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»Darf man so sagen – oder schreiben?«


Beiträge zum Thema

»Darf man so sagen – oder schreiben?
Statt eines Grußwortes«

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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 15.07.2018 um 23.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11645


"Um Gotteswillen, was hast du denn noch alles mitgeschleift!", seufzte Barbicane.

"Um Gotteswillen, von wem sollen wir es denn dann erfahren?"


(Jules Verne, Reise um den Mond, Fischer Taschenbuch 1987, S. 34 und 51)

zu #4688 ff. und #8151
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 30.06.2018 um 15.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11643


Das Thermometer zeigt 32 Grad im Schatten, man stoehnt und haelt es in der Sonne nicht lange aus.

In der Zeitung steht, dieses Wetter sei "freundlich".
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 28.10.2016 um 18.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11542


Nein, das ist nicht bloß Schludrigkeit. Es gibt die Tendenz, den Bär zu schreiben und andererseits den Autoren (und ähnliche Fälle).
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 28.10.2016 um 16.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11539


Sie sähen das also einfach als journalistische Schludrigkeit an. Ich vermutete jedoch so etwas wie eine (gebräuchliche) Verkürzung für Tageszeitungstitel. Dagegen aber heute: "Nach Mord an Neunjährigen lebenslange Haft für Nachbarn [/] Weiden (dpa) [...] 28.10.2016". Aber wiederum: Hier haben wir keine neue Silbe, die wir bei "Planeten" aber hätten. - In der Nachricht heute handelt es sich übrigens um einen neunjährigen Jungen, nicht um mehrere; und das gibt Ihnen wieder recht.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 27.10.2016 um 18.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11537


Ja, aber dafür heißt es dann anderswo zum Beispiel Wir fragten den Autoren, und so gleicht sich alles wieder aus.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 27.10.2016 um 17.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11536


"Der Mensch zerstört den Planet" (faz.net, 27.10; Einleitung zur Überschrift) - Ich weiß nicht, - meinem Gefühl nach müßte es auch in einer anreißenden Überschrift "den Planeten" heißen. Gelten da irgendwie andere Maßnahmen im schnellen Journalismus?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 19.10.2016 um 12.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11532


Daß der Löwe erschossen werden mußte, ist natürlich eine präzisere Angabe als getötet es wäre. Normalerweise werden Löwen in zoologischen Gärten getötet, indem man sie einschläfert, also vergiftet.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 19.10.2016 um 09.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11531


Vielen Dank für die Kommentare zu meiner Frage. Wir hätten jetzt mit "erschießen" hier also einen erweiterten Gebrauch, der vielleicht nötig geworden ist, weil ein freier Löwe in Leipzigs Zoo, besonders wenn er nicht in seinem Gehege ist, sich eben nicht auf freier Wildbahn befindet, sondern nahezu kriminell wo ist, wo zu sein ihm nach Sitte und Gesetz verboten ist. - Für mich jetzt praktisch Zweimuttersprachler (am. Kategorie: "highly educated non-native speaker") in der "Neuen Welt" ist das Wort noch aus einem anderen Grunde interessant: "shoot" plus dir. Obj. allein ist für mich oft nicht gleich verständlich, wenn ich höre oder lese *she shot him / he got shot*, weil ich dafür eben nicht gleich eine einfache deutsche Übersetzung daneben habe. Klar ist *she shot him dead / she shot and killed him / he was/got shot and died on the spot*; und so steht's auch in den Berichten. Engl. "shoot" ist hier offenbar das transitive Verb für schnelle und verletzende Bewegung, von dem wir das intransitive noch ohne jede Bedeutungsverengung in *er kam um die Ecke geschossen / er schoß die Straße hinunter* haben. Unser Kugelstoßen ist "shot-put", und Schläge im Tennis und Golf sind "shots".
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 19.10.2016 um 09.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11530


zu #11529
"Das ist aber Waidmannssprache."

Ich gebe Ihnen recht. Das hätte ich berücksichtigen sollen. Und Herr Ludwig hat auch recht, wenn er die Verwendung des Wortes "erschießen" an Stelle von "töten" in diesem Kontext kritisiert.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 19.10.2016 um 00.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11529


Das ist aber Waidmannssprache. Der fragliche Löwe wurde nicht in mehr oder minder freier Wildbahn erlegt, daher auch nicht geschossen.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 18.10.2016 um 17.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11528


Lieber Herr Ludwig,
unter meinen Bekannten gibt es einen Mann, der einen Jagdschein hat und regelmäßig auf die Pirsch geht oder an Treibjagden teilnimmt. Er beschreibt seine Jagdtätigkeiten mit dem Wort "schießen", aber nicht "erschießen". So zum Beispiel: "Ich schoß einen Rehbock" oder "Ich habe gestern auf der Jagd einen Fuchs geschossen". Schießen hat den Tod des Wildes eingeschlossen. Das Wort "töten" habe ich dabei jedoch nie gehört.
Grüße in die Neue Welt!
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 17.10.2016 um 23.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11527


Zu "erschießen": "Leipzig (dpa [29.09.2016 15:57]). Im Zoo Leipzig ist ein Löwe nach einem Ausbruch erschossen worden." - Ich meine mich zu erinnern, - als ich aufwuchs, wurde "erschießen" nicht bei der Tötung von Tieren gebraucht, nur bei der von Menschen. Tiere wurden einfach getötet, meine ich; bei der Jagd ..., - nun ja ich erinnere mich eigentlich nur an "Ich schieß' den Hirsch im wilden Forst, / Im tiefen Wald das Reh, / Den Adler auf der Klippe Horst, / Die Ente auf dem See", wo ja bei derartigem Schießen die Tiere auch getötet werden. Ist meine Erinnerung jetzt einfach zu schwach? Oder sprach man in meiner Umgebung irgendwie anders?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 28.09.2016 um 16.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11512


Wie Leute sich durch ihr Englisch ihr Deutsch beeinflussen lassen: "Seehofer: Finale Gespräche über Bund-Länder-Finanzen [/] München (dpa). [...] 28.09.2016". Da muß es doch wirklich was Besseres geben als "finale".
Aber nicht alles, was vom Englischen zu uns kommt, ist gleich abzulehnen: "einchecken" z. B. ist ganz gut, - wenn's auch im Deutschen, wenn der Reisende von sich selbst spricht, reflexiv ist, was es im Englischen ja noch einfacher nicht ist.
Ein "sch" fürs engl. "ch" ist wohl nicht drin. Trotzdem wäre die Frage erlaubt, welcher Deutsche das [t] vom "check" hier überhaupt noch spricht. (Ich übrigens ja, aber ich bin ja auch ein Sonderfall.)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.09.2016 um 22.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11509


Phonetic spelling: "Paris (dpa [heute]). [...] Wie Arbeitsministerin Myriam El Khomri in Paris mitteilte, waren Ende August 1,4 Prozent mehr Arbeitssuchende registriert als ein Monat zuvor." - Ich würde schreiben: "als einen Monat davor". Übrigens würde ich hier wohl auch ein langes [n] sprechen ["n'n"]!
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 06.07.2016 um 16.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11426


zu #11424 von Herrn Ludwig:
Die Google-Suche zeigt den alten Text noch an:

Elie Wiesel: Der Holocaust-Überlebende, der das Wort erst erfand ...
www.welt.de › Feuilleton
vor 4 Tagen - Der Auschwitz-Überlebende, der das Wort Holocaust schöpfte.

Folgt man dem Link, steht im Text allerdings prägte.

Sie sind da wirklich auf etwas Seltsames gestoßen, lieber Herr Ludwig.
Wenn man nach dem Verb "schöpfen" sucht, findet man fast nur Beispiele wie Wasser, Kraft, Hoffnung, Verdacht schöpfen oder die Möglichkeiten ausschöpfen oder ohne Objekt aus etwas schöpfen, also fast immer in der Bedeutung "herausholen".

Substantive wie (Wort)schöpfung, Schöpfer (der Welt) legen zwar nahe, daß ein Wort oder die Welt (zumindest sprachlich) geschöpft ("erschaffen") werden kann, aber das Verb wird in diesem Sinne so selten verwendet, daß es einem schon fast falsch vorkommt.

Beim Papier könnte man beides hineindeuten:
Es wird geschöpft (geschaffen), indem man es aus dem Wasser schöpft (holt).
(Aber mit "Papier schöpfen" ist natürlich normalerweise auch immer das zweite gemeint.)
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Theodor Ickler
Spardorf

Dieser Beitrag wurde am 04.07.2016 um 07.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11425


Noch einmal zu
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1629 und
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1043#12974:

Wen wollt ihr, daß ich euch losgeben soll, Barabbas oder Jesum, welcher Christus genannt wird? (Matthäus 27,17)

Belegt ist aber auch:

Wen wollt ihr, den ich euch losgeben soll, den Barrabas oder Jesus, genannt Christus, den König der Juden? (http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/pruem/aktuell/Heute-in-der-Pruemer-Zeitung-Wollt-ihr-den-Barrabas;art8111,1291239#commentsSections)

Auch mehrmals: Welchen wollt ihr, den ich euch los gebe?

Das Relativum kommt uns ein bißchen unlogisch vor, aber das kennen wir ja von der Kongruenz: Das war einer der wenigen Rückschläge, den die 23jährige bisher in ihrem Leben hatte. (SZ 14.11.94) - Dies ist eines der schlechtesten Gesetze, das die große Koalition in den vergangenen vier Jahren verabschiedet hat. (SZ 11.7.09)

Es gibt eben diese beiden "Programme", daher:

Was wollt ihr, daß ich euch tue? (Markus 10,36)
Was wollt ihr, das ich für euch tun soll? (dasselbe, andere Übersetzung)

Hier war es, wo ich das erstemal den Kardinal zu sehen bekam.

Hier war es, daß ich zuerst die Religion mit der Politik in Einklang brachte.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 03.07.2016 um 12.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11424


Da war erst "schöpfte": "Elie Wiesel prägte das Wort für den Völkermord an den Juden: Holocaust." Ich hab's leider nicht gleich übernommen (ich bin aber ziemlich sicher, ich hatte es bei welt.de gelesen). Jetzt sehe ich jedenfalls, daß korrigierend dafür "prägte" eingesetzt wurde. Mir war "schöpfte" aufgefallen, weil ich hier ganz bestimmt "schuf" gesagt hätte, auch wenn wir ja ganz natürlich von "Wortschöpfung" sprechen.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.05.2016 um 23.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11363


Ich will nicht sagen, daß es falsch ist, aber sprachlich interessant finde ich diese Überschrift von S. 2 des Reiseteils der SZ von heute schon:

Wissenschaftler begleiten Touristen beim Tauchen mit Mantas auf den Malediven.

Man kann also "auf" den Malediven auch tauchen, und zwar im Meer!
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 12.05.2016 um 21.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11362


dpa-deutsch "etwa": "Ulm (dpa [heute]): [...] Anfang März habe man etwa einen Kurier in Baden-Württemberg mit 1,2 Kilogramm Heroin im Magen abgefangen."
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 02.12.2015 um 23.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11235


"Ex-Weltmeister Klitschko bestreitet Rückkampf gegen Fury
Hamburg (dpa [heute]). Der entthronte Boxweltmeister Wladimir Klitschko will den Rückkampf gegen Tyson Fury bestreiten. Das kündigte der Ukrainer heute an. Direkt nach dem Kampf sei er echt frustriert gewesen, sagte Klitschko. Aber nach ein paar kürzeren Nächten wisse er nun, dass er zeigen wolle, dass mehr in ihm stecke als das, was er am Samstag gezeigt habe."

Nach dem Lesen der Überschrift hatte ich eigentlich was anderes erwartet als das, was dann kam. Acht Stunden vorher hatte dpa ja schon gemeldet: "Klitschko dankt Fans und kündigt an: «Geschichte wird fortgesetzt»."
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 19.11.2015 um 22.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11221


"Paris (dpa [heute]). [...] Der 28-jährige, belgische Islamist Abdelhamid Abaaoud wurde bei der dramatischen Polizeiaktion gestern in Saint-Denis bei Paris getötet, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte." – Das erste Komma ist m.E. nicht nur nicht nötig; es ist sogar falsch, einfach weil es eine Pause (zwischen Teilen einer Aufzählung) anzeigt, die hier so nicht gesprochen wird.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 19.11.2015 um 21.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11219


"Bundeswehr hat zu wenige Mittelstrecken-Raketen für Eurofighter" (Beleg: Ich hab's leider nicht aufgeschrieben. Aber es war dieser Tage.)

Gesprochen durchaus richtig: zu wenig + Plural, zuviel + Plural;
"zu wenige": wirklich sehr seltsam (eigentlich nie gehört); zu viele: o.k., sogar richtig, auch gehört, aber doch nicht sehr oft. Fühle ich hier richtig?

Ich erinnere mich sehr gut: Ein amerikanisches Deutschlehrbuch von einem deutschen Professor, ich glaube, aus Bremen, hatte nur zuviel + Plural (zuviel Leute). Das war mir damals besonders aufgefallen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 13.11.2015 um 03.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11214


Gerührte dpa: "Berlin (dpa [12.11.2015 22:57]). Nacht der Stars in Berlin: [...] Im Stage Theater am Potsdamer Platz berührten Preisträger wie die Oscar-Preisträgerin Hilary Swank bei der Gala die 800 Gäste."

Alle mal berühren, – muß man das jetzt so bei sowas?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 22.10.2015 um 22.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11188


dpa-"kein" als in den Superlativ steigerbares Adjektiv:
"Zürich (dpa [heute]). Der Fußball-Weltverband hat die Version von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach über die ominöse Zahlung von 6,7 Millionen Euro infrage gestellt. Es entspreche in keinster Weise den FIFA-Richtlinien, dass die finanzielle Unterstützung von WM-OKs an irgendwelche finanziellen Vorleistungen seitens des jeweiligen OKs oder seines Verbandes gekoppelt sei."

Interessant ist dabei allerdings, daß man ohne Verwirrung gleich versteht, was gemeint ist. Mit *in keinerer Weise ginge das nicht so ohne weiteres.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 13.09.2015 um 12.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#11163


"Mailand (dpa [12.9.]). In den italienischen Alpen sind ein Kletterer ums Leben gekommen und ein weiterer schwer verletzt worden" ist irgendwie doch nicht gut. Ich meine, zwei Hauptsätze, jeder mit "ist" als finiter Verbform, sind hier schon besseres Deutsch.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 04.02.2015 um 10.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10984


Der Autor oft auf dem Weg zum schwachen Singular: "Islamabad (dpa) [...] Vor drei Jahren hatte er schon ein Kopfgeld auf den Autoren eines anti-islamischen Videos im Internet angeboten. [/] 04.02.2015". Warum folgen ihm der Doktor und der Professor nicht? Oder tun sie das irgendwo auch schon? Vgl. hier auch #9296 und weiteres zu "Autor". Herr Herter hat völlig recht: "Das erscheint mir so unglaublich, daß es wohl nur wahr sein kann." (#4487) Beim "Detektiv" (""dem Detektiven" gegenüber "dem Detektiv"") haben wir wenigstens die Betonung auf der letzten Silbe.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 30.12.2014 um 23.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10930


"Durch das Weglassen des Artikels wäre bei der "richtigen Form" weder Kasus noch Numerus zu erkennen gewesen." Eigentlich doch, aber furchtbar schwer, weil wir "erschossenen New Yorker Polizisten" als Genitiv Sg. eben noch nie gehört haben. Plural wäre "erschossener New Yorker Polizisten". Was ohne Artikel die richtige Genitiv-Sg.-Form des Adjektivs hier wäre, ja da bin ich mir jetzt total unsicher geworden. Aber parallel zum "Geschmack guten Weines/Bieres", wo das Adjektiv heute ja klar die schwache Endung hat, müßte die richtige Endung -en sein.

Bloß hat sich die schwache Genitiv-Sg.-Endung des Adjektivs vor diesen mask. und neutr. Substantiven festsetzen können, weil ja die s-Endung des Substantivs da hinreichend klar anzeigt. daß wir's mit dem Genitiv Sg. zu tun haben. Dieses klare Anzeichen für Kasus und Numerus gibt es aber bei schwachen Substantiven nicht. Bei denen also entweder #10921 oder #10927 für Überschriften her, und das schnellstens, denn Nachrichten sind eine verderbliche Ware, heißt's in der Redaktion.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 30.12.2014 um 16.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10929


Lieber Herr Ludwig,

mir scheint, der Genitiv ist hier Opfer des Überschriftenstils geworden. Durch das Weglassen des Artikels wäre bei der "richtigen Form" weder Kasus noch Numerus zu erkennen gewesen. So hätte man annehmen können, daß beider erschossenen Polizisten gedacht wurde.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 29.12.2014 um 00.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10927


Zu "Tausende gedenken erschossenem New Yorker Polizisten / New York (dpa)": Natürlich hat Gedenken das Objekt im Genitiv, aber irgendwie ist mir der Gebrauch des Dativs hier schon etwas verständlich (auf wen sind die Gedanken gerichtet). Und beim Gebrauch der richtigen Form "erschossenen" stellte sich bei der dpa allerdings vielleicht sogar die Mischform *Polizistens ein (vgl.#10921)...
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 25.12.2014 um 19.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10924


Vielen Dank, lieber Herr Achenbach. Mein Sprachgefühl hat also noch nicht zu sehr gelitten, und die dpa-Ausdrucksweise war mir gleich aufgefallen. - Eine "Windhose" ist wohl ein sehr dünner Tornado; wo er aufsetzt, ist er natürlich auch nicht zu verachten. Aber wenn hier ein Wirbelsturm kilometerbreit durch eine Stadt rast, dann kommen uns Hosenröhren nicht in den Sinn.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 25.12.2014 um 16.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10923


Lieber Herr Ludwig,

laut Duden bezeichnet "Wirbelsturm" jeden "starken Sturm, der sich um einen Mittelpunkt kreisend fortbewegt", wie etwa bei einem "tropischen Zyklon" oder einer "Windhose".

Ich halte es allerdings auch für etwas ungewöhnlich, einen Schneesturm, wie er wohl in Moskau herrscht(e), im Deutschen als "Wirbelsturm" zu bezeichnen. Denkbarerweise liegt dem auch ein Übersetzungsfehler beim englischen "cyclone" (Tiefdruckgebiet" zugrunde.

Ansonsten empfiehlt es sich wohl, bei "Tornado" von einer "Windhose" zu sprechen, um Mißverständnisse zu vermeiden. Vielleicht sagt man im Deutschen aber inzwischen sowieso nur noch "Tornado".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 25.12.2014 um 13.52 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10922


dpa-Wetterfrösche heute: "Moskau (dpa). [...] Moskau in ein Chaos mit Verkehrsstaus und massenhaft Flugverspätungen gestürzt. Der Wirbelsturm werde sich wohl erst am Abend legen, teilten Meteorologen in der russischen Hauptstadt mit. Wegen der tief eingeschneiten Straßen kamen Zehntausende zu spät zur Arbeit." - Ist "Wirbelsturm" (neben "Wirbelwind") nicht das deutsche Wort für "Tornado"? - Mich interessiert, warum dpa hier auf diese Bezeichnung verfiel. Natürlich werden die Schneeflocken bei so einem starken Schneefall herumgewirbelt, und ich hab auch mal in den österreichischen Bergen gehört, wie wer einen starken Schneefall als "Schnee*sturm*" bezeichnete, wo von einem starken Wind wirklich nichts zu sehen war; da kenne ich hier in der offenen Prairie was ganz anderes als "snowstorm". Aber "Wirbelsturm" dürfte doch eine klare meteorologische Bezeichnung sein. Oder? Klar weiß ich aus eigener Erfahrung, was ein Tornado ist, - den wir eigentlich bestenfalls nur im Sommer haben sollten. Bestenfalls? Eigentlich? Bei solchem Wetter helfen nur Vorwarnungen und beten.
(Und weil wir gerade davon sprechen, hier was für Englischlehrer, aber nicht für den Unterricht: "What do you call an overweight medical doctor who specializes in urinary tracts and sicknesses?" - "That's a meaty urologist.")
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 25.12.2014 um 03.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10921


Wie sich zusehends starke Flektion in die schwache mischt: «"Die Vereinigten Staaten arbeiten eng mit der Regierung von Jordanien betreffend des heute gefangen genommenen jordanischen Pilotens zusammen", sagte Regierungssprecherin Jen Psaki am Mittwoch.» (derNewsticker.de, 24.12.)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 28.09.2014 um 12.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10871


Reflexivpronomen bei Deutsche Textservice Nachrichtenagentur: <<Ausreisen wollte sie dennoch nicht: "Nein, das kam nie infrage. Die DDR war meine Heimat. Ich wollte immer, dass wir in der DDR was ändern, ich wollte nicht weg." Auch das Disziplinarverfahren gegen sich und ihren Mann sowie die Beobachtung durch die Stasi hätten daran nichts geändert.>> (derNewsticker.de, heute)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 21.09.2014 um 13.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10866


Neuerdings, 12:25, heißt's aber bei dpa: "Bundesvision: Revolverheld siegt für Bremen" und "Mit großem Vorsprung hat die Rockband Revolverheld den zehnten «Bundesvision Song Contest» für den Stadtstaat Bremen gewonnen." Na, dann ist ja alles wieder gut im rechten deutschen Gleis.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 21.09.2014 um 10.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10865


Was im Englischen (und für uns mit unserm deutschen Sprachgefühl doch recht auffällig) geht, nämlich, daß zu einer doch offen erkennbaren Singularform die finite Verbform im Plural steht (Manchester are ahead), geht im Deutschen doch eigentlich gar nicht, aber hier laut einer dpa-Meldung doch: "Revolverheld gewinnen Raabs «Bundesvision Song Contest» [...] (dpa) - Revolverheld haben für Bremen den «Bundesvision Song Contest» gewonnen. Die Gruppe um Johannes Strate überzeugte [...] 21.09.2014 00:45". Beim Bildlichen "Wir sind Papst" (à la "Wir sind Weltmeister" als Antwort auf die implizierte Frage "Wer ist Weltmeister?") war sowas noch ganz witzig. Eine Nachrichtenagentur müßte aber doch wohl mit besserem Stil berichten. Oder?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 11.07.2014 um 21.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10770


In der That gab es das Wort hinhaltbar zu Riezlers Zeiten überhaupt noch nicht. Sösemann versucht durch die neue Variante ein gewisses Maß an Optimismus in dessen Zeilen hineinzulesen, obwohl der gesamte Kontext eine durchgehend pessimistische Lagebeurteilung darstellt. Außerdem ist mit dem strategischen Ausbau Polens natürlich das russische Weichselland gemeint und nicht die preußische Provinz Posen, wie Sösemann zu meinen scheint. Seine Lektüre ist gänzlich verfehlt.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 11.07.2014 um 18.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10769


Aus Anlaß des 100. Jubiläums gibt es wieder viele Bücher und Aufsätze über den Ausbruch des 1. Weltkriegs und die Verantwortung dafür.

In meiner Jugendzeit habe ich mich mal näher mit dieser Frage befaßt. Das scheint mir deshalb jetzt nicht mehr nötig - jedenfalls habe ich nichts über eine bahnbrechende neue Entdeckung gehört.

Über einen minimalen Aspekt fand nun eine Historikerkontroverse in der FAZ statt, die auch eine sprachliche Seite hat.

Es geht darum, ob an einer Stelle im Tagebuch Kurt Riezlers vom Juli 1914 zur Lage in Polen das Wort unhaltbar steht, wie bisher angenommen, oder das Wort hinhaltbar.

Abgesehen davon, daß diese Kontroverse mich in dem Eindruck, daß es in dieser Frage wirklich nichts neues gibt, bestärkt, wirft die Diskussion eine sprachliche Frage auf:

Ist es überhaupt denkbar, daß Riezler schon im Juli 1914 das Wort hinhaltbar benutzt hat?

Die inflationäre Verwendung der Ableitungsendung -bar ist eine Erscheinung der letzten zwei/drei Jahrzehnte. Vorher war die Verwendung dieser Endung sehr viel eingeschränkter.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 10.07.2014 um 18.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10762


Deutsche Auswanderer und ihre Namen

Anläßlich der kürzlichen Gedenkrede von Alfred Grosser vor dem Bundestag sprachen die deutschen Medien ständig von einem Herrn Grossähr.

Seit jeher schon heißt der ehem. US-Außenminister in den deutschen Medien Henry Kissindsher.

Warum eigentlich? Haben die Herren sich das so ausbedungen?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 11.06.2014 um 00.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10726


Da fehlt doch was?

Seit Jahren macht die 39-Jährige [Angelina Jolie] aber nicht nur bunte Schlagzeilen, sondern auch als engagierte Stimme für Flüchtlinge, Kriegsopfer und Entrechtete.
(MM, 10.6.14, S. 2)

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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 16.05.2014 um 13.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10687


Im Erzgebirgischen bekommt anders auch eine Steigerungsendung:
Dos is noch annerschder.
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 16.05.2014 um 09.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10685


ebent und anderst kann man auch hören, wo ich seit mehr als 20 Jahren wohne (halbe Strecke zwischen WI und F und dann 15 km nach Norden in den Taunus hinein). Öfter als anderst hört man allerdings hier noch annersde. Geschrieben wird das alles aber nicht. Da regiert schon das Hochdeutsche.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 14.05.2014 um 10.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10683


Mir ist das Wort dimmen auch im Deutschen schon lange geläufig.
Duden online schreibt allerdings als Bedeutung:
"(das Licht einer Lichtquelle) mithilfe eines Dimmers regulieren".

Also wenn ich das Licht ein wenig heller drehe, dann würde ich mit Sicherheit nicht sagen, ich dimme es. Der Duden schreibt denn auch bei Dimmer:
"zu: to dim = (Licht) dämpfen".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 13.05.2014 um 23.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10682


"Doch sein Furor hat jetzt fast etwas Gedimmtes, die Veranstaltung dauert ja auch schon zweieinhalb Stunde [sic]." (Melanie Mühl über Akif Pirinçci, FAZ.net, 13.05.) Sicher gibt's im Elektrowarenladen wohl schon einen "Dimmer" zu kaufen; aber gibt's auch schon ein Verb "dimmen", das jeder nicht mit dem Englischen vertraute Faz-Leser gleich verstünde?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 26.04.2014 um 21.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10663


Ebent usw. habe ich auch schon gehört, und aus meinem Heimatdialekt (Westerzgebirgisch, was auch zum Oberdeutschen gehört) kenne ich ähnliche Beispiele wie Germanist, auch derzaahln (erzählen) usw. Aber an ein setzten u. ä. im Präsens in gesprochener Sprache kann ich mich von nirgendwoher erinnern. Ich halte das in Internetforen eher für reine Tippfehler, die evtl. durch das vorangehende tz entstehen. Drückt da nicht der Finger einfach nur versehentlich zweimal aufs t ?

