschauungssache geht. Mein ursprünglicher Gedanke war ja, daß es kein guter Stil ist, aber ich glaube, Sie haben mich mit dem Beispiel Mutter Kirche davon überzeugt, daß man das -in durchaus im Sinne einer Personifizierung auch mal auf das grammatische Geschlecht beziehen kann.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 09.04.2009 um 23.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4841


Mutter Kirche

Lieber Herr Riemer,

ich wollte nur zeigen, daß Ihre Beispiele (Diese Person ist mein Lehrer/ Dieser Gast ist meine Freundin) Ihrer Argumentation nicht dienlich sind. "Person" ist Femininum (grammatisches Geschlecht) , "Lehrer" Maskulinum (natürliches und grammatisches Geschlecht). Nun fragen sie (hypothetisch), wieso man dann nicht "Lehrerin" sagt. Weil das Prädikatsnomen grammatikalisch ganz unabhängig vom Subjekt ist. – Ich verstehe Sie durchaus: Sie möchten das Suffix -in auf Personenbezeichnungen beschränken. Ihre Beispiele funktionieren aber nur, weil das Subjekt (Person/Gast) kein -in zuläßt, obwohl es um Personen geht. "Diese Besucherin ist meine Freundin" – da würden Sie wohl nicht sagen: "Dieser Besucher ist meine Freundin". Es geht um Semantik.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 09.04.2009 um 17.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4840


Lieber Kratzbaum, ich halte das eigentlich nicht für eine Frage der Kongruenz, denn diese bezieht sich, soweit ich weiß, immer auf das Genus, nicht auf den Sexus. Mitunter stimmen beide natürlich überein. Kongruenzverstöße wären grammatische Fehler, aber ich sehe in dem Gebrauch des Suffixes -in eher ein stilistisches oder logisches Problem. Vielleicht ist es auch einfach eine Geschmacksfrage. Ich würde die Kirche auf jeden Fall als einen Mittler zwischen den Kulturen bezeichnen. Mittlerin ist grammatisch nicht falsch, nur eben für mich nicht sinngemäß, denn in einer Mittlerin sehe ich immer eine weibliche Person (evtl. auch ein weibliches Tier). Dies habe ich in dem Tagebucheintrag zu begründen versucht.

Gerade wenn es hierbei zwingende Kongruenz gäbe, und -in mit dem weiblichen Genus kongruierte, müßte ich ja sagen: Diese Person ist meine Lehrerin, sogar wenn es sich um einen Mann handelt. Ich möchte es mal so ausdrücken: Das Suffix -in "kongruiert" (logisch betrachtet) mit dem weiblichen Sexus.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 09.04.2009 um 13.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4839


Lieber Herr Riemer, zwischen Subjekt und substantivischem (wie auch adjektivischem) Prädikatsnomen gibt es keine zwingende Kongruenz. Es bleibt unflektiert und damit unabhängig. "Diese Frau ist mein Unglück." "Diese Frau ist ein Fels in der Brandung." - Alles ist möglich. Ich denke, es gibt eine Zone des Übergangs zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht. Zum Beispiel würde ich sagen: Die Kirche war jahrhundertelang eine Mittlerin zwischen den Kulturen.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 03.04.2009 um 20.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4823


Mischsprache

Solange ich in neurobiologischen Artikeln oder Diskussionen Sätze finde wie z.B. :"Mein Gehirn steuert mich" , werde ich mich nicht der Mühe unterziehen, mich näher mit der Materie zu befassen. Denn was bleibt denn von "ich", "mich" usw., wenn ich das Gehirn quasi abtrenne? Dieses fortwährende Lavieren und Changieren zwischen Biologie und Psychologie macht mich ganz schwindlig.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.03.2009 um 13.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4800


Hab ich doch meine Freude dran

Interessant ist, daß, obwohl oder gerade weil vom Lateinunterricht so wenig hängenbleibt, die Ahnungslosen sich so eifrig und ungehemmt auf diesem Terrain bewegen. Es ist ja gar kein Latein, das sie da von sich geben, und man kann oft nur ahnen, welche grammatikalischen Speisereste da serviert werden. Es sieht halt besonders "gebildet" aus, so ähnlich wie der Genitiv, zu dem der Schreiber oft auch nur im Verhältnis einer Gelegenheitsbekanntschaft steht. - R. Hanks Buch heißt nun tatsächlich "Der amerikanische Virus" ... Und keiner hat es ihm gesagt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.03.2009 um 06.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4758


Zwienatur

Jedenfalls im Lateinischen wird zwischen Prädikativum und Prädikatsnomen unterschieden.

Zum Partizip ist zu sagen, daß es eben "particeps" ist, also teils Nomen, teils (funktionelles) Verb. Als Adjektiv kann es dekliniert und kompariert werden.

Seine verbale Herkunft zeigt sich in folgendem:

Es kommt im Aktiv und Passiv vor

Es ist (formal) verschiedenen Tempora zuzuordnen

Es regiert den gleichen Kasus wie das entsprechende Verb

Es wird durch Adverbien näher bestimmt (dies gilt allerdings auch für reine Adjektive) -

Ein "gewöhnliches" Adjektiv ist es also nicht.
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Matthias Künzer
Herzogenrath

Dieser Beitrag wurde am 17.03.2009 um 13.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4749


Die Interpol-Ermittlungen konzentrieren sich nun auf den englischen Sprachraum (potential).
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 17.03.2009 um 12.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4748


Erste Verhaftungen erfolgen in Krimis dann also nur noch nach eingehender Prüfung der Einstellungen des Korrekturprogramms auf dem Computer. Ist das nicht ein bißchen dünn für ein Drehbuch (oder einen Roman)? Egal, ob der Verdächtige nun Physiker, Elektroingenieur, Ewiggestriger oder einfach nur Querulant ist.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 17.03.2009 um 12.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4747


...oder jemand, der für veraltete Schreibungen optiert, soweit diese noch zulässig sind. Oder jemand, der gerne falsche Spuren legt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.03.2009 um 11.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4746


Potentes Potenzial

Der Täterkreis ließe sich noch weiter einengen. Wenn ein Verdächtiger "Potential" schreibt, könnte er z. B. Physiker oder Elektroingenieur sein...
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 17.03.2009 um 11.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4745


Wollen wir hoffen, lieber Kratzbaum, daß künftige Fernseh- oder Filmkommissare dann auch in der Lage sind, tatsächliche orthographische Indizien von gefälschten zu unterscheiden. Denn eigentlich müßte ja prinzipiell alles, was nach 1996 publiziert wurde, unter einem generellen orthographischen Fälschungsverdacht stehen.

Aber tatsächlich war man gegen solche Fälschungen nie wirklich gefeit. Denken Sie nur an "jenes höhere Wesen, das wir verehren", das der arme Dr. Murke so oft einflicken muß. Werden daher Indizien dieser Art jemals für eine Verurteilung ausreichen, und sei es nur im Film?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.03.2009 um 09.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4744


Tatort Rechtschreibreform

Dieser STERN-Schreiber hat endlich einmal eine unbestreitbare Nutzanwendung der Reform entdeckt: die kriminalistische. Da ist es doch nur noch eine Frage der Zeit, bis einmal ein Krimi-Drehbuch ganz auf orthographischen Indizien aufgebaut wird.
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Dieser Beitrag wurde am 14.03.2009 um 22.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4736


Kommentar von Germanist, verfaßt am 13.03.2009 um 18.51 Uhr

Die Reform hat zwar das neue Adjektiv "stellend" geboren, z. B. in Verbindung mit dem Adverb "zufrieden", aber was soll man sich unter dem Partizip oder dem Adjektiv "stellend" vorstellen? Einen Stellwärter, der früher im Stellwärterhäuschen große und schwere Hebel verstellen mußte, mit denen über lange Drähte Weichen gestellt wurden? Das geschieht doch schon lange mit Druckknöpfen und Elektromotoren und immer mehr mit rechnergesteuerten elektronischen Stellwerken, in denen kein Mensch mehr arbeitet. Den "Weichen stellenden Rechner"? Weil der das dauernd und ausschließlich macht, wäre der neue Begriff "weichenstellender Rechner" zutreffender.
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Dieser Beitrag wurde am 06.03.2009 um 13.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4677


Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 05.03.2009 um 03.01 Uhr

Lieber Glasreiniger, ich glaube, Sie haben recht, und mit meiner Zuneigung fürs Latein habe ich hier also etwas engstirnig ausgeschaut. Eine "vernünftige Recherche" erwarte ich bei *Bild* sowieso nicht; es ist kein Blatt zur Information, sondern eins zur Unterhaltung, und unter dem Aspekt finde ich das Wortspiel sogar ganz amüsant. Aber ich hatte meinen Beitrag hier eingestellt, weil ich zugleich meiner Überzeugung Ausdruck geben wollte, daß Lateinlernen auch beim sprachlichen Abfassen von Gedanken auf deutsch hilfreich sein kann. Daran halte ich fest.


Kommentar von MG, verfaßt am 04.03.2009 um 17.53 Uhr

| Sie haben da ... den Hang der Schreiber zu Wortspielen
| übersehen: Schließlich ist des Gouverneurs
| berühmteste Rolle die des Terminators gewesen.

Ist ein solches "Wortspiel" nicht typisch für das Niveau heutiger Journalisten? Man will sich unbedingt witzig zeigen, für eine vernünftige Recherche aber reicht es mal wieder nicht: Wenn es schon partout so ähnlich klingen soll wie "Terminator", hätte man aus "Governor" ja durchaus die historische Amtsbezeichnung "Gubernator" machen können.


Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 03.03.2009 um 08.08 Uhr

Lieber Herr Ludwig, Sie haben da, glaube ich, den Hang der Schreiber zu Wortspielen übersehen: Schließlich ist des Gouverneurs berühmteste Rolle die des Terminators gewesen.


Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 02.03.2009 um 22.26 Uhr

"Gouvernator eröffnet die Cebit // Arnold Schwarzenegger und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben [...]" (Bild.de, 2.3.09) — Ja, gibt's denn keine Gouverneure mehr? Und sowieso: Mehr Latein, das ist es, was *Bild*-Leute brauchen. Es hilft beim Deutschen.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 03.03.2009 um 21.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4657


Ich habe nichts von D. Kehlmann gelesen. Ich würde niemals einen Roman eines Dreißigjährigen oder noch Jüngeren lesen. Junge Menschen sollten überhaupt nur Gedichte schreiben
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 26.02.2009 um 08.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4639


"Gefälligst"

Das Potential an Fremdenhaß ist bis heute kaum erkannt und benannt. In Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs könnte es schneller als erwartet aktiv werden. – Anders als die Juden werden sich die Türken nicht willen- und widerstandslos in die Mordfabriken karren lassen. Es wird viel Blut fließen, und die Deutschen werden die noch offenstehende Schuld der ungeheuren Barbarei begleichen müssen. Aber vielleicht geben sie sich auch selbst auf, geburtenmäßig tun sie es ja bereits.
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 23.02.2009 um 08.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4629


Zum "Rettungsschirm" sehe auch hier:
http://www.dw-world.de/dw/article/0,,4001208,00.html
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.02.2009 um 11.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4626


Es ist schon vertrackt: Mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner ist es ähnlich wie mit dem vielbemühten "Quantensprung". Was gemeint ist, versteht fast jeder, aber auf den Ursprung der Metapher sollte man lieber nicht zu genau schauen.
Dr kl.g. N. bedeutet ja tatsächlich das größtmögliche Maß an Übereinstimmung, das unter den gegebenen Umständen erreichbar war. Mehr ging nicht. Also ist es doch "eigentlich" der größte g. N. ... aber den gibt´s ja mathematisch gar nicht... usw. usf. So ist es eben oft, wenn man bei Fachsprachen Anleihen macht und dabei einer mehr oder weniger verschwommenen Assoziation Raum gibt.

Beim "Rettungsschirm" für die Banken weiß ich auch nicht genau, ob ein Regenschirm (ein Sonnenschirm wohl eher nicht...) oder ein Fallschirm gemeint ist.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.02.2009 um 10.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4590


Ich komme noch einmal auf das "aber" in dem Computerbeispiel zurück.
Wenn wir es herausnehmen, verliert der Satz einiges an Reibung:

Hans besitzt keinen Computer, Grete benutzt ihn gern, Heinz nur selten. Dabei bleibt immer noch unerklärt, ob Hans einen Computer benutzt. Aber die Interpretation, daß er keinen benutzt, liegt nahe. (Man kann ja fragen...)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.02.2009 um 09.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4589


Eine Klarstellung

Lieber Herr Ludwig, ich hätte mich deutlicher und präziser ausdrücken sollen. MIt "beziehen" meinte ich nicht einen faktischen Bezug, sondern die Verwendung des Personalpronomens in diesem Zusammenhang. Natürlich (miß) versteht niemand den Satz so, daß Grete gern "keinen Computer" benutzt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.02.2009 um 12.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4588


Nicht so ganz

Hans benutzt keinen Computer, aber Grete benutzt ihn gern.

Das würde ich noch durchgehen lassen. Aber besser wäre wohl:

Hans benutzt keinen Computer, aber Grete benutzt gern einen.

Ich würde das Personalpronomen "ihn" nicht auf "keinen Computer" beziehen.
Damit wären wir wieder bei Th. Ickler, der ja auch genau diesen Bezug vermißt.
Ich hatte nur noch zusätzlich Bedenken wegen der Prädikate angemeldet.

Unsere Henne legt z. Zt. keine Eier, aber ich esse sie gern.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 10.02.2009 um 10.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4587


Herr Ludwig hat ja nun die von Kratzbaum geforderte Kommensurabilität der Verben hergestellt, indem er zweimal benutzen eingesetzt hat. Leider ohne Kommentar, aber mir scheint, daß damit das alte Problem trotzdem nicht gelöst ist. Oder sehen Sie das anders, Herr Ludwig bzw. Kratzbaum?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.02.2009 um 23.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4577


Zum Computer-Paradoxon

Mir scheint, daß man das Augenmerk vor allem auf das "aber" richten muß. Sein (adversativer) Gebrauch setzt im Vorder- und Nachsatz ein Mindestmaß an Übereinstimmung der Wortfelder voraus. Es geht ja im Grunde um ein Vergleichen. Haben und benutzen sind einfach inkommensurabel.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 05.02.2009 um 11.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4535


„Wer soll es machen?“ fragt Freund Kratzbaum, leider etwas zu spät.–

Im Norden mußte ich es machen, wurde mir vor vier Jahren klar. 2005 wurden Teile der „Reform“ verbindlich, also rechtlich überhaupt erst angreifbar. Auch war Schleswig-Holstein das einzige Land, in dem die mangelnde Akzeptanz amtlich durch Volksentscheid nachgewiesen worden war. Außerdem war gerade durch Josefine Ahrens beim OVG Lüneburg ein günstiges „Vorurteil“ erwirkt worden. Schließlich konnten die Mängel und Fehler der „Reform“ umfangreich aufgelistet und nachgewiesen werden. Bedenken gab wegen des möglichen Fehlschlags und wegen der geringen Belastbarkeit meiner Familie. Ersteres war von Prof. Gröschner vorausgesagt worden, weil das Gericht bestrebt sein mußte, sein eigenes Fehlurteil von 1997 zu verteidigen, das noch dazu wenige Monate später vom Bundesverfassungsgericht gestützt worden war. Aber ich hatte schon mit einem früheren Verfahren (Religionsersatzunterricht) gegen das Bildungsministerium in zweiter Instanz Erfolg gehabt.

Das Urteil nach zweieinhalb Jahren Hinhaltens ist auf dem Bildungsserver und auf www.Rechtschreibung.com nachzulesen. Obwohl die Klage deutlich darauf abhob, daß es im Gegensatz zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes („erlaßweise Rechtschreibänderung ohne Parlamentsgesetz“) um inhaltliche Fragen ging, nahm das Gericht am 6.2.2008 wiederum die Feststellung, daß die Frage nicht „wesentlich“ für die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung sei, als Freibrief für die Kultusminister für jede Art von Regelung.

Die wenigen Wochen, in denen ein Revisionsantrag hätte eingereicht werden müssen, reichten nicht, um ein solches Projekt finanziell abzusichern, denn die wochenlange Einarbeitung eines Anwalts in die exotische Materie hätte ohne weiteres zu fünfstelligen Kosten führen können. Außerdem wurde mir unerwartet jeder einschlägige Rat verweigert. Obwohl der Spruch aus Lüneburg keine Wirkung mehr hatte, wollte man wohl den negativen Spruch eines OVG vermeiden, aber nur der hätte die Fortsetzung des Rechtweges ermöglicht. Deswegen schrieb mir wohl auch Dr. Kopke, er hielte eine Revision für „völlig sinnlos“.

Daher entschloß ich mich, auch um Zeit zu gewinnen, dem OVG Schleswig auf den Zahn zu fühlen und stellte einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe. Mitte letzten Jahres kam daraufhin eine entlarvende ablehnende Entscheidung: Der abweichende Spruch eines höherrangigen Gerichtes sei unerheblich, wenn es nicht auf der gleichen Instanzenlinie läge. Außerdem ginge das Urteil fehl, da es „eine Entscheidung zwischen ‚richtig’ und ‚falsch’ in Abhängigkeit von der gesellschaftlichen Akzeptanz nicht gebe.“ (Also: Es gibt keine Sprachentwicklung. Was richtig ist, bestimmen die Kultusminister, auch wenn es falsch ist). Daß das erstinstanzliche Urteil parteiisch und befangen sei, wollte das OVG ebensowenig erkennen (trotz Einlassungen wie: „Weder der von der Exekutiven angenommene Gemeinwohlbelang noch die Verhältnismäßigkeit der Rechtschreibreform im engeren Sinne sind heute zu bezweifeln.“)

Zum Schluß zitierte das OVG noch unverstanden Aufgeschnapptes von Goethe – wohl um nicht als eine Ansammlung von Kulturbanausen in die Geschichte einzugehen: „Mir“ … „war die consequente Rechtschreibung immer recht gleichgültig“ (u.s.w.). – Aber danach hätte das Gericht das genaue Gegenteil beschließen und die Kultusminister in ihrem Verfolgungswahn gegenüber der traditionellen Rechtschreibung stoppen müssen.

So mußte ich erkennen, daß die obrigkeitsgefällige Struktur der Rechtswege einen Sieg der Vernunft praktisch ausschließt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.02.2009 um 17.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4515


Wer soll es machen?

Wir haben ja zum Glück unermüdliche Streiter für die in der Verfassung verbrieften Rechte. Zum Beispiel wäre G. Baum zu nennen, der schon so einiges in Karlsruhe erreicht bzw. zu Fall gebracht hat. - Bei der Rechtschreibreform sieht es auf den ersten Blick nicht sehr vielversprechend aus. Klagen auf dem Wege einer Verfassungsbeschwerde könnten nur Betroffene, und das auch erst, wenn sie den vorgeschriebenen Rechtsweg bis zum Ende gegangen sind. Wer ist nun unmittelbar betroffen? Da wäre wiederum wie schon früher zu allererst und praktisch allein an die Eltern zu denken. Denn nur in der Schule hat die Reform quasi gesetzliche Geltung. Daneben kämen andere Betroffene, besonders aus dem Öffentlichen Dienst, infrage, denen die Reformschreibung ohne rechtliche Grundlage aufgezwungen wurde: Verwaltungsbeamte z.B. Die übrigen, also Journalisten, Werbetexter, Lektoren usw. könnten nur arbeitsrechtlich vorgehen. Denn ihnen hat das BVerfG ausdrücklich freigestellt zu schreiben, wie sie wollen. Da wäre dann zu klären, was Dienstherr und Arbeitgeber diesbezüglich anordnen dürfen. - Der Nachweis mangelnder Akzeptanz müßte nicht über repräsentative Befragungen erbracht werden, sondern über die Faktenlage, sprich gesammelte, der Reform zuzurechnende Fehler. Die signifikante Zunahme dieser Fehler kann man durchaus von der nicht gelungenen Umsetzung der Reform durch die Adressaten herleiten. Auch dies würde ich noch unter mangelnder Akzeptanz verbuchen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 31.01.2009 um 23.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4508


Wie´s grade kommt

Der Dativ ist ja sozusagen zum Universalkasus der Apposition geworden. Jedenfalls für die Sprachteilnehmer, die noch dunkel ahnen, daß da überhaupt irgendeine Kongruenz angebracht ist. -

Wer aber auf sich hält, der pflegt den Genitiv als kostbares Traditionsgut:

...auch entgegen anderslauternder Satzungsbestimmungen... (FAZ von heute, S. 11)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.01.2009 um 14.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4479


Ungeahnte Möglichkeiten

Wenn das so weitergeht mit der Wortbildungslehre, könnte man daraus ein Gesellschaftsspiel entwickeln. G. Augst müßte Schirmherr werden.
Schon mal ein Vorschlag: Bewandtnis kommt von Wandt
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 21.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4447


Lieber Kratzbaum, lieber Herr Herter,
vielen Dank für die Erläuterungen. Ich erkenne jetzt, daß ich mich hier etwas verrannt habe.
Die Großschreibung (wie hier die Meine) war für mich ja sowieso unstrittig. Bei der Kleinschreibung (hier die seine) war ich aber mit dem Gedanken festgefahren, daß bei einem Pronomen anders als beim Adjektiv der Artikel nicht immer möglich ist: das große Haus, aber nicht das meine Haus.
Trotzdem sagt man aber das Haus ist das meine im gleichen Sinne wie das Haus ist das meinige, und es wäre sicher übertrieben, darin immer eine Substantivierung zu sehen. Vielen Dank für die Diskussion!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 19.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4446


Lieber Herr Riemer,

Wenn Sie meiner Argumentation folgen, muß es heißen:

Die Frau, die er in einer Welt, die nicht die seine war, getroffen hatte, war nicht die seine.

Nächstes Beispiel:

Lange hatte er um diese schöne Frau geworben, bevor sie schließlich doch nicht die Seine wurde.

Zur Probe können sie bei "nicht die seine" immer ergänzen: "sondern eine andere oder fremde". Bei "nicht die Seine" geht das nicht.
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 18.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4445


Lieber Herr Riemer, ich antworte Ihnen vielleicht etwas (allzu) salopp, aber ich denke, mit formalgrammatischer Logik allein kommen Sie da nicht weiter. Die Sache scheint mir nämlich recht einfach:

"die Meine" ("die Seine") ist ein anderes Wort für "Gattin", allenfalls "Geliebte"; daher groß. Ob man schreibt: "Diese Lehrerin ist meine liebste" oder "... ist meine Liebste", bedeutet doch auch zweierlei, nicht?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 16.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4444


Nein, sie ist immer dieselbe, sie ist die Elbe. Aber nochmal ernsthaft:

Die Frau, die er in der Welt, die nicht die seine war,
getroffen hatte, war nicht die Seine.

So richtig? Es fällt mir etwas schwer, das zu glauben, auch wenn ich jetzt schon 3 (Oder 4?) Gegenstimmen zähle, zusammen mit der Zeitung 4 oder 5.
Wo ist der grammatische Unterschied zwischen seiner Frau und seiner Welt?
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Michael Krutzke
Bremen

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 14.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4442


Sie ist nicht die Seine, nicht einmal die Marne . . . oder die Oder ...
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 14.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4441


Sie ist nicht die Seine, nicht einmal die Marne . . .
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 14.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4440


"Außerdem kann seine Attribut zu Welt sein, aber meine/Meine nicht zu du"

Statt du kann man ein attributierbares Substantiv setzen, bzw. anstelle der Welt auch ein nichtattributierbares Pronomen. Das hat damit nichts zu tun und sollte entsprechend auch die Schreibung nicht beeinflussen:

Die Welt ist kompliziert. Sie ist nicht die Seine.

Du bist die Meine.
Die Frau ist die Meine.

Genauso ein feiner stilistischer Unterschied wäre auch:
Ich lerne tanzen / Tanzen (beides möglich) und Ich lerne das Tanzen (nur groß).
Trotzdem auch ein grammatischer Unterschied.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 13.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4439


Herr Riemer,

Die Welt ist nicht die seine.

Du bist die Meine.

Da gibt es doch einen Unterschied:
(Außerdem kann seine Attribut zu Welt sein, aber meine/Meine nicht zu du)

1. Die Welt ist nicht mehr seine.
Die Welt ist nicht mehr die seine.

Grammatikalisch für mich identisch - mit feinem stilistischem Unterschied

2. Du bist meine Frau.
Du bist die Meine.

Im zweiten Satz ist Meine nicht mehr Attribut zu einem (zu ergänzenden) Substantiv, sondern vertritt den ganzen Ausdruck. Darum Großschreibung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 13.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4438


Lieber Herr Isleif.

die Mutter ist nicht schlicht, wenn (=weil) sie ihr Kind so nennt. Ich mag schlichte Menschen, und jeder kann sein Kind nennen, wie er will. Mein vorurteilsbehaftetes Empfinden signalisiert mir eine Diskrepanz zwischen bodenständigen einfachen Leuten und "kostbaren" Namen, die das Kind wie ein rein dekoratives Accessoire mit sich herumträgt. Unser Sohn ist z.B. mit Bezug auf seine Herkunft benannt worden, unsere Tochter aus klanglichen Gründen.
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Michael Krutzke
Bremen

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 13.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4437


KHI: „Stellen Sie sich mal vor, das Kerlchen hieße Adolf.“

Laut Spiegel online (15.1.) wurde in den USA ein dreijähriges Kerlchen, das zu diesem Vornamen auch gleich den passenden Nachnamen des großen doitschen Vorbildes trug, seinen Eltern weg- und in staatliche Fürsorge genommen.

Wie wir ja nun wissen, konnte zumindest vor einigen Jahren der Eindruck entstehen, jüdische Vornamen überschwemmten von den USA aus unser schönes Land. Welch fieser Zug der Geschichte. Da hat sich die Adolfsche Reichsregierung doch alle Mühe gegeben, das deutsche Namensregister und den gesamten deutschen Einflußbereich judenfrei zu machen, und nun das ... Ironie der Geschichte? Vielleicht – allerdings macht es die Millionen Ermordeten auch nicht wieder lebendig. Sollte es tatsächlich Leute geben, die sich dem Namensgeber des kleinen Amerikaners noch verbunden fühlen? Falls ja, werden die sich bestimmt über diese Geschichtsgehässigkeit ärgern – besser als nichts.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 10.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4436


Ich finde das interessant, da ich mir auch nicht ganz sicher bin.
Man sagt "die Welt" oder "seine Welt", aber "die seine Welt" geht nicht, denn Pronomen stehen schon anstelle eines Artikels. Wie kann dann "die seine" Attribut sein?

"Willst du die Meine oder die Seine werden?" Auch hier haben beide Substantivierungen ein Bezugswort: du.

"Die Seine" (bzw. "die Meine") bezieht sich also im ersten Fall auf die Welt, im andern Fall auf die 2. Person: "Du bist die Seine" - "Die Welt ist die Seine"

Ich sehe keinen grammatischen Unterschied zwischen "die Seine", bezogen auf die Welt oder auf eine aus dem Kontext bekannte Person.
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Karl-Heinz Isleif
Koganei, Tokyo

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 09.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4434


Für und wider Kratzbaum:

Bei 'seine' hat er recht, bei Kevin und Dennis nicht.

Wieso ist eine Mutter schlicht, wenn sie ihr Kind Kevin nennt? Und wieso ist das Kind arm, wenn es Kevin heißt? Stellen Sie sich mal vor, das Kerlchen hieße Adolf.

KHI
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.01.2009 um 08.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4433


...eine Welt, die nicht mehr die seine (Seine) ist.

Im Gegensatz zun Herrn Riemer empfinde ich "seine" trotz des Artikels nach wie vor als Attribut und nicht als selbständiges substantiviertes Possessivpronomen.

...eine Welt, die nicht mehr seine ist.
...eine Welt, die nicht mehr die seine ist.

Nach meinem Empfinden ändert sich nur stilistisch, nicht grammatikalisch etwas.

Anders dagegen:

Jedem das Seine. Möchtest Du die Meine werden?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 12.01.2009 um 12.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4427


Wie Herr Paulwitz denke auch ich oft: Du armes Kind - wenn ich wieder einmal eine schlichte Mutter nach ihrem Dennis oder Kevin rufen höre. Spiegelt sich in der Neigung zu "ausgefallenen" Namen nicht auch das veränderte Verhältnis zum Kind wider? Angesichts der geringen Geburtenrate ist jedes Kind etwas Besonderes. Man hat es "sich zugelegt", und nun soll es etwas ganz Einzigartiges, Herausgehobenes werden mit der Folge der oft beklagten Überforderung und Verplanung des kleinen Menschen. Die Überforderung fängt eigentlich mit solch einem rein dekorativen Namen schon an.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 08.01.2009 um 23.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4407


Alles nicht sehr animierend, stimmt. Aber alles animiert. Und darauf kommt es heute an.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.01.2009 um 20.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4406


Und ein Mensch geht um die Ecke

Es ist ja eine etwas gespenstische Atmosphäre, die einen von dieser DUDEN-Seite anweht. Dieser Besucher, der so um die Ecke biegt, wie kein normaler Mensch es täte (auf dem Absatz, militärisch fast oder roboterartig) ; das kleine Mädchen, das ab und zu mit seinen Beinchen ein Lebenszeichen gibt; der Teddybär, der irgendwie nicht den rechten Zugang zu all den Büchern (lauter DUDEN-Produkte?) findet; das leere Sofa...
Alles nicht sehr animierend.
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 31.12.2008 um 13.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4386


„Das vermeintlich Offensichtliche zuerst: Wer sind die ins Bodenlose Stürzenden? In einer Zeit, wo Religion ebenso wie die Orthographie zur Privatsache geworden ist, ist es nicht ein Weltenrichter, der mit dem Flammenschwert oder dem Daumen nach unten zeigt. Nein, in unserer Zeit der propagierten Individualethik sind es vorerst einmal die einzelnen selbst, die den Boden unter ihren Füssen verloren haben und abgestürzt sind.“

(Gottlieb F. Höpli, Chefredaktor, zu Rubens „Höllensturz“, St. Galler Tagblatt vom 31. 12. 2008)
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 08.12.2008 um 22.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4336


Wenn es in einem Staat mehr als eine Landessprache gibt, macht das die Sache komplizierter, grundsätzlich anders ist sie aber deshalb nicht. Alle anderen Sprachen sind institutionell benachteiligt, ob es nun tausend sind oder bloß 998.

Die Sprachenfreiheit ist in Deutschland, wie Frau van Thiel bereits dargelegt hat, nicht in Gefahr, ihre Garantierung wäre redundant.

Richtet man den Blick auf die Verfassungswirklichkeit der Schweiz, wird man feststellen, daß der mählichen Etablierung des Englischen als inoffizieller fünfter Landessprache auch die hier zitierten Paragraphen nicht entgegenstehen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.12.2008 um 20.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4335


Nein aber auch!

Ojeh, ist mir das super peinlich. Vielen Dank, Herr Herter, für Ihre Wachsamkeit. Ich versichere hiermit, daß ich genau weiß, wann das daß und daß das geschrieben wird. Vielleicht sollte ich bei fortschreitender Senilität doch noch aufs dass übergehen. Würde mir möglicherweise eher auffallen – im Fall.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.12.2008 um 20.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4334


Mißverständnis

Sehr geehrter Herr Markner,

mein Hauptanliegen war gar nicht der Vergleich Landessprachen gegen die eine Sprache. Darauf bin ich nur eingegangen, weil sie von "sind" und "ist" gesprochen haben. Der Satz "Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet" war mir entscheidend wichtig.
Im übrigen dürfte die Erwähnung der Landessprachen in der Schweizer Bundesverfassung in erster Linie nicht der Abwehr anderer, zugewanderter Sprachen dienen, sondern sich vielmehr zum Schutze der Sprachenvielfalt dort finden. Es ist eben ein anderer Kulturkreis.
Als Schweizer kann ich z.B. mit der AHV-Kasse, die in Genf sitzt, auf deutsch korrespondieren – eben weil das Deutsche eine verfassungsmäßig garantierte Landessprache ist. Die Behörde wiederum hat mir auf deutsch zu antworten, weil Deutsch außerdem eine Amtssprache ist. So ist es jedenfalls bei Bundesämtern. Kantonal sieht es wieder anders aus.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 08.12.2008 um 16.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4332


"So what?"? — Bitte doch bei diesem Thema: "Na und?"!
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 08.12.2008 um 15.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4331


Verfassungsrechtlich besteht kein Unterschied. In der Schweiz sind die dreieinhalb Landessprachen gegenüber den Sprachen der Einwanderer privilegiert, in Deutschland wäre es die eine Landessprache. So what?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.12.2008 um 14.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4330


Nebelscheinwerfer für Herrn M.

Es besteht sehr wohl ein Unterschied, ob Landessprachen genannt werden, oder ob eine einzige Sprache quasi als allein zugelassene angeführt wird in einem Land, das große fremdsprachige Minderheiten beherbergt.
Der Satz "Die Sprache in der Bundesrepublik ist Deutsch" kommt deskriptiv daher, aber beabsichtigt ist ohne Zweifel, ihn präskriptiv auszulegen. – Das ist auch der fundamentale Unterschied zur Schweizer Formel, die einen Ist-Zustand nebeneinander gleichberechtigter Sprachen festhält.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 08.12.2008 um 12.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4329


Das ist ist der Singular des sind in der Schweizer Verfassung. Was die Gegenüberstellung beweisen soll, bleibt folglich nebulös.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.12.2008 um 08.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4328


Was folgt daraus?

Sehr geehrter Herr Achenbach,

der eigentliche Haken ist die Formulierung "ist" Deutsch. Was soll dieses "ist" bedeuten, und welche gesetzlichen Weiterungen ließen sich daraus ableiten? Gerade in seiner Vagheit birgt es Sprengstoff. – Verwaltungs- und Gerichtssprache sind geregelt und sollen es sein. Im übrigen aber geht den Staat das Sprechen des einzelnen nichts an. Sprache ohne Sprecher gibt es nicht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.12.2008 um 13.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4324


Im Gegenteil

Liebe Frau van Thiel, da haben Sie mich wohl mißverstanden, oder ich habe mich zu knapp gefaßt: Gerade diesen Satz der Schweizer Verfassung finde ich vorbildlich und zur Übernahme geeignet. Natürlich ist der Fall Schweiz wegen der "naturgegebenen" Mehrsprachigkeit ein wenig anders gelagert.
"Sprachenfreiheit" in diesem Sinne geht meiner Ansicht nach noch etwas weiter als der von Ihnen zitierte Artikel des GG. Es geht dabei nicht nur um Bevorzugung und Benachteiligung, sondern darum daß jeder Bürger sprechen darf, wie er mag. Gerade diese Freiheit wäre durch eine GG-Ergänzung wie die geforderte gefährdet.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 07.12.2008 um 12.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4322


Den Zusatz über die Sprachenfreiheit braucht unsere Verfassung nicht, weil in Art. 3 (3) schon steht, daß niemand wegen "seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden" darf.
Aber die Schweizer Verfassung besteht, so wie hier zitiert, doch nicht nur aus diesem Satz, sondern auch aus den anderen Artikeln.
Was ist denn an ihr auszusetzen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.12.2008 um 09.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4321


Noch einmal

"Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet" (Schweizerische Bundesverfassung)

D a s gehört in die Verfassung - wenn überhaupt.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 05.12.2008 um 23.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4320


Ganz folgenlos wäre der betreffende Artikel nicht, auch über die weitere Beschädigung des Grundgesetzes durch die Einführung eines neuen Staatsziels hinaus. Zwar ist nicht zu sehen, welchen Gesetzgebungsauftrag die Aussage „Die Sprache in der Bundesrepublik ist Deutsch“ positiv begründen soll, jedenfalls soweit nicht tatsächlich strafbewehrte Verbote anderer Sprachen beabsichtigt sind. Dagegen könnte der Artikel als Verfahrenshürde für etwaige Bestrebungen gedacht sein, Deutsch zum Beispiel als Unterrichts- oder Amtssprache abzuschaffen.

Entsprechende Befürchtungen sind nicht ganz abwegig. Man denke nur an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten, der es vor ein paar Jahren für erstrebenswert erklärte, nur noch privat deutsch zu reden, ansonsten englisch. „He can not have all the teatasses in his cupboard“, glossierte das Feuilleton der FAZ damals. Damit ist freilich schon fast alles gesagt. Solange Oettingers Idee allgemein als bekloppt wahrgenommen wird, bedarf es ihretwegen keiner Grundgesetzergänzung. Sobald sich Mehrheiten für sie finden, wird auch kein Grundgesetzartikel sie aufhalten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.12.2008 um 13.35 Uhr eingetragen.
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Verehrte Frau van Thiel,

die Lächerlichkeit beruht nicht darauf, daß etwas Sebstverständliches in die Verfassung geschrieben werden soll, sondern daß eine solche Vorschrift (ich nenne sie mal so) folgenlos bliebe. Oder kann sich jemand ernsthaft ein Gesetz samt Strafbewehrung vorstellen, das hieraus abzuleiten wäre? - Eine Sprache lebt, solange sie gesprochen wird, und darüber entscheiden allein die Sprecher.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2008 um 13.36 Uhr eingetragen.
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Andersherum

In der Schweizer Bundesverfassung steht:

Art. 4 - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch

Art. 18 - Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet.

Art. 70 - 1. Die Amtssprachen des Bundes sind Deutsch, Französisch und Italienisch.
Im Verkehr mit Personen rätoromanischer Sprache ist auch das Rätoromanische Amtssprache.

2. Die Kantone bestimmen die Amtssprachen. Um das Einvernehmen zwischen den Sprachgemeinschaften zu wahren, achten sie auf die herkömmliche sprachliche Zusammensetzung der Gebiete und nehmen Rücksicht auf die angestammten sprachlichen Minderheiten.

3. ––-

4. Der Bund unterstützt die mehrsprachigen Kantone bei der Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben.

5. ––-
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2008 um 12.49 Uhr eingetragen.
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Finger weg!

Neuerdings ist ein Trend zu beobachten, punktuelle, tagesaktuelle Ziele ins Grundgesetz zu schreiben. Die Absicht ist klar: Die angesprochenen Themen und Probleme sollen der politischen Diskussion entzogen werden. Man will die Würde, Dauerhaftigkeit und Unantastbarkeit des GG in Anspruch nehmen, von denen man sonst gar nicht so viel hält, wenn eben mal wieder ein bürgerliches Freiheitsrecht beschnitten werden soll.
Eine Verfassung hat zwei Aufgaben: Schutz der persönlichen Freiheit und Institutionalisierung politischer Entscheidungsprozesse. Selbstverständlich liegen ihr ein Wertekanon und ein bestimmtes Menschenbild zugrunde. Das Bewußtsein hiervon scheint sich aber immer mehr vom Parlament auf das BVerfG zu verlagern - eine bedenkliche Entwicklung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2008 um 08.50 Uhr eingetragen.
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Zeitlos

Ungeachtet dessen, daß das Grundgesetz auch und gerade Werte setzt (sehr verständlich nach der Katastrophe des Dritten Reichs), haben dennoch tagespolitische - man könnte auch sagen: modische - Wünsche nichts darin zu suchen. Es ist ja schon angeklungen, daß aus GG-Artikeln Gesetze folgen. Wie sollten die wohl in diesem Falle aussehen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.12.2008 um 21.26 Uhr eingetragen.
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Verräterisch

Nicht einmal "Bundesrepublik Deutschland" konnten sie sagen. Aber schon die gewählte Formulierung ist so kindisch, daß sie ganz bestimmt nicht als Grundgesetzartikel verwirklicht werden wird. "Die Sprache ist Deutsch" - was soll das denn heißen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.11.2008 um 09.56 Uhr eingetragen.
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Aber gewiß doch!
Lieber ppc, hätte ich noch schulpflichtige Kinder, ich würde sie, besonders im forgeschrittenen Stadium, immer wieder auf den Reformunsinn aufmerksam machen. Ich würde ihnen auch erklären, daß sie solch einen Mist nur lernen und befolgen müssen, weil die Obrigkeit ihn befohlen hat. - So kann man wenigstens einen kleinen Beitrag zur Heranbildung mündiger Staatsbürger leisten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.11.2008 um 20.00 Uhr eingetragen.
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Ex cathedra

Die Bundeskanzlerin (die einmal mehr "Ehrfurcht" vor Politikern verlangt hat) hat nach ihrem Ausflug in die Zoologie (oder doch in die Botanik? Und wer mag ihr diesen kühnen Vergleich aufgeschrieben haben?), der sogar die FAZ nachdenklich stimmte, wieder höchst rätselhaft gesprochen: "Wenn alle ausfallen, muss man Neue gründen." Das hat irgendetwas mit Banken zu tun, aber wie und was?
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Dr. Karsten Thiel
Trier

Dieser Beitrag wurde am 22.11.2008 um 13.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4208


Auch ich hoffe ja auf einen schleunigen Rückbau der Reform, aber ...

Heute erhielt ich die DVDs der Faustinszenierung Peter Steins. Das sogenannte Booklet bringt die Szenenzusammenfassungen aus Roswitha Schiebs Probentagebuch (in: Peter Stein inszeniert Faust – Das Programmbuch Faust I und II, herausgegeben von Roswitha Schieb unter Mitarbeit von Anna Haas), umgesetzt in den Reformschrieb, wahrscheinlich ohne die Herausgeber zu fragen oder darüber zu informieren (ich besitze dieses Programmbuch, das an keiner Stelle reformschriebgeschädigt erscheint).
Leider begegnet einem dieses mangelnde "historische Bewußtsein" öfter. Da werden ältere Werke gnadenlos reformiert, da werden Zeitungszitate aus den Jahren vor der Reform in die Jahre nach ihr versetzt, Zeitsprünge allüberall. Ebenfalls ungenießbar ist das Booklet zur DVD-Veröffentlichung der Deutschstunde. Man fragt sich, ob der Autor hierzu befragt worden ist ...

O Jammer und Not!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.11.2008 um 12.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4207


Vom Usus zum Abusus zum...

Inzwischen ist es spannender, den Rückbau der Reform zu beobachten als ihre seinerzeitige Installierung. Einstweilen herrscht ja noch die Haltung des Sowieso-egal (gerade auch bei Deutschlehrern und ihren Schülern) vor. Aber ich bin sicher, daß sich in nicht zu ferner Zukunft ein übermächtiges Bedürfnis nach eindeutiger und differenzierender Orthographie unabweisbar regen wird. Nicht bei den Wenigschreibern natürlich, die in der glücklichen Lage sind, niemals umlernen zu müssen.
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Matthias Künzer
Herzogenrath

Dieser Beitrag wurde am 14.11.2008 um 14.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4191


Ist es nicht merkwürdig, daß der Unterschied zwischen traditioneller und verpfuschter Schreibung immer dann angeblich ausgesprochen gering sein soll, wenn es um das Lesen von Texten geht, und immer dann von entscheidender Bedeutung, wenn es um das Schreiben von Texten geht?
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Matthias Künzer
Herzogenrath

Dieser Beitrag wurde am 03.11.2008 um 11.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4134


Mit der Ministerpräsidierendenwahl sind wir auf der sicheren Seite (vgl. Studenten vs. Studierende).
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 02.11.2008 um 22.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4133


Was wäre eigentlich die politisch korrekte Bezeichnung einer Wahl in dem Fall, daß bei einer Ministerpräsidenten(!)wahl nur eine Frau kandidiert, es aber nicht sicher ist, daß die Wahl Erfolg hat – mithin also nicht sicher ist, daß es sich wirklich um eine Ministerpräsidentinnen(!)wahl handeln wird?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.11.2008 um 20.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4131


Wenn schon, denn schon

Nicht zu vergessen: Kopftuchverbot für Beamtinnen und Beamte.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 26.10.2008 um 13.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4107


Auch die Wendung "...und mehr" begegnet uns allenthalben in der Werbung. Was aber, wenn ich gar nicht mehr will, als ein brauchbares Produkt zu erwerben und nicht übers Ohr gehauen zu werden? Bei "und mehr" habe ich immer das Gefühl, daß mir etwas nicht ganz Taugliches angedreht werden soll.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 23.10.2008 um 22.20 Uhr eingetragen.
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Ganz recht, Herr Riemer, ich bin durchaus einverstanden. Erstaunlich ist aber schon auch, daß es Menschen gibt, die nicht weniger engagiert, mutig und geradeheraus sind als Biermann und Reich-Ranicki, aber dabei weniger Radau machen. Wenn die Portion Pfeffer zu penetrant geraten ist, kann das Gewürz die Nuancen, die auch beim gutbürgerlichen Essen erst erkennen lassen, ob es Qualität hat, in den Hintergrund drängen. Manche mögen das so, verwechseln gerne das Laute mit dem Lauteren.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 23.10.2008 um 20.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4102


Ich will Reich-Ranicki nicht zu sehr mit Biermann vergleichen, aber eine gewisse Gemeinsamkeit haben sie doch. Wenn man ihnen eine Frage stellt, die man nur mit ja oder nein beantworten kann, dann bekommt man auch die Antwort ja oder nein. Natürlich, wenn nötig, auch noch mit einer detaillierteren Begründung. Auf andere konkrete Fragen geben sie immer eine konkrete Antwort, da wird nicht um den heißen Brei herumgeeiert, wie bei so vielen anderen Rednern. Vielleicht fallen dabei auch mal derbe Worte, aber eine Portion Pfeffer gehört nun mal oft zu einem deftigen, "gutbürgerlichen" Essen. Ich empfinde das nicht als radauhaft. Man kann es auch ehrlich, engagiert, mutig, geradeheraus nennen.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 23.10.2008 um 18.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4100


Warum sollte ich Herrn Reich-Ranicki geringschätzen? Ganz im Gegenteil. Aber ich mag seine Manieren nicht. Viele seiner Zuschauer verehren ihn wohl hauptsächlich wegen seines radauhaften Auftretens. Das sei jedem unbenommen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.10.2008 um 15.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4099


Mit der staatlichen Finanzhilfe ist es ein bißchen so wie mit der Rechtschreibreform: Auch wer besser schreiben konnte, sollte daraus keinen Vorteil ziehen dürfen. Darum auch die Zwangsbeglückung aller. Noch mehr: Auch die Reform stellte ungedeckte Schecks aus. – Wenn man sah, wie der deutsche Finanzminister kürzlich an einer Vortragsveranstaltung nach jedem markigen Satz trotzig die Lippen zusammenkniff, wahllos auf alle Kritiker (ganz besonders "die Professoren" ... das hatten wir doch schon einmal) eindrosch und nun erlebt, wie er wieder einmal aus der Hüfte ballert, kann einem schon angst und bange vor so viel Kontrollverlust werden.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.10.2008 um 13.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4087


Wie kommt es, daß man gerade Reich-Ranicki seine Empörung nicht so ganz abnimmt? Sicher spielt dabei ein Rolle, daß er eben doch auch ein Medienprodukt ist, nicht zuletzt eines des Fernsehens. Solte er wirklich so naiv gewesen sein, nicht gewußt zu haben, daß das Fernsehen ein Massenmedium ist? Glaubte er, alle Sendungen seien auf dem Niveau seiner eigenen angesiedelt? – Ich denke, da hat sich ein alter Herr einfach geärgert, daß man ihn einigermaßen respektlos zu lange warten ließ.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 20.10.2008 um 13.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4086


Reich-Ranicki selbst ist mir reichlich egal; und ob ich ihn stärker unterschätze, als Herr Lachenmann ihn geringschätzt, sei dahingestellt.

Ist es nicht jedem von uns schon einmal passiert, daß er irgendwo eingeladen war und sich dann gefragt hat, was zum Teufel er dort eigentlich macht? Daß er das Gefühl hatte, mit den Leuten überhaupt nichts zu tun zu haben, daß er das Dargebotene für abscheulich und empörend gehalten hat? Daß er dann am liebsten lauthals seinen Unmut kundgetan hätte?
Hier hatte eben mal einer die Möglichkeit dazu und hat sie genutzt. Daß das jetzt Reich-Ranicki war, ist im Grunde Zufall. Es hätte auch jemand anderes sein können, und der hätte dann auch von allen Seiten in die Schnauze gekriegt.

Mir geht es darum, daß hier nicht gefragt wird: "Hat er recht?", sondern es wird nur gerufen: "Der hat's gerade nötig!"

Selbst wenn Reich-Ranicki sein Lebtag lang nur Unsinn geredet hat, selbst wenn er mit Kalkül und in narzißtischer Absicht gesprochen hat, selbst wenn man ihm gerechterweise noch so viel Böses vorwerfen kann, kann man seine Worte schlichtweg gelten lassen.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 20.10.2008 um 12.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4085


Herr Mahlmann, Sie unterschätzen Reich-Ranicki viel mehr, als Sie dies Herrn Lachenmann vorwerfen.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 20.10.2008 um 11.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4084


Ich kann Herrn Lachenmann nicht zustimmen. Marcel Reich-Ranicki ist nicht zu unterstellen, daß er eine schlechte Meinung vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen hat, daß er deshalb zu Hause hätten bleiben sollen und daß seine Kritik Koketterie ist, die seine Erhabenheit über das Medium ausdrücken soll, das ihn ernährt.
Er muß im Gegenteil eine hohe Meinung vom Fernsehen haben, zumindest gehabt haben, insbesondere vom öffentlich-rechtlichen. Deshalb ist er bei der Preisverleihung erschienen. Umso enttäuschter war er von der Veranstaltung und den Preisträgern. Wäre das Niveau seiner Erwartung gemäß schlecht gewesen, hätte er sich nicht über die Preisträger wundern können oder dürfen. Sie waren aber schlechter, als er erwartet hat. Deshalb wollte er fliehen, das hat er kritisiert.
Es ist erstaunlich, daß Reich-Ranicki stets eine solche Pauschalkritik unterstellt wird. Er hat keineswegs alles in Bausch und Bogen niedergemacht. Er hat im Gegenteil punktuell getadelt und daneben anderes ausdrücklich gelobt, z. B. arte. Nicht zuletzt deshalb muß er vom Fernsehen im allgemeinen eine höhere Meinung gehabt haben, als Herr Lachenmann schreibt.
Warum wird ihm Falschheit, kalkulierte Empörung zur Selbstbeweihräucherung, unehrenhaftes Betragen und unbotmäßige Selbstinszenierung vorgeworfen? Warum kann man nicht einfach gelten lassen, daß der Mann mit Erwartungen zu der Veranstaltungen gegangen ist, die nicht erfüllt wurden, daß er enttäuscht und verärgert war und daß er diesem Ärger einfach Luft gemacht hat?
Was für ein Heiland muß man sein, damit man nicht gerügt wird, Kritik geübt zu haben? Und wenn man Reich-Ranicki für den letzten Schwätzer hält – wo er recht hat, hat er recht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.10.2008 um 20.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4083


Genauso halte ich es auch: die Naphta-Settembrini-Dispute habe ich, glaube ich, noch nie ganz gelesen. – Musil ist wahrscheinlich kein besonders angenehmer Mensch gewesen. Th. Mann soll ja alle gelobt haben – eine spezielle Art von Überheblichkeit.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 19.10.2008 um 19.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4082


Lieber Kratzbaum,

ohne nun eine Musil-Diskussion entfachen zu wollen, möchte ich noch auf Ihren Hinweis zu Thomas Mann, bzw. Musils Haltung zu diesem eingehen.

Sie wiesen ja schon darauf hin, daß Musil Mann nicht mochte. Später steigerte sich diese Abneigung zu einem geradezu pathologischen Haß auf Thomas Mann, dessen Werk und natürlich dessen Erfolg. Musils Tagebücher und v.a. seine Briefe sind wahre Fundgruben für diese Ausfälle. (Sie können einem übrigens auch die Lektüre Musils ganz schön vermiesen, aber das nur nebenbei.)

Musil hat in Briefen (und wohl auch in Gesprächen) die Rolle des am Hungertuch nagenden Dichters, der ohne jede Unterstützung an einem Jahrhundertwerk schreibt, arg strapaziert. Nicht daß dabei seine Einschätzung des MoE falsch wäre. Aber er ist doch immer wieder von allen möglichen Seiten finanziell unterstützt worden. Rowohlt zahlte ihm etwa von 1925 bis 1933 acht Jahre lang Vorschüsse auf den Abschluß des MoE. Anfangs lagen Ernst Rowohlt nur so um die 50 Seiten dieses Romans vor. Wenn ich mich richtig erinnere, dann erschien Thomas Manns "Zauberberg" 1924, als Rowohlt mit Musils "Drei Frauen" zugleich dessen Gesamtwerk in Verlag nahm. Thomas Mann war da schon viele Jahre Verlagsautor von S. Fischer, bei dem es Musil 1914 als Lektor der "Neuen Rundschau" nicht geschafft hatte, ebenfalls Hausautor zu werden (lediglich zu einer Titelauflage von "Die Vollendung der Liebe" kam es). Später erschien dann noch "Die Amsel" in der "Neuen Rundschau" im Erstdruck.