Vielleicht ähnlich wie bei dem weiter verbreiteten plantschen sagen Kinder im Erzgebirge tschaukeln (statt schaukeln). Möglicherweise hat das t in tschinnern (mit Schuhen auf festem Schnee oder Eis gleiten) auch damit zu tun, umgekehrt wäre es aber bei ruscheln (Schlitten fahren), falls das, wie ich annehme, etymologisch mit hochdeutsch rutschen zusammenhängt.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.04.2014 um 00.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10661


Bei "ebent" haben wir einen "homorganen Verschlußlaut", der beim Dirndl und Brathähndl auch in der Standardsprache zu finden ist. Ich höre den auch bei der Eishockeyübertragung hier: "the puck goes all the way across[t], where [...]". Und in einem deutschen Fleischerladen will wer dies gehört haben: "Ich möchte ein Pfund nackend." – "Von diesem hier?" – "Ebend."
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 25.04.2014 um 23.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10660


Natürlich ist es nicht gebräuchlich, setzten statt setzen zu sagen oder zu schreiben.

In Forenbeiträgen u. dgl. lassen sich Beispiele für buchstäblich alles finden.

Im übrigen sind ebent und anderst regionale Varianten, die meistens eben gerade nicht geschrieben werden.
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Harald Bendschneider
Bargteheide

Dieser Beitrag wurde am 25.04.2014 um 22.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10659


Gibt es eine Erklärung für den häufigen Einschub eines "t" beim Infinitiv "setzen"?

Ich möchte gern herausfinden, ob diese Schreibweise so wie "ebend" oder "anderst" nur schriftsprachlich oder auch gesprochen vorkommt und inzwischen als allgemein gebräuchlich angesehen wird.

In Forenbeiträgen finde ich das "t" häufig bei "setzen" eingeschoben.
Wegen der oftmals auftretenden Wiederholungen und Abwandlungen scheint es sich nicht um Tippfehler zu handeln.

Hier habe ich einige Beispiele zusammengestellt:

ansetzten

Ich habe bisher noch nicht mit krpano gearbeitet und weiß nun nicht wo ich ansetzten muss.

http://www.panorama-community.de/wbb/index.php?page=Thread&threadID=9182

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reinsetzten

Mein normaler Workflow ist: Pano als Würfel ausgeben, und dann in Photosop reinsetzten und skalieren.

http://www.panorama-community.de/wbb/index.php?page=Thread&postID=82356#post82356

––––––-

setzten, setzet

Hi Aggi,
wenn ich eine solche Decke im Pano habe sind Stitchingfehler vorprogrammiert. Da ist zu wenig an Möglichkeiten für die Software

Kontrollpunkte zu finden und zu setzten.

Setzet selber manuelle Kontrollpunkte oder versuche den selben Aufbau in einer Umgebung, in der die Decke auch eine Struktur aufweist.

http://www.panorama-community.de/wbb/index.php?page=Thread&postID=80706#post80706

––––––––

setzte

Sie benötigen ein neues Design für Ihre Webseite oder möchten Ihr derzeitiges Design für TYPO3 erstellen lassen?
Setzte Sie sich mit uns in Verbindung, wir werden Ihnen ein entsprechendes Angebot machen.

ronet.at/produkte/web_design.html


––––––––

setzte

wenn ich alle Kontrollpunkte Lösche un neu setzte

http://www.panorama-community.de/wbb/index.php?page=Thread&threadID=9383&s=ea4c6d8f579895f64187ed9a2e8a5bab21c87f7e


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setzte

Ich setzte meine Control Points und mach danach die Optimierung.

http://www.panorama-community.de/wbb/index.php?page=Thread&threadID=9399


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setzten

wenn Du die Bilder durch Autopano hast stitchen lassen würde ich die Stitching-Fehler an den Decken darauf zurückführen, dass das Programm

an diesen Stellen keine Kontrollpunkte setzten kann..

http://www.panorama-community.de/wbb/index.php?page=Thread&postID=81614#post81614


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übersetzten

opki schickte mir durch PM seine Antwort und hat mich gebeten diese zu übersetzten.

http://gardengnomesoftware.com/forum/viewtopic.php?f=7&t=6534


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Übersetzter

Habe das mit dem Übersetzter versucht.

http://www.4homepages.de/forum/index.php?topic=5622.0

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umsetzten

Das Problem ist, wenn sich dein Rechner schlagartig ändert / überraschend ändert oder durch Deffekte und Diebstahl etc.. Da wird Klaus

sicher eine Lösung umsetzten.

http://next-rc-heli-simulator.xobor.de/t7f7-Welchen-Heli-sollen-wir-als-naechstes-machen-4.html

––––––––––––

umsetzten

Da wird Klaus sicher eine Lösung umsetzten.

http://next-rc-heli-simulator.xobor.de/t7f7-Welchen-Heli-sollen-wir-als-naechstes-machen-4.html

––––––––––-

Umsetztung


Ein sehr technischer (und englischer) Begriff, wie du schon bemerkt hast, aber abgesehen vom Interview mit den Protagonisten, ist die

Umsetztung doch sehr stark technisch geprägt.

http://www.panorama-community.de/wbb/index.php?page=Thread&threadID=9209&s=7dd53ba827abcf188f40306002778402647d5804

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Auch in anderen Wörtern schiebt man das "t" gern mit ein:

allerdingst

Ich habe bei einem Projekt das Problem, das die Übersicht plötzlich gaaaaanz klein dagestellt wird. Bei Panotour Pro 1.8 lässt sich das über

das Scrollrad regeln. 2.0 allerdingst nicht.
Hat jemand von Euch eine Idee?

http://www.panorama-community.de/wbb/index.php?page=Thread&postID=79690#post7969
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 21.04.2014 um 18.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10655


Natürlich geht's auch so: "Istanbul (dpa) - [...] Das Gericht beschloss Medien zufolge, Erdogan als «Geschädigten» zu führen. [...] 21.04.2014 14:55 Uhr", aber anders geht es auch: Medien zufolge beschloß das Gericht, Erdogan als «Geschädigten» zu führen, - journalistisch etwas professioneller halt. Am besten aber wohl ganz anders; interessant ist ja auch, wer genau hier zitiert wird.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 18.04.2014 um 16.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10651


Das richtig gefaßte indirekte Zitat hat legal den gleichen Aussagewert wie das direkte. Besonders berufliche Berichterstatter sollten es aber natürlich auch richtig bringen können: "Teheran (dpa [heute, 12:10]) – Der Iran hat die Welt aufgerufen, das Land nicht länger als potenzielle Kriegsgefahr anzusehen, sondern auf das Land als einen Anker der Stabilität im Nahen Osten zu zählen. Sie hätten in unseren Verhandlungen (um das Atomprogramm) verdeutlicht, dass sie gegen den Krieg und für Stabilität und Frieden sind, sagte der iranische Präsident Hassan Ruhani."
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 08.04.2014 um 19.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10645


Zu "Morgen soll es Obduktion geben [//] London (dpa) [heute]": Morgen, Kinder, wird's was geben. Natürlich. Aber Obduktion geben? Gibt's denn das?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 07.04.2014 um 02.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10643


Ich würde sagen, je nach Temperament und Erschütterung (das erste Komma nach oh steht vielleicht schon für einen leichten Ohnmachtsanfall) kann man es so oder so sprechen und auch schreiben.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 05.04.2014 um 15.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10642


Überschrift in der Faz.de: "Oh, mein Gott, Letterman hört auf". Gemeint ist jedoch wohl: "O mein Gott, Letterman hört auf". Derart spricht man's jedenfalls. Denn eine Aufzählung von drei separaten Ausrufen hatte hier wohl nicht zur Schrift kommen sollen. Oder doch?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 09.11.2013 um 17.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10503


Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod, aber dann wieder Gott sei Dank nicht so lange: "Bundespräsident gedenkt Opfern der Pogromnacht [/] Eberswalde (dpa) - Bundespräsident Joachim Gauck hat 75 Jahre nach der antisemitischen Pogromnacht vom 9. November 1938 der Opfer der Verfolgung gedacht." — Trotzdem: Der einfache indefinite Gen. pl. im Titel klänge mir auch nicht richtig. Entspricht derartiges Ausweichen in den Dativ vielleicht sogar einem System?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 11.10.2013 um 16.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10459


Titel bei dernewsticker.de (DTS-Meldung vom 11.10.2013, 10:57 Uhr): "Fußball: Schweizer Nationalmannschaft kann WM-Ticket lösen". Welche Freude! Weiterhin viel Glück den Schweizern! — Dann jedoch: "Die Schweizer Nationalmannschaft kann im am heutigen Freitagabend stattfindenden Qualifikationsspiel in Albanien das Ticket für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr in Brasilien lösen." Also so schnell nun wieder doch nicht. Ein guter Titel sollte eigentlich alles, was kommt, *in nuce* enthalten. Die unkontrollierte Spielerei mit *können* hier ist kein Beispiel dafür.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 07.09.2013 um 16.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10427


Irgendwo hier, meine ich, wurde kürzlich etwas erstaunt gefragt, ob es denn überhaupt mehrere Pluralformen zu einem Substantiv geben könne; doch ich finde es nicht wieder. Aber wir haben Laden und Läden, Wörter und Worte, Lichte und Lichter und sicher noch mehr. Sprachgeschichtlich ergibt sich hier gut die Möglichkeit zur Bedeutungsunterscheidung, und die beobachten wir ja manchmal auch. Mich interessiert aber folgendes:
http://www.deutschplus.net/pages/187
«4. Schließlich ist das Nomen Herz das einzige neutrale Nomen der zweiten Deklination.»
Das ist zwar richtig, aber die dann hier aufgeführten Formen sind interessant. Keine Rede von einem schwachen Dativ singular:
«Singular
Nominativ das Herz
Genitiv des Herzens
Dativ dem Herz
Akkusativ das Herz

Plural
Nominativ die Herzen
Genitiv der Herzen
Dativ den Herzen
Akkusativ die Herzen»

Und das, obwohl wir alle sogar beschwipst lauthals singen: "In deinem Herzen hast du für viele Platz". Aber "die Kugel war noch rechts im Herz des Opfers" (nicht *im Herzen des Opfers") meine ich am Fernseher zu vernehmen. Und *da drüben sind die Herzen sagt wohl auch kein Schlachter und auch kein fortgeschrittener Medizinstudent. Ich habe in der Volksschule noch gelernt, daß die Formen mit -en sich auf Herz als Gefühl, Liebe, Inbrunst beziehen; das Körperorgan dagegen kennzeichnen die starken Formen. Übers letztere Herz jedoch habe ich selbst seitdem wohl nie mit den obliquen Formen gesprochen.
Hat's hier sonst wer aber? Und wenn ja, wie?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 12.08.2013 um 03.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10381


dpa versucht hier mit dem Konjunktiv anzuzeigen, daß was zitiert ist: «Berlin (dpa [heute]) - Ein Terrorkommando der «Al-Kaida» ist nach einem Bericht der «Welt» im Sommer 2012 an Anschlägen in Europa gehindert worden. [...] Die Anschlagspläne stammten von dem Al-Kaida-Kommandeur Abu Ubaida al-Makdisi, der im April bei einem US-Drohnenangriff in Nord-Waziristan getötet worden sei.»
So geht's eigentlich nicht — selbst wenn man "stammten" hier als Konjunktiv II lesen wollte, — es sei denn, dpa weiß nichts vom Tod Abu Ubaida al-Makdisis. Auch derNewticker.de zitiert "Die Welt" mit dieser Nachricht, bringt aber das mit al-Makdisis Tod in einem separaten Hauptsatz und im Indikativ: "Im April wurde Abu Ubaida al-Maqdisi bei einem US-Drohnenangriff in Nord-Waziristan getötet."
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 04.08.2013 um 18.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10373


Doppelt- und dreifach moppelnd vorsichtig sich absichernder und nichts versprechender «Politiker [Wolfgang Kubicki] im Gespräch [...]: "Was er getan hat, ist Geheimnisverrat, also Straftäter." Aber es wäre wichtig, dass sich Snowden "in den USA einer Gerichtsverhandlung stellt und dort in einem öffentlichen Prozess deutlich wird, in welcher Weise tatsächlich die Daten von Bürgern ausgespäht werden", so Kubicki weiter. "Wenn es gelänge, ihm die besten Verteidiger zur Seite zu stellen, kann er möglicherweise sogar mit einem Freispruch rechnen."» (derNewsticker.de heute; Hervorhebungen von mir)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 31.07.2013 um 16.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10357


dpa (heute): "Nach Berechnungen des ADAC müssen Autofahrer für einen Liter Super E10 im bundesweiten Durchschnitt derzeit 1,569 Euro bezahlen." — Eine Anfrage zu "zahlen - bezahlen": Ich zahle die Rechnung/Strafe/Miete, eine bestimmte Summe. Ich bezahle die Ware, eine Dienstleistung, also was ich mir eingehandelt habe; ich bezahle nicht dafür. Eigentlich zahle ich auch nur für etwas. Oder kann man für etwas, wofür man zahlt, etwa auch bezahlen? Die gleiche Frage gilt auch fürs Englische: I pay the bill, auch wenn ich aufgefordert werde: Pay for the bill. Wobei ich letzeres ich ja gerne täte; was ist denn so ein Stückchen Papier schon wert? Aber mit meinem genauen Gerede komme ich hier im praktischen Leben jedenfalls nicht weiter.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 15.06.2013 um 22.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10283


Jägerlateinisch: Ich schieß den Hirsch im wilden Forst, und daneben "[i]n der Schweiz darf ein Wolf, der in den vergangenen Wochen im Kanton Wallis mehrere Schafe gerissen hatte, nicht erschossen werden." (derNewsticker.de, 15.6.) In der Mitteilung selbst wird dann wenigstens von den Regeln zum "Abschuss eines Wolfes" gesprochen.
(Hoffentlich habe ich Nichtjäger mit diesem Einwurf hier keinen Bock erschossen. Habe ich doch sowieso noch nie einen erlegt, und der Artikel handelt auch nicht von einem Jagdvergnügen. Trotzdem: Soll hier amtlich verhindert werden, daß wer den Wolf zur Strafe für sein Reißen erschießt? Einfach ein Tier erschießen ist mir halt etwas fremd.)
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 08.06.2013 um 15.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10264


Es gibt das Rot, das Grün etc., aber gibt es auch das Bunt? Im Duden-Wörterverzeichnis finde ich es nicht und es stört irgendwie auch mein Sprachgefühl. Vielleicht hilft mir jemand weiter. Ich erhielt heute die Ankündigung einer Tagung mit dem Thema "Neue Wege zum öffentlichen Bunt". Ist das Neuschrieb?

www.bluehende-landschaft.de/nbl/index.html
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 05.06.2013 um 11.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10256


Bedeutet "erstmal" wirklich dasselbe wie "erstmalig" oder "zum ersten Mal"?
"Berlin (dpa [heute]) - Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat offenbar erst kurz vor dem Stopp des Euro Hawk-Projekts von den massiven Probleme bei der Zulassung der Drohne für den europäischen Luftraum erfahren. In einer Chronologie des Ministeriums, die jetzt dem Verteidigungsausschuss des Bundestags vorgelegt wurde, hat der Minister am 10. Mai erstmal davon gehört. Vier Tage später wurde die Entscheidung zum Abbruch des Projekts öffentlich bekanntgegeben."
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 19.02.2013 um 13.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#10029


Maximilian Trossberg vergißt m.E. in der Netzausgabe der FAZ vom 19.2.2013 ein Genitivattribut, das verbrelevant ist:

Denn als Haushalt, der mehrheitlich aus studierten Volkswirten besteht, haben wir natürlich verinnerlicht, dass ein optimales Konsumbündel eine ausgewogene Mischung verschiedener Güter beinhaltet. Denn wenn man schon ein Glas Brombeermarmelade gegessen hat, dann schmeckt das nächste Glas schon nicht mehr ganz so toll. Man wird mit der Zeit überdrüssig.

(Die Hervorhebung stammt von mir.)

Ich kann nur einer Sache überdrüssig werden. Nun ist hier zwar klar, daß diese Sache die Brombeermarmelade ist, aber die Konstruktion hängt doch grammatisch schief. Besser wäre gewesen: Man wird der gleichen Marmeladensorte mit der Zeit überdrüssig. Da hilft es dann auch nicht, wenn der Haushalt "mehrheitlich aus studierten Volkswirten besteht".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 11.01.2013 um 23.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9873


»Meinung [/] Augstein-Debatte [.../] Das war nicht hilfreich. Ich entschuldige mich
Ich habe über Jakob Augstein geschrieben, er sei nur "dank der Gnade der späten Geburt um die Gelegenheit gekommen, im Reichssicherheitshauptamt Karriere zu machen". Dafür entschuldige ich mich. Von Henryk M. Broder« (welt.de, heute)

Mir bereitet der Ausdruck "sich entschuldigen" schon seit langem Schwierigkeiten. Meist finde ich, daß dafür "um Verzeihung bitten" verwendet werden müßte. Natürlich kann ich mich "ent-schuldigen", wenn ich z. B. falschen Informationen aufgesessen bin und deshalb etwas falsch gemacht habe, wenn also die Schuld für etwas meinem eigenen Urteil nach nicht ganz bei mir, sondern auch woanders liegt, dem zum Trotz ich jedoch nach eigener Einsicht jetzt immer noch etwas wieder gutzumachen habe.

Wo man jedoch ohne weitere Veranlassung von außen einfach über die Stränge geschlagen und damit Unrecht getan hat, kann man — so empfinde ich es jedenfalls — nur um Verzeihung bitten. Sich selbst da "ent-schuldigen", das ist denn doch nicht so ganz drin, — auch wenn dieser Ausdruck bei sowas schon gang und gäbe ist, sogar bis zum sorglosen "Naja, dann entschuldige ich mich halt", wobei dafür nicht die geringste Begründung angeführt wird.

Eigentlich kann mich doch nur der durch meine Schuld Benachteiligte ent-schuldigen. Und wenigstens sollte einem was leid tun. Ja?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 14.12.2012 um 00.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9758


Logisch gibt es dafür nur eine einzige Erklärung: ...
(FAZ 12.12.12, Seite N1)

Nach meinem Gefühl kann man das nicht sagen, ich finde, es muß hier unbedingt logischerweise heißen. Aber warum? Logisch ist ja in anderen Sätzen schon auch adverbial verwendbar, z.B. man kann es logisch erklären. Und man könnte ohne weiteres ein ähnliches Adverb auch in dem Zitat verwenden: Praktisch gibt es dafür nur eine einzige Erklärung.

Warum geht Es gibt praktisch ..., aber nicht Es gibt logisch ...?
Anscheinend gibt es keine grammatische Erklärung, sondern nur den einfachen Grund, daß eben von der Bedeutung her nicht jedes Adverb zu jedem Verb paßt.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 23.10.2012 um 09.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9596


Irgendwas stimmt hier nicht so ganz, — auch wenn man letztlich weiß, was gemeint ist: "Armstrong droht Rückzahlung von Prämien in Millionenhöhe [//] Austin (dpa) - Nach dem Verlust seiner sieben Tour-de-France-Titel droht Lance Armstrong wegen Dopings auch die Rückzahlung von Prämien in Millionenhöhe. [...] Der 41-Jährige muss zudem die Rückzahlung von knapp drei Millionen Euro Preisgeld fürchten."
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 03.10.2012 um 09.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9513


Lieber Herr Riemer, noch einmal: Es geht nicht ums Vorher, sondern ums Nachher, das mal möglich ist und mal nicht. Und daraus folgt dann die Empfehlung einer eindeutigen Formulierung. Notwendig zum Verständnis ist sie nicht. – Einen schönen Feiertag!
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 02.10.2012 um 13.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9510


Lieber Kratzbaum,
wieso ist die nächste Woche nicht der Punkt, wieso ist der 80. Geburtstag entscheidend? Beides, auch der Geburtstag, ist weglaßbar:
Er will nächste Woche feiern, doch vorher stirbt er bei einem Autounfall.

Gäbe es mit dem folgenden Satz immer noch ein "ungutes Gefühl"?
Ein Brite will nächste Woche in Pakistan aussagen, doch vorher wird er erschossen."
M. E. nicht, denn nun ist das Vorher genau definiert, auch wenn der Mann tot ist.

Und natürlich ist es etwas anderes: Wenn er vor seiner Aussage telefoniert, ist alles in Ordnung, wenn er aber vor seiner Aussage erschossen wird, gibt es im Grunde gar kein "vor seiner Aussage" mehr. Wie gesagt, mir ist das eigentlich zu kleinlich gedacht, aber wenn man schon ein etwas ungutes Gefühl damit begründet, bleibt es dann nicht egal, ob nun das (historische) Präsens verwendet wird oder das übliche Erzähltempus, die Vergangenheit?
Mit dem Beispiel telefonieren (das keine Irritation erzeugt) wollte ich nur zeigen, daß die Zeitform keine nähere Information darüber bringt, ob er wirklich ausgesagt hat.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 02.10.2012 um 12.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9508


Ja, Herr Riemer, die nächste Woche kommt auf jeden Fall. Aber das ist doch nicht der Punkt. Entscheidend ist der Bezug zum 80. Geburtstag, den er nicht mehr wird feiern können. Telefonieren ist wohl doch etwas anderes als Erschossenwerden... Wie Sie schon sagen: Es geht nicht um Sprachliches, sondern um Sachverhalte.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 02.10.2012 um 10.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9506


Er will nächste Woche seinen 80. Geburtstag feiern, doch vorher stirbt er bei einem Autounfall.

Die nächste Woche kommt sowieso, ob er nun vorher stirbt oder nicht, deshalb finde ich an diesem Satz noch nichts Besonderes. Vergleichbar mit dem Zitat aus der SZ wird er erst, wenn man die genaue Zeitangabe wegläßt.

Wie sieht es nun hiermit aus:
Ein Brite wollte in Pakistan aussagen, doch vorher wollte er noch telefonieren.
Ein Brite will in Pakistan aussagen, doch vorher will er noch telefonieren.


In beiden Fällen weiß man nicht, ob er schließlich ausgesagt hat oder nicht, beide Male eckt man aber mit vorher nicht an. Deshalb finde ich, die leichte Irritation bei vorher wurde er erschossen hat nichts mit dem historischen Präsens zu tun, sondern ist die gleiche wie im Präteritum, es ist eine inhaltliche Irritation, weil aufgrund des geschilderten Geschehens das Wort vorher, egal in welchem Tempus, leicht in der Luft hängt. Man weiß mit Sicherheit, daß der Bezugspunkt irreal ist, während er im Beispiel mit telefonieren nur möglicherweise irreal ist. Aber da dies nur ein sehr kleiner Unterschied ist, würde ich das ursprüngliche Zitat trotz leichter Irritation noch gelten lassen, in beiden Zeitformen.
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Dieser Beitrag wurde am 01.10.2012 um 22.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9503


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.09.2012 um 18.15 Uhr

Das ist zwar nicht unbemerkt geblieben (http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=563#9047), aber trotzdem vielen Dank!


Kommentar von James T. Kirk, verfaßt am 30.09.2012 um 17.18 Uhr

Gehört zwar nicht hier her, aber ich möchte darauf hinweisen, daß seit dem 11. August unter folgender Adresse die hier öfter erwähnte "Deutsche Stilkunst" von Eduard Engel frei zugänglich ist (30. Auflage):

http://archive.org/details/DeutscheStilkunst
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 01.10.2012 um 22.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9502


Genau, Herr Chmela, es liegt hauptsächlich am Historischen Präsens. Der Satz könnte so in einer Inhaltsangabe stehen, ohne Anstoß zu erregen. "Doch vorher..." versteht man in einem Bericht im Sinne von "erst ...dann" (ich will einen Besuch machen, doch vorher ziehe ich mich noch um).
Zu Herrn Riemer: Der Satz wirkt widersinnig, weil nach dem Erschießen keine Aussage mehr möglich ist – oder?
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Gunther Chmela
Raubling

Dieser Beitrag wurde am 01.10.2012 um 21.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9501


Lieber Herr Riemer,
ich erlaube mir, Sie zu zitieren:
"Also sollte man vielleicht auch trotz des "unguten Gefühls" solche Sachen nicht zu kleinlich sehen."
Einverstanden! Trotzdem aber noch zwei Gedanken zu dem "unguten Gefühl":
1. Ihr Satz "Er starb vor der Vollendung seines 80. Lebensjahres" paßt nicht ganz als Vergleich. Man müßte so einen Satz vielmehr analog zu dem von mir zitierten konstruieren. Etwa so: "Er will nächste Woche seinen 80. Geburtstag feiern, doch vorher stirbt er bei einem Autounfall." Dann stellt sich das ungute Gefühl nämlich wieder ein – zumindest für mich.
2. Wäre das ungute Gefühl nicht einigermaßen beseitigt, wenn der fragliche Satz im Präteritum stünde? "Ein Brite wollte in Pakistan aussagen, doch vorher wurde er erschossen."
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 01.10.2012 um 20.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9500


Wie man's nimmt. In dem Satz heißt es "vorher". Da es die Aussage nicht gibt, kann es auch kein Vorher dieser Aussage geben.

Man könnte es aber auch so sehen: Die Aussage war zu einem bestimmten Zeitpunkt geplant, und diesen Zeitpunkt gibt es auch, wenn es in Wirklichkeit nicht zu der Aussage kam. Dann konnte der Mann auch vorher, vor seiner geplanten, gewollten Aussage, sterben.