1933 schrieb Musil an seinen "Entdecker" Franz Blei ("Der Doktor Blei"), Rowohlt habe sich wenig anständig benommen, er hoffe aber den Roman nun auch ohne einen Verleger fertigzustellen. Acht Jahre Zahlungen für ein Werk, das letztlich nicht fertig wird, finde ich eigentlich ziemlich anständig. Und auch der vielgescholtene Thomas Mann ("Er ist schon was! aber er ist nicht wer!", Tagebücher, hrsg. A. Frisé, 1976, S. 800) benimmt sich sehr anständig, als er von Rowohlts Zahlungseinstellung erfährt. In einer Zeitschrift macht er in der Weihnachtsumfrage nach den besten Bücher ganz direkt Werbung für Musils Buch (das wohlgemerkt nur als Fragment publiziert vorliegt) und sorgt schließlich noch für eine Werkbeihilfe der Preußischen Akademie der Künste (in der ja der Bruder Heinrich sitzt). Alles in allem wird man den "Haifischmagen" auch vor dem Hintergrund dieses Gefühls, zu kurz gekommen zu sein, sehen müssen.

Das ändert freilich nichts daran, daß ich ebenfalls die philosophischen Diskussionen zwischen Naphta und Settembrini im "Zauberberg" nicht sonderlich mag. Man kann sie übrigens leicht überblättern, ohne daß der Roman dadurch viel verlöre. (Wahrscheinlich ziehe ich mir nun den Zorn der Jünger Thomas Manns zu!)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.10.2008 um 16.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4081


Mit Brille wär das nicht passiert...

Lieber Herr Höher, ich finde es erstaunlich, wie sie einen solchen Text fast fehlerfrei aus dem Gedächtnis zitieren können... Nun muß ich mich aber meinerseits entschuldigen. Tatsächlich kommen keine "Isobaren" vor ! Die habe ich wohl selbst hineingelesen, weil ich aus dem Stand mit "Isotheren" nichts anfangen konnte. - Man hat ja diesen berühmten Anfang auch als hochgestochen und bildungsangeberisch mißverstanden und dabei die Musilsche Ironie nicht zur Kenntnis genommen. R. Vollmer sagt in seinem "Romanverführer" (Die wunderbaren Falschmünzer) der MoE sei ein Roman für Leute, die keine Romane mögen. Musil war sich sehr wohl darüber im klaren, daß die "essayistischen" Einschübe eigentlich genrefremd seien. Sie waren ihm aber überaus wichtig. Ich selbst schätze sie allemal höher als z.B. die "geistigen" Kapitel im "Zauberberg", die Musil übrigens an einen Haifischmagen erinnerten...
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 19.10.2008 um 13.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4080


Lieber Kratzbaum,

den Anfang von Musils MoE habe ich tatsächlich aus dem Gedächtnis zitiert. Ich habe jetzt den ersten Band der Werkausgabe zur Hand (Mai 1978) und werde wohl besser den ganzen Absatz noch einmal philologisch einwandfrei zitieren.

Wenn ich sonst wörtlich zitiere, weise ich meist darauf hin, daß ich die genaue bibliographische Angabe auf Wunsch nachliefern kann. Ihre "Isobare" finde ich aber nicht im Text, wohl die "Neigung", dem "über Rußland lagernden Maximum" auszuweichen. Immerhin hat Musil dieses Kapitel sehr schön überschrieben: "Woraus bemerkenswerter Weise nichts hervorgeht". Darauf wollte ich auch eigentlich nur hinaus. Nun aber der Genauigkeit halber noch einmal korrekt:

Über dem Atlantik befand sich ein barometrisches Minimum; es wanderte ostwärts, einem über Rußland lagernden Maximum zu, und verriet noch nicht die Neigung, diesem nördlich auszuweichen. Die Isothermen und Isotheren taten ihre Schuldigkeit. Die Lufttemperatur stand in einem ordnungsgemäßen Verhältnis zur mittleren Jahrestemperatur, zur Temperatur des kältesten wie des wärmsten Monats und zur aperiodischen monatlichen Temperaturschwankung. Der Auf- und Untergang der Sonne, des Mondes, der Lichtwechsel des Mondes, der Venus, des Saturnringes und viele andere bedeutsame Erscheinungen entsprachen ihrer Voraussage in den astronomischen Jahrbüchern. Der Wasserdampf in der Luft hatte seine höchste Spannkraft, und die Feuchtigkeit der Luft war gering. Mit einem Wort, das das Tatsächliche recht gut bezeichnet, wenn es auch etwas altmodisch ist: Es war ein schöner Augusttag des Jahres 1913.

Aus: Robert Musil: Gesammelte Werke in neun Bänden. Hrsg. von Adolf Frisé. Bd. 1: Der Mann ohne Eigenschaften. Erstes Buch. Kapitel 1–80. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1978, S. 9.

Nachtrag:
Ich bitte um Nachsicht, aber ich habe Ihren Hinweis erst heute gelesen. Deshalb liegen nun einige Tage dazwischen.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 19.10.2008 um 11.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4079


Was ist an MRR so schlimm oder – je nach Standpunkt – so toll? Klar ist jedenfalls, daß sein Literarisches Quartett ohne ihn kein so langes Leben hätte fristen können, denn ob seine Ansichten nun „richtig“ oder „falsch“ waren, der Informationswert jedenfalls der Sendungen über die „Litterratturr“ war meistens gering, der Unterhaltungswert wäre es allein mit seinen langweiligen Mitdiskutanten allerdings erst recht gewesen.

Solange einem das nicht zu fad wurde, schaute man sich diese Sendungen an, um etwas zu erleben, etwa wie MRR wieder und wieder mit seinem unbändigen und alle Regeln des guten Benehmens ignorierenden Temperament und mit dem Gestus der Kompromißlosigkeit seinen Mitdiskutanten theatralisch ins Wort fiel, alles, was nicht seine Meinung war, für Quatsch erklärte, und aufgrund dieser Attitüde, die einfach die am stärksten vorgetragene war, neigte der Zuschauer dazu, ihm recht zu geben, denn die meisten hatten ja von Literatur keine rechte Ahnung oder eine so dezidierte Meinung wie MRR, die holte man sich bei ihm ab. Die Sendungen hatten enorme Auswirkungen auf den Buchmarkt, selbst verrissene Bücher wurden – wie das so üblich ist – sehr gut verkauft. Hingegen konnte man auch hervorragende Bücher mit diesem Instrument totschweigen.

Sein Auftritt bei der Preisverleihung war nicht sonderlich ehrenhaft. Die Qualität des öffentlichen Fernsehens ist seit Jahrzehnten in etwa dieselbe, was MRR nicht gut erst zum Bewußtsein kommen konnte, als ihm der Stuhl unter seinem Allerwertesten zu hart wurde. Er hätte der Veranstaltung fernbleiben sollen und dieses Fernbleiben in einem Offenen Brief erklären können, jede Zeitung hätte den abgedruckt. Wenn ich von einer Institution wie dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen eine so geringe Meinung habe wie MRR, dann kann ich nicht gut zu einer Veranstaltung gehen, bereit, mir von dieser Institution einen Preis abzuholen.

Der Nachklapp von Elke Heidenreich in der FAZ hat das wenig rühmliche Verhalten MRRs allerdings an Peinlichkeit weit übertroffen. Sie hätte das alles von vornherein für völlig unsäglich gehalten – mit dem einfältigen Proleten Gottschalk als Moderator, igittigitt – , sei nur hingegangen, um MRR die Ehre zu erweisen (das hätte sie weiß Gott auch anders bewerkstelligen können). Und sie will allen Ernstes glauben machen, wenn MRR nicht von sich aus diesen Eklat herbeigeführt hätte, dann wäre sie aufs Podium gesprungen, um ihn davon abzuhalten, diesen dämlichen Preis anzunehmen. Meinungsmarktstrategisches Trittbrettfahren könnte man das nennen.

Da ist eben die volkstümliche Anspruchslosigkeit, die nur irgendwie unterhalten und unterhalten werden will, aneinander geraten mit der auch nicht sonderlich intelligenten Arroganz derjenigen, die zwar von dem Unterhaltungsjahrmarkt gut leben aber meinen, gelegentlich deutlich machen zu müssen, daß sie dafür eigentlich zu schade sind, weil sie nämlich aus der Welt des Geistes herkommen. Naja – wie man’s nimmt, jedenfalls hat hier nicht der Geist, sondern es hat die Unterhaltung triumphiert.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.10.2008 um 09.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4078


Schon faul!

Wer "Schnittstellen verzahnen" möchte, hat sowieso schon abgedankt. - Aber das fließt so aus der Feder und könnte seitenlang so weitergehen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.10.2008 um 09.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4066


M.o.E.

Lieber Herr Höher,

haben Sie Musil aus dem Gedächtnis zitiert? – In meiner Ausgabe (Aug. 1981) steht z.B., daß die Isothermen und Isobaren "ihre Schuldigkeit taten" ... und das Minimum "noch keine Neigung zeigte", diesem (dem Maximum über Rußland) nördlich auszuweichen. Diese Vermenschlichung ähnelt verblüffend der Diktion heutiger Wetterberichte im Fernsehen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.10.2008 um 19.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4065


Ich würde nie so weit gehen, R.-R. als völlig unbedeutend herabzusetzen. Was mir und vielen anderen mißfällt, ist der unübersehbare Hang zur Selbstdarstellung, diese ungeniert zur Schau gestellte Eitelkeit. Darin besteht sein Unterhaltungswert. Wer sich damit nicht begnügen möchte, der findet den Literaturpapst bald langweilig.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 13.10.2008 um 15.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4063


Reich-Ranicki hat ausdrücklich gesagt, daß er nicht alle ausgezeichneten Sendungen für schlecht hält.

Ein Literaturkritiker – unabhängig von der Person Reich-Ranicki – macht Lust auf Kultur, Lust auf Lesen, er trägt die Literatur in die Öffentlichkeit. Das kann ich nicht als "unschöpferisch" ansehen. Und das gelingt ihm gerade dann, wenn er nicht von allen Seiten Beifall kriegt, sondern die Geister sich an ihm scheiden.

Was immer man von Reich-Ranicki selbst auch halten mag – und in diesem Forum ist die vorherrschende Meinung wohl: "nichts" –, hat er mit seiner Kritik einfach recht, und das kann man ihm auch lassen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.10.2008 um 15.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4061


So gesehen

Ich frage mich allerdings, was vom Fernsehen noch übrigbleibt, wenn man die Programmgestaltung wegdenkt. Ob R.-R.s Kritik gerade in diesem Zusammenhang besonders "ehrenvoll" ist? Und daß alle preisgekrönten Produkte und ihre Protagonisten Mist gewesen sein sollen, mag ich auch nicht so recht glauben. (Ich selbst sehe mir solche Sendungen nie an.) Es lugt unter aller Entrüstung eben doch wieder ein wenig Selbstüberschätzung hervor. Worin besteht übrigens das "Lebenswerk" eines Literaturkritikers, also eines zutiefst unschöpferischen Menschen?
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 13.10.2008 um 15.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4060


Was drei Minuten ausmachen können...
Herr Markners Beitrag wurde öffentlich, als ich meinen gerade schrieb. Ich bitte um Nachsicht für die inhaltliche Redundanz.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 13.10.2008 um 15.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4059


Reich-Ranicki hat nicht das Fernsehen als solches kritisiert, sondern einige der prämierten Sendungen und insbesondere die Veranstaltung zur Preisverleihung.
Und ist Reich-Ranicki die Kritik zu versagen, weil er dem Medium viel zu verdanken hat? Macht das seine Kritik nicht noch ehrenvoller?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.10.2008 um 15.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#4058


Reich-Ranicki hat nicht das Fernsehen an sich gescholten, sondern die Programmgestaltung im allgemeinen und die Sendung, an der er teilzunehmen das Mißvergnügen hatte, im besonderen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.10.2008 um 13.54 Uhr eingetragen.
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Noch einmal R.-R.

Man kann durchaus Respekt empfinden vor Reich-Ranickis Paukenschlag und auch E. Heidenreichs Schlachtengemälde mit Sympathie betrachten. Und doch: Ohne das von ihm so sehr geschmähte Fernsehen wäre R.-R. wohl nicht "Literaturpapst" geworden.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 12.10.2008 um 13.39 Uhr eingetragen.
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Ab in den Ofen

Alle Modewörter schlägt nach meinem Eindruck z.Zt. der "Fokus". Wobei die meisten sich darunter eine Art Scheinwerfer oder auch Fernrohr vorzustellen scheinen: Man richtet den F.auf etwas, nimmt etwas in den F. usw.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.10.2008 um 18.51 Uhr eingetragen.
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Lustig

Ihre Frau Mutter hatte ganz recht, Herr Bärlein: R.-R., Sick und Grass bedienen ein öffentliches Bedürfnis nach Unterhaltung. Besonders die ersten beiden sind darum auch in höchstem Maße TV-tauglich, sind auch beinahe eher Opfer eines Betriebs, dem sie sich allerdings glänzend angepaßt haben.

Grass hätte wirklich Zeichner bleiben sollen, anstatt diese unglückliche, unerwiderte Liebe zum Schreiben zu kultivieren. Wie dieser Mann darüberhinaus zur moralischen Instanz aufsteigen konnte, wird mir immer ein Rätsel bleiben.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 10.10.2008 um 17.26 Uhr eingetragen.
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Meine Mutter, eine sehr belesene Frau, guckte sich seinerzeit regelmäßig das "Literarische Quartett" im Fernsehen an. Auf meine Einwände gegen die Sendung und speziell das Urteilsvermögen von Reich-Ranicki antwortete sie nur: "Aber es ist doch lustig!" Und Grass muß man immerhin eines zubilligen: Der Mann kann zeichnen.
Wirklich ärgerlich ist weder der Literaturpapst noch der Schriftsteller, sondern sind die Projektionen, die sich auf die beiden richten. Bastian Sick, der "freundliche Deutschlehrer der Nation", ist übrigens ein ganz ähnlicher Fall. Auch er verdient Nachsicht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.10.2008 um 13.17 Uhr eingetragen.
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Pneumatologie

Das Tragische an Figuren wie Reich-Ranicki oder auch G. Grass ist, daß ihnen so lange eingeredet wird, sie seien geradezu Institutionen, bis sie es selber glauben. Hinzukommen muß unbedingt noch häufige TV-Präsenz. – Von beiden wird nach ihrem Ableben so gut wie nichts bleiben. R.-R. mag ich aber doch: als Sujet der gelungenen Parodie eines Th. Freitag.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.10.2008 um 13.20 Uhr eingetragen.
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Parallelen – Zur Vernachlässigung der Empirie

Auch im Chemieunterricht der Schule beobachtet man seit Jahrzehnten eine Geringschätzung der "Stoffchemie" zugunsten von "Modellen". Eine Folge davon ist z.B., daß auch einfache chemische Vorgänge nicht mehr formuliert oder vorhergesagt werden können. – Nicht ohne Grund beginnt ein Studium noch immer mit ausgedehnten analytischen Praktika. Nicht weil später alle einmal Analytiker werden wollen, sondern weil man nur so einen unbezweifelbar wirklichkeitsnahen Zugang zur Chemie findet. In der Schule wird ja sowieso viel hochgestapelt, hängt vieles in der Luft. Heraus kommt dann eine Menge Halb- bis Unverstandenes und Unbrauchbares.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.09.2008 um 13.38 Uhr eingetragen.
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Tiefschürfend

Danke den Teilnehmern für Ihre Stellungnahmen. Es ist sicher nicht nur das Verhältnis zur, die Achtung vor der gewachsenen Othographie.Diese sind vermutlich ein Ausdruck des Verhältnisses zur Muttersprache überhaupt. Urs Bärlein hat bereits die Schriftkultur ins Spiel gebracht. Noch einen Schritt weiter, und man ist bei der Sprachkultur. Es gibt eben Nationen, die stolz darauf sind, richtig sprechen und schreiben zu können. Bei uns erinnert beides immer an lästige Schulstunden und Plackerei.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 30.09.2008 um 13.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3968


Der Vergleich zwischen den französischen und den deutschen Verhältnissen ist nicht ganz einfach. Einerseits war in Frankreich die Académie zumindest anfangs maßgeblich an den Reformbestrebungen beteiligt, während die deutsche Rechtschreibreform geradezu auf die Demonstration abgestellt zu sein scheint, daß Literaten hierzulande nichts zu melden haben. Andererseits dreht dem sprachbewußten Franzosen die Wandlung des va-nu-pieds zum vanupieds vermutlich genauso den Magen um wie unsereinem die Mutation der Gemse zur Gämse.

Den entscheidenden Unterschied sehe ich in der Übergangsfrist. Für Deutschland wurden 1996 alle zum Zeitpunkt des Beschlusses in privaten wie öffentlichen Bibliotheken oder sonstwo vorhandenen auf deutsch abgefaßten Bücher und sonstigen Schriften für orthographisch falsch erklärt und damit einer nichtmusealen Nutzung, dem Gebrauch als Bestandteil der Gegenwartskultur, entzogen. Daß dieser Beschluß erst zu einem späteren Zeitpunkt ex post wirksam werden sollte, entsprang politisch-taktischen Erwägungen und ändert nicht an der Sache. In Frankreich dagegen wurde auf einen entsprechenden Beschluß verzichtet.

In dieser Perspektive ist des Pudels Kern nicht eine spezifisch deutsche Haltung zur Orthographie, sondern zur Schriftkultur. Deren Verachtung wiederum ist nicht spezifisch deutsch, sondern kulturrevolutionär. Was wiederum den Verdacht nährt, daß die deutsche Rechtschreibreform (völlig unabhängig von den orthographischen Details) eben doch etwas spezifisch Deutsches ist, nämlich ein Nachläufer der Revolution von 1933.
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Matthias Künzer
Herzogenrath

Dieser Beitrag wurde am 30.09.2008 um 11.23 Uhr eingetragen.
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zu: Kratzbaum, "Des Pudels Kern"

Schlimmer noch als Gleichgültigkeit, häufig wurden ja in vorauseilendem Gehorsam Reformschreibweisen verwendet, die gar nicht als solche vorgesehen waren. Existenzangst, gepaart mit geringem Selbstwertgefühl, würde ich in solchen Fällen konstatieren.

In die Richtung der Durchsetzung der Reform wirken Anpassungsmechanismen ("es ist ja nicht so schlimm", "alle machen das jetzt so"), die nach einiger Zeit den ursprünglichen Widerwillen dahinschmelzen lassen. In die Gegenrichtung wirken Schlendrian zusammen mit dem eingewurzelten Sprachgefühl.

Gab es eigentlich in Japan schonmal eine Rechtschreibreform?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.09.2008 um 07.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3966


Des Pudels Kern

Für mich bleibt die Frage besoders spannend, warum gerade in Deutschland eine solche um sich greifende Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtschreibung möglich ist – wohlgemerkt: bei Schreibern, bei denen man bis vor kurzem durchaus solide Kenntnisse voraussetzen durfte. Es liegt sicher auch an der allgemeinen Unsicherheit, der Beschädigung des Sprachgefühls, dem Hin und Her der Reform u.a.m.

Schon öfter ist ja hier bemerkt worden, daß eine solche "Reform" (d. h. ein solch barbarisches Zerstörungswerk ) z.B. in Frankreich undenkbar wäre, also genau in den Ländern, in denen Orthographie hohe Achtung genießt. Auch die Schweiz möchte ich hier noch einmal anführen, wo man ein Deutsch schreibt, das man nicht spricht und dem man deswegen besondere Sorgfalt angedeihen läßt. Das Rettungsunternehmen SOK beweist das.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 24.09.2008 um 11.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3942


Daß der Unterschied zwischen Schweizerdeutsch und Hochdeutsch tatsächlich größer ist als der zwischen deutschen Dialekten und Hochdeutsch, möchte ich zumindest dann bezweifeln, wenn es um unverfälschtes Plattdeutsch oder gar um so etwas wie Saterfriesisch geht.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 23.09.2008 um 21.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3940


Was man in Deutschland gemeinhin für Schweizer Dialekt hält, ist das Hochdeutsch der Schweizer. Wenn zwei Schweizer miteinander auf schweizerdeutsch sprechen, versteht ein Deutscher, der Schweizerdeutsch nicht gelernt hat, in der Regel nichts. Die Hürde ist also etwas höher als bei den deutschen Dialekten.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 23.09.2008 um 21.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3939


Ich spreche zwei Dialekte fließend: Pfälzisch, meinen Heimatdialekt, den ich von meinen Eltern erlernt habe, und Schwäbisch, den Dialekt, den ich mir in meiner zweiten (schwäbischen) Heimat seit meinem Studium angeeignet habe und den ich heute im Alltag quasi als "Hauptdialekt" spreche. Wenn ich Schriftdeutsch zu Papier bringe (und das tue ich täglich, in oft umfangreichen Texten und ausgesprochen gern), sehe ich dennoch keine "Kontrollinstanz" zwischen den von mir gesprochenen Dialekten und dem Geschriebenen, weil Schriftdeutsch für mich völlig gleichberechtigt neben den beiden Dialekten steht, auch wenn ich es im Alltag meistens nur dann spreche, wenn ich mich beruflich zu äußern habe. Allerdings bin ich froh, zwei weitere "Sprachen" sprechen zu können, denn sie bereichern meine Ausdrucks- und Kommunikationsmöglichkeiten sehr.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 23.09.2008 um 13.56 Uhr eingetragen.
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Dann müßte sich ja in deutschen Gegenden, in denen vorwiegend Mundart gesprochen wird, ähnliches finden.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.09.2008 um 13.01 Uhr eingetragen.
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Eventuell

Die Sorgfalt, mit der in der Schweiz professionell Schreibende mit der Rechtschreibung umgehen, könnte auch darin begründet sein, daß man dort Dialekt spricht und "Schriftdeutsch" schreibt. Das Verhältnis zur geschriebenen Sprache ist also ein ganz anderes als im hochdeutschen Sprachraum. Ich möchte sagen: distanzierter und objektiver, auch "fremder". Zwischen das Gesprochene und das Geschriebene schiebt sich eine Kontrollinstanz, eine Art von "Übersetzung", die wie jede Übersetzung korrektes und solides Arbeiten erfordert.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.09.2008 um 09.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3936


Kollateralnutzen

Wenn Minister Reiche sagt, daß die Vorteile der neuen Rechtschreibung sich bereits in den Grundschulen zeigen, so möchte ich noch einen Schritt weiter gehen:
Einen maximalen Nutzen haben die Analphabeten. Denn wenn die, die es konnten, es nicht mehr können, so sind die, die es nicht konnten und immer noch nicht können, auf der Gewinnerseite – ganz kostenlos.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 21.09.2008 um 23.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3929


Irgendwo in diesem Forum (hier; Red.) stand zu lesen:

"Daß die Reform so gut aufgenommen wurde und sich so verbreitet und verfestigt hat. ..."

Besser hätte es der Sprecher eines der unzähligen Kultusministerien nicht indoktrinieren können.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 21.09.2008 um 19.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3926


Herrn Markner ist darin zuzustimmen, daß die Initiatoren der Reform keineswegs gutwillig dem tumben Volke Hilfe leisten wollten. Sie haben sich seinerzeit ausführlich und entschieden dazu geäußert, welche Leitgedanken ihnen eigen sind.

Wer diesen Demiurgen heute unterstellt, sie hätten nicht gewußt, woran sie rühren, weil sie als Diskursobere geistig arm sind, kennt die (Anfänge der) Geschichte dieses Desasters der deutschen Kultur nicht.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 19.09.2008 um 10.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3922


Tja, "die führenden Köpfe hiesiger Publikationsorgane", von denen Kratzbaum schreibt, brauchen bloß abzustreiten, daß die SOK und die Schweizer Presse recht haben, und schon können sie ohne jede Schamesröte weitermachen wie bisher. Und abstreiten müssen sie es auch nur dann, wenn sie darauf angesprochen werden. Ansonsten reicht ein Schweigen (nicht mal Totschweigen) völlig aus.
Und warum sollten die Schulverantwortlichen in der Schweiz ein neues Faß aufmachen? Das bringt ihnen nur Ärger. Die werden stiekum gelten lassen, wenn Schüler und Lehrer den SOK-Empfehlungen folgen. Heyse ist in der Schweiz schließlich kein Thema, und wer macht sich schon die Mühe, in einem Text nach "belemmert" und "rauh" zu suchen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.09.2008 um 09.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3921


"Aus dem grauen Luftgebilde
Bricht die Sonne klar und milde"

Was die die SOK und die Schweizer Presse da in Sachen Rechtschreibrefom konstatieren und – vor allem – welche praktischen Folgerungen sie daraus ins
Werk setzen, sollte die führenden Köpfe hiesiger Publikationsorgane jeden Morgen schamrot werden lassen angesichts des eigenen totalen Versagens. – Nun bleibt nur noch die spannende Frage, wann die eidgenössischen Schulverantwortlichen folgen werden.
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 18.09.2008 um 07.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3919


Herrn Lachenmann möchte ich auf voller Linie zustimmen.
An R. Markner: das Nachdenken erscheint mir in keinem Fall als überflüssig, auch wenn dabei Spekulationen und »Glaubenssätze« formuliert werden. Neue Irrtümer sind zwar nicht zu vermeiden (Metamorphose des »Bösen«), aber die Möglichkeit, Irritierendes, Schmerzliches oder auch nur Chaotisches ordnen und benennen zu können, gibt das innere Gleichgewicht zurück und verleiht damit geistige Souveränität in einer Welt voller Unwägbarkeiten. Freiheit ist geistige Freiheit, nicht körperliche, wobei sich jeder Mensch auf seine Weise »befreit«. Dies wiederum macht erst den Austausch von Gedanken so befruchtend und interessant. Freiheit ist die Mutter, nicht die Tochter der Ordnung. Die Freiheit, nachzudenken, kann uns niemand nehmen.
Und hieraus ergibt sich der unvorhergesehene Nutzen, den wir alle aus der Lehre RSR ziehen können: Im Negativen noch das Positive sehen zu können, das ist wahre Lebenskunst!
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 17.09.2008 um 23.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3918


War es nicht ganz einfach die Freude der mit der Reform beauftragten Individuen darüber, für so bedeutend gehalten zu werden, daß ihnen ein staatlicher Auftrag anvertraut wurde, der ihnen eine einmalige, "historische", Gelegenheit gab, eine kulturhistorische Tat zu vollbringen, die in die Geschichte eingehen würde? Der Gedanke, daß sie dieser Aufgabe gar nicht gewachsen sein würden, oder gar die Erkenntnis, daß dafür gar kein Bedarf bestanden hat, kommt jemandem, der für derartiges berufen wird, natürlich nicht. Von wenigen Ausnahmen abgesehen: Munske und Eisenberg, der dann leider sich für die Aufgabe berufen fühlte, aus der verkorksten Situation eine weniger verkorkste zu machen, als Retter der deutschen Rechtschreibung in die Geschichtsbücher einzugehen, also doch noch irgendwie gestalterisch wirksam zu werden. Wenn er seinen Einfluß dahingehend geltend zu machen versucht hätte, daß das Ganze erst mal abgeblasen wird, hätte er sich vielleicht nicht durchsetzen können, jedenfalls wäre seine Funktion nicht als eine "konstruktive" wahrnehmbar geworden, was für Nachruhm kaum etwas hergegeben hätte. Ähnliches gilt für Zehetmair.
Berühmt wird man nicht durch Verhinderung von Unglück, weil damit das Unglück ja gar nicht in seiner ganzen Tragweite offenbar werden kann, sondern durch den Anschein, sich als Verhinderer noch größeren Unglücks als Retter in der Not Verdienste erworben zu haben.
Was die Reformer rein auf die Rechtschreibung bezogen für Absichten hatten, hat gegen diese primäre Motivation vermutlich kaum Bedeutung, denn bei einigermaßen vernünftigen Nachdenken, hätten sie selbst darauf kommen können, daß das alles sowohl überflüssig war als auch zu nichts anderem führen konnte, als zu dem, wozu es geführt hat.

Wir dürfen davon ausgehen, daß in vielen anderen Bereichen der Politik mit demselben Sachverstand und denselben Motivationen verfahren wird, wie in unserer kleinen Rechtschreibwelt im Regentropfen. Drum sieht auch alles so verfahren und sehen die Politiker charakterlich so erbärmlich und sachlich so unqualifiziert aus. Man übertrifft sich in gegenseitigen Schmähungen - das ist es dann auch schon.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 17.09.2008 um 16.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3917


Wem nützen diese Glaubenssätze? Die Absichten und Erwartungen der Reformer gehen aus ihren eigenen Veröffentlichungen deutlich genug hervor. Zu Spekulationen besteht kein Anlaß.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 17.09.2008 um 15.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3915


Auch wenn das Ergebnis katastrophal ist, nehme ich den Reformern ab, daß sie davon überzeugt waren und sind, dem Schreibvolk einen Gefallen zu tun. Insofern erklärt sich auch das Unverständnis, mit dem sie auf Kritik reagiert haben – ebenso wie die Enttäuschung und der Unmut und die Weigerung, die Reform aufzugeben.
Ich halte es für möglich, daß die Reformer tatsächlich dachten, ihre Änderungen würden begeistert aufgenommen und alle Schriften sogleich umgestellt, ohne daß jemand Verrat an der Kultur geißelte. Womöglich dachten sie auch, ihr Reformwerk sei so logisch, daß Textverarbeitungsprogramme leichthin alte Texte in Neuschrieb übersetzen könnten.
Heute mag so eine Denkweise naiv erscheinen. Wir alle erkennen, was die Reform angerichtet hat. Und auch wenn einige von Anfang an diese Folgen kommen sehen haben, standen sie am Anfang noch nicht fest, und so konnte jeder glauben, daß wir zehn Jahre nach Einführung der Reform eine einheitliche und allseits gelobte Orthographie haben würden.
Deshalb glaube ich nicht, daß man den Reformen in Bausch und Bogen vorwerfen kann, vorsätzlich Schreibunsicherheit herbeigeführt zu haben.

Und vielleicht wollten sie gerade eine Sensibilität für Fehlschreibungen schaffen. Die Behauptung war ja, in der herkömmlichen Rechtschreibung wimmle es von nichtnachvollziehbaren Regeln, die den einfachen Leser und Schreiber gar nicht mehr erkennen und entscheiden ließen, was richtig sei. Mit der Reform sei aber alles so einfach und logisch herleitbar, daß die richtige Schreibung sich stets zwingend ergebe.
Wäre dem tatsächlich so, wären Fehler noch stärker aufgefallen – und das nicht nur Experten.

Varianten wollten die Reformer auch nicht. Vielmehr haben sie immer nur eine Schreibweise als die einzig richtige anerkannt. Die Reformgegner haben die Wiedereinführung der alten Schreibweisen erstritten. Die Reformer wollten von ihren nicht lassen (ob aus Eitelkeit, persönlicher Kränkung oder weswegen auch immer), ein Gezerre um einen Beschluß in der Kommission oder dem Rat setzte ein, bei dem keiner zurückstecken wollte. Der (faule) Kompromiß war dann ein Nebeneinander beider (und später aller) Versionen.
Es gibt ja auch nicht wenige Reformbefürworter, die den Schwarzen Peter für die Variantenvielfalt den Reformgegnern zuschieben und behaupten, daß heute die Schreibeinheitlichkeit gegeben wäre, wenn an der 1996er Reformversion festgehalten worden wäre.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.09.2008 um 13.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3913


Kulturrevolution von oben

Hin und wieder wird auf diesen Seiten die Frage nach den Absichten und Motiven der Reformer, ihrer Helfershelfer und ihrer Gefolgschaft aufgeworfen. All dies zu klären und abschließend zu beurteilen, bleibt einer künftigen historischen Gesamtschau vorbehalten. Noch ist ja alles im Fluß.

Eines jedoch läßt sich schon jetzt eindeutig sagen: In Deutschland wurde ein bedeutendes Kulturgut von Staats wegen zerstört, vergleichbar nur mit Barbarismen unter totalitären Regimes. Jeden Tag müßte den Kultusministern dieses Vergehen vorgehalten werden. Sie allein sind die Schuldigen und Verantwortlichen, die sich den desolaten Zustand der deutschen Orthographie voll zurechnen lassen müssen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 12.09.2008 um 20.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3896


Spät kommt es, doch es kommt

Um den Satz von U.Hahn beurteilen zu können, müßte man das Vorangegangene kennen.

1. Selbst nach... erlag ich den Einflüsterungen...

2. (wahrscheinlicher) ...erlag ich nicht...

Der Leser erwartet ziemlich sicher ein "nicht". Wenn es dann endlich "in letzter Sekunde" noch dahergestolpert kommt, ist das weder eine Überraschung, noch die Auflösung einer Spannung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.08.2008 um 09.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3849


Basta!

Sie haben ganz recht, lieber Herr Weiers: dieses (ja nur angebliche) "amtlich" war von Anfang an das letzte Argument, wenn einer umfiel, z.B. eine Zeitung (ADAC-Motorwelt u.a.). Denn wenn in Deutschland etwas amtlich ist, dann ist es gut und richtig und unangreifbar. - Dem DUDEN kann man diese verkaufsfördende Lüge (oder doch mindestens Halbwahrheit) nachsehen. Jedenfalls hat er in vorderster Linie den Irrglauben befördert, es gebe bei uns eine gesetzlich vorgeschriebene Orthographie. - Man kann auch die Journalisten auf einer Intelligenzskala von oben nach unten einordnen. Sicher gab es welche, die die neue Rechtschreibung für einen Fortschritt hielten (heute wohl nicht mehr zu halten). Dann folgen die um das Wohl der Schulkinder besorgten. Und schließlich die von der Amtlichkeit überwältigten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.07.2008 um 08.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3680


Antiquietschpaste – für Herrn Gerlach

Also, das war ja ich mit den Bremsbelägen. Wollen wir uns einigen: Rückseite ja – Reibfläche lieber nicht? Alles Gute und weiterhin beste Verzögerungswerte!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.07.2008 um 12.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3653


Wahre Waare

Lieber Herr Höher, dann ist also die schöpferische Leistung des P. A. die Umwandlung von "Begeistrung" in "Begeisterung" ? Oder hat der sich geirrt beim Abschreiben? - ( Ich eigentlich nicht, denn es ging ja nicht um Orthographie, sondern um einen originellen Vergleich). Bitte keine CD schicken, P.A. habe ich in meiner Jugendblüte ausgelassen und möchte das heute nicht nachholen... ist, glaube ich , sowieso etwas für Damen mittleren Alters.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 20.07.2008 um 19.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3634


Right or wrong – my business!

Das Unternehmen WBS Training AG kommt zu Erkenntnissen, mit denen sie vor wenigen Jahren noch keinen Hund hinter dem Ofen hervor oder gar in ihre Seminarräume gelockt hätte, obwohl die Spatzen sie schon damals von den Dächern pfiffen: »Rechtschreibreform: Alles anders und (k)ein bisschen besser«.

Inzwischen hat es sich aber in der Öffentlichkeit herumgesprochen, daß man durchaus im Meinungstrend liegt, wenn man die Reform für so miserabel hält, wie sie es nun mal ist, und dieses auch laut ausspricht. Und war der Meinungstrend noch vor wenigen Jahren so, daß die Reform innovativ und prima war und man, um beruflich und gesellschaftlich nicht abzustürzen, die neuen Regeln unbedingt in kostenträchtigen Seminaren sich »einbläuen« lassen mußte, so gilt jetzt die Devise, daß die Reform zwar eine riesige Verwirrung angerichtet hat und Schuld daran die Printmedien hatten (gar nicht mal so falsch, aber nicht nur!). Fazit: »Die Reform ist in Kraft, es ist also Zeit, etwas zu tun!«

Auch gar nicht falsch, aber was? Wer einen Tag lang die Zeit totschlagen und 464,10 Euro für nichts und wieder nichts zum Fenster rausschmeißen will, findet die Antwort hier.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.07.2008 um 11.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3631


Hin und weg

Was Leute wie Weimer, Jörges und Konsorten zur Rechtschreibrform äußern, sollte man nie allzu ernst nehmen. So ein Journalist muß schlechthin über alles schreiben, wenn es sich ergibt. Auf manchen Gebieten wird er sich auskennen, auf anderen nicht mehr als jeder Laie. Trotzdem muß er etwas abliefern. So geschieht es dann, daß Journalisten z.B. in politischen Diskussionsrunden durchaus fundiert und klug argumentieren können, zu einem Sachthema dagegen den größten Unsinn von sich geben. Und das Schönste ist : Sie würden auch das genaue Gegenteil vertreten, wenn der Tag es verlangte. Dies vor Augen, kann man ihr Treiben eher amüsiert als verärgert betrachten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.07.2008 um 10.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3630


Traumfabrik

Klimaschutz und der Schutz der deutschen Sprache haben gemeinsam, daß in beiden Fällen statistische Größen geschützt werden sollen. Aber wie macht man das?
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 17.07.2008 um 23.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3621


Längst bekannt

Rosenkohl schützt vor Krebs - aber nur, wenn man die Röschen ganz und roh herunterschlingt. Außerdem muß man nach jedem Schlucken murmeln: Brassica, Brassica , steh mir bei!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.07.2008 um 13.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3620


Nicht gefragt

Die Zielgruppe "Wenigschreiber" war sicher die falsche Adresse der Reform - mit all ihren unerwünschten Folgen. Je weniger einer schreibt, desto weniger kümmert ihn auch die Orthographie. Das ist doch überall so: Wer eine Tätigkeit häufig, gar beruflich ausübt, muß sicher sein. Die anderen holen sich Rat bei den Fachleuten wenn sie überhaupt ein Problem erkennen. - Es geht immer wieder um die "abgestufte Kompetenz", über die hier seinerzeit auch mit Prof. Jochems diskutiert wurde.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 15.07.2008 um 22.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3619


Na, und vor allem – wenn es Probleme mit Karlsruhe gibt, ändert man die Verfassung einfach! Das ist doch jetzt die neue Masche. Deshalb: Keine Experimente – Immerwährende Große Koalition (wie in Brüssel).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.07.2008 um 22.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3618


Mal was anderes

Ein Politiker forderte dieser Tage, den "Atomausstieg" ins Grundgesetz aufzunehmen. - Also, wenn das Schule macht... Dann schreibt eine gerade regierende Truppe einfach ihr Parteiprogramm ins GG, und dann können alle für immer nachhause gehen. Ein Wunder, daß die Rechtschreibreformer nicht darauf gekommen sind.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.07.2008 um 22.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3610


So geht es auch

Vor vielen Jahren habe ich mal in einer Fachzeitschrift einen (leicht satirischen, aber durchaus lehrreichen) Artikel gelesen, etwa mit der Überschrift: "Wie man einen Multiple-choice-Test bestehen kann, ohne die richtigen Antworten zu kennen" - Werde mal danach suchen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.07.2008 um 17.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3608


Die schöne Idee und die weniger schöne Wirklichkeit

Nach der reinen Lehre sollte tatsächlich das Parlament als ganzes die Regierung kontrollieren. Aber die Angehörigen der Parteien (von einem Diskutanten bezeichnenderweise "Regierungsabgeordnete" genannt), welche die Regierung stellen, sehen sich schon längst als deren getreue Gefolgsleute. So erleben wir, wie der Bundestag und ganz besonders die Landtage zu reinen Durchwinkegremien geworden sind. Im Zuge der immer mehr nach "Brüssel" sich verlagernden Kompetenzen wird sich das noch verstärken. Einzig das Bundesverfassungsgericht wacht allmählich auf und wird kraft seines Selbstbewußtseins nicht alles unbesehen durchgehen lassen, was vom Europäischen Gerichtshof kommt. (Hierzu lesenswert: H.H.v. Arnim, Das System.)
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 13.07.2008 um 12.44 Uhr eingetragen.
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Anstatt diese netten Test-Spielchen zu veranstalten, die – das nur nebenbei gesagt – einer ganzen Branche Brot und Einfluß verschaffen, sollte man nicht besser jeden Einbürgerungswilligen fragen: Was kannst du (arbeiten)? Bist du bereit, zu Wohlstand und Kultur des Landes beizutragen? Welche beruflichen Fähigkeiten bringst du mit?
Hier wird wieder einmal auf Nebenkriegsschauplätzen gerungen, daß nur so die Wände wackeln. Ist Deutschland überhaupt noch ernstzunehmen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.07.2008 um 12.09 Uhr eingetragen.
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Non olet

Herr Lindner, ich meine gelesen zu haben, daß die Wiederholungsprüfung jeweils € 25,00 kosten soll. Da muß der Prüfling dann irgendwann eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufmachen. Ob's da auch nach soundsovielen vergeblichen Versuchen einen Idiotentest gibt? Oder anders gefragt: Wie minderbemittelt darf man sein, um noch Deutscher werden zu können? Staatsbürgerschaft auf dem Gnadenwege?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.07.2008 um 11.04 Uhr eingetragen.
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Wie lange noch?

Mir geht es ähnlich wie der hochgeschätzten Frau Pfeiffer-Stolz: auch ich frage mich oft angesichts des elenden Zustandes der (öffentlich praktizierten) deutschen Rechtschreibung, wann hier von zuständiger Seite ein Notstand erkannt wird, dem abgeholfen werden muß. Nach meiner Einschätzung müßte wiederum die Schule den "Vorreiter" machen.
Das Problem ist nicht, daß – wie schon immer – die Leute mehr oder weniger richtig schreiben können, sondern daß sie nicht mehr richtig schreiben können wollen dürfen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.07.2008 um 10.09 Uhr eingetragen.
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Kreisverkehr

Zwischen den Fragen des Einbürgerungstests und der Rechtschreibreform kann man durchaus Parallelen erkennen. Zuvörderst das Fehlen eines leitenden Prinzips und daraus folgend den Eindruck der Beliebigkeit. Es spricht daraus der gleiche Unernst – man könnte auch sagen: die gleiche Lustlosigkeit. Übrigens ist es überaus bezeichnend, daß ein Politiker diesen Test hinsichtlich seiner Schwierigkeit mit der Führerscheinprüfung vergleicht. Das ist eben der heutige Blick auf Geschichte, Tradition, nationale Werte. Aber wenigstens sind wir "Exportweltmeister"...
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 12.07.2008 um 18.03 Uhr eingetragen.
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Die Frage, die sich angesichts der immer grotesker werdenden Schreib-Blüten stellt, ist nicht, wie lange es wohl dauern werde, bis sich die Sache wieder einpendelt, sondern vielmehr, wann der Punkt erreicht ist, an dem endlich in aller Öffentlichkeit, politisch korrekt (!) verlautbart wird, daß es so nicht weitergeht. Ich stelle fest, daß auch meine Schreibsicherheit zunehmend wankt. Druckwerke aus seriöser Quelle, die seit Jahren lediglich die ss-Flagge zeigten und den übrigen Quatsch einfach nicht mitmachen wollten, kämpfen neuerdings mit seltsamen Schreibungen. Das ist ja klar: verwirrende und widersprüchliche Bilder, die das lesende Auge erreichen, bleiben haften und beeinflussen unbewußt das Handeln. Die nachwachsenden Generationen verfügen nicht einmal über einen festen Erinnerungs- und Verhaltensfundus bzw. ein intuitives Verhältnis zu Grammatik und Syntax. Man kann, ohne Prophet spielen zu wollen, vorhersagen, daß der heute erreichte Verfall guter Schreibsitten weiter voranschreiten wird, womöglich bis zur Schmerzgrenze des gerade noch Verständlichen.
Dann wird hoffentlich jedem klar werden, daß Form und Inhalt zusammengehören. Daß es eben nicht gleichgültig ist, wie ich es sage (schreibe, tue). Daß unter Vernachlässigung der Form eine Verständigung auf höherer Ebene kaum noch möglich ist. Deutschland, ein Bildungsland? Liebe Frau Merkel, beginnt jede Bildung denn nicht mit Sprache?

Ohne Form gibt es keinen Inhalt, und der Inhalt seinerseits bestimmt immer auch die Form. Beides ist untrennbar miteinander verbunden, wirkt aufeinander ein, verändert eins das andere. Leidet das eine, verliert auch das andere an Substanz. Mit voller Hose ist gut stinken, sagen sie am Stammtisch beim Kartenspielen. Auf jedwede Ordnung läßt sich dieser saftige Spruch übertragen: Wo es eine Ordnung gibt, kann man leicht dagegen ankämpfen, sich über sie lustig machen. Sie hält einen ja, diese verpönte Ordnung, ob man es will oder nicht! Doch ist das Zentrum der Ordnung erst einmal zerstört, wird Orientierung unmöglich. Der Protest – denn gegen wen oder was soll er sich wenden, wenn der Gegner nicht mehr vorhanden ist? Wer heute immer noch meint, die Reform habe die Schreiber befreit (wovon eigentlich?), irrt.

Die Rechtschreibung ist, formal gesehen, die Gebrauchsanweisung für das Abc. Wer ein Werkzeug oder Instrument falsch bedient, wird nichts Ordentliches damit zuwege bringen. Die Meinung, Schreibung sei eine zu vernachlässigende, lästige Formsache, ist ein Kind der weitverbreiteten Dummheit, inspiriert durch den Zeitgeist der Überheblichkeit, der auf Tradition und Naturgesetze pfeift. Selbst die Geschlechtsmerkmale des Menschen werden heute für unwesentliche Formen gehalten, bei denen dem lieben Gott ein Fehler passiert sein muß; unsere Gender-Experten sind dank großzügiger Unterstützung aus dem Steuergeldtopf eifrig bemüht, den Irrtum der Natur zu beseitigen.

Meiner Meinung nach gibt es nur einen Weg, den einzuschlagen im praktischen Sinne keine schwierige Angelegenheit wäre: die vorläufige Rückwendung zur Schreibung vor 1996, also die Rehabilitation der als „alt“ irrtümlicherweise ins Seniorenheim für kulturelle Errungenschaften verwiesenen klassischen Rechtschreibung. Es muß etwas Festes geben, zu dem man hinschauen und dem man folgen kann. Einen einzigen Wegweiser (und nicht ein Dutzend sternförmig angeordneter) brauchen wir, und der muß unmißverständlich die Richtung weisen. Könnte dies etwas anderes sein als die tradierte Schreibung? Vielleicht eine neue Reformreformreform...schreibung? Da ist wohl jedes Hoffen vergeblich. Man hat die natürliche Entwicklung gestört und muß nun, wie bei manchen Würfelspielen, bewußt zurück an den Beginn: reset! Von dort aus kann man neu beginnen, behutsam und beobachtend, ein Wörterbuch zusammenstellen, in das der aktuelle Sprachgebrauch mit einfließen soll, aber ohne Befehl von selbsternannten Reformern und Gesellschaftsklempnern.
Ich verstehe, daß viele Menschen heute nicht bereit sind, diesen Weg zu gehen. Albert Einstein weiß um ihre Nöte. Er formulierte es so: „Zwei Dinge sind zu unserer Arbeit nötig. Unermüdliche Ausdauer und die Bereitschaft, etwas, in das man viel Zeit und Arbeit gesteckt hat, wieder wegzuwerfen.“
Das ist ein guter Rat.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 12.07.2008 um 15.09 Uhr eingetragen.
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Kratzbaums Satz hat etwas. Eine immer wiederkehrende Aussage von Reformbetreibern wie -adepten lautet, schließlich sei es doch egal, wie man etwas schreibt, variiert von "Die Schrift ist nur das äußerste Kleid der Sprache" bis zu "Ist doch gleich, ob da Delphin oder Delfin (daß oder dass usw.) steht".

Diese Aussage für ein Argument zu halten und sie entsprechend widerlegen zu wollen, scheint mir das Grundmißverständnis vieler Reformgegner gewesen zu sein. Denn als Argument ist sie sinnlos: Genau dann, wenn es egal ist, wie man etwas schreibt, kann man es geradesogut so lassen, wie es üblich ist; alles andere wäre bloß dumm.

Die Aussage ist kein Argument, sie ist die Botschaft selbst. Sie wird vorgewiesen wie eine Monstranz oder eine Bekenntnisformel. Der Rest ("Die Kinder sollen weniger Fehler machen", oder was sonst auch immer) ist gewissermaßen nur theologisches Beiwerk.

Erstaunlich bleibt die Unerschütterlichkeit der Heilserwartung an ein Projekt, das nicht nur gerade dann sinnlos ist, wenn seine Prämisse zutrifft, sondern zu erheblichen und vorhersehbaren Nachteilen führt, selbst wenn sie zutrifft. Der Satz "Die neue Rechtschreibung wurde deshalb von vielen ... freudig übernommen, weil sie neu war" bringt insofern das Problem auf den Punkt. Gelöst ist es noch nicht.
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 09.07.2008 um 17.21 Uhr eingetragen.
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... weil sie neu war.

Genau so ist es.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.07.2008 um 11.05 Uhr eingetragen.
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Je einfacher denken...

Ich dampfe mir gern komplizierte Sachverhalte so lange ein, bis ich nicht mehr darüber nachzudenken brauche. So sage ich mir: Die neue Rechtschreibung wurde deshalb von vielen ohne großes Besinnen und geradezu freudig übernommen, weil sie neu war.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 06.07.2008 um 22.41 Uhr eingetragen.
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Beneidenswert, wer frei davon

Hochschullehrer sind ja hoffentlich dank ihres nicht so leicht zu erschütternden Selbstbewußtseins besser gegen Zumutungen didaktischer Schaumschlägerei gefeit als Schullehrer, die sich beinahe alles gefallen lassen. Ich bin noch heute stolz darauf, daß ich während meiner aktiven Zeit keine einzige Stunde didaktisch-methodischer Unterweisung genossen habe. Mit meinen Schülern bin ich einfach wie mit normal begabten Menschen umgegangen, denen ich auf ihrer Verständnisebene naturwissenschaftliche Sachverhalte zu erschließen suchte. Die Prüfungsergebnisse konnten sich sehen lassen. "Entscheidend ist, was hinten rauskommt" (ein Bundeskanzler a.D.).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.07.2008 um 22.13 Uhr eingetragen.
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Nichts kapiert

Was Wapnewski als größtes Hindernis auf dem Weg in die neue Rechtschreibung benennt, ist gerade das, worauf es ankommt und was zuvor Menschen aller Bildungsschichten so sicher und selbstverständlich richtig schreiben ließ: die Gewohnheit.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.06.2008 um 22.39 Uhr eingetragen.
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Nur noch Folklore?

Lieber Herr Mahlmann, diese Unverkrampftheit im Umgang mit nationalen Symbolen werden wir Deutsche so bald nicht wiedererlangen. Denn dazu gehört vor allem eine gewisse Naivität, die die schwarzen Flecke, die es in der Geschichte jeder Nation gibt, nicht wahrnimmt. Aber das gelingt uns eben nicht. Die Gründe dafür sind bekannt. So bleibt alles Dekoration und Mimikry.
(Die Bereitwilligkeit, ja Leichtfertigkeit, mit der auch gebildete Sprachteilhaber sich das Kulturgut einer gewachsenen und funktionierenden Rechtschreibung wegnehmen ließen, ist die Kehrseite der Medaille. Und die Flut der Anglizismen und ganz besonders derjenigen "Made in Germany" weist ebenfalls auf den noch lange nicht geheilten Defekt hin).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.06.2008 um 12.12 Uhr eingetragen.
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Keine Sorge

Der augenblicklich demonstrierte Nationalstolz (der sich mangels anderer Gegenstände bezeichnenderweise an einem Spiel entzündet, bei dem es darum geht, einen Lederball gegen mannigfache Widerstände durch einen rechteckigen Rahmen zu bewegen) wird folgenlos bleiben, genauso wie die deutsch-türkischen herzinnigen Aufwallungen. Und da "wir" nicht gewonnen haben, werden die vielen Fähnchen umso schneller verschwinden. (Habe das Endspiel verfolgt und mich über die Spanier und ihren Sieg gefreut.)
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 28.06.2008 um 10.26 Uhr eingetragen.
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„Schlussendlich“ und „wissendlich“ wären ein schönes Paar (bisher nur „wissentlich“)!
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 28.06.2008 um 10.23 Uhr eingetragen.
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#3535

Schlussendlich: In den Duden hat es dieser Begriff erst nach der Rechtschreibreform geschafft, und zwar [als] (...) landsmannschaftlich gebräuchliche Umgangsform des Wortes schließlich (...).

Der Eintrag schlußendlich findet sich schon im undeformierten Duden 1991 (mit dem zweifelhaften Vermerk 'landschaftlich', der hier wohl einfach 'nicht standardsprachlich' meint). Mackensen verzeichnet das Wort bereits 1986 (treffender charakterisiert als 'vorwiegend Alltagssprache').
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.06.2008 um 09.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3539


Bleib mir vom Leibe!

Schon wieder mischt sich die Obrigkeit in Dinge des privaten Lebens ein, die sie nichts angehen. Nach Rechtschreibreform und Raucherhatz nun die Dicken. Und immer werden hehre Ziele ins Feld geführt. Was "gesunde" Ernährung ist, weiß kein Mensch. (Hierzu sehr nett zu lesen: N. Lebert, Alte Sünder leben länger – vergriffen, aber im ZVAB noch zu haben.) Aber in den Schulen werden sich nun bald tausend Experten tummeln und allerhand Dogmen verbreiten.
Wer bestimmt, was "zu dick" bedeutet? Am besten hilft da die bekannte Definition weiter: Ein Alkoholiker ist einer, der mehr trinkt als sein Arzt.
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 27.06.2008 um 22.26 Uhr eingetragen.
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"Borussia News", 27.06.2008

Jünter hat's geseh'n, Jünter, Jünter, Jünter hats's geseh'n

Das hübsche Wörtchen schlussendlich hat es heute geschafft, in die Borussia-Berichterstattung der Torfabrik vorzudringen. Urs Meyer, dem TV-Experten des ZDF aus der Schweiz, sei Dank!

Schlussendlich: In den Duden hat es dieser Begriff erst nach der Rechtschreibreform geschafft, und zwar mit dem Hinweis, dass es sich hierbei um eine landsmannschaftlich gebräuchliche Umgangsform des Wortes schließlich handele. Wer schlussendlich bisher noch nicht gehört hat, der wird spätestens durch die EM-Berichterstattung des ZDF auf dieses Wort aufmerksam geworden sein, denn Urs Meyer, ehemaliger FIFA-Schiedsrichter und während der EM Partner von Jürgen Klopp als TV-Experte, kommt aus der Schweiz und dort sagt man schlussendlich. Urs Meyer hat das auch oft getan, nänlich fast in jedem Satz.

Kein Wunder, dass sich so etwas festsetzt und so habe ich mich nicht gewundert, als ich heute in einem Bericht der Torfabrik über die Vertragsauflösung von Zé Antonio folgendes gelesen habe: "Dass er schlussendlich nach dem Abstieg nicht mehr für die Borussia spielen wollte, stellte ihn endgültig vor das Aus."

Ich darf feststellen, dass ich nicht unglücklich darüber bin, dass die EM am Sonntag vorbei ist und dann Schluss ist mit schlussendlich. Endlich.


http://www.borussia.de/de/borussia_news_detail,185,0,newsid-161865.html
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.06.2008 um 12.30 Uhr eingetragen.
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Semper idem

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn hier hin und wieder Reformbefürworter oder zumindest die Reform nicht gänzlich Ablehnende auftreten. Das wurde ja schon von anderen Teilnehmern ausgedrückt. Leider halten diese Gastspiele nie lange an. Ich glaube nicht, daß das an der unfreundlichen Behandlung liegt. Eher wohl daran, daß man pro Reform nichts Neues mehr finden und erfinden kann. Hingegen springt uns die Verwahrlosung der deutschen Orthographie als Folge eines dilettantischen Eingriffs täglich zigmal in die Augen. Dabei geht es nicht einfach um "Fehler", sondern um die, vermutlich irreparable, tiefgreifende Beschädigung eines früher auf Selbstkorrektur und quasi-evolutionäre Selbstoptimierung angelegten Systems.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.06.2008 um 20.42 Uhr eingetragen.
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Schlichte Frage

Leute vom Schlage des kritikasters (der mir übrigens vor allem die "Amtlichkeit" hervorzuheben scheint – darin einem H.Zabel und seinem Kriterium der Besoldungsgruppe verwandt...) sollte man nur eines fragen: Warum kehren alle Reformen der Reform fast ausnahmslos zu den alten Schreibweisen zurück? Na, dämmert's?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 23.06.2008 um 21.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3504


Wenn die Abisolierzange vollständig alle Bedeutungen des Verbs abisolieren beschreibt, dann muß die Abdeckplane wohl etwas sein, das der Sturm zum Abdecken von Dächern benutzt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.06.2008 um 17.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3497


So ist das

Nach einer kurzen Abwesenheit lese ich hier mit Genuß die ausführlichen Gedanken zur Bedeutung von "abisolieren". – Die Sache ist doch ganz einfach: Was abisolieren bedeutet, erkennt man am besten daran, daß es eine sog. Abisolierzange gibt, mit der man eine Isolierung erst einkerbt und dann abzieht. (Kennt bestimmt fast jeder.)
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 19.05.2008 um 18.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3335


Herrn Lindners Hang zur Großschreibung hat vermutlich zur Bezeichnung "Neue Rechtschreibung" (und eben nicht: "neue Rechtschreibung") geführt; diese ist aber nur geschrieben angemessen, und sie ist auch subtil, daher sollte sie entsprechend mit Bedacht verwendet werden.
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 16.05.2008 um 13.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3317


Konkretes Beispiel zur philosophischen Verwendung des Anderen (vgl. #3247):

"Das Bemühen, Certeau nicht falsch zu lesen, verstellt leider auch die Möglichkeit, mit ihm einige Punkte noch weiter zu denken. Was zum Beispiel ist dieses Andere, um das es Certeau - darin sind sich einige Leser einig - generell gehen soll, außer das Andere?"

("Certeau lesen" von Christian Luckscheiter, literaturkritik.de, Mai 2008)

Im selben Text übrigens auch dies:

"Doch auch wenn man Füssel für dieses Buch nur dankbar sein kann, ist leider einiges zu kritisieren. So hätten diesem Band, insbesondere ausgerechnet Füssels Einleitung, angesichts der vielen (Zeichensetzungs- und Rechtschreib-) Fehler zwei oder drei Korrekturlektüren mehr gut getan."
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Dieser Beitrag wurde am 07.05.2008 um 23.16 Uhr eingetragen.
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Kommentar von Galina Leljanowa, verfaßt am 07.05.2008 um 22.05 Uhr

Was wurde eigentlich aus dem Pfennigfuchser? Nennt sich ein solcher neu Eurofuchser?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.05.2008 um 12.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3256


Alles Mist

"Reading room" – bunte, nichtssagende Bildchen – alberne "Übungen" zum Gehirntraining: allein schon deshalb lohnt sich die Lektüre der FAZ. Man kann jedenfalls verfolgen, wie ein einstmals hochangesehenes, seriöses Blatt, ja eine Institution mit atemberaubender Geschwindigkeit auf den Hund kommt, seitdem ihm eine Frischekur verordnet wurde. – Zum Glück gibt es noch die Gastbeiträge, z.B. den über Recht und Moral (FAZ v. 29.04.).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.04.2008 um 23.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3253


Zweitausendeins

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, daß der Buchversand für kurze Zeit das Wörterbuch von Th. Ickler vertrieben hat. Er war also nicht von Anfang an gleichgeschaltet, dafür dann aber später umso heftiger.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 28.04.2008 um 22.44 Uhr eingetragen.
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Ich weiß nicht, ich vermag den Anderen nicht viel abzugewinnen. Kommt es denn darauf an, ob die Einen im konkreten Fall genannt werden? Wenn ich lese: Das Leben der anderen, denke ich automatisch, daß es eben auch noch die einen gibt, die offenbar völlig anders sind als diese anderen. Worin soll der Vorteil der Großschreibung liegen, wenn die Kleinschreibung überhaupt nicht mißverständlich ist? Klar, wenn die einen so sagen, die anderen so, dann sind einige dieser und einige jener Meinung. Aber die Formulierung Das Leben der anderen ist an sich schon so kraftvoll und eindeutig, daß sie ohne optische Aufplusterung auskommt. Im Zweifel würde ich mich immer für die weniger aufdringliche Lösung entscheiden.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 28.04.2008 um 22.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3247


Zu #3205:

Natürlich wird, lieber Herr Achenbach, jeder den von mir gebrachten Satz verstehen als "Veränderungsmöglichkeit des Partners". Ich habe ihn jedoch nur der Vollständigkeit halber ungekürzt zitiert, damit man sieht, daß ich ihn nicht konstruiert habe. Das hätte ich vielleicht besser kenntlich machen sollen. Die von mir betrachtete Zweideutigkei besteht ja allein in der Formulierung "die Veränderungsmöglichkeit des Anderen", und nur darum ging es mir eigentlich.

Genau in den Fällen, in denen – wie Sie sie auch beschreiben – jeglicher Bezug zur Bedeutung "zweiter" fehlt und nur noch die Verschiedenheit gemeint ist, kann ich mir eine Schreibung wie "das vollkommen Andere" sinnvoll vorstellen, etwa im philosophischen Kontext (ich meine, Herr Markner hätte das irgendwo schon mal erwähnt, ich finde es bloß gerade nicht wieder).
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 28.04.2008 um 20.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3245


Die dpa verbreitet heute eine – sehr freundliche – Besprechung von Peter Rühmkorfs "Paradiesvogelschiß" (Rowohlt), mit korrekter Wiedergabe nicht nur des Titels, sondern auch etlicher Zitate. Der Rezensent bemerkt dazu, Rühmkorf lege auch der "neuen Rechtschreibung" gegenüber "Nonchalance" an den Tag. Das klingt angenehm entspannt.

Gefunden habe ich den Text übrigens bei der Suche nach eventuellen sog. Nachziehern von dpa oder AP zur Ratssitzung vom Freitag. Aber da hat sich nichts mehr getan.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.04.2008 um 20.08 Uhr eingetragen.
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Das Ende ist nah! – Und ein Hintertreppenwitz

"Urmeter" , "Letztinstanz", "Referenzwerk" – es ist wie beim Bundeskanzler, der auf seine Richtlinienkompetenz pocht. Bekanntlich stets der Anfang vom Ende.

Ist es nicht zum Weinen schön, daß zum "Tollpatsch" die Etymologie geliefert wird, das zweite l jedoch vom Himmel gefallen zu sein scheint. Kürzer läßt sich das ganze Elend, das die Reform über die deutsche Rechtschreibung gebracht hat, nicht darstellen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.04.2008 um 19.34 Uhr eingetragen.
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Nicht ohne Charme

Wenn man im Bilde bleibt, so wird das Meter schon lange nicht mehr auf einen Prototyp zurückgeführt, sondern auf eine Naturkonstante. Dem Beispiel sollte auch eine zeitgemäße, aufgeklärte Rechtschreibnorm folgen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.04.2008 um 09.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3240


Letztinstanz?

Warum ich mich gerade von Frau Limbach über Sprachprobleme belehren lassen sollte, ist mir nicht klar. Sie hat dazu nicht mehr zu sagen als jeder andere gebildete Sprachteilhaber. – Viel interessanter wäre eine Erörterung des BVG-Urteils und der Folgen, die nicht zuletzt darauf zurückgehen. – Es ist wohl wie so oft in den Medien: eine auf einem bestimmten Fachgebiet prominent gewordene Person soll nun auch für alles und jedes kompetent sein.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.04.2008 um 13.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3214


Gewinn- und Verlustrechnung

Man kann probeweise annehmen, daß früher genausoviele Leute Probleme mit der Rechtschreibung hatten wie heute. Aber die heutigen Probleme sind kategorial andere. Rein vom Augenschein her könnte man sagen, daß zu den alten Schwierigkeiten noch die neuen hinzugekommen sind. Ein Blick in Internet-Foren, Ebay-Angebote u.ä. lehrt uns, daß die dortige Rechtschreibpraxis von der Reform nahezu unberührt ist. Die Leute machen die gleichen Fehler wie früher. Möglicherweise heute mit weniger Skrupeln, denn es herrscht weithin die Meinung, es komme nicht darauf an, wie man schreibt. Nach so vielen Reform-Reform-Reformen...
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 20.04.2008 um 03.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3206


Zahlwörtliches und Eigenschaftswörtliches zum Leben der anderen/Anderen: Daß "[d]em alten Duden zufolge [...] ander.. nur klein geschrieben werden" durfte, war mir nicht bewußt. Für mich war die Großschreibung hier immer eine Unterscheidungsschreibung, wie ich sie bei Borchert (Der "Andere" in *Draußen vor der Tür*) und anderswo kennengelernt hatte, also für die andersartige Person oder Sache, wobei letzteres, das mit der Sache, mir wahrscheinlich sehr selten, wenn überhaupt, vorgekommen ist; aber für den Bedarfsfall hätte ich die richtige Schreibung parat gehabt. Die Kleinschreibung ist die natürliche, wenn "ander-" implizit auf "ein" oder "erst-" folgt, also eigentlich ein Zahlwort ist. Doch auch Zahlwörter finden wir hin und wieder gefühlsmäßig richtig substantiviert (jeder dritte / jeder Dritte). Aber auch ich schreibe "etwas ganz anderes" klein, weil ich es (wie "das vorige/nächste", "folgendes", "und vieles andere/ähnliche mehr") pronominal verstehe.

Zahlwörter kann man zwar nicht steigern, aber man könnte auch "etwas ganz anderes" als "total abgetrennt von einer vorausgehenden Einheit" verstehen, "in jeder Hinsicht zugehörig zur nächsten/zweiten/andern Gruppe". — Beim Titel "Das Leben der anderen" ist die Kleinschreibung für mich die richtige, weil die Großschreibung zwar etwas verrät, was durchaus auch gemeint ist, es aber viel zu dick, ja regelrecht plump aufträgt und das grundlegend Andersgeartete gleich grell beleuchtet, was höchstens nur fein, durch den Wortklang eben, mit hatte angedeutet werden wollen. Ich habe den Film gesehen, und da ging's doch um Menschen wie du und ich. Oder?

Übrigens schreibt *Welt.de* (18.4) "Beim Vegetarismus scheiden sich die Geister: Für die Einen ist es eine gefährliche Mangelernährung, deren Vertreter bleich und ausgemergelt wirken, für die Anderen ist es die einzig wahre Lebensweise", — was wir andern aber wohl nicht tun würden.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 20.04.2008 um 01.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3205


Lieber Herr Wagner,

vielen Dank für Ihren scharfsinnigen Kommentar. Ich würde hier ebenfalls die Kleinschreibung bevorzugen. Ansonsten weiß ich jedoch nicht so richtig, ob ich Ihnen ganz folgen kann.

Kann man denn wirklich aus der GKS entnehmen, ob "der/die andere" oder "das andere" gemeint ist? Wie wäre es mit dem (reichlich unsinnigen) Satz "Wer wirklich das eine liebt, sieht auch die Veränderungsmöglichkeit des anderen"? Bei einem solchen Gegensatzpaar das eine - das andere kommt nach meinem Geschmack nur die Kleinschreibung in Frage. Es sei denn, man schriebe auch "das Eine", was wir beide aber wohl nicht tun würden..

Und welcher Leser soll denn diese Feinheit wahrnehmen? Jeder wird doch den Satz so verstehen, wie er vermutlich gemeint ist: "Wer wirklich liebt, sieht auch die Veränderungsmöglichkeit des/der Geliebten." Banaler ausgedrückt: Alle Frauen versuchen, ihre Männer umzumodeln. Oder geht es hier vielleicht um die Nächstenliebe?

Es kommt hinzu, daß eine solche Unterscheidungsschreibung weder nach den alten noch nach den neuen Regeln möglich ist. Dem alten Duden zufolge durfte ander.. nur klein geschrieben werden. Die Regeln von 2006 sehen praktisch fakultative GKS ohne echte Unterscheidungsmöglichkeit vor.

Es gibt aber nach meinem Geschmack Fälle (da stimme ich Herrn Lachemann zu), wo die Großschreibung von der/die/das Andere durchaus naheliegt, nämlich wenn „anders“ absolut im Sinne von „andersartig“ (ohne Rückbezug auf der/die/das eine) verwandt wird. Warum sollte ich wohl einerseits "der andere", andererseits aber "der Andersartige" schreiben müssen?

Insofern spricht in meinen Augen durchaus etwas für die sehr eingeschränkte Ausnahmeregelung der Amtlichen Regeln von 1996, wonach man z.B. auch „etwas ganz Anderes“ schreiben kann (obwohl ich hier aus ganz anderen Gründen lieber klein schreibe).
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 18.04.2008 um 11.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3199


Klaus Achenbach (#2931):
»Was ist eigentlich gegen die Schreibung des Filmtitels "Das Leben der Anderen" einzuwenden?«

Wenn man nur auf "Das Leben der Anderen" schaut, wird man daran nichts auszusetzen finden, denn es läßt keine Mißdeutung zu. Die aber gibt es bei einem Beispiel im Singular: "Wer wirklich liebt, sieht auch die Veränderungsmöglichkeit des Anderen." Was bedeutet "des Anderen" hier – "dessen, der anders ist" oder "dessen, was anders ist"?
Diese Zweideutigkeit tritt bei "Veränderungsmöglichkeit des anderen" nicht auf, daher ist dies die zu bevorzugende Schreibung – konsequenterweise auch im Plural.

(Kürzlich im Web gesehen: "... einen Erfolg nach dem Anderen". Was wäre dagegen einzuwenden?)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.04.2008 um 19.58 Uhr eingetragen.
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Parallelen

Es ist nicht nötig, mehr oder weniger fundiert über die sog. "Klimakatastrophe" und den angeblich dringend gebotenen "Klimaschutz" zu diskutieren. Tatsache ist, daß die Politik sich wie im Falle der Rechtschreibreform einer Doktrin mit stark dogmatischen Zügen verschrieben hat.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 08.04.2008 um 21.38 Uhr eingetragen.
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Allwissende Stasi – IM kennt die „Reform“ schon 1989

Mit einer "Erklärung" vom 6. November 1989 endet die Akte "Schubert": Der IM entpflichte sich schriftlich vom Stasi-Dienst, kurz zuvor hatte er den Führungsoffizier noch um Hilfe beim Kauf eines Autos gebeten. S. kündigte seine Übersiedlung "in die BRD" an und stellte doch vage eine Rückkehr in Aussicht. Die Erklärung - drei Tage vor dem Mauerfall - endet mit dem Satz: "Falls Sie eines Tages alle Minister, die diese innen- und außenpolitische Schande auf dieses Volk gebracht haben, hinter Schloss und Riegel bringen, bin ich der Erste, der wiederkommt."

Spiegel online 7.4.2008

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,546044-2,00.html
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.04.2008 um 21.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#3103


Ergänzung zum "Tintenkuli"

Auch ich habe wie einige Mitschüler den Tintenkuli benutzt, und wir dünkten uns recht fortschrittlich damit. Die Bezeichnung ist/war ein geschützter Markenname der Firma rotring, die noch immer existiert. Daß später der Kugelschreiber zum "Kuli" (eben nicht zum Tintenkuli) wurde, ist ein interessanter Nebenweg.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 27.02.2008 um 00.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2993


Das Leben der Anderen ist nach § 58 E4 regelkonform, jedenfalls nicht a priori regelwidrig:

»Wenn der Schreibende zum Ausdruck bringen will, dass das Zahladjektiv substantivisch gebraucht wird, kann er es nach § 57 (1) auch großschreiben, zum Beispiel:

Sie strebte etwas ganz Anderes an. Die Einen sagen dies, die Anderen das. Die Meisten stimmten seiner Meinung zu.«

Wer kann widerlegen, daß der Urheber des Filmtitels, jedenfalls der für diese Schreibung Verantwortliche, zum Ausdruck bringen wollte, daß er die anderen substantivisch gebraucht?

(Unter uns: Welcher Normalsterbliche hat je »zum Ausdruck bringen« wollen, daß er ein Wort »substantivisch gebraucht«? Das kommt mir reichlich weltfremd vor.)
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 26.02.2008 um 19.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2991


In §58, in dem u.a. steht:

" ... die folgenden Zahladjektive mit allen ihren Flexionsformen:
viel, wenig; (der, die, das) eine, (der, die, das) andere"

kann ich beim besten Willen nicht ein "Adjektiv" entdecken. Welche Klassifikation der Wortarten bzw. welche morphologische Taxonomie liegt diesem Paragraphenwerk eigentlich zugrunde?
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 26.02.2008 um 17.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2989


Zu #2927 (R. Salber-Buchmüller):

»WAZ/Kulturteil heute:
Das Glück der Einen ist nicht zwangsläufig eine Freude für alle.«

Das ist nach § 58 (5) falsch:
"§ 58 In folgenden Fällen schreibt man Adjektive, Partizipien und Pronomen
klein, obwohl sie formale Merkmale der Substantivierung aufweisen.
[...]
(5) die folgenden Zahladjektive mit allen ihren Flexionsformen:
viel, wenig; (der, die, das) eine, (der, die, das) andere"

Nebenbemerkung (zu #2931 [K. Achenbach]): Auch "Das Leben der Anderen" entspricht nicht den Regeln.

»Doch warum dann nicht auch "Alle"?«

Das wäre nach § 58 (4) falsch:
"(4) Pronomen, auch wenn sie als Stellvertreter von Substantiven gebraucht
werden, [...]"

Fazit: Um Regelwissen und -anwendung ist es schlecht bestellt. Kein Wunder, daß sich weiterhin mit Neuschreibungskursen Geld verdienen läßt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 26.02.2008 um 09.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2986


Ich sag's ja!

"Verbot", "erlaubt" – vor allem aber "amtlich": Das sind die Refugien der Reformanhänger. Sie müssen in ihren subalternen Hirnen eine tiefe Befriedigung darüber empfinden, daß nun endlich die Rechtschreibung per Gesetz festgelegt wurde. Da sind wenigstens alle gleich unfrei und gleich unfähig.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 24.02.2008 um 12.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2985


Ja, und?

Wenn ich – als Schüler z.B. – vor der Entscheidung "groß oder klein" stehe, was hilft mir dann irgendeine Regel ? Woran erkenne ich – als Schüler – ein Substantiv? Daran, daß es großgeschrieben wird? – Gerade auf diesem Teilgebiet zeigt sich besonders deutlich, daß man richtiges Schreiben durch Übernahme des gelesenen Richtigen lernt. Allenfalls die Regel: "Im Zweifelsfalle lieber klein" wäre noch brauchbar.
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Thomas Hartwig
Den Haag

Dieser Beitrag wurde am 23.02.2008 um 18.52 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2984


Das Suhrkamp-Buch zum Film heißt übrigens "Das Leben der anderen"!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.02.2008 um 18.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2982


Unter dem Tisch des Herrn

Bezeichnend und verräterisch ist die Begründung von Barz usw.: "Amtlich" ist die neue Rechtschreibung – das muß immer wieder betont werden und legitimiert den größten Unsinn. – Und so etwas nennt sich Wissenschaftler.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 10.02.2008 um 14.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2945


Früher hätte wahrscheinlich niemand bei diesem Filmtitel gestutzt. Aber seit man in der Zeitung ständig Dinge lesen muß wie "Liebe, Hass und Anderes" (gestriger Mannheimer Morgen, S.32), ist man empfindlich geworden, manchmal vielleicht etwas überempfindlich.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 10.02.2008 um 12.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2942


»Was ist eigentlich gegen die Schreibung des Filmtitels "Das Leben der Anderen" einzuwenden?«

Frage ich mich schon lange. Wenn nicht zuvor von einem Erstgemeinten die Rede ist, zu dem der Andere der andere ist, ist der Andere doch wohl ein ganz normales Substantiv. Odd'rrr?

Zum Beispiel hier:
»Aus geheimstem Lebensgrunde
raunt es mahnend immerzu:
Schlag dem Andern keine Wunde,
denn der Andre – das bist du!«
(Isolde Kurz)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.02.2008 um 08.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2941


Steinig

Ich bezweifle, daß der Autor überhaupt weiß, was ein Handicap (nach Augst vermutlich "Händicäp") ist. – Man braucht ja nur das Wort "rechtschriftlich" zu lesen, um den Text sofort in die Ecke zu werfen. – Wer richtig schreibt, produziert demnach die rechte Schrift. – Auf die "Signalkosten" ist man ohnehin nicht mehr gespannt. Die Frage ist allenfalls, ober wir es hier mit Originalitätssucht oder schlichter Einfalt zu tun haben.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 08.02.2008 um 08.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2931


Was ist eigentlich gegen die Schreibung des Filmtitels "Das Leben der Anderen" einzuwenden?
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Ruth Salber-Buchmüller
Mülheim-Ruhr

Dieser Beitrag wurde am 06.02.2008 um 19.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2927


"Das Leben der Anderen" zieht Kreise

WAZ/Kulturteil heute:

Das Glück der Einen ist nicht zwangsläufig eine Freude für alle.

Doch warum dann nicht auch "Alle"?
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 05.02.2008 um 06.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2920


Nicht nur in der Linguistik zeigt sich der Verfall. Auch in der Veröffentlichung sogenannter Lernhilfen. Mit immer neuer Verblüffung registriere ich schon seit Jahren, wie wacker sich auf dem Schulbuchmarkt Verlage halten können, deren Produkte früher niemals auch nur das Neonlicht einer Schulklasse hätten erblicken können. Wenn die Hirne unserer Kinder bereits im Schulalter mit dümmlichen und flachen Texten abgefüllt werden, deren sachbezogene, grammatische und stilistische Qualität selbst kaum über den Elaboraten von Zehnjährigen stehen, darf man getrost in die Zukunft blicken: Wo die Not am größten, wächst die Hoffnung auf Rettung.

Und die Lehrer? Man fragt sich: Fällt denen nicht auf, welchen Unsinn sie ihren Schülern vorlegen? Zur Ehrenrettung der meisten sei gesagt, daß die zunehmende Verbürokratisierung des Unterrichts sie davon ablenkt, sich genügend intensiv um ihre ursprüngliche Aufgabe, das Unterrichten, zu kümmern. Da greift man halt gern auf Konserven zurück, und bei denen ist nicht immer sofort klar, welche Zutaten vermengt sind. Die Schüler werden mit Fertigkost abgespeist, die Lehrer kümmern sich derweil obrigkeitsgehorsam um die Bürokratie. Hauptsache, die Schüler sind ebenfalls beschäftigt, womit, spielt keine Rolle. Der Lehrer kümmert sich derweil um Organisation, Statistik, Strichlisten, Formulareinträgen, Unterrichtsprofile ("Autonome Schule") usw. usf. Irgendwann muß ja auch das getan werden, oder?

Tja, und dann sind da noch jene, die wirklich nichts merken ... Es ist ja alles relativ. Wenn das Gesamtniveau sinkt, merkt niemand was. Unter den Blinden ist der Einäugige König.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 05.02.2008 um 01.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2918


Herrn Kratzbaums (29#2912) "Bescheidene Frage" ist eigentlich keine solche, sondern eine prekäre und zugleich fundamentale.

Das Unternerhehmen "RSR" hat gezeigt, was die germanistische Linguistik über das Deutsche wirklich "weiß". Evident wurde, daß die "Reformer" mit nur dünnstem grammatischen Wissen ausgerüstet waren – und etwas gelernt haben, z.B. zu leid oder auch nicht.

In den Naturwissenschaften ist der zulässige Grad an Ignoranz umgekehrt proportional zum akademischen. In der germanistischen Linguistik gibt es keinerlei stetige Relation. Die in diesem Forum zitierten Verlautbarungen der linguistisch Unfehlbaren und Staatsberufenen belegen diesen Umstand umfänglich und hinreichend bis hin zur "Verwechslung" von Adjektiv und Attribut.

Was letztens zur deutschen Wortbildung veröffentlicht wurde (im deprimierenden Überblick dazu Theodor Ickler), läßt nichts Gutes hoffen. So viel Abstruses in so kurzer Zeit hatte die germanistische Lingustik in dieser Beschreibungs"ebene" in ihrer Geschichte noch nicht. Es genügt, die letzten fünf Produktionsjahre von Elke Donalies zu verfolgen, um zu ahnen, was noch auf uns zukommt, denn nach dieser und anderen "Lehren" werden die nächsten Generationen von "Wissenden" für die nächste Destruktion der Schreibung des Deutschen herangebildet.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.02.2008 um 12.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2915


Noch einmal: Spülmaschine

Dann könnte man wohl in Anlehnung an G. Augsts Konfabulationen von "synchroner etymologischer Inkompetenz" sprechen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.02.2008 um 19.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2912


Bescheidene Frage

Zu "Spülmaschinen" usw. (siehe hier): Wer erklärt mir diese Unfähigkeit in offenbar elementaren sprachwissenschaftlichen Dingen bei Leuten, die studiert haben, promoviert wurden, sich z.T. habilitiert haben. Wo liegt da der Anfang des Versagens? – Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Naturwissenschaftler oder Ingenieur sich so etwas erlauben würde.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 31.01.2008 um 08.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2893


Dieser Tage ist wieder viel von »Essstörungen« die Rede. Man sollte das Wort zum Mahnmal für eine s-Störung ganz anderer Art erklären.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.01.2008 um 09.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2876


Da hat er ja nun leider recht, die Regeln sind gut, die Praxis ist schlecht

Man darf Herrn Heller aufs Wort glauben, was er da über seine Erfahrungen berichtet. – Sein Horizont endet da, wo sich die Frage stellt, warum die Rechtschreibung nicht besser, sondern – trotz der so logischen und einfachen Regeln – sogar immer schlechter geworden ist.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.01.2008 um 13.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2867


Falsche Adresse

Der Lehrer aus Sargans fragt: Wieso darf das St. Galler Tagblatt, was meine Schüler nicht dürfen? Wie erkläre ich ihnen das? – Ja, verehrter Herr Lehrer, das eben wäre Ihre pädagogische Aufgabe. Nur ein paar Anregungen:
Wer oder was legitimiert eine Handvoll zweitrangiger "Experten", mutwillig ein hohes Kulturgut zu beschädigen?
Was geht den Staat die Rechtschreibung an?
Wieso sind die Verantwortlichen unfähig zur Korrektur?
Warum machen so viele mit, auch ohne Zwang?
Wie entscheidend sind und waren wirtschaftliche Interessen und Verflechtungen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.01.2008 um 10.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2861


Zu Herrn Metz - "weiter machen"

Ich denke, fast alle Fehler, die wir heute beobachten, wurden auch vor der Reform gemacht, möglicherweise seltener oder in anderer Häufigkeitsverteilung. Das Schlimme ist, daß die Maßstäbe und damit die Sensibilität verlorengegangen sind. Nach der gewaltsamen Zerstörung der deutschen Rechtschreibung wird es immer schwieriger werden, an jemandes Sprachgefühl zu appellieren. Man wird einfach nicht mehr verstanden werden, weil sich bei den Neuschreibern eben ein solches gar nicht entwickeln konnte.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.01.2008 um 19.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2851


Ein Blick in die Zukunft

Die Geschichte der sogenannen Rechtschreibreform wird vermutlich sehr viel anders aussehen, als die Reformer glauben und wünschen. Sie selbst und ihr lächerliches Produkt werden darin nicht viel mehr als eine Marginalie sein. – Im Mittelpunkt wird vielmehr, neben den dubiosen Umständen der Einführung, die flächendeckende Zerstörung der deutschen Einheitsorthographie stehen. Dazu die noch täglich zu beobachtenden unzähligen Beispiele von Dummheit, Unterwürfigkeit und Charakterlosigkeit im Gefolge dieses "Jahrhundertwerks".
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.01.2008 um 10.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2849


Auslegungssache

Es ist ja von besonderem Reiz, daß die FAZ die Steigerung im Einzelverkauf nicht auf die journalistische Qualität, sondern auf bunte Bildchen zurückführt. – Im übrigen dürfte der Zuwachs nicht einmal signifikant sein.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 17.01.2008 um 19.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2841


Irgendwo in diesem Forum war mir entfahren, daß man die RSR – schon allein wegen ihres Geruchs – endlich unter die Erde bringen sollte.

Das gilt auch für die Totgeburten ihrer Apologetik.
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K. Bochem
Köln

Dieser Beitrag wurde am 17.01.2008 um 18.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2840


Olms (mitsamt den "wissenschaftlichen" Herausgebern) scheut sich nicht, mit "faktengestützt", "unverzichtbar", "Quelle für die Geschichtsschreibung", "gelungen" usw. gutwilligen Leuten (und der öffentlichen Hand) ein horrendes Geld für etwas aus der Tasche zu ziehen, was in der Hauptsache bekannt und anderweitig längst zu haben ist. Das eine stinkt – das andere bekanntermaßen nicht.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 17.01.2008 um 18.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2839


"Die Radikalkur der Reform gerade aus den Grenzgebieten des Hochdeutschen"
So Kratzbaum in 29#2825.

Weniger merkwürdig denn Tradition:
Karl Kraus,
Egon Erwin Kisch,
Franz Kafka
und andere.

Direkt mitten drin ist die Sensibilität gering.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.01.2008 um 15.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2838


De profundis

Ist das nicht einfach rührend: Die Kommission, die eines Tages feststellen mußte, daß sie von ihren Auftraggebern schlicht und kaltschnäuzig als nicht mehr existent behandelt wurde, schreibt ihren eigenen Nekrolog. – Für achtundsechzig Euro kann man sich allerhand schöne Dinge leisten, aber wer käme wohl auf die Idee, sich ausgerechnet dieses bereits für die Ramschkiste verfaßte Produkt zu kaufen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.01.2008 um 15.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2827


Kurlaub wäre empfehlenswert

Wenn ich es recht sehe, scheint Frau Hillinger allen Ernstes zu glauben, die Deutschschweizer machten auch in der Aussprache keinen Unterschied mehr zwischen langen und kurzen Vokalen, also zwischen Maßen und Massen, Bußen und Bussen usw.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.01.2008 um 13.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2825


Walliser Bote

Ist es nicht merkwürdig, daß die Radikalkur der Reform gerade aus den Grenzgebieten des Hochdeutschen kommt? Ist man sich dort eines korrekten und gepflegten Schriftdeutschs stärker bewußt? SOK und die einzige Tageszeitung des deutschsprachigen Teils des Kantons Wallis legen diesen Schluß nahe. (Von der Auslandsgermanistik wurden ja ähnliche Reaktionen gemeldet.)
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 14.01.2008 um 12.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2824


Die Gratwanderung lag so nahe, daß ich sie hätte sehen müssen.

Gelegentlich wurde erneut deutlich, daß mit Wörtern bzw. Nominationen nicht nur Gegenstände installiert, sondern auch eliminiert werden. Soviel political incorrectness wie in diesen Verlautbarungskategorisierungen ist ein faux pas, noch dazu in dieser Gilde, in der vielleicht nur Neutra wie einst in Geschäften Subjekte (K.K.: "Eine Ordonnanz liebte einen Boten ...").

Es gibt also gewissiglich Ministerinnen, aber ob denn auch zwangsnotwendig Germanistinnen, das wissen nur die Germanisten zu beiden Ufern des Rheins. Fröhliche Urständ des Partriarchats der Wissenden in Hochblüte also, denn die Wissend(inn)en – ganz ohne Metasprache simpel de re und gleich noch de dicto – vergaß man, in introspektiver Vertiefung verloren, zu installieren.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.01.2008 um 08.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2823


Im Grenzgebiet

Ich habe die bewußten Wörter nicht in Anführungszeichen gesetzt, weil ich (leicht ironisch) andeuten wollte, daß mit dem wahllosen Weglassen der weiblichen Formen auch die bezeichnete Spezies selbst verschwindet. Also: entweder immer oder nie.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2008 um 21.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2822


Lieber Herr Konietzko,
es lag meinerseits ein Mißverständnis vor. Dieses entstand daraus, daß ich "Sprachwissenschaftlerinnen" (ohne Anführungszeichen) de re verstand. In Anführungszeichen hätte ich es gern de dicto (bzw. de scripto) verstanden.
Wenn das generelle Maskulinum nicht mehr opportun sein sollte, warum schreibt man dann nicht – wie früher – "den Sprachwissenschaftler(inne)n wurde der K-D-P verliehen", sondern postponiert wegen Wackernagel und wegen der Ableitung die Damen geradezu despektierlich und permanent mit "S~ und S~innen"? Sogar Opportunismus gerät zuweilen an seine Grenzen, von Ökonomie ganz zu schweigen.
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David Konietzko
Bad Homburg vor der Höhe

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2008 um 21.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2821


In Kratzbaums Äußerung (#2791) geht es um den Text „Fragen und Antworten rund um den Konrad-Duden-Preis der Stadt Mannheim“ auf der Internetseite des Dudenverlags. Kratzbaum ist aufgefallen, daß darin zwar sehr oft feministisch korrekt von „Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftlern“, „Linguistinnen und Linguisten“ usw. die Rede ist, manchmal aber die weibliche Personenbezeichnung vergessen wurde, z.B.:
„Seit dieser Zeit wurden 26 Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler ausgezeichnet, darunter zahlreiche Auslandsgermanisten wie [...] Cathrine Fabricius-Hansen (Oslo, 2004) [...]“
„Weitere Mitglieder [des Preisgerichtes] sind [...] zwei Vertreter des Gemeinderates [...]“
Darin zeige sich, so Kratzbaum, daß die Doppelnennung bei Personenbezeichnungen unnatürlich sei, so daß auch politisch korrekten Schreibern gelegentlich ein generisches Maskulinum unterlaufe.

Dadurch, daß Kratzbaum den metasprachlichen Gebrauch der Personenbezeichnungen in seinem Beitrag nicht gekennzeichnet hat, entstand Herrn Schattes Mißverständnis.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2008 um 20.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2819


Lieber Herr Höher,
danke für die Hilfe!
Da steht der Name ja.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2008 um 20.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2818


Lieber Herr Schatte,

Ihnen kann geholfen werden, wenn Sie mir dieses Wortspiel verzeihen.

http://www.duden.de/ueber_duden/index.php?nid=4
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2008 um 20.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2817


Sehr geehrter Herr Kratzbaum,
und Els Oksaar?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.01.2008 um 20.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2816


Sehr geehrter Herr Schatte, ich vermisse ja nur die "innen"
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2008 um 19.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2815


Herr Kratzbaum,
mir ist zwar die Dudenseite nicht näher bekannt, aber den Konrad-Duden-Preis hat bisher eine ganze Reihe Auslandsgermanisten erhalten (u.a. Ludwik Zabrocki, Els Oksaar). Es müßte auf der Seite also notiert sein.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.01.2008 um 16.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2814


Rätselhaft

Was ich vermutlich nie begreifen werde, ist, daß ein durchaus mittelmäßiger Geist wie G. Grass in Deutschland zu einer sog. "moralischen Instanz" werden konnte. Liegt es daran, daß er sich zu allem und jedem moralisierend äußert? Jetzt war er wieder einmal bei der SPD eingeladen und hat anscheinend reichlich konfuses Zeug von sich gegeben. – Vielleicht liegt des Rätsels Lösung ganz einfach in dieser uhuartigen Physiognomie, die tiefe Weisheit suggeriert. Auch ein G. Augst hat womöglich manches "vielgeliebte Ziel" mit Hilfe seines Brillenblicks erreicht.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 10.01.2008 um 20.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2792


»Was könnte bei der Rechtschreibung als Hinweis auf „die Sache an sich“ angesehen werden, die letztlich dahintersteckt? Das sind die gleichen Fragen, wie sie auch für die Entdeckung von Naturgesetzen hilfreich sind, und sie führen bei der Orthographie vermutlich zumindest auf das, was heutzutage als „Prinzipien“ angesehen wird, wie etwa Lautprinzip, Prinzip der Schemakonstanz u. a. (siehe z.B. bei Gallmann). Aber man kann noch weiter fragen: Warum sind es diese Prinzipien und nicht andere? (Das führt auf Lehrmeinungen.) Gibt es evtl. ein „Metaprinzip“ (oder sogar mehrere davon)? Und noch viel wichtiger: Warum gibt es „Ausnahmen“?« (Jan-Martin Wagner am 5. Januar, #2757)

Vielleicht liegt das Problem ja gerade darin, daß die Sprachwissenschaft ihren Gegenstandsbereich nach dem Modell der Naturwissenschaften zu konzipieren versucht, damit aber, wie von Herrn Weiers bereits angesprochen, nicht zurande kommt. Wenn zwei "Prinzipien", wie das Lautprinzip und das Stammprinzip, nicht nur in der Wirklichkeit, die sie beschreiben sollen, miteinander in Konflikt geraten können (was Gallmann ja durchaus sieht), sondern auch konzeptuell, bedarf es in der Tat eines "Metaprinzips", das den Konfliktfall reguliert (mehrere Metaprinzipien kann es nicht geben, andernfalls dreht sich das Karussell weiter). Solange man dieses Metaprinzip nicht kennt bzw. es nicht durch das Prinzip der Sprachplanung ersetzen will, sollte man hier am besten gar nicht von Prinzipien reden.

Die Rede vom "Prinzip der Schemakonstanz" ist übrigens ein gleich doppelter Pleonasmus. Zunächst einmal wird ein Schema überhaupt erst dadurch als solches identifizierbar, daß es sich wiederholt, also durchhält. Aber auch "Prinzip" bedeutet nichts anderes als einen perennierenden Anfang/Ursprung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.01.2008 um 19.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2791


Halbherzig, halbdumm oder halbklug?

Wenn man sich auf der DUDEN-Seite über den Konrad-Duden-Preis informiert, so findet man zwar Sprachwissenschaftler und Sprachwissenschaftlerinnen, Linguisten und Linguistinnen und noch mehr Damen und Herren, aber z.B. keine Auslandsgermanistinnen und auch keine Vertreterinnen. – Da kann man doch leicht glauben, die gebe es gar nicht. Aber so ist es fast überall: Der Krampf führt alsbald zu Ermüdungserscheinungen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.01.2008 um 19.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2788


Danke, Herr Metz

Natürlich meinte ich das Regelwerk, das sozusagen aus der Wiener Absichtserklärung hervorgeht.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 10.01.2008 um 18.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2787


Das Wort »Vorbildcharakter« kommt auf jeden Fall im Vorwort zum amtlichen Regelwerk vor:

»1 Geltungsbereich der neuen Rechtschreibregelung

Das folgende amtliche Regelwerk, mit einem Regelteil und einem Wörterverzeichnis, regelt die Rechtschreibung innerhalb derjenigen Institutionen (Schule, Verwaltung), für die der Staat Regelungskompetenz hinsichtlich der Rechtschreibung hat. Darüber hinaus hat es zur Sicherung einer einheitlichen Rechtschreibung Vorbildcharakter für alle, die sich an einer allgemein gültigen Rechtschreibung orientieren möchten (das heißt Firmen, speziell Druckereien, Verlage, Redaktionen – aber auch Privatpersonen).«

(Quelle: http://rechtschreibrat.ids-mannheim.de/doku/teil1_regeln2006.pdf)
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 10.01.2008 um 17.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2786


An Kratzbaum: Welche "Absichtserklärung" meinen Sie?
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 10.01.2008 um 17.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2784


Kratzbaum schrieb am 04.01.2008 um 12.14 Uhr unter dem Titel Nicht unoriginell:

"Herrn Lamms Beiträge sind zumindest inspirierend. Daß man z.B. aus der korrekten (phonologischen) Schreibweise lernen könnte, wie man `eigentlich´ sprechen sollte, ist ein nettes Dessin."

Es ist heute sogar in der Linguistik üblich, Phonetik und Phonologie für etwa dasselbe zu halten. Aber selbst die dümmliche Regel "Schreib, wie du sprichst!" hebt nicht auf Phoneme und andere Konstrukte ab, sondern auf Artikulatorisches, i.e. Phonetisches. Wenn das nicht geschieden wird, sind Hopfen und Malz verloren.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.01.2008 um 15.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2782


Vorbilder und "Vorbilder"

In der Absichtserklärung wird – schon beinahe dreist, zumindest aber großsprecherisch – behauptet, die Neuregelung habe "Vorbildcharakter" für jeden, der schreibt.

Als vorbildlich wird einmal der Schweizer Befreiungsschlag in die Geschichte der Reform und ihres Scheiterns eingehen. Ein wahres Ruhmesblatt!
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Norbert Schäbler
Hösbach

Dieser Beitrag wurde am 06.01.2008 um 20.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2774


„Weggeworfen“

„Evolution der Vernichtung“, so heißt der Titel einer Glosse, von der ich fast nur noch weiß, daß es sie gibt. Der Name des Verfassers ist mir entfallen.

Dunkel erinnere ich mich daran, daß da einer beim Köpfen seines Frühstückseis martialische Gedanken bekam und darüber nachsann, wie im Verlaufe zwischenmenschlicher „Befriedungsnotwendigkeit“ ein jeweils Mächtiger das so genannte Vernichtungspotential vom einfachen Faustkeil bis hin zur Atombombe gesteigert hat.

Ich kann das alles nicht so zusammenfassen, wie das andere tun, und vermutlich ist es auch so, daß ich die Geschichte gar nicht richtig verstanden habe, weil ich mein Frühstücksei nicht köpfe, sondern aufschlage bzw. zerdeppere.

Aber blitzen tat es zeitweilig aus meinen Augen genauso wie bei dem, der die Geschichte geschrieben hat.

Hat jemand zufällig die Geschichte? Sie ist eine einzige Seite lang. Ich selbst habe sie weggeworfen.
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 06.01.2008 um 14.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2772


Lieber Herr Lachenmann,
die Keulen gefallen mir! Manchmal ist das Hantieren damit eine Befreiung. Ich stelle mir vor, wie wir keulenschwingend brüllen ...
Sie haben ja recht, Wundenlecken bringt nicht weiter.
Doch ob Analysen und psychologische Betrachtungen nicht doch am Ende etwas bewirken, wer will das schon sagen können. Ich glaube, der beste Schutz vor unüberlegtem Handeln ist Wissen, vor allem historisches Wissen. Denn da erfahren wir, daß alles – wenn auch in anderer Form – schon einmal da war. Wir müssen nicht immer das Rad neu erfinden wollen. Demut, wie sie dem Kenntnisreichtum entsprießen kann, ist ein wirksames Medikament gegen Größenwahn. Nun lese ich gerade ein wenig über die Person Karl Marx. Dieser verschlang Bücher wie andere Leute heutzutage Hamburger. Auch Stalin war ein gebildeter Mensch ...
Was soll man dazu noch sagen. Alles kann in sein Gegenteil verkehrt werden. Auch das ist so eine Keule, aber eine, die das Leben schwingt.
Trotzdem: und jetzt erst recht!
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 06.01.2008 um 13.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2770


Liebe Frau Pfeiffer-Stolz,

ich muß leider noch einmal meine Keule schwingen. Es freut mich nämlich sehr, wieder, wie so oft, festzustellen, daß wir völlig einer Meinung sind. Ich frage mich nur, weshalb Sie dann sich so viel Mühe geben, mir widersprechen zu wollen. "Die Verteidigung des Privaten" liegt mir auch ohne spezielle Aufklärung und Anleitung durch Herrn Sofsky am Herzen, und daß das Private bedroht ist, spatzen inzwischen die Dächer von den Pfeifen.

Nun mag bei der Verteidigung des Privaten oder auch von Nichtprivatem, wie dies für die Rechtschreibreform zutrifft, jeder seine eigenen Prioritäten haben und die Rechtschreibung bzw. die Rechtschreibreform in diesem Zusammenhang für nicht so relevant halten, wie sie es nach unserer gemeinsamen Einschätzung ist. Vielleicht engagiert sich Herr Bohrer an anderer Stelle, deren Bedrohtheit Sie und ich gar nicht erkennen oder an der wir keinen Handlungsbedarf sehen, ebenso leidenschaftlich gegen die Freiheit bedrohende Übergriffe, wie wir es hier tun. Jeder von uns weiß, bis in welche existentiell gefährliche Dimension Sie persönlich dies getan haben und respektiert es.

Fakten sind nun einmal Fakten, dies zu erkennen bedeutet kein "Einknicken" und kein "Umfallen", sondern vielleicht eher ein Aufstehen nach einem Niedergeschlagensein. Das Klagen über die Fakten und die noch so feinsinnige Analyse, wie es zu den Fakten kommen konnte, aufgrund welcher menschlichen oder sonstigen Schwächen, hat etwas Verharrendes an sich, wie das Schmoren im eigenen Saft. Man sollte aber versuchen, eine Zukunftsperspektive zu gewinnen. Leute wie Herr Bohrer und andere, die jetzt von einigen Diskutanten hier des "Einknickens" bezichtigt werden, die aber die Unzulänglichkeit der so mangelhaft reformierten Rechtschreibung ja durchaus kennen, wenn sie diesen auch weniger Relevanz zuschreiben als unsereins, können für sinnvolle Zukunftsperspektiven kaum gewonnen werden, wenn wir ihnen mit der (Sie – und Martin Walser – mögen mir den geistigen Diebstahl nachsehen) moralischen Keule kommen.

Die FDS muß solche Perspektiven erarbeiten, so schwierig das im Augenblick sein mag. Und für diese Perspektiven muß die FDS die Leute gewinnen, die mit dem Zustand der deutschen Rechtschreibung so unzufrieden sind wie wir, auch wenn sie, aus welchen Überlegungen heraus auch immer, nicht mehr die Rechtschreibung praktizieren, die wir vor der Reform hatten. Packen wir also gemeinsam unsere Keulen wieder ein.
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 06.01.2008 um 11.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2767


Freiheit und Rechtschreibung

Die jüngst hier zu lesenden Begriffe „Charakterschwächling“, „Frage der Moral“, „Charakterstärke“, „guter Mensch“ usw. müssen noch einmal aufgegriffen werden:
Die Wahl der persönlichen Rechtschreibung ist keine Frage von Moral und Charakter. Eine Person, die „dass“ schreibt, zeigt damit allenfalls Gleichgültigkeit gegenüber der Freiheit. (Oder sie kann und weiß es nicht besser, weil sie in der staatlichen Schule einseitig unterwiesen wurde.) Der Forist, der hier mit der Keule gegen vermeintliche Verunglimpfung des „dass“-Schreibers vorgeht, kämpft gegen ein Gespenst.

Bei erwachsenen „dass-Schreibern“ kann man lediglich darauf schließen, daß sie gewöhnt sind, sich anzupassen. Ohne Anpassung könnte keine Gesellschaft funktionieren. Wir können nicht erwarten, daß jeder das Ausmaß der Dummheit erkennt, welches die sogenannte Rechtschreibreform charakterisiert. Also ist eine Anpassung an das Neue die logische (wünschenswerte) Folge in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Es gibt viele Bereiche, von denen ich persönlich wenig bis nichts verstehe. In diesen Fällen bleibt mir ebenfalls nur der Weg, mich in meiner Unwissenheit an das Verhalten der anderen anzupassen.

Doch gibt es in unserer Gesellschaft kulturtragende Kräfte, von denen wir zu Recht erwarten, daß Sie nicht nur das Bessere verteidigen, sondern auch die Freiheit, das Bessere tun zu können. Die bürgerliche Freiheit ist ständig in Gefahr. Sie muß immer wieder erkämpft werden gegen die grenzenlose und vermassende Gewalt des Staates. Freiheitsliebe und ein feines Gespür für die Anmaßung der Macht: sie sind es, die den Widerstand gegen die Reformschreibung wecken, nicht aber eine wie auch immer geartete Moral. In meinem Bekanntenkreis gibt es viele Personen, die aus naiver Überzeugung der Treue versuchen, das Regelwerk anzuwenden. Gut sichtbar begleitet unsägliches Versagen dieses Bemühen. Soll ich ihnen dies zum Vorwurf machen? Keinem von ihnen würde ich jemals Vorhaltungen machen. Ich habe dazu kein Recht. Die Wertschätzung, die ich jenen Personen entgegenbringe, basiert auf anderen als auf orthographischen Angelegenheiten. Es spielt in gewissen Lebenszusammenhängen keine Rolle, ob jemand richtig schreibt oder nicht.

Für die Träger der Kultur aber sollte dies eine Rolle spielen! Die Einträge in diesem Forum wenden sich denn auch gegen die Neigung einflußreicher Kreise zum voreiligen Gehorsam, der doch unseren Großvätern in anderen Zusammenhängen zum Verhängnis wurde. Eine Zeitschrift zum Beispiel, die sich auf hohem Niveau der Kultur verschrieben hat und aus einem Hause stammt, dessen Chef noch vor nicht allzulanger Zeit das Reform-Machwerk hellsichtig verdammt hat, müßte mehr Standfestigkeit bei der Verteidigung der bürgerlichen Freiheit zeigen. Diese nämlich wird damit freiwillig aufgegeben.