Benutzt man nicht oft solche eigentlich irrealen Ausdrücke?
In dem Satz "Er starb vor der Vollendung seines 80. Lebensjahres" gibt es diese Vollendung auch niemals, und trotzdem sagt man, sei er vor ihr gestorben. Also sollte man vielleicht auch trotz des "unguten Gefühls" solche Sachen nicht zu kleinlich sehen.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 01.10.2012 um 17.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9499


Kein Vorher? – Kein Nachher.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 01.10.2012 um 14.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9498


Das ungute Gefühl beschleicht mich auch. Es kommt wohl daher, daß es nach dem Erschießen kein Vorher (vor der Aussage) mehr gibt.
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Gunther Chmela
Raubling

Dieser Beitrag wurde am 01.10.2012 um 10.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9497


Warum nur habe ich bei folgendem Satz ein etwas ungutes Gefühl?
"Ein Brite will in Pakistan aussagen, doch vorher wird er erschossen." (SZ vom 1.10.2012, Untertitel einer Meldung)
Klar, gemeint ist "...bevor er dazu kommt..." .
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 30.09.2012 um 10.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9494


Zur Dativ-Plural-Endung "n"
Titel bei derNewsticker.de: "Qualität von Pflegeheimen: Eklatante Unterschiede zwischen Bundesländer"
Untertitel: "Zwischen den Bundesländern herrscht ein eklatanter Unterschied in der Qualität der Pflegeheime." (30.09.2012, 08:07 Uhr)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 18.09.2012 um 10.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9451


Wieso "beziehungsweise" bei derNewsticker.de (gestern): "Mittelfeldspieler Petr Jiracek vom Bundesligisten Hamburger SV ist vom Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nach seiner Roten Karte in der Partie gegen Eintracht Frankfurt für zwei Spiele gesperrt worden. [...] Der Spieler beziehungsweise der Verein haben dem Urteil zugestimmt, das Urteil ist damit rechtskräftig." Von "beziehungsweise" kann doch keine Rede sein. Gemeint war das wohl zu einfache "und". Oder? Schließlich haben wir hier die Pluralform "haben".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.08.2012 um 21.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9377


Frage zu "wieder/wider" in "Glaeseker wird erzählen, dass man sich natürlich auch noch im Urlaub gegenseitig und rundum mit SMS versorgt hat und dass es, wenn überhaupt, Wulff gewesen ist, der etwas verschwiegen habe. Wurst. Wiederwurst. Das ist die neue niedersächsische Salamitaktik." (welt.de, heute) Aber auf jeden Fall ein interessanter Versuch, zur Salamischneidung überzuleiten.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2012 um 11.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9296


"Den Autoren, Per Johansson, gibt es nicht." (welt.de, heute, 10:42)
"Autor" als schwaches Substantiv auch nicht. Schwach sind personenbezeichnende Substantive nicht-germanischer Herkunft, die auf der letzten Silbe betont werden: Fotograf, Agent, Polizist, Katholik usw. Im Text selbst findet sich dann auch richtig der Akkusativ "Es gibt gar keinen Autor namens Per Johansson."
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 13.08.2012 um 17.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9287


"zunehmend"

Dieser Fehler gehört zu einer Gruppe, die auch in Amerika immer wieder von Sprachfehlervermeidungsbüchern erwähnt wird: "Hopefully, the number of burglaries will go down." Wichtig ist hier allerdings, auch zu sehen, daß das Adverb nicht die Aussage des folgenden Satzes betrifft, sondern verkürzt für "And I say this hopefully", also einen eigenen Satz steht, der aber eng mit dem folgenden verbunden ist. Daher also ist der "Fehler" einfach nicht auszumerzen. Auch das "zunehmend" hier sagt ziemlich umißverständlich, daß die Verschonung "von Schreibfehlern" zunehmend abnimmt. — Wäre dann aber trotzdem "immer seltener" statt "zunehmend nicht" nicht akzeptabler?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 25.06.2012 um 15.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9167


Aus einem Leserbrief, FAZ vom 16.6.2012:
Auch die F.A.Z. bleibt zunehmend nicht von Schreibfehlern verschont.

Wenn etwas nicht passiert, dann passiert es nicht. Nicht heute, nicht morgen und auch nicht übermorgen. Was nimmt zu?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 15.06.2012 um 01.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9153


Davon, womit man bezahlt, hat man anschließend weniger. Wenn mich etwas viel Geld kostet, werde ich ärmer; kostet mich etwas viel Kraft, bin ich danach schlapp; kostet mich etwas Nerven, hab ich bald keine mehr.

Der Mannheimer Morgen, 12.6.12, titelt auf Seite 3:
"Ich gehe ins Frauenhaus" - ein Schritt, der viel Mut kostet

Wird jemand, der Mut beweisen muß, dadurch ein bißchen ängstlicher, hat er danach weniger Mut? Mut muß man haben, man braucht ihn manchmal (ein Schritt, der viel Mut erfordert), aber man gibt seinen Mut nicht weg, wenn man ihn zeigt.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 14.06.2012 um 14.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9152


Ich weiß, das war schon zu meiner Jugend eine verlorene Sache: "Darüber hinaus müssen sie jeweils ein Bußgeld in Höhe von 500 Zloty bezahlen" (derNewsticker.de, heute). Trotzdem finde ich richtig: Man *bezahlt* eine Sache, eine Ware; man *zahlt* die Rechnung, die Miete, seine Schuld(en), hohe Preise, kurz, was man schuldet. (Auch engl. "pay for [the food]" vs. "pay [the bill]".)
Leider zahlt man viele Steuern, und die verwendet eine inkompetente Regierung dann für viele Sachen, die wir nicht bezahlen sollten, weil sie nichts wert sind.

Andere kleine Unterschiede finden sich für mich bei "sich [jemanden!] entschuldigen" und "um Verzeihung bitten". Und "sich bei jemandem bedanken" für "jemandem danken", das ist sogar eine ganz verlorene Sache; es fällt mir aber trotzdem jedesmal auf, wenn ich höre, daß sich wer bedankt. Aber man versteht ja auch gleich, was gemeint ist. Trotzdem. Brrr.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 12.06.2012 um 00.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9147


"Bundeswehr-Professor beleidigt ostdeutsche Soldaten" (Bild.de, heute, 17:55, www.bild.de): Das ist doch derselbe, der schon gezeigt hatte, daß er von deutscher Grammatik keine Ahnung hat, aber es trotzdem nicht lassen kann, sich dazu auszulassen: #7444 (-52).
Jetzt zeigt er, daß er auf jeden Fall auch von Stil keine Ahnung hat und von der Sache, zu der er hier spricht, offenbar auch nicht gerade allzuviel weiß.

(P.S.: Gestern abend konnte man den Artikel von www.bild.de aus noch direkt anklicken. Nach Mitternacht ging das schon nicht mehr. Man findet ihn nur, wenn man danach suchen läßt. – Das ist wohl bei Bild online korrigiert worden, denn es geht wieder. Red.)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 11.06.2012 um 16.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9146


"Wie die Polizeidirektion Chemnitz am Montag berichtete, waren etwa 30 Kühe am vergangenen Freitag ausbüxt und hatten sich entlang der Bahnstrecke von Chemnitz nach Riesa in Marsch gesetzt." (Bild.de-Newsticker, 11.6.) — Das Präfix "aus" ist hier doch betont. Ich weiß nicht, was dazu in Dialekten möglich ist; aber ich meine, die allgemein akzeptierte Form hier ist "ausgebüxt".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 03.05.2012 um 22.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#9057


"Wenn Lindsay sich die nächsten Monate nicht zuschulden kommen lässt, braucht sie wohl bald seltener ihre Hilfe." (welt.de)
Na, es ist ja schön, wenn die Welt.de-Leute "zuschulden" nicht auseinander schreiben. Aber einfach negieren kann man "sich ... zuschulden kommen lassen" wohl nicht. Da muß schon ein richtiges direktes Objekt hin.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.12.2011 um 11.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8395


Man sagt ja kaum "Patjomkin" allein, sondern meist zusammen mit den Dörfern, höchstens noch mit dem Panzerkreuzer. In diesem Kontext versteht es doch wohl jeder, egal ob er es als Patjomkin oder Potemkin hört oder als Potjomkin oder Potemkin liest, unabhängig von seinen Russischkenntnissen.
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Dieser Beitrag wurde am 11.12.2011 um 23.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8394


Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.12.2011 um 12.20 Uhr

Und die Endung "-ski" findet man häufig in deutschen Namen.


Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 11.12.2011 um 11.59 Uhr

Nein, Chopin ist ein französischer Name. Die Endung -in findet man häufig bei französischen Namen. Zu Chopins französischen Wurzeln vgl. hier: http://anjou-pologne.net/attachments/092_F%20Chopin%20chapitre.pdf


Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.12.2011 um 09.50 Uhr

Ob diejenigen Ossis, die noch Russisch lernen mußten, verstehen, was man meint, wenn man "Patjomkin" sagt? Auch "gebildete" Wessis verstehen nicht, wen man meint, obwohl diese Aussprache mindestens seit 1955 in jedem Duden steht.

Ist eigentlich "Chopin" ein slawischer Name (wegen der Endung "-in"), obwohl Chopins Vater aus Frankreich nach Polen einwanderte?
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 04.11.2011 um 23.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8275


Der Dudenverlag wirbt jetzt für die Neuauflage des Großen Wörterbuchs der deutschen Sprache, das jetzt "erstmals exklusiv in elektronischer Form" erscheine.

Gemeint ist offenbar, daß das Wörterbuch nun ausschließlich oder – einfacher und daher besser – nur in elektronischer Form erscheine.

Nach der eigenen Duden-Definition bedeutet exklusiv aber nicht ausschließlich, sondern ausschließend.

Ach, würde der Duden doch nur in seinen eigenen Wörterbüchern nachschlagen!
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 18.09.2011 um 10.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8151


Aus einem Interview der FASZ, 18.9.11, S. 7:

"Der Begriff Folter passt nicht?
Absolut nicht. Um Gottes Willen!"

Ich glaube, diese häufige Falschschreibung wird auch durch die Betonung begünstigt. Betont man hier nicht sehr oft auch oder sogar mehr das letzte Wort, das dadurch eine andere Bedeutung zu bekommen scheint, die die Großschreibung rechtfertigt?
Bei Kleinschreibung als Zirkumposition muß eigentlich nur "Gottes" betont werden.

Dazu kommt, daß der Willen Gottes den Christen eben auch sehr geläufig ist ("Dein Wille geschehe ..."), also womöglich ist er bei dem Ausruf tatsächlich gemeint?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 24.08.2011 um 16.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8100


Weil mich die indirekte Wiedergabe der direkten Rede interessiert (#100-#102), dies: >>Berlin (dts Nachrichtenagentur [heute]) - Es gebe viel Kritik am Papst, "ich möchte über eine andere Seite schreiben, die Interesse in mir wachrief", erklärte Gysi in der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt".<< Welch ein Unterschied hier zwischen "es gebe" und "es gäbe"!
Aber einfach herrlich ist: >>Bedrückt hätten ihn [Sarrazin] dagegen die persönlichen Angriffe auf seine Familie und die Diffamierung seiner Person, so Sarrazin. Enttäuscht zeigte sich Sarrazin auch vom "geistigen Desinteresse der Regierenden" und angeblich mangelnder Kompetenz vieler Journalisten.<< Bei solchem Adverbial, "angeblich"(!), fällt dann natürlich die Grammatik etwas auseinander, — was von der mangelnden Kompetenz vieler Journalisten halt auch gleich mangellos Zeugnis ablegte.
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Gunther Chmela
Raubling

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2011 um 16.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8041


Werte Herren! Ihren Argumenten für die Beibehaltung der ß-Schreibung kann ich mich nicht länger verschließen. Sie sehen, daß (!) ich offenbar nicht ohne Grund meine Frage gestellt habe. Obwohl ich ein starkes Argument für meine Schreibweise zu haben glaubte, muß (!) es wohl mehr Zweifel gegeben haben, als ich mir selbst eingestehen wollte. Ich werde reumütig, doch letztlich mit Freuden ganz zu dem zurückkehren, was ich vor Jahrzehnten in der Schule gelernt habe!
Besten Dank für Ihre Antworten, Sie haben mich überzeugt!
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Urs Bärlein
*

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2011 um 16.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8040


Mit Fluss-Schiffahrt kann man sich allenfalls in Ihrem System behelfen, lieber Herr Chmela, sonst nur mit Fluss-Schiff-Fahrt. In einem anderen Fall, Genuss-süchtig/genuss-süchtig (groß oder klein?), scheitert der Behelf ganz. – "Sinnvoll" und "folgerichtig" ist die reformierte s-Schreibung zudem nur unter ihrer eigenen Prämisse: daß ss/ß Auskunft über die Länge des vorausgehenden Vokals geben. Die vermeintliche Logik ist also zirkulär.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2011 um 15.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8039


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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2011 um 14.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8038


Wenn Sie, Herr Chmela, es für "sinnvoll und folgerichtig" halten, nach kurzem Vokal "Doppel-S statt ß" zu schreiben, zeigt das, daß Sie das ß nicht als das erkennen, was es ist: eine Variante des Doppel-S.

Das ß wird nicht (mehr) als Ligatur zweier S wahrgenommen. Erst dann, wenn man es für etwas anderes hält, kann man auf den Gedanken kommen, es nach Heyse-Art zu gebrauchen.

Wenn man weiß, daß das ß ein Doppel-S ist, stellt sich die Frage nach Doppel-S nach kurzem Vokal ganz anders: 1. Warum kein einfaches s? 2. Welche Variante des Doppel-S nehme ich? Was spricht für ss, was für ß?
Die unreformierte Regel gibt folgende Antwort: Wenn man es nicht trennen kann oder darf, steht ß, wenn man es trennen kann und darf, steht ss.

Was die Verdreifachung von Konsonanten angeht, so hat die Sprache bei den beiden Lauten, bei denen sie am häufigsten vorkommt, nämlich k und s, Schreibvarianten entwickelt, um die Verdreifachung zu vermeiden: ck und ß. Das dient dem Lesefluß.

Inkonsequent sind Sie in Ihrer Schreibung dann, wenn Sie ansonsten Sprachrichtigkeit und Lesefreundlichkeit als Richtschnur nehmen, in der Doppel-S-Frage aber nicht.
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Gunther Chmela
Raubling

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2011 um 14.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8037


Lieber Herr Ludwig, Sie haben ohne Zweifel recht mit Ihrem Hinweis auf Wörter wie „Basssaite“ und ähnliche. Dass unser Sonderzeichen ß aus einer Ligatur von langem und rundem s der Frakturschrift entstanden ist, war mir bekannt. Vor allem aber haben Sie mich daran erinnert, dass jene für mich geradezu unästhetischen Dreifachkonsonanten das Allererste waren, was mich schon vom ersten Augenblick an zur Schreibreform auf Distanz gehen ließ. Es ist wohl reiner Zufall, dass dieses „Dreifach-S-Problem“ (ich nenne das einfach einmal so) mich bisher noch nie betroffen hat, obwohl ich verhältnismäßig viel schreibe. Jetzt bin ich gewarnt. Doch diese Wörter sind selten, im Ernstfall kann man sich ja auch so behelfen: Fluss-Schiffahrt. Es würde mir nach all den Jahren sehr schwerfallen, mich wieder von dass, Fluss, Ross usw. zu trennen.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2011 um 09.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8036


Schon mal erwähnt

Für mich immer noch das beste "Argument" gegen ss: Wieso schreibt man "das" jetzt mit zwei s? Eins hat doch gelangt. (Heinz Becker alias Gerd Dudenhöffer)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2011 um 08.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8035


Zu #8028, "Muss ich mir deswegen Inkonsequenz vorwerfen?": Ja, lieber Herr Chmela, gewissermaßen schon. Weil Sie nämlich dann doch zu den drei "s" in "Schlussszene" kommen, und diese Schreibung ist eben auch nicht annähernd "grundsätzlich nur die normale, alte Rechtschreibung". (Wer sich mal die "ß" genau ansieht, erkennt in fast allen Schrifttypen eigentlich ohnehin auch heute noch leicht, daß hier zwei "s"-Formen [das "lange" und das "Schluß-s"] zusammengezogen sind und somit sowieso kein Grund bestünde, sie auseinander zu reißen.) Die Reformschreibung, die hier drei Konsonantenbuchstaben hintereinander verlangt, führt das Auge nachgewiesenermaßen nur zum stotternden Lesen. Falls Sie allerdings sich selbst konsequent auch "Schlusszene" und "Bassaite" schreiben, dann benutzen Sie nur eine Ideographie zur normalen, alten Rechtschreibung und können sich selbst gegenüber etwas Nachsicht üben.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2011 um 05.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8033


Apposition

Da ich die Frage gestellt habe, will ich sie auch aus meiner Sicht beantworten. Ich fasse "Apposition" begrifflich ganz eng, nämlich als substantivisches Attribut auf.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 14.08.2011 um 03.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8032


Zu Kratzbaums Frage "Was verstehen Sie unter einer Apposition? Vielleicht nicht dasselbe wie ich, woraus auch Mißverständnisse resultieren könnten": Genau! Wer Apposition von vornherein als "Attribut im gleichen Fall" definiert, muß natürlich das "Substantiv" dann groß schreiben, denn Substantive haben ja Fälle, und ein Adjektiv oder Pronomen ist die Verbform ja klar nicht!

Interessant ist, daß in der Satzanalyse, mit der meine Studenten von der High School zum College-Unterricht kommen, weder "Attribut" noch "Apposition" vorkommen. Im Satz sind solche Teile "adjectives" oder "adjectival". (Und was ist wirklich der Unterschied zwischen "dazugeworfen" [Adjektiv], "zugeschrieben" [Attribut] und "dazugesetzt" [Apposition], wenn nicht einer der bloßen Definition?)

Substantive können "erweitert" werden durch Adjektive (die dann verschiedene Formen haben, und ich rechne dann auch die Artikelwörter dazu [einfach um nicht zu viele Wortarten zu bekommen]), durch vorausgestellte Substantive (im Deutschen dann Zusammenschreibung; "der geringste Grad der Zusammenschreibung ist die mit Bindestrich"), durch Substantive in Genitivform und in präpositionalen Ausdrücken, durch das, was wir Apposition nennen, durch Adverbien, durch Relativsätze — und jetzt eben auch durch Verben, — an letzteres hatte ich übrigens bisher nie gedacht. Aber "dazugesetzte" Adverbien werden ja nicht groß geschrieben (Ihre Argumente hier/heute/dagegen sind ...), — warum sollte eine "dazugesetzte" Verbform groß geschrieben werden m ü s s e n?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 13.08.2011 um 23.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8031


Was ich unter einer Apposition verstehen sollte, versuche ich erst herauszufinden. Wie gesagt, man liest dazu viel Widersprüchliches und Unvollständiges. Es muß auch nicht unbedingt eine Apposition sein, sondern eine Art Attribut, so daß man dem Kern einer Nominalphrase ein Verb im Infinitiv beifügen kann, wie bei eine Woche wandern. Mir leuchtet es einfach nicht so recht ein (und Herrn Ludwig wohl auch nicht), daß man das Verb in diesem Zusammenhang unbedingt substantivieren muß. Mir schien, daß der Begriff der Apposition dafür geeignet ist, aber mit einer anderen Erklärung oder mit einer guten Begründung, daß Kleinschreibung des Verbs absolut ungrammatisch ist, wäre ich natürlich auch zufrieden.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 13.08.2011 um 21.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8029


Lieber Herr Riemer, ich will Sie doch nicht "abwürgen". Nehmen Sie einfach an, daß ich alle mir zur Verfügung stehenden Argumente aufgebraucht habe. Hoffen Sie auf andere (kompetentere) Kommentatoren. Noch eine Frage: Was verstehen Sie unter einer Apposition? Vielleicht nicht dasselbe wie ich, woraus auch Mißverständnisse resultieren könnten.
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Gunther Chmela
Raubling

Dieser Beitrag wurde am 13.08.2011 um 21.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8028


Ich bin neu in diesem Forum, daher bin ich mir nicht sicher, ob ich die folgende Frage an der richtigen Stelle plaziert habe. Falls nicht, bitte ich um Nachsicht.

Ich verwende grundsätzlich nur die normale, alte Rechtschreibung – auch dann, wenn der geschriebene Text veröffentlicht werden soll. Allerdings habe ich mir schon vor Jahren eine einzige Neuerung zu eigen gemacht, da mir diese als sinnvoll und folgerichtig erscheint: die Verwendung von Doppel-s nach kurzem Vokal anstelle von ß. Meine Frage: Muss ich mir deswegen Inkonsequenz vorwerfen?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.08.2011 um 00.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8018


Danke, und es tut mir leid, wenn ich nerve. Das Beispiel mit radfahren ist mir so hineingerutscht. Es zeigt sehr gut, wie ähnlich sich die Fälle sind und wie es doch eigenartig ist, daß der Infinitiv als Subjekt klein bleiben darf, aber als Apposition unbedingt substantiviert werden soll. Sie sagen, das Adverbiale sei eindeutig. Nein, denn darum geht es ja gerade! Wenn ein appositiver Infinitiv nicht substantiviert werden muß, was ja meine These war, dann kann man das Bsp. auf zweierlei Art deuten, als Adverbiale zum Infinitiv oder eine Stunde (Kern der Subjektphrase) mit der App. radfahren.

Sie schließen nun etwas ab, zu dem Sie sich außer einem Nein noch gar nicht geäußert haben. Beim Militär und in Geschmacksfragen mag das genügen, aber sonst ist es doch üblich, eine Aussage zu begründen.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.08.2011 um 20.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8017


Lieber Herr Riemer, "müssen" habe ich ja nicht gesagt, es war ein Vorschlag, um zu einem gewissen Abschluß zu kommen (den ich, was mich angeht, hiermit auch vollziehe). "Eine Woche radfahren" paßt insofern nicht, als erstens keine Präposition vorhanden ist ("radfahren" als reiner Subjektsinfinitiv kann selbsverständlich klein oder groß geschrieben werden) und zweitens "eine Woche" ja nun eindeutig Adverbiale ist. - Weiterhin viel Freude am Wandern und am Zurückkommen!
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 11.08.2011 um 17.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8016


Schade, ich glaube, wir reden immer aneinander vorbei. Mir kommt es doch nicht auf das Zurückkommen an. (Und selbst wenn, wieso müssen wir uns auf vom Wandern einigen, wenn ich von einer Woche schreibe?)

Nach einer Woche wandern bin ich gut erholt.
Ich freue mich auf eine Woche reisen.
Für eine Stunde tapezieren verlangt er 30 Euro.
Eine Stunde radfahren ist sehr gesund.


Ich finde ja auch, daß Großschreibung auf jeden Fall richtig wäre, ich überlege halt nur, ob Kleinschreibung ebenfalls möglich ist oder ob sie den allgemein anerkannten grammatischen Regeln absolut widerspricht.

Kann schon sein, daß ein Verb in Appositionsstellung unbedingt substantiviert werden muß. Aber es ist nirgends so explizit vorgeschrieben, die meisten Grammatiken kennen Ausnahmen (Adjektive, Partizipien, Adverbien), die appositiv auch nicht substantiviert werden. Warum dann ausgerechnet Verben im Infinitiv?

Es scheint mir einfach eine Konvention zu sein. Ist eben so üblich, wenn auch nach der Grammatik nicht zwingend.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.08.2011 um 14.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8015


Einigen wir uns darauf, daß Sie nicht von einer Woche, sondern vom Wandern zurückkommen. Die Präposition verlangt ein Nomen, also hier den substantivierten Infinitiv. Im Lateinischen würde (in den obliquen Kasus) das Gerundium stehen.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 11.08.2011 um 11.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8014


"Kleinschreibung schließe ich auf jeden Fall aus"

Ja, aber warum? Die Grammatiken, z. B. Bußmann, 105#7998, schließen sie m. E. nicht so strikt aus. Oder was verstehe ich falsch?
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 11.08.2011 um 08.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8012


Wanderwoche

Hauptsache, man war wandern und kommt vom Wandern gut zurück... Grammatisch einwandfrei wäre wohl wirklich "von einer Woche des Wanderns" - aber wer redet denn noch so? Mir scheint germanists Auffassung ("einer Woche" als [Maß-} Angabe) durchaus vertretbar. Man ist versucht, "von etwas kommen" auf einen Ort zu beziehen, daher wohl die Zweifel. - "Nach einer Woche Wandern" klingt doch gleich weniger anstößig - oder? - Kleinschreibung schließe ich auf jeden Fall aus, lieber Herr Riemer.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 10.08.2011 um 17.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8007


Es ist erstaunlich, auf wie viele verschiedene Lehren man stößt, wenn man sich in Büchern und im Netz über Appositionen informieren will.
Für die einen sind sie immer substantivisch, manche kennen Ausnahmen, für andere gibt es dieses Kriterium gar nicht. Einer unterscheidet zwischen engen und weiten (losen, lockeren) A., für den anderen gibt es überhaupt nur weite, und nur diese bezeichnet er allgemein als A. Einer findet in Wilhelm der Erste eine enge A. (wohl wegen der fehlenden Kommas), der andere sieht darin eine weite. Was Beziehungswort und was Beifügung ist, wollen manche immer ganz genau festlegen, für andere ist es manchmal nicht entscheidbar. Auf deren Austauschbarkeit und Kasusübereinstimmung wird genauso verwiesen wie auf so viele Ausnahmen, daß man die Ausnahmen schon wieder zu Regeln machen kann.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 10.08.2011 um 08.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#8004


Wanderwoche

Ich hatte mich an der Bezeichnung "Attribut" gestört. Wenn man "einer Woche" (wie es germanist wohl meint) als Maßangabe auffaßt, ist alles OK.

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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 10.08.2011 um 08.34 Uhr eingetragen.
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Wanderwoche

Verehrter Germanist, nun müßten Sie bloß noch erklären, wie in Ihrer Ableitung aus "vom" "von" wird - falls "einer Woche" Attribut sein soll. - Die Schwierigkeit liegt, wie schon angemerkt, in der Präposition. Im übrigen könnte man eher "Wandern" als Attribut auffassen. Vergl. Nach einer Woche Krankheit...
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.08.2011 um 18.24 Uhr eingetragen.
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Ja, da haben Sie recht, lieber Herr Riemer. Aber eine Wanderwoche ist eben nicht nur eine bloße Zeitangabe. In dem Kompositum steht die Tätigkeit im Vordergrund, und gleichzeitig enthält es deren Dauer (die nicht einmal eine volle Woche betragen muß).
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 09.08.2011 um 16.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7996


Lieber Kratzbaum, Sie selbst hatten aber doch gerade
Ich komme von einer Wanderwoche zurück.
als bessere (und nicht gehobene) Ausdrucksweise angeboten. Die Woche braucht also nur irgendeine passende Ergänzung oder Attribut, schon kann man ohne weiteres von ihr zurückkehren.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.08.2011 um 15.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7995


Eine Woche wandern

Also wenn schon Woche hinein soll, dann "einer Woche (des) Wanderns"... wäre aber doch wohl allzu gehoben.

Ich war eine Woche wandern. Nun bin ich wieder zurück.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.08.2011 um 15.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7993


Von einer Woche wandern

Ich denke, man muß sich entscheiden, worauf sich das "von" beziehen soll. Nach meiner Auffassung will der Schreiber ausdrücken, daß er vom Wandern zurückkommt und dieses eine Woche gedauert hat. Wie will man auch von einer Woche zurückkommen? – Also bleibt zum substativierten Infinitiv "Wandern" (substantiviert wegen der Präposition) nur die Möglichkei eines Attributs, nicht aber die eines Adverbials.
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Kratzbaum
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Dieser Beitrag wurde am 09.08.2011 um 10.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7989


Von einer Woche wandern

Das Problem besteht darin, daß "von" sich auf " Woche" oder auch auf "wandern" beziehen kann. Wohl eher auf "wandern", welches dann groß zu schreiben wäre. Die Zeitangabe würde ich dann aber eindeutig attributiv formulieren. Am besten paßt wohl doch eine andere Ausdrucksweise: Ich komme von einer Wanderwoche zurück. Ich komme von einer einwöchigen Wanderung zurück.
Ihre Wendung, lieber Herr Riemer, würde ich nur im mündlichen Deutsch tolerieren.
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Tanja Gerber
Olten

Dieser Beitrag wurde am 21.06.2011 um 15.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7869


Storchfighter

Weil die tollkühnen Kampfjetpiloten des österreicherischen Bundesheers jede Kollision unbeschadet überstehen wollen, wurde die Kommandoaktion Storch entwickelt, die angeblich funktionieren soll.