Müßten die Verantwortlichen nicht wissen, daß sie mit der Entscheidung für die ss-Schreibung nicht bloß einen „erträglichen“ Kompromiß schließen? Der gutgemeinte Wille zum Kompromiß – in Anerkennung der „Realitäten“ – hat Folgen, die man doch voraussehen kann: Durch den geöffneten Türspalt werden alsbald sämtliche Torheiten der Reform hereinquellen und die Tür ganz aus den Angeln heben.

Was ist den Entscheidungsträgern zum Vorwurf zu machen? Feigheit, Dummheit, Gleichgültigkeit? Allesamt menschliche Schwächen, die niemandem fremd sein dürften. Doch nun die Frage: Wieviel ist uns die Freiheit wert? Heute dulden wir das „dass“, morgen zähneknirschend die Abschaffung des Eszett, übermorgen finden wir uns vielleicht damit ab, daß an Behörden keine handgeschriebenen Briefe mehr geschickt werden dürfen. Daß das Rauchen im eigenen Haus verboten wird. Daß wir vor Urlaubsreisen angeben müssen, wohin und wie lange wir unterwegs sein werden.

Es besteht keine Notwendigkeit, Neuschreiber von der moralischen Warte her in Schutz zu nehmen, niemand in diesem Forum hat sie beleidigt. Der Appell jedoch, die staatlich verordnete Dummheit als Fakt hinzunehmen, weil er als Sündenfall nun einmal in der Welt ist, kann man schwerlich ernstnehmen. Ich empfehle dem Autor der betreffenden Äußerung die Lektüre „Die Verteidigung des Privaten“ von Wolfgang Sofsky. Nicht aus Charakterschwäche taumeln wir in die Unfreiheit, sondern aus schierer Gleichgültigkeit und aus der (naiven wie vergeblichen) Hoffnung, durch Kompromisse eine Verbesserung der Lage erzielen zu wollen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 06.01.2008 um 10.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2766


Führt nicht weiter

Den Begriff "demokratisch", der ja heutzutage für vielerlei in Anspruch genommen wird, sollte man auf sein eigentliches Feld, d.h. die politische Entscheidungsfindung, beschränken. Bei dieser geht es nicht darum, zu beschließen, was weise, richtig, gut ist, sondern was geschehen soll. Das kann aus späterer Sicht furchtbar falsch gewesen sein. Es ist wie im Einzelleben auch: die Notwendigkeit, zu handeln, reicht stets weiter als das Erkenntnisvermögen. - Rechtschreibung kann man im weitesten Sinne zu den Sitten und Gebräuchen zählen. Sie folgt Vorbildern, und die entscheidende Frage ist, wer diese sind oder wer sie bestimmt. Im Zeitalter einer ungeheuren Ausbreitung der Dummschwätzerei und auch Elitenfeindlichkeit ist das nicht mehr so einfach. Nicht verkehrt ist es da, sich erst einmal ans Bewährte zu halten. Die Orthographie vor der Reform funktionierte (das wichtigste Kriterium), war entwicklungsfähig (quasi-evolutionär) und auch nicht besonders schwer zu erlernen. All dieses ist geopfert worden auf dem Altar einer Ideologie. Besonders schwer wiegt dabei, daß die Staatsgewalt sich Dogmatikern ausgeliefert hat und alsbald eine Staatsreligion aus einer an sich ganz unbedeutenden Erscheinung gemacht hat. Das Bündnis aus Unfähigkeit und Macht ist, wie wir lernen konnten und noch täglich erleben, unendlich schwer aufzubrechen.
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 05.01.2008 um 08.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2758


„Die „Reform“ von 1996 zeugt davon, daß sich die schulisch-didaktische Perspektive so weit verschoben hat, daß die Vermittlung bzw. die Vermittelbarkeit der Rechtschreibung über die Rechtschreibung selbst gestellt wurde.“ (Wagner)

Diese Aussage wirft ein Schlaglicht auf die zentrale Schwierigkeit, mit der unsere Gesellschaft heute nicht nur bei der sogenannten Rechtschreibreform, sondern in vielen Bereichen ringt. Die Pädagogik hat zu viel Einfluß gewonnen, und damit geben die Pädagogen den Ton an. (Womit nicht nur Schullehrer gemeint sind, sondern all jene Schreibenden und Vortragenden, die ihre Lebensaufgabe darin erblicken, das Volk in Fort- und Weiterbildung zu unterweisen, Stichwort „Lebenslanges Lernen“). Die „Bildung“ ist eine Heilige Kuh, der Bildungsbegriff selbst zerfranst bis zur Unkenntlichkeit. Die Bildungsindustrie ist zu einem nicht unwesentlichen Wirtschaftsfaktor mutiert. (Schelskys lesenswerte Streitschrift „Die Arbeit tun die anderen“.)

Nun liegt es in der Natur der Sache, daß die Pädagogik an Darstellung und Vermittelbarkeit des Lehrstoffes stets ein höheres Interesse hat als an Inhalt und sachlicher Richtigkeit. Ein böser Gedanke! Man mag dies bedauern, man darf sich empören, doch aus der Welt schaffen wird man diese Tatsache nicht. Der Mensch tut nun einmal nicht immer das, was richtig und gut für ihn und seine Zukunft ist, er tut vor allem das, was naheliegt, was er kann, was ihm gerade bequemerweise über den Weg läuft. Nur starke Alltagsrituale und ein festgefügtes Netz aus Gewohnheit und Tradition hilft beim Ordnunghalten in allen Belangen. Man störe sich nicht an der Begriffswahl! Wir vergessen allzuleicht, daß wir in eine Ordnung eingebunden sind, die wir nicht selbst geschaffen haben, von der wir aber zehren. Dem Fisch ist nicht klar, daß Wasser als Element sein Überleben garantiert, bis zu jenem tragischen Moment, da er an Land geschleudert wird.

Langer Rede kurzer Sinn: Die Ausführungen, die Herr Wagner gemacht hat, möchte ich unterstreichen. Didaktik und Methodik haben über inhaltliche Belange den (vorläufigen) Sieg davongetragen, mit fatalen Folgen. Auf lange Sicht haben pädagogische Eingriffe, die hauptsächlich therapeutisch-verändernd wirken sollen, keinen Bestand. Den Zwangsbeglückten bescheren sie Verhaltensunsicherheit und Kummer. Kummer, weil sie in ihrer Rolle als Schüler ständig mit eigenem „Versagen“ konfrontiert sind. Ein Versagen, das lediglich aus der pädagogischen Unvereinbarkeit mit der Realität entsteht und dem armen „Schüler“ somit nicht angelastet werden dürfte – was diesem jedoch verborgen bleibt. Dies ist Realität, seit es öffentliche Schulen und eigens dazu „ausgebildete“ Nur-Pädagogen gibt.

(Damit ich nicht mißverstanden werde: Die Pädagogik als solche ist wertneutral, es kommt immer darauf an, was der Mensch daraus macht. So wie der Verstand: ein sittlich verwahrloster Mensch mit brillantem Verstand wird viel Schaden anrichten; ein sittlich begabter Menschen kann mit Hilfe des Verstandes Großes vollbringen. Es gibt gute Pädagogen und schlechte, so wie es gute Autofahrer gibt und schlechte. Wenn sich allerdings der Schwerpunkt einer Gesellschaft zum Pädagogischen verschiebt, so drohen ihr „Rechtschreibreformen“ und möglicherweise noch Schlimmeres.)
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 05.01.2008 um 02.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2757


Zu David Weiers (#2718): Rechtschreibregeln sind keine Gesetze.

Ich will diesen Gedanken aufgreifen und in eine ganz spezielle Richtung weiterführen. So, wie Herr Weiers es angeführt hat, soll es wohl bedeuten, daß sie nicht streng zu befolgen sind, daß sie nicht unausweichlich, nicht unumstößlich sind – wie es etwa Naturgesetze wären. Aber allen, den Rechtschreibregeln, den Gesetzen und den Naturgesetzen ist eines gemein: Sie sind nicht a priori vorhanden, sondern von Menschen gemacht. Bei den Rechtschreibregeln und den Gesetzen leuchtet das sofort ein, aber wie ist es mit den Naturgesetzen? Die sind ja nicht veränderbar, wie Rechtschreibregeln oder Gesetze veränderbar sind (modulo einer gewissen Einschränkung [historische Wandelbarkeit; siehe unten]). Trotzdem sind sie dem menschlichen Geist entsprungen, sind das Resultat ausgiebiger Naturbeobachtungen und erheblicher mathematischer Anstrengungen. Wir benutzen sie, um die Vorgänge in der Natur zu beschreiben, um nachzuvollziehen oder vorherzusagen, was passiert ist oder passieren kann. Ganz unabhängig davon ist die Natur einfach da, und was geschieht, geschieht auch ohne daß irgend jemand ein Naturgesetz formuliert hätte; die Natur braucht keine Differentialgleichungen zu lösen. (Auf die historische Entwicklung, was man zu verschiedenen Zeiten jeweils als grundlegendes Naturgesetz angesehen hat, möchte ich hier nicht eingehen; das lediglich als Hinweis darauf, daß „Naturgesetze“ [in dem zuletzt beschriebenen Sinn, d.h. aufgefaßt als etwas, was von Menschen formuliert wurde] doch wandelbar sind.)

In analoger Weise sind Rechtschreibregeln und -prinzipien dem menschlichen Geist entsprungen, gewonnen durch ausgiebige Beobachtungen und erhebliche intellektuelle Anstrengungen; Herr Ickler hat es hier kurz beschrieben. Könnte es nun aber sein, daß es bei der Rechtschreibung, wie in der Natur, auch unabhängig von den menschengemachten Regeln zu „typischen Erscheinungen“ oder „regelhaften Mustern“ kommt? Was könnte bei der Rechtschreibung als Hinweis auf „die Sache an sich“ angesehen werden, die letztlich dahintersteckt? Das sind die gleichen Fragen, wie sie auch für die Entdeckung von Naturgesetzen hilfreich sind, und sie führen bei der Orthographie vermutlich zumindest auf das, was heutzutage als „Prinzipien“ angesehen wird, wie etwa Lautprinzip, Prinzip der Schemakonstanz u. a. (siehe z.B. bei Gallmann). Aber man kann noch weiter fragen: Warum sind es diese Prinzipien und nicht andere? (Das führt auf Lehrmeinungen.) Gibt es evtl. ein „Metaprinzip“ (oder sogar mehrere davon)? Und noch viel wichtiger: Warum gibt es „Ausnahmen“?

Für jede Veränderung der Rechtschreibung, die sich etabliert hat, weil sie sich als brauchbar erwiesen und sich allmählich allgemein verbreitet hat, wird es einen Zweck gegeben haben, dem sie diente, und in diesem Zweck sehe ich das „Eigentliche“ der Orthographie. Die Schriftsprache dient der Kommunikation, daher wird sich orthographisch vermutlich durchgesetzt haben, was der Kommunikation dient – unabhängig davon, ob es in ein bestehendes Regelsystem paßt oder nicht. (Leider habe ich Munskes „Lob der Rechtschreibung“ noch nicht gelesen, verweise aber in diesem Zusammenhang auf das, was Stefan Stirnemanns Besprechung zu entnehmen ist.) Die Umstellung der Rechtschreibung 1996ff fällt aus dieser Entwicklung heraus: Weder beruht sie auf Veränderungen, die sich erst durch allmähliche Verbreitung etabliert und also den Praxiserprobungstest bestanden haben, noch stand die Verbesserung der Kommunikation im Vordergrund – sondern eine höhere Regelhaftigkeit (vgl. das Vorwort des amtlichen Regelwerks von 1996 und 2004; 2006 fehlt der entsprechende Absatz). Wie konnte das sein?

In seinem „Abriss der Schriftgeschichte“ kommt Gallmann unter „6. Die neueste Entwicklung“ unter anderem zu folgenden Befunden:
»• Buchdruck → Demokratisierung des Lesens
• Allgemeine Schulpflicht → Demokratisierung des Schreibens; → vertiefte Demokratisierung des Lesens
• Fotokopierer, Internet → Demokratisierung des Publizierens
• Mechanisierung und Elektronisierung des Schreibens
[...]«
Nicht nur das Wissen darüber, was der schriftsprachlichen Kommunikation dient, hat im Laufe der Zeit zugenommen, auch der Kreis derjenigen, die an der schriftsprachlichen Kommunikation teilhaben, ist größer geworden, was bedeutet, daß die Vermittlung der Rechtschreibung eine immer größere Rolle spielt – zumindest in der Schule, und aus der Schulperspektive heraus gewinnt man eine ganz andere Haltung zur Rechtschreibung, als wenn man sie von ihrer Grundlage, der Kommunikation zu dienen, her betrachtet. Hinzu kommt eine mit der Zeit immer ausgefeiltere Didaktik, die sich als eigenständige Disziplin etabliert hat.

Die „Reform“ von 1996 zeugt davon, daß sich die schulisch-didaktische Perspektive so weit verschoben hat, daß die Vermittlung bzw. die Vermittelbarkeit der Rechtschreibung über die Rechtschreibung selbst gestellt wurde (vgl. den im 3. Kommissionsbericht [http://forschungsgruppe.free.fr/b3.pdf] als „Anlage 4“ enthaltenen Fragebogen „Leitfragen für Erhebung zur Auswirkung der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung auf den (Recht)schreibunterricht“ [Auszüge]:
»B Getrennt- und Zusammenschreibung; C. Bindestrich
Die Neuregelung orientiert sich nicht am semantischen Kriterium (entsteht ein neuer Begriff?), sondern nennt grammatische Proben: Erweiterbarkeit, Steigerbarkeit (kurz treten, kürzer treten). In einigen Fällen werden Festlegungen getroffen, z. B. Infinitiv + Verb werden getrennt geschrieben (sitzen lassen).
Üben Sie die GuZ überhaupt? Welche Probleme gibt es? Sind die Regeln handhabbar?«
»F Worttrennung am Zeilenende
• Lässt sich die Trennung von s-t (Fes-te) im Unterricht mit s-p (Wes-pe) verbinden?
• Fügt sich die Trennung vor -ck (Zu-cker) in die Reihe na-schen, wa-chen?
[...]«).

Das wäre in etwa so, als ob man forderte, die mathematischen Prinzipien oder die physikalischen Gesetze zu „vereinfachen“, weil sie für die Schüler zu schwierig seien. Und wer würde bestreiten, daß Mathematik und Physik für viele Schüler sehr schwierig sind? Nimmt man sich die „Reform“ von 1996 als Maßstab, wäre es Zeit, die Naturgesetze an das Schulniveau anzupassen. (Was wohl die Grundschullehrer dazu sagten, fragte man sie, was sie davon [und insbesondere von den zu erwartenden Erleichterungen im Unterricht] hielten...)


(An dieser Stelle danke ich Herrn Dr. H.-Ch. Weißker für viele Diskussionen über die Reform, ihre Hintergründe und Auswirkungen; einige der hier geäußerten Gedanken gehen auf ihn zurück.)
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Wilhelm Bernhard Kloke
Dortmund

Dieser Beitrag wurde am 04.01.2008 um 15.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2746


Herr Lamm ist sehr kenntnisreich, und seine Ideen sind auch nicht grundfalsch, man könnte in der Tat sagen, "nicht einmal falsch". Das Problem ist wie beim Sozialismus die Konfrontation mit der Realität. Der eingeschlagene Weg über Rechtschreibkommissionen und -räte, KMK und Ministerialbürokratie, IDS etc. hat sich definitv als schädlich erwiesen. Diese Realität erkennt Herr Lamm nicht an, und deshalb ist jede Diskussion mit ihm über die real existierende Rechtschreibreform aussichtslos.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.01.2008 um 12.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2743


Nicht unoriginell

Herrn Lamms Beiträge sind zumindest inspirierend. Daß man z.B. aus der korrekten (phonologischen) Schreibweise lernen könnte, wie man "eigentlich" sprechen sollte, ist ein nettes Dessin. Schreiberziehung als Sprecherziehung – warum nicht? In Wirklichkeit sind die Wege vom Sprechen zum Schreiben und zurück recht dunkel, z.T auch wegen der Inkommensurabilität der Medien. (Auch im Gehirn gibt es unterschiedliche Areale für die verschiedenen Kompetenzen). Nach meiner Überzeugung gehören, was die richtige Technik angeht, Lesen und Schreiben viel enger zusammen als Sprechen und Schreiben.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 02.01.2008 um 15.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2723


Deutschland, du hast es schlimmer

Die Geschichtslosigkeit Amerikas, die Goethe in dem von mir als Überschrift mißbrauchten Gedicht aus dem Jahr 1818 anspricht, scheint inzwischen als völlige Sprachgeschichtslosigkeit über Deutschland gekommen zu sein. Pro Sieben ("We love to entertain you") sucht inzwischen "The Next Uri Geller". Dabei ist der Mann doch Schweizer und nicht Amerikaner, aber David Copperfield gab es wohl nicht.
Gesucht wird ein "Nachfolger für den größten Mystifier aller Zeiten", alle "Infos zum neuen Live-Act" sind unter folgendem Verweis nachzulesen:

http://www.prosieben.de/show_comedy/next_uri_geller/

Wann wird sich wohl der Begriff next (nach "Germany's next Top-Model" und anderen nexts) in Texten deutscher Schüler niederschlagen? "Nexte Woche habe ich Gebirthday, da invite ich euch alle ein!" Wahrscheinlich hat die Realität meine Satire schon längst eingeholt und mir fehlt nur wieder die Phantasie dafür. Vielleicht sucht die nexte Bundestagswahl dann ja auch "Germany's Next BundeskanzlerIn". Ein "Live-Act" wäre es allemal.

Ausbreitung von Denglisch, Eltern, die auf ihren Kreuzzügen mithelfen, Schulbüchereien zu "säubern", der Versuch, normale Rechtschreibung aus dem Alltag zu verbannen, Gutmenschen, die politische Korrektheit und Umweltbewußtsein zu Dogmen erklären und eine sich ausbreitende Mittelmäßigkeit (Wikepedia ist nur ein Beispiel von vielen) gehen so auf wunderbare Weise Hand in Hand.

In den "Fabeln und Erzählungen" (1746) von Gellert gibt es ein Gedicht, "Der Blinde und der Lahme", dessen fünfte Strophe wie folgt lautet:

Du hast das nicht, was andre haben,
Und andern mangeln deine Gaben;
Aus dieser Unvollkommenheit
Entspringet die Geselligkeit.

Mag ja sein, daß es gesellig ist, wenn man in seiner sprachlichen und sonstigen Mittelmäßigkeit nicht mehr allein ist. Aber ist Geselligkeit gleich kulturelle Größe und kann man sie mit einem unvollkommenen Werkzeug angemessen ausdrücken?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.01.2008 um 09.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2721


Da stelle mer uns janz domm

Und fragen: Ist nach nunmehr 11 Jahren die Rechtschreibung, sei es im öffentlichen Gebrauch oder in der Schule, fehlerärmer und leichter erlernbar geworden? So war es versprochen worden. – Alles andere, alles endlose Kreisen um Einzelpunkte ist doch schon recht abgestanden und langweilig.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 31.12.2007 um 19.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2720


Rule, Britannia – oder: Amerika, du hast es besser...

Noch ein kleiner Hinweis – so kurz vor dem Jahreswechsel, den man natürlich auch streitend verbringen kann – auf das von allen (vor allem von Bildungspolitikern) so gepriesene Vorbild der englischsprachigen Länder.

Gerade deren Sprache ist ja nun so weit entfernt von einer Übereinstimmung der Aussprache mit der Graphie, wie man es sich nur vorstellen kann. In der Sprachgeschichte nennt man das eine konservativ verharrende Schriftsprache. Ohne sprachhistorische Erklärungen versteht man einfach nicht, warum die school neben dem scandal, der knight neben der night, das sword neben dem Verb to swear oder der salmon neben der salvation stehen und auch existieren kann.

Muttersprachler lernen diese Unterschiede – unabhängig vom sozialen oder bildungsbedingten Hintergrund – ganz selbstverständlich. Und Zweit- oder Drittsprachlerner müssen sich damit ebenfalls abfinden und gegebenenfalls kurze Ausflüge in die Sprachgeschichte unternehmen, die ihnen das Lernen erleichtern. Aber kein Engländer (oder Amerikaner) käme auf die alberne Idee, die englische Schriftsprache der – in allen Teilen der englischsprachigen Welt zudem unterschiedlichen – Aussprache anzupassen.

Von den zahlreichen Homonymen mal ganz zu schweigen. Dabei könnte man doch gerade hier den armen Kindern der unteren sozialen Schichten das Erlernen ihrer Muttersprache erleichtern, wenn man für zwei unterschiedliche Bedeutungen auch zwei unterschiedliche Vokabeln einführte. Aber nichts davon passiert. Der Seehund schreibt sich genau wie das Siegel und nur der Kontext verrät, daß es wohl keine fischfressenden, schwimmenden Siegel im Meer geben kann. Ist das nun Benachteiligung der Wenigergebildeten? Keine Ahnung. In Großbritannien und den USA kommt jedenfalls keiner soweit auf die Idee darüber nachzudenken, daß am Ende so etwas wie eine Orthographiereform entstünde.

Oder nehmen wir zum Abschluß noch die vielen englischsprachigen Mitgliedsstaaten in dem Verein mit dem euphemistischen Namen "British Commonwealth", der ja eigentlich nur ein Zusammenschluß der ehemaligen Kolonien ist. Diese Länder hätten im Sinne der Theorie der Sprache als Herrschaftsinstrument doch wirklich allen Grund, das Englische abzulehnen oder zumindest ihrer eigenen Aussprache anzupassen. Doch wieder weit gefehlt. Diese Länder bereichern die Schriftsprache der einstigen bösen Kolonialmacht regelmäßig um neue Vokabeln, bei denen man lediglich klären muß, wie sie eigentlich ausgesprochen werden. Und das war es auch schon. Vielleicht ist der Name ja am Ende doch nicht so euphemistisch, da doch zumindest die von allen anerkannte Schriftsprache das gemeinsame und damit allen zum Wohl gereichende Band ist. Das schließt die amerikanische color oder das theater natürlich ein.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 31.12.2007 um 14.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2719


Es funktioniert einfach nicht

Jawohl, Frau van Thiel, woher soll so ein armer Tropf erkennen, was ein kurzer, betonter Vokal ist? So schreibt er halt "Ergebniss". – Dazu noch eine Erinnerung aus meiner Volksschulzeit. Wir bekamen damals einen Lehrer aus dem Sudetenland, der uns beibringen wollte, Artikel und Relativpronomen "daaas" auszusprechen, im Gegensatz zur Konjunktion, um so im Zweifelsfall auf die richtige Schreibweise zu kommen. Da wir Hessenkinder normalerweise aber nicht so sprachen, hätten wir die Aussprache aus der Schreibweise ableiten müssen. Soviel zum Thema "Schreiben nach Gehör".
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David Weiers
Troisdorf

Dieser Beitrag wurde am 31.12.2007 um 02.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2718


Mir wird noch blümeranter, wenn ich an diverse Formulierungen von Reformeiferern und -verteidigern denke, die nicht nur mehr im Ansatz eine Geisteshaltung gegenüber der Muttersprache erkennen lassen, die man mit der schmucken Wortschöpfung "Paragraphenhörigkeit" doch recht treffend charakterisieren könnte.
Herr Ickler traf es schon sehr gut, um nicht zu sagen: ausgezeichnet, als er die Rechtschreibreform einen Schildbürgerstreich nannte.

Was Herrn Lamm also angeht: Rechtschreibregeln sind keine Gesetze. Und sie sind es auch niemals gewesen. Und auch, daß viele Leute das anscheinend nicht begriffen haben, ändert nichts daran.
Seltsam eigentlich: man schreit nach Freiheit und Vereinfachung, will das alles aber nach starren und unbedingten Regeln ablaufen lassen. Wo ist da der Sinn?

Und noch eine Frage an Herrn Lamm: Finden Sie es am Ende vielleicht erstrebenswert, eine komplett phonetische Schreibung einzuführen? Am besten gleich mit ausreichend Determinativa, um Homonymen zu Leibe zu rücken? Das wäre doch weitaus konsequenter, als nur eine "um unsere Umlaute erweiterte tschechische Orthografie einzuführen."
Denken Sie mal drüber nach. Wir könnten ja mal gemeinsam an so etwas rumbasteln. Vielleicht können wir das Deutsche ja dann letztendlich doch noch in eine Logographie zwängen. Dann hätten wir so viele Probleme gelöst... Hach...
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 30.12.2007 um 20.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2717


U. Lamm, Kommentar #6292 zum Artikel Ironie der Schriftgeschichte: Das einzige [sic!], was man an der Rechtschreibreform beklagen kann, ist, dass die zwischenstaatliche Kommission sich nicht durchgerungen hat, eine um unsere Umlaute erweiterte tschechische Orthografie einzuführen.

#6304: […] wobei ich nicht nachvollziehen kann welchen Vorteil die Stadt Aalborg davon hat, mit Aa statt mit Å geschrieben zu werden.

#6315: Ohne Ihre [Theodor Icklers] Kampagne wäre die Rechtschreibreform etwa das Gleiche gewesen wie die neuen Postleitzahlen.

#6327: Vielleicht schlägt ja jemand aus dieser Runde einen Wortteiltrenner vor, nach dem man nicht wie beim Bindestrich in Substantiven wieder mit einem Großbuchstaben beginnen muss.

Das sich hier offenbarende Sprach- und Kulturverständnis hat so wenig mit dem meinen zu tun, daß mir eine Diskussion mit Herrn Lamm über Details zwecklos erscheint. Das ist kein Ausweis von Respektlosigkeit, sondern das schlichte Anerkenntnis eines unüberbrückbaren Gegensatzes.

Deshalb grundsätzlich: Wird Deutschland „demokratischer“, wenn wir den Rhein ohne h schreiben? Wer Kindern aus „bildungsfernen“ Familien helfen will, sollte sie an Bildung heranführen, statt sie, und mit ihnen gleich alle anderen, von ihr wegzuführen. Sprache und Rechtschreibung nehmen durch gewaltsame Eingriffe, wie wir sie erlebt haben und wie Herr Lamm und andere sie in noch viel größerem Ausmaß befürworten, nicht nur auf der kulturellen – oder meinethalben auch emotionalen – Ebene immensen Schaden, sie sind auch nicht halb so exakt, wie uns die Reformer glauben machen wollen. Man kann Sprache auch nicht exakt machen! Gewiß, der seit elf Jahren laufende Großversuch soll bald aus diesen, bald aus jenen Gründen als Beleg für diese Position nicht gelten. Vielleicht sollten wir’s tatsächlich mal mit der tschechischen Orthographie versuchen. Herr Lamm hält ein solches Unternehmen zwar nicht für realistisch, aber offenbar für (dringend?) geboten. Wie lange wird es wohl dauern, bis man auch dem letzten Schreiber die „unlogische“ deutsche Orthographie aus dem Kopf und aus dem Herzen gerissen hat? Ein paar Jahrzehnte? Doch was, wenn wir in der Zwischenzeit entdecken, daß sich unsere Sprache wiederum einer Logik widersetzt, die ihrer Eigenart nicht gerecht wird? Oder daß die Logik von Herrn Lamm nicht die Logik der (demokratischen) Mehrheit ist?

Die Vorstellung, man tue Schülern, die Schwierigkeiten mit unserer Rechtschreibung haben, einen Gefallen, indem man ihnen nicht das Übliche beibringt, sondern das, was man selbst, jenseits aller Tradition, als besser erkannt zu haben meint, erscheint mir so abwegig wie der Glaube (Achtung, hinkender Vergleich!), alle würden einen gebrechlichen alten Mann für überaus sportlich halten, nur weil er sich am Morgen in einen Jogginganzug gequält hat. Stellen wir uns dennoch einen Moment lang das Unvorstellbare vor: Eines Tages schreibt jeder fehlerfrei im Sinne einer uns heute noch nicht bekannten Norm; Übung, Talent und Interesse spielen keine Rolle mehr. Würden wir dann nicht immer noch große Qualitätsunterschiede zwischen den Texten verschiedener Schreiber feststellen? Natürlich würden wir! Und wie sollen wir dann damit umgehen? Sollen wir auch diese Unebenheiten brutal planieren, indem wir stilistische und sonstige sprachliche Aspekte kurzerhand für unbeachtlich erklären? Geht es dann den „unlogischen“ Wortbildungsmustern oder der irgendwie ungreifbaren und daher nicht exakt lehrbaren Stilistik an den Kragen?

„Einfache Regeln und große Nähe von Schreibung und Aussprache machen sie [Schrift und Sprache] leicht erlernbar und dadurch demokratisch“, schreibt Herr Lamm (#6318). Nähe von Schreibung und Aussprache klingt gut. Aber was machen wir nur mit all den Millionen, die intuitiv zunächst auf ihre muttersprachliche Dialektaussprache zurückgreifen? Sind Dialekte überhaupt noch zeitgemäß?

Mir wird ganz blümerant, wenn ich an das Ende denke.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.12.2007 um 12.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2716


Danke, Herr Strasser

Sie haben wieder einmal einen ganz wichtigen Kritikpunkt vorgetragen: das Fehlen jeder Erprobung und Fachdiskussion vor der Einführung der Reform (in den Schulen). "Komplex" würde ich dann noch durch "konfus" ersetzen wollen... Es ging eben nur im Handstreich und mit Gewalt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.12.2007 um 08.56 Uhr eingetragen.
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Demokratisch

Die früher nicht schreiben konnten, weil zu unbegabt oder zu ungeübt, können es auch jetzt nicht und werden es nie können. (Das lehrt ein Blick in ebay.) Diejenigen aber, die einigermaßen sicher waren und nun versuchen, reformiert zu schreiben, machen jetzt mehr Fehler als früher. (Das beweist uns täglich die Zeitungslektüre.)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.12.2007 um 19.10 Uhr eingetragen.
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Wo der Hund begraben bzw. der Hase im Pfeffer liegt.

1. Die gewachsene Rechtschreibung war das Ergebnis einer langen Entwicklung. Sie war nicht Produkt irgendeiner Planung und trotzdem zielgerichtet im Sinne einer fortschreitenden Selbstoptimierung im Dienste des Lesers. Daraus folgte ihre Offenheit. – Die Reform hat diese Entwicklung brutal abgeschnitten.

2. Richtiges Schreiben wurde nicht oder doch kaum anhand von Regeln erlernt, sondern durch die Entwicklung des sogenannten Sprachgefühls, das zwar nicht definierbar, aber trotzdem sehr wirkmächtig und auch verläßlich war. – Die Reformregeln lassen die Entwicklung einer solchen intuitiven Kompetenz nicht zu. Darüberhinaus verursachen sie durch falsche Analogiebildungen und Übergeneralisierungen unzählige neuartige Fehler.

3. Ein – neben anderen – Geburtsfehler der Reform, die ja das Erlernen der Orthographie erleichtern sollte, war es, daß ihr keine Analyse der wirklichen Fehlerquellen und -häufigkeit vorausging. Therapie ohne Diagnose also. – Daher rührt der Eindruck des Zufälligen und Willkürlichen der Reformregeln. Unfreundlich ausgedrückt: des Herumpfuschens.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.12.2007 um 15.57 Uhr eingetragen.
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Rara avis – oder lame duck?

Ich finde es ganz toll, daß sich hier mal jemand zu Wort meldet, der die Reform einfach gut findet – zumindest wie sie war, bevor sie durch anhaltende Kritik verwässert wurde. Wann hatten wir das denn zuletzt? Vor allem kann man all das nochmal nachlesen, was schon fast unter dem schier erdrückenden Müllhaufen täglicher Fehlleistungen verschüttet schien: erst die Regeln, dann die Praxis – Schreiben nach Gehör (demokratisch!) – mit den Postleitzahlen ging’s doch auch wunderbar. – Bitte weitermachen (weiter machen).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 21.12.2007 um 08.41 Uhr eingetragen.
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Noch ein Scherz – aber nach der Reform wird aus Scherz ja oft Ernst

Das einzige deutsche Wort mit drei tz:

Adventzkrantzkertze
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 19.12.2007 um 16.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2696


Nuancen

Nicht das gleiche:

fünf mal zwei – zehn; nicht zu unterscheiden von zwei mal fünf
fünfmal zwei – fünf (Pärchen); etwas ganz anderes als zweimal fünf

(Auf einem Werbeprospekt las ich, bei einem Gewinnspiel gebe es „fünf mal zwei Freikarten“ zu gewinnen.)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.12.2007 um 16.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2663


Sehr schwach, dieser Wettstein, der kein Wetzstein ist.

"Quäntchen" ist ja gar nicht Volksetymologie, sondern eine Erfindung des Westerwälders, der es besser weiß, aber nicht will, daß die anderen es auch besser wissen. Das eben ist das Elitäre an der Reform, daß sie Dummheiten lehrt, die die Reformer selbst nicht glauben. Biblia pauperum.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 10.12.2007 um 16.44 Uhr eingetragen.
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PISA und Pseudonyme

Herr Eversberg hat da ein sehr würdiges Schlußwort (931#10962) unter eine z. T. sehr emotional und nicht immer ebenso würdig geführte Diskussion gesetzt (Schreibende eingeschlossen).

Kann man es nicht dabei belassen und auch das Recht auf Pseudonyme respektieren? Es gab und gibt derer viele (Ballistol, Kratzbaum, Adelung, Germanist und nun eben auch Myosotis).

Helmut Jochems hat sich zuletzt ebenfalls verschiedener Pseudonyme bedient und mußte sich dafür harsche Kritik gefallen lassen. Dabei hat er – wie auch mindestens die oben genannten – die Diskussion stets mehr als einmal bereichert. Ist bei der Bereicherung einer Diskussion denn jedesmal die Provenienz so wichtig? Herr Ickler hat im Mai dieses Jahres schon darauf hingewiesen, daß man mündlich manches revidieren kann, was im vorliegenden Fall nun geschrieben steht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.12.2007 um 19.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2651


Die einen und die anderen

Prof. Ickler ist einfach der Kenntnisreichste, Fleißigste und derjenige, der das größte Verdienst daran hat, daß von der Reform nicht mehr viel übrig ist.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.12.2007 um 20.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2650


Warum es keine ausgewogene Diskussion geben kann

Für ein gleichgewichtiges Für und Wider fehlen einfach die Voraussetzungen. Schon sehr früh haben die Verteidiger der Rechtschreibreform nur noch sachfremde Argumente vorgebracht. Man nenne mir einen einzigen, der die reformierte Schreibung besser als die herkömmliche findet, und zwar komplett! Die einen halten an ihr fest, weil sie daran verdienen; andere, weil sie nun einmal da ist; wieder andere (die einfältigsten), weil sie sie für gesetzlich vorgeschrieben halten.

Das Thema "Klimakatastrophe" (was mag das sein?) sollten wir lieber meiden. Viel heiße Luft wird da bewegt. Wahrscheinlich bleibt davon wenig mehr als das "Wort des Jahres". Die begriffliche Unsauberkeit und die Mißachtung simpler Fakten weisen jedenfalls sehr deutlich auf den Dogmen-Charakter dieses Megathemas der Politik hin. Wie man liest, versammeln sich auf Bali zehntausend "Experten" – was soll dabei wohl herauskommen?
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 07.12.2007 um 10.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2646


Tatsächlich, lieber Kratzbaum, habe ich daran auch schon gedacht. Ich war noch nie in Südafrika. Aber zunächst machen da die kleingedruckten Teilnahmebedingungen von Studiosus optional einen Strich durch die Rechnung und dann fiel mir auf die Schnelle auch kein Immigrant aus Südafrika ein, der noch dazu durch den Dummschrieb verunstaltet wurde.
Meine Liste ist natürlich sehr unvollständig und versteht sich mehr als Anregung, denn als ausschließliches Angebot.
Aber es ist doch auch schön, auf diesem Wege zu erfahren, daß der Wilde Mann als schützenswerte Art im Westerwald noch heimisch ist. Falls Sie die Reise dorthin gewönnen, dann wissen Sie hoffentlich schon, daß Sie ihn nur photographieren, aber keinesfalls füttern dürften.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.12.2007 um 07.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2645


Verlockend

Danke, Herr Höher, für Ihre Auswahl an Immigranten. Am besten nutzt man den Wettbewerb, indem man "sein" schönstes Wort nach der Weltgegend auswählt, aus der es stammt. – Ich selbst war zum Beispiel noch nie im Westerwald; ich wähle "Quäntchen" und hoffe dann dort im Unterholz G. Augst leibhaftig zu begegnen.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 03.12.2007 um 19.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2631


>> Wie schwierig Viertklässler-Fragen auch für Erwachsene sein können, weiß Jauch, der selbst Vater von vier Kindern ist, am besten: „Wenn die Kleinen Rat bei ihren Schularbeiten suchen, sind die Eltern gefordert und oft überfordert”, sagt der Moderator. „Die kniffligen Rechenaufgaben eines Viertklässlers oder die neue Rechtschreibung bringen Mama und Papa ganz schön ins Schwitzen.” <<

(Merkur online, 23. 11. 2007)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.12.2007 um 09.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2626


Non olet

In meiner Kindheit war die neu aufkommende gewerbliche Abfuhr von Fäkalien noch im wahrsten Sinne des Wortes "anrüchig". Der erste Unternehmer dieser Art mit einem modernen Absaugwagen hieß in meinem hessischen Heimatstädtchen einfach der "Schiß-Müller". – Die Zeiten haben sich gewandelt. Die Verwertung von Müll und Abfall ("Wertstoffen") ist zeitgemäß und volkswirtschaftlich erwünscht und bedeutend. – Warum soll nicht auch jemand mit dem gefälligen Arrangieren der Reformtrümmer Geld verdienen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.12.2007 um 09.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2624


Desavouieren

Ich nehme an, "desavouieren" heißt in diesem Fall: das Geschäft verderben.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.11.2007 um 20.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2590


Kein Widerspruch

Man kann durchaus behaupten, die ss-Schreibung habe sich "durchgesetzt" und werde trotzdem nicht beherrscht. Es bedeutet , daß das Eszet ersetzt wird durch ss. Ganz unberührt davon bleiben die allgemeine Unsicherheit und die Fülle neuartiger Fehler. Die Schüler schreiben eben nicht nur "Missstand", sondern auch "Hinderniss" usw. Ganz zu schweigen vom das/dass-Dilemma. – Im übrigen möchte ich den Kollegen beglückwünschen zu seiner "liberalen Haltung". Wäre ich noch aktiv, so würde ich bis an die Grenze gehen und vor allem so wenig wie möglich anstreichen. Wer im Schulbereich macht sich denn heute noch für die Reform stark? Zumal sich sowieso keiner auskennt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.11.2007 um 19.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2570


Die Axt im Walde

A. Nahles will "mit harten Bandagen ringen".

Außerdem werden bei ihr "Stolpersteine gemeistert".

(Ich glaube, das wird noch lustiger als bei C. Roth. Schließlich ist Frau Nahles M.A. der Literaturwissenschaften und also bestens qualifiziert.)
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 16.11.2007 um 09.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2554


Zum vorherigen Beitrag: Ein Versuch, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, hat stattgefunden und ist formaljuristisch zum Scheitern gebracht worden. Dies machte der Vorsitzende des Elternvereins, Ulrich Kliegis, in einem Leserbrief in den Kieler Nachrichten v. 26.1.2006 deutlich:


Entscheidung ist zu begrüßen

Neues Gericht in Lübeck, 17. Januar 2006

Daß Schleswig-Holstein – als letztes Bundesland – nun auch ein eigenes Landesverfassungsgericht bekommen soll, ist zu begrüßen. Der Koalitionsvertrag sagt aber nichts darüber aus, ob den Schleswig-Holsteinern damit einhergehend nun endlich auch das Recht zur Landesverfassungsbeschwerde gegeben werden soll – bisher haben sie es nämlich, anders als die meisten anderen Bundesbürger, nicht.
Mein im Jahr 1999 unternommener Versuch, die damals vom Landtag einstimmig beschlossene Aufhebung des erfolgreichen Volksentscheids von 1998 gegen die Einführung der Rechtschreibreform an unseren Schulen vom Bundesverfassungsgericht in seiner Eigenschaft als schleswig-holsteinisches Landesverfassungsgericht auf seine Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen, scheiterte 2001 schließlich daran, daß es dem einzelnen Bürger in unserem Bundesland bislang verwehrt ist, eine Landesverfassungsbeschwerde zu erheben. Daher lehnte das Gericht schon die Annahme des Antrags ab. Nur in der Gewißheit dieses Schutzes konnten die Abgeordneten damals wohl so entscheiden. Hoffentlich haben sie jetzt den Mut, den Bürgerinnen und Bürgern des Landes den Weg zum einzurichtenden Landesverfassungsgericht zu öffnen.
Dr. Ulrich G.Kliegis


(in originaler Rechtschreibung abgedruckt!)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.11.2007 um 17.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2552


Was wäre, wenn...

ja wenn das Bundesverfassungsgericht angerufen worden wäre, damals, als der Volksentscheid in Schleswig-Holstein durch den Landtag plattgewalzt wurde, und gesagt hätte: " Der Volksentscheid als authentische Ausdrucksform unmittelbarer Demokratie wiegt schwerer als alle Absichtserklärungen und kultusministeriellen Erlasse." Denn was einer Elbbrücke recht ist, sollte der deutschen Rechtschreibung billig sein. - Aber ach: es hat nicht sollen sein.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.11.2007 um 11.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2537


Erstaunlich

Die Äußerungen des Vorsitzenden des Rechtscheibrates kann man sicher auch anders bewerten, als Frau Pfeiffer-Stolz es tut. Ich finde es bemerkenswert, daß Herr Z. die wahre Rechtschreibkompetenz wieder dort angesiedelt sieht, wo sie schon immer hingehörte: bei den professionell Schreibenden. Besonders seine Absage an eine "Korrektur" literarischer Texte in Richtung reformierte Schreibung nehme ich durchaus ernst und werte sie sogar als ein Zeichen später Einsicht und auch des Abschieds von allen autoritären und totalitären Bestrebungen. Bei allen Vorbehalten gegenüber Herrn Z. halte ich es doch für ein wenig übertrieben, solch schweres Geschütz aufzufahren, wie Frau Pfeiffer-Stolz es tut, die womöglich aufgrund eigener, leidvoller Erfahrungen immer wieder einmal vom heiligen Zorn überwältigt wird.
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K. Bochem
Köln

Dieser Beitrag wurde am 08.11.2007 um 01.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2507


"Hin ist hin". Möglicherweise ist es ja tatsächlich so – die abwartende Schweigsamkeit der Reformmacher einerseits, das unerwartete Verteidigerlager andererseits könnten dafür sprechen –, daß es hauptsächlich darum ging, die Leute vor den Kopf zu stoßen, Orientierungslosigkeit zu verbreiten und schließlich Beliebigkeit durchzusetzen. Das wäre dann einer der vielen Wege, die weithin gefühlte politische Destabilisierung wirkungsvoll zu unterstreichen. Zu welchem Zweck – wir werden sehen. Hört da einer das Gras wachsen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 07.11.2007 um 21.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2506


Richtig, falsch, gut und besser

Herr Riemer hat völlig zu Recht daran erinnert, daß die ganze Reform darauf abzielte, dem Schreiber (besonders dem Schüler und dem "Wenigschreiber") Fehler zu ersparen. Das war der Ansatz, und ohne diesen gäbe es die Reform nicht mit all ihren unerwünschten Nebenwirkungen. Hier ist schon oft darüber diskutiert worden, wie es denn mit richtig und falsch in der Orthographie stehe, da sie doch einem ständigen Wandel unterliegt. Besonders Herr Prof. Jochems vertrat einen "liberalen" Standpunkt. Ihm wurde dann auch entgegengehalten, daß man damit leicht einer Beliebigkeit das Wort rede, die doch nicht der Sinn einer Rechtschreibung sein könne, welche dann ihre Existenzberechtigung überhaupt verliere. Zumindest solange Rechtschreibung bewertet wird, muß man zwischen richtig und falsch unterscheiden können. An die Stelle dieses Kriteriums könnte auch die Unterscheidung von gut und besser treten – aber diesen Aufwand kann die Schule, kann der Lehrer bestimmt nicht leisten. Lehrreicher als das Anlegen der Richtig-Falsch-Schablone wäre es allemal. Man wird sich damit begnügen müssen, das "Übliche" als das Richtige zu vermitteln, wobei die Herleitung des Üblichen eben das Problem ist. Damit sind wir dann bei den Wörterbüchern und den ihnen zugrunde liegenden Thesen. Die Reform scheitert doch vor allem daran, daß sie in weiten Teilen systemwidrig ist. Sie hat "falsche" Schreibweisen eingeführt, sich gegen Tendenzen der Sprachentwicklung gestellt. Die Gründe dafür sind bekannt (Orthographie als rein äußerliche Erscheinung, willkürlich und damit auch willentlich veränderbar usw.).
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 05.11.2007 um 15.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2499


Für kluge Köpfe

Aus der Zeitung, hinter der kluge Köpfe sich verstecken, eine tagesaktuelle Erkenntnis aus Pakistan:
»Oppositionsführerin Benazir Bhutto, Tochter ihres Vaters, ...«
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 05.11.2007 um 14.52 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2498


Ein Kalauer am Rande (hoffentlich hatten wir den nicht schon):

Bei außen Stehenden muß es sich nicht notwendig um Außenstehende handeln.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 04.11.2007 um 09.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2487


Ein Leserbrief an die Kieler Nachrichten:

In den KN v. 1.11.07 lesen wir zur Sprache Ulf Erdmann Zieglers, sie sei … „funkelnd vor Ironie, zwischen staubtrocken und metaphernselig behände wechselnd“.
Washoe, die mit den Händen „sprechende“ Schimpansin, ist tot; „Multikulti“ wohl auch. Wir sollten also beim traditionellen „behende“ bleiben und auf das Angebot von Frau Dr. Hilliger (gleiche KN) verzichten, uns weiterhin als Rechtschreibexpertin betreuen zu wollen.

Sigmar Salzburg
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.11.2007 um 10.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2475


Tellensöhne

Am Beispiel des Rückbaus der Reform kann man die besten Schweizer Tugenden studieren. Zuvörderst eine weitaus geringere Autoritätsgläubigkeit und -hörigkeit als hierzulande. Da können Behörden und Erziehungsdirektoren noch so beflissen die Neuregelungen übernehmen und zu etablieren versuchen – es finden sich mutige, nüchterne Männer und Frauen, die das alles ganz sachlich und kompetent (Herr Stirnemann der Unschätzbare, Unermüdliche...) abklopfen und nötigenfalls umstandslos verwerfen. Und die Medien ziehen mit. Man halte die unsägliche Unterwürfigkeit hiesiger Zeitungen dagegen, als jämmerlichstes Beispiel die FAZ. Hinzu kommt die traditionelle Abneigung gegen fremde Vögte. Die Reform wurde eben doch als im Grunde vom großen Nachbarkanton im Norden aufgedrückt empfunden. – Das Bewährte wird bewahrt.
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Philip Köster
Hamburg

Dieser Beitrag wurde am 01.11.2007 um 11.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2461


Schon viele haben versucht, das Wort, Wörtchen kann man es ja nicht mehr nennen, Migrationshintergrund einer genaueren Analyse zu unterziehen, ich versuche es auch einmal: Dahinter verbirgt sich eine klammheimliche Abwertung, die unter dem Mantel der politischen Korrektheit – wir haben auch Fritz the Cat gesehen; black is beautiful! – alles einäschert. Wer so spricht, ist in Wahrheit gar kein Befürworter der Vielfalt, er wärmt nur alte Ängste wieder auf.
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 01.11.2007 um 10.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2460


Zu Kratzbaum: Apropos Käse: Der Deutsche Sprachrat sucht schon wieder nach einem Wort – diesmal mit "Migrationshintergrund".

Nun ja, wenigstens einmal im Jahr hat der Deutsche Sprachrat eine Aufgabe. Dann langt es mal wieder für einen Dreizeiler in der Presse mit dem "Wort des Jahres", und damit hat er wegweisend zu "Aufklärung, Sprachkritik und Diskussion" (Was will der Deutsche Sprachrat auf seinem Internet-Auftritt) beigetragen. Jedenfalls für die nächsten zwölf Monate bis zum nächsten "Wort des Jahres".
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.11.2007 um 08.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2458


Darstellen und herstellen

In der chemischen Fachsprache bedeutet "darstellen" die reine Synthese (-möglichkeit) einer Verbindung, also nicht die industrielle Herstellung zu wirtschaftlichen Zwecken. Ich glaube nicht, daß diese doch sehr spezielle Ausdrucksweise von daher Eingang in die Politikersprache gefunden hat. – Vielleicht liegt hier eher das englische to perform/performance zugrunde, das in seiner Mehrdeutigkeit ganz gut passen würde.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.10.2007 um 17.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2453


Gar keine Frage

Nicht alle Käsesorten leben, sondern nur die, die auch laufen können. Emmentaler z.B. muß bekanntlich zum Bahnhof gerollt werden. – Apropos Käse: Der Deutsche Sprachrat sucht schon wieder nach einem Wort – diesmal mit "Migrationshintergrund".
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 26.10.2007 um 19.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2431


Noch mal zum -ck:

Beim Lesen des auf die nächste Zeile verbannten -ck verspüre ich meist einen Anflug eines Aufstoßens oder Hustens, oder aber ich bin versucht, mir das Wort an der Stelle mit einem metallischen Schnalzlaut vorzustellen, wie er in afrikanischen Sprachen vorkommt.

Konkretes Beispiel: In dem Nachschlageheftchen "Messe ABC" (es dauerte eine ganze Weile, bis ich verstand, was mit dem Titel gemeint ist; zum Glück ist das Heftchen zweisprachig und trägt auch einen englischen Titel: "Fair A to Z" – ach so, es ist das "Messe-ABC") zur Frankfurter Buchmesse findet sich im ersten Eintrag unter A wie "Abbau":
"... erst danach erfolgt die Anlieferung von Verpa-
ckungsmaterial. ..."
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.10.2007 um 11.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2400


"Die derzeit sich vollziehenden Änderungen im tatsächlichen Schriftdeutsch"

.... seitens unseres Lieferranten nicht lieferbar. Wir bitten um Ihr Verständniss." (Gelesen in einem EDEKA-Markt)

Das wäre schon sehr lustig, die zur Zeit zu beobachtenden Irrungen und Wirrungen in einem Wörterbuch festzuhalten. Dieses müßte dann in noch kürzeren Abständen neubearbeitet werden als die der Reform und deren Reformen nachhechelnden. - Ich denke, die beste Grundlage einer Kritik der Reformschreibung bilden die durch sie selbst provozierten Fehler. Dies erscheint mir überzeugender für eine größere Klientel und zugleich aussichtsreicher, was den Nachweis des Scheiterns betrifft, als der Vergleich mit der herkömmlichen, guten Orthographie.
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Matthias Künzer
Herzogenrath

Dieser Beitrag wurde am 11.10.2007 um 14.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2395


Kratzbaum: Gelegentlich wird in diesem Forum die Frage aufgeworfen, was die Reformer sich bei einzelnen Regelungen wohl gedacht haben mögen. Diese Frage ist müßig, weil es von Reformerseite sowieso keine Auskunft geben wird. Sie ist auch längst beantwortet und läßt sich mit einem einzigen kurzen Wörtchen erledigen.

"Ich"?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.10.2007 um 22.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2394


Was soll das?

Die FAZ versammelt in ihrem heutigen Feuilleton die Stimmen von überwiegend Physik- und Chemie-Nobelpreisträgern zum Megathema Klimawandel, die allesamt keine Experten sind und dies als seriöse Wissenschaftler teilweise auch selbst ausdrücklich hervorheben. – Th.W. Hänsch ist übrigens "gebürtiger Heidelberger Physiker".
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.10.2007 um 11.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2392


KV

Gelegentlich wird in diesem Forum die Frage aufgeworfen, was die Reformer sich bei einzelnen Regelungen wohl gedacht haben mögen. Diese Frage ist müßig, weil es von Reformerseite sowieso keine Auskunft geben wird. Sie ist auch längst beantwortet und läßt sich mit einem einzigen kurzen Wörtchen erledigen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.10.2007 um 13.21 Uhr eingetragen.
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Wir bleiben uns treu - leider

"Ein großer Aufwand, schmählich! ist vertan." - Wenn es denn schon Goethe sein muß, den W. d ´Inka heute neben Francis Bacon, S. Sontag und B. Brecht zur bombastischen Rechtfertigung des neuen Erscheinungsbildes der FAZ bemüht. Dieser commis-voyageur (würde K. Kraus sagen) hält jedenfalls die Leser nicht für die klugen Köpfe, als die die Werbeabteilung (wahrscheinlich demnächst die einzig seriöse in Ffm.) sie gern umschmeichelt:. Wer kein Bild auf der Titelseite wünscht, ist bilderfeindlich. Der Souverän hat gesprochen. Zustimmung der Leser als Plebiszit. Und natürlich die jungen Leute, nach denen man schon bei der Übernahme der verkorksten Rechtschreibung schielte. "Frisch" lautet die auffallend häufig wiederholte Parole. Da hätte doch der Spruch eines Lebensmittelhändlers gepaßt: "Immer eine Frische voraus". - Was würde uns denn fehlen, wenn das farbige Bild der beiden Koreaner fehlte? Das sieht doch ganz nach einer Weinprobe aus...
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 26.09.2007 um 01.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2347


Ach, Herr Kratzbaum, daß Sie doch samt jener Lehrerin im Zeichen des Stiers geboren wären – die Antwort hätt' ich gern gehört!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.09.2007 um 22.26 Uhr eingetragen.
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Kosmos – politisch korrekt

Eine Lehrerin, die ich darauf aufmerksam machte, daß sie wie ich Wassermann sei: "Wasserfrau!"
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 31.08.2007 um 19.02 Uhr eingetragen.
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Vor und zurück

Genau das meinte ich, Herr Ludwig: das -ck kommt "zu spät", während die anderen Verdoppelungen kein "Rückwärtslesen" verlangen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 31.08.2007 um 17.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2263


Zu #2251 (Springprozession):
Der Dreh ist hier leider nicht, daß das ck "wie ein Kind nach der Mutterhand, nach dem Vokal [sucht], den es doch kürzen sollte", denn das müßte demnach das ch auf der nächsten Zeile auch tun, tut's aber nicht: su-chen, Sa-che. Das Empfinden ist hier verstört, weil es etwas vorfindet, was wir nicht gewohnt sind. Über gewohnte Trennstriche am Ende einer Zeile lesen wir nämlich sehr schnell hinweg; über Ungewohntes stolpern wir, und das eben nicht nur hier. Dämlichst ist das abgetrennte ck nur, weil es a. überhaupt nicht nötig war und b. weil, wenn wir denn schon nach einem System suchen, die anderen Digraphe (zwei Konsonantenbuchstaben zur Wiedergabe eines Konsonanten) nach kurzen Vokalen, mm, nn, pp usw. (also die "Verdoppelungen" der Konsonantenbuchstaben) eben auch nicht erst auf der nächsten Zeile zusammengehalten werden. Einer Art Logik bei einer Reform des "ck-Problems" hätte es entsprochen, das c hier durch k zu ersetzen. Aber auch das wäre doch Kakke. Sogar eine Trennung Kac-ke wäre besser begründet als das gewesen, was da den Schulkindern jetzt so dämlich vorgesetzt wird.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 31.08.2007 um 14.42 Uhr eingetragen.
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Woran es – auch – liegt

Daß die Reform so miserabel ist, hat seinen Grund auch darin, daß der Wiener Arbeitskreis endlos lange ohne Ergebnis gewerkelt hatte und es dann plötzlich ganz schnell gehen mußte, weil es den Auftraggebern allmählich reichte. Unter solchen Umständen kommt bekanntlich so gut wie nie etwas Brauchbares heraus.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 28.08.2007 um 19.41 Uhr eingetragen.
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Schreib so verkorkst wie möglich! Dein Leser dankt es dir.

Witzigerweise wurde diese "Springprozession" bzw. Trennregel zusammen mit der Rückkehr zur Heyse-Schreibung durchgeprügelt, die zur Unterscheidung von Vokallängen dienen soll, aber Silbenenden verheimlicht.
Verschriftungen à la Heyse lesen sich schlecht, aber noch irgendwie. Ausländer können dank ihr lernen, wie zu lesen ist. Die ck-Trennregel indessen bringt jeden deutschen Muttersprachler ins Stocken und aus der Fassung. Leseerfahrung nützt den weniger "Schriftfernen" hinfort nichts mehr. Ging es darum?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.08.2007 um 22.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2251


Springprozession

Zu den dämlichsten Einfällen der Reformer gehört nach meinem Empfinden das abgetrennte -ck. Das steht nun verloren auf der nächsten Zeile herum, sucht, wie ein Kind nach der Mutterhand, nach dem Vokal, den es doch kürzen sollte – und findet ihn nicht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.08.2007 um 15.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2222


Volkseigen

Die Bemerkung von "germanist" über die Privatisierung der Rechtschreibung bietet einigen Diskussionsstoff. Eigentlich ist sie doch verstaatlicht worden, das war auch die Absicht z.B. einiger Reformer. Aber da der Staat sich hoffnungslos übernommen hatte, blieb ihm nichs anderes übrig, als die deutsche Orthographie zur Abwicklung freizugeben. Damit die Geschäfte weitergehen, muß und wird sie von Zeit zu Zeit "aktualisiert" werden.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.08.2007 um 13.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2220


Vergeßt Z.!

Lieber Herr Eversberg, ich halte es für illusorisch, vom Rat oder gar von seinem Vorsitzenden noch etwas Wesentliches für die Zukunft zu erwarten. Z. ging es nie um die Sache, von der er nur minimale Kenntnisse hat, sondern er wollte als der große Versöhner in die Geschichte eingehen – was ihm ja auch gelungen ist. – Heiße Eisen wird er ganz gewiß nicht mehr anfassen (das verbieten ihm schon seine Auftraggeber), und im Rat bestimmen ganz andere die Richtung. Es gibt nur zwei denkbare Wege aus der Rechtschreibkrise: die allmähliche stille Liquidierung der Reform durch die öffentlich Schreibenden, voran die Zeitungen. Oder die – allerdings höchst unwahrscheinliche – Umkehr der Politiker.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.08.2007 um 07.04 Uhr eingetragen.
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Weiträumig umfahren ...

Nicht die Reformer, nicht der Rechtschreibrat sind die Instanzen, von denen eine Heilung des durch sie (mit)verschuldeten Orthographie-Elends zu erwarten ist. Wenn sich die Schulminister nicht bewegen, bleibt dieser Trümmerhaufen namens Rechtschreibreform ("sogenannte" lt. K. Güthert – man lese und staune) als Riesenverkehrshindernis liegen. Und täglich kollidieren bzw. konfligieren ungezählte, gute wie schlechte, Fahrer mit und in dieser amtlich verordneten Dauerbaustelle dank miserabler und unverständlicher Verkehrsregelung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.08.2007 um 21.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2210


Erlasse

Zur Frage von Herrn Eversberg betr. ministerieller Erlasse zur Einführung der letzten Fassung der Reform in den Schulen:

Im Niedersächsischen Schulverwaltungsblatt ist z.B. der entsprechende Erlaß des MK vom 12.07.2006 abgedruckt, der die Rechtschreibung in der Fassung von 2006 für alle Schulen ab dem 01.08.2006 verbindlich macht. Bis zum 31.07.2007 werden "Schreibweisen, die durch die Amtliche Regelung überholt sind", nicht als Fehler markiert und bewertet. – Bemerkenswert auch hier, daß Wörterbücher zugelassen sind, wenn sie nach einer Erklärung des Verlags der Amtlichen Regelung von 2006 vollständig entsprechen.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 11.08.2007 um 17.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2191


(So unsinnig das auch sein mag, immerhin ist es nicht in Heyse-Schreibung!)

Tagesspiegel, 1. 8. 2007, Seite 21:

»Der, die, daß

Ein LEXIKON-EINTRAG von Jens Mühling

(Auszug aus dem „Brockhaus“ von 2057):

Rechtschreibreform, die.

Die R. war der weitgehend gescheiterte Versuch einer Standardisierung der deutschen Orthographie im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert.

Bereits vor dem endgültigen Inkrafttreten des reformierten Regelwerks am 1. August 2007 (→ Schwarzer Mittwoch) hatte die R. erbitterte Kontroversen ausgelöst, die heute aufgrund der nachfolgenden Eskalationen weitgehend vergessen sind. Im noch immer ungeklärten Streit um die Ursachen der Auseinandersetzungen gehen Historiker inzwischen davon aus, daß diverse innenpolitische Krisen der späten → BRD durch die R. kulminierten (vergl. → Föderalismus, → Große Koalition, → Oskar Lafontaine). Andere glauben, das besonders schwerwiegende Sommerloch des Jahres 2007 habe die Krise beflügelt.

In Briefen an ihre Leser hatten am 1. August zunächst diverse deutsche Presseorgane eigene, mehr oder minder stark von den staatlichen Richtlinien abweichende Orthographiesysteme vorgestellt. Zunächst zögerlich, später in offener Rebellion gegen die Bundesregierung riefen dann auch die Bildungsministerien einzelner Länder alternative Regelwerke aus. Koordinierungsversuche der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel schlugen ebenso fehl wie Aufrufe zur Mäßigung aus dem Ausland.

Das Schicksal nahm seinen Lauf, als am 12. Januar 2008 der Linkspolitiker → Oskar Lafontaine die Rückkehr des Saarlands zu den Rechtschreibregeln des Mittelhochdeutschen erklärte und sich kurz darauf zum „Kantzler“ der „Bundsrepubliek düütsches Saarland“ ausrief. Separatistische Strömungen gewannen auch in Berlin die Oberhand, wo am 2. Februar aus antifaschistischem Protest gegen den Doppelkonsonanten ss die neugegründete → OBZK (Orthographisch Befreite Zone Kreuzberg) ihren Austritt aus dem Bundesverband erklärte und eine türkische Variante des Esperanto zur Staatssprache erhob.

Mitte Mai eskalierte die Lage auch militärisch: Ersten erbitterten Scharmützeln entlang der Benrather Sprachgrenze folgten blutige Zusammenstöße der „Düütschen Truppen“ Lafontaines und der „Linguistischen Befreiungsarmee Berlin“ im gesamten Bundesgebiet. Aufgehalten werden konnte der Bürgerkrieg letztlich nur durch eine schrittweise Intervention der Europäischen Union, die zunächst erfolglos die Rückkehr zu den alten Rechtschreibregeln diktierte, um später die Auflösung der BRD und Umerziehung ihrer Staatsbürger zu Englischsprachlern zu verfügen (→ Reeducation Reloaded). Vom Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ist heute allein ein Freilichtmuseum auf dem Territorium der ehemaligen Stadt Mannheim erhalten, wo bis heute aus rein nostalgischen Gründen die „Brockhaus-Enzyklopädie in Prä-Schwarzer-Mittwoch-Rechtschreibung“ herausgegeben wird.«
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.08.2007 um 08.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2173


Widersprüchlich?

Herr Müller sagt genau das, was auch ich – als Anwalt der einfachen Leute, sozusagen – schon oft wiederholt habe: Wer in Rechtschreibfragen Auskunft sucht, möchte ganz einfach wissen, wie man etwas schreibt. Er ist bereit, sich einer (vermuteten) Autorität und Kompetenz zu unterwerfen. Allenfalls sollte die im Wörterbuch vorgefundene Schreibweise nicht einem Sprachgefühl widersprechen, das wir beim Ratsuchenden mehr oder weniger voraussetzen dürfen. Ist es hochentwickelt und geschult, so wird er sogar die bessere von zwei Varianten wählen können. – Das Ethos des Wörterbuchmachers besteht darin, seiner Arbeit den guten Sprachgebrauch zugrunde zu legen. Er geht deskriptiv vor. Aus den gefundenen Regularitäten destilliert er das Übliche, das dann – systemgerecht und ganz zwanglos – im Wörterbuch zum Richtigen kristallisiert. "Rechtschreiben heißt schreiben wie die anderen" (Th. Ickler) Und: Rechtschreibung heißt einheitliche Schreibung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.08.2007 um 12.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2155


Sehr geehrter Herr Schardt, das würde ich mir nicht gefallen lassen, wenn ich noch ein Kind in der Schule hätte. Sie haben völlig recht: Im Stau bleibt man stecken (=stehen), eine Vorwärtsbewegung kommt zum Stillstand. Die Wurzel hingegen steckt in der Erde und bleibt weiterhin stecken. – Das sind ganz triviale Dinge, aber der Deutschlehrer folgt wahrscheinlich einem Lösungsheft und ist heute mehr denn je unsicher. Sein Sprachgefühl, so es denn vorhanden war, ist ihm kein Wegweiser mehr. Die Reform hat vor allem in dieser Hinsicht unüberschaubare Verheerungen angerichtet.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.08.2007 um 09.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2146


Macht Kinder froh (und Kultusminister)

Den Lehrer möchte ich sehen, der einen Protestbrief an einen Kultusminister schriebe. Er müßte das (als Beamter) auf dem Dienstwege tun, und da würde ihm sein Schulleiter schon den Unterschied zwischen einem Lehrer und einem Minister klarmachen. Als Privatperson könnte er einfach so schreiben, aber dann würde er garantiert als Antwort einenSack voll Phrasen bekommen. Er käme sich wahrscheinlich wie ein Kind vor, dem man freundlich auf die Schulter klopft und das man zum Spielen zurückschickt. – Frau E-R. war "fröhlich und erleichtert", als der Ratsvorsitzende ihr die dicke Mappe (feierlich!) überreichte.
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Matthias Künzer
Herzogenrath

Dieser Beitrag wurde am 02.08.2007 um 18.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2140


An anderer Stelle wurde folgender Kommentar des Deutschlandfunks bereits verlinkt. Er ist so treffend, daß ich ihn gerne in voller Länge (und normaler Schreibung) einstellen möchte.


Eine unendliche Geschichte
Die Rechtschreibreform wurde beschlossen
Von Burkhard Müller-Ullrich

Sie ist mit Sicherheit die meistinkraftgetretene Reform Deutschlands. Jedes Jahr am 1. August wird noch ein bißchen mehr Kraft in sie getreten, und jedes Jahr lernen wir, daß mehr weniger ist und Kleines groß und Getrenntes zusammen sowie alles auch um und um und umgekehrt, denn mit jeder neuen Inkraftsetzung war und ist eine teilweise Außerkrafttretung des vorigen Reformschritts verbunden, weswegen die Verwendung des Wortes "endgültig" in bezug auf diese ganze Rechtschreibcomedy von besonderer Lachhaftigkeit ist.

Doch in der Tat: Auch diesmal heißt es wieder, die Rechtschreibreform würde nun "endgültig" in Kraft treten, und die Schüler in den Schulen und die Zeitungen und Agenturen hätten nun endlich wieder etwas, woran sie sich zu halten hätten, und sei es im Zweifelsfall die Möglichkeit, zwischen mehreren Varianten auszuwählen. Denn darin besteht das einzige sichere Resultat der sprachlichen Jahrhundertaktion unserer Politiker: Sie haben die Rechtschreibsicherheit im Deutschen faktisch abgeschafft.

Wir übrigen nicht schulisch oder behördlich Deutschschreibenden aber, die wir uns als freie Bürger von diesem linguistischen Kabarett unbetroffen fühlen dürfen, wir beobachten seit einem guten Jahrzehnt, das insofern ein Schlechtes ist, wie der Staat funktioniert, wenn er sich der Kultur bemächtigt: Er regiert und reformiert sie kurz und klein und in Grund und Boden. Da können die renommiertesten Schriftsteller, Wissenschaftler, Dichterakademien und sonstige Experten noch so energisch protestieren; die Ministerialbürokratie zieht durch, was sie sich vorgenommen hat. Allein dies in dieser Brachialität einmal erlebt zu haben, war die Vorstellung doch wert.

Möglich wurde das durch ein Volksnarkotikum namens Kultusministerkonferenz, und wenn es irgendwie mit rechten Dingen zuginge, dann hätte sich bereits vor langer Zeit der Erdboden auftun und eine so nichtsnutzige Organisation verschlingen müssen. Freilich, es ist nicht nur die Organisation als solche, die Kultusminister selbst sind es, die abgeschafft gehören. Wer sich einmal in die Biographien der betreffenden Amtsträger vertieft und ihre kulturellen Kompetenzen kritisch durchprüft, wird unweigerlich von Schwindelgefühlen erfaßt, die leicht zu einem Syndrom politischer Gesamtverzweiflung führen können. Das hat der niedersächsische Ministerpräsident Wulff immerhin ganz richtig gesehen, als er vor drei Jahren sagte, die Kultusminister seien nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

Nun hat einer, nämlich der bayrische Hans Zehetmair, öffentlich Abbitte und sogar Buße getan, indem er während der letzten Jahre als Vorsitzender des Rats für Rechtschreibung den behutsamen Rückbau der Rechtschreibreform steuerte. Und eine andere, nämlich die baden-württembergische Annette Schavan, hat gerade in ihrer jetzigen Funktion als Bundesministerin für eine stärkere Normierung des Schulunterrichts in ganz Deutschland plädiert. Dazu gehört schon was - angesichts der endgültig in Kraft getretenen Zerstörung altbewährter Rechtschreibnormen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.08.2007 um 15.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2136


Der eine fragt: Was kommt danach?
Der andre fragt nur: Ist es recht?
Und also unterscheidet sich
Der Freie von dem Knecht.

(Th. Storm)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.08.2007 um 19.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2131


Advent

Sehr beliebt ist z. Zt. die Phrase, die Reform sei "in den Schulen angekommen". Das erinnert von ferne (Ferne?) an zeitgemäße protestantische Verlautbarungen. – Ankommen kann schließlich vieles: ein Tsunami, eine Rechtschreibreform, unsereiner vielleicht eines Tages vor der Himmelstür...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 31.07.2007 um 10.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2122


Obskurantismus

Von morgen an wird also meines Wissens zum erstenmal, jedenfalls in einem freiheitlich verfaßten Rechtsstaat, in den Schulen aufgrund eines obrigkeitlichen Erlasses Falsches gelehrt und Richtiges als falsch sanktioniert werden. Das ist das eigentlich Bestürzende an dem ganzen Komplex "Rechtschreibreform". Mit Gewalt wird ein Dogma durchgesetzt, dessen Ausdehnung auf die Gesamtgesellschaft zur Zeit nur durch die Rechtslage verhindert wird. Der nächste, durchaus nicht so abwegige, Akt wäre ein Orthographie-Gesetz. Die Selbstunterwerfung der Presse war ja nicht vollkommen, und so könnte abermals die Forderung erhoben werden, die Schulrechtschreibung für alle verbindlich zu machen, der lieben Kinder wegen, die nicht verunsichert werden dürften. - Wer will da noch gegen Kreationismus und Klimamärchen als Lehrstoff Stellung beziehen?
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 22.07.2007 um 13.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2105


Vielen Dank, lieber Batzkraum – das kommt von Herzen und geht zu Herzen.

Was sich in "unserem" erlesenen Diskussionskreis abspielt, hat ja – abgesehen vom Thema, über das wir uns die Köpfe zerbrechen – hochinteressante Nebenaspekte, die man vermutlich als gruppendynamische bezeichnet.

So habe ich jetzt zum Beispiel gelernt, daß "leiden" etwas so Peinliches ist, daß man darüber in der Öffentlichkeit nicht sprechen sollte, von niemandem behaupten sollte, er leide, und als Gemeinter man weit von sich weisen sollte, man litte. (Ist das grammatikalisch in Ordnung? Hoffentlich.)

Leidenschaftlich darf man sein, das ist sogar toll – aber natürlich ohne wirklich zu leiden, innerlich ganz cool. Und Anteilnahme, etwa gar eine, die man als "väterlich" zu verdächtigen meint Ursache zu haben, sei es wegen des Alters des Anteilnehmenden, sei es seines Status’ wegen oder einfach weil man ihn nicht mag, hat etwas Herablassendes, ja Erniedrigendes, und ist natürlich total verlogen.

Hätten Sie das gewußt? So lernt man immer wieder dazu.

Leute, die wegen der Rechtschreibreform schwer gelitten haben oder noch leiden, kenne ich eine ganze Reihe. Und die sagen das auch, und freuen sich, wenn sie in mir einen Leidensgenossen finden, wenn mir dieses Leiden inzwischen auch – wie ich zugeben muß – einigermaßen langweilig geworden ist. Manche finden das enttäuschend, manche tröstet es ein wenig.

Die Menschen sind komisch.

Übrigens erinnere ich mich an Zeiten, in denen "wir" in unserem Kreise ein ähnlich geschmähtes Opfer des vereinigten Zorns frustrierter Reformgegner hatten, wie es heute Herr Jochems ist. Was der damalige diabolus (er hatte keinen advocatus nötig) damals an Orthographietheorien äußerte, hat viele, die sich mit gutem Recht in Rechtschreibfragen für kompetent erachteten, ziemlich irritiert, und die Vorwürfe gingen in etwa in dieselbe Richtung, nämlich es handle sich um abgehobene und realitätsferne Professorenideologie, die insgeheim den Reformern näher stünde als deren Gegnern, die zudem keiner verstehen könne und zu allem Übel auch noch von unerträglicher professoraler Arroganz geprägt wären. Ich gestehe, daß ich damals auch ein nicht immer vornehmer, und leider auch nicht so wahnsinnig kompetenter, den Mond anbellender Hund gewesen bin. Der Buhmann von einst schreibt heute ein von seinen damaligen Verächtern mit großem Interesse und mit großer Zustimmung verfolgtes Tagebuch ganz hier in der Nähe.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.07.2007 um 11.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2104


Stoppp!

Manche der hier Auftretenden werden sich noch an das abschreckende Beispiel einer Diskussionrunde erinnern, die schließlich an den Animositäten und Rüpeleien einiger Teilnehmer zugrunde ging bzw. jetzt nur noch ein Schattendasein führt. - Ich bin immer wieder angetan von den profilierten Persönlichkeiten, deren Beiträge ich lesen darf. Ich nenne nur Prof. Jochems, dessen Absichten ich zwar nicht immer klar erkennen kann, aus dessen Äußerungen aber eine immense Bildung und Weisheit sprechen. Auch Prof. Schattes Beiträge sind bei aller - oft ironisch überspitzten - gelehrten Diktion inhaltlich von höchster Qualität. Schließlich "unsere" Frau Pfeiffer-Stolz: engagierter und leidenschaftlicher, dabei sachkundiger kann man nicht sein. Ihre temperamentvollen Worte beleben dieses Forum und bringen die emotionale Komponente hinein. Herr Wrase, der tüchtige Korrektor, trägt oft zur Klärung allmählich etwas wirr gewordener Diskussionen bei. (Prof. Ickler gehört nicht zur Diskussionsrunde und spielt sowieso in einer anderen Liga). - So zeigt sich dem unbefangenen Betrachter eine Vielfalt an Aspekten, Ansätzen, auch Gefühlslagen, die von Resignation bis zu zarter, rational kaum zu begründender Hoffnung reichen. Diese Vielfalt ist eine Stärke dieses Forums, zeigt sie doch, daß hier kein esoterischer Zirkel von Sektierern versammelt ist, die sich dauernd nur selbst in der Gewißheit des rechten Glaubens bestätigen. Überflüssig, langweilig und schädlich sind die neuerdings um sich greifenden Beispiele von Unterstellungen, Kränkungen, ja Rempeleien. Wer will denn so etwas wirklich lesen? Liebe Kombattanten, schreibt Euch doch in solchen Fällen einfach e-mails und verschont die anderen mit diesem Quatsch (z.B. so albernen Erörterungen, was nun einer mit "unsere" oder "tüchtiger" gemeint haben könnte...)
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 21.07.2007 um 14.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2101


Samstagsgedanken

Mit das Schlimmste: daß man sich in einer Missionarsrolle wiederfindet, obwohl man nie ein Missionar sein wollte.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.07.2007 um 13.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2094


FAZ (zu Hrn. Markners Fund)

Mir fällt in letzter Zeit überhaupt auf, daß immer mehr Artikel mit bisher unbekannten Namen gezeichnet sind. Ob es sich da um lauter Praktikanten handelt? Oder ist mit der Übernahme der Reform auch eine generelle Verjüngung eingekehrt?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.07.2007 um 09.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2092


Eine Frage

Muß man selber richtig schreiben können, um sich über Rechtschreibprobleme äußern zu dürfen? – Eigentlich nicht. Man muß ja auch kein Huhn sein, um die Frische eines Eis beurteilen zu können.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 20.07.2007 um 01.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2089


Aber, aber, lieber Herr Kratzbaum. Galina läßt sich offenbar nicht so leicht rupfen wie das "Grammatikhuhn".
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.07.2007 um 22.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2088


Tröstlich

Endlich mischt hier mal jemand mit, der sich weder um alte, noch um reformierte Orthographie schert: "... vor dem reden und schreiben ..."; "... ein viel zu höflicher Mensch, als das ich mich ...". Aber schreibt man "Galina" nicht mit zwei l ?



(verschoben)

Kommentar von Galina Leljanowa, verfaßt am 19.07.2007 um 23.18 Uhr

#2088 Kratzbaum vom 19.07.2007 um 22.21 Uhr

Solange man mich versteht, kann ich auch ohne den Terror der RSR gut leben. Und sollte ich mich unterwegs mündlich nicht mitteilen können, hätte ich noch immer zwei Hände und Füsse sowie eine ausdrucksstarke Mimik. Einen Duden habe ich zwischen Südamerika und Asien nie benötigt und bin immer wieder gesund zurückgekehrt. C'est tout!

Galina ist ein russischer Vorname, wie Sie wissen. Das gleiche Wort, jedoch mit zwei "l", kommt aus dem Italienischen, hat aber mit einem Vornamen nichts zu tun! Eine angenehme Nachtruhe wünscht Ihnen

Galina
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.07.2007 um 09.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2079


Fehler und "Fehler"

Nicht zuletzt dank der Beiträge Prof. Jochems´ ist das Ziel der Fehlervermeidung wieder in den Mittelpunkt gerückt. (Ironischweise nähert sich damit ein erklärter Gegner der Reform den Intentionen der Reformer an).

Die Fehler, die vor der Reform "üblich" waren (und es auch danach noch sind, ganz unabhängig davon, ob der Schreiber alt oder neu zu schreiben glaubt), waren aber von anderer Qualität als die durch die Reform induzierten. Während man früher aus Fehlern lernen konnte und immer mehr von den intuitiv erfaßbaren Regeln der Orthographie mitbekam, gerät heute der reformiert Schreibende stets auf Abwege, sein Bedarf an Auskunftsmitteln nimmt nicht ab, sondern eher zu. Herr Lachenmann bestätigt, daß die Unsicherheit gerade bei den vormals kompetenten Schreibern notorisch ist. Was ist das für eine "Reform", die solches bewirkt?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 17.07.2007 um 15.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2078


Zu fragen ist vielmehr: Wohin soll diese offenbar unabschließbare Exegese führen? Die gesammelten Jochemsiaden haben inzwischen annähernd den Umfang des babylonischen Talmuds erreicht, ohne daß unter den Wohlmeinenden Einverständnis darüber erzielt wäre, was er eigentlich sage oder wünsche. Da ein Ende der hermeneutischen Anstrengungen nicht absehbar ist, kann den neu Hinzugekommenen nur davon abgeraten werden, sich an der Sinnsuche zu beteiligen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.07.2007 um 11.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2077


Prof. Jochems schreibt in seinem jüngsten Beitrag, daß die "hochauflösende" Rechtschreibung sich ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Schreibgemeinschaft entwickelt habe oder auch konzipiert worden sei. - Ich denke, in dieser Bewertung kommt recht klar seine Grundüberzeugung zum Ausdruck: Jedermann muß die Möglichkeit haben, sich in seiner Muttersprache fehlerfrei schriftlich zu artikulieren. Das ist auch das Hauptargument der meisten Reformer gewesen. Aber: die von ihm postulierte Sprachgemeinschaft gibt es nicht. Es gibt nur unzählig viele Einzelschreiber. Betrachten wir die Rechtschreibung als einen Werkzeugkasten, aus dem sich jeder das Passende und Nötige heraussuchen kann (wobei mit wachsenden Fähigkeiten auch die Ansprüche ans Werkzeug steigen), so kommen wir ganz zwanglos zu jener "abgestuften" Kompetenz, wie wir sie in vielen anderen Kulturtechniken auch wiederfinden. Die Bewertung von Rechtschreibfähigkeiten, um die es Prof. Jochems nach meinem Eindruck, oft unausgesprochen, vor allem geht, ist eine ganz andere Frage.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.07.2007 um 10.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2076


Wohin soll die Reise gehen?

Ich lese alles, was Herr Prof. Jochems in die Diskussion einbringt, mit großem Interesse und Respekt vor dem Wissen und den Erfahrungen eines altersweisen und immer noch engagierten Gelehrten. - Trotzdem ist mir bis heute nicht klar, wohin er in Sachen Rechtschreibung bzw. Reform eigentlich tendiert. Wenn ich ihn nach all den Beiträgen recht verstehe, so möchte er zwar auch eine verbindliche Rechtschreibung, gleichzeitig aber keine rigide Norm, die dann auch "strafbewehrt" wäre. Eine großzügigere Bewertung von Rechtschreibkompetenz wäre aber meiner Ansicht nach auch zu erreichen, ohne daß man deshalb die Norm (bis zu welchem Grade?) aufweichen müßte. - Im übrigen gehörte die nicht leicht, aber doch von jedermann "bedarfsgerecht" zu erlernende deutsche Orthographie ganz gewiß nicht zu den drängenden gesellschaftlichen Problemen. Zum Problem bis Skandal wurde sie durch die Reform. Wer hat denn nach einer Reform gerufen? Das gewöhnliche Volk, die "Elite", die Schule? Nein, die Reformer haben sich aus den verschiedensten Motiven über die Rechtschreibung hergemacht und dann unglücklicherweise die Staatsmacht für sich gewinnen können. Ohne diese Verbindung spräche heute kein Mensch mehr von dem Unternehmen. Es gab also keinen orthographischen Notstand, dieser wurde erst durch die Reform erzeugt, und darum diskutieren wir hier auch endlos mit mal mehr, mal weniger Bezug zu einer je nach Blickwinkel komplizierten ("metaphysischen") oder auch recht einfachen Angelegenheit.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.07.2007 um 15.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2074


Prophete rechts, Prophete links

Ich vertrete ja hier des öfteren den simplen, einigermaßen kompetenten Rechtschreiber. Als solcher sage ich zum hundertsten Mal: Wenn ich schon nachschlage (es kommt so gut wie nie vor, außer bei Fremdwörtern), dann will ich gesagt bekommen, wie ich etwas richtig schreibe. Da interessieren mich keine Varianten und auch nicht die Frage, wie "demokratisch" die Norm zustande gekommen ist. Die Sicht des Wörterbuchbenutzers ist nicht die des Verfassers. Eine Bedingung möchte ich lediglich erfüllt sehen: Die Schreibweise des Wörterbuchs muß in mein intuitives Raster passen. Anders ausgedrückt: "Ja, so hätte ich das, nach einigem Nachdenken, auch von selbst geschrieben."
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 13.07.2007 um 14.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2061


Herr Kratzbaum,
Herr Jochems,

die jedem Schreibenden eigene Schreibkompetenz ist immer defizitär. Ein Teil dieser Defizite beruht auf der jedem Sprachteilhaber nur defizitär gegebenen Sprachkompetenz. Analphabeten können (z.B. in Südamerika) eine höhere Sprachkompetenz des Spanischen oder Portugiesischen besitzen als Teilhaber am selben Ethnolekt, die sich mit Zeilenhonorar täglich durch die dortige oder spanische Presse quälen (dazu gibt es schöngeistige und linguistische Literatur in großem Umfang).

Schreibkompentenz ist immer sekundär, was die Reformer bis heute strikt negieren, um auch ex post die Katze nicht aus dem Sack zu lassen, daß das im Staatsauftrag in den Schulen systematisch hergestellte Schreibunvermögen nur S y m p t o m der -- gemäß einer sattsam bekannten Ideologie -- amtlich vorgenommenen Sprachinsuffizierung mehrerer Generationen war und ist. In Deutschland kann also die erworbene Schreibfertigkeit der Sprachteilhaber von Kult(us)ministern und anderen Priestern der einzig richtigen Lehre von einem Jahr zum andern oder jedes Jahr erneut vernichtet werden. Ohne die vorausgehende (neu)amtliche, schulische oder pädagogische Sprachkompetenzminimierung (sprich: Volksverdummung) wäre ein solches Unternehmen unausführbar (gewesen).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.07.2007 um 10.07 Uhr eingetragen.
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Versuch

Prof. Jochems sagt: Praktisch alle Sprachteilnehmer besitzen nur eine eingeschränkte, "defizitäre" Rechtschreibkompetenz. Dies ist nicht hinzunehmen. Darum muß die Orthographie in gewissem Grade freigegeben werden. Der Hauptzweck der Rechtschreibung, die reibungslose Kommunikation, leidet dadurch nicht - das beweist ja sogar der augenblickliche Zustand.

Prof. Ickler und mit ihm wohl alle anderen Diskutanten sagen: Es muß eine verbindliche Orthographie geben, ganz unabhängig davon, ob jedermann sie bis ins letzte beherrschen kann. Jedem steht es frei, sich immer weiter zu vervollkommnen. Die Norm soll allerdings aus der Praxis kompetenter Schreiber gewonnen werden. Der Staat hat sich inhaltlich völlig herauszuhalten.

Die Reformer sagten: Die deutsche Rechtschreibung wird nur von wenigen einigermaßen beherrsscht. Dies ist nicht hinzunehmen. Wir "vereinfachen" die Orthographie, indem wir ein Regelwerk erfinden, das grundsätzlich jedem das richtige Schreiben ermöglicht. Diese neue Norm muß unbedingt staatlicherseits etabliert werden, am einfachsten über die Schule. Ideal wäre ein allgemeinverbindliches Rechtschreibgesetz.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 12.07.2007 um 20.31 Uhr eingetragen.
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Zwei Probleme scheinen mir bezeichnend für die auch hier laufende Diskussion zu sein:

1. Wie kann es eine richtige Schreibung geben, wenn die Rechtschreibung gleichzeitig in stetem Wandel begriffen ist?

2. Warum soll man überhaupt richtig schreiben? Die Kommunikation funktioniert doch auch so - wie es z.B. das Internet lehrt.


Zu 1. Der im Rechtschreibwörterbuch Ratsuchende möchte dort eine verbindliche Anleitung finden. Er denkt also durchaus "präskriptiv" und billigt dem Autor eine unbegrenzte Kompetenz zu. Aber: Auskunft sucht nur derjenige (außer vielleicht bei Fremdwörtern), der schon ungefähr weiß, wie man das fragliche Wort schreibt. Das ist der Schreiber mit "defizitärer Kompetenz". Er ist der Normalfall, und das ist kein Unglück. Auf so vielen anderen Fachgebieten hat man oft eine ungefähre Vorstellung, wie etwas funktioniert oder zu handhaben ist. Im Ernstfall informiert man sich entsprechend.

Zu 2. Es ist vielleicht nicht abwegig, die Orthographie unter "Sitten und Gebräuche" einzuordnen. Auch da gibt es eine abgestufte (kontextabhängige) Kompetenz. Allein benimmt man sich anders als im Familienkreise und wiederum anders in der Öffentlichkeit. Das gute Benehmen muß man lernen. Hinzu kommt, daß Rechtschreibung bewertet wird. Ohne diese Tatsache hätte es nie ein Reform gegeben. Wo deren Geburtsfehler liegt, ist nicht zweifelhaft. Er besteht in dem Irrtum, daß, weil alle (grosso modo) richtig sprechen können, sie auch (genauso selbstverständlich) richtig schreiben können müßten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.06.2007 um 13.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2002


Na sowas!

In jedem Politiker-Interview gibt es immer ein ganz besonders schimmernde Perle (nur bei Herrn Z. erfreuen uns ganze Perlenketten...):

"Dabei sei die Sieben-Tage-Erzählung allerdings kein naturwissenschaftlicher Abriß." (Die hessische Kultusministerin Karin Wolff, die mit dem Begriff "Mythos" nichts anfangen kann.)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.06.2007 um 17.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#2000


Simplify your mind

Man rätselt endlos herum, was eine Zeitung, ja Institution wie die FAZ zur Unterwerfung bewogen haben mag. Dabei steht dem Verständnis höchstwahrscheinlich sehr simpler Motive wohl nur das schülerhaft - idealisierende Bild von Pressefreiheit und publizistischer Ethik im Wege. Oder ist der Kniefall (vor solchen Figuren!) auch eine Folge des Generationenwechsels?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.06.2007 um 17.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1997


Lesen, lesen, lesen! - (Kommentar überflüssig)

"...die zu sehr im Detail Bescheid wissen..." (gemeint sind wohl diejenigen, die sich wirklich in der Reform auskennen)

"...der über vieles nachdenkt und nachdenken muß..." (der Rechtschreibrat nämlich)

Und dann unbedingt das Beispiel mit Eichingers Friseur.

Das Tollste aber ist: Alle tun so, als werde im Rat ernsthaft und mit großem Einsatz um die gute, die bessere Rechtschreibung gerungen. Und keiner steht auf und sagt, daß es vor nicht langer Zeit ein sich sanft und geräuschlos ständig selbst optimierende Rechtschreibung gegeben hat. - Ein Käfig voller Narren.
(Ich glaube auch nicht, daß Z. offen sagen würde, er habe die FAZ "eingetütet". Wie er sie aber dazu gebracht hat, Männchen zu machen, würde man schon gern wissen.)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.06.2007 um 09.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1992


Verpackungskünstler

Eintüten ist normalerweise eine Form der Heimarbeit, die auch Geringqualifizierte ausüben können. - Der sogenannte Rat für deutsche Rechtschreibung ist tatsächlich nur noch mit Einpacken und Zuschnüren beschäftigt. Sein Vorsitzender hat, wie schon ganz früh festgestellt wurde, immer die Sache der KMK betrieben. (Die wußte, was sie an ihm haben würde). "Einmal Kultusminister, immer Kultusminister." Manche waren seinerzeit zu gutgläubig, erhofften sich einen verständigen und der Sache verpflichteten Retter aus der Not und sind bitter enttäuscht worden. Im Rechtschreibrat geht es heute weniger denn je um die Rechtschreibung. Nachdem die KMK bedient worden ist, bestimmen Wirtschaftsvertreter unverhohlen die Arbeit. - Störend sind allein noch die freien Wissenschaftler. Aber der Obrigkeit wird schon noch etwas einfallen, auch diese "ins Boot zu holen". Ich habe es schon öfter gesagt: Am Ende werden Gerichtsurteile stehen müssen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.06.2007 um 10.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1979


Jäger und Sammler

Jeder einzelne Fall, der in Zeitungen usw. dingfest gemacht wird, ist ein Indiz für das Scheitern der Reform. Ganz besonders aber die Fehler, die aus der Reform selbst entspringen. Deswegen ist dieses Wächteramt keinesfalls geringzuschätzen. Das Mißlingen der Reform zeigt sich in ihren Folgen. Da steht oft ein Beispiel für tausend.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.06.2007 um 18.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1975


Artefakt

Wenn der Rechtschreibrat die verhunzte Orthographie "beobachten" will, um daraus Erkenntnisse zu gewinnen, so ist das etwa so, wie wenn ein Botaniker formgeschnittene oder durch Wildverbiß verkrüppelte Bäume als Grundlage gültiger Aussagen über natürliche Wuchsformen heranzieht.
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Norbert Schäbler
Hösbach

Dieser Beitrag wurde am 24.06.2007 um 12.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1974


??

Wie heißt eigentlich das Gerät zum Aufwischen von Schmutz?
Ist das ein Mob (resp. Mobb) oder ein Mop (resp. Mopp)?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 24.06.2007 um 09.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1973


Rundum unabgerundet

Manche Putzfrauen wischen die Zimmerecken rund auf. Da bleibt halt eben immer Dreck zurück.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.06.2007 um 14.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1972


"Wurde uns bestätigt …"

Das waren wohl die verbliebenen aktiven Mitglieder des Rates, die dem Vorsitzenden erzählt haben, daß die Reform problemlos angenommen worden sei. Interessant wäre noch zu wissen, wer dem alten Herrn das alles aufgeschrieben hat, was er da zum besten gibt. Denn er selbst dürfte heute noch weniger als früher überblicken und beurteilen können, was das so unrund scheppernd läuft.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.06.2007 um 13.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1957


Es wird spannend - oder: Häschen in der Grube

Der Versuch, über die Schule die Schreibpraxis der Erwachsenen (die Gesellschaft) umfassend und flächendeckend zu verändern, ist ja nun endgültig gescheitert. Was wird nach dem 1. August geschehen? Ich tippe mal darauf, daß die Kultusminister sich still verhalten werden, jedenfalls keine neuen Richtlinien zur Benotung herausgeben werden. Die Lehrer werden entsprechend großzügig verfahren. - Wie schon von anderer Seite bemerkt, entfernt sich die Schule immer mehr von der außerschulischen Wirklichkeit. Wie lange können die Verantwortlichen dieses Spiel spielen? Das ist die eigentlich spannende Frage.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 18.06.2007 um 01.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1949


Bei 2. handelt es sich um eine sehr eigentümliche Art von Science fiction.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.06.2007 um 00.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1948


Buridans Esel

Im ZVAB finde ich von G. Augst:

1. Dialektwörterbuch der Verbandsgemeinde Altenbeken (da bin ich früher manchmal umgestiegen)

2. Regeln zur Deutschen Rechtschreibung vom 1. Januar 2001
Entwurf einer neuen Verordnung zur Bereinigung der Laut-Buchstaben-Beziehung, m. handschriftlicher Widmung des Autors (!)
(also daß der Herr Augst Verordnungen entworfen hat, wundert mich doch ein wenig. Ob das eine Folge des Sektgenusses aus Pappbechern angesichts leibhaftiger Minister war ...?)

Ich kann mich nicht entscheiden. Einerseits hat der Altenbekener Dialekt mich schon immer interessiert. Andererseits könnte die handschriftliche Widmung einmal zu einer ungeahnten Wertsteigerung führen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.06.2007 um 11.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1946


Zeit haben, Zeit lassen

Man könnte schon die Hoffnung aufgeben, wenn man sieht, wie unendlich langsam es vorwärtsgeht mit der Wiedereinsetzung der guten Rechtschreibung. Zumal wenn man bedenkt, daß es eine geballte Ladung an Argumenten contra und kein einziges pro gibt - außer dem läppischen, aber gerade dadurch unwiderleglichen, daß die reformierte Orthographie nun einmal existiert. - Woraus schöpfen wir Gegner trotzdem unsere Zuversicht und resignieren nicht einfach? (Es gibt doch Wichtigeres...) Wenn ich alle Kritik auf einen Nenner zu bringen versuche, so scheint mir die Sprachwidrigkeit des Unternehmens, die im einzelnen dann darzulegen wäre und dank Th. Ickler und anderer Fachleute auch hundertfach belegt worden ist, das schlagendste Argument zu sein. Der tradtionellen Rechtschreibung wohnte eine Gesetzmäßigkeit, man könnte fast sagen: Naturgesetzlichkeit inne, die vorübergehend zwar brutal unterbunden wurde, die sich aber, wie wir an zahlreichen Fällen erleben, "ganz von selbst" wieder durchsetzt. Die Zeichen stehen auf Rückbau, die Reform existiert nur noch im Schattenreich, eine auf lebendig geschminkte Leiche.
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Ruth Salber-Buchmüller
Mülheim-Ruhr

Dieser Beitrag wurde am 15.06.2007 um 16.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1943


Gegenwärtig ist der Flachbrettscanner doch "neuwärtig". Das paßt doch so gut. Es ist alles wieder wertig und fast immer widerwärtig.

Nebenbei bemerkt:
heute wird des "e" ohnehin immer wie "ä" ausgesprochen. Sogar die Nachrichtensprecher weisen auf das "Ärste" hin.
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Christof Schardt
Darmstadt

Dieser Beitrag wurde am 15.06.2007 um 13.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1941


Bei mir stellt sich eine bedenkliche depressive Verstimmung ein, wenn ich (bei ebay) lese: Neuwärtiger Flachbrettscanner...

Find ich auch total wieder wertig.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.06.2007 um 11.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1940


Ich nehm’ die Kurve

Der berühmte "sekundäre Krankheitsgewinn" (von Freud installiert) läßt sich sicher auch bei der Rechtschreibreform ausmachen, wenn man sie als Erkrankung des Organismus "Schreibfertigkeit" betrachtet. (Irgendjemand profitiert immer.) Hysterie gibt’s ja heute praktisch nicht mehr, die seelische Erkrankung unserer Zeit dürfte eher die Depression sein. – Bei mir stellt sich eine bedenkliche depressive Verstimmung ein, wenn ich (bei ebay) lese: Neuwärtiger Flachbrettscanner...
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 15.06.2007 um 11.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1939


Damit sind wir bei unerklärlichen Krankheitskonjunkturen und also ganz zwanglos beim Thema Dyslexie (s. Nachrichten).
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 15.06.2007 um 08.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1937


Ein kurzer Kommentar sei mir noch gestattet, bevor wir diesen Exkurs in ein für unser Thema äußerst randständiges (gleichwohl – sicher nicht nur für mich – hochinteressantes) Gebiet wieder verlassen.
Zusätzlich zu Kratzbaums grundsätzlich richtigen Erwägungen meine ich, daß auch Krankheiten "ihre Zeit" haben; da spielt der sogenannte "säkulare Trend" auch in Form von richtiggehenden Moden eine Rolle. Als mir kürzlich ein achtjähriges Mädchen mit unübersehbarem Stolz berichtete: "Ich bin Allergikerin!", konnte man den sekundären Krankheitsgewinn, den ihr dieser Umstand bereitete, geradezu mit Händen greifen. Hätte der gleiche Satz, von einem gleichaltrigen Kind vor fünfzig oder hundert Jahren geäußert, eine ähnlichen Gewinn mit sich gebracht? Sicher nicht - und das hat natürlich einen Einfluß auf Krankheiten und deren Verlauf. Noch ein Beispiel: Der Herzinfarkttod (der akute Myokardinfarkt ist nach wie vor die mit Abstand häufigste einzelne Todesursache in unserem Land) geht derzeit mit einem Tempo zurück, daß man geradezu "fürchten" könnte, er geriete aus der Mode. Man muß schon sehr medizingläubig sein, um diesen raschen Rückgang allein dem medizinischen Fortschritt zuzuschreiben. Ich habe noch Äußerungen von vor ein paar Jahrzehnten im Ohr, die etwa so gingen: "Ach, Du hast einen Infarkt hinter Dir? Bei mir sind es jetzt schon drei!" (Mit dem Unterton: Ich habe ja auch härter gearbeitet als Du, wenn Du Dich mehr angestrengt hättest, dann wärst Du jetzt auch schon bei mindestens zwei!) Solche Unterredungen wären heute undenkbar.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2007 um 19.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1936


Nur noch dies

Langes Leben ist ja noch nicht gesundes Leben (Stichwort Multimorbidität der Alten). Bekanntlich sind an die Stelle der unmittelbar lebensbedrohenden, akuten Krankheiten chronisch verlaufende, schwer zu beeinflussende getreten. – Welchen Anteil die Medizin an der gestiegenen Lebenserwartung hat, ist und bleibt ungeklärt, auch wenn der "medizinische Fortschritt" gern als Ursache genannt wird. Tatsache bleibt außerdem, daß der allgemeine Gesundheitszustand in Ländern, die geringere Summen pro Kopf aufwenden, keineswegs schlechter ist. Wieviel Gesundheit das teure System produziert, das eben ist die spannende Frage, um die gern ein großer Bogen gemacht wird.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2007 um 16.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1935


Geschenkt: Da Kosten nicht explodieren können, ist diese Redeweise natürlich immer schon unseriös. (Zweifel an der Aussagekraft der besagten Korrelation sind notabene nicht gleichzusetzen mit Zweifeln an den zugrundeliegenden statistischen Daten.)
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2007 um 15.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1934


Wieso pardon? Ich habe nicht gesagt, ob die Ausgaben im Gesundheitswesen richtig liegen; was ich belegen wollte, war nur, daß man kaum von einer "Explosion" sprechen kann, wenn der Anteil am BIP*) langfristig konstant ist. Dies hat unlängst auch das Kieler Institut für Weltwirtschaft so veröffentlicht (wenn Sie Statistiken des Statistischen Bundesamtes oder von "Medizinmännern" schon nicht trauen).

*)Der Unterschied von BSP und BIP ist mir, notabene, bekannt - er ist in diesem Zusammenhang nur nicht sonderlich relevant.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2007 um 14.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1933


Pardon, aber nur weil das Statistische Bundesamt einen stabilen prozentualen Anteil der Gesamtausgaben im Gesundheitswesen am deutschen BIP oder BSP (was notabene nicht dasselbe ist) feststellt, heißt das noch nicht, daß die Ausgabenhöhe gerade richtig, zu hoch oder zu niedrig ist. Der Anteil der Landwirtschaft an der Gesamtwirtschaftsleistung zum Beispiel sinkt seit Jahrzehnten. Sagt das etwas über die Qualität der europäischen Agrarsubventionspolitik aus? Nein.

Unser Freund Josef Kraus hat übrigens in seinem Buch Der PISA-Schwindel einige der Statistikspiele der Bildungspolitiker und -lobbyisten aufgespießt. Gut möglich, daß sie von den Medizinmännern gelernt haben.
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2007 um 13.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1932


Lieber Herr Markner, sehr geehrter Herr Kratzbaum!

"Unser Thema" war mein Beitrag höchstens insofern, als mit schiefen Begriffen Politik gemacht wird, und das ist ja schon mit dem Namen "Rechtschreibreform" so. Aber ich wollte natürlich diesen wirklich grandiosen Irrglauben an die "Kostenexplosion im Gesundheitswesen", dem ja nicht nur Kratzbaum aufgesessen ist, sondern große Teile der Gesellschaft, ein bißchen aufklären, weil auf der Basis der weiten Verbreitung dieses Irrtums schon viel schlechte Politik gemacht worden ist (und weiter gemacht zu werden droht).
Aber noch kurz (weil nicht unser Thema) zu den mir gestellten Fragen.
Ich bin ja bekanntlich kein Ökonom (muß aber immerhin gelegentlich Vorlesungen zum Thema "Gesundheitsökonomie" halten); den Bezug auf das Bruttosozialprodukt (und dessen Entwicklung) stellt das Statistische Bundesamt regelmäßig her, wenn verschiedene Kosten über die Zeit verglichen werden. Ich habe die von mir genannten Zahlen auch nicht berechnet, sondern lediglich vom Statistischen Bundesamt übernommen - sie wurden ja regelmäßig veröffentlicht und stehen jetzt aktuell sogar im Internet. (Wer dort nachschaut, muß nur wissen, daß das Modell, nach dem das Amt die Gesamtausgaben im Gesundheitswesen berechnet, vor ein paar Jahren aktualisiert worden ist.) Für mich ist die langjährig geübte Praxis des Statistischen Bundesamts einfach der Standard.
Die Krankenkassenbeiträge müssen steigen, weil sie ausschließlich an den Arbeitseinkommen bemessen werden (Beitragssatz), die im Vergleich zu anderen Einkommensarten (z.B. Kapitaleinkünften) seit Jahren zurückgehen (also einen immer kleineren Anteil des Bruttosozial- oder eben Bruttoinlandsprodukts ausmachen - aus einem kleiner werdenden Tortensegment müssen zwangsweise immer größere Stücke herausgeschnitten werden, wenn der gleiche Gesamtanteil erhalten bleiben soll). Die Abhilfe wäre, auch andere Einkommensarten zur Finanzierung heranzuziehen, aber der Druck dazu ist weniger groß, solange die Zahl der Erwerbstätigen steigt.
Zur Gesundheit: Langes Leben spricht zumindest nicht a priori dagegen - und die Lebenserwartung in Deutschland steigt scheinbar unaufhörlich. Aber, wenn die Alten dann alle blind, taub und immobilisiert sind? Das wird berücksichtigt bei QUALY's bzw. besser der QUALE (quality adjusted life years bzw. quality adjusted life expectancy) - und die steigt in Deutschland auch.