Nicht nur, dass die psychologische Storchbekämpfung dem Bundesheer ein neues Betätigungsfeld eröffnet, auch wird die mentale Kriegsführung, die seit Ende des Kalten Kriegs vernachlässigt wurde, wieder aufgewertet.

Die kleine Geschichte
Das österreichische Bundesheer bekämpft seine Feinde mit ungewöhnlichen Waffen
„Männer, die auf Störche starren“

(Im heutigen TagesAnzeiger auf Seite 2, von Bernhard Odehnal, Wien)
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.06.2011 um 21.58 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7859


Lieber Herr Riemer,

ich habe mir darüber überhaupt keine Gedanken gemacht. Wenn ich versuche, mir nachträglich über meine Ausdrucks-/Schreibwahl klar zu werden, komme ich auf folgende mögliche Erklärungen:

1. Ein Wort flektiert sich nicht selbst, sondern wird vom Sprecher flektiert. Vermutlich habe ich deshalb die Form flektierbar gewählt, obwohl ich sonst versuche, wo nur möglich die Mode-Endung -bar zu vermeiden.

2. Flektierbar zu sein ist eine inhärente Eigenschaft von Adjektiven. Unflektiert zu sein ist aber eine bloß okkasionelle Eigenschaft flektierbarer Adjektive in bestimmten Fügungen. Vermutlich deshalb habe ich kein Komma zwischen beide Adjektive gesetzt.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 13.06.2011 um 12.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7857


Kein Problem.
Ich habe übrigens auch schon beim ersten Schreiben überlegt, ob es besser flektierend oder flektierbar heißen sollte und ob zwischen unflektierte und flektierbare ein Komma stehen sollte. Sie haben sich in beiden Fällen anders entschieden, lieber Herr Achenbach, ich hoffe, meine Varianten waren ebenfalls akzeptabel, ich bin nicht ganz sicher.

Noch zwei Beispiele zu den Unflektierbaren:
Werbung für Autowäsche an der Tankstelle: mit dem extra Abperleffekt
Amazon: eine gratis Kindle Lese-App herunterladen
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 12.06.2011 um 23.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7856


Lieber Herr Riemer,

herzlichen Dank für diese Beispiele und für Ihre Mühe.

Allerdings bringen auch diese Beispiele kaum etwas, was für das heutige Deutsch von Belang wäre. Selbst die festen Wendungen sind zum Teil schon veraltet. So sagt/schreibt man heute wohl eher ein halbes Dutzend, ein Gutteil, ein gehöriges Stück, ein gutes Gewissen ..., solches Verhalten.

Die Frage der unflektierten flektierbaren Adjektive (außer vor Adjektiven) scheint mir daher nur noch von sprachhistorischem Interesse zu sein, damit auch die Frage, ob der Genus dabei eine nennenswerte Rolle spielt.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 12.06.2011 um 19.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7855


Die Duden-Beispiele von unflektierten, flektierbaren Adjektiven vor neutralen Substantiven (außer die hier schon genannten) sind (Text leicht gekürzt):

poetisch/volkstümlich:
ein einzig Volk von Brüdern (Schiller)
Ein garstig Lied! Pfui! Ein politisch Lied! Ein leidig Lied! (Goethe)
Abendrot, gut Wetter droht. (Sprw.)
von einem steinalt, lieb Mütterlein (Fallada)
Kein schöner Land (Volkslied)

feste Wendungen, formelhafte Verbindungen, Sprichwörter:
auf gut Glück, ein halb Dutzend, ruhig Blut, ein gut Teil, ein gehörig Stück, lieb Kind,
Gut Ding will Weile haben.
Ein gut Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen.
In Kapitel A, b (gelesen: groß A, klein b)

Adj. auf -isch von Länder- u. Ortsnamen vor Farb-, Stoff- u. a. Bezeichnungen:
Unterschied von böhmisch und bayrisch Bier (Musil)
holländisch Bütten

Namen, Ortsnamen:
Schön Suschen (Goethe), in ganz England, von halb Deutschland

Übergang zur Zusammenschreibung:
Englischleder, Preußischblau, Indischrot, Klein-Ostheim, Alt-Wien, Groß-Berlin, Hannoversch-Münden, Neuruppin

Der reformierte Duden nennt außerdem:
solch Verhalten
und weitere Städtenamen getrennt (Groß Schwabhausen, Neu Isenburg, Schwäbisch Gmünd, Preußisch Oldendorf, Wendisch Rietz)
oder in Zusammenschreibung (Groß-Gerau, Großhabersdorf, Neu-Seehagen, Windi-
scheschenbach [Zeilenabtrennung so im Duden!])
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 11.06.2011 um 22.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7854


Lieber Herr Riemer,

übermäßig viele Beispiele mit sächlichem Genus hatten wir ja nicht. Außerdem geht es doch darum, ob die bisher genannten Beispiele eine Verallgemeinerung zulassen, oder ob es sich um Sonderfälle handelt (unterschiedliche Sprachebenen, veraltete oder dichterische Sprache u. dgl.).

Deshalb würde mich doch interessieren, mehr Beispiele mit sächlichem Genus zu kennen (nicht wegen original, sondern wegen der entsprechenden These von Herrn Ludwig).

Lieber Herr Ludwig,

Sie haben doch selbst vor einiger Zeit vom "heute als Adjektiv aufgefaßten 'Hamburger' in 'Hamburger Hafen'" gesprochen.

Zu fragen, ob Hamburger nun ein Adjektiv "ist" oder nicht, ist reine Begriffsklauberei. Jedenfalls teilt es mit Adjektiven mindestens die eine Eigenschaft, mit unflektierten Adjektiven verbunden werden zu können.

Der Duden 2006 bringt nur zwei Beispiele zu original: original Lübecker Marzipan; original französischer Sekt.

Der Zweifelsfälle-Duden von 1985 sagt folgendes:

"In Verbindung mit einem Substantiv wird original in der Regel mit dem Substantiv zusammengeschrieben: Originalaufnahme, Originalausgabe, ...; mit einem Namen wird es mit Bindestrich gekoppelt: ein Original-Dürer. In Verbindung mit einem Adjektiv wird original heute meist attributiv (als Beifügung zum Adjektiv) gebraucht, und zwar endungslos: original französischer Sekt, original Schweizer Uhren, original Brüsseler Spitze, ein original Wiener Hammerklavier, original afrikanische Lederarbeiten. Es kann aber auch mit dem folgenden Adjektiv mit Bindestrich gekoppelt werden: original-französischer Sekt."

Offenkundig faßt der Duden also auch Schweizer, Brüsseler usw. als Adjektive auf.

Jedenfalls nach dem Zweifelsfälle-Duden haben Sie also vollkommen recht, wenn Ihnen der "original Hitler-Brief" als "recht undeutsch" vorkommt. Ich meine sogar, daß originaler Hitler-Brief, obwohl grammatisch nicht zu beanstanden, nicht recht deutsch ist. Ja selbst Hitler-Brief ist nach meinem Geschmack etwas unschön. Ich bleibe deshalb dabei, daß es in gepflegtem Hochdeutsch besser "Originalbrief Hitlers" heißen sollte.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 11.06.2011 um 15.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7852


Alle männlichen und weiblichen Beispiele aus dem Grammatik-Duden habe ich unten schon eingefügt. (Der reformierte Duden ist zwar anderthalbmal so dick, hat aber auch keine weiteren.) Es werden wesentlich mehr im Neutrum genannt, aber davon hatten wir ja hier schon genügend.

Daß Oberkrainer/Nürnberger Adjektive sind, ist nicht so selbstverständlich. Herr Ludwig hat darauf hier schon hingewiesen. Zumindest ist, was heute als Adjektiv betrachtet wird, aus einem Substantiv, Gen. Plural, entstanden, daher auch die Großschreibung solcher geographischen Ableitungen auf -er. Also eher eine Desubstantivierung als eine Substantivierung.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 11.06.2011 um 15.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7851


Oberkrain ist der Name einer Landschaft, Oberkrainer davon abgeleitet.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 11.06.2011 um 00.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7850


Lieber Herr Ludwig,

über "selbst ernannt" sind wir uns natürlich einig.

Man kann aber nicht Schriftsprache, gehobene und weniger gehobene und mundartliche Umgangssprache, veraltete Sprache, dichterische Sprache sowie Anglizismen in einen Topf werfen und kräftig umrühren. Ebensowenig kann man flektierbare und (hochdeutsch) unflektierbare Adjektive vergleichen.

Deshalb halte ich auch die "extra Wurst" nicht für ein gutes Beispiel zu Ihrer ursprünglichen Frage mit dem flektierbaren original. Auch Ihre Frage zu "lecker" bringt uns nicht weiter. Gestandene Frauen sind nun einmal nicht so "lecker" wie Mädchen (= junge Frauen). Als Mann kann man heutzutage natürlich auch nicht von einem "lecker Jungen" sprechen, wenn man nicht eine Strafverfolgung riskieren will. Ob Frauen sich vielleicht so ausdrücken, entzieht sich meiner Kenntnis.

Auch der "Original Oberkrainer" ist kein gutes Beispiel, weil Oberkrainer ein (substantiviertes?) Adjektiv ist. Ein "echt Schweizer Käse" ist genausogutes Hochdeutsch wie ein "echter Schweizer Käse", bedeutet aber etwas anderes.

Die Frage, ob in diesem Zusammenhang der sächliche Genus eine Rolle spielt, halte ich für durchaus interessant. Vielleicht kann uns Herr Riemer mit ein paar Beispielen weiterhelfen. Ich besitze nämlich weder den Grammatik-Duden, noch sonst eine Deutsche Grammatik.

Zu Ihrer ursprünglichen Frage:

Ich halte "original Hitler-Brief von 1919" für eine schlicht unbeholfene Wort-für-Wort-Übersetzung von "original Hitler letter of 1919". Herkömmlicherweise spricht man im Deutschen nicht von einem "originalen Brief", sondern von einem "Originalbrief".

Der mutmaßliche englische Originaltext (nicht "originale Text") ist ein Beispiel für die im Englischen mögliche Häufung von Attributen, vor allem in Zeitungsüberschriften. Es ist ja viel gespottet worden über die deutschen "Bandwurmwörter", dabei bietet das Englische noch viel weitergehende Möglichkeiten, was - nebenbei gesagt - eben an der fehlenden Flexion im Englischen liegt.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 10.06.2011 um 17.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7849


Der Grammatik-Duden führt auch ein paar männliche, noch weniger weibliche Beispiele an. In poetischen Texten, Namen und festen Wendungen kommt das vor. Er sagt aber auch, daß die meisten zum Neutrum gehören. Zu m/f:

... ein tätig höflich Mann (Goethe)
... gar ein gefährlich Mann (M. Claudius)
gut Freund (feste Wendung)
Namen: Jung Siegfried (Uhland), Schön Rohtraut (Mörike), Klein Erna/Peter
römisch/arabisch Eins
alt Bundesrat (schweiz.)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 10.06.2011 um 16.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7848


Lieber Herr Achenbach, was wir hier bisher haben, mag zwar ein ungeordnetes Sammelsurium sein, aber mich interessiert bei der Verschriftung eben die der Sprache, die Deutsche sprechen. Daß "Schriftsprache" ihren eigenen Wert hat (zum klaren Ausdruck, weil da eben viel fehlt, was auch Ausdruck trägt [Gestik, Intonation, Pausen]), steht außer Zweifel. Dennoch gibt's aber einen Unterschied zwischen einer "Extrawurst" und einer "extra Wurst". Und eben in der Zeitung lese ich: "Gegen die vor allem von „selbst ernannten Experten“ in die Welt gesetzten Vermutungen habe er „gar nicht anarbeiten können“, sagte er." ("Robert-Koch-Institut meldet – 'Es sind die Sprossen'", welt.de, 10.6. [welt.de hatte übrigens bei "Robert-Koch-Institut" Ende Mai durchgehend nur einen Bindestrich: "Das Robert Koch-Institut".]) Ich protestiere gegen "selbst ernannten" hier, weil eben die gesprochene Sprache klar von "selbsternannten Experten" spricht.

Aber meine ursprüngliche Frage "Spricht man deutsch so: "Das Simon-Wiesenthal-Center präsentierte jetzt erstmals einen original Hitler-Brief von 1919"?" war durchaus nicht nur eine Stilfrage, sondern eine nach der Struktur überhaupt. Herrn Riemers "Original Oberkrainer" helfen mir da etwas weiter und zeigen mir, wie eine "Zukunft" (#7845) vielleicht doch schon begonnen hat. Und zu "Übrigens verwende ich in gemütlicher Umgangssprache gerne selbst Formen wie 'ein lecker Mädchen', was mir aus meiner Heimat wohlvertraut ist": Kennen Sie wen, der da in gemütlicher Umgangssprache gerne von einem "lecker Jungen" spricht? Und Sie selbst? Hätten Sie's auch gemütlich endungslos, wenn das Mädchen schon eine Frau wäre? Mich interessierte hier das Neutrum. Wäre das vielleicht wenigstens einer der "Nenner", die hier brauchbar wären? Und weshalb mir ein "original Hitler-Brief" recht undeutsch vorkommt?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 10.06.2011 um 16.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7847


Als gemeinsamen Nenner sehe ich die Beispiele an, wo normalerweise flektierende Adjektive trotz attributiven Gebrauchs keine Flexionsendung haben. Darunter fallen alle von mir genannten Beispiele, strittig ist nur, ob diejenigen mit original dazugehören oder nicht. Und die generell nicht flektierenden (extra, rosa) hatte ich nur in Klammern erwähnt und ausdrücklich wegen dieser Eigenschaft ausgenommen. Ein "Sammelsurium" haben wir also nicht. Der Nachweis, daß original in diesen Beispielen ein Adverb ist und kein endungsloses Adjektiv sein kann wie die anderen, scheint mir noch nicht geführt.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2011 um 23.52 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7845


Das ist ja nun ein Sammelsurium von ganz unterschiedlichen Beispielen, die man nicht auf einen Nenner bringen kann.

Wenn man jegliches Umgangsdeutsch zuläßt, dann kann man auch die extrae Portion zulassen. Ich bleibe dabei: Im Hoch- und Schriftdeutschen kann man nicht extra Portion, sondern nur Extraportion schreiben. Ebensowenig kann man ein rosa Kleid oder ein rosanes Kleid schreiben. Das mag sich in Zukunft natürlich ändern.

Kölnisch Wasser und Russisch Brot sind Eigen- oder Gattungsnamen, vielleicht sogar geschützte Markennamen. Russisch Brot ist etwas anderes als russisches Brot. Dagegen ist ein Original-Rembrandt nichts anderes als ein originaler Rembrandt.

Der Duden kennt übrigens nur Kölnischwasser und Russischbrot, beide mit Betonung auf der ersten Silbe, was ich so nie gehört zu haben glaube.

Selbst – oder erst recht – umgangssprachlich sagt man nicht unser täglich Brot. Deshalb heißt es in der Neufassung des Vaterunser jetzt – leider – "unser tägliches Brot", m.E. eine überflüssige und häßliche Banalisierung, die zudem den altgewohnten Rhythmus durcheinanderbringt.

Es ist sicherlich nachdenkenswert, wann und warum solche unflektierte Formen auftreten. Mann kann aber nicht derart unterschiedliche Beispiele wie rosa, das im Hochdeutschen keine anerkannten Flexionsformen hat, mit original vergleichen, das ohne weiteres flektierbar ist. Warum sollte ich original Hitler-Brief schreiben, wenn ich genausogut originaler Hitler-Brief schreiben und sagen kann. Ich würde ohnehin keine der beiden Formen verwenden. Vielleicht sind sie wirklich Anglizismen. Auf gut (unflektiert!) Deutsch würde ich allenfalls von einem Originalbrief Hitlers sprechen.

Übrigens verwende ich in gemütlicher Umgangssprache gerne selbst Formen wie "ein lecker Mädchen", was mir aus meiner Heimat wohlvertraut ist. Vielleicht ist das aber nur mundartlich.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2011 um 16.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7840


Na ja, original klingt eher positiv und ein bißchen nach Musikantenstadl (die "Original Oberkrainer" und so). Ich würde sicher auch eher ein originaler Hitlerbrief sagen und schreiben. Ich meine nur, wer trotzdem original benutzen will, braucht es nicht unbedingt zusammen mit dem Substantiv zu schreiben.

Das mit den neutralen Substantiven verblüfft mich jetzt, es scheint aber tatsächlich meist so zu sein, außer nach original. Muß mal versuchen, weitere nichtneutrale Beispiele zu finden. (Es gibt natürlich einige Adjektive, die generell unveränderlich sind: eine extra Portion Milch, ein rosa Anstrich.)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2011 um 16.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7839


Ein guter Hinweis. Vielen Dank. Mir war schon früher aufgefallen, daß die von mir angezeigten endunglosen attributiven Adjektive immer nach neutralen Substantiven stehen. Vorausgehend, wie ich jetzt sehe, geben der "original Nürnberger Lebkuchen oder [die] original Thüringer Bratwurst" einem also noch mehr zu bedenken auf. — Trotzdem: Der/ein original Hitlerbrief? Ich würde es nicht mal sagen wollen.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2011 um 15.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7838


Man sagt durchaus nicht nur Hänschen klein, sondern auch klein Hänschen usw., außerdem fällt mir noch das Grimmsche Märchen Schön Hühnchen, schön Hähnchen ... ein, es gibt Russisch Brot und Kölnisch Wasser, also viele Beispiele, wo das Adjektiv (attributiv gebraucht) keine Flexionsendung hat. (Unser täglich Brot ...)
Ich würde deshalb die Schreibweise original Hitlerbrief auch nicht beanstanden, wobei man natürlich streiten kann, welche Variante (z. B. original Rembrandt oder Original-Rembrandt) besser ist.
Beim original Nürnberger Lebkuchen oder der original Thüringer Bratwurst empfinde ich original auch nicht als Adverb auf das Adjektiv bezogen, sondern, wegen der Betonung und wegen der Zusammengehörigkeit mit dem Substantiv als Eigenname, sehe ich es als Adjektiv (Attribut) zum Gesamtbegriff.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2011 um 09.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7837


Vielen Dank für die erklärenden Hinweise, lieber Herr Achenbach. "Überhaupt gibt das ganze, auch im Englischen, keinen rechten Sinn." Im Englischen lese ich aus dem Text eigentlich nur, daß der Brief echt ist, also wenn nicht sogar handgeschrieben, so doch wenigstens eigenhändig unterschrieben, und der Brief ist aus dem Jahr 1919. —
"Es gibt auch keinen "extra Brief", sondern nur einen "Extrabrief": Ich meine schon, daß es, wegen der Betonung und Pause, geschrieben einen Unterschied zwischen dem "extra Brief" und dem "Extrabrief" gibt; wobei ich mit meinem Harper-Collins übereinstimme, der "extra" auch als Adjektiv nennt (und sogar für "etwas E~es" die engl. Entsprechung anbietet), allerdings mit dem Hinweis "umgangssprachlich/informal". —
"(Eigentlich müßte man ein anderes Wort für "Adverb" finden)": Ja, denn es handelt sich hier ja um eine Erweiterung eines Adjektivs; aber es hat bei uns und im Lateinischen die gleiche Form wie die, wenn es zur näheren Bestimmung des Verbs verwendet wird. Ich lehre: Adjektive, die attributiv vor einem Substantiv stehen, haben die Endungen nach dem Endungssystem, das wir uns einüben. Alle andern haben die Endung "null" (zero). (Und damit beschreibe ich sogar die Adjektivformen in "Hänschen klein", "Jesulein zart", usw., welche mit "prädikativ" nicht erfaßt wären.) Und dann bete ich, daß der eine oder andere Student das auch versteht und wenigstens sich später im Leben mal daran erinnert und aber im Test am Freitag "extra" nicht attributiv nach meiner "Regel" verwendet. —
Ach ja, und bei Sotheby ersteigere ich mir einen Rembrandt. Einem "Original-Rembrandt" ist bei sowas nicht zu trauen.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2011 um 01.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7836


Lieber Herr Ludwig,

sagen kann man schon, aber schreiben kann man nicht "original Hitler-Brief", sondern nur "Original-Hitler-Brief". Bei Sotheby wird auch kein "original Rembrandt", sondern allenfalls ein "Original-Rembrandt" versteigert.

Der Unterschied zu "original Nürnberger Gebäck" besteht darin, daß "Nürnberger" (trotz der Großschreibung) ein Adjektiv ist, das eine "adverbiale" Bestimmung haben kann. Beim Substantiv "Hitler-Brief" geht das aber nicht. Es gibt auch keinen "extra Brief", sondern nur einen "Extrabrief", aber schon einen "extra großen Brief". (Eigentlich müßte man ein anderes Wort für "Adverb" finden)

Überhaupt gibt das ganze, auch im Englischen, keinen rechten Sinn. Bei "original Hitler letter of 1919" müßte man sich zunächst fragen, ob "original" oder "originell" gemeint ist. Was hieße überhaupt "original" – handschriftlich, persönlich unterschrieben, nicht gefälscht? Ist die Beifügung "of 1919" bloß akzidentiell oder eine wesentliche Bestimmung? Gibt es zig Hitler-Briefe von 1918 und 1920, aber nur einen von1919?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 08.06.2011 um 23.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7835


Eigentlich zu www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1456#18814
"... frage ich mich, ob der entsprechende Text vielleicht etwas nachlässig aus dem Amerikanischen übersetzt worden ist."
Spricht man deutsch so: "Das Simon-Wiesenthal-Center präsentierte jetzt erstmals einen original Hitler-Brief von 1919"? Natürlich könnte "original" hier endungslos stehen wie etwa "extra". Nur habe ich's nie gehört. Und natürlich gibt's sowas wie "original Nürnberger Gebäck". Trotzdem. Ändert der Artikel etwas? Den/einen extra Brief kann man lesen; bei *Der/ein original Hitler-Brief frage ich mich zuerst, was für ein Schreiber der Schreiber ist.
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David Weiers
Troisdorf

Dieser Beitrag wurde am 28.03.2011 um 14.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7630


Das ist einfach nur eine miese Agenturmeldung bei Welt.de. Im Text heißt es dann "Bekanntschaft mit einem Bären gemacht". Einfach schlecht.
Außerdem: Bären halten keinen Winterschlaf, sondern Winterruhe.
Ganz miese Agenturmeldung...
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2011 um 16.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7628


Welt.de heute: "Ein zwölfjähriger Junge aus Schweden hat beim Skifahren abseits der Piste schmerzvolle Bekanntschaft mit einem Bären geschlossen." Naja, Freundsachften schließt man, Ehen auch, — Bekanntschaften jetzt auch?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 18.02.2011 um 01.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7472


(c) ist meist besser als (b), von (a) einmal abgesehen. In Berlin gibt es noch den »Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht«, was einem sofort als offenbar sehr alte Bezeichnung ins Auge fällt. Die gängigsten Verschmelzungen (beim zählt dazu) rückgängig zu machen kann schnell gespreizt wirken.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 17.02.2011 um 22.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7471


Vielen Dank, Prof. Ickler! Ich bemerke solche Wendungen wie unter Punkt (a) auch relativ oft, habe sie aber leider nicht gesammelt. Ich war immer unsicher, wie das zu bewerten ist.
Für mich auch erleichternd: Manchmal trau ich mich eine Frage kaum zu stellen, und dann sehe ich doch, daß sich sogar Linguisten damit schon lange beschäftigt haben.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 17.02.2011 um 17.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7470


Ich hätte mal eine Frage zu Ellipsen:
Ist das folgende gutes und richtiges Deutsch?
(a)
- zum Thema und der Diskussion
- am Tisch und den Bänken

Oder muß es richtig heißen, entweder
(b)
- zu dem Thema und der Diskussion
- an dem Tisch und den Bänken

oder
(c)
- zum Thema und zur Diskussion
- am Tisch und an den Bänken

oder sogar nur (c)?
Ich selbst finde (a) nicht gut, aber ich bin mir nicht sicher, ob es evtl. zu kleinlich gedacht wäre, es als schlecht oder gar falsch zu bezeichnen.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 07.02.2011 um 16.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7452


Ob inzwischen jemand bei der Welt Wolffsohn auf seinen Irrtum hingewiesen hat? Leicht besorgt stelle ich mir vor, wie nun viele Deutsche (nicht Deutschen) eilfertig sich verhaspeln, wenn sie beim Sprechen feststellen, daß sie eben im Begriff waren, falsches Deutsch zu sprechen. Und falsch muß es ja wohl sein, wenn es in einem langen Artikel in der Welt stand.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 06.02.2011 um 21.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7449


zu Herrn Metz, 233#7446:

Der Duden, Band 4 (Grammatik), 4. Aufl. 1984 (Regeln 479, 501) schreibt, daß im Nom. Plur. Schwankungen auftreten, und läßt sowohl wir Deutsche als auch wir Deutschen gelten. Weiter heißt es zum Plural nach wir:

"Wenn die substantivierten Adjektive und Partizipien lexikalisiert sind und den Charakter eines Substantivs haben (z. B. der Deutsche, der Liberale, der Grüne), dann kommt die starke Beugung häufiger vor.
Bei den anderen Substantivierungen (z. B. der Rothaarige, der Glückliche, der Furchtlose) ist die starke Beugung ganz ungewöhnlich."

Ich denke, daß beides (wir Deutsche, wir Deutschen) gebräuchlich und richtig ist.

So weit kommt aber Herr Wolffsohn gar nicht, er behauptet ja, der Plural von Deutsche sei Deutschen, weil Substantive auf -e immer im Plural ein -n bekämen. (Da das mit der Deklination von substantivierten Adjektiven gar nichts zu tun hat, fällt mir dazu nur der Käse – die *Käsen ein.)
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 05.02.2011 um 23.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7448


Hohes Tier ist etwas übertrieben, aber Wolffsohn ist – als Historiker wie als selbsternannter Sprecher der (gewiß übersichtlichen) Gruppe der nationalbewußten deutschen Juden – kein Unbekannter. Vieles von dem, was auf welt.de so zu lesen ist, findet sich nicht in der (von Jahr zu Jahr dünner werdenden) Druckausgabe. In diesem Falle wäre es dem Autor zu wünschen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 05.02.2011 um 17.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7447


Ich habe dazu etwas unter "stimmeausmvolk" eingetragen (Seite 5 etwa). Und aus den Anmerkungen da wird auch klar, daß ein Prof. Dr. Michael Wolffsohn nicht der Autor (Mitarbeiter bei der *Welt*) ist. — War dieser Artikel auch in der Papierausgabe der *Welt*?
****
Nachtrag: Ich muß jetzt hinzufügen, daß ich bei den Kommentaren zu dem Artikel den erwähnten Hinweis von "fact" falsch gelesen habe. Da steht nämlich, etwas entschuldigend (?) für die *Welt*: "Der Autor Professor Dr. Michael Wolffsohn ist kein Mitglied der Welt-Redaktion." Inzwischen finde ich heraus, daß der Autor dieses Artikels aber sonst ein hohes Tier ist. Mein Gott! — In seinem Lebenslauf (www.wolffsohn.de/index.php?page=lebenslauf_mw) führt er allerdings nicht Deutsch unter "Sprachkenntnisse" auf. Aber er ist 1993 mit dem Deutschen Schulbuchpreis ausgezeichnet worden.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 05.02.2011 um 00.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7445


Es ist schon unglaublich, daß die Redaktion Wolffsohn nicht daran gehindert hat, sich derart zu blamieren.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 04.02.2011 um 23.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7444


Michael Wolffsohn, der Autor des Artikels über Westerwelle und die Deutschen, sollte erstmal selbst den Plural lernen, bevor er über andere herzieht. Wir sind ja schließlich immer noch Deutsche und nicht Deutschen (zumindest in diesem Satz).