Entschuldigung für diese Exkurse, aber es heißt doch immer, viel zu wissen schade nicht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.06.2007 um 12.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1929


Was mich interessiert

Sehr geehrter Herr Dr. Scheuermann,

es mag sein, daß ich einem Schlagwort aufgesessen bin, was die "Kostenexplosion" angeht. Ich frage mich aber trotzdem, warum die Kassenbeiträge steigen und weiter steigen werden und warum trotz des gewaltigen finanziellen Aufwandes der Gesundheitszustand der Gesamtbevölkerung trotzdem nicht besser wird. Falls man Gesundheit überhaupt definieren kann...(ich glaube es nicht).
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2007 um 11.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1928


Offensichtlich nicht unser Thema, aber warum sollten die Aufwendungen für das Gesundheitswesen die gleichen Wachstumsraten aufweisen wie das BIP?
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2007 um 09.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1927


Zu Kratzbaums #1842:

Kostenexplosion im Gesundheitswesen

Ein Begriff von beeindruckender Suggestivkraft, in Deutschland wohl von Heiner Geißler populär gemacht. Er wird ihn auch für zutreffend gehalten haben, wurden doch zu seiner Ministerzeit Kostenvergleiche immer mit Bezug auf das Jahr 1970 angestellt – und dann lagen die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen tatsächlich deutlich über dem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts – der Begriff erschien von daher berechtigt. Er war es aber nicht. Diese "Kostenexplosion" war nämlich bereits im Jahre 1975 beendet, als die von der seinerzeitigen sozialliberalen Koalition gesetzlich festgelegten Leistungsausweitungen sich in ihren Auswirkungen verstetigt hatten. Der damalige Anstieg der Summe aller Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandprodukt von etwa 10,3% auf etwa 13% war politisch gewollt (Ausgleich eines "Nachholbedarfs").
Auch heute liegt die Summe aller Gesundkeitsausgaben bei etwa 13% des BIP und steigt nicht schneller als dieses: Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen gibt es also nicht – und es gab sie nicht.
Der Begriff hatte aber enorme Wirkungen: das (kurzfristig erfolgreiche) Gesundheitsreformgesetz des Herrn Blüm und das (langfristig deletäre) Gesundheitsstrukturgesetz des Herrn Seehofer. Dieses als Kostendämpfungsgesetz geplante Gesetz führte zu einem raschen Anstieg der Gesundheitsausgaben auf über 14% des BIP, dem mit weiteren massiv dirigistischen Maßnahmen entegegengesteuert wurde, die die Ärzte seither zu einer bis dato unbekannten Ausbeutung der Ressource Patient zwingen – die furchtbarste Auswirkung eines falschen, aber tief in den Köpfen steckenden Begriffs.

Aber so ergeht es uns mit vielen Begriffen: Weil ständige "Gesundheitsreform" offenkundig not tut (obwohl keiner weiß, was an der Gesundheit eigentlich so schlecht ist, daß sie solch ständiger Veränderungen bedürfte), wird auch eine Rechtschreibreform nötig gewesen sein. Kaum einem fällt es mehr auf, daß in dem Begriff "Verbraucher" eigentlich eine Beleidigung steckt: "Du bist ein Verbraucher!" (kein Nutzer, kein "Kunde König"). Wer von diesen "Verbrauchern" kann die Wertung von Konrad Lorenz noch nachvollziehen, der 1973 schrieb: "Aus naheliegenden Gründen sucht jeder Produzent das Bedürfnis der Konsumenten nach den von ihm erzeugten Waren nach Möglichkeit in die Höhe zu treiben. Viele »wissenschaftliche« Forschungsinstitute beschäftigen sich ausschließlich mit der Untersuchung der Frage, welche Mittel zur Erreichung dieses durchaus verwerflichen Zieles am besten geeignet seien." Kann heute noch jemand sogar das Bedauern nachempfinden, das Lorenz beim Wegwerfen einer "treue(n) alte(n) Hose" ergriff?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.06.2007 um 15.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1918


Bitte keine Illusionen

Viel eher, als sich mit dem neuesten Stand der Rechtschreibung zwecks Fehlerkorrektur zu befassen, werden die Lehrer äußerste Zurückhaltung üben. Was nicht (fälschlich) angestrichen ist, kann auch nicht Gegenstand einer Beschwerde oder Klage werden. Nachprüfungen durch die Schulaufsicht werden so gut wie gar nicht stattfinden, zumal dort wohl kaum noch ein übereifriger Reformdurchsetzer zu finden sein dürfte. Auch der müßte ja hundertprozentig fit sein. Schon immer haben Lehrer sich aus Gründen des Selbstschutzes durchgewurstelt. Was oben ausgeheckt wird, kommt in den Niederungen nur noch geschrumpft und zurechtgestutzt (weil regelmäßig unbrauchbar) an.
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Helmut Jochems
Kreuztal

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2007 um 13.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1913


"Nach Überzeugung des Senats dürfte die Antragstellerin aufgrund ihres Werdeganges, der fraglos auch durch die Gegnerschaft ihrer Eltern gegenüber der Rechtschreibreform bestimmt ist, 'Manns genug' sein, die Kritik an ihrer (richtigen) Schreibweise durch Lehrer, die die geltende Rechtschreibung nicht mehr dulden dürfen, zu ertragen."
Lieber Herr Kratzbaum, wäre das nicht ein wunderbarer Zustand, wenn alle Deutschschreibenden - jung und alt - Manns genug wären, sich über Bevormundung jedweder Art in Rechtschreibfragen hinwegzusetzen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.06.2007 um 11.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1912


Schicksalhaft

Es kann einen geradezu wehmütig stimmen, wenn man bedenkt, daß die Sache nur deswegen vor das Bundesverfassungsgericht kam, weil Schleswig-Holstein keine eigene Verfassungsgerichtsbarkeit hat.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.06.2007 um 11.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1911


Wohltuend

Ich habe gerade noch einmal das Urteil samt Begründung des OVG studiert. Das kann ich allen Mitstreitern nur empfehlen. Unter den (notwendigen) weitschweifigen formaljuristischen Erörterungen verborgen, finden sich wahre Perlen. Die Nüchternheit und der Realitätssinn der Juristen sind eine Wohltat, besonders auch, was ihre Bewertung des komischen BVerfG -Urteils angeht (an das sie sich übrigens nicht gebunden sehen!)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.06.2007 um 11.26 Uhr eingetragen.
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Das ist die Frage

Die entscheidende Frage ist, ob auch schon die Benotung einer schulischen Leistung ein Verwaltungsakt ist. Das OVG Lüneburg hat jedenfalls in seinem Urteil von 2005 zugunsten der Schülerin Josefine A. nicht über eine Versetzung oder ein Prüfungsergebnis geurteilt, sondern über den Unterricht und allgemeine Leistungsnachweise in Gestalt schriftlicher Arbeiten. Die Anordnung der Kultusbehörde, nur noch die neue Rechtschreibung gelten zu lassen und danach Zensuren zu erteilen, war ein Verwaltungsakt, der zwar nicht unmittelbar auf die Schülerin gerichtet war, jedoch, auf dem Wege des Durchgriffs, unausweichliche Folgen für sie hatte.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.06.2007 um 11.11 Uhr eingetragen.
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Sehr geehrter Herr Prof. Jochems,

bitte erklären Sie mir den Unterschied zwischen "genereller Mißachtung" der neuen Regeln und "wirklichen Verstößen".
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.06.2007 um 09.19 Uhr eingetragen.
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Wo kein Kläger ist...

Daß noch einmal ein Gerichtsurteil in Sachen Rechtschreibreform gefällt werden könnte, ist in der Tat unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Es wäre der Fall denkbar, daß in Presse und Büchern flächendeckend Schreibweisen auftauchen, die einem Schüler als falsch bewertet werden (der FAZ kommt dabei eine wichtige Rolle zu). Gerichte sind durchaus geneigt, das Übliche als Urteilsgrundlage heranzuziehen, wir haben das erlebt. Und heute ist klarer als damals, das die Reform sich nicht durchgesetzt hat. Voraussetzung dafür wäre, daß in der Schule das Regelwerk tatsächlich rigoros angewandt würde. Man darf gespannt sein, was demnächst hierzu in den Amtsblättern - wenn überhaupt - stehen wird. Da sind noch Überraschungen in Gestalt von Toleranzedikten möglich. Ich denke, in der Schule wird so oder so schon aus Gründen des Selbstschutzes großzügig verfahren werden. Was nicht als Fehler angestrichen ist, kann auch nicht gerichtsnotorisch werden. Außerdem dürfte kaum ein Lehrer die neueste Fassung der gültigen Schreibweisen beherrschen und auch wenig Antrieb verspüren, sich kundig zu machen. Und von oben kontrollieren wird das ganz bestimmt keiner, dafür ist der Eifer doch zu sehr erlahmt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.06.2007 um 13.17 Uhr eingetragen.
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Für die Liebhaber starker Worte

Von wo man es auch betrachtet: Die ganze Reform war eine große Sauerei!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.06.2007 um 11.14 Uhr eingetragen.
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Gründe

Die Erörterung des "moralischen" Apekts der Reform paßt ganz gut zu meiner kürzlich gestellten Frage, warum man eigentlich so entschieden gegen die neue Rechtschreibung sein kann. Ein "dass" ist sicher nicht unmoralischer als ein "daß". Aber von der skandalösen Art der politischen Durchsetzung einmal abgesehen, spüren eben viele, daß da ein Wunde zugefügt wurde - einem feingestalteten, lebendigen Organismus und damit auch dem intuitiv schreibenden Sprachteilhaber. Der zutreffende Eindruck eines Zerstörungsaktes ist allgemein verbreitet, ganz unabhängig von Kenntnissen im einzelnen. Auch die nicht mit allen Verästelungen der herkömmlichen wie der reformierten Orthographie Vertrauten fragen so oft: Wie schreibt man das denn nun eigentlich? Gerade auf der mittleren Ebene der Rechtschreibfähigkeiten war das Bewußtsein vorhanden, daß man zwar nicht ganz firm war, daß es aber beruhigenderweise eine verläßliche Quelle des Richtigen gab. Damit meine ich nicht den DUDEN, sondern das vielbeschworene Übliche. Wie in anderen technischen Fragen auch verließ man sich auf die, die es konnten. Diese Orientierungsmarke wurde mutwillig beseitigt, und nun steht der Ratsuchende im Nebel.
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Alexander Glück
Hollabrunn

Dieser Beitrag wurde am 06.06.2007 um 09.17 Uhr eingetragen.
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Die ständigen Einwürfe von Herrn Prof. Jochems sind insofern ganz erfrischend, als sie die Reformkritiker zwingen, die eigenen Argumente immer wieder und immer wieder zu prüfen und zu wiederholen. Man glaubt fast, er sei ein Indoktrinationsguru der Psychedelic-Bewegung. Nur daß seine Methode eben die ist, den Advocatus diaboli zu spielen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.06.2007 um 11.00 Uhr eingetragen.
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Die Diskussion auf diesen Seiten kehrt immer wieder zum Begriff der "Norm", ihrer Gewinnung und Geltung zurück. Das ist verständlich, denn Rechtschreibung ist Schreibung nach einer - wie auch immer begründeten - Norm. Ein Problem, von Prof. Jochems gern in den Mittelpunkt gestellt, ist der scheinbare Widerspruch zwischen normierter und sich gleichzeitig stetig weiterentwickelnder Orthographie. Weiterentwicklung bedeutet meistens "Normverletzung". Prof. Jochems redet einer "Liberalisierung" das Wort, er möchte keine starren Regeln, sondern wünscht sich den intuitiv handelnden Schreiber. Außerdem hat er immer wieder ins Feld geführt, daß auch die herkömmliche Orthographie für viele einfach zu schwer zu erlernen und zu beherrschen war. Da trifft sich seine Auffassung, wohl unbeabsichtigt, mit einem Hauptargument der Reformer: In einer demokratisch verfaßten Gesellschaft sollten alle uneingeschränkt am Kulturgut Sprache teilhaben können. - Ich will mich hier auf das Normproblem beschränken. Meiner Ansicht nach wird die Jochems´sche Linie der gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht gerecht. Die Leute wollen wissen, wie man schreibt, und zwar richtig. Man mag diese Autoritätsgläubigkeit beklagen, sie ist eine Tatsache, und mehr noch: das Bedürfnis nach einer Schreibnorm ist völlig legitim. Ich habe es schon so oft gesagt: Solange Rechtschreibung bewertet wird (ganz besonders natürlich in der Schule, nulla poena sine lege...), muß es eine Norm geben. Am triftigsten wird sie nach Prof. Ickler aus dem Usus der qualifizierten Schreiber gewonnen, das wäre dann die "demokratische Variante". Die Reformer sind den falschen Weg gegangen. Daß sie nur mit staatlicher Hilfe überhaupt erfolgreich sein konnten, sagt schon alles. - Ich bin sicher, daß aus dem jetzt herrschenden Chaos sich ziemlich bald eine neue Norm herausbilden wird, weil das Bedürfnis danach unabweisbar ist.
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K. Bochem
Köln

Dieser Beitrag wurde am 05.06.2007 um 03.29 Uhr eingetragen.
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Professor Jochems läßt einfach nicht locker, er bleibt bei seiner Defizitfahndung im Strang "Wie lange noch?". Und wenn er mit Vorhaltungen wenig Anklang findet, hat er flugs ein neues Anliegen bei der Hand. Leider scheinen ihn die Meinungen anderer und vor allem deren Berichtigungen nicht wirklich zu berühren.
Man sollte nicht glauben, daß nach dem jahrelangen Meinungsaustausch und den wiederholten eindeutigen Erläuterungen, auch und vor allem von Prof. Ickler, eine solche Aussage noch möglich ist : "Unsere Freunde stellen sich unter traditioneller bzw üblicher Rechtschreibung eine starre Norm vor. Wenn man dieses Vorurteil aufgibt, ist man schon einen Schritt näher daran, die heute gelegentlich anzutreffende Vielfalt mit Nachsicht zu beurteilen."
Das muß man sich einmal Wort für Wort auf der Zunge zergehen lassen: da ist aber auch nichts bei Professor Jochems hängengeblieben.
Und seine Grass-Äußerung klingt in diesem Zusammenhang geradezu wie Hohn: "Wo Grass vom Üblichen abweichend schreibt, ist er gewiß nicht darauf aus, die deutsche Schreibkultur zu zerstören und die Jugend ins Analphabetentum zu führen. Gibt es überhaupt jemanden, der das will?"
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Alexander Glück
Hollabrunn

Dieser Beitrag wurde am 04.06.2007 um 13.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1899


Etwas in der Richtung gibt es hier:

http://forschungsgruppe.free.fr/sehst.pdf
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.06.2007 um 10.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1898


Hilfe erwünscht

Wenn man öfter mit Lehrern zu tun hat und auf die Reform zu sprechen kommt, so findet man zwar einerseits viel Unzufriedenheit, andererseits aber auch eine zunehmende Resignation. Es wäre nützlich, wenn man dann einmal die gebündelten, nicht gar zu feinziselierten Argumente contra vorbringen könnte. Ich bitte die vielen klugen Köpfe, die sich hier versammeln, Materialien zu solch einer Handreichung zusammenzustellen.

Die Frage, die immer wieder einmal beantwortet werden muß: Warum sind wir alle – mit durchaus unterschiedlichen Ansätzen (und Temperamenten) – entschieden gegen die Reform als ganze?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.06.2007 um 15.36 Uhr eingetragen.
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So sehe ich es

Sehr verehrter Herr Prof. Jochems,

die in letzter Zeit wieder vermehrt zu beobachtende Gereiztheit wie auch die persönlichen Angriffe mancher Teilnehmer (der Sache übrigens eher schädlich) haben wohl nicht zuletzt ihre Ursache in dem Gefühl der Ohnmacht, was die Außenwirkung angeht. Es ändert sich nichts, jedenfalls läuft so viel Widersprüchliches parallel ab. Und hier strampelt man sich ab.

Was den von Ihnen reklamierten "Vertrauensschutz" für Schüler angeht, so kann dieser sich nur auf die Benotung beziehen. Hingegen müßten sie es als Schulentlassene hinnehmen, daß sie in der Schule auch Unsinniges und Ungültiges vermittelt bekommen haben.
Sie selbst, Herr Prof. Jochems, haben, wenn ich mich nicht irre, einmal gefordert, daß nie bezweifelt werden dürfe, daß in der Schule das Richtige gelehrt werde. Im täglichen Schulbetrieb ist das sicher eine Voraussetzung des Funktionierens. Aber später... da müssen wir doch manches hinterfragen, je nach Fach.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.06.2007 um 09.26 Uhr eingetragen.
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Wo ansetzen?

Ich komme noch einmal auf meinen Gedanken zurück, daß die Schule das Einfallstor (der "Vorreiter", wie ein Reformer es nannte) des Unternehmens gewesen ist. Die Ziele der Reformer waren aber nie dieselben wie die der Kultusminister. Erstere wollten zwar auch dem "Wenigschreiber" (warum eigentlich nicht dem Vielschreiber?) das Leben erleichtern, aber ihr Ehrgeiz reichte viel weiter: Das gesamte Schreibvolk sollte umerzogen werden. Den Politikern wurde dies unter dem Mantel einer Erleichterung des Rechtschreiblernens verkauft.
Beides ist, wie sich heute zeigt, gescheitert. Die totale Gleichschaltung der öffentlich Schreibenden, vorab der Medien, ist in ihr Gegenteil gemündet: die praktizierte deutsche Rechtschreibung ist uneinheitlicher denn je. Und in der Schule dürften eher mehr Fehler als früher die Regel sein. - Das Bedürfnis nach Abhilfe wird wachsen, da bin ich mir sicher. Von wo die Umkehr ihren Ausgang nehmen könne, das eben ist die spannende Frage. Ich denke, wenn man den politisch Verantwortlichen eine Brücke bauen könnte, so wäre manches möglich. Denn den Kultusministern ist natürlich auch klar, daß es völlig aussichtslos ist, eine einheitliche Rechtschreibung in Gestalt der in der Schule gelehrten unters Volk zu brigen. Dies war ja auch nicht ihr Ansatz, sie mußten nur dafür sorgen, daß die Schüler nicht "verwirrt" wurden, und haben zuletzt mit Zehetmairs tatkräftiger Hilfe doch noch das Unmögliche versucht. - Einsicht und erst recht vernünftiges Handeln werden auf sich warten lassen, aber man sollte Politiker nicht unterschätzen. Sie als Verbündete zu gewinnen, so wie es ehemals die Reformer taten, wäre vielleicht gar nicht so abwegig.
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Alexander Glück
Hollabrunn

Dieser Beitrag wurde am 30.05.2007 um 14.11 Uhr eingetragen.
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Dummerweise richten sich totalitäre Tendenzen immer gegen die eigene Nation.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 30.05.2007 um 13.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1892


Dummerweise ist der Rechtschreibkrieg nicht gegen andere Nationen geführt worden, sondern gegen die eigene.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.05.2007 um 13.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1891


Einen Weg finden

Ein Hauptproblem, das auch hier immer wieder angesprochen wurde, ist die Tatsache, daß kein öffentlich als solcher empfundener Notstand besteht. Wir müssen also fragen: 1. Wo, von wem wird das gegenwärtige Chaos als untragbar empfunden? 2. Wie kann man zur Ordnung zurückfinden? -
Sicher leiden viele öffentlich Schreibende unter der gegenwärtigen Orientierungslosigkeit und vor allem unter den aufgezwungenen sinnwidrigen Schreibweisen. Das Sprachgefühl ist eine mächtige, aber leider nicht "justiziable" Instanz. So bleibt der Blick auf die Schule, von wo ja alles seinen Ausgang nahm. Die Schüler lernen Schreibungen, die keineswegs durchweg dem allgemeinen Brauch folgen - im Gegenteil: sie werden als Zeitungsleser z.B. ständig verunsichert. Überdies bekommen sie demnächst als Fehler angestrichen, was anderswo gang und gäbe ist. Dies läßt sich auf die Dauer von den Zuständigen nicht ignorieren. Ich denke also, wie schon früher ausgeführt, daß der Weg zur Wiederherstellung einer guten Rechtschreibung über die Stelle führen muß, die die Macht dazu hat. Das mag uns nicht gefallen, die wir den Staat am liebsten nie wieder mit dieser Materie befaßt sehen wollen. Aber wenn die Schule voran-(zurück)geht, werden Zeitungen usw. folgen, wie sie es zuvor auch schon getan haben. Diesmal aber ohne Verrenkungen und fadenscheinige Begründungen, sondern mit großer Erleichterung.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.05.2007 um 10.52 Uhr eingetragen.
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Ein bißchen weiter

Lieber Herr Glück, danke für Ihre Aufnahme meines (durchaus nicht neuen oder gar originellen) Gedankens. Wenn ich noch einmal 1945 heranziehen darf: es waren die neuen Machthaber - die Besatzungsmächte - die den anderen, besseren Kräften zur Wirksamkeit verhalfen. So müßte es diesmal auch geschehen. Wie schon gesagt: ein ganz neues, unbelastetes Gremium ist zu etablieren, ohne Vorgaben, allein dem Sachverstand verpflichtet. Es brauchte wohl nicht mehr als ein paar Tage (schon weil keine läppischen "Kompromisse" mehr in Frage kämen) um der Sprache wieder zu ihrem Recht zu verhelfen.
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Alexander Glück
Hollabrunn

Dieser Beitrag wurde am 30.05.2007 um 10.43 Uhr eingetragen.
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Lieber Kratzbaum,

die neue Ordnung nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs hat zwar etliche Anstöße von außen bekommen, wurde aber zu einem guten Teil von Vertretern des "anderen Deutschlands" getragen und gestaltet. Wir brauchen nichts weiter als die Stunde Null, um eine neue Rechtschreibordnung zu errichten. In der Schweiz geschieht dies gerade mit der Keimzelle SOK. Nach ihrem Vorbild sollten wir in Wien und Mannheim weitere Vernunftsgremien schaffen. Das pure Durchsetzungsinstrument "Rat für deutsche Rechtschreibung" (welch Hohn) ist schon zur Fußnote verkommen. Instanzen, die wirklich ein Anliegen haben, werden bestehen bleiben.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.05.2007 um 10.23 Uhr eingetragen.
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Ganz kurz

Über die psychologischen Wurzeln und die Parallelen in der Vergangenheit dieser doch wohl sehr "deutschen" Rechtschreibreform ließe sich endlos diskutieren. Ich achte alle, die sich auf diesen Seiten von heiligem Zorn leiten lassen, aber auch diejenigen, die vor (unbeabsichtigten) in ihren Augen unpassenden Vergleichen warnen. Meinerseits möchte ich wünschen und darum bitten, die Kräfte allein gegen die Sache zu bündeln, die da heißt: barbarisches Zerstörungswerk, Vandalismus ohne Beispiel. Daß die Einheitsrechtschreibung zerstört worden ist und bleiben wird (von dem Gemeinwohl verpflichteten Politikern), bedarf keines Beweises mehr. Wie schon andere bemerkt haben, birgt aber gerade das herrschende Chaos auch die große Chance, die letzten traurigen Reste eines grandios (oder kläglich) gescheiterten Unternehmens hinwegzufegen. Nach jedem Zusammenbruch wächst der Wunsch nach Ordnung, da könnte man tatsächlich 1945 heranziehen. Am Ende des Dritten Reichs haben fremde Herrscher von außen dem Volk eine neue, andere Ordnung gebracht. Könnte man sich nicht vorstellen, daß ebenso die deutsche Orthographie von einer noch einzusetzenden, unbelasteten Instanz in Ordnung gebracht würde? Für die Stunde Null sollten wir, die dazu Fähigen unter uns, bereitstehen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 27.05.2007 um 11.41 Uhr eingetragen.
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Perspektive

Liebe Frau Pfeiffer-Stolz, eine "Zumutung" kann die eszettlose Schweizer Schreibweise allenfalls für uns Deutsche sein. (Das Umgekehrte sollte man auch einmal in Betracht ziehen). Das Erstaunliche ist, wie schnell man sich als dort lebender und berufstätiger Nichtschweizer an diese Zumutung gewöhnt. Lesefreundlicher mag unsere Schreibweise immerhin sein. Ich wage aber zu behaupten, daß die Deutschschweizer um keinen Sekundenbruchteil langsamer lesen und verstehen als wir. - Maßgebend ist allein, wie gut die Leser selbst damit zurechtkommen, jedenfalls im auf ihr Land beschränkten Verkehr.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 26.05.2007 um 23.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1884


Kaum zu glauben

Die Deutschschweizer kommen ohne ß sehr gut zurecht und vermissen es nicht. (Dies darf ich aus eigener langjähriger Erfahrung sagen). Statt konstruierter Beispiele wäre es aufschlußreicher, wenn einmal ein Eidgenosse einen authentischen Fall eines Mißverständnisses aufgrund eben dieses vermeintlichen Mangels beisteuern könnte.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 20.52 Uhr eingetragen.
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Die rote Farbe wird weder von deutschen noch von ausländischen Verkehrsteilnehmern gelesen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 16.45 Uhr eingetragen.
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Noch ein Beispiel

(Was an meiner Argumentation "dogmatisch" sein soll, ist mir rätselhaft. Zu Nr.1866: In der Tat hätte ich "Landwirtschaftliche Fahrzeuge" o.ä. schreiben sollen)

Vor Verkehrsampeln ist mitunter eine zweite, vorverlegte Haltelinie angebracht. Daneben steht ein Schild: Bei Rot hier halten. - Das Wort "Rot" ist häufig (aber nicht immer!) in roter Farbe gehalten. Der des Deutschen Kundige braucht prinzipiell diese "Zusatzinformation" nicht. Der Ausländer oder Analphabet hingegen assoziiert ziemlich sicher diese Farbe plus Haltelinie mit dem Rot der Ampel. Wortcharakter und Symbolcharakter sind hierbei also vereint. Nur die Verarbeitung auf seiten des Empfängers ist grundverschieden: Der eine liest, der andere deutet. - Und nun warten wir mal auf den Sprachwissenschaftler.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 15.47 Uhr eingetragen.
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Geht's noch dogmatischer? Sie selbst haben vorgemacht, was jeder Deutschsprachige beim Anblick des Piktogramms unwillkürlich tut, nämlich es als Traktor verbalisiert. Siehe unten #1866. Daß diese Wortentsprechung vom Aufsteller aber gar nicht gemeint ist, ruft den komischen Effekt hervor.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 15.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1873


Sie, Herr Markner, mögen sich über den Plural, bzw. den einzelnen Traktor wundern. Sie nehmen eben das Piktogramm wörtlich. Es ist aber kein Wort. Es steht nicht einmal für ein Wort. Piktogramme sind eine Art von Signalen, die im Empfänger eine Assoziationskette auslösen (sollen). Es ist so ähnlich wie mit Emblemen.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 14.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1872


So naiv ist kein Autofahrer, daß er glaubt, allein ein einzeln fahrender Traktor dürfe überholt werden, mehrere aber nicht. Das hat auch niemand behauptet. Trotzdem liest er Traktor und wundert sich, nicht zuletzt über den Plural (das Tempus ist in Ordnung). Siehe unten #1866.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 14.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1871


Der Autofahrer liest nicht "Traktor", er sieht das symbolische Bild eines solchen, ein Piktogramm eben. Darum muß ihn auch die scheinbare "Inkongruenz" der Tempora nicht bekümmern. Lesen und das Wahrnehmen und Deuten eines Piktogramms sind inkommensurabel. So naiv ist kein Autofahrer, daß er glaubt, allein ein einzeln fahrender Traktor dürfe überholt werden, mehrere aber nicht. Wie Sie richtig bemerken, Herr Markner, steht das Piktogramm für den Komplex landwirtschaftliche Fahrzeuge. Entweder deutet der Fahrer das mittels Analogiebildung richtig oder er muß es eben verbal mitgeteilt bekommen (=lernen). - Viel interessanter ist die Frage, die mich beschäftigt: Warum das "Umkippen" in die Wortsprache? Das normale Überholverbot (schwarze und rote Autosilhouette) wird doch auch verstanden (wenn man seine Bedeutung gelernt hat - und vielleicht auch ohne Belehrung, weil es so sinnfällig ist).
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 13.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1870


Das Verkehrszeichen mit der offiziellen Bedeutung "Weg/Straße für Fußgänger verboten" deute ich gerne als "...für Männer mit Hüten verboten", vor allem, wenn es an einer Abkürzung steht und ich, wie gewöhnlich, barhäuptig unterwegs bin. Lustig ist das Warnschild in Hafenanlagen, das Kfz-Lenker von allzu forschem Rangieren abhalten soll: "Achtung, Autoschwimmbad!"
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 10.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1869


Das Beispiel des Traktorpiktogramms ist schön, weil hier zur Lektüre regelrecht aufgefordert wird. Die Straßenverkehrsbehörden legen die offizielle Lesart landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge zugrunde, der gemeine Autofahrer hingegen liest Traktor und ist irritiert von der grammatischen Inkongruenz von Singular und Plural.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 09.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1868


Lehrreich

Wohin das Bemühen um Verständlichmachung via Bildchen führen kann, zeigt der berüchtigte dtv-Atlas zur Philosophie.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 08.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1867


Noch ein Beispiel aus der StVO: Früher war das Zeichen für Einbahnstraße ein in die Fahrtrichtung weisender Pfeil mit dem Wort "Einbahnstraße". Heute ist es ein weißer Pfeil auf blauem Grund, der in den Himmel weist. Ein Verkehrsteilnehmer aus einem anderen Kulturkreis könnte durchaus versucht sein, nach oben zu schauen. (Insofern gefährlich, als er einen entgegenkommenden Radfahrer erwischen könnte). - Wenn es wirklich darauf ankommt, verläßt sich auch der Gesetzgeber lieber auf die Wortsprache. So steht auf dem an sich unverwechselbaren Stopschild auch noch "Stop". - Piktogramme haben für mich immer etwas Verspieltes bis Kindliches. Sie repräsentieren eben eine schon lange überwundene Kommunikationsstufe.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 08.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1866


Vor einiger Zeit hatte ich schon einmal das merkwürdige Verkehrszeichen Nr.... erwähnt: unter dem Piktogramm eines Traktors steht "dürfen überholt werden." Zwei Fragen: Welchen Nutzen bringt hier das Piktogramm gegenüber dem Wort "Traktor" ? - Warum wechselt die Darstellung in die Schriftlichkeit?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.05.2007 um 08.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1864


Piktogramme werden nicht gelesen, sondern gedeutet. Dabei können Fehler unterlaufen. Diese werden entweder durch die Erfahrung oder -rationeller - durch Verbalisierung korrigiert. Etwas Geschriebenes zu verstehen bzw. nicht zu verstehen, findet auf einer völlig anderen Ebene statt. Piktogrammen fehlt per se die Eindeutigkeit, die sich nur mit sprachlichen Mitteln herstellen läßt. (Es fehlt ebenso die "Grammatik") Nur die Gewöhnung läßt uns glauben, wir verstünden ein Piktogramm aus sich selbst heraus. Sicher liegen wir mit unserer Deutung oft richtig. Aber z. B. in einem anderen Kulturkreis - es wurde schon gesagt - können wir völlig in die Irre gehen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 22.05.2007 um 12.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1861


Streit um Worte?

Mir scheint es schon zweifelhaft, ob man bei der Deutung oder auch nur Wahrnehmung eines Piktogramms überhaupt von "Lektüre" sprechen kann. Ein durch dessen "Lektüre ausgelöster Sprechakt" ist für mich nichts anderes als eine Verbalisierung. - Im übrigen stelle ich als Laie mal die These in den Raum: Jedes Piktogramm muß mindestens einmal verbalisiert worden sein, um richtig verstanden zu werden (z.B. vom lernenden Kind).
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.05.2007 um 19.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1858


Ein Mitglied der Redaktion macht mich dankenswerterweise darauf aufmerksam, daß R. Weingarten anscheinend ebenfalls den Professorentitel besitzt. Ich korrigiere also: Prof. Rüdiger Weingarten. Um keine weiteren Umstände zu bereiten, stelle ich noch zur Auswahl: Prof. Dr. Rüdiger Weingarten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.05.2007 um 12.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1857


Wenn ich R. Weingarten und Prof. Ickler recht verstehe, so meint ersterer, jeder, der das arabische Zeichen 1 sehe, wisse, was es bedeutet, weil ja in seiner Schrift die 1 genauso aussieht. Prof. Ickler hingegen sagt, daß das arabische Zeichen zuerst in ein Wort übersetzt werden müsse, woraus dann wieder die Bedeutung, der Inhalt folgt. W. erläge damit also einem Trugschluß.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.05.2007 um 15.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1849


Muß sie ja auch nicht

Vieles von dem, was wir hier diskutieren, führt im eigentlichen Sinne zu nichts, weder zu praktischen Ergebnissen, noch auch zur endgültigen Wahrheit. - Ich jedenfalls für mein Teil bin überzeugt, daß ich auch in 13 Jahren noch ganz trocken auf meiner Scholle hause und werde mir auch keine höheren Gummistiefel kaufen. Und damit Schlusss!
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 17.05.2007 um 14.03 Uhr eingetragen.
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Eine neue Wahl der Schönsten … diesmal der schönsten Romananfänge, unter Mitwirkung von Jutta Limbach. Die WELT bringt schon mal Beispiele, wobei Gegner der „Reform“ reformiert wurden, andere Schriftsteller hingegen nicht:

Simmel: „Es muss nicht immer Kaviar sein“

Grass: „Zugegeben: ich bin Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt, mein Pfleger beobachtet mich, lässt mich kaum aus dem Auge …“

Handke: „Dem Monteur Josef Bloch, der früher ein bekannter Tormann gewesen war, wurde, als er sich am Vormittag zur Arbeit meldete, mitgeteilt, dass er entlassen sei“

Kehlmanns verbotenes „zum erstenmal“ wird übersehen, James Ellroy darf mit „Gewitterguß“ beim alten bleiben und Kazuo Ishiguro wird in bunter Mischung präsentiert: „Es war im Sommer 1923, kurz nach meinem Abschluß in Cambridge, als ich entschied, meine Zukunft liege in der Hauptstadt, auch wenn meine Tante wünschte, ich käme nach dass ich nach Shropshire zurückkehrte.“

http://www.welt.de/kultur/article876706/
Lauter_schoene_erste_Saetze.html
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.05.2007 um 12.28 Uhr eingetragen.
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Gemischte Gesellschaft

Mit den "Klimaexperten" verhält es sich ähnlich wie mit den "Rechtschreibexperten". Was tummelt sich da nicht alles: Meteorologen, Meeresbiologen, Physiker, Chemiker... und nicht zu vergessen: Politiker (Al Gore, Gabriel und Konsorten.) Und im Rechtschreibrat? Dessen Zusammensetzung ist bekanntlich ein schlechter Witz. - Die wichtigste Frage wird in der Diskussion elegant übergangen: Was ist das eigentlich, das Klima? Gibt es das "Weltklima" überhaupt? In der Schule haben wir fleißig die Klimazonen der Erde gelernt. - Die Klimadiskussion enthält viel Mythologie und Mystizismus. Wie schon gesagt: Der endzeitliche Aspekt kommt einer Öffentlichkeit, die durch tausend Schreckensmeldungen abgestumpft ist, gerade recht. Die Lust am Untergang. Tut Buße!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.05.2007 um 11.11 Uhr eingetragen.
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Orthoklimatologie

Wenn sich ganz viele Experten einig sind, so ist immer höchste Vorsicht geboten. - Rechtschreibreform und Klimadiskussion haben - außer daß es um Geld und Einfluß geht - auch gemeinsam, daß in beiden Fällen hochkomplexe, längst nicht ganz durchschaute Phänomene vorliegen, an denen durch mehr oder weniger willkürliche Eingriffe oder Maßnahmen Veränderungen mit dem Ziel einer Verbesserung vorgenommen oder auch nur angestrebt werden. - Weniger Kohlendioxid in der Atmospäre bedeutet weniger Photosynthese und damit weniger Sauerstoffabgabe für die Konsumenten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.05.2007 um 18.41 Uhr eingetragen.
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Schön gruselig

Das Besondere an der Klimadiskussion ist, daß man endlich einmal ein Megathema hat, neben dem die Alltagssorgen fast verblassen. Sehr angenehm für Politiker: Was kümmern uns Rente, Arbeitslosigkeit, Kostenexplosion im Gesundheitswesen? In wenigen Jahren saufen wir im Norden sowieso ab, und im Süden herrscht die große Dürre. Aber laßt uns trotzdem voher noch so tun, als ob wir etwas täten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 16.05.2007 um 14.17 Uhr eingetragen.
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Nur noch ein Wort

Wenn man sich auf die Veröffentlichungen und Empfehlungen des IPCC beruft, sollte man einmal nachsehen, wie diese zustandekommen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.05.2007 um 12.05 Uhr eingetragen.
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Aber, aber...

Ich finde es dann doch stark übertrieben, wie hier die harmlose Ingrid niedergemacht wird. Es wäre überhaupt wünschenswert, mal ein paar Leute außerhalb des engeren Kreises zu hören. Sonst klopfen wir uns alle nur noch gegenseitig auf die Schulter. Hier lesen sicher viele mit, die sich auch mal trauen sollten, ihre - vielleicht nicht hochqualifizierte - Meinung zu äußern. Wenn ihnen allerdings gleich über den Mund gefahren wird...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.05.2007 um 22.55 Uhr eingetragen.
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Durchmogeln ist das Stichwort (frei nach "Dittsche")

Zwar wäre es geradezu heldenhaft und der Sache im höchsten Grade dienlich, wenn einmal ein Student oder Referendar sich der reformierten Schreibung verweigern würde. Aber ich denke, solches Heldentum darf man von den Genannten billigerweise nicht verlangen. Herr Eversberg weist da den richtigen Weg: immer brav ss einstreuen und hin und wieder noch eine gewaltsame Auseinanderschreibung - das sind die Schlüsselreize, auf die die Oberen ansprechen. Von denen beherrscht vermutlich einer unter tausend die Reformorthographie halbwegs. Reizvoll und auch aussichtsreicher wäre es, die Herrschaften bei Irrtümern im Korrigieren zu erwischen. Aber so etwas findet vermutlich sowieso nicht statt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 14.05.2007 um 21.47 Uhr eingetragen.
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Die Menge macht´s - oder auch nicht

Die Tausende von seriösen wissenschaftlichen Publikationen zum Klimawandel kommen ja zu sehr unterschiedlichen Prognosen. Die Seriosität ist also zunächst eine nur unterstellte. - Das ist aber auch gar nicht der Punkt. Entscheidend ist, daß niemand weiß, wie groß der Anteil menschlicher Tätigkeit an der Klimaveränderung ist - und die Politiker einander trotzdem in Aktionismus überbieten. Wenn man dann noch den verschwindend kleinen Anteil Deutschlands am CO2-Ausstoß dazunimmt, so hat man wieder einmal ein schönes Beispiel von Politik, die sich im Symbolischen gefällt und erschöpft. Ich denke, hier mischen sich sonst unbefriedigte endzeitlich geprägte Erwartungen mit gewaltigen Machbarkeitsillusionen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.05.2007 um 19.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1827


Volkserziehungsheim

Diese Regierung, die nicht ein einziges der anstehenden Probleme von Alterssicherung bis Gesundheitswesen wirklich angeht geschweige denn gelöst hat, widmet sich stattdessen Komplexen, die sie entweder nichts angehen (Bsp. Ernährung) oder gänzlich außerhalb ihrer Wirkungsmöglichkeiten liegen (Bsp. Klimawandel). - Es melden sich wie bei der Rechtschreibreform wieder Heerscharen von Dummschwätzern zu Wort. Dazu kommen die vielen Sektierer, die nun Morgenluft wittern.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.05.2007 um 23.20 Uhr eingetragen.
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Das mußte mal gesagt werden

"Die Mütter und der Heilige Geist haben einen eigenen Feiertag verdient."

(Hubertus Pellengahr, Sprecher des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels lt. AFP-FAZ v. 10. 05., S. 14, zur Begründung der Forderung, den Muttertag 2008 von Pfingsten zu entkoppeln)

Jeder Deutsche gibt am Muttertag durchschnittlich 25 Euro für Geschenke aus, hauptsächlich für Blumen. (Hingegen ist am Pfingstsonntag der Blumenverkauf untersagt, so daß zwar der Heilige Geist einen Feiertag verdient hat, die Blumenhändler aber gar nichts verdienen)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.05.2007 um 16.54 Uhr eingetragen.
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Murphy´s Gesetz

Klimaschutz, Ernährung, Rechtschreibung - immer wenn die Regierung auf Experten hört, kommt entweder gar nichts oder sogar das Gegenteil des Angestrebten heraus. Und immer ist ein brenzliger Geruch von Totalitarismus wahrzunehmen...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.05.2007 um 10.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1807


Mancher erinnert sich

Grober Keil auf groben Klotz - das mag hin und wieder angebracht und sogar nötig sein. Aber unser "Gegner" ist ja unsichtbar, d.h. tritt hier nicht auf. Da entsteht doch leicht der Eindruck bloßen Schimpfens in eine leere Tonne hinein. Und es ist auch gar nicht so weit zur wechselseitigen Beschimpfung. Es gab mal eine Diskussionsrunde, die eben daran verschieden ist.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 06.05.2007 um 22.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1802


Aus der "Einladung zum Wellnesserlebnis" einer Tageszeitung, die damit um Abonnenten wirbt: "Wir schenken Ihnen Wellness für Zuhause". Der Texter hat sich dabei wohl sogar etwas gedacht; dumm bloß, daß er den Ausweg über "daheim" für zu hausbacken hielt.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 06.05.2007 um 12.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1801


Alles Bio - oder was?

Verehrte Frau Gerber, das dürfen Sie nicht so genau nehmen. Bio macht sich immer gut, und die FAZ meint einfach den Einfluß des Wetters auf das Befinden, weitab jeder Meteorologie. Heute lesen wir z.B., daß der Sonnenschein Vitamine und Hormone im Körper aktiviere (im Norden - zum Glück wohne ich da). Im Süden mit seinem Tief leiden hingegen Wetterfühlige lt. FAZ vermehrt unter Nervosität. Aber jenseits der Landesgrenze, in Olten wird es wieder ganz anders sein.

[Bezieht sich auf Beitrag von Tanja Gerber am 05.05.2007 um 18:31 Uhr:
Gibt es in der Meteorologie überhaupt ein "Biowetter" bzw. was habe ich im deutschsprachigen Neandertal darunter zu verstehen? Vor lauter "Bio" wird mir als wetterunkundiger Laie ganz schwindlig!]
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.05.2007 um 21.57 Uhr eingetragen.
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Manchmal muß man die FAZ einfach gernhaben. In den Wetterinformationen von heute steht unter Biowetter:

"Geist und Körper profitieren von einem Spaziergang durch die Natur."
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 01.05.2007 um 21.25 Uhr eingetragen.
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Zur Manager-Orthographie - Neulich erhielt ich von meinem Kreditinstitut eine "Wichtige Information für alle Nutzer von Schließfächern". Das Schreiben trägt zwei Unterschriften, stammt also von einer Entscheidungsebene, auf der das "Vieraugenprinzip" gilt. Das Schreiben hat, ohne Kopf, Grußformeln usw., eine Länge, die einer 20- bis maximal 30zeiligen Zeitungsmeldung entspricht (je nach Spaltenbreite). Das Schreiben enthält fünf Fehler, von denen nur einer eindeutig reformneutral ist ("... dass die Vertragsbedingungen die Haftung für andere Gegenstände ausschließt"). Hinzu kommen ein Kommafehler und zweimal die Verwechslung von "Ihren" und "ihren". Das Schreiben schließt mit dem Satz: "Sprechen Sie am Besten gleich mit Ihrem Kundenberater."

Das ist natürlich ein Zufallsbefund. Bei Wolfgang Saamans (übrigens ein "Dr. phil.", also weder Jurist noch Ökonom, wie in seiner Branche eher zu erwarten) Differenzierung zwischen reformbedingter und reformneutraler Zunahme von Rechtschreibdefiziten bei Managern stellt sich die Frage, ob diese Unterscheidung als eine einfach dahergeredete nur der Rationalisierung eines unübersehbaren Phänomens dient oder ob er sich bloß nicht traut, Roß und Reiter zu nennen. Vielleicht läuft die Antwort ja auf dasselbe hinaus. In beiden Fällen wäre Kratzbaums Deutung zu wohlwollend.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.05.2007 um 08.07 Uhr eingetragen.
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Zu Saamann

Wenn Herr Saaman offensichtlich zwischen Fehlern mit Ursprung Rechtschreibreform und anderen unterscheidet, so besagt das meiner Ansicht nach, daß er die ersteren nicht für "eigentliche" Rechtschreibfehler sonden für systemimmanente und quasi entschuldbare hält. Wirkliche (d.h. vermeidbare) Fehler sind für ihn dann ausschließlich solche, die nach der klassischen Orthographie festgestellt werden.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.04.2007 um 13.19 Uhr eingetragen.
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Das Ende vom Lied?

Ob man sich über die stillschweigende Rückkehr z.B. der SZ zur herkömmlichen Rechtschreibung freuen soll und kann, kommt aufs Temperament an. Wahrscheinlich bleibt zum Schluß wenig mehr als s/ss/ß übrig - und gerade das wird sich als ewige Fehlerquelle erweisen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.04.2007 um 17.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1757


Jetzt hab ich´s kapiert: Die Konkretisierung des Abstrakten!

Schäuble meint wohl folgendes: Auch einem Bürger, der keinen Anschlag plant, unterstelle ich rein virtuell, er plane doch einen, und daran hindere ich ihn - wieder rein virtuell - indem ich ihn überwachen lasse - ganz real.
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Arno Pielenz
Cottbus

Dieser Beitrag wurde am 01.04.2007 um 15.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1724


Gräulich, gräulich!
Wer die seit 1836 erscheinenden Ausgaben des „Echtermeyer“, der verbreitetsten Anthologie deutscher Gedichte, besitzt und vergleicht, der hat ein getreues Abbild des jeweiligen Zeitgeistes. Das gilt auch für die 2006 bei Cornelsen herausgegebene „Auswahl für Schulen“, die ideologisch (Kerner, Arndt, Miegel, Münchhausen, Weinheber u. a. sind als „nicht mehr tradierungsfähig“ ausgeschieden worden) und orthographisch der politischen Korrektheit angepaßt worden sind. Da gibt es „Autor/inn/en“ und „Poesieliebhaber beiderlei Geschlechts“ (müßte es aber nicht „Poesieliebhaber/innen“ heißen?) Dergleichen Narreteien durchziehen Vorwort und Gedichttexte, die teils in Originalorthographie, teils in einer reformierten, teils in einer normalen erscheinen. Mitunter auch in mehreren.
Da werden dann in Schillers „Handschuh“ Leoparden, Tiger und Löwe zu „gräulichen Katzen“ (in der Nacht und in der Kinderrechtschreibung sind halt alle Katzen grau), die nun allerdings „behend“ (statt auf „behänden Füßen“) in die Arena hüpfen. Goethe und Schiller werden reformiert, Brecht liest man aus Urheberrechtsgründen in normaler Rechtschreibung.
Noch ein Echtermeyer-Anekdötchen: In einem Antiquariat kaufte ich die Ausgabe von 1943, bat um eine Quittung und wurde von der jungen Verkäuferin gebeten, ihr den (in Fraktur gedruckten) Titel zu nennen, sie könne „die alte Schrift“ nicht lesen. Ich tat das und las dann auf der Quittung: „1 echter Meier“.
Und noch eins hintendran: In einem Schreiben bat ich das Bildungsministerium in Potsdam, doch wenigstens die Gymnasiasten mit der Frakturschrift vertraut zu machen, da mir Studenten mehrfach sagten, sie könnten „sowas“ nicht lesen. Eine promovierte Fachreferentin im Ministerium, eifrige und eifernde Verfechterin der RSR, teilte mir mit, das sei nicht nötig, diese Schrift habe es ja nur ganz kurze Zeit gegeben und alles Wichtige läge „in neuer Schrift“ vor (gemeint ist die Antiqua, die, wie der Name sagt, aus der Antike stammt). Vermutlich hat die Dame da an so etwas wie Sütterlin gedacht. - Bei ebay kann man inzwischen Titel lesen wie "Die Büchle der Pandora" oder "Der Kammerfänger".
All das ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, daß eine der Hauptverantwortlichen für den Ruin der Rechtschreibung heute als Bundesforschungsministerin tätig ist. Schavansinn.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 01.04.2007 um 07.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1723


Neues physikalisches Medium entdeckt:

„Wellen im Allgemeinen und elektromagnetische Wellen im Besonderen ... “

Michael Munowitz
Physik ohne Formeln
Rowohlt 2006

(Bisher kannte man Wellen im Vakuum, im Plasma, im anisotropen Medium, im Schwerefeld, im Äther, im Konfigurationsraum, im Atlantik ... in der Badewanne)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.03.2007 um 08.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1720


Fein raus - oder: Arbeitsteilung

Heute ist zu lesen, daß Ex-Innenminister Schily die "politische Verantwortung" im Fall Kurnaz übernimmt. Außenminister Steinmeier, damals Chef des Kanzleramtes, hingegen weist alle Vorwürfe zurück. - So muß man es machen: Wenn es folgenlos bleibt, Verantwortung übernehmen. Das könnte man auch den Urhebern der Rechtschreibreform empfehlen.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 23.03.2007 um 18.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1681


Die „Rechtschreibreform“ kann Koran-Übersetzungen verfälschen.
In der laufenden Diskussion stritten Vertreter des Islam ab, daß der Qur’an erlaube, Ehefrauen zu schlagen. In Sure 4:34 wird jedoch eindeutig das Verb „daraba“ (schlagen) verwendet. In einer meiner Qur’an-Ausgaben wird zudem als Fußnote erwähnt, der Prophet habe gesagt, derartige Schläge dürften aber keine Spuren am Körper hinterlassen (Tirmidi & Muslim). Es seien nicht die besten Ehemänner, die ihre Frauen schlagen (Kathir iii).

Eine Übersetzung, die bisher lautete: „Wenn das nichts nützt, dürft ihr sie verbleuen…“ würde die Empfehlung des Propheten grob verfälschen, wenn sie geändert würde in: „Wenn das nichts nützt, dürft ihr sie verbläuen…“, denn gerade das hat er nicht erlaubt.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 15.03.2007 um 08.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1655


Der Schock über das „geheim gehalten“, das Frau Schmoll oder der sie „korrigierende“ Automat in die F.A.Z. v. 15.03.07, S.4, gesetzt hat, weicht schnell dem Befremden, daß lt. Duden 06 hier die Zusammenschreibung immer noch nicht wieder zugelassen sein soll, obwohl dies sogar in abseitigen Fällen neuerdings gefordert wird.

Die komischste Wirkung hatte diese Spaltschreibung im Titel einer Fernsehsendung: „Mitterands geheim gehaltene Tochter“. Irgendwie erinnerte das an das zeitweise verbotene geheime Halten „individueller“ Schweine im realen Sozialismus.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.03.2007 um 13.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1643


Na dann

Also doch keine Schlußbilanz, sondern allenfalls eine Zwischenbilanz, verehrter Herr Prof. Jochems. Wahrscheinlich sind in Sachen Rechtschreibung auf ewig nur letztere möglich und wünschenswert.
Ich habe auch Enkelkinder. Wenn da eines "Quäntchen" schriebe, würde ich ihm die richtige Schreibweise erläutern und nahelegen. Denn dafür bin ich ja da.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 12.03.2007 um 12.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1638


Sekundär

Es ist also so, wie ich vom bloßen Anblick her schon vermutet hatte: die Bienen bauen zylindrisch und ebnen später ein.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 10.03.2007 um 18.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1615


Möglicherweise hat man in den USA die Idiolekte zu Ideolekten umgedeutet (hoffentlich ohne Ideologie). Das müßte einige Folgen gezeitigt haben. Linguistisch ist gewiß, daß der jeweilige Sprachstand über die Summe der idiolektalen Äußerungen / Texte der gerade lebenden Sprachteilhaber abgreifbar ist. Das sollte indessen nicht dazu verführen, demnächst etwa 80 Millionen deutsche Idiolekte in einem Großprojekt im einzelnen untersuchen zu wollen, denn das sog. System ist lediglich das über den Idiolekten gebildete Konstrukt, das zuweilen auch Ethnolekt genannt wird. Ohne dieses Konstrukt, einschließlich sog. idealem Sprecher-Hörer / Sprecherin-Hörerin, kommt keine Grammatik und ihre jeweilige Theorie aus. Das nur über Texte als Epi-Empirikon zugängliche System, das jeder einzelne (nur scheinbar die Sprachgemeinschaft) internalisiert hat, bleibt nach wie vor der zentrale Gegenstand linguistischer Forschung, auch wenn derzeit eher die fernsten Peripherien der Materie in Mode sind.
Mein Idiolekt z.B. unterscheidet sich von dem, den Bastian Sick sein eigen nennen darf, in einigem, aber nicht fundamental.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.03.2007 um 17.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1611


Bienen

Sowohl in den Waben, die mir zur Verfügung stehen, wie auch auf Makrofotos in Fachbüchern überwiegt das zylindrische Innere der Zellen. Es gibt allerdings auch richtig sechseckige. Die können aber auch durch allmähliche, nachträgliche Einebnung entstanden sein. Dazu ist zu sagen, daß alle Waben auf gekauften Mittelwänden mit Sechseckmuster erbaut worden sind. Freibau habe ich leider im Moment nicht zur Hand. Am besten wäre es, den Bienen bei der Arbeit zuzusehen, aber das ist wahrscheinlich längst dokumentiert.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 04.03.2007 um 23.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1557


Zu David Weiers' "[...] bin ja nicht maßgeblich" (#1530): Wer ist das schon in dieser Frage?
Unter De Boor und Schröbler sprachen die fortgeschrittenen Studenten (zu denen ich nicht gehörte, aber ich erinnere mich daran) von den germanischen Dialekten, und dazu gehörte auch z. B. Altisländisch. Daß es zu diesen Dialekten dann Untergruppen gab (wie den letztlich sogar "rheinischen Fächer"), mein Gott, das waren alles Dialekte. In den USA lernte ich dann, daß man gar nicht genau definieren könne, was eine Sprache ist, es sei denn, man zieht das geltende Recht zu Hilfe und findet damit die "offiziellen Sprachen" eines Landes. "Verschiedene Sprachen" haben wir auch, wo ganz natürlich zwei verschiedene Landessprachen nebeneinander gesprochen werden (und bei manchen Eheleuten).
In der "modernen" Linguistik in den USA arbeiteten wir dann auf einmal mit "Ideolekten" (etwas, was bei der Detektivarbeit durchaus nützlich ist) und "Isoglossen", die spezifische Spracheigenheiten auf Landkarten festhalten, und "Isoglossenbündeln", die dann "major dialects" kennzeichneten. Mit Isoglossenbündeln werden also Dialektgrenzen festgelegt. Bekannte Isoglossen sind z. B. die Benrather Linie, die Hochdeutsch von den anderen westgermanischen Spachen abtrennt, oder die Centum-Satem-Isoglosse, die den ganzen indoeuropäischen Sprachstamm in zwei große Sprachgruppen teilt.

"Und überhaupt: ist "Platt" als Synonym für Niederdeutsch nicht eher ungeschickt?" Ich meine nein. Bei jeder Bezeichnung sollte man wissen, was damit gemeint ist. "Die reden halt noch platt miteinander" ist für die verständlich, die wissen, wovon hier gesprochen wird. Als ich jedoch als Kind aus Oberschlesien diesen Satz zum ersten Mal in Braunschweig hörte, mußte ich schon nachfragen, was da gemeint war. Aber wenn wer auf dem Marktplatz laut die Frage stellte: "Wie nennt man eigentlich das Westmitteldeutsche gegenüber dem Hochdeutschen – Dialekt oder Sprachform?", da würden doch auch die meisten, die Deutsch als Muttersprache sprechen, erst mal gucken und fragen: "Heh?"
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.03.2007 um 15.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1556


Tempora mutantur
Lieber Herr Schatte, der Storch ist eben auch nicht mehr das, was er mal war. (Siehe Geburtenrückgang.) Speziell für die Vergleichsallergiker noch ein Beispiel: Die Natur ist sehr gerecht. Mein Onkel z.B. hat ein zu kurzes Bein. Dafür ist das andere vergleichsweise ein Stück länger. – Schöne Sonntagsgrüße.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 04.03.2007 um 14.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1555


Das tertium comparationis über, neben und in der Meise scheint mir eine Neuerung zu sein. Zu meiner Schulzeit fragte man erbarmungslos: "Was ist der Unterschied zwischen einem Storch?" Einzig legitime Antwort war: "Er hat zwei gleichlange (nicht: gleich lange) Beine, besonders das linke." Damit waren fürderhin alle Vergleichsprobleme gelöst, sogar ohne die Suche nach einem Dritten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.03.2007 um 12.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1553


Tertium comparationis

Wenn man "alles mit allem" vergleicht, kann natürlich auch Unsinn herauskommen. (Was ist der Unterschied zwischen einer Meise? Keiner. Beide Beine sind gleichlang, besonders das linke). Aber Äpfel und Birnen gehören ja nun wirklich in dieselbe Sphäre ( Rosaceen-Früchte, gewerbsmäßig angebaut, wichtige Obstsorten usw.). Da ist ein Vergleichen so legitim wie nützlich.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.03.2007 um 09.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1551


Das Wort zum Sonntag

Also, ich vergleiche jetzt mal Äpfel und Birnen: Äpfel haben eine andere Form. Im Fruchtfleisch der Birne finden sich sog. Idioblasten (das sind diese kleinen, harten, verholzten Einsprengsel. Äpfel haben durchschnittlich, je nach Sorte, 12 mg Vit. C in 100 g eßbarem Aneil. Auch bei den anderen Vitaminen bestehen Unterschiede. Schließlich schmecken Äpfel und Birnen verschieden. - Nachdem ich nun verglichen habe, esse ich jetzt einen Apfel und keine Birne.
(Den Vergleichsverbietern unterläuft immer wieder der Fehler, Vergleichen mit Gleichsetzen zu verwechseln).
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David Weiers
Königswinter

Dieser Beitrag wurde am 26.02.2007 um 13.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1530


Ich setze das jetzt mal hier hinein, im Rechtschreibtagebuch führt das wohl zu weit.
Bezieht sich auf Kai Lindners heutigen Kommentar (http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=532#5726).


Auch, wenn es Sprachforscher [...] anders sehen wollen, aber "Platt" ist eine eigenständige Sprache, die enger mit Holländisch und Englisch verwandt ist [...], und kein "deutscher Dialekt" wie Schwäbisch oder Bayrisch.

"Platt" bezeichnet aber doch auch Dialekte, zumeist niederdeutsche. Ist dann eben die Frage, welches Platt gemeint ist. Und überhaupt: ist "Platt" als Synonym für Niederdeutsch nicht eher ungeschickt?
Die Sache mit dem Dialekt hängt doch sowieso nicht unerheblich von der Perspektive ab: so habe ich im Nd. als Dialekt z.B. das Ostfälische und das Westfälische usw. Im Vergleich zum Hochdeutschen, das aus ober- und mitteldeutschen "Dialekten" besteht, ist das Niederdeutsche aber eine eigene Sprache. Eine "deutsche i.w.S." zwar, aber eine eigene.
Da habe ich jetzt aber irgendwie Probleme: Wie nennt man eigentlich das Westmitteldeutsche gegenüber dem Hochdeutschen – Dialekt oder Sprachform? Und das Westmitteldeutsche gegenüber dem Ostmitteldeutschen – beides Dialekte?
Nd. als eine eigene "Sprache" gegenüber dem Hochdeutschen, das sich aus mittel- und oberdeutschen Dialekten zusammensetzt – geht das so einfach? Ich habe nämlich manchmal den Eindruck, daß die hierarchische Gliederung hier ein wenig unklar ist. Heißt aber nichts, bin ja nicht maßgeblich.
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K. Bochem
Köln

Dieser Beitrag wurde am 26.02.2007 um 00.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1527


Äpfel-und-Birnen-Vergleich: Gedankenlose Redensart?

Wirklich so gedankenlos? Ich bin davon überzeugt, daß irgendein Medienberater in irgendeiner Partei- oder Konzernzentrale diesen überzeugend klingenden Ausweg aufgegriffen hat, um Politikern zu helfen, sich bei öffentlichen Auftritten aus der Affaire zu ziehen und andere mundtot zu machen, vor allem wenn sie selbst nicht weiterwissen. Inzwischen wird es dutzendfach - da geb ich Kratzbaum recht - gedankenlos, aber immer noch wirkungsvoll, nachgeplappert. Sicherlich - ursprünglich haben wir das wohl alle mal im Mathematikunterricht serviert bekommen, aber da klang es eigentlich nicht so richtig überzeugend - oder?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 25.02.2007 um 22.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1526


Vergleiche

Zu Herrn Martins Beitrag:

Ich selbst habe schon vor langer Zeit geschrieben, daß man selbstverständlich Äpfel mit Birnen vergleichen kann; es bietet sich ja geradezu an, wenn man zwischen beiden wählen soll. (Jede Wahl setzt einen Vergleich voraus.) Ich glaube, die gedankenlos gebrauchte Redensart geht auf die ursprüngliche zurück, daß man Äpfel und Birnen nicht addieren könne oder dürfe.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 23.02.2007 um 15.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1518


Ganz einfach, Herr Kratzbaum, weil Wetter viel zu konkret ist und sich so dem widersetzt, was man Begriffsauflösung nennt. Das Klima ist zum typischen Allerwelts-Metaphysikon verkommen. Das Wetter hält sich, allein wegen des Wetterberichts. In Deutschland wird in ihm von Ereignissen berichtet, die erst eintreten oder auch nicht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 23.02.2007 um 15.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1515


Begriffsverwirrung oder: Macht das Klima das Wetter?

Nun reden alle vom Klima, das bedroht sei und geschützt werden müsse. Das Klima ist aber nichts anderes als ein Konstrukt, der statistische Langzeit-Mittelwert aus den Wetterdaten an einem bestimmten Beobachtungsort. Wieso liest man nie, daß das Wetter zu "schützen" sei?
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Matthias Künzer
Herzogenrath

Dieser Beitrag wurde am 23.02.2007 um 14.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1514


Der olle Gählig: http://www.titanic-magazin.de/195.html
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.02.2007 um 08.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1493


Das große Schaulaufen

Es ist genauso, wie Herr Berger sagt: Alle diese Schulentwicklungsprogramme und Evaluationsberichte, die die Aufsichtsbehörde verlangt, bleiben ohne jede Konsequenz. Die Aufseher leben ja davon, daß sie immer wieder ewas Neues aushecken, bevor das Vorhergehende zuende gebracht ist. In Niedersachsen schwärmen jetzt die "Schulinspektoren" aus. Die Schulen wissen Monate vorher, wann es sie treffen wird. Zeit genug also, um die Kulissen zurechtzurücken. Beide Seiten machen sich seit jeher etwas vor (und wissen es!): Die einen hegen ein unausrottbares Mißtrauen gegenüber der Lehrerschaft ("Faule Säcke"), die anderen wissen, daß das alles nur müde Spiele sind.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.02.2007 um 18.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1488


Was ich gern noch erleben möchte

Wann kommt die erste Restaurant-Kritik von J. Dollase in der FAZ ohne das Wort "Textur"?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.02.2007 um 15.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1480


Epigonin von Epigonen

Herr Waller belebt dieses Forum sichtlich. Endlich mal jemand, der schreibt, wie ihm ums Herz ist. Daß er Prof. Ickler bescheinigt, nichts von Literatur zu verstehen, wird diesen bestimmt erheitern – und das ist doch auch schon etwas. Ich selbst hätte nicht mal mit 16 solch einen Text animierend gefunden. (Auch in der "Blechtrommel" ragt ja irgendwo irgendwas aus einer Hose, ich weiß nicht mehr, was.)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.02.2007 um 08.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1424


Seasick

Da hat man in der Schule oder sonstwo mehr oder weniger mühsam gelernt, was sprachlich richtig ist – und muß nun erleben, daß alles in ständiger Veränderung begriffen ist. Wer soll denn das aushalten? Da flüchtet man doch gern ins warme Nest eines verläßlichen Dogmatismus.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 07.02.2007 um 10.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1417


Nachhilfeunterricht wird vom TÜV Rheinland überwacht, dort jedenfalls.
(„TÜV geprüft“, Frau Natalie Engst)
(ARD-Morgenmagazin heute früh).
Wäre er dann nicht auch für deutsche Wörterbücher zuständig, die teilweise verkehrsgefährdend sind? Bei Karstadt werden sogar noch etliche mit einem Reformstand von 1996 verkauft.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.02.2007 um 12.01 Uhr eingetragen.
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CDU

Es ist bestimmt kein Zufall, daß gerade Politiker und Amtsinhaber, die der CDU angehören, so verbissen die Reform durchgesetzt haben und weiter verteidigen. Das ist nur ein Symptom allgemeiner Richtungslosigkeit (Wir wissen nicht, wohin, aber wenigstens sind wir in der Regierung), deren Exponent und Symbol eine Kanzlerin und Vorsitzende ist, von der keiner sagen kann, wofür sie steht, und deren Wahl sich im Rückblick einmal als fundamentaler Mißgriff und Irrtum herausstellen wird. Wie konnte eine solch farblose und ungreifbare Person überhaupt in diese Ämter gelangen?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 31.01.2007 um 12.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1400


Verdammt in alle Ewigkeit

Mir scheint all den sprachreinigenden Bemühungen das beinahe verzweifelte Bestreben zugrunde zu liegen, Unterschiede zwischen den Menschen, die ja trotz aller Umbenennungsspiele in unverminderter Schärfe und Deutlichkeit fortbestehen, zu leugnen. (Hierüber ließen sich viele philosophische und psychologische Betrachteungen anstellen.) Es gibt Kluge und Dumme, Schöne und weniger Schöne, Schwarze, Weiße, Gelbe, Blinde und Sehende usw. Ihnen mittels Wörterwäsche gerecht zu werden, ist ein ebenso billiges wie aussichtsloses Unterfangen. Dazu kommt, daß die heute politisch korrekte Bezeichnung schon morgen als abermals diskriminierend empfunden werden kann. Am Beispiel der zahlreichen Umetikettierungen von Menschen schwarzer Hautfarbe hat man das schon recht gut sehen können. Wahre Mitmenschlichkeit zeigt sich ganz gewiß nicht darin, ob ich z.B. einen Betroffenen als "Taubstummen" bezeichne, sondern wie rücksichtsvoll und hilfsbereit ich mit ihm umgehe – ganz ohne Worte, wenn es sich ergibt.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2007 um 14.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1334


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.01.2007 um 07.06 Uhr:
Gerade lese ich, daß ein neuer Hitler-Klamauk verdienstvollerweise das menschenverachtende Naziregime entlarvt und daher für den staatsbürgerkundlichen Unterricht geeignet ist. Dazu fällt mir nichts mehr ein.


Mir schon!

Nun also …

Das Feuilleton der SZ vom 8. Januar 2007 zeigt ein buntes Foto mit Hitler in einer gelben Badewanne, den rechten Arm zu einem strammen Hitlergruß gereckt, in der linken Hand ein Spielzeugschlachtschiff. „Nun also Hitler“ lautet die Überschrift über dem Artikel, der zur Hälfte darin besteht, daß Gustav Seibt erklärt, weshalb Helge Schneider komisch ist. Das muß einem nämlich ein Intellektueller, der es mit seinem ganzen Intellekt genießt, daß Helge Schneiders Witze nun alles andere als intellektuell sind, erst einmal richtig erklären, denn: man kann das „Menschen, die das Phänomen Schneider nicht kennen, kaum plausibel machen“. Und nur wer so intellektuell wie Seibt oder eben von Haus aus so schlichten Gemütes wie das Stammpublikum Schneiders ist, kann dem Autor in der zweiten Hälfte dieses Artikels folgen, in dem dargelegt wird, weshalb man über Hitler lachen darf, wenn einer wie Helge Schneider ihn „gibt“. Das ist mehr oder weniger interessant, sofern man wie der Autor der Ansicht ist, „in Wahrheit (sei) Schneider unentbehrlich, jedenfalls in Deutschland und so lange es sein riesiges Fanpublikum gibt, das jedes Räuspern von ihm beglückt entgegennimmt“. (Hat ein „riesiges Fanpublikum“ nicht auch viele Jahre lang auf jedes Räuspern des Originals gelauscht?) Der Komiker Schneider darf also, wie vor ihm schon andere, seinem Publikum zeigen, und zwar „in durchgehender Behaglichkeit, die der Film ausstrahlt“, daß es, richtig besehen, so viel gar nicht auf sich hatte mit dem je nach Gemüts- und Geisteslage des Betrachters – oder der Gesellschaft – so vielfach dämonisierten oder idolisierten „Führer“, der im Grunde nichts anderers war, als „eine jämmerliche arme Sau“.

Die Filmwerbung rührt dieselbe Pauke, mißbraucht ausgerechnet Tucholsky mit dem Zitat „Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!“, an das dieser nach 1945 vermutlich nicht mehr gerne erinnert worden wäre, es mit noch größerer Wahrscheinlichkeit niemals wiederholt hätte, formuliert den irre lustigen Untertitel „Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“ und zitiert einige Stimmen, die das Unternehmen nicht allein anpreisen, sondern sozusagen rechtfertigen: „Das Kino lacht über Hitler – endlich!“ (Vogue), „Dieser Film kommt zur richtigen Zeit.“ (Wladimir Kaminer, Stern), „Helge, was Du da machst, ist unglaublich beeindruckend.“ (Harald Schmidt, der nationale Witzpapst darf hier natürlich nicht ungehört bleiben) usw. Und der Regisseur heißt Dani Levy … ähm – na, also, was wollt Ihr mehr!

Gustav Seibt beendet seinen Artikel in der SZ so:
„Ach ja, auch der Führer war ein Versager. Zusammen brechen wir zusammen“ (hier zitiert Seibt eine ihm besonders unkomisch und deshalb erst recht komisch vorkommende Pointe Schneiders aus dessen Comedy-Repertoire). „Das aber heißt: Diese Geschichte ist vorbei.“

Stockt da jemandem der Atem? Dürfen wir diese Phase „unserer“ Vergangenheit hinter uns lassen, wie eine im Grunde verzeihliche Jugendsünde, über die man im nachhinein herzlich lachen kann? Man sollte jedem, der sich diesen Film anschaut, wenigstens ein Buch als Pflichtlektüre verordnen von Primo Levi, Jean Améry, Dietrich Bonhoeffer, Viktor Frankl und wie die Autoren sonst heißen, die die Tragweite dieser deutschen „Jugendsünde“ am eigenen Leib ertragen und diese sowohl seelisch als auch intellektuell verarbeiten mußten. Ach so – intellektuell ist ja doof, nicht wahr, Herr Seibt? Entschuldigung!

„Diese Geschichte ist vorbei“ – und wir sind wieder unbelastet, vergnügt und frei für die nächste.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.01.2007 um 09.21 Uhr eingetragen.
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Gefühlter Schaden

Was mich am meisten an der Reform stört, ist das Gewaltsame an ihr. Die auseinandergerissenen Wörter, die sinnlosen Großschreibungen, die albernen Etymogeleien – alles atmet den Ungeist barbarischer Vergewaltigung eines bis dahin lebendigen, feingestalteten Organismus. Seither lebt und atmet er nicht mehr, sondern liegt in unheilbarem Siechtum auf der Bahre.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 06.01.2007 um 17.09 Uhr eingetragen.
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Torsten Harmsen

Wir kleinen Missionare

Der britische Schatzkanzler Gordon Brown hat soeben gefordert: Die reichen Nationen müssten in den nächsten zehn Jahren dafür sorgen, dass jedes Kind auf der Welt zur Schule gehen könne. Anderenfalls schlössen radikal-religiöse Einrichtungen diese Lücke.

Ich finde, wir sollten uns daran beteiligen. Das große Ziel "Bildung für alle" müsste Bund und Länder schon ein kleines Sonderprogramm wert sein. Zunächst vielleicht für einen Teil der Bedürftigen: die weltweit 100 Millionen Straßenkinder und jene 246 Millionen, die arbeiten müssen. Bei einer Klassengröße von 30 Kindern sollten 11,5 Millionen Lehrer eigentlich reichen. Na gut, einige Klassen könnten wir auch etwas größer machen. Und dann muss es noch Inhalte geben, um die Lücken zu füllen. Arbeitet Klett schon an der Erstauflage des "Kleinen Bildungs-Missionars"? Auf welche Lehrpläne einigen wir uns: die bayerischen oder die Berliner? Das sollten die 16 Kultusminister bald mal klären! Und müssten wir nicht auch in jedem Land eine kleine Rechtschreibreform machen? Wenn schon Hilfe, dann aber auch richtig!

(Berliner Zeitung, 5. Januar 2007)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.01.2007 um 13.02 Uhr eingetragen.
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Es geht nicht

Mir könnte die FAZ ja gestohlen werden – aber meine liebe Frau liest doch so gerne Strizz …
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.01.2007 um 15.50 Uhr eingetragen.
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Stufen des Versagens

Irrtümer oder Unbelehrtheit verzeiht man eben leichter als Verlogenheit. Z.B. nimmt sich rückblickend ein G. Augst beinahe harmlos aus gegen die Brüder von der FAZ.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.12.2006 um 21.58 Uhr eingetragen.
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Rationalität

Die Schelte gegen Justiz- und Behördensprache ist gängige Münze und darf immer auf breiten Beifall hoffen. Prof. Ickler hat dazu einmal einen Aufsatz "Behördensprache – Zeichen der Zeit?" (wenn ich mich recht entsinne) veröffentlicht. Vielleicht kann der mal hier eingestellt werden.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 28.12.2006 um 12.59 Uhr eingetragen.
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Justizirrtümer

Was die Leute aus dem rheinland-pfälzischen Ministerium da zusammenschreiben, zeugt nicht nur von stupender Ahnungslosigkeit (Stichwort "Weiterentwicklung" der deutschen Sprache gemäß der reformierten Rechtschreibung), sondern ist auch sonst höchst bedenklich und zugleich spekulativ. In der Gesetzes- und Verordnungssprache soll der DUDEN angewendet werden, und der Rechtsanwender soll im Zweifelsfalle auch auf die DUDEN-Variante verpflichtet werden. Richter sind aber an Weisungen nicht gebunden. Da sind ja noch recht spannende Grundsatzurteile ggf. des BVerfG zu erwarten.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 19.12.2006 um 12.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1212


Schwer diskriminierend

In Wien, wo sie schon etwas weiter sind im öffentlich veranstalteten Mummenschanz, sollten sie sich auch mal die bekannten Symbole auf den Toilettentüren vornehmen. Die sind doch viel zu einseitig und ausgrenzend.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 17.12.2006 um 18.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1206


Das wird ja immer schöner – oder: Wer glaubt eigentlich diesen Sch...?

Die Antwort von d'Inka an Prof. Dronskowski markiert den vorläufigen Tiefpunkt und ist eigentlich nur noch albern, veralbernd. Dabei wissen sie bei der FAZ nur zu gut, daß sie die jungen Menschen eben gerade nicht ernst nehmen, wenn sie ihnen orthographischen Schweinefraß vorsetzen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.12.2006 um 16.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1199


Urkomisch

Daß die FAZ ausgerechnet auf Prof. Icklers Kündigung hin ihre Verantwortung gegenüber der Jugend ins Feld führt, ist von unüberbietbarer Komik. Aber das stammt wohl ohnehin aus dem Automaten. Tatsächlich sollte man sein FAZ-Abonnement kündigen und zu einer Zeitung wechseln, die von Anfang an den faulen Zauber mitgemacht hat. Die mußte sich wenigstens nur einmal verbiegen.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 11.12.2006 um 19.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1186


Das waren noch (Bilder und) Zeiten!

als die FAZ ihre "Bilder und Zeiten" machte. Manche – wie Kratzbaum – erinnern sich noch. Ansonsten wird im allgemeinen Flachwasser kaum jemandem auffallen, welcher Abklatsch da unter dem einst klangvollen Namen von der FAZ (auch sprachlich und graphemisch) unters Volk gebracht wird. Jedem Verdacht gewisser Nähe zu Bildung(sbürgerlichem) entzieht sich díeses Erzeugnis jedenfalls in aller und jeder Unschuld.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.12.2006 um 13.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1185


Kollektiver Gedächtnisschwund

Am Beispiel der FAZ läßt sich schön studieren, wie Qualitätsmaßstäbe verlorengehen oder verfälscht werden. Wenn ein Leserbriefschreiber die wiederauferstandene Beilage "Bilder und Zeiten" überschwenglich lobt, kann das nur daher rühren, daß er das seit langem eingestellte Produkt gleichen Namens nicht gekannt hat. Als langjähriger Abonnent kann man in der Tat eine zunehmende Tendenz zum Läppischen, Unseriösen feststellen. Vorläufiger Tiefpunkt: die albernen Erklärungsversuche anläßlich des orthographischen Harakiri. (Erhellend hierzu das Kapitel "Eine geheimnisvolle Zeitkrankheit" aus dem MoE von R. Musil.)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 05.12.2006 um 16.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1172


So kann’s gehen

Heute hatten wir zu Mittag Bauernomelette. Die verwendeten Bauern scheinen nicht mehr ganz frisch gewesen zu sein. Waren wohl diskriminierte Bauern.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2006 um 08.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1170


Nachgetreten

Das besondere Dessin an dem Kommentar des Herrn Walther ist, daß er die FAZ nicht nur wegen ihrer Kapitulation sondern dazu noch wegen ihrer fadenscheinigen Begründung verhöhnt. Dafür könnte man den Herrn beinahe ein wenig sympathisch finden, wäre da nur nicht diese Triefnase... Nun wüßte man nur noch gern, was die TAZ zum Mitmachen bewogen hat. Die Überzeugung von der überlegenen Qualität der Reform sicher nicht, denn die Sachkenntnis dürfte gegen Null tendieren. Auch diese Erkenntnis verdanken wir Onkel Walther.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.12.2006 um 07.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1169


Vom Guten des Schlechten

Es klingt wohl paradox, aber ich denke, daß jetzt, da die größten Zeitungen reformiert schreiben, die Aussicht auf ein Absterben der Reform besser als zuvor sind. Von außen war sie nicht zu beseitigen, so setzen wir auf ein Absterben von innen. Die Rechtschreibung wird sich wieder von selbst weiterentwickeln, wobei diese Weiterentwicklung den immanenten Gesetzen und Tendenzen vor der Reform folgen wird. Da braucht man keinen Rechtschreibrat (schon wenn ich "zulassen" und "erlauben" in dieser Sache lese, wird mir schlecht), das alles wird "ganz von selbst" geschehen. Orthographie ist reine Praxis in Freiheit, und diese wird die (schlechte) Theorie der Reformer stillschweigend korrigieren. Uns aber bleibt das Wächteramt.
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Urs Bärlein
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Dieser Beitrag wurde am 03.12.2006 um 17.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1164


Kein Politiker wird dem Redakteur einer einflußreichen Zeitung die kalte Schulter zeigen, bloß weil ihm dessen Berichterstattung oder gar deren Orthographie nicht paßt. Die Abhängigkeit – Informationen gegen Publizität – ist durchaus gegenseitig. Allerdings gehört es, dadurch bedingt, zu den sozialen Emolumenten des Journalistenberufs, z.B. lokal mit leibhaftigen Bürgermeistern, Oberbürgermeistern oder Landräten auf scheinbar gleichem Fuße verkehren zu können; für einen Herausgeber der FAZ gilt dasselbe auf entsprechend höherer Ebene. Zugleich weiß der Journalist natürlich, daß er nicht wirklich dazugehört. Die Situation kann schon ein kindliches Anlehnungsbedürfnis wecken, vor allem bei eitlen oder stark außengeleiteten Menschen (und die meisten Journalisten sind leider, wenn nicht eitel, so doch überwiegend außengeleitet, was sie dann für ihr vielbeschworenes "Wächteramt" im Grunde disqualifiziert). Zugegeben, die Erklärung des Einknickens der FAZ als infantiler Gruppenzugehörigkeitsvollzug wird dadurch nicht bedeutend befriedigender. Aber "handfeste" Vor- und Nachteile für die FAZ-Leute im Umgang mit Politikern reichen als Erklärung für ihre späte Gefügigkeit ebenfalls nicht hin, ebensowenig wie für die Reformbeflissenheit anderer Herausgeber, Chefredakteure und sonstiger Journalisten zuvor.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.12.2006 um 16.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1162


Was man immer wieder vergißt

Zeitungen sind Wirtschaftsunternehmen mit dem Ziel, Anzeigenraum zu verkaufen. Alles andere ist nur schmückendes Beiwerk.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 03.12.2006 um 10.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1160


Je einfacher denken ...

Es wurde und wird ja viel gerätselt, was die sogenannte seriöse Presse dazu bewegen mag, ein durchweg als minderwertig und unbrauchbar erkanntes Produkt zu übernehmen. (Die Reform ist ja jetzt viel wirrer als in ihrer ursprünglichen Fassung. Ich würde übrigens gern einmal die versammelten Reformer sich zum jetzigen Zustand äußern hören). – Es ist, glaube ich, nicht nur die Angst, sich ins Abseits zu begeben. So kindlich-schülermäßig ist wohl auch die Psyche der Zeitungsschreiber nicht beschaffen. Wahrscheinlich sind es ganz nüchterne Überlegungen, und die findet man, wie immer, am sichersten, wenn man nach handfesten Vor- und Nachteilen fragt. Journalisten sind unbedingt auf Informationsquellen angewiesen. Politische Journalisten dürfen es sich daher mit den Mächtigen nicht verderben. Sonst werden sie bestraft durch Aussperrung. Das wissen sie alle ganz genau, und so ist die Bereitschaft zu Unterwerfung und Selbstzensur einfach eine Frage des Überlebens.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.12.2006 um 13.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1156


Der Lack ist ab

Die FAZ, die ja immer sorgfältig das Image eines besonders seriösen, vertrauenswürdigen Blattes pflegte, steht nun viel ramponierter da als jene Zeitungen, die sofort auf den fahrenden Geisterzug gesprungen sind. Auf hämische Kommentare bin ich gespannt. Aus welchen Gründen auch immer die Verantwortlichen umgefallen sein mögen, aus Einsicht und Überzeugung jedenfalls nicht. Bezeichnend auch, daß nicht einer der Herausgeber den Schwenk begründet, sondern ein Lohnempfänger aus der zweiten Reihe vorgeschickt wird. Seinen gewundenen Erklärungen merkt man doch förmlich den inneren Widerwillen an, den diese ehrenvolle Aufgabe bei ihm hervorgerufen hat. Man vergleiche die historischen Daten 1. August 2000 und 1. Januar 2007, um den Niedergang eines ehemaligen Spitzenerzeugnisses recht zu ermessen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.12.2006 um 21.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1155


Kein Unglück

Das Umfallen der FAZ ist nicht so tragisch. In Zukunft werden wir einfach mehr Fehler als bisher finden können. So reiht sich die Zeitung in die Sammlung an Beweismitteln dafür ein, daß die reformierte Schreibung nicht funktioniert und nie funktionieren wird. – Den salbungsvollen Kommentar von H. Spiegel sollte man in den Schulen als Musterbeispiel kaum verhüllter heuchlerischer Unterwürfigkeit behandeln. Wenn einem gar nichts mehr zur Begründung einfällt, dann müssen eben "unsere Kinder" herhalten. Daß sie täglich um ein wichtiges Kultur- und Bildungsgut betrogen werden, liegt wohl außerhalb des Horizontes eines Tagesschreibers. Wertvoll ist jedenfalls der Erkenntnisgewinn in bezug auf die immer so hochgehaltene Pressefreiheit. Sie ist, wie man wieder einmal sieht, am stärksten von innen bedroht.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 01.12.2006 um 00.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1152


Es hat alles sein Gutes

Jetzt, da es den Neger nicht mehr gibt, kann ich wieder unbekümmert Negerküsse kaufen und essen. Diskriminiert kann sich da keiner mehr fühlen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 30.11.2006 um 13.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1149


Verdammt in alle Ewigkeit

Es gibt schlechterdings kein Wort, das nicht irgendwann von irgendwem als beleidigend oder diskriminierend empfunden werden könnte. Dieses Schicksal wird auch alle politisch korrekten Ersatzbegriffe ereilen. "Das Volk" schert sich im übrigen einen Dreck um dieses Problem. Erst in luftiger Höhe, wo man den Betroffenen selten bis nie begegnet, feiert der sprachliche Moralismus seine Kostümfeste.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 29.11.2006 um 18.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1146


Overprotected

Die Sorge um die Empfindlichkeiten der Türken erinnert mich immer an die Abteilung "Für Frauen" im Geschäftsbereich gewisser Ministerien. In beiden Fällen handelt es sich um Entmündigung unter dem Deckmantel der Fürsorge. Motto: Betreuung ist jene Art von Bevormundung, für die der Bevormundete auch noch dankbar zu sein hat. Was unterscheidet übrigens einen Bürger von einem Mitbürger?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 20.11.2006 um 20.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1111


Nostalgisch

Ich war als Seiteneinsteiger noch ganz neu im Schulgeschäft, als mich mein Chef zu einer fachdidaktischen Tagung schickte. Dreierlei ist mir in Erinnerung geblieben:

1. Die Wurstscheiben beim Abendbrot waren abgezählt.

2. Mein Bettnachbar sägte die ganze Nacht infolge reichlichen Biergenusses.

3. Die echten Profis unter den Teilnehmern entwickelten einen geradezu beängstigenden Eifer im Zuordnen von Unterrichtsinhalten zu Lernzielen. – Ich bin dann später nur noch zu fachwissenschaftlichen Veranstaltungen gegangen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 18.11.2006 um 13.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1091


Na also!

Heute hat gmx den neuesten Newsletter von DUDEN im Ordner "Spamverdacht" abgelegt. (Was heißt hier übrigens "Verdacht"?)
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 15.11.2006 um 22.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1087


Im ganzen: haltet Euch an Worte

Von der Weimarer Republik hat man gesagt, sie sei eine Republik ohne Republikaner gewesen. – Nun haben wir in Deutschland endlich Eliteuniversitäten und Exzellenzhochschulen, allein durch Ernennung. (In Karlsruhe gibt´s demnächst ein KIT, ein Karlsruhe Institute of Technology. Ist das nicht herzig?) Die Deutschen können zwar in ihrer eigenen Sprache nicht mehr richtig schreiben, aber der Glaube an die gestaltende, wirkmächtige Kraft der Worte scheint ungebrochen. Nun müssen nur noch die exzellenten Elitestudenten herbeigezaubert werden.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.11.2006 um 23.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1074


Rätselhaft - oder vielleicht doch nicht?

Der Mangel an wissenschaftlichem Ethos bei P. Eisenberg ist zwar offensichtlich und eine durchgehende Konstante, was sein Verhältnis zur Rechtschreibreform angeht. Doch fragt man sich nach möglichen Motiven. Wie kann jemand etwas als schlecht Erkanntes nicht nur für sich akzeptieren (das Leben verlangt manchmal Kompromisse), sondern sich zum Fürsprecher und Propagandisten des von ihm selbst so bezeichneten Mißlungenen machen? - Es gibt eine interessante Parallele: Eisenberg und Gallmann waren erst "etwas anderes", bevor sie Sprachwissenschaftler wurden. Der eine Nachrichtentechniker und Tonmeister, der andere Korrektor bei der NZZ.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 08.11.2006 um 08.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1071


Voll vernetzt

Die neue Rechtschreibung läßt sich am besten auf die sanfte Tour durchsetzen. Dazu braucht es z.B. einen Schulsenator, der die geschickt lancierte Werbeaktion eines Verlags als die Erfüllung einer großen gesellschaftlichen Aufgabe namens Bildung qualifiziert. Dazu paßt dann das Gesülze des Unternehmens von Geben und Nehmen und der unerläßlichen Vernetzung mit dem gesellschaftlichen Umfeld wie die Faust aufs Auge. So wäscht eine schmutzige Hand die andere.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 06.11.2006 um 19.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1069


Was B. Sick betreibt, verehrte Frau Morin, würde ich nicht unbedingt mit der Rechtschreibreform in Verbindung bringen. Sick reiht sich doch einfach in die lange Reihe von Sprachkritikern (besser: Sprachgebrauchskritikern) ein, von Schopenhauer über K. Kraus bis zu Hirsch oder Schneider. Stets liegt eine bestimmte Auffassung vom sprachlich "Richtigen" zugrunde, das in der Regel doch nur das Gewohnte ist. (Bei den Verheerungen durch die Reform liegen die Dinge etwas anders. Warum, wäre einer gründlichen Betrachtung wert.) - W. Sanders hat in seinem Buch "Sprachkritikastereien" recht Bedenkenswertes zu dieser Art von "freier" Sprachkritik gesagt. - B. Sick meint es gut - und verdient nebenbei nicht schlecht an seiner Mission.
Zu "Meg Ryan" (ein originelles Pseudonym!): Th. Ickler würde ich weniger als Produkt denn als Opfer der Rechtschreibreform sehen - bei all der Arbeit, die sie ihm schon bereitet hat.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 04.11.2006 um 10.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1049


Eiertänze

Wer etwas über die derzeit richtige Schreibweise von "dabeisein/dabei sein" wissen möchte, sollte einmal den neuesten DUDEN-Newsletter lesen!
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 02.11.2006 um 08.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#1047


Nicht immer, aber immer öfter

Die geplante datenmäßige Erfassung aller Schüler ist ein weiteres Beispiel "rasenden Stillstandes" der derzeitigen Regierungspolitik. (Andere sind die Antiraucherkampagne und das Antidiskriminierungsgesetz.) Manch einer war wohl so gutgläubig, von einer großen Koalition tatsächlich Großes für Volk und Vaterland zu erwarten, in dem Sinne, daß die Akteure für eine Weile allen Parteienstreit vergessen würden. Dabei ist der doch die Hauptsache! Nun haben wir eine Regierung mit eingebauter Opposition. – Das Bundesverfassungsgericht und sogar der Bundespräsident müssen statt des Parlaments die bürgerlichen Freiheiten verteidigen. Ein höchst bedenklicher Zustand.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 26.10.2006 um 13.38 Uhr eingetragen.
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Recht und Freiheit (Es geht nicht ums Brötchenkaufen ...)

Neben der gemeinsamen Schrifrtsprache ist sicher eine von allen akzeptierte Rechtskultur (ein von den meisten geteiltes Rechtsempfinden) das am stärksten identitätsstiftende Moment eines Volkes. (Die Geschichte ist es ja bei uns nicht mehr.) Zur Zeit erleben wir verstärkt bisher beispiellose Versuche, Bürgerrechte auszuhebeln. Während die Brüsseler Zentralregierung eine Flut von Gesetzesvorschriften hervorbringt, deren Billigung durch das Parlament meistens nur noch reine Formsache ist, wird die Freiheit eher von innen bedroht. Besonders erschreckt, wie leicht - leichtfertig - der Ruf nach Verfassungsänderungen ertönt, wenn ein Gesetzesvorhaben einmal an der Hürde BVG scheitert. Dies gilt ganz besonders für den geplanten Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Wehret den Anfängen! (Der Bundesverteidigungsminister sagt sinngemäß: Wenn es die Polizei nicht schafft, muß i c h die Bundeswehr einsetzen.)
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 07.10.2006 um 18.17 Uhr eingetragen.
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Fremde myanmarische Sitten

DIE ZEIT, 21.09.2006 Nr. 39

Ein Land für die Götter

Opferung einer Hand

Wir rennen auf die andere Straßenseite, wo ein Schrein mit fünf mannshohen Nat-Statuen steht – jenen animistischen Geistern, die verflixt unangenehm werden können und an die viele Myanmaren glauben, auch wenn sie eigentlich dem Buddhismus anhängen. … Wir bringen ihnen mit dem geziemenden Respekt eine Hand voll duftender weißer Blumengirlanden und ein Sträußchen Go-Blätter dar. Man weiß ja nie.

Das wäre doch nicht nötig gewesen! Auf Beschluß der deutschen Länderregierungen genügt jetzt auch das Opfer einer „Handvoll“ Blumengirlanden!

Die Hände werden schließlich noch gebraucht:

Plötzlich ziehen dunkle Wolken auf. »Schnell! Schnell!«, rufen die vier Jugendlichen, die mit uns auf den Tempel geklettert sind, um uns Andenken zu verkaufen. Behände huschen sie die Treppe hinab, wir – weniger behände – hinterher, aber es ist schon zu spät. Innerhalb von Sekunden beginnt es zu schütten …
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 05.10.2006 um 10.32 Uhr eingetragen.
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Kuriositäten und Resteverwertung

Im SPIEGEL dieser Woche befaßt sich die Titelgeschichte "Rettet dem Deutsch" (so redet ganz bestimmt keiner) mit der Verlotterung der Sprache. Der eigene Anteil daran wird unterdrückt, und die Rechtschreibreform wird mit keinem Wort erwähnt. Aber die Werbung für den hauseigenen Bastian S. füllt einige Spalten
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 03.10.2006 um 17.27 Uhr eingetragen.
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Leerstellenknappheit?

Während die seit vielen Jahren beklagte Lehrstellenknappheit in Deutschland leider weiterhin anhält, gibt es Leerstellen im Übermaß: in geschriebenen deutschen Wörtern.

(Eine umfangreiche Zusammenschau gängiger Übergeneralisierungen, zu finden bei OPINIO [RP online], 2. Oktober 2006.)
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 22.09.2006 um 17.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#953


Eine Wiedenroth-Karikatur, die wohl so bald nichts an ihrer Aussagekraft einbüßen wird („Schert euch zum Teufel und legt es ihm zum Korrekturlesen vor!“) und auf die schon mal hingewiesen wurde, ist an ihrem alten Ort nicht mehr vorhanden, dafür aber hier zu finden.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 17.09.2006 um 19.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#937


BILD darf wieder bilden.
Welch ein schöner Erfolg der Unterwerfungspolitik der Axel Springer AG:

„Papa, wir sollen morgen für Deutsch eine BILD-Zeitung mitbringen!“ – „Ich habe noch eine von vor zwei Jahren.“ „Nein, sie soll schon aktuell sein“, meinte unsere Dreizehnjährige.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 12.09.2006 um 11.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#927


Eier legen

Die allgegenwärtige neue deutsche –ck-Abtrennung ist nicht nur sprech- und sprachwidrig, sondern stellt auch Lesefallen auf, die für Sekundenbruchteile Verständnisstörungen erzeugen. Gerade fand sich in den Kieler Nachrichten v. 8.9.06 ein solcher Fall.

Wenn ein dummes Huhn einen eitlen Hahn anhimmelt und ihm sagt, „ich möchte deine Eier le-“, dann ahnt man im voraus, daß der Satz vollständig etwa heißt: „Ich möchte deine Eier legen und deine Küken großziehen“.

Wenn aus der Lesung von Martin Walser am 7.9.06 im Reform-Schrieb zitiert wird „Ich möchte deine Eier le-“ und ein Leser dies zu „legen“ ergänzt, erhalten seine Neuronen gleich darauf das „Kommando zurück“. Der Satz heißt: „Ich möchte deine Eier lecken“. Dies sagt in seinem neuen Roman „Angstblüte“ die „relativ talentfreie Jungschauspielerin Joni Jetter mit dem ,unanständig großen Mund’“ zu dem 71jährigen Anlageberater Karl von Kahn.

Hier hilft etwas Sanskrit, den Namen der Dame zu deuten, „Yoni – weibl. Schoß, Vagina“, und man ahnt das Kommende – in bewährter Rechtschreibung, ob nun „Alterserotik“ oder nicht.

Wahrscheinlich ist das ganze weniger amüsant als der „Tod eines Kritikers“.
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Norbert Schäbler
Hösbach

Dieser Beitrag wurde am 17.08.2006 um 17.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#872


"Rasenmäher"

Heute beim Rasenmähen ist mir die Idee einer Glosse vom „Rasenmäher“ in den Kopf geschossen, weil ich zuvor eine Glosse über den von „Graß“ zu „Grass“ mutierten Günter (der vielleicht sogar ehemals Günther geheißen hat) gelesen habe und nicht genau herausgekriegt habe, was der Glossenschreiber eigentlich gemeint hat.

Bei einer Glosse mit dem Titel „Rasenmäher“ – so habe ich mir gedacht – sollte zumindest geklärt sein, ob die Hauptperson eine Maschine oder aber ein Mensch ist.
Meine erste Frage also war die: "Handelt es sich um einen Rasenmäher, hinter der ein Rasen Mähender schreitet, oder handelt es sich um einen Rasenmäher, vor dem sich ein Industrieprodukt mit Fangsack und sonstigem Schnickschnack befindet?"

Ich habe mich für die erste Variante entschieden, weil ich als einfacher Mensch nicht imstande bin, ohne Fremdeinsatz so viel Rasen zu mähen, wie ich im Hochsommer jede Woche zu mähen hätte. Schließlich bin ich ja kein Schaf und habe nicht jeden Tag Appetit auf Gras. Außerdem habe ich schon gar keine Zeit, jeden Tag zu „grassen“.

Nebenbei bemerkt: Mein Rasenmäher, der in meiner Glosse die Hauptperson spielt, ist ein Elektrorasenmäher. Dem bin ich völlig unterwürfig, weil er in Bezug auf Schnelligkeit, Gründlichkeit und einfache Bedienbarkeit besser ist als ich und auch besser als etliche andere Rasenmäher (meines und seines Verschnitts).
Mit meiner Hauptperson habe ich im übrigen eine ungeschriebene und sehr einleuchtende Vereinbarung. Sie lautet: Fahre nie über mein Stromkabel (wobei das besitzanzeigende Fürwort „mein“ nicht eindeutig zuzuordnen ist)!
Zufällig anwesende Beobachter, die uns zwei Rasenmäher erleben, beantworten die Frage meist zu meinen Gunsten. Sie erleben mich als denjenigen, der das Kabel schwingt; als den, der den Crash vermeidet; den, der das Gras anstatt das Kabel kappt; den, der den Fangsack leert; ... Sie meinen, daß das Kabel mir ist, daß ich sozusagen die Hoheit über das Kabel hätte, wobei sie mir immer wieder empfehlen, einen Benzinrasenmäher zu kaufen.

Das mache ich aber keinesfalls, weil ich mit dem kleinen (knapp einen Meter langen) Anziehstrick des Benziners nicht zurechtkomme wegen meiner Schulterschmerzen. Schließlich habe ich das alles ja schon probiert und examiniert, und seit ich meinen elektrischen Mähfreund habe, plagen mich nicht einmal mehr jene Kopfschmerzen, die ich früher tagelang hatte, ehe ich endlich die Maschine anschmiß.

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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 05.07.2006 um 13.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#761


Wenn der Führer des Öfteren kommt ...

Mit seinen Dokumentationen („Hitlers Helfer“, „Hitlers Krieger“, „Hitlers Kinder“, „Hitlers Frauen“) feierte Knopp unerwartet Fernseherfolge, das Volk interessierte sich plötzlich zur besten Sendezeit für seine Geschichte. Mehr noch: Spätestens seit den Filmen „Speer und er“ oder „Der Untergang“ mit Bruno Ganz in der Rolle des Führers wurde deutlich, dass es in diesem Land ein Bedürfnis gibt, den Mythos auf einen normalen Menschen herunter zu brechen, der – wie in „Der Untergang“ zu sehen – auch mal Nudeln isst. Spiegel online

„Hitlers Hunde“ kommen sicher in der nächsten Fernseherfolge. Um weiter auf den „normalen Menschen“ A.H. herunter zu kotzen, folgt demnächst auch noch Helge Schneider in der Rolle des „Führers“ – empfohlener Filmtitel: „Für eine braune Hand voll Scheiße“ (nach dem Titel seines Ersterfolges von 1993 „Für eine Handvoll Scheiße“).

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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 03.07.2006 um 15.52 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#757


Immer neue Rekorde an Richtigkeit

Mehrere hundert Menschen erlitten durch Aprikosen bis Tennisball große Hagelkörner Schnittwunden am Kopf.
(ZDFtext, dpa 28.06.06)

Innerhalb von 20 Minuten gingen "Aprikosen- bis Tennisballgroße Hagelkörner" nieder.
(Trossinger Zeitung, 28.06.06)

Durch die Aprikosen bis tennisballgroßen Hagelkörner ...
(ARDtext 29.06.06, selbst gesehen)

... durch aprikosen- bis tennisballgrosse Hagelkörner ... (Bieler Tagblatt, Schweiz 29.06.06)

Mehr als 120 Menschen erlitten in Villingen-Schwennigen durch aprikosen- bis tennisballgroße Hagelkörner und Glassplitter Schnittwunden am Kopf.
(Kieler Nachrichten n. dpa 30.06.06)
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 02.07.2006 um 11.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#754


Robert Gernhardt, der Meister der Platitüden, war kein Freund der Plattitüden-Schreibung: „Wenn meine Gedichte in den Schulbüchern in der neuen Rechtschreibung erscheinen, dann habe ich das Gefühl, das ist nicht von mir"
(APA/dpa 12.12.04)

Verständlich:

OBSZÖNE ZEICHNUNG
AM VOLKSBILDUNGSHEIM

Pimmel an der Wand —
daß ich dich hier fand!

Malte ihn doch selber mal
prahlend an die Wände,
nahm ihn in natura auch
in die Künstlerhände.

Hielt ihn tags mit Filzstift fest
und ihm nachts die Treue,
taglang stand er an der Wand,
nachts stand er aufs neue.


… „aufs neue“ bedeutet hier einfach „wieder“. Die reformierte Stussschreibe „aufs Neue“ macht daraus das tatsächliche „Neue“ – und kann damit die Phantasie der Neuschreibopfer noch einige Zeit nutzlos beschäftigen.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 17.06.2006 um 08.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#734


Kalenderblatt 2006: 17. Juni

Hamburg (dpa) - Das aktuelle Kalenderblatt für den 17. Juni:.

24. Kalenderwoche
...
1953 – Der Volksaufstand in der DDR gegen die Partei-und Staatsführung wird von sowjetischen Truppen niedergeschlagen.

1901 – Auf einer Konferenz in Berlin beschließen Vertreter der deutschen Bundesstaaten und Österreich-Ungarns eine einheitliche deutsche Rechtschreibung.
...

Ergänzung

17. Juni – Tag der deutschen Einheit
(Inzwischen durch ein Datum der Parlamentsbürokraten ersetzt.)

1871 Einheit Deutschlands (kleindeutsch durch Bismarck)
1901 Einheit der deutschen Rechtschreibung (durch Konrad Duden)

Fortfall entbehrlicher Zeichen:
h nach t: Thür >Tür

1949 Teilung Deutschlands (durch die Kommunisten)
1996 Teilung der deutschen Rechtschreibung (durch die Kultusminister)
in die klassische Kulturschreibung – und die Pennälerschreibung:

Vermehrung überflüssiger Zeichen:
ss-Reformsignal: As > Ass (engl.)
Dreifachbuchstaben: Schwimmeister > Schwimmmeister
… auch kombiniert: Flußschiffahrt > Flussschifffahrt
Stammpedanterie: Roheit > Rohheit
Ratlosigkeit: Zierat > Zierrat
„Volksetümologie“: Tolpatsch > Tollpatsch
Bindestrichfimmel: der 14jährige > der 14-Jährige
Notlösungs-Bindestrich: Brennessel > Brenn-Nessel
Lückentick: die Leidtragenden > die Leid Tragenden
„Kackofonie“ : selbständig > selbstständig
Kommakrampf: „Kommst du?“ fragte er > „Kommst du?“, fragte er


1999 – Der Volksaufstand in Schleswig-Holstein gegen die Rechtschreibreform
wird am 17. September durch das Kieler Parlament niedergeschlagen.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 10.06.2006 um 09.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#725


Bastian Sick stellt in seiner neuesten Glosse den Redakteur „Philipp“ einer unintelligenten (und unreformierten?) Lokalzeitung vor, ungehobelt und bar jeder Sprachkultur, mit einem Hang zu „Denglisch“. Typischerweise hält er die „Rechtschreibreform“ noch für diskussionsbedürftig – bzw. was sein Chefredakteur an Kommentaren dazu von sich gibt.

Seit dem 1.6.06 wird nun solchen peinlichen Mitbürgern zu Recht bei Spiegel-online das Forum zur Darstellung ihrer rückständigen Ansichten entzogen.