Und was soll denn das hier:
Sie bieten der steigenden Zahl des Deutschen nicht ganz mächtigen Deutschen ein deutsches Sprachalibi. Sprachverhunzung beginnt „ganz oben“.
Also etwas gekürzt: die steigende Zahl Deutschen.
Manchmal beginnt Sprachverhunzung leider auch woanders.

Auch das ist auf Westerwelle gemünzt:
Er spricht zum Beispiel von „Unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern“. Das ist politisch korrekt und zugleich total falsch, denn, wie in den meisten (mir bekannten) Sprachen, umfasst der Plural stets Männliches und Weibliches.
Mir gefallen die vielen Verdopplungen mit den "-innen" auch nicht, aber "total falsch"? Die Begründung, die Wolffsohn dafür gibt, hat jedenfalls damit nichts zu tun.
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Ruth Salber-Buchmüller
Mülheim-Ruhr

Dieser Beitrag wurde am 04.02.2011 um 21.09 Uhr eingetragen.
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Westerwelles-Probleme-mit-dem-deutschen-Plural.html

Welt 4.2.11
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 31.01.2011 um 17.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7428


"Suche nach Identitäten der Opfer" (Welt.de, "Video/Zugunglück", heute).
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 15.01.2011 um 01.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7377


Solche Endungen -e(r)n gibt es auch im Deutschen: hölzern, eisern, bleiern, golden, ... Für denkbar hielte ich das bei Norderney. Und falls Mainau etwas mit dem Monat Mai zu tun hat, da gibt es auch so eine schwache Beugungsendung n: im Maien, im Märzen. Bindelaute werden zwar unregelmäßig verwendet, aber wenn, dann entsprechen sie einem üblichen Muster, meistens einer Flexionsendung.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 14.01.2011 um 22.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7376


Könnte das n eine Adjektivendung sein, also wie bei "northern"? Norderney nicht als Insel im Bereich von Norden, sondern als nördliche Insel? (Mir war das n übrigens zuerst gar nicht als merkwürdig aufgefallen.) Allerdings weiß ich nicht, ob im Friesischen Adjektive überhaupt so gebildet werden.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 14.01.2011 um 00.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7368


Zugegeben, er trat für das Plural-n ein und nicht für schnöde Bindelaute.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 22.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7367


Oh, für Lebernknödeln hatte Valentin gar keine Argumente: "Lebernknödeln kann man nicht sagen!" Er war vor allem für die Semmelnknödeln.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 22.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7366


Es heißt auch nicht Spiekernoog oder Langenoog . . . (oder Lebernknödeln, wenngleich Karl Valentin dafür gute Argumente anführte)
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 22.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7365


Wo kommt das n her? Angesichts der Verwandtschaft von Auge (eye), Oog, Au(e), Ey, Eiland glaube ich nicht daran, daß in Norderney das Wort ney = neu steckt, wie Wikipedia behauptet. Nehmen wir die Insel Mainau, die liegt auch nicht im Main, woher hat sie das n? Es gibt wohl gute Gründe, das n für einen Bindelaut zu halten.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 18.01 Uhr eingetragen.
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Es handelt sich um Band 25 der Reihe »Duden-Taschenbücher«. Inzwischen gibt es eine zweite, überarbeitete Auflage.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 16.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7361


Die von Herrn Metz zitierte Deutung von -ey erklärt auch nicht, woher das n kommt. Norderey würde doch in diesem Falle reichen.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 15.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7359


Was Herr Metz schreibt, ist doch recht interessant. (Aber was für ein Duden-Band ist das, Herr Metz?) Dazu paßt ja dann auch ganz gut die Greifswalder Oie, wie ich mir schon gedacht hatte.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 10.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7356


Vielen Dank, Herr Herter, für Ihren Hinweis! Die Etymologen scheinen sich nicht einig zu sein. Vergleiche die Ausführungen in »Geographische Namen in Deutschland – Herkunft und Bedeutung der Namen von Ländern, Städten, Bergen und Gewässern« (Duden 1993) von Dieter Berger unter dem Stichwort »Norderney«:

»Der Name N., 1616 latinisiert Norderneya, ist eine fries. Mundartform, in der fries. ey ›Insel‹ für gleichbed. mnd. ō, oie, ōch steht (→ Langeoog; vgl. nhd. Eiland ›Insel‹, das über das Mnd. auf gleichbed. afries. eiland zurückgeht). N. heißt um 1500 Norderoog, 1515 Norderney Oog (wobei fries. ey durch nd. oog verdeutlicht wurde). Der erste Bestandteil Norder- bezieht sich wohl auf die Zugehörigkeit der Insel zum Norderland, der Landschaft um → Norden.«

Die Formulierung »wobei fries. ey durch nd. oog verdeutlicht wird« ist einigermaßen rätselhaft, denn sie suggeriert, daß oog zu ey hinzugetreten sei, während andererseits behauptet wird, daß es umgekehrt gewesen ist: »N. heißt um 1500 Norderoog, 1515 Norderney Oog«. Offenbar hat irgend jemand zwischen 1500 und 1515 das ey in den Namen gemogelt, oog aber stehenlassen, weil doppelt genäht bekanntlich besser hält. Oder so ähnlich.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 09.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7354


Ich stehe berichtigt, was den Namen "Norderney" betrifft. Wobei allerdings auch die "Insel" nicht nur "verblaßt", sondern ganz ausgelassen ist. Wobei mich jetzt allerdings auch die Aussprache des "ey" als [ai] interessiert. Ist da sowas dahinter wie bei "Braunschweig", wo auch die Vokale "verhochdeutscht" wurden (wie's einer meiner alten Deutschlehrer formulierte), obwohl zu dem Namen "braun" und "schweigen" nicht das geringste beigetragen haben?
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 06.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7352


Ebenfalls zu Herrn Metz' und Frau van Thiels Beiträgen: Norder|ney ist richtig, sowohl in Aussprache wie Worttrennung (http://de.wikipedia.org/wiki/Norderney#Etymologie).
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 13.01.2011 um 02.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7351


Zu #7349/50: Was nur zeigt, daß es gar nicht immer so klar ist, wo die "Silbengrenze" ist, die sich "bei langsamem Sprechen" leicht festzustellen sein soll. So geht engl. "apron" über "an apron" und "a naperon" auf frz. "naperon" zurück. Unser "klares" Wissen über Silben bei Wörtern, deren Zusmmensetzung sich nicht auf den ersten Blick gleich durchschauen läßt, ist uns durch Unterricht (Silbenklatschen) eingeprägt, nicht natürlich durch langsames Sprechen mitgegeben. Natürlich spricht nämlich keiner so langsam! Kreisauer und andere aus Orten, die in der Buchstabenfolge -sau enden, wissen das nur zu gut.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2011 um 21.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7350


Im Hinblick auf Neckar und Sulm war ich unkundig. Danke für die Information. Daß Norderney eine Zusammensetzung ist, wußte ich sogar. Da ist die "Insel" verblaßt, so daß die zusammengezogene Aussprache wohl etabliert ist - auch bei mir. Bleibt aber noch Wal-daschaff. Gibt es da auch irgend etwas, was bedeutet, daß dieser Ort nichts mit dem Wald zu tun hat?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2011 um 20.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7349


Auch bei Norder|ney legt die Etymologie eine Worttrennung und eine Aussprache nahe, die nicht der modernen Norm entsprechen. Möglicherweise hat man früher tatsächlich Nordern|ey getrennt und gesprochen.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2011 um 20.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7348


Die alten NSU-Fahrer wußten das:
"Der Name NSU, der ab 1892 als Markenname bzw. Markenzeichen verwendet wurde, ist ein Kurzwort für den Stadtnamen Neckarsulm, der sich wiederum von den beiden Flüssen Neckar und Sulm ableitet, die hier zusammenfließen. Die drei Buchstaben NSU standen anfangs in einer ..."
Einkopiert aus Wikipedia.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2011 um 20.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7347


Liebe Frau v. Thiel, man ist ja "rein logisch" verführt, die bewußte Stadt als Neckars Ulm zu deuten. Aber in diesem Falle ist die Aussprache richtig. Es gibt dort nämlich Neckar und Sulm.
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Wilhelm Bernhard Kloke
Dortmund

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2011 um 20.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7346


Neckar_sulm ist richtig. S. http://de.wikipedia.org/wiki/Sulm_(Neckar)
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2011 um 20.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7345


Beim Anhören der Nachrichten im Rundfunk höre ich immer wieder ein mich seltsam anmutendes Hinüberziehen von Konsonanten zur nächsten Silbe, so ist immer von Wal_daschaff oder Neckar_sulm die Rede, obwohl ich immer dachte, man spräche Wald_aschaff (da es ja auch Aschaffenburg gibt) und Neckars_ulm, da doch der Neckar geläufig sein dürfte. Nur Künzel_sau habe ich noch nicht gehört.
Lernt man das in der Ausbildung für Rundfunksprecher? Dann müßte man wohl in Zukunft auch au_sarbeiten sprechen.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 22.12.2010 um 10.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7283


"Warum protestiere ich hier nur dreiviertelherzig?"

Vielleicht weil der Dativ das Wort dumpfem so schön noch dumpfer macht.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 22.12.2010 um 10.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7280


Der Dativ dem Genitiv oder auch dem Akkusativ sein Tod bei faz.net heute: "Der Dirigent Enoch zu Guttenberg spricht über Glanz und Elend weihnachtlicher Musik und fordert echte Betroffenheit statt dumpfem Konsumverhalten." Der Dativ "dumpfem" ist sprachgeschichtlich doch wirklich durch nichts gerechtfertigt, oder? Parallelität wozu? Warum protestiere ich hier nur dreiviertelherzig?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.11.2010 um 02.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7145


Ist das möglich bei "möglich": "'Und die Wasser teilten sich,' dabei handelte es sich möglich um den Manzana-See" (Unterschrift zu einem Bild bei welt.de [25.11.2010, Artikel über den Jünger Matthäus])? Als Adverb?
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Jan-Martin Wagner
Kiel

Dieser Beitrag wurde am 16.11.2010 um 19.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#7125


Die SOK und der SKD ziehen Kreise:

Die Schweizer Sprachberatung hilft Ihnen bei allen sprachlichen Zweifelsfällen – in Fragen der Rechtschreibung, der Grammatik, der Textgestaltung und des Stils. (www.schweizer-sprachberatung.ch)

Der Schwerpunkt liegt auf dem schweizerischen Gebrauch der (hochdeutschen) Schriftsprache: sie ist eine Sprache mit eigenen Normierungen gegenüber dem Standard in Deutschland. Das betrifft die Rechtschreibung (z. B. durchweg “ss” statt “ß”), vor allem aber den Wortschatz (“Vernehmlassung”, “Unterbruch”, “parkieren”, bis hin zu eigenen Anglizismen: “Goal”).

Aus dieser Eigenständigkeit ergeben sich Differenzen und Zweifelsfälle in zwei Richtungen: zum bundesrepublikanischen Standard und zu den schweizerdeutschen Dialekten, die die gesprochene Sprache der Deutschschweiz intensiv bestimmen. Es stellen sich Fragen wie: Wieviel bundesdeutscher Standard ist notwendig? Wann ist umgekehrt meine schweizerische Schriftsprache zu dialektal orientiert? Dabei geht es weniger um die “Richtigkeit” als vielmehr um die Verständlichkeit und Angemessenheit des sprachlichen Ausdrucks.

Die Schweizer Sprachberatung SSB sieht ihre Aufgabe darin, in derartigen Zweifelsfällen bezüglich Form und Ausdruck Rat zu erteilen und Vorschläge zu machen. Grundlage sind die Sprachnormen, die Konsens im Schweizerhochdeutschen gefunden haben, sei es in der Zeitungssprache, der Verwaltung, der Gesetzgebung oder dem öffentlichen Sprachgebrauch generell. Deshalb richten wir uns nach den Empfehlungen der ”Schweizer Orthographischen Konferenz” (www.sok.ch) und den Vorschlägen zur Eindeutschung aus dem ”Anglizismen-Index”. (www.sprachkreis-deutsch.ch/anglizismenindex.php).

Beraten werden Sie von der leitenden wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Christiane Götzeler, Singen; dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Marcel Dräger, Basel ; den Rechtschreib- und Sprachspezialisten der Schweizer Orthographischen Konferenz SOK und Peter Zbinden, Präsident SKD, Port, mit seinen Zuträgern.

Die Sprachberatung gehört zur Gruppe “Freiburger Sprachberatung” unter der Leitung von Professor Dr. Ulrich Knoop, Freiburg. Unterstützt wird sie vom Sprachkreis Deutsch SKD in CH-3000 Bern.
(Was wir tun)

Nun ja, bloß mit der Typographie (Anführungszeichen) hapert's noch.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 21.09.2010 um 16.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6875


Nicht wahr, es lohnt sich zu rechnen: "Die Bundesregierung drängt auf ein neues Energiekonzept. Doch die Sanierung von alten Gebäuden ist teuer. Aber sie rechnet sich fast immer." (faz.de, 21.09.10)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 17.09.2010 um 17.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6863


"Ein nur provisorisch gesicherter Gully im Unglücksbereich des Duisburger Loveparade-Geländes könnte für die Menschen dort eine schlimme Stolperfalle gewesen sein." (bild,de, "Newsticker" [wohl dpa], heute) — An dem Gully selbst ist niemand zu Tode gekommen, und daß da jemand schlimm gestolpert sei, — davon wird auch nichts berichtet. Gemeint ist also wohl "hätte für die Menschen dort eine schlimme Stolperfalle gewesen sein können." Und dann wohl besser: "werden können".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 09.08.2010 um 18.52 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6723


Was ich hier lehre: Natürlich ist "über" eine "two way preposition"; d.h. bei klar lokaler (und auch entsprechender temporaler [in dem Augenblick, wo ...!]) Bedeutung haben wir bei Bewegung zum Objekt der Präposition den Akkusativ, ohne Bewegung zum Objekt der Präposition den Dativ ("Auf dieser Bank von Stein will ich mich setzen"; wir sehen "sich setzen" heute anders als noch Schiller). Bei "übertragener" Bedeutung finden wir den Akkusativ in 80 Prozent der Fälle (über jemanden nachdenken, an einen Gott glauben), den Dativ in 20 Prozent (vor jemandem Angst haben). Diese Zahlen habe ich irgendwo mal aufgeschnappt; aber auch aus meiner "Erfahrung" spricht nichts dagegen. — Vielen Dank für die anregenden Hinweise hier. Ich bleibe also "im vorliegenden Fall" (wie Herr Roth) bei meiner Redensart, auch "[w]enn ich mir [wie Herr Metz] beide Varianten [natürlich auch] oft genug laut" vorgesagt habe. Bei weiteren Erklärungsversuchen komme ich nämlich ebenfalls nicht mehr ganz mit. Allerdings, wie Herr Metz es richtig sagt: "Ein interessanter Fall"! Und wo wir gerade dabei sind: Was hätte vielleicht Schiller noch dazu gesagt?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 09.08.2010 um 18.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6722


Und das sagt Adelung dazu:

(e) Besonders, wenn der Gegenstand der Beschäftigung sowohl die Zeit einer Veränderung, als auch die Veranlassung, die wirkende Ursache derselben ist. Sie vergessen meines Nahmens über ihren Träumen, Jer. 23, 27; während der Beschäftigung mit ihren Träumen und um derselben willen. Sich über dem Heben etwas verrenken. Über einer langen Rede (von langen Reden) heiser werden. Unsere Kleider sind alt worden über dieser langen Reise, Jos. 9, 13. Sich über einer Sache aufhalten, bey derselben und um derselben willen, so ganz etwas anders ist, als sich über eine Sache aufhalten. Über einem Lärm erwachen. Über dem Lesen Essen und Trinken vergessen. Es wird mir sehr leicht seyn, über ihrem Herzen das Glück zu vergessen, Gell. So lächerlich sie über dieser Bemühung wird, ebend. Es läßt sich daher diese Wortfügung, dem heutigen Sprachgebrauche nach, nicht anwenden, wenn nicht die wirkende oder veranlassende Ursache zugleich der Gegenstand der Beschäftigung ist. Ehedem gebrauchte man es sehr häufig mit der dritten Endung, sowohl eine Ursache zu bezeichnen, warum etwas geschiehet, als auch einen bloßen Gegenstand; in welchen Fällen doch entweder wegen, oder über mit der vierten Endung stehen muß. So kömmst du nicht in Angst und Noth über (wegen) seiner Thorheit, Sir. 22, 16. Über solchen Reden entstund ein Lärm, wegen solcher Reden, oder über solche Reden. Moses flohe über dieser Rede, wegen, Apost. 7, 29. Über einer Wohlthat gerichtet werden, Kap. 4, 9; wegen. Willst du dich über diesem (über dieses, hierüber,) von mir richten lassen? Apost. 25, 9. Wenn ihr über zeitlichen Gütern (über zeitliche Güter) Sachen (Prozesse) habt, 1 Kor. 6, 4. Und tausend andere Beyspiele mehr, wovon noch im folgenden einige vorkommen werden.

[Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch: Über. Adelung: Wörterbuch, S. 54833 (vgl. Adelung-GKW Bd. 4, S. 737) http://www.digitale-bibliothek.de/band40.htm]
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 09.08.2010 um 17.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6721


Zu meinem Erstaunen sind sich die Wörterbücher, die ich auf die Schnelle konsultiert habe (Duden, Brockhaus-Wahrig, Klappenbach/Steinitz) darin einig, daß in solchen Fällen der Dativ steht.

Ich zitiere aus Klappenbach/Steinitz (Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, Band V, Berlin 1976) die beiden Einträge, die meines Erachtens hier am ehesten von Interesse sind:

Zu über in räumlicher Bedeutung heißt es unter I 1 d:

/steht zeitl. Gebrauch nahe/ während, bei: ü. dem Lesen ist er eingeschlafen; ü. der Arbeit vergaß er die Zeit; vgl. II 4

Zur Verwendung in zeitlicher Bedeutung liest man unter II 4:

/mit Dat.; drückt die Gleichzeitigkeit eines Vorgangs mit einem anderen aus; bezeichnet auch den Grund/ bei, wegen, durch: ü. dem Lärm, Geschrei wachte er auf; vgl. I 1 d

Im Duden (Großes Wörterbuch der deutschen Sprache, 1999) findet man folgendes:

drückt eine Folge von etw. aus; infolge: ü. dem Streit ging ihre Freundschaft in die Brüche; die Kinder sind ü. dem Lärm aufgewacht.

Hier nun komme ich nicht mehr ganz mit. Ich würde immer sagen »Über diesen Streit ging ihre Freundschaft in die Brüche«, und wenn Kinder »über dem Lärm« aufwachen, stellt sich bei mir unwillkürlich eine räumliche Vorstellung ein: über dem Lärm = örtlich darüber, z. B. in der Etage über einer Kneipe.

Ein interessanter Fall, über den man lange nachdenken kann. Allerdings schwindet bei mir, je länger ich über so etwas grüble, das Gefühl dafür, was nun eigentlich richtig ist. Wenn ich mir beide Varianten nur oft genug laut vorsage, kann ich mir in solchen Fällen am Ende oft beides gut vorstellen.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 09.08.2010 um 16.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6720


"über"

Ich bin mir nicht so sicher, ob im vorliegenden Beispiel nicht auch der Dativ möglich wäre. Es handelt sich ja nicht um eine Orts- oder Richtungsangabe, wo der Kasus eindeutig bestimmt ist, sondern um übertragenen Gebrauch der Präposition. In solchen Fällen erleben wir auch z.B. in Zeitungstexten immer wieder Unsicherheiten.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 09.08.2010 um 14.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6719


Nach "über" kann Dat. oder Akk. folgen, im vorliegenden Fall bin ich Ihrer Meinung. Aber "Über den Wolken..." (Reinhard Mey).
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 09.08.2010 um 10.55 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6718


Der Dativ ist jetzt auch dem Akkusativ sein Tod: "'Ich war überrascht und betrübt, dass Mark Hurd über dieser Sache seinen Job verloren hat', teilte die Anklägerin am Sonntag in ihrer ersten Stellungnahme zu dem Fall mit, in der sie auch ihre Identität preisgab." (sueddeutsche.de, heute)
Ich benutze in diesem Fall nach *über* den Akkusativ. Noch wer?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 31.07.2010 um 17.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6673


faz.net: "Mit Genugtuung erinnerte der 29 Jahre alte Architekturstudent aus Berlin auf den Sieg von Verena Sailer im Sprint am Vortag. „Das war eine große Inspiration für mich“, sagte er." (31.7.) "sich *auf* jemand[en] erinnern"? Wo im deutschen Sprachraum sagt man hier "auf"?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 31.07.2010 um 16.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6671


Bei der *Welt* ist jetzt auch die Rechtschreibreform dem Genitiv sein Tod: "Deutschland Bauern stehen am Scheideweg" (welt.de, 31.7.)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 13.07.2010 um 08.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6599


Jaja, aber den "Autoren" sehe ich, vor allem im Genitiv ohne Namenszusatz, zu oft, um nicht von meiner Frage zu lassen. Wer schreibt schon oft von Masten; aber das mit dem "Autoren" kommt immerhin bei Leuten vor, die schreiben, wenigstens etwas! Verbunden ist hier natürlich eine andere Frage, nämlich, wieviel Ausbildung mit Hinweis auf ziemlich "übliche Fallen" bekommen zukünftige Schreiber heutzutage?
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 13.07.2010 um 08.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6598


Herr Salzburg,
zu unkaputtbar s. Strang bar im Tagebuch.
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Robert Roth
Gau-Algesheim

Dieser Beitrag wurde am 12.07.2010 um 23.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6597


Den Masten hatten wir ja schon.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 12.07.2010 um 22.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6596


Wie sehr ist "[r] Autor, s, en" schwach? Die *SZ* schreibt heute: "Der Ballack-Berater sah im DFB-Team eine Ansammlung homosexueller Spieler – und erzählte einem Autoren davon." Welchem Doktoren im Fach Germanistik fällt hierzu eine Antwort ein? Oder kennt jemand einen Sprachprofessoren, der dazu was weiß?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 22.06.2010 um 15.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6532


Zum Fugen-s: Auch im Deutschen war's mal populärer. Mir hatte ein Herausgeber mal das Fugen-"s" in "Beispielssätze" ausreden wollen, das gebe es nicht, ich solle im Duden nachsehen. Aber so spreche ich nun mal, und in einem Ost-Duden war's dann auch noch verzeichnet.
Ich halte die Tendenz zur einfachen Nebeneinandersetzung von Substantiven, solange die "muttersprachliche" Aussprache sie nicht durchgehend belegt, für ziemlich vorgeschrieben. Wir haben zwar keine Ehrenkreuze oder wenigstens besondere Ehrengaben für Leute, die noch ganz natürlich Muttersprache sprechen und so ein Lebenszeichen für diese abgeben und nicht auf einmal dieses "s" bei femininen und Pluralformen einführen, wo's nie war, und ich bin fürs Schwedische (Du gamla, du fria, ... jaaa!), aber das Korrekturprogramm hätte hier bei einer Zeitung schon helfen sollen, wenn sonst schon kein rotes Fähnchen aufhüpfte. —
Und ob "unkaputtbar" hier ein sprachlich kontrollierter Witz ist? Bei mir ist er jedenfalls danebengegangen, trotz aller "Ehrenszeichen" in unmittelbarer Umgebung. Ich warte da doch erst mal das Verb "kaputten" ab.
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Sigmar Salzburg
Mohrkirch

Dieser Beitrag wurde am 22.06.2010 um 14.36 Uhr eingetragen.
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Ich halte „unkaputtbar“ für einen sprachlichen Witz, der sich jedoch verfestigen kann. Bei der „keinsten Weise“ ist dies schon weithin der Fall. Ich war erstaunt über den vielfachen Protest, der sich in einem Forum erhob, als ich diese Wendung auf einen logischen Ulk zurückführte.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 22.06.2010 um 14.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6530


zum Ehrenszeichen:
Vielleicht war bei der Welt ein schwedischer Schreiber am Werk, denn im Schwedischen wird das Fugen-s häufiger als im Deutschen verwendet: zum Beispiel im schwedischen Wort "armbandsur".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 22.06.2010 um 07.31 Uhr eingetragen.
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www.welt.de bespricht US-Schwedenkrimis "[...] mit einem beamteten Schwedenermittler wie Wallander oder Perssons „Kriminaldirektor“ Johansson, diesen grimm und grau gewordenen Veteranen der Studentenrevolte, deren Melancholie bloß das Ehrenszeichen eines tapferen und letztlich unkaputtbaren sozialdemokratischen Idealismus ist."
Nun, kreatives Schreiben kann ja auch beinhalten, daß man neue Wörter schafft. Aber vor *unkaputtbar haben die Götter doch erst mal die Akzeptanz eines Verbs "kaputten" gesetzt, und die hat halt doch noch nicht stattgehabt. Und das 's' in "Ehrenszeichen" ist auch zuviel des Guten bei diesen Schwedenskrimis..., ich meine, Schwedenkrimis, um die es in diesem Artikel ja geht.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2010 um 15.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#6493


Mit Gerüchten leben: "Laut „Bild“-Zeitung könnte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) den Märchentitel bei den Beratungen über das Sparpaket an die Adresse von Guttenberg geäußert haben. Die Regierung dementierte, dass Pofalla dies gesagt haben soll."
Da läge die Regierung wohl falsch. Daß er das "gesagt haben soll", kann man wohl nicht dementieren, wenn man auf das Gerücht reagiert, daß er das gesagt haben soll. Oder sollte mit "soll" hier ein Auftrag gemeint sein?
(www.welt.de)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 10.08.2009 um 15.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#5221


Normalerweise regiere ich hier nur auf etwas, was in Bezug auf die Rechtschreibung interessant ist. Hier ist aber etwas, wo ich doch wegen was anderem einhake: "Teile der Stavanger-Besatzung auf dem Heimweg" (dpa). Die Pluralform "Teile" liegt mir in diesem Zusammenhang irgendwie quer, da doch offenbar einzelne Menschen und nicht Untergruppen einer Gruppe gemeint sind.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 07.08.2009 um 08.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#5215


FAZ-eigenartig verschwiegert: "Der pakistanische Innenminister sagte am Freitag, neben Baitullah Mehsud seien eine seiner Ehefrauen, sein Schwiegerbruder sowie sieben seiner Leibwächter getötet worden." — Wo im deutschen Sprachraum ist "Schwiegerbruder" üblich? Entgeht mir hier etwas? Denn daß jemand bei derartigen Eheverhältnissen nur einen Schwager hat, kommt mir nämlich auch seltsam vor.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 02.07.2009 um 23.10 Uhr eingetragen.
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Man lernt nie aus. Gut, daß ich es als Frage hier hineingestellt habe. Ein bißchen ungewöhnlich scheint es aber in der hier gebrauchten Form doch zu sein, was nicht bedeutet, daß es nicht existiert – habe gerade etwas recherchiert und Ihre Feststellung bestätigt gefunden. Ich kannte es bisher nur verstärkend: ungemein erfolgreich, ungemein geschäftig, ungemein klug etc.
Daß die "Gemeine Birke" nicht bösartig ist, wußte ich jedoch, Herr Bärlein!
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Urs Bärlein
*

Dieser Beitrag wurde am 02.07.2009 um 17.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#5130


ungemein ist aber nicht ganz ungewöhnlich. Es bedeutet so viel wie ungewöhnlich. Entsprechend ist die "gemeine Hauskatze" z.B. manchmal keine hinterhältige oder sonstwie bösartige Katze, sondern eine gewöhnliche.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 02.07.2009 um 14.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#5129


Gestern im Rundfunk gehört: "Komponist X hatte mit seinen Stücken ungemeinen Erfolg."
Ich habe so gestutzt, daß ich den Namen des Komponisten tatsächlich vergessen habe.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 11.06.2009 um 18.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#5074


Fragen an *Die Welt*: Was denn nun, "bis aufs Letzte" (was immer das sein sollte) oder "bis aufs letzte" in "Es gefällt mir, dass ein Vogel seinen Platz in der Welt bis aufs Letzte verteidigt“? Und wer sagt's denn, daß dem Genitiv sein Tod droht? Lesen wir doch mal genauer als die *Welt*-Leute heute: "Attackiert zwei bis drei Fußgänger pro Minute: Der komische Vogel (rechts) mit dem Künstlernamen "Swoops" stürzt sie sich auf alles, was sich bewegt." / "„Der Vogel schoss auf meinen Kopf zu und kratze meine Glatze, und das gleich zwei Mal“, erzählt Don Reed, noch sichtlich verdutzt über den Überraschungsangriff in der Innenstadt von San Francisco. Der Geschäftsmann, der seinen gewohnten Weg entlang der Banken und Hochhäuser im Finanzviertel der Westküstenmetropole nahm, ist eines von unzähligen Opfern einer schwarzen Vogelmutter, die seit Tagen Passanten terrorisiert." / "Die meisten Angriffe plant sie von einem Vordach aus, etwa drei Meter hoch über dem Bürgersteig, gegenüber eines Baumes, in dem sich ein Nest mit ihren Jungen verbirgt."
(www.welt.de)
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 11.05.2009 um 16.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4947


Genau das meinte ich auch, Frau van Thiel. Jede Sprachgemeinschaft interpretiert ein Fremdwort wie „Jeans“ zunächst mit Hilfe der Regeln der eigenen Sprache, was ja auch ganz normal ist. Die normale Pluralendung im Englischen ist das „s“, also ist das für den Amerikaner ganz klar Plural, zumal er auch die beiden Hosenbeine sieht.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 11.05.2009 um 16.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4946


Ich muß gestehen, daß ich sogar die "Shorts" öfter nur im Singular benutze - wahrscheinlich weil ich einfach eine kurze Hose im Sinn habe.
Den Russen ist übrigens das -s in Jeans noch gar nicht Plural genug, sie hängen an die "Jeans" noch eine i-Endung an.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 11.05.2009 um 15.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4945


Ich denke, daß man in beiden Sprachen durch und gerade auch wegen ungenauer Kenntnis der Phonetik oder Etymologie den jeweiligen Singular- oder Pluralgebrauch erklären kann. Im Englischen sind Hosen grundsätzlich Plural (trousers) und so wird vermutlich das Endungs-s als Pluralendung interpretiert. Und im Deutschen hat sich irgendwann (leider hilft mir der Grimm bei einer zeitlichen Eingrenzung nicht weiter) die Singularform für das Kleidungsstück, das aus Bruch und zwei Hosenbeinen besteht, durchgesetzt. Womöglich ist es einer gewissen deutschen Pedanterie zuzuschreiben, daß wir das s gegenüber den Österreichern beibehalten haben.

Wer in Deutschland denkt oder dachte (etwa in den 50er und 60er Jahren, als die blaue Hose noch als Ausdruck von Rebellion galt) darüber nach, daß es sich tatsächlich um ein fränkisches Kulturgeschenk handelt, das ein gebürtiger Franke seinem neuen Heimatland zugeführt hat. So gesehen sind einige ältere Damen und Herren vielleicht gar nicht zu tadeln, wenn sie mit ihren Enkeln eine Levi's [sprich: léwis] Jeans [sprich: jíns] kaufen. Wer weiß schließlich, wie Levi Strauss seinen Namen unter den Goldgräbern ausgesprochen hat! Englisch wird er ja wohl kaum gekonnt haben, sondern eher im Vorbeigehen (as he went along) gelernt haben.

Herr Mahlmann wies in diesem Zusammenhang bereits auf die Kekse hin, bei denen heute auch keiner mehr daran denkt, daß sie eigentlich kleine Kuchen sein müßten. Oder wer denkt beim warmen Schal im Winter noch daran, daß Thomas Mann in den 20er Jahren noch ganz brav "Shawl" schrieb?

Nachtrag zur Versöhnung mit Herrn Ludwig:
Wenn ich in meinen Kursen Amerikaner, Spanier, Brasilianer oder Italiener habe, die genau mit diesen so anderen Singularformen im Deutschen Probleme haben, dann erkläre ich ihnen immer, daß wir im Deutschen stets die Funktion des Gesamtensembles im Blick haben. Zwei Gläser, die von einem Gestell auf einer Nase gehalten werden und so einem Menschen als Sehhilfe dienen, sind eben eine Brille. Und die zwei Hosenbeine einer Hose bedecken eben auch Teile eines Menschen und können darüber hinaus ganz praktisch mit einem Gürtel gehalten werden. Das hat bislang eigentlich immer ganz gut so geklappt (natürlich auch, weil heute niemand mehr Hosenträger verwendet).
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 11.05.2009 um 11.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4944


Mir scheint "Jeans" als Singular auch dafür zu sprechen, daß das Endungs-S nicht zwangsläufig als Pluralkennung wahrgenommen wird. Das ließe hoffen, daß sich die "Blöcke" und "Labore" gegen die "Blocks" und "Labors" durchsetzen. Bei den "Cakes" haben wir ja auch schon den Singular "Keks" nebst Pluralform "Kekse".
Und Sie sprechen mit Ihrer Tochter Englisch, Herr Ludwig?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 11.05.2009 um 02.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4943


Es spielt eigentlich keine Rolle, wo das "s" in Jeans herkommt; amerikanisch "Jean" allein ist ein Name, und meine kleine Tochter, waschechte Amerikanerin, will wissen, ob ihre neuen Jeans schon "have been washed", und dabei spricht sie von nur einem Kleidungsstück. Und die Amerikaner zählen schließlich ihre Jeans zu den Kulturgeschenken, die sie der ganzen Welt gemacht haben. Die Österreicher allerdings haben, meine ich, mit der Einzahl "Jean" fürs Deutsche durchaus auch was Annehmbares geleistet.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 11.05.2009 um 01.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4941


Bleu de Gênes.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 10.05.2009 um 17.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4940


Dabei darf man natürlich nicht vergessen, daß im Englischen die s-Endung etymologisch gar keine Pluralendung ist, sondern vielmehr zum Versuch gehört, den französischen Begriff „Serge de Nîmes“ bei ungenauer Kenntnis der Phonetik zu verschriften. (Die inzwischen blauen Hosen sind ja auch nicht das einzige Beispiel für die Verschriftung von phonetisch problematischen ausländischen Begriffen. Auch der englische Claret, der ja in der Regel für französischen Wein aus dem ganzen Anbaugebiet Bordeaux steht, und der andalusische Sherry sind auf ähnliche Ausspracheprobleme zurückzuführen.)

Interessanterweise wird auch die deutsche Brille inzwischen im Singular gebraucht, obwohl sie doch zwei Gläser hat, wie ja auch aus der englischen, französischen, spanischen und italienischen Übersetzung hervorgeht. Und von Goethe bis Grillparzer finden sich noch zahlreiche Belege für die Pluralform, wobei ich mir auch bei Goethe schon nicht mehr sicher bin, ob man die Gläser tatsächlich noch aus Beryll fertigte. (Hat Spinoza Beryll- oder Glaslinsen geschliffen?)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 10.05.2009 um 16.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4939


Vielen Dank für die Aufklärung. Die Parallelität zu "Hose" ("Hosen" Pl., auch wenn nur ein Kleidungsstück gemeint ist) drängt sich ja auf. Die waschechten Österreicher scheinen mir mit ihrem "Bluejean und auch die Jean" die Eindeutschung mit dem Singular am besten hinzukriegen. Was "Jeans" als Singularform dann auch zeigt: So stark hat sich die englische Morphologie bei den deutschen Hirnen nun wieder auch nicht festgesetzt.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 10.05.2009 um 13.43 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4938


Die Blue jeans tauchen zum erstenmal 1961 im Duden auf, in der 15. Auflage. In der 17. Auflage (1973) findet man erstmals zusätzlich das Stichwort »Jeans«, es wird dort aber lediglich auf »Blue jeans« verwiesen. 1980 dann, in der 18. Auflage, ist der Eintrag »Jeans« um die Angabe »Plur.« ergänzt. In der 19. Auflage (1986) ist erstmals auch die Singularform verzeichnet. Seither stehen Plural- und Singularform im Duden nebeneinander.

In Österreich gibt es darüber hinaus die Bluejean und auch die Jean als waschechte Singularwörter.

Vielleicht auch noch interessant:

15. Auflage (1961): Blue jeans
16. Auflage (1967): Blue jeans
17. Auflage (1973): Blue jeans
18. Auflage (1980): Bluejeans, auch: Blue jeans
19. Auflage (1986): Bluejeans, auch: Blue jeans
20. Auflage (1991): Bluejeans, Blue jeans
21. Auflage (1996): Bluejeans, auch Blue Jeans
22. Auflage (2000): Bluejeans, auch Blue Jeans
23. Auflage (2004): Bluejeans, auch Blue Jeans
24. Auflage (2006): Bluejeans
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Urs Bärlein
*

Dieser Beitrag wurde am 10.05.2009 um 12.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4937


Nicht erst jetzt. Umgangssprachlich kenne ich es kaum anders. Vermutlich folgten die Jeans den Hosen. Solange diese Unterschenkelbekleidung waren, traten sie sinnvollerweise meistens paarig auf. Das wird dann spätestens bei "Unterhosen" problematisch. Als Kind wunderte ich mich über die "Windhose", weil das so bezeichnete Gebilde nur eine Röhre hatte, allen meinen bisherigen Erfahrungen mit Hosen zum Trotz. Die Paarigkeit der Röhren schien mir vielmehr umgekehrt gerade die Singularität der Hose auszumachen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 10.05.2009 um 09.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4936


Ist "die Jeans" jetzt auch Singular? "Jacobs sei ein weltweit renommierter Mikrobiologe, Träger des Descartes-Preises für Wissenschaft der Europäischen Kommission und aus Überzeugung Punk, teilte die Universität Flensburg mit. In seinem Vortrag auf dem Museumsberg spricht der 54 Jahre alte Brite mit Nieten-Lederjacke, kaputter Jeans und bunten Haaren darüber, was die Wissenschaft mit der europäischen Idee verbindet. Er in Finnland leitet eine Forschergruppe, die die Rolle der Mitochondrien am Alterungsprozess des Menschen untersucht." (© Die Welt, 08.05.2009, 09:55 Uhr)
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 14.04.2009 um 16.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4857


Neben dem Wortpaar grausam/grausig fällt mir noch ein anderes ein, das oft und leicht verwechselt wird:
scheinbar und anscheinend
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 11.04.2009 um 12.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4846


Laut welt-online hat ein Sohn eine "grausame Entdeckung" gemacht (als er die Leichen seiner Familie entdeckte). Ist das möglich? Grauenhaft, grausig, grauenerregend müßte es doch sein. Oder ist das Wort "grausam" so offensichtlich unsinnig, daß ich es hier auf diesen Seiten gar nicht zu erwähnen brauchte? Oder tatsächlich möglich?
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 08.03.2009 um 17.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4703


Tut mir leid, Herr Markner, aber so war es wirklich nicht gemeint.
Ich hielt das für eine berechtigte Frage, aber ist schon in Ordnung.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 08.03.2009 um 15.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4702


Bitte hören Sie auf, hier den Kaspar zu spielen, Herr Riemer.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 08.03.2009 um 14.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4700


Und wenn man es nun als Beleg betrachtet im Sinne von:
"... (es geht doch) um Gottes Willen (um den Willen Gottes), ..." ?

Ich meine nur, wenn Schiller ein einziges Mal Lebenlang schreibt, oder Thomas Mann heute Abend, dann reicht das doch offenbar auch aus, um diese Schreibweisen zumindest an diesen besonderen Stellen zu rechtfertigen (siehe Tagebuch bzw. frühere Diskussion).

Ich finde im übrigen beide letztgenannte Schreibweisen in diesen Spezialfällen auch akzeptabel, wenn nicht sogar zwingend, aber müßte man dann nicht bei "um Gottes Willen" ähnlich tolerant sein?

Ich sage mir, wer Willen groß schreibt, der meint eben auch den Willen und nicht die Präposition, und es kommt ja hier nichts völlig Unsinniges bei raus.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 08.03.2009 um 01.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4693


Es handelt sich hier wohl um einen Beleg für das Versagen des Lektorats.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 08.03.2009 um 00.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4692


zu Herrn Markner, 2#4688:
Das Buch "Der Turm" von Uwe Tellkamp wurde im Diskussionsforum und imTagebuch schon lobend erwähnt, vor allem wegen der guten undeformierten Rechtschreibung. Und trotzdem steht auch dort auf Seite 69: "Bißchen chauvinistisch, ich meine, um Gottes Willen, Barbara, aber wir spielen's gerade."

Etwas, das ich auf diesen Seiten gelernt habe, ist, daß Linguisten immer Belege brauchen und deshalb sammeln. Aber wann ist ein Beleg ein Beleg, und wann ist er einfach ein Druckfehler oder ein Irrtum des Autors, wie es schließlich jedem, auch dem berühmtesten, mal passieren kann?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 07.03.2009 um 15.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4688


Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang noch einmal an die Serie Um Gottes Willen (ARD).

Übrigens gibt es – dies nachträglich zu Herrn Achenbach – den modern historian durchaus, auch wenn Fowler das vermutlich nicht goutiert hätte.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 07.03.2009 um 15.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4686


Werter Herr Ludwig. Folgender Satz in dem unten angeführten Bericht widerlegt die Möglichkeit, es könnte sich bei dem neuen Titel um eine Satire handeln, die den Namen Gipfel tragen soll: 'Der erste "Satire Gipfel" wird am 19. März im Ersten laufen."
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 07.03.2009 um 14.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4684


Möglich ist hier schon, daß parallel zur Witwe Bolte die Satire den Namen Gipfel tragen soll, mit all den Konnotationen, die die (durchaus zugegeben hemmungslosen männlichen Namenspaten und -patinnen) zu dieser Bezeichnung geführt haben.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 07.03.2009 um 11.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4683


Sofern ich dem Bericht in der heutigen Südwest-Presse glauben kann, soll die Kabarett-Sendung "Scheibenwischer" einen neuen Titel erhalten und zwar den Titel "Satire Gipfel". Aber das scheint mir doch eine falsche Schreibweise zu sein. Entweder muß es heißen "Satiregipfel" oder "Satire-Gipfel". Hat man heute solche Hemmungen, einen Bindestrich zu verwenden? Warum wundern wir uns noch, daß im Alltag immer mehr Schreibfehler zu beobachten sind, wenn selbst das Deutsche Fernsehen es seinen Zuschauern falsch vormacht? Oder habe ich da etwas nicht verstanden?
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 15.02.2009 um 05.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4608


Lieber Herr Konietzko,
das Beispiel "deutsche Sprachwissenschaft" ist doch kein nachahmenswertes Beispiel. Es ist an sich genauso eine Stilblüte wie die "reitende Artilleriekaserne". Der einzige Unterschied ist der, daß diese Stilblüte sich im akademischen Bereich eingebürgert hat, so daß der Widersinn einigen anscheinend nicht mehr auffällt (wirft das ein bezeichendes Licht auf die "deutsche Sprachwissenschaft"?).
Der Ausdruck ist auch zweideutig, weil er auch die in Deutschland oder von Deutschen betriebene Sprachwissenschaft meinen kann. Zumindest sollte man durch Großschreibung "Deutsche Sprachwissenschaft" verdeutlichen, daß dieser Ausdruck – ebenso wie der "Schnelle Brüter" – nicht wörtlich zu verstehen ist. Sauberer wäre es aber von Wissenschaft der deutschen Sprache oder Sprachwissenschaft des Deutschen zu sprechen. Letzteres wäre wohl vorzuziehen, weil der Begriff Sprachwissenschaft anscheinend einengend als Linguistik verstanden wird.

Ein Beispiel (das hier schon einmal diskutiert wurde):
Im Englischen bezeichnet man als "natural history" das, was wir "Naturkunde" nennen. Im Englischen hat sich nun eimal die Stilblüte eingebürgert, daß man "natural historian" für "Naturkundler" sagt. Das heißt aber noch lange nicht, daß man auch von einem "modern historian" im Sinne von "Historiker der Neuzeit" sprechen könnte.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 14.02.2009 um 18.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4606


Bei den "Unter-" und "Über-jährigen" hier geht's um die Schreibung eines Wortes, das nun einmal da ist, ob's nun nun ein schönes Wort ist oder nicht. Auch für mich wäre die Schreibung "der Unterdreizehnjährige" und in dessen Gefolge "der Unter13jährige" akzeptabel, wobei ich letztere sogar noch vorzöge. Ich glaube jedoch, die gebräuchliche ("dudenkonforme") Absetzung von "unter/über" hat damit zu tun, daß wir ohne diese visuelle Absetzung das gemeinte Betonungsmuster nicht so leicht fänden ("die über Siebzigjährigen"), wo also "unter/über" den gleichen Intonationsmustern wie die Adverbien "fast/heute" folgen kann. (In Herrn Künzers Beispiel [#4584] betont "unter" einen Gegensatz; diese Betonung ist aber nicht unbedingt immer die angesagte.) Die Vergleichbarkeit "mit der deutschen Sprachwissenschaft, bei der nicht die Wissenschaft, sondern die Sprache deutsch ist", steht offenbar nicht im Vordergrund, wenn's ums rechte Verständnis dieses "über/unter"-Wortes im Zusammenhang geht, Regeln in Parallelfällen hin oder her. Ich meine nach wie vor, Herrn Künzers Schreibgebrauch ist hier der eleganteste.
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David Konietzko
Bad Homburg vor der Höhe

Dieser Beitrag wurde am 14.02.2009 um 15.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4605


Im Archiv der geschriebenen Sprache des IDS habe ich für den Zeitraum 1949–95 mit der Anfrage über *jährige 221 einschlägige Belege gefunden. Mit über*jährige habe ich für denselben Zeitraum nur 13 einschlägige Treffer erhalten, davon einmal Über-Sechzig-Jährige und zwölfmal Schreibweisen des Typs über-60jährig. (Bei beiden Suchanfragen habe ich die Groß- und Kleinschreibung nicht berücksichtigen lassen.)

Die dudenkonforme Schreibweise wurde also in fast 95 Prozent aller Fälle angewandt.
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David Konietzko
Bad Homburg vor der Höhe

Dieser Beitrag wurde am 14.02.2009 um 14.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4604


Laut dem Rechtschreibduden von 1991 schreibt man die über Siebzigjährigen (siehe den Eintrag über). Das ist vergleichbar mit der deutschen Sprachwissenschaft, bei der nicht die Wissenschaft, sondern die Sprache deutsch ist.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 14.02.2009 um 13.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4603


@Klaus Achenbach:
"M.E. können sich "unter" und "über" in diesem Zusammenhang nur auf Zahlen beziehen, und eben nicht auf ein Adjektiv oder gar Substantiv. Deshalb erscheinen mir beide Schreibungen "unter Dreizehnjährige" und "Unter-Dreizehnjährige" inakzeptabel. Das ist so, als schriebe man "Donaudampf-Schiffahrt"."

Herr Achenbach, mit dieser Begründung sprechen Sie mir aus der Seele. Es trifft genau das, weswegen ich beim Lesen so irritiert war.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 13.02.2009 um 21.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4601


Na, was es nicht alles gibt: "Ein Porsche-Testfahrer ist mit einem Prototypen auf der Autobahn unter die Leitplanke gerutscht." (Bild.de, 13. 2.09), "Porsche-Testfahrer stirbt bei Unfall mit geheimem Prototypen" (Die Welt [Newsticker] am 13.02.2009). Oder gibt's sowas denn doch noch nicht?
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.02.2009 um 21.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4600


Lieber Herr Riemer,
ich habe nichts gegen den Ausdruck und die Schreibung "der Unterdreizehnjährige". Ich hätte auch nichts gegen "Unter13jährige", was aber wohl etwas ungewöhnlich wäre. Wenn man unbedingt Bindestriche setzen will, könnte man auch "Unter-dreizehn-jährige" oder "Unterdreizehn-jährige schreiben, was aber auf mich häßlich und schwerfällig wirkt. Vor allem stört mich daran aber die Abtrennung von "jährig", als ob es ein Adjektiv "jährig" gäbe. Noch schlimmer ist es aber, ein nichtvorhandenes Adjektiv zu substantivieren, wie in "Unterdreizehn-Jährige".
M.E. können sich "unter" und "über" in diesem Zusammenhang nur auf Zahlen beziehen, und eben nicht auf ein Adjektiv oder gar Substantiv. Deshalb erscheinen mir beide Schreibungen "unter Dreizehnjährige" und "Unter-Dreizehnjährige" inakzeptabel. Das ist so, als schriebe man "Donaudampf-Schiffahrt".
Ich glaube im übrigen, daß man in der gesprochenen Sprache solche, etwas pedantische Ausdrücke doch wesentlich seltener findet als in den Zeitungen. Eine Ursache liegt in der bekannten Neigung der Journalisten, Personen mit substantivierten Attributen zu bezeichnen, was uns ja die sattsam bekannten "Leimener" und "Kerpener" beschert. Ich muß gestehen, daß ich einige Zeit gebraucht habe, um zu verstehen, was "der Leimener" eigentlich heißen sollte, da mir eine Stadt Leimen vorher nicht geläufig war.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 13.02.2009 um 10.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4597


Ja, Herr Achenbach, das finde ich ja auch. Aber stört Sie eigentlich nur die Schreibung, oder die Formulierung an sich? Ich glaube, Sie plädieren wie Herr Westrich für Umformulierung.
Aber in der gesprochenen Sprache und auch in Zeitungsartikeln findet man die "unter Dreizehnjährigen" oder "über Fünfzigjährigen" sehr oft. Also muß man sie ja irgendwie schreiben.

Muß man? Man sagt kurz: Ich bin 13, er ist 50. Also auch: Wir sind alle unter 13, sie sind alle über 50. Kein Problem. Aber unter 13jährig oder über 50jährig ist eigentlich Unsinn, es müßte richtig heißen, jünger als 13jährig, älter als 50jährig. Aber die etwas kürzeren Formen mit unter/über sind nun mal sehr weit verbreitet, auch, weil nur sie sich genauso leicht (jedenfalls umgangssprachlich) substantivieren lassen. Jeder versteht, was gemeint ist. Darum schreiben es eben auch die Zeitungen. Wie also sollen sie es schreiben? Am besten umformulieren, da gebe ich Ihnen schon recht, aber was, wenn es einem nur um die Schreibung geht?.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.02.2009 um 05.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4596


Schreibungen wie "Unter-Dreizehnjährige" oder "Unter-13jährige" schockieren stark mein logisches Empfinden. Ich finde sie keinen Deut besser als "unter Dreizehnjährige" oder "unter 13jährige".
Die Stilblüte "reitende Artilleriekaserne" würde ja auch nicht besser, wenn man "Reitende-Artilleriekaserne" schriebe.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 10.02.2009 um 03.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4586


Spielt vielleicht eine Rolle, daß "über" und "unter" auf die Zahl bezogen Präpositionen sind und "heute", "fast" und "schon" Adverbien sind? Ich finde jedenfalls auch, Herrn Künzers Schreibgebrauch hier ist der eleganteste: "Bei Unter-Dreizehnjährigen ist dagegen Handball im Kommen. Also auch: Bei Unter-13jährigen ist dagegen Handball im Kommen." Der Bindestrich vor den Jährigen ist sowieso nichts als ein Greuel. (Denn warum dann keinen vor dem "Fachen" und dem "maligen"?)
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 09.02.2009 um 19.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4585


Lieber Herr Riemer, lieber Herr Künzer,
gefühlsmäßig wehre ich mich eigentlich gegen alle diese Beispiele. Vor allem beim Lesen stören mich dabei auch die Wörter fast, heute und schon genauso wie unter. Sollte ich so etwas schreiben, würde ich immer versuchen, eine andere Formulierung zu wählen, obwohl diese eine andere Satzkonstruktion erfordern würde.
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Matthias Künzer
Herzogenrath

Dieser Beitrag wurde am 09.02.2009 um 19.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4584


Ich würde schreiben, Regeln hin oder her:

Unter Dreizehnjährigen ist Fußballspielen in Mode. Also auch: Unter 13jährigen ist Fußballspielen in Mode.

Bei Unter-Dreizehnjährigen ist dagegen Handball im Kommen. Also auch: Bei Unter-13jährigen ist dagegen Handball im Kommen.

(Die Unter13jährigen sind mir suspekt. Die Unter-dreizehn-Jährigen sind das andere Extrem.)

Keine Skrupel hätte ich mit den fast Zwanzigjährigen, also den fast 20jährigen.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 09.02.2009 um 18.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4583


Lieber Herr Westrich,
genau diese Frage hat mich auch schon öfters interessiert, und sie ist auch hier vor gut 2 Jahren schon ausführlich diskutiert worden (ich glaube im Tagebuch). Aber so ganz klar ist mir das immer noch nicht.

Ich war zunächst auch felsenfest davon überzeugt, daß es nur
die Unter-13jährigen heißen kann, oder die Übersiebzigjährigen.