Dank sei den fortschrittlichen Kräften, die schon vor zwei Jahren verhindert haben, daß beim „Spiegel“ veraltete Schreibungen reanimiert werden, wie zum Beispiel „bißchen, daß, gräßlich, häßlich, Fluß, Kompromiß, Kuß, mißachten, Nußschokolade, Prozeß, Rußland, Streßsituation“ (Sick am 6.8.04) – die nach 600 Jahren Gebrauch nun wirklich völlig verschlissen sind!
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Michael Mann
Dormitz

Dieser Beitrag wurde am 31.05.2006 um 12.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#706


»E-Mail könnte eine so feine Sache sein, wenn sie nicht so unerträglich wäre: Massenhaft verbreitete Nutzlosigkeiten in sprachlich fragwürdiger Verpackung nerven so ziemlich jeden - aber niemanden so sehr wie unseren Feingeist und Hauszeichner Jamiri.«

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,
grossbild-634924-418826,00.html
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 30.05.2006 um 20.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#705


(Ob das folgende im hiesigen Rahmen als Glosse durchgeht?)


Knobelei
Einmal im Monat fordern wir Ihre mathematischen Fähigkeiten heraus: Schön verpackt in eine Geschichte - damit es kniffliger und spannender ist - zeigt sich die Mathematische Knobelei als Herausforderung für die Hirnzellen. Wer richtig kombiniert, kann gewinnen. Viel Erfolg!


Reformierte Ratlosigkeit

Nach Steuer, Rente und Rechtschreibung hat der Strudel rühriger Politikaktivisten nun die Rechenkunst erfasst: Die Mathematik ist reformiert worden. Warum auch nicht? An mehr als das kleine Einmaleins hat sich nach der Schule sowieso kaum jemand erinnert. Und Newtons Integrale passen doch schon längst nicht mehr zur demografischen Entwicklung der Bevölkerung. Aber vor allem: Wir müssen der Welt zeigen, dass Deutschland zu Reformen fähig ist! Selbst wenn dort draußen alle nur noch mit dem Kopf schütteln.

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich habe nichts gegen Reformen. Ganz im Gegenteil. Schließlich kaufen meine Frau und ich schon seit vielen Jahren unseren Tofu im Reformhaus, und unsere Tochter haben wir ganz bewusst in einen reformierten Kindergarten geschickt. Ich schreibe auch "dass" stets brav mit zwei "s", sodass die "ß"-Taste meines Computers allmählich von einer leichten Moosschicht bewachsen ist. Nein, Reformen sind mir keineswegs unangenehm. Nur... Nun ja, ich habe da jetzt ein kleines Problem.

Das neue Regalsystem aus dem ostfriesischen Möbellager, in das ich meine Aktenordner einsortieren möchte, ist mit so einer neuen Aufbauanleitung geliefert worden. In deutscher Rechtschreibung Version 4.7.1.1 und konform zur aktuellen Fassung der Kalkulationsreform der Mathematikreform der Rechenreform... oder so ähnlich. Jedenfalls besteht das System aus 42 würfelförmigen Kästen mit einer Aktenordnerhöhe als Kantenlänge. Und es darf nur in genau einer ganz bestimmten Art und Weise aufgebaut werden - sonst kommt das mit den Verbindungswinkeln, Schraubeinmuffungen und Abstandsklinkerstäben nicht hin. Steht extra in gesperrtem Fettdruck in der Anleitung.

Früher wäre das gar keine Schwierigkeit gewesen. Da hätte ich die Konstruktion eben mal schnell durchgerechnet. Einfach die Fläche aus dem Umfang bestimmt und zum Volumen ins richtige Verhältnis gesetzt. Und schwupps!... Schon würde ich gegen die neuen Regeln verstoßen. Dabei sorgen die doch endlich für Klarheit und konsequente Vorgehensweisen.

So sind Additionen nach Regel 0.815, Absatz 42 nun verbindlich in Großzahlschreibweise mit blauvioletter Tinte auszuführen. Für Multiplikationen wird hingegen grünmetallic empfohlen (Regel 0.815, Absatz 666), mit Ausnahme von Primzahlen, die obligatorisch mit Bleistift zu schreiben sind (Regel 3.5.7.11.13.17). Es sei denn, innerhalb der beiden folgenden Zeilen ist eine Division durchzuführen. In diesem Fall ist die Aufgabenstellung mit einem Stechbeitel in zyprisches Zedernholz zu stemmen und das Ergebnis in einem unfrankierten Briefumschlag aus Jute an das Ministerium für unsinnige Angelegenheiten zu schicken (Regel XY-Z).

Immerhin habe ich inzwischen herausbekommen, dass die Einzelkästen zu einem Quader kombiniert werden sollen. Dessen Basisfläche hat einen Umfang von 18 DIN-genormten Aktenordnerhöhen. Gäbe es nicht die Regel 3.1415, wonach Teilvolumina oberhalb eines EU-konformen Zuckerwürfels über fraktionierte Winkelfunktionen zu ermitteln sind, könnte ich damit im Handumdrehen (was obendrein nach Regel 2.7, Absatz 1828 nur gegen orthogonale Flächen konvergieren darf) die geforderte Höhe meines Regals bestimmen. So aber hadere ich mit dem Treiber meiner neuen Grafikkarte, deren Reformationssubprozessor dummerweise keine fluktuierende Dezimalschreibweise verträgt, die laut Regel 1.23, 2.31 und 3.21 verbindlich einzusetzen ist.

Natürlich bin ich mir vollends bewusst, dass die Ursache meiner Nöte in einer irrationalen unterschwelligen Verweigerungshaltung gegen Neuerungen im Allgemeinen und Reformen im Besonderen zu sehen ist. Deshalb werde ich mich selbstverständlich noch einmal eingehend mit dem verbesserten Regelwerk auseinandersetzen. Aber dummerweise hat sich für heute Abend wichtiger geschäftlicher Besuch aus dem Ausland angekündigt. Und bis dann muss das Regal unbedingt fertig aufgebaut und vorzeigbar sein. Schon alleine, damit die Welt sieht, wie reformfähig deutsche Knobelfreunde sind. Wenn ich nur wüsste... Sie haben nicht zufällig einen Tipp, wie hoch der Regalquader sein muss, gemessen in Aktenordnerhöhen?
______
Das mathematische Problem stammt von Univ.-Prof. Dr. Gerd Baron und Dr. Richard F. Mischak. Weitere Aufgaben finden Sie auf den Seiten des Wettbewerbs Jagd auf Zahlen und Figuren. Die erzählerische "Verpackung" gestaltete Dr. Olaf Fritsche.

(spektrum direkt, 6. Mai 2006)
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 01.04.2006 um 22.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#588


Was mir grade einfiel

In dem Reformspektakel ging es zu wie in einem James-Bond-Film: Dünnes bis einfältiges, leicht konfuses Drehbuch, aber gewaltiger pyrotechnischer Feuerzauber.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2006 um 09.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#575


Ein Wörterlotto, mit dem spielerisch der dringende Reformbedarf von Einzelwörtern ermittelt werden kann, habe ich hier eingestellt.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 09.03.2006 um 09.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#555


Nach den Kieler Nachrichten v. 21.11.2005 hörte Hannes Hansen eine Lesung von Peter Rühmkorf:
Quer durch über sechs Jahrzehnte Gedichtproduktion ging die lyrische Reise … Das Publikum goutierte seine Wortkunst mit hörbarem Vergnügen, und als die Spottdrossel im deutschen Dichterwald dann gegen Ende des Abends zu seinem berühmten „Mit den Jahren ... Selbst III / 88“ ansetzte, war gleich bei den ironisch-melancholischen Eingangsversen „Mit den Jahren auch nicht mehr ganz in dem Zustand, / dass man sich / seine Geliebten noch persönlich aussuchen kann -" freudiges Lachen zu hören.

Ich schrieb dazu:
Seit wann ist Rühmkorf der Dassseuche verfallen? Oder hat nur Correct-Nessie im Schreibpogrom wieder einmal zugeschlagen?

Leider konnte ich die Lesung damals nicht besuchen. Das habe ich gestern in Rendsburg nachgeholt.
Und nun erfuhr ich auch, was er von der „Rechtschreibreform“ hält:

»Das ist an mir vorbeigegangen. Ich habe mich damit beschäftigt. Ich war der Meinung, daß das Schreiben einer leichten Reform bedürfe – aber nicht einer Blödsinnsreform!«

Rühmkorf hat sich nicht in den Sumpf der Neuschreibung ziehen lassen, zu Recht, wenn man sich manche Gedichte ansieht:

Aus dem Gedicht „Fünffingerverse“

Ja dann! Dann absolut!
Dann hat sich’s plötzlich rumgequatscht,
r u c h l o s
die Hand voll Blut
an eine Höhlenwand geklatscht.


Als Ergebnis ist deutlich die Hand an der Wand abgebildet, wie wir es in manchen Höhlen des Mesolithikums auch finden.

Reformgemäß ausgebildete Neuschreibschüler erkennen in „Hand voll“ jetzt aber die kleine Menge, die bisher „Handvoll“ geschrieben wurde. Jetzt ist an der Höhlenwand nur ein großer verspritzter Blutfleck zu sehen.

Auch die neue Schrumpfreform, die „Handvoll“ wieder zuläßt, ändert daran nichts, denn „Hand voll“ soll ja dasselbe bedeuten. Die „Reform“ wirkt, auch wenn sie nicht in die Texte eingreift!
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 05.03.2006 um 10.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#546


Zum „Beschluss“ der Kultusminister
am 2. März 2006

Welch ein großer Sieg! Erkennen wir, daß Rüttgers und Stoiber auf unserer Seite stehen! Wir werden gewiß erst viel später die staatmännische Weisheit erfassen, die in ihrem taktisch klugen Plan zur Demontage der „Rechtschreibreform“ steckt. Durch ihre Weigerung des Vollzugs der „unstrittigen“ Reformteile und durch ihre Zusage, sich einer revidierten Form anschließen zu wollen, haben sie die verzweifelten Kultusminister zur einstimmigen Teilrücknahme der „Reform“ verleitet – etwas, das bis dahin undenkbar erschien. Stoibers Agent Zehetmair konnte umsichtig fördern, daß der ahnungslos instrumentalisierte Rat für Rechtschreibung nur die „eklatantesten Unebenheiten“ beseitigte, alle übrigen aber, vor allem die eklatanten, arglos beließ. Dadurch war es den Kultusminstern möglich, dem Vorschlag zuzustimmen – in der Hoffnung auf einen kleinstmöglichen Gesichtsverlust. Selbstverständlich müssen nun auch die Ministerpräsidenten geschlossen der „Reform der Reform“ zustimmen.

Damit liegt der Ball wieder bei uns, denn erst dadurch wird uns ermöglicht, mit gerichtlichen Klagen und ähnlichem auch gegen die eklatanten Unebenheiten der „Reform“ vorzugehen. Hierbei sind die zehetmairischen Sirenengesänge gegenüber der renitenten Presse zur Übernahme der konfus gewordenen Reform eine große Hilfe, denn wenn man dort aufmerksam genug ist, wird man zu dem naheliegenden Schluß kommen, daß es gar nicht Sinne des Ratsvorsitzenden sein kann, diese auch für ihre Zeitungen zu übernehmen. Um so leichter werden sich Richter finden, die feststellen, daß die einzige allgemein anerkannte Rechtschreibung die traditionelle ist und daher im Schulunterricht ihren festen Platz haben muß.

Nun kann die Schwerkraft der traditionellen Rechtschreibung mit ihren Milliarden Büchern, ihren Millionen Altschreibern und Tausenden von hochrangigen unreformierbaren Schriftstellern ihre Wirkung tun, um den Unheilskometen in der Atmosphäre verglühen zu lassen. Wer die Sorge hat, es möchten noch Heyse-Dämpfe des Stussschriebs das Klima gefährden, kann beruhigt sein: Auch in den Jahren vor dem Krieg war die reine ss-Schreibung weit verbreitet, zuletzt gefördert von dem gescheitertsten Geist, oder besser Ungeist, der Geschichte. Sie war danach so gut wie verschwunden – bis die sich gescheiter vorkommenden Kultusbürokraten eine teilweise Reanimierung beschlossen. Wir haben allen Grund zur Zuversicht!
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 26.12.2005 um 09.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#457


Feridun Zaimoglu schreibt wieder aus Rom.
Leider hält er sich nicht an die Political Correctness:
Zwei Zigeuner mit Krückstöcken unterm Arm gehen pfeifend spazieren, kaum sind sie an der Kreuzung angelangt, verwandeln sie sich in Schwerbehinderte, sie humpeln an die wartenden Autos heran und halten die Hand auf.
(Kieler Nachrichten 24.12.05)
Er hätte lt. Duden 2004, S. 1095, nur schreiben dürfen:
„Zwei Sinti und Roma mit Krückstöcken unterm Arm gehen pfeifend spazieren …“
oder nach S. 820/895:
„Ein Sinto und ein Rom …“
oder besser(?):
„Zwei Sinti oder Roma …“

Mit dieser Regel dürfte die korrekte Anpassung klassischer Literatur, trivialen Liedgutes und beliebter Fleischzubereitungsarten unbefriedigend bleiben.
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Michael Mann
Dormitz

Dieser Beitrag wurde am 28.11.2005 um 16.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#414


Ringelnatz.

Aus der digitalisierten Ausgabe auf den Seiten der Uni Bielefeld.
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 27.11.2005 um 13.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#412


zu Schulden kommen lassen

Aha! Dieser Artikel ist so in der mir vorliegenden Druckausgabe nicht enthalten. Der in der Online-Ausgabe stehende Artikel stammt von de/dpa, in der Druckausgabe steht ein Eigenbeitrag von Martin Lutz und Uwe Müller.

Ich habe die gesamte Ausgabe noch einmal durchgesehen und notiert, was mir auffiel:
S.1: die sogenannten Regionalisierungsmittel, dar-auf [so getrennt], des Sowohl-Als-auch, aufwendigste
S.3: ... ist professionelle Hilfe ... vonnöten. Bleibt alles beim alten.
S.4: Inwieweit [!] der ehemalige Theologieprofessor ...
S.5: explodierte ein Zusatzwerk für das Staatliche [!] Jiliner Petrochemiekombinat.
S.6: Dem 24jährigen droht ..., ist die neue Partei von Israels Premier Ariel Sharon Mittwoch morgen ...
S.9: Unter LESERBRIEFE: Zu: "Zu: 30 Prozent der 15-Jährigen hat Erfahrung (Möglicherweise stand das aber auch so im Betreff der Zuschrift.)
S.11: [alle Schreibungen in einem Beitrag von Lutz Frühbrodt:] favorisiert die Expertise auf einigen Feldern das so genannte Eigentumsmodell. ... sei am Besten zu bewerkstelligen. ... fördere am Besten ... Vermarktungspotential.
S.12: Eine Einigung war bis zum Mittwochnachmittag [!] nicht absehbar. ... außer acht zu lassen
S.14: [der erste das/daß-Fehler] Erwartet wird, das viele lediglich zur Umleitung auf bereits bestehende Seiten genutzt werden.
S.17: Wir beobachten zur Zeit ...
S.19: si-gnifikant [so getrennt]
S.21: daß das Volumen der notleidenden Kredite steigt. [und] die die steuerliche Verluste ... [Es muß heißen: die die steuerlichen Verluste ...]
S.23: Obwohl die Große Koalition in Sachsen ... [Schreibfehler oder Absicht?]
S.24: Ihn aufgrund früherer Verdienste ...

Bis zur letzten Seite 32 habe ich es dann doch nicht mehr geschafft. Alles in allem kann man der WELT aber wahrlich nicht vorwerfen, schlampig zu korrigieren. In Summe ein das/daß-Fehler; ein "Mittwochnachmittag", wo es wohl "Mittwoch nachmittag" heißen sollte; keine einzige falsche ck-Trennung (ich habe zwei k-k-Trennungen gezählt, habe aber vielleicht auch eine noch übersehen) und drei oder vier andere Fehler mehr. Mögen das andere erst einmal nachmachen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.11.2005 um 10.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#411


Das mit dem "zu Schulden kommen lassen" steht in
http://www.welt.de/data/2005/11/24/808279.html.
Wie lange die Artikel aus dieser Ausgabe da aufgehoben werden bzw. ohne weiteres zugänglich sind, weiß ich nicht.
Schönes Wochenende!
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 25.11.2005 um 17.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#410


In der letzten Ausgabe, die ich in der Hand hatte (ist ein paar Wochen her), waren die ck nicht getrennt. Soll mir natürlich recht sein, wenn sich das gebessert hat. Vielleicht war's auch nur ein technischer Ausrutscher just an dem einen Tag.
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 25.11.2005 um 16.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#409


@Herrn Markner: "... Schlimmer ist die konsequente ck-Nichttrennung ..."
@Herrn Ludwig: "Auch Landtagspräsident Jürgen Gansäuer hatte ihm bescheinigt, daß er sich als Abgeordneter formalrechtlich nichts habe zu Schulden kommen lassen.

Ich bin zufälligerweise noch im Besitz der Druckausgabe WELT vom 24.11.05 und habe sie auf diese Bemerkungen hin gestern abend noch einmal sorgfältig durchgelesen. Bis zum Feuilleton bin ich bis jetzt gekommen. Die "konsequente ck-Nichttrennung" kann ich nicht bestätigen, es wird durchgängig k-k getrennt. Den von Herrn Ludwig zitierten Satz finde ich gar nicht, auch nicht nach mehrfachem Suchen.

Während die Ausgabe von zwei oder drei Tagen zuvor noch mehrere das/daß-Fehler aufwies (einmal sogar ein "daß", wo das Relativpronomen "das" stehen sollte!), bin ich bei dieser Ausgabe trotz sorgfältiger Suche bis jetzt auf nur einen gestoßen.

Wenn ich am Wochenende Zeit finde, werde ich den Rest noch "durchackern" und dann Bericht erstatten.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 24.11.2005 um 22.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#408


Das ist von der Agentur zugeliefert. Schlimmer ist die konsequente ck-Nichttrennung. Und reformindu(t)zierte Verwirrung wie hier: Sein Kompagnon Nohal [...] hat bereits am 11. November bei einer Gesellschafterversammlung seine Ämter nieder gelegt. Das bestätigten die beiden vorläufigen Insolvenzverwalter, die die Berliner Institution aufrecht erhalten wollen. [...] Es wird aber definitiv weiter gehen mit der Paris Bar und der Le Bar du Paris Bar. (Franziska v. Mutius, Welt, 24. 11. 2005)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 24.11.2005 um 18.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#407


"Auch Landtagspräsident Jürgen Gansäuer hatte ihm bescheinigt, daß er sich als Abgeordneter formalrechtlich nichts habe zu Schulden kommen lassen. WELT.de/dpa
Artikel erschienen am Do, 24. November 2005"

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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 24.11.2005 um 17.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#406


Zu " inkonsistente Mischorthographie":
Mein Eindruck ist, daß in den E-Fassungen, die ja offenbar gesondert herausgegeben werden, bemerkbar viel "Mischorthographie" auftritt und ins Auge fällt. Hier die Sonderredakteure nicht einschlafen zu lassen und immer wieder auf ihre Nachlässigkeit hinzuweisen, täte vielleicht sein Gutes. Auch sollte man die Antwort, daß da eben unter großem Zeitdruck gearbeitet werde, nicht gelten lassen: Den Spell-Check benutzt man nach dem Korrekturlesen, nicht anstatt! Das ist einfach Handwerkswissen.
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Konrad Schultz
Chemnitz

Dieser Beitrag wurde am 24.11.2005 um 14.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#405


Nachdem ich einige Male kreuz und quer gelesen habe, ist mein Eindruck der, daß in der "Welt" immer mal eine ärgerliche Fehlschreibung unterkommt, und nicht nur in Agenturmeldungen, während sich die FAZ wohltuend davon abhebt, ich finde nur selten ein orthographisches Ärgernis.
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 24.11.2005 um 13.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#404


Ich habe nun anläßlich eines Seminarbesuch das Vergnügen gehabt, an vier Tagen die WELT lesen zu dürfen. Ich kann bestätigen, daß abgesehen von ganz wenigen "daß / das"-Fehlern (meist in Agenturbeiträgen) alles in bester normaler Rechtschreibung. Eine inkonsistente Mischorthographie habe ich nicht vorgefunden.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 24.11.2005 um 12.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#403


Nach meinem Eindruck erscheint die Welt in einer inkonsistenten Mischorthographie.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 24.11.2005 um 09.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#402


DIE WELT schreibt seit einem Jahr wieder traditionell, zum Beispiel heute die Überschrift:

Wieviel Homosexualität sein darf: Eine neue Richtlinie des Vatikans zu einem alten Problem

In „Reformschreibung“ würde daraus eine Anleitung zum möglichst weitgehenden Ausleben gleichgeschlechtlicher Neigungen:

Wie viel Homosexualität sein darf: Eine neue Richtlinie des Vatikans zu einem alten Problem

So war es doch wohl nicht gemeint!
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 09.11.2005 um 22.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#357


Aus einem Werbeprospekt der Handelskette "Plus"

Wein-Tipp: Dieses Cuvée... verdankt ihre samtigen Tannine...der 6-monatigen Reifung in Barrique-Eichenfässern.


Passt perfekt zu Bratengerichten, Wild, Lamm oder geselligen Runden.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 03.10.2005 um 14.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#298


Zum Tag der deutschen Einheit

1871 Einheit Deutschlands (kleindeutsch durch Bismarck)
1901 Einheit der deutschen Rechtschreibung (durch Konrad Duden)

Fortfall entbehrlicher Zeichen:
h nach t: Thür >Tür

1949 Teilung Deutschlands (durch die Kommunisten)
1996 Teilung der deutschen Rechtschreibung (durch die Kultusminister)
in die klassische Kulturschreibung – und die Pennälerschreibung:

Vermehrung überflüssiger Zeichen:
ss-Reformsignal: das As > das Ass
Dreifachbuchstaben: Schwimmeister > Schwimmmeister
…auch kombiniert: Flußschiffahrt > Flussschifffahrt
Stammpedanterie: Roheit > Rohheit
Ratlosigkeit: Zierat > Zierrat
„Volksetümologie": Tolpatsch > Tollpatsch
Bindestrichfimmel: der 14jährige > der 14-Jährige
Notlösungs-Bindestrich: Brennessel > Brenn-Nessel
Lückentick: die Leidtragenden > die Leid Tragenden
Kommakrampf: "Kommst du?" fragte er > "Kommst du?", fragte er
„Kackofonie" : selbständig > selbstständig
usw.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 29.09.2005 um 18.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#293


Eines Tages werden alle erkennen, wie Recht J. G. Borkman hatte!
Einziger Gedanke des Ausgestoßenen ist seine Rehabilitation: Eines Tages werden sie alle erkennen, wie Recht ich hatte!...
Barbara Nüsse, graugrün in ihre Kälte gewickelt, vibriert in der dürren Wolllust ihrer Demütigungen, strähnige Haare, ein Strich der Mund, rau ihre schartige Stimme und hohnmeckernd das Lachen über weltliche »Freuden«…
(c) DIE ZEIT 22.09.2005 Nr.39


http://www.zeit.de/2005/39/Theater_Z_9frich

Muß es jetzt nicht „Hohn meckernd“ heißen?

Oh, wie Mut „Die Zeit“ doch hatte, sich am neuen Schreiben zu versuchen!
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 28.09.2005 um 08.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#291


100 Geschichten und mehr
Warum Hunde und Katzen einander so Feind sind. (184). Wie ein Hund sich blamierte.
Wer hängt der Katze die Schelle an. (316) ...
www.legasthenieverband.com/legasthen/erp/page7.html


Legastheniker sollen auch Grammatastheniker werden.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 27.09.2005 um 10.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#289


Vor wenigen Tagen druckte die F.A.Z. einen Leserbrief ihres Autors Klaus Berger, in dem er sich selbst ausgiebig feierte. Ein Bekenntnis zur amtlichen Rechtschreibung paßt ins Bild.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 27.09.2005 um 09.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#288


Fehlt eigentlich nur noch die Gräuel-Schreibung zum Konsens ?

In der F.A.Z. heute, 27.9.05 auf S. 41:

Heilige Tendenzschrift
Was steckt hinter dem Streit um die Einheitsübersetzung

… Wie soll man weiter verfahren? Die Einheitsübersetzung hat eine gründliche Revision nicht verdient. Man sollte es bei der Anpassung an die neue Rechtschreibung belassen. Denn so schlecht, daß sie falsch oder unmöglich wäre, ist die Einheitsübersetzung wirklich nicht. Sie hat viel anerkennenswerte Mühe gemacht, und die noch lebenden Augenzeugen berichten von den herrlichen Gastmählern, die die deutschen katholischen Bischöfe den Übersetzern spendierten. So hatte die Arbeit auf jeden Fall ihr unvergeßliches Gutes.
KLAUS BERGER


Apropos, heute ist der Jahrestag des Volksentscheids in Schleswig-Holstein!
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 03.09.2005 um 19.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#262


Gefunden auf Spiegel Online im RSR-Forum:

Es tut mir Leid, dass die Aufsehen erregende, aufwändige und im Allgemeinen nicht geliebte so genannte Augst`sche Recht-Schreib-Reform hier zu Lande mithilfe der Kultus-Minister und einer Hand voll weit gehend selbst ernannter Sprach-Reformer mit weit reichenden Folgen vor Längerem im Wesentlichen eingeführt wurde und dies, ohne ein Mal politisch ernsthaft infrage gestellt worden zu sein und ohne dass man sich wirklich mit der nahe liegenden Frage auseinander gesetzt hätte, ob sie uns wohl auch wirtschaftlich wohl tut. So wenig viel versprechend der geheim gehaltene Beginn war, so viel wohl bedachte Kritik folgte. Ein Ergebnis hoch stehender, hoch entwickelter und wohl überlegter Sprach-Forschung war das nicht und die Vernunft ging dabei Pleite und Konkurs. Man sollte Acht geben, zu wie viel Unsinn diese wichtig tuenden, von einem wohl bekannten Medien-Konzern dirigierten nicht selbstständigen Tollpatsche noch im Stande sind, die sich nicht im Klaren darüber sind, welchen gräulichen Unsinn sie verschuldet haben. Wird man endlich Halt machen oder wird die übereilt fertig gestellte deplatzierte Reform eine Zeit lang weiter bestehen? Was für eine Ekel und Furcht erregende Obrigkeits-Gläubigkeit und Beamten-Hörigkeit sich hier zu Lande rechts wie links zurzeit mal wieder zeigt. Deutsch zu schreiben, wird zum Witz.

Autor: Marco Niemz am 21. Juli 2005 - 19:47
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 30.08.2005 um 07.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#253


Seltsamkeiten im Leipziger Wortschatzlexikon:

„spinnefeind“

• Grundform: spinnefeind
• Teilwort von: er ist ihm spinnefeind
• Form(en): spinnefeind, spinnefeinden, spinnefeinde
• alte Rechtschreibung von: Spinnefeind


Für die angeführten Formen wird keine einziger Beleg gebracht, für die absurde Substantivierung auch nicht. Eine sprachliche Fehlleistung wird Bestand der Wissenschaft, auch wenn man sich anderswo schon dafür schämt.

Bei „feind“ jedoch, obwohl immer noch „amtlich“ ein Substantiv, fehlt der beflissene Hinweis: „alte Rechtschreibung von: Feind“

Unter den Beispielen finden sich auch Druckfehler wie:
Michel Rocard, Frankreichs populärster Sozialist, Wahlsieger nach allen Umfrageergebnissen, moderat und liberal, doch Intim feind Mitterrands, hat als einziger den Toten gesehen. (Quelle: TAZ 1987)

oder bewußt in Kleinschreibung verfaßte Texte:
Wenn wir indessen alle solidarität mit der gegenwärtig in der UdSSR regierenden kaste zurückweisen, so nur deshalb, weil sie in unseren augen nicht den kommunismus repräsentiert, sondern vielmehr sein perfidester und gefährlichster feind ist. (Quelle: TAZ 1990)

Doch auch die „fortschrittliche“ TAZ kann „feind“ nicht zum Substantiv machen:
Ist das der Preis einer in unendlich viele Subwelten zerfallenden Metropole, deren Mitglieder sich gegenseitig aufs fernste fremd und aufs höchste feind sind? (Quelle: TAZ 1992)

In Ermangelung von seriösen Beispielen aus Gegenwart und Vergangenheit für die Reform-Schreibung „Leid tun“ ist im Leipziger Wortschatzlexikon „Spiegel-online“ als Quelle dafür überproportional vertreten (45 Beispiele, ohne Zeitangabe), unter anderem mit:

Wir sind Profis, und wenn man jeden Morgen daherkommt und sagt, tut mir Leid , …
Keinen einzigen, tut mir Leid ", begründete Reich-Ranicki seinen Verzicht auf einen Walser-Roman.
Riewa rufe sie "immer an, sagt, dass ihm diese Sache super Leid tut, …".
Vor hundert geladenen Journalisten hatte die Braut sich öffentlich zu ihrer "Grenzen sprengenden " Vergangenheit bekannt und um Verzeihung gebeten: "Das tut mir Leid ".
Trainer Huub Stevens tat es "ein bisschen Leid für Bayer.
"Tut mir Leid für die Mannschaft", sagte er nur.
Das täte mir um der Sache willen Leid , auch um die SPD, die ich seit Jahrzehnten wähle.
Der Biss im Lokal tue ihm sehr Leid , sagte der Angeklagte.
Er erzählt ihr, wie Leid ihm seine Tat tut.
Und im Nachhinein tut es mir natürlich Leid , …
So Leid es mir tut.
Auf der einen Seite tat uns der Typ furchtbar Leid .
"Es tut uns sehr Leid , dass Scolari sich zum Abschied entschlossen hat…
"Seit ich das gesehen habe, nehme ich sie öfter in den Arm", sagt Lehrerin D., "die tun mir richtig Leid ."
Es tut mir so Leid für unsere vielen mitgereisten Fans, dass es nicht geklappt hat.
"Leid tragende sind ausschließlich Digital-Empfänger, …
Die Leid Tragenden sind vor allem Hotels, Museen und Freizeitparks wie Disneyland Paris.
Der SPIEGEL TV Themenabend mit einem Frontbericht vom Nachbarschaftskrieg - über quakenden Frösche, ewige Rechthaber und Leid geprüfte Richter.


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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 26.08.2005 um 14.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#249


Wie man ganz leicht die Wahl gewinnt


Wenn man fragt, ob alle Menschen im gleichen Maße vernünftig seien, wird fast jeder erwidern, die Vernunft sei ungleich verteilt; folglich gebe es Vernünftigere und weniger Vernünftige.
Wenn man dann fragt (auch sich selbst), welcher Hälfte man selbst angehöre, wird sich jeder unter die Vernünftigeren zählen. (Da wird sich - logischerweise - in der Hälfte der Fälle jemand irren.)
Das sind zwar Binsenweisheiten, aber sie lassen sich auch trefflich auf unsere Wahlabsichten anwenden. Wir werden in der Regel annehmen, die Mehrzahl der Vernünftigen stünde hinter der Partei, die wir selbst zu wählen beabsichtigen. Angenommen, diese Partei stünde in den Umfragen vor einer Wahl beispielsweise konstant bei 42% (was ja eine erstaunlich hohe Zahl wäre) - wie könnte sie diese Zustimmung noch steigern? Das Reservoir der Vernünftigen wird man in einem solchen Fall für weitgehend ausgeschöpft halten; man wird sich daher bemühen müssen, auch unter den weniger Vernünftigen Zustimmung zu gewinnen. Gewinnt man diese mit vernünftigen Argumenten? Das ist nicht auszuschließen, da uns durchaus etwas zu fazinieren vermag, was uns selbst nicht (oder in nur geringem Maße) zu eigen ist. Würden aber sehr viele der weniger Vernünftigen sich durch vernünftige Argumente überzeugen lassen, wäre das ja ausgesprochen vernünftig (und wir hätten sie falsch eingestuft).
Es wird also erforderlich sein - um die Mehrheit zu gewinnen - auch weniger Vernünftiges vorzubringen, das zum Beispiel die Emotionen stärker anspricht als den Kopf. Das wiederum stößt rasch die Vernünftigeren vor denselben, so daß daraus eine Hasard-Tour folgt.
Mit diesen Hinweisen sollt es jeder Partei leichtfalllen, die Mehrheit auf ihre Seite zu ziehen. (Vor allem natürlich der Partei, hinter der Sie ohnehin schon stehen.)
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Gabriele Ahrens
Elsfleth

Dieser Beitrag wurde am 23.08.2005 um 09.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#247


Töchter und Söhne Mannheims

VON KURT SCHOLZ (Die Presse) 23.08.2005

Der klügste Schritt zur Rechtschreibreform wäre wohl, sie in eine weniger zwanghafte Stadt zu verlegen.

Mannheim ist die quadratischste Stadt der Welt. Der Grundriss, das Straßenpflaster, die Reklametafeln, alles quadratisch. Noch nie hat sich in Mannheim jemand verirrt. Wenn die Mannheimer spazieren gehen, sagen sie: "Ich geh mal ums Quadrat." Das Zentrum Mannheims kennt keine herkömmlichen Straßennamen. Wo in anderen Städten die Gassen nach berühmten Menschen benannt sind, gibt es nur Buchstaben und Zahlen. Das Straßennetz beginnt mit "A", dann folgt "B", darauf "C" usw. Die Querstraßen heißen "1", dann "2", "3", usf.

Das großherzogliche Schloss hatte, klar, die Adresse "A 1". Das Rathaus nur "E 5", das Stadthaus "N 1". Mannheim ist eine Quadratestadt. Als man vor einigen Jahren ein Mahnmal für die zerstörte Synagoge (einst in " F 2") errichtete, war es - erraten - quadratisch. Es steht auf "P 2". Die Stadt ist ein Schachbrett - lauter Quadrate. Wahrscheinlich sind auch die Kochtöpfe quadratisch in Mannheim.

Man muss sich schon gut auskennen, um in Mannheim auf Ausnahmen zu stoßen. So gibt es zum Beispiel keine J-Straße (um Verwechslungen mit dem "I" zu vermeiden), und ab und zu sind zwei Quadrate zu einem verschmolzen. Die Zählung der Hausnummern erfolgt bei den Quadraten A-K gegen den Uhrzeiger, bei L-U dagegen im Uhrzeigersinn. Ganz einfach, nicht? Quadratisch, praktisch, Mannheim?

Es kann kein Zufall sein, dass die wichtigsten Einrichtungen der deutschen Rechtschreibung hier ihren Sitz haben. Irgend etwas muss sie dorthin gezogen haben, und irgend etwas prägt sie dort offenbar. Der Duden-Verlag ist seit 1953 in Mannheim, er verschmolz zum Bibliographischen Institut + F.A. Brockhaus, und auch der Vatikan der deutschen Orthographie, das Institut für deutsche Sprache, befindet sich in Mannheim. In ihm wird unsere Rechtschreibung reformiert, unter der Adresse R 5; 6 - 13. Über hundert Mitarbeiter arbeiten dort an GRAMMIS ("Grundlagen eines grammatischen Informationssystems") oder dem VALBU ("Valenzwörterbuch deutscher Verben"). Es gibt "Untersuchungen zur kommunikativen sozialen Stilistik", Wissbegierige können sich über "Modalpartikel an der Schnittstelle zwischen Syntax und Prosodie" informieren oder, wenn sie es einfacher wünschen, einem "Kurzen Kompositionsstammvariantenvarianzparametervortrag" lauschen.

Mannheim ist das Mekka, das A und O der deutschen Rechtschreibung. Irgendwie aber dürfte es einen geheimnisvollen Zusammenhang zwischen dem ausnahmegespickten Ordnungszwang dieser Stadt und der Rechtschreibreform geben. Vielleicht fühlt man sich nur wohl, wenn man zwar einerseits quadratisch normiert, aber gleichzeitig, wie im Stadtplan, auch Dreiecke, Rhomben und Trapeze zu "Mannheimer Quadraten" macht? Wahrscheinlich wäre der klügste Schritt zur Rechtschreibreform, sie in eine weniger zwanghafte Stadt zu verlegen. Die Quadratur Mannheims ist gelungen. Auf die des Kreises und der Rechtschreibung warten wir noch.

Kurt Scholz ist Restitutionsbeauftragter der Stadt Wien und war langjähriger Wr. Stadtschulratspräsident.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 19.08.2005 um 16.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#237


Ergänzung zur Hauptdiskussion:
Die „Kieler Nachrichten“ scheinen vergleichsweise fehlerarm zu sein, wenn man „alt“(selten) und „neu“ gleichermaßen gelten läßt. Die Trennautomatik schlägt jedoch oft Kapriolen. Die Klopfer der Agenturen sind seltener geworden. Die Lokalnachrichten geben wegen der schlichten Sprache wenig Gelegenheit, die „Reform“ falsch oder richtig auszuleben. Es bleibt meist bei „-Jährigen“, „fertig stellen“, „kennen lernen“, „aufwändig“ (fast immer) und „so genannt“ (immer noch). Die höherrangigen Schreiber meiden offensichtliche Skurrilitäten. Lediglich der stellvertretende Chefredakteur (Klaus Kramer) führt vorbildhaft demonstrativ seine neue Rechtschreibung vor, inzwischen aber schon gemäßigter (Auswahl):

• … Schröder wollte sich offensichtlich nicht am Nasenring durch die politische Arena treiben lassen. Von einer Partei, deren Innenleben er einmal mit einem Schafstall verglichen haben soll: warm, aber übel riechend. … Die Koalitionsparteien könnten aber auch auf die Idee kommen, dass ein neuer Kanzler für den Wahlkampf Erfolg versprechender wäre …(28.06.05)
• Es gibt nicht mehr Vieles in unserer Gesellschaft, das noch als pervers gilt …ein halbwüchsiger Sänger wird berühmt, weil er Hunderte Kakerlaken über sein Gesicht laufen lässt. Je Ekel erregender, je unerhörter, desto besser. (04.02.04)
• Millionen-Abfindungen für Top-Manager …Essers Name steht für die Aufsehen erregendste Übernahmeschlacht der Wirtschaftsgeschichte…(19.01.04)
• Die CDU will es allen Recht machen: …( 01.12.03)
• Menschen verachtend
Die Forderung, Älteren keine künstlichen Hüftgelenke zu bezahlen, ist Menschen verachtend und ökonomisch unsinnig. Menschen verachtend, weil der Vorsitzende der Jungen Union so tut, als sei das künstliche Hüftgelenk so überflüssig wie ein Bauchnabel-Piercing...( 05.08.03)
• Krieg kann höchstens das letzte, das allerletzte Mittel sein, Völkerrecht wieder herzustellen. ... Dann werden Schröder und Fischer die deutsch-amerikanische Diplomatie wohl oder übel wieder beleben müssen. ( 19.03.03)
• Auch der Anreiz in Form von Beitragsrabatten ist viel sprechend: So zahlen sich der Verzicht auf Süßigkeiten und Schweiß treibende Fitnesskurse nicht nur beim Blick auf die Waage, sondern sogar in Cent und Euro aus. (27.12.02)

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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 04.08.2005 um 12.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#224


Am 31. 7. verbreitete dpa die Meldung, ein Klaus Zehetmair, Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung, habe die Schulen zur Nachsicht bei der Fehleranrechnung gemahnt. Sie erschien u.a. bei RTL News, Info Radio und in den Kieler Nachrichten. Die Berichte über die Rechtschreibreform sind eben genauso unzuverlässig wie die verwendete Rechtschreibung selber.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 01.08.2005 um 09.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#219


Ob nachschlagen hilft?

Die dpa-Meldung mit ausgewählten Beispielen der „unstrittigen" Schreibweisen in den Kieler Nachrichten:

Hier steht es richtig
Wer sich in Zweifelsfällen schlau machen will, schlägt am Besten nach.


(Kieler Nachrichten v. 30.7.2005)
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 31.07.2005 um 20.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#218


Wenn in früheren Jahrhunderten eine Truppe meuterte, wurde sie dezimiert, das heißt, jeder zehnte wurde erschossen, um die Disziplin wiederherzustellen. Die „Rechtschreibreform“ wird heute weniger denn je von Bevölkerung und Medien ernstgenommen. Da man diese nicht belangen kann, saust jetzt stellvertretend die kultusamtliche Fehlerkeule auf die wehrlosen Schüler nieder – auf jeden zehnten Deutschen.

Für Medienmacher, die, dadurch geschockt, nun doch noch das Neuschreiben lernen wollen, gibt es jetzt ein Last-Minute-Angebot:

Kostenloser Online-Workshop für Medienmacher
Schluß/Schluss mit der Verwirrung:

Am 1. August 2005 tritt die neue Rechtschreibung in Kraft.

Es ist also höchste Zeit, sich mit den neuen Regeln zu beschäftigen. Deshalb haben wir den Rechtschreibexperten Christian Stang (Foto) gebeten, das Wichtigste zusammenzufassen. Knapp, kompetent und knackig erklärt er unter anderem, wie es sich künftig mit der Groß- und Kleinschreibung verhält und was sich bei der Zeichensetzung getan hat.

Der Workshop, redigiert von dem Journalisten Hilmar Pfister, besteht aus acht Lektionen, die per E-Mail versendet werden. Die Teilnahme ist kostenlos.

Mitmachen lohnt sich: Unter allen Teilnehmern verlosen wir neun Exemplare der aktuellen 23. Auflage des Rechtschreibdudens in der Kombi-Version aus Buch und CD-ROM im Wert von jeweils mehr als 25 Euro.
[…]
http://www.journalistenlinks.de/

Interessant ist auf der gleichen Seite eine Umfrage, nach der 61 Prozent der befragten Journalisten die Freiheit von der neuen Rechtschreibung bei FAZ und Springer verteidigen.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 03.07.2005 um 14.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#163


Zur „Kieler Woche“, dem größten Segelsportereignis der Welt, erschien in den „Kieler Nachrichten“ v. 25.6.05 der Untertitel:

Matchrace-Ass Russell Coutts flirtet mit der „alten Liebe“ Fleetrace
Drei Siege beim America’s Cup in Folge, dabei blieb er in 14 Rennen für sein Heimatland Neuseeland … unbezwungen …


Ob wohl die aus aller Welt herbeigeströmten Sportler und Journalisten diese Titulierung mit seiner Disqualifizierung wegen verbotenen „Pumpens“ an der Schot in Verbindung brachten?
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 16.06.2005 um 14.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#137


Ein kleines Scharmützel auf Spiegel-Online mit der „wohl wohl bekannten“ Frau Dr. Margret Popp:

Zitat Popp:
… das Icklersche Wörterbuch, das sich in Tausenden von Fällen vor einer Entscheidung drückt.

[Ich:]Sie verweigern offensichtlich, zur Kenntnis zu nehmen, was Ickler dazu ständig wiederholt: Es handelt … um Darstellung des seit hundert Jahren überwiegenden Schreibgebrauchs, …

Zitat Popp:
Polemischer Kappes. Sie waren dabei, als ich Ickler hierauf geantwortet habe.

Er bietet ein Wörterbuch, das, egal, wie er dazu deskriptiv rumjammert, die normative Kraft des Faktischen ausstrahlt.

Und er bietet in dem einen Punkt, an dem er sich jahrelang vor sardonischem Gelächter nur so hatte ausschütten wollen, dass den Reformern da nur so schlechte Regeln gelungen seien (Aufzählung und extensive Besprechung aller Einzelfälle mit bildhafter Ausmalung usw) selber -- gar nichts. Er lässt den Benutzer "entscheiden". DAS kann ich auch.

Der gespannte Leser hatte doch wohl erwarten dürfen, dass der Polemiker dann aber hieb- und stichfeste oder wenigstens bessere eigene Regeln entwickeln würde, wenn die, die er so sprachgewaltig verrissen hatte, nichts taugten.

Und was findet er stattdessen? Den Ausdruck einer elegant formulierten Resignation vor dem Problem, überhaupt Regeln aufzustellen. Das was Sie referieren. SONST NICHTS! M.a.W.: Es war eine reine Schmähkritik gewesen, der Polemiker wusste es in dem Punkt, auf den es ankam, überhaupt nicht besser. Der Polemiker ruft seinem Kunden zu: April, April, ich hatte gar nichts gegen die Einzelheiten der Reform-Regeln, ich bin nur gegen Regeln überhaupt gewesen. Aber mein Buch haste nu schon bezahlt, das ist ja das Geile an der Marktwirtschaft.

Dass es Varianten GIBT, dass man es so und so MACHT, das weiß der Nachschlagende schon, bevor er nachschlägt. Er will sehen, was die zu bevorzugende Variante ist, damit er sich daran halten und seinen Text konsistent halten kann. Deshalb konsultiert er den Fachmann. Er will da nicht mit Icklers gemanistischem Gerede über die Herkunft des betreffenden Chaos in der kurzen Rechtschreibgeschichte abgespeist werden.

Doch zu dem, was der Ratsuchende sucht, bietet Ickler SCHLECHTERES als das amtliche Regelwerk.

Dass der Mann Germanist ist, zeigt: Er müsste es besser wissen als das, was er da von sich gibt. Bei dem, muss man befürchten, ist die Polemik nicht nur Torheit, sondern Böswilligkeit.
[Ständige Unterzeile:]
Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 15.06.2005 um 11.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#135


Noch zu ARD-Morgenmagazin:
Das war mir entgangen. Ulrich Dillis schreibt bei Spiegel-Online:

Der niedersächsische Lehrer Manfred Baumgartner, das war doch der, der im "großen Deutsch-Test" von RTL am 29. Mai 2004 das Neuschreib-Plansoll mit nur sechs Fehlern weit übererfüllt hat, der Adolf Hennecke der Rechtschreibreform!

Adolf Hennecke, die Akkordarbeiter-Lichtgestalt der frühen DDR!
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2005 um 22.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#134


Götz Wiedenroth findet die „Reform" wieder karikativ:
http://www.wiedenroth-karikatur.de/images/karikaturen/1118761704_view.gif
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Simon Bauer
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2005 um 14.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=29#132


Unter "Das Richtige gilt bald als Fehler" steht eine Kleinigkeit zu Herrn Baumgartner. Er wirkte etwas "hilflos" heute morgen - oder kam mir das nur so vor?
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2005 um 11.25 Uhr eingetragen.
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ARD-Morgenmagazin, 14.6.05: Der Schulmeister Manfred Baumgartner erklärt zwar, daß die „neue“ Rechtschreibreform nur für Schulen usw. verbindlich sei, aber die begleitende Moderation bleibt von Anfang bis Ende dabei, wie „wir“ ab August zu schreiben hätten. Der Telephonanruf eines Herrn der „Grauen Panther“ wird durchgestellt. Er fragt, warum man nicht generell die Kleinschreibung eingeführt habe. „Wir würden uns als ältere Generation wesentlich leichter tun“ – unglaubwürdig – ein bestellter Anruf, um die ältere Generation „ins Boot“ zu holen? Herr Baumgartner wußte nur von einer großen Tageszeitung, die die alte Rechtschreibung verwendet. Die kann er nicht lesen, ohne daß er über „daß“ mit „ß“ stolpert. Dagegen wäre eine Umstellung nicht störend, weil sich ja nur in drei Prozent der Fälle das Wortbild ändert. An den Schulen werde es ab August keine Bücher mehr mit alter Rechtschreibung geben. (Bei uns im Norden müßte man dazu die Lernmittelfreiheit abschaffen und die Kosten der Reform, wie anderswo auch, auf die Eltern abwälzen.)
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 29.05.2005 um 14.18 Uhr eingetragen.
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"Frankreich wählt - und Europa hält den Atem an
Paris (dpa) - In Frankreich haben um acht Uhr die Wahllokale für das Referendum über die EU-Verfassung geöffnet. Rund 42 Millionen Franzosen sind aufgerufen, über den europäischen Grundsatztext zu entscheiden. […] Wenn die Franzosen die EU-Verfassung ablehnen sollten, ist das Vertragswerk gescheitert, weil ihm alle 25 EU-Staaten zustimmen müssen....


Liebe Politiker in Frankreich, macht Euch doch keine Sorgen um den Ausgang der Abstimmung! Auch bei uns hatte Franz Müntefering vor der Volksabstimmung in Schleswig-Holstein verkündet: „Sollte ein Land ausscheren, wäre die [Rechtschreib-]Reform gescheitert", und dann haben unsere Politiker gezeigt, wie man den Willen des Volkes ganz einfach annullieren kann. Oder traut man sich in Frankreich nicht?
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 27.05.2005 um 10.15 Uhr eingetragen.
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Die „taz“ schlägt Alarm:

Hirsche dürfen wieder röhren
VON DIRK KNIPPHALS
Im Zweifel hilft der Sprechtest. Sagen Sie es doch ruhig ein paar Mal vor sich hin, das Wort von der "geistig-moralischen Wende".

[…]
Jetzt zur Rechtschreibreform, und da, muss ich sagen, gibt es am meisten geistig-moralischen Wendealarm. Das Seltsame an den Reformgegnern war ja nicht, dass sie sich für das alte Regelwerk eingesetzt haben - die alte Kommasetzung hatte, einmal gelernt, viele Schönheiten. Das Seltsame war das seltsame Menschenbild, das hier an allen Ecken und Enden hervortrat. Menschen, die keine klaren Regeln zu befolgen hätten, seien verunsichert, so wurde argumentiert. Auch hatten die Reformgegner etwas von Grund auf Unfreies und Diskursfeindliches. Als ob der Sinn wirklich durch die einzelnen Wörter ein für alle Mal festgelegt würde und nicht durch den Kontext! Und als ob es nicht auch die Möglichkeit der Nachfrage und des Gesprächs gäbe! ...

Ob die Schriftsteller über gesteigerte Nachfragen (nicht nach ihren Büchern) erfreut sein werden?
Es gibt doch nichts Unfreieres als die neuen Regeln. Über den Beschluß der KMK vom Juni 2004 berichtete der Nachrichtensprecher der ARD lakonisch: „Die Rechtschreibreform wird ab 1.8.2005 an den Schulen verbindlich. Wer dann noch „spazierengehen“ zusammmenschreibt, erhält einen Fehler angerechnet.“

taz-Hirsche
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 26.05.2005 um 20.37 Uhr eingetragen.
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Auch die „Allgemeine Zeitung“ Windhoek, Namibia, kann das Thema „Rechtschreibreform“ nicht umgehen:

Alles schon mal da gewesen
Vor 50 Jahren haben sich die Linguisten im Lande der Deutschen schon einmal mit der Sprachreform befasst. Wiederum 50 Jahre davor, also um die Jahrhundertwende 1900 war die Rechtschreibung ebenfalls drangekommen, als unter Anderem die TH-Ortografie aus Muth heraus-korrigiert wurde, das H musste weg.
Alle 40 oder 50 Jahre basteln die Dscherries also an ihrer Rechtschreibung rum….

az.com.na
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 26.05.2005 um 14.42 Uhr eingetragen.
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„Stang, Christian Duden. Wörterbuch neue Rechtschreibung. Was Duden empfiehlt“

http://deutschesfachbuch.de/info/detail.php?isbn=3411050691

Zu dieser von mir benutzten Quelle teilt mir Christian Stang heute mit:

Sehr geehrter Herr Salzburg,
vielen Dank für Ihre heutige Mitteilung. Die Verfasserangabe auf der von
Ihnen genannten Seite ist nicht korrekt, da ich nicht als Autor des Bandes verantwortlich zeichne.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Stang

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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 24.05.2005 um 13.47 Uhr eingetragen.
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Enno Prien glossiert, getarnt als Brief an den „Sehr geehrten Rat für deutsche Rechtschreibung, lieber Dr. Zehetmair!“ im Eulenspiegel 05/05 auf zwei Seiten recht treffend die „Rechtschreibreform“. Unter dem Titel „Für Lehrer nicht geeignet“ wird besonders der neue Band „Duden. Wörterbuch neue Rechtschreibung. Was Duden empfiehlt“ vom März 2005 aufs Korn genommen. Etliche Varianten des 23. Duden werden darin nicht mehr empfohlen. Dazu bemerkt Prien: Freiheit und Flexibilität auch in der Rechtschreibung, das ist es doch, wofür die Reform steht. Folglich müssen die Mannheimer gleich in der Einleitung von »Was Duden empfiehlt« kleinlaut zugeben: »Das Wörterbuch ist... nicht für die Korrektur von Schuldiktaten o.Ä. geeignet, da die zahlreichen Varianten keine Fehler darstellen.« Wofür ist er dann gut, dieser neue Duden? Nein, von Abzocken steht nichts im Klappentext, stattdessen dies: Die Dudenempfehlungen richten sich an »alle, die sich die mühevolle Ausarbeitung einer Hausorthographie ersparen wollen«. Was in der Glosse nicht erwähnt wird: Der Titel des Bandes nennt den amtierenden Weltmeister für deutsche Rechtschreibung, Christian Stang, als Verfasser.
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