Aber wie ist es mit den fast 20jährigen, mit den heute 20jährigen, mit den schon 30jährigen? Das kann man doch nicht alles zusammen schreiben?
(Der undeformierte Duden verlangt Auseinanderschreibung, aber so richtig konnte ich mich damit zumindest bei unter/über nie anfreunden. Zusammenschreibung scheint aber auch nicht das Wahre zu sein.)
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 09.02.2009 um 18.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4582


Weil ich nicht weiß, unter welcher anderen Rubrik folgendes am besten unterzubringen ist, bringe ich es hier.
Folgender Satz steht heute in der SÜDWESTPRESSE: "Unter 13-Jährige sollen gar nicht mehr zugelassen werden." Mal von dem "Jährigen" und dem unsäglichen Bindestrich abgesehen, ist das doch kein korrektes Deutsch. Warum hat Silke Katenkamp (dpa) nicht geschrieben: "Minderjährige unter 13 Jahren"? Es ist nicht das erste Mal, daß ich solch eine Formulierung gesehen habe. Sicher könnte man schreiben: "Unter 13jährigen ist der Besitz eines Fotohandys heute gang und gäbe", aber doch nicht in obiger Wortfolge, wenn sich die Präposition "unter" auf das Alter bezieht. Was denken die Forumsteilnehmer darüber?
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 06.02.2009 um 08.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4549


Auch nett - aus der 17., "unveränderten" Auflage von Werner Kollaths Buch "Die Ordnung unserer Nahrung":

Gar machen in heißer Luft
Rösten und Grillen: Rasches Gar machen auf heißem Rost
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 06.02.2009 um 07.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4548


Gestern gelesen:

Katholik und Prottestand
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Gerd-Peter Kossler
Frankfurt/Main

Dieser Beitrag wurde am 30.01.2009 um 08.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4504


Na, daß die zugrundeliegende GZS-Regel sich wieder mal als unzulässige Simplifikation erweist. Aber in erster Linie ging es mir natürlich darum, diese Beobachtung zu diskutieren.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 28.01.2009 um 13.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4492


Was genau soll der Duden-Redaktion mitgeteilt werden?
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Gerd-Peter Kossler
Frankfurt/Main

Dieser Beitrag wurde am 28.01.2009 um 12.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4491


Bei "soweit / so weit" verfährt der neue Duden wie bei "sosehr / so sehr" usw., d. h. immer Getrenntschreibung außer bei der Konjunktion. Nun wird aber "soweit" auch im Sinne von "insofern, insoweit" gebraucht, und da muß es nicht immer eine Konjunktion sein, z. B. (auch nach neuer Schreibung korrekt) "Der Spieler hat den Ball fallen lassen, insoweit hat er ihn auch geworfen" oder (alte Schreibung) "... soweit hat er ihn auch geworfen" - nach neuer Dudenregel: " ... so weit hat er ihn auch geworfen". Soll man so etwas der Duden-Redaktion melden, haben die das übersehen? Ich habe diese Regel bisher als Erleichterung empfunden, aber sie stimmt wohl nicht.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 27.01.2009 um 04.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4489


Google wirft die Ergebnisse zusammen, also muß man sie trennen:
2.390.000 für detektiv -dedektiv
65.400 für dedektiv -detektiv
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 26.01.2009 um 19.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4488


Das hingegen kann einfach nicht stimmen:

Für "Detektiv" gibt Google ("auf Deutsch") 1.650.000 Fundstellen an, für "Dedektiv" aber – 1.680.000!

Wie ist so etwas zu erklären? Schafft vielleicht ein bereinigtes Ergebnis Klarheit?
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 26.01.2009 um 18.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4487


Immerhin stehen dem 8230fachen "einen Autoren" 84.000 korrekte "einen Autor" entgegen. Ein schwacher Trost, gewiß.

Aber geben Sie mal "einen Prototypen" (resp. "keinen -en") ein. Ergebnis: 39.100 (bzw. 39.400) Treffer. Dann dasselbe mit der herkömmlichen Endung "-typ": 40.000 (bzw. 40.200) Belege, also unwesentlich mehr...

Ähnlich das noch unwahrscheinlichere "dem Detektiven" gegenüber "dem Detektiv": dieses bringt 11.400 Treffer, jenes stolze 8.010.

Das erscheint mir so unglaublich, daß es wohl nur wahr sein kann.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 26.01.2009 um 10.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4486


Ich habe mal Google nach "einen Autoren" suchen lassen: 8230 Treffer.
Da sind zwar auch ein paar Fälle wie "einen Autoren-Vertrag" dabei, die dann wieder richtig sind (von der Bindestrichfrage jetzt mal abgesehen), aber die meisten sollen doch Akk. Singular sein.
Oder muß man "des/dem/den Autoren" aufgrund so vieler "Belege" jetzt auch schon als richtig bewerten?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.01.2009 um 01.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4485


Na, ist denn das legal: "Video zeigt 1. Sekunden nach Not-Landung" (Bild.de, 23.1.09, Anreißer)? Im Artikel selbst dann jedoch: "Die ersten Sekunden nach der Notwasserung".
Zu "des/dem" und dann eigentlich ja auch "den Autoren" im Akk. Sg., welch letzteres ich allerdings noch nicht gesehen habe: Naja, die Pluralformen sind ja sowieso schwach, und ein eingebürgertes Wort ist es ja auch. Parallelen zu "Philsosoph", "Polizist", "Fotograf" und "Elefant" sind also schon da. Nur haben aber eben die Singularformen von "Professor" und "Autor" den Hauptton nicht auf "-or". Da liegt der kleine Unterschied, — aber wohl eben nicht für alle.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 24.01.2009 um 23.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4480


zu Herrn Ludwig (2#3749): Ich lese auch oft "des Autoren".

Nicht nur des, auch dem, z.B. beim Goldmann Verlag (Bill Bryson, Eine kurze Geschichte von fast allem, illustrierte Ausgabe, 2006) hinten auf dem Umschlag:

"... geschrieben mit dem unvergleichlichen Witz und Charme, die Bill Bryson zum beliebtesten Sachbuchautoren unserer Zeit gemacht haben."

Man vergleiche mit dem Schutzumschlag innen:
"... und wurde dabei zu einem der erfolgreichsten Reiseschriftsteller und Sachbuchautoren unserer Zeit." (hier richtig, da Plural)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 24.01.2009 um 00.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4476


Jetzt nehmen politisch korrekt auch Frauen den Hut, wenn sie gehen, obwohl sie ihn in unserer Kultur doch eigentlich — im Gegensatz zu Männern — im Innenbereich nie hatten absetzen müssen: "Nach internen Querelen in ihrer Behörde nahm Lichtinghagen noch vor dem Zumwinkel-Prozess den Hut und wechselte als Richterin an das Amtsgericht Essen." (Die Welt [Newsticker] am 22.01.2009 12:24); "Schöne Justizministerin Dati nimmt ihren Hut" (bild.de).
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Georg-Hinrich Baumert
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 21.01.2009 um 13.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4469


Drillinge

Bei allem,was an der Rechtschreibreform gerügt wird, blieb das Schlimmste immer unbeachtet: die Drillingsbuchstaben. Früher gab es vor Vokalen höchstens Doppelkonsonanten, und die berühmte Abweichung vor Konsonant war die Sauerstoffflasche, wohl um die drohende Verwechslung mit einer Sauerstoff-Lasche zu meiden, die es allerdings nicht gibt. Also, im Ernst muß eine Dopplung reichen, Buchstabendrillinge überschreiten die Grenze zum Wahnsinn.

Viel gab es zu lachen über Groß und klein, zusammen oder ge trennt, „das“ nur noch mit ss und alles mit ä, aber hier hört der Spaß auf.
Kann die bedächtige Schweiz sowa mitmachen? Sie muß uns retten. Aber nein, ihre Chefredaktorenkonferenz hat dies „nicht angetastet (helllicht)“. - Schreiben sie bald auch Hellligkeit, spricht sich genauso, ebenso wie das und dass, dasss und dassss. Hurrah, wir verblöden: wer vier schafft, hat gewonnen!

Enttäuschend. So klagte einst Gogols Irrer: wie kann England zulassen, daß der Mond mit Pech beschmiert wird! Dabei war das wenigstens nicht Wirklichkeit, doch die Drillinge sind im Vormarsch. Wohin soll man die Augen wenden, um ihnen zu entgehen? Wie Stalins Worten vor 60 Jahren auf Tafeln und Tüchern, oder danach dem Wandgeschmier der Zwergdespoten, die unsere Augen vergewaltigen. Soll das immer 40 Jahre dauern? Vielleicht müssen wir froh sein, daß der Mond nicht verpicht ist.

Aber die Schweizer mit ihrer einzig wahren Volksherrschaftr, 4Völker- und 4Sprachen-Harmonie, die doch als einzige nie den Kopf verlieren! Sollten sie nicht die weisen Lehrer der Menschheit sein? Wo sonst käme Hilfe her?

G.-H. Baumert
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 04.01.2009 um 21.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4403


Vielen Dank für die Erklärung, Herr Riemer!
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 04.01.2009 um 19.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4402


Beides ist richtig. Die erste Form trifft man, glaube ich, häufiger an.

Die zweite Form ist dagegen die ursprüngliche. Sie muß ja richtig sein, denn mit verlangt den Dativ, und der erstreckt sich über beide Adjektive und das Substantiv. Die Adjektive sind beide stark gebeugt, weil kein Artikel benutzt wird.

Mit Artikel bliebe der Dativ bestehen, aber schwache Beugung:
mit einem klar definierten gemeinsamen Interesse
Auch hier sieht man schon den Wechsel von m nach n.

Die Tendenz, von mehreren Wörtern nur das erste stark zu beugen, die nächsten aber schwach, hängt m.E. auch damit zusammen, genau wie im Falle mit Artikel die Wiederholung der starken Endung m zu vermeiden.

Diesen Wechsel von starker zu schwacher Beugung gibt es nur bei männlichen oder sächlichen Substantiven. Weiblich ohne Artikel wird immer komplett stark gebeugt:
mit klar definierter gemeinsamer Sprache
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 04.01.2009 um 19.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4401


Wie heißt es denn nun richtiger Weise: mit klar definiertem gemeinsamen Interesse ODER mit klar definiertem gemeinsamem Interesse
?
Und warum?
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 17.12.2008 um 11.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4357


"Hochwasserschutzanlage" und "Lichtzeichenanlage" sind Oberbegriffe, unter die eben sowohl Betonmauern mit Toren als auch Deiche fallen bzw. Ampeln und Morseblinker. Es kommt in diesen Fällen eben nicht auf die genaue Ausführung oder das Modell an, sondern auf die Subsumierbarkeit unter Begriffe, die eine Funktion beschreiben.

Wenn an einer Kreuzung eine Lichtzeichenanlage vorgeschrieben ist, kann die Straßenmeisterei irgendein Ding aufstellen, das Lichtzeichen gibt. Wäre eine Ampel vorgesehen, müßte das Gerät der Definition einer Ampel entsprechen. Solche Spitzfindigkeit kann vor Gericht schnell maßgeblich werden.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 17.12.2008 um 05.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4356


Lieber Herr Baumert,
noch eine Kleinigkeit:
Ihr Formulierungsvorschlag "im Internetportal 'altermedia' der rechten Szene" ist m.E. grammatisch falsch. Er würde bedeuten, daß "'altermedia' der rechten Szene" eine Internetportal wäre. Gemeint ist doch wohl vielmehr, daß "altermedia" ein Internetportal der rechten Szene ist.
Er bedeutet zudem auch etwas anderes als die ursprüngliche Wendung, nämlich daß "altermedia" ein von der rechten Szene eingerichtetes und betriebenes Internetportal sei.
Der ursprüngliche Ausdruck sagt dagegen nur, daß die rechte Szene das vorhandene Internetportal "altermedia" benutzt.
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Georg-Hinrich Baumert
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 16.12.2008 um 20.14 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4355


Lieber Herr Ludwig,
danke für den Posten. Es hat mich sehr überrascht und belehrt. Ich kann also längst nicht alles Deutsche mit anderen Augen sehen. Nur einiges stößt einem doll auf, wenn man andere Sprachen etwas kennt. Dazu gehört außer den Schachtelsätzen das Langdeutsch (s. Sprachwissenschaft, Sprachwandel), z.B. Hochwasserschutzanlage für Deich oder Lichtzeichenanlage für Ampel. Es ist eine fast neubarocke Zeiterscheinung. Vielleicht steckt auch amtliches Streben nach Genauigkeit dahinter: der Name ist Schall und Rauch, du mußt das Ding beschreiben durch eine ganze Kette von – anderen Namen! In Wirklichkeit wird es dadurch ungenauer: gegen Hochwasser gibt es auch Betonmauern mit Straßentoren, und eine Lichtzeichenanlage könnte wohl eine Morseblinkerei oder sonstwas sein.
Das Englische breitet sich aus, weil es global ist, meist auch kurz und einfach, und weil die Verkäufer gern mit der Weltmachtsprache werben. Nun müssen wir doch nicht noch selber unsere Sprache unbrauchbar machen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 13.12.2008 um 18.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4349


Ich glaube, wir reden aneinander vorbei, lieber Herr Baumert. Sie mögen Schachtelsätze nicht (und zur Nachrichtenmitteilung sind die tatsächlich nicht besonders geeignet), und ich mag es, wenn ein Autor klar das ausdrückt, was er ausdrücken will, auch wenn er dafür viele Wörter in einem Satz und einen ganzen anderen Stil als den der journalistischen Nachrichtenübermittlung verwendet.
Auch Ihr "Für Liebhaber von Mißverständnissen biete ich das englische Wort pitch" mit seinen sieben deutschen Entsprechungen zieht nicht so richtig. Stellen wir doch bloß mal das deutsche Wort "Posten" mit seinen 10 englischen Entsprechungen post, position, job; guard, sentry; picket; item, entry; quantity, lot daneben, wobei ich noch nicht mal die englisch verbal wiedergegebenen "be awake", "be healthy" und "be fit" für "auf dem Posten sein" und "be (a bit) under the weather" und "be off colour" für "nicht ganz auf dem Posten sein" erwähnt habe!
"Macke" sind bestimmte Stile, vor allem schlecht angewandte, nicht Möglichkeiten der Struktur. Und was bei Kleist und Thomas Mann "so schön deutsch" ist, geht tatsächlich oft bei der Übersetzung in eine anders gebaute Sprache verloren. Das ist aber nicht der Schade oder ein Fehler des Deutschen.
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Urs Bärlein
*

Dieser Beitrag wurde am 13.12.2008 um 16.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4348


Lieber Herr Baumert, ich glaube nicht, daß hier Mißverständnisse vorliegen, jedenfalls nicht von meiner Seite. Solange zum Beispiel nicht geklärt ist, ob Probleme bei dem von Siemens hergestellten ICE zugleich Probleme sind, die Siemens zu vertreten hat, ist jeder Journalist klug beraten, der über „Probleme beim von Siemens hergestellten ICE“ schreibt und nicht: „Probleme beim ICE von Siemens“.

Die Möglichkeit, sich differenziert und damit eindeutig auszudrücken, bedingt die Erwartung, daß das auch geschieht. Das Argument, der Schreiber verabscheue Schachtelsätze so sehr, daß er in seinen Texten nicht einmal Andeutungen solcher Konstruktionen dulde, wird in der Verhandlung einer eventuellen Klage auf Unterlassung nicht ziehen.
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Georg-Hinrich Baumert
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.12.2008 um 13.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#4347


Liebe Herr Bärlein (30.8.08),
Für Liebhaber von Mißverständnissen biete ich das englische Wort pitch:
Pech, Wurf, Standort, Tonhöhe, Stufe, Steigung, Neigung.
Sowas kenne ich im Deutschen nicht. Deutsche Macke sind Schachtelsätze. G.-H.B.

Lieber Herr Ludwig (30.8.08),
was Sie an Schachtelsätzen so schön deutsch finden, werden Sie aber bei Goethe und Schiller kaum lesen. G.-H.B.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 30.09.2008 um 15.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3970


Ein neues Verb: "Banker warnstreiken in Hamburg". (www.bild.de [080930, 11:52]) Und wenn sie damit fertig sind, haben sie dann gewarnstreikt oder warngestreikt?
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Dieser Beitrag wurde am 29.09.2008 um 17.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3962


Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 24.09.2008 um 08.35 Uhr

krottenschlecht nach "Krotte", Kröte.


Kommentar von Ingrid, verfaßt am 24.09.2008 um 08.24 Uhr

krottenschlecht (!) oder grottenschlecht?


Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 23.09.2008 um 03.52 Uhr

Kennt eigentlich irgendjemand diesen merkwürdigen Grauprint oder wie nennt man sowas von Gabriel García Márquez: Die Liebe in den Zeiten der Cholera? Ich hab's weggworfen, vielleicht war es eine blaue Mauritius, ein Fehldruck, vom Flohmarkt erworben, aber bei der Rechtschreibung stimmte gar nichts mehr, und auch die Übersetzung war krottenschlecht. Ich tippe auf einen DDR-Druck oder so. Da stand damals schon zwar "daß", dann aber auch wieder "der Einzige", "voll machen" und auch sonst so "Einiges", das an die NDR gemahnte. Alles in allem eine fürchterliche Übersetzung meines erklärten Lieblingsschriftstellers. Bestätigt mich in meinem Eindruck, daß die NDR nämlich doch Honeckers späte Rache, die Rache der linken Gutmenschen ist.

Wie ich dazu komme? Da stand nämlich auch "nummerieren" und "platzieren", und das alles aus den achtziger Jahren. Ich dachte, ich guck nicht richtig! Interessant ist immerhin, daß es auch in der DDR schon Übersetzerinnen gab, die aus dem Kolumbianischen übsersetzen konnten. Wenn auch das ziemlich schlecht nur.
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Karl-Heinz Isleif
Koganei, Tokyo

Dieser Beitrag wurde am 22.09.2008 um 22.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3934


Mal

Wer 'Persona non grata' ist, weiß ich zwar nicht [Herr Köster, Red.], aber ich war doch erstaunt, ihren (seinen) Ansatz mit dem -mal zu lesen, denn der deckt sich genau mit meinem. Schon lange vor irgendeiner Reform habe ich mir immer meinen eigenen Reim zu machen versucht, wenn ich mich von Duden & Co im Stich gelassen fühlte. Empfehlenswert! Meine Privatregeln wende ich auf alle Zweifelsfälle an: das berühmte Radfahren, den Apostroph, die Mehrzahlbildung englischer Wörter, die ich noch als solche (und nicht als deutsche) wahrnehme usw. – und eben auch auf -mal.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 30.08.2008 um 18.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3858


Lieber Herr Baumert, die Struktur der deutschen Sprache erlaubt nun mal Attribute vor einem Substantiv, die auch stark erweitert sein könnnen. Das ist also keine Macke, sondern eine Möglichkeit des Deutschen. Als solche Erweiterung zählen übrigens auch die Substantivattribute, die Mark Twain derart perspektiv sah, daß für ihn das Ende eines deutschen Kompositums erst am Horizont erschien. Auch die Rechtschreibreformler konnten bei dieser Sache nur an ihre Lange-Wörter-Sprachspielchen aus Kindertagen denken und deshalb — ihrer Art Hilfestellung leistend — nur Auseinander-Schreibungen vorschreiben, kurzsichtig halt und ohne der Sache zu dienen. Denn es gibt diese überlangen Ausdrücke zur normalen Mitteilung ja gar nicht; von einem bestimmten Augenblick an hört der Angesprochene nämlich auf, sich angesprochen zu fühlen, und die zwischenmenschliche Mitteilung mittels Sprache ist eben keine mehr, weil das Geredete eben nicht mehr ankommt. Die natürliche Grenze bei sowas ist recht einfach durch die allgemeine Verständlichkeit gesetzt, und geübte Mitteiler haben damit keine Schwierigkeit, auch Kleist und Thomas Mann nicht. — Anders ist es bei Titeln wie "46-Jährige bei Landung mit Heißluftballon getötet" (Welt.de, Newsticker [und vor ein paar Tagen hatte ich einen ähnlich gebauten Titel im dpa-Newsticker gesehen]), wo also der gemeinte Bezug eines Ausdrucksteils erst durch mehrfaches Lesen ausfindig gemacht werden muß und man schließlich zu Recht verstimmt ist, weil hier professionelle Mitteiler es wirklich besser wissen müßten. Und das kann einem schon sauer aufstoßen.
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Urs Bärlein
*

Dieser Beitrag wurde am 30.08.2008 um 14.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3857


Wirklich eine Macke haben die Sprachverbesserer. Beispiele:

"russisch bombardiert" – Ist das eine Luftkriegstaktik?
"Probleme beim ICE von Siemens" – Kommen die Probleme von Siemens?
"rote Fahnen vor der Ägäis im Sonnenglitzer" – Sind nun die Fahnen oder das Meer im "Sonnenglitzer"?

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Georg-Hinrich Baumert
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 30.08.2008 um 13.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3855


Zu den deutschen Macken gehören außer der Wortinflation (Hochwasserschutzanlage für Deich), Denglisch und Rechtssschreibung auch Schachtelsätze mit dekliniertem Partizip nach 2 Präpositionen. Ausgerechnet Journalisten schreiben so umständlich. Beispiele mit Korrektur:

1 Beim von Rußland geführten Gaskonsortium
(engl.u.franz. = beim Gaskonsortium geführt von Rußland)
beim Gaskonsortium unter Rußlands Führung
beim russisch geführten Gaskonsortium
beim Gaskonsortium, das Rußland führt

2. Georgische Soldaten im von Rußland bombardierten Gori
im russisch bombardierten Gori

3.Probleme beim von Siemens hergestellten ICE
beim ICE von Siemens

4. Im von der rechten Szene genutzten Internetportal "altermedia"
im Internetportal "altermedia" der rechten Szene

5. Die in einem im Lehrerzimmer stehenden Computer gespeicherten
Prüfungsergebnisse wurden verändert
In einem Computer im Lehrerzimmer wurden die gespeicherten
Prüfungsergebnisse verändert

6. Hunderte rote (türkische) Fahnen vor der in der Sonne glitzernden
Ägäis
Hunderte rote Fahnen vor der Ägäis im Sonnenglitzer
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 20.08.2008 um 22.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3802


Freilich kann nur einem Hyperkandideltem eine Phrase wie "Urwälder mit ihrer ökosystemspezifischen Dynamik" einfallen. Die Phrase zwang Horst Ludwig zu der bedenkenswerten Feststellung :

"Das Wort ist eben ökosystemspezifisch; die Wörter Ökosystem spezifisch liest nebeneinander nur jemand laut, der nicht lesen kann."

Das trifft den tiefen Sinn der sog. RSR: Nicht lesen sollt ihr können, sondern schreiben dürfen, wie euch der Federkiel – wo auch immer – gewachsen!
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 20.08.2008 um 21.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3797


Lieber Herr Konietzko,

natürlich hätte der Duden bereits 1991 formulieren können, daß man zur Bindestrichschreibung nur dann greifen sollte (oder darf), wenn die Grenze zwischen Bestimmungswort und Grundwort nicht ohne weiteres erkennbar ist.

Im Falle von Nominalkomposita aus drei Elementen (Autosemantika) enthalten diese nur zwei ICs (inmediate constituents – unmittelbare Konstituenten), woraus sich wie im Skat die Frage ergibt, wer allein und wer mit Partner.

Im Falle von Nominalkomposita aus vier Elementen (Konstituenten) kann es ein Normalspiel des Bridge sein, oder ein Solo ist angesagt.

Im Falle von mehr als vier Elementen (Autosemantika!) wird es dann noch etwas bunter.

In der gesprochenen Sprache macht der Wortakzent auch im Falle aus mehr als vier Elementen bestehender Komposita die Dinge immer eindeutig (man beachte, daß die Bestandteile von Komposita phonetisch generell selbständig bleiben).

Um das (schon!) 1991 möglichst einfach niederzulegen, hätte man z.B. auf die längst installierten Termini der Rechts- bzw. Linksverzweigung bzw. unmittelbaren Konstituenten zurückgreifen können. Statt indessen das Schreibvolk mit solcherart "Termini" zu belasten, blieb man bei leicht metaphysischen "Bestimmungen" wie unübersichtlich etc. So ist sie halt, die "Regulierung" der Orthographie, in der die Präskriptoren ihre eklatanten Nominations- und Formulierungsnöte bzw. -unbedarftheiten in extenso ins Scheinwerferlicht stellen dürfen. Wenn es denn wenigstens der Volksbelustigung gedient hätte. Die eigentliche Tragik besteht indessen darin, daß dieser Regelschweiß ernst genommen (und nicht "hinterfragt") wurde und wird.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 20.08.2008 um 20.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3796


Lieber Herr Ludwig,

da Sie mich an die Tafel rufen, möchte ich, bevor ich auf den Ruf eingehe, folgendes vorausschicken:

Sie folgen Ihrem Idiolekt und Ihrem Sprachbewußtsein und lassen das in Ihren hie und da bewußt umgangssprachlich gehaltenen Beiträgen durchblicken (Verkürzungen, Enklitika usw.). Das scheint mir lehrbares normales Deutsch. Auch ich fahre mit solchem – sogar in der sog. Didaktik – seit Jahren recht erfolgreich: Hier senden wir gewiß auf fast derselben Wellenlänge.

Meines Wissens habe ich bisher noch keine "Termini" der Grammatik oder so verwendet, die nicht in irgendeiner von ihnen aufgetreten wären (ohne eine gewisse Belesenheit wird man in jeder Diskussion ohnehin untergedeckelt). Um nur auf eine meiner Differenzierungen zurückzukommen, die mir hier einst hier im Forum notwendig schienen, erinnere ich an den "Terminus"

resultatives / nicht-resultatives Attribut zum Subjekt oder Objekt,

der mit allen möglichen anderen in Konkurrenz stehen möge. Ich glaube dargelegt haben zu können, daß eben diese schönen Namen aus dem ersten besten Sprachkurs oder der ersten besten Linguistikvorlesung im Germanistikstudium irreführend sind bzw. notwendige Unterscheidungen unmöglich machen.

Nicht alle prädikativen Attribute zum Subjekt oder Objekt sind notwendig resultativ (Eigenschaften ex post), sondern auch solche prae ante oder gar – wer hätte es gedacht – in curso.

Natürlich muß das nicht im Rahmen eines Lektorats für Deutsch als Exotismus liebende Amerikaner oder im Rahmen eines fundamentalen Studiums germanistischer Linguistik differenziert werden: Wollen wir doch alle spielend lernen und uns die Welt möglichst einfach und schmerzlos bzw. größeren Aufwand ordnen.

Nun meine Betrachtung zu Ihrem Beitrag:
Die sog. RSR hat ja plakativ und peinlich vor Augen geführt, was passiert, wenn man gewisse Dinge nicht zu unterscheiden vermag bzw. der Wahrnehmungsverweigerung huldigt. Das zeigt sich u.a. an der Liquidation ("Getrenntschreibung") von Verben samt ihrer Flexionsformen (d.h. zweiter Teil des Prädikats). Gegen Wortakzentregeln und gegen die Prosodie des Deutschen dünkte es die Reformer bzw. Sprachdemiurgen, es müsse alles ganz anders oder "leichter" sein (und werden). Auch Theodor Ickler schwankt hie und da oder räumt halt ein Lexem ein bzw. räumt es aus dem Lexikon. Das zeigt, daß nach wie vor jeder sein eigenes Verballexikon (im Rahmen derselben Lexemmenge) haben kann – für den einen Text das eine, für den anderen ein anderes; und ansonsten jeder für sich.

Das stimmt bedenklich.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 20.08.2008 um 20.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3795


"Aber ich lese seine (Herrn Schattes) Anmerkungen in diesem Forum und die anderen unserer Freunde hier immer mit Gewinn." So geht es mir auch, lieber Herr Ludwig, wie ich überhaupt sehr froh bin, durch Herrn Hans-Jürgen Martin auf dieses Forum gestoßen zu sein, verleiht es mir doch durch die hier geäußerten Meinungen und fachlichen Beiträge ein gewisses Gefühl der Solidarität, was die Kritik an bzw. Ablehnung der Rechtschreibreform betrifft. Ich würde mich ansonsten mit meiner Haltung zu dieser Problematik recht einsam fühlen.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 20.08.2008 um 20.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3794


Lieber Herr Konietzko,
ich habe mich sehr gefreut, daß Sie sich der Mühe unterzogen haben und mir nicht nur in differenzierter Weise die orthographischen Regeln und Möglichkeiten für den von mir geschilderten Fall erläutert haben, sondern auch die Corpora nach Entsprechungen durchsucht und hier präsentiert haben. Vielen herzlichen Dank dafür. Ich bin zwar kein Germanist, glaube aber, ein ganz gutes Sprachgefühl zu haben, was nicht bedeutet, daß hin und wieder Unsicherheiten auftreten, erst recht, wenn man tagtäglich mit den diversen Anwendungen der Reformschreibung konfrontiert ist.
Eines hat die Rechtschreibreform bei mir zumindest erreicht: Ich habe mich in der jüngsten Vergangenheit noch intensiver als früher mit unserer Sprache beschäftigt, was hoffentlich meinen zukünftigen Schreibaktivitäten gut tun wird.
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David Konietzko
Bad Homburg vor der Höhe

Dieser Beitrag wurde am 20.08.2008 um 03.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3790


Herr Ickler schreibt in § 13 (7) seiner Hauptregeln der deutschen Orthographie:
»Der Bindestrich steht fakultativ im Inneren einer Zusammensetzung oder Ableitung. Dies kann (a) der Übersichtlichkeit [...] dienen.
(a) Unübersichtliche Zusammensetzungen können durch Bindestriche gegliedert [...] werden: [...] Hunderttausendvolt-Hochspannungsleitung«
In Herrn Icklers Kurzer Anleitung zum rechten Schreiben heißt es:
»Auch sonst kann man nach Belieben Bindestriche setzen, um die Übersichtlichkeit zu erhöhen, sollte es allerdings auch nicht übertreiben.« (S. 20 in dem Wörterbuch Normale deutsche Rechtschreibung)
Demnach wäre ein Bindestrich in ökosystemspezifisch nicht falsch. Ich würde keinen setzen.

Nun ist noch zu erörtern, ob man Ökosystem-spezifisch oder ökosystem-spezifisch schreiben soll (wenn man sich überhaupt für den Bindestrich entscheidet). Einerseits ist Ökosystem ein Substantiv, andererseits ist ökosystemspezifisch als Ganzes ein Adjektiv. In § 13 (7a) der Hauptregeln der deutschen Orthographie schreibt Herr Ickler:
»Beim Zusammentreffen von drei gleichen Buchstaben in Zusammensetzungen kann die Fuge durch Bindestrich verdeutlicht werden. Die Groß- und Kleinschreibung richtet sich nach der Wortart des Grundwortes: [...] see-erfahren, armee-eigen«
Demnach ist zu vermuten, daß analog auch ökosystem-spezifisch klein zu schreiben ist. In § 13 (2) steht eine Sonderregel für Eigennamen, die hier aber nicht einschlägig ist:
»Zusammensetzungen aus Bestandteilen unterschiedlichen Typs werden oft mit Bindestrich geschrieben. Man kann unterscheiden: [...] Zusammensetzungen mit Eigennamen (fakultativ); bei Adjektiven kann die Großschreibung des Eigennamens beibehalten werden: [...] napoleon-freundlich / Napoleon-freundlich / napoleonfreundlich«
Diese Ausnahme hängt damit zusammen, daß es (nicht nur in der Rechtschreibung) eine allgemeine Tendenz gibt, Eigennamen möglichst wenig zu verfremden.

(Die Hauptregeln der deutschen Orthographie und die Kurze Anleitung zum rechten Schreiben findet man hier im Internet.)

Im Rechtschreibduden von 1991, der allgemein bindestrichfeindlich ist, lautet die einschlägige Richtlinie:
»R 34 Einen Bindestrich setzt man in unübersichtlichen Zusammensetzungen aus mehr als drei Gliedern.
Arbeiter-Unfallversicherungsgesetz, Gemeindegrundsteuer-Veranlagung Straßenverkehrs-Zulassungsordnung
Kein Bindestrich steht in übersichtlichen Zusammensetzungen.
Eisenbahnfahrplan, Steinkohlenbergwerk, Fußballbundestrainer, Eishockeyländerspiel«
Das hat Herr Ickler wie folgt kommentiert:
»Der Grad der Übersichtlichkeit ist eine Ermessensfrage. Nicht einmal die angeführten Beispiele sind über jeden Zweifel erhaben. Da im Wörterverzeichnis niemals der Grad der Übersichtlichkeit angegeben ist, können auch die willkürlich herausgegriffenen Beispiele keine Verbindlichkeit beanspruchen. Eishockey-Länderspiel ist daher ohne weiteres zuzulassen. Keinesfalls kann aus der Regel geschlossen werden, daß bei weniger als drei Gliedern kein Bindestrich stehen dürfe.« (siehe hier)

Die letzte Instanz ist der tatsächliche Schreibgebrauch. In den öffentlich zugänglichen Corpora des Archivs der geschriebenen Sprache des IDS habe ich aus den Jahren 1993–95 folgende Zusammensetzungen mit spezifisch als Zweitglied gefunden, deren Erstglied mindestens neun Buchstaben umfaßt, also mindestens so lang ist wie Ökosystem:

abteilungssp. (3mal), alloantigensp. (2mal), anwendungssp. (125mal), applikationssp. (9mal), arbeitnehmersp. (2mal), arbeitsplatzsp. (5mal), automobilbranchensp., behindertensp. (2mal), berufsgruppensp. (2mal), betriebssystemsp. (4mal), bewegungssp., bundesländersp., controllingsp. (2mal), datenbanksp. (6mal), Deutschland-sp. (2mal), dokumentationssp. (2mal), dokumentensp., einzelsystemsp., eisenbahnersp., eisenbahnsp. (5mal), enterovirus-sp. (2mal), ernährungssp., Exekutive-sp., fahrschulsp. (2mal), fertigungssp., förderungssp., funktionssp. (2mal), geschäftsbereichssp., geschlechtersp. (5mal), geschlechtssp. (146mal), gesellschaftssp., handtaschensp., herstellersp. (46mal), hersteller-sp. (2mal), industriesp. (5mal), informatiksp. (2mal), institutssp., klangfarbensp., kommunikationssp., kopfschmerzsp. (2mal), kraftfahrsp. (2mal), krankenhaussp. (4mal), kundensegmentsp. (2mal), landeskultursp. (2mal), maschinensp., medikamenten-sp., minderheitensp. (4mal), oberflächensp. (2mal), Oberflächen-sp., österreichsp. (5mal), österreich-sp. (6mal), Österreich-sp. (2mal), packstoffsp. (3mal), plattformsp. (4mal), problemstellungssp., produktkategorie-sp., protokollsp. (3mal), prozessorsp., publikumssp., religionssp., schichtensp. (3mal), schreibersp., schultypensp. (3mal), Secessions-sp. (gemeint ist die Wiener Secession), sicherheitssp. (2mal), situationssp. (2mal), stadtteilsp. (2mal), Stadtteil-Sp. (substantiviert, 2mal), Steirerbrau-sp. (2mal), tourismussp. (3mal), tourismus-sp., umgebungssp., universitätssp., unternehmenssp. (97mal), versicherungssp., wettkampfsp. (2mal), zielgruppensp. (12mal)

(Wörter mit Bindestrich sind fett dargestellt.)
Zusammensetzungen mit spezifisch, deren Bestimmungsglied (gemessen an der Buchstabenzahl) mindestens so lang ist wie Ökosystem, wurden also vor der Reform mit einer Wahrscheinlichkeit von 24/584 = 4,1 % mit Bindestrich geschrieben. Wenn man die Fälle ausschließt, in denen das Bestimmungsglied ein Eigenname ist (weil dann, wie Herr Ickler in § 13 [2] seiner Hauptregeln der deutschen Orthographie darstellt, besonders oft ein Bindestrich gesetzt wird), so verringert sich die Wahrscheinlichkeit auf 10/566 = 1,8 %. Zu beachten ist jedoch, daß die Unübersichtlichkeit eines Wortes nicht allein von seiner Buchstabenzahl abhängt.

Nichtsubstantivierte Zusammensetzungen mit spezifisch, die mit Bindestrich geschrieben sind und deren Bestimmungsglied mindestens so lang wie Ökosystem und außerdem kein Eigenname ist, sind in meinem Textcorpus zu einem Anteil von 7/9 = 77,8 % klein geschrieben.

Vor der Reform hätte man also gemäß meinen Daten mit 98,2%iger Wahrscheinlichkeit ökosystemspezifisch, mit 1,4%iger Wahrscheinlichkeit ökosystem-spezifisch und mit 0,4%iger Wahrscheinlichkeit Ökosystem-spezifisch geschrieben.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 20.08.2008 um 01.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3789


"[...] auch wenn ich manche Termini aus der Germanistik erst nachschlagen muß, da ich diesbezüglich nicht so geschult bin." — Machen Sie sich diesbezüglich keine Sorgen, lieber Herr Westrich. Wenn unser Freund Schatte spricht, muß ich *alle* Termini aus der Germanistik erst nachschlagen, da ich diesbezüglich nicht so geschult bin. Aber ich lese seine Anmerkungen in diesem Forum und die anderen unserer Freunde hier immer mit Gewinn.
Dagegen lese ich — als Demokrat und als etwas Fachmann — die "Erklärungen" der amtlichen Schreibvorschreiber — so die sich in eine Diskussion herabwagen, und das tun sie nicht mal — nur mit Kopfschütteln — und mit Angst.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 19.08.2008 um 23.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3788


Vgl. donaudampfschiffahrtsgesellschaftskritisch. Das schreibt auch alle Welt nur so.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 19.08.2008 um 22.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3787


Wunderbar, Herr Ludwig, das ist Balsam auf meine rechtschreibreformverwundete Seele. Ich lese Ihre Anmerkungen in diesem Forum immer mit Gewinn, auch wenn ich manche Termini aus der Germanistik erst nachschlagen muß, da ich diesbezüglich nicht so geschult bin. Grüße auf die andere Seite des "Großen Tümpels".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 19.08.2008 um 21.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3786


Ganz ehrlich: Leute, die etwas über "Urwälder mit ihrer ökosystemspezifischen Dynamik" lesen wollen, brauchen hier zum besseren Verständnis weder einen Bindestrich und schon gar nicht die Großschreibung von <ökosystem>. Weniglesern und anderen Anfängern wird mit dem Bindestrich und der Großschreibung letztlich eines attributiven Adjektivs hier nicht im geringsten geholfen, und die, die so etwas wirklich zu ihrer Information lesen, kommen durch all diese Fisimatenten nur ins Stottern.

Wieder haben wir hier sinnloses, aber eifriges staatliches Hilfsangebot, wo gar keine Not besteht, aber dann eben wenigstens Geschäftigkeit vorgespielt werden muß, denn sonst bleibt ja das Haushaltsgeld fürs nächste Jahr aus. —

Daß jedoch in "ökosystem-spezifisch ein Substantiv klein geschrieben" würde, meine ich allerdings nicht. Vielleicht denken das Reformbegeisterte, die sich mühsam ein Wort aus Buchstaben und Silben zusammenklauben. Aber bloß weil es unter ihnen auch Erwachsene gibt, die das müssen, macht man daraus doch kein System für alle, die an unserer Kultur teilnehmen. Das Wort ist eben "ökosystemspezifisch"; die Wörter "Ökosystem spezifisch" liest nebeneinander nur jemand laut, der nicht lesen kann.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 19.08.2008 um 20.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3785


Lieber Herr Bärlein,
so fühle ich mich bestätigt und danke für Ihren Kommentar. Mal sehen, ob es noch eine weitere Meinung dazu gibt.
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 19.08.2008 um 19.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3783


Da gibt es aus der Sicht der herkömmlichen Schreibung keine Diskussion, es kommt nur ökosystemspezifisch in Frage. Es gibt zwar derzeit die Modeerscheinung, vermehrt den von Ihnen vorgeführten Bindestrich zu verwenden, aber das ist eine schlechte Angewohnheit. Falls in Ausnahmefällen ein solcher Bindestrich als Ausweg sinnvoll erscheint, wäre es besser, statt dessen einen äquivalenten Nebensatz zu verwenden.
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Urs Bärlein
*

Dieser Beitrag wurde am 19.08.2008 um 19.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3782


Das geht meines Wissens auch reformiert nur klein und zusammen. Im Fall von Ökosystem-spezifisch würde ein Adjektiv groß, in dem von ökosystem-spezifisch ein Substantiv klein geschrieben. Mit so etwas nehmen es die Reformer sehr genau, Freiheiten beim Bindestrich hin oder her.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 19.08.2008 um 19.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3781


Derzeit arbeite ich an einem wissenschaftlichen Text, der die Passage enthält: "Urwälder mit ihrer ökosystemspezifischen Dynamik". Nun wurde vorgeschlagen, der besseren Übersicht wegen doch "Ökosystem-spezifisch" zu schreiben. Was ist hier die Meinung der Forumsteilnehmer?
Gefühlsmäßig wehre ich mich immer noch gegen die Verwendung des Bindestrichs, vor allem wegen der Kombination eines Substantivs und eines Adjektivs, durch Bindestrich verbunden. Die Reformschreibung ermöglicht zwar eine größere Freiheit beim Setzen von Bindestrichen, doch was sagt hier die klassische Rechtschreibung?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 15.08.2008 um 16.17 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3766


Irritierend ist in R 118 der Ausdruck "Satzgefüge". In Ingrids Satz haben wir kein eigenes Subjekt im "und"-Teil, und wir finden dann einen Nebensatz eingeschoben. Im Duden-Beispiel "Es waren schlechte Zeiten, und um zu überleben, nahm man es mit vielen Dingen nicht so genau" kann man den erweiterten Infinitiv mit zu durch ein anderes Adverbial ersetzen: Es waren schlechte Zeiten, und da nahm man es mit vielen Dingen nicht so genau. Ratsuchenden wirklich Information bieten würde eher ein Hinweis, daß, wo ein zweiter Hauptsatz (= Satz mit Subjekt und finiter Verbform) mit und/oder angeschlossen ist, unmittelbar vor "einem Nebensatz oder einem erweiterten Infinitiv" *kein* Komma steht. Ich gehe also noch weiter als Herr Achenbach: R 118 ist nicht nötig; sie verwirrt nur.
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Marco Mahlmann
Osnabrück

Dieser Beitrag wurde am 15.08.2008 um 10.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3764


Lieber Herr Achenbach,
ich glaube nicht, daß R 118 des 1991er Dudens hier anwendbar ist. In den von Ihnen genannten Beispielen sind es m. E. drei Sätze, wobei die jeweils ersten beiden mit einem "und" verbunden werden.

In dem Beispiel von Ingrid sind es nur zwei; der zweite wird in den ersten eingeschoben, der erste wird dadurch unterbrochen und später weitergeführt.
Der (erste) Satz lautet: "Nach einer Kurzschulung werden die neuen Mitarbeiter auf ihre Verwandten und Bekannten losgelassen und wieder durch neue Mitarbeiter ersetzt." Der zweite ("nachdem diese alle abgegrast sind") steht unabhängig davon und kann ganz hinten angehängt werden oder eben - prinzipiell irgendwo - eingeschoben. Im letzteren Fall steht dann genau an den Schnittstellen ein Komma.
Deswegen glaube ich nicht, daß diese Kommasetzung der Regel 118 widerspricht; ich habe allerdings auch keine andere Regel zur Hand, die besser greifen würde.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 15.08.2008 um 04.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3762


Lieber Herr Mahlmann,

ich stimme Ihnen ja ganz zu und würde das Komma auch nach dem und setzen.

Allerdings gab es im Duden von 1991 folgende Regel:

R 118 Das Komma steht, wenn „und“ oder „oder“ ein Satzgefüge anschließt, das mit einem Nebensatz oder einem erweiterten Infinitiv beginnt.
Ich habe ihn oft besucht, und wenn er in guter Stimmung war, dann saßen wir bis spät in die Nacht zusammen. Es waren schlechte Zeiten, und um zu überleben, nahm man es mit vielen Dingen nicht so genau.

Nimmt man diese Regel wörtlich, dann müßte das Komma vor dem und stehen. Ich vermute zwar, daß das so nicht gemeint, sondern die Regel nur schlecht formuliert ist; sicher bin ich mir allerdings nicht.

Darüber ist schon früher hier diskutiert worden.
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Dieser Beitrag wurde am 12.08.2008 um 22.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3758


Kommentar von Ingrid, verfaßt am 12.08.2008 um 19.23 Uhr

Danke, das dachte ich mir ja auch, aber es mutet mich so seltsam an.


Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 12.08.2008 um 18.09 Uhr

Da "nachdem diese alle abgegrast sind" klassisch eingeschoben ist, wird der Satz vorne und hinten vom anderen Satz mit Komma abgetrennt; mithin steht das Komma hinter dem "und".


Kommentar von Ingrid, verfaßt am 12.08.2008 um 17.55 Uhr

Eine Frage in die Runde: Wo sollte man denn in diesem Satz die Kommata setzen: vor dem fetten "und" oder danach oder an beiden Stellen?

Nach einer Kurzschulung werden die neuen Mitarbeiter auf ihre Verwandten und Bekannten losgelassen und nachdem diese alle abgegrast sind, wieder durch neue Mitarbeiter ersetzt.

Danke für Aufklärung.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 11.08.2008 um 17.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3749


Schwacher Genitiv / Komposita:
"Die Missbrauchs-Fälle weiten sich aus: Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft den Selbstmord eines ehemaligen Schülers des Domkapitularen." (sueddeutsche.de, 11.08.2008 10:20 Uhr) Ich lese auch oft "des Autoren". Was ist zu sowas zu sagen?

Und: Während die *SZ* manchmal mit dem Bindestrich umgeht, wie sie's halt für nötig hält, hat sie manchmal gar keine Angst vor längeren Wörtern: "Schattenboxer vor Cheerleaderchinesinnen" (sueddeutsche.de, 08.08.2008 17:04 Uhr).

Die so oft zitierten und gefürchteten und immer wieder wegen Mark Twain hervorgeholten langen deutschen Wörter gibt es nämlich gar nicht: Sprache versagt sich ihnen recht einfach, denn Sprache ist ja menschliche Mitteilung mit Hilfe der Sprechwerkzeuge und nicht Spielerei von Knaben, die Disteln köpfen.
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Jan-Martin Wagner
Halle (Saale)

Dieser Beitrag wurde am 15.07.2008 um 17.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3616


Deutschlandfunk, "Campus & Karriere", 13. März 2008

Was ist gutes Deutsch?
Institut für Deutsche Sprache: Verständlichkeit ein wesentliches Kriterium
Moderation: Ulrike Burgwinkel


Spätestens seit "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" hat es sich auch außerhalb von Schule, Hochschule und Medien herumgesprochen: Die deutsche Sprache verwahrlost zunehmend. So sehen es Sprachkritiker wie Bastian Sick zum Beispiel. Ludwig Eichinger vom Institut für Deutsche Sprache in Mannheim hält die Verständlichkeit für ein wesentliches Kriterium – vor allem beim Erlernen von Deutsch als Fremdsprache.

Ulrike Burgwinkel: Professor Ludwig Eichinger ist Direktor des Instituts. Guten Tag, Herr Eichinger!

Ludwig Eichinger: Guten Tag!

Burgwinkel: Herr Eichinger, wird es denn bei Ihnen auch ein Wehklagen geben?

Eichinger: Ich glaube, es wird nicht ein Wehklagen geben, aber es wird eine Untersuchung geben, welche dieser Phänomene, über die so gesprochen wird, tatsächlich kritikwürdig sind, schlechter Sprachgebrauch sind, und welche die normale Variation, die normale Erscheinungen an verschiedenen Situationen und in verschiedenen Verwendungen darstellen, wie man die beiden unterscheidet. Und der Dativ ist sicher nicht dem Genitiv sein Tod.

Burgwinkel: Damit wären wir im Grunde genommen auch schon bei Normen. Deutsch muss ja immer mehr als Fremdsprache auch in Deutschland unterrichtet werden, es gibt vieldiskutierte Tests. Da braucht man schon irgendwelche Normen.

Eichinger: Da braucht man zweifellos irgendwelche Normen, und die müssen zweifellos auch restringiert sein gegenüber dem normalen Sprachgebrauch eines erwachsenen, schulgebildeten Sprechers. Das ist sicher richtig. Und daher muss man sich aber auch überlegen, welche Normen man vernünftigerweise lehrt. Und das muss nicht immer die konservativste sein.

Burgwinkel: Das heißt, Sie würden auch Verständlichkeit zum Beispiel als ein ganz wesentliches Kriterium ansehen, wie es zum Beispiel in den Schulen in Deutschland beim Fremdsprachenunterricht im Englischen gemacht wird?

Eichinger: Ja, also ich würde Verständlichkeit als ein wirklich wesentliches Ziel ansehen. Der Unterricht sollte eine Art atmendes System sein. Man sollte, glaube ich, zum Beispiel Kindern, die man reinführt, zunächst nicht gleich schrecklich viel Angst machen mit den Normen, sondern zunächst mal vielleicht auf Verständlichkeit gehen, aber dann eine Phase einschieben, wo man wieder ordnet. Ich denke, dass das auch sozusagen Abfolgen im Lernprozess sein könnten und sollten.

Burgwinkel: Haben Sie Kriterien, was richtiges oder der Norm entsprechendes Deutsch denn nun ist?

Eichinger: Sagen wir mal so: Für erwachsene Schreiber des Deutschen ist tatsächlich die Norm, die man findet, das, was im Wesentlichen die überregionalen Zeitungen schreiben, wenn sie nicht gerade eine Glosse über Sprache schreiben. Also sozusagen in normalen Texten, das kann man als die Norm betrachten, und 90 Prozent davon sind für Leute, die das gelernt haben, eigentlich völlig unstrittig. Es gibt daneben eine ganz andere Norm, dass man zum Beispiel deutlich anders spricht, als man schreibt. Das sollen Fremdsprachenlerner ein bisschen später lernen, da ist das am Anfang nicht so wichtig. Für manche der Erscheinungen, die so kritisiert werden, ist, dass auch die Norm für Geschriebenes und für Gesprochenes differiert. Aber unsere Zeitungen, die überregionalen Zeitungen, geben eigentlich ein gutes Bild der Norm, der wir normalerweise beim Schreiben folgen.

Burgwinkel: Denken Sie nicht auch, dass elektronische Medien wie E-Mails oder SMS ganz deutlich auch die schriftliche Sprache verändern?

Eichinger: Sie verändern sicher die Schriftlichkeit, vor allem auch deswegen, weil dadurch Leute zu schreiben begonnen haben, die sonst traditionell nicht mehr geschrieben hätten. So gesehen muss das Ziel sein, nicht die Leute davon abzubringen, SMS zu schreiben - und SMS müssen notgedrungen kurz sein -, sondern diese Fähigkeit in eine größere Gesamtfähigkeit zu schreiben, in eine Schulung in unsere schriftliche Kulturlandschaft insgesamt einzubetten. Das heißt, man sollte die SMS nicht verteufeln, sondern als eine Technik, die ich als Erwachsener übrigens viel schlechter beherrsche als meine Kinder, unter anderen einzubetten.

Burgwinkel: Das heißt, diese Variante würden Sie durchaus dann irgendwann auch zur Norm erklären können?

Eichinger: Also es gibt sicher auch, so gesagt, eine Norm für vernünftiges SMS-Schreiben. Weil das muss ja notgedrungen eine verkürzte Norm sein gegenüber dem, was wir üblicherweise machen. Und zum Beispiel bei E-Mails ist es so, wenn Sie sich überlegen, auch früher hat man Liebesbriefe mit komischen Kürzeln und Bildchen und Herzchen versehen, oder auch da sind die Sätze nicht so, das hat jetzt nur eine breitere Basis ergriffen. Und man muss bloß aufpassen - die Gefahr sehe ich aber nicht so sehr -, dass es auf die Gesamtnorm übergreift, und man muss aufpassen, dass die meisten Leute, die schreiben, in der Lage sind, zwischen verschiedenen solchen Unternormen zu wechseln.

Burgwinkel: Das heißt, der Wandel ist sowieso nicht abzuwenden, und irgendwann integrieren sich solche Veränderungen auch in die Schriftsprache rein. Ich denke nur an das Wörtchen "weil".

Eichinger: Aber das Wörtchen "weil" ist eigentlich in die Schriftsprache nicht reingewandert, bisher, sondern eigentlich nur, wenn wir Gesprochenes wiedergeben, also "weil" mit gleichfolgendem Verb, also "ich bleibe hier, weil es ist draußen zu kalt". Das ist eigentlich nach wie vor eine typisch sprechsprachliche Taktik, weil wir aus irgendeinem Grund das Wort "denn" nicht sprechen. Also an der Stelle schreiben wir normalerweise noch immer "denn", aber "denn" kommt im gesprochenen Deutsch komischerweise nicht vor. Niemand weiß warum, aber so ist es. Und um auf Ihre Frage noch zu antworten, es ist ja auch so: Vieles von dem, was exzessives SMS-Schreiben ist oder so, das wird auch wieder verschwinden zum Teil, aber Teile davon werden in unsere Schriftsprachlichkeit eingehen.

Burgwinkel: Ganz herzlichen Dank für das Gespräch.

Eichinger: Bitte schön.

Burgwinkel: "Die deutsche Grammatik im Wandel", das ist Thema der Jahrestagung des Instituts für deutsche Sprache derzeit in Mannheim. Ich sprach mit Professor Ludwig Eichinger, dem Direktor des Instituts.


http://www.dradio.de/dlf/sendungen/campus/753740/
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 11.06.2008 um 06.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3470


"In Deutschland wird gern mutmaßt, dass Barack Obama als schwarzer Präsidentschaftskandidat wegen seiner Hautfarbe scheitert." (www.welt.de, 11.6.,6:25) — Wenn "mutmaßt" das 2. Partizip ist, dann wird das Verb also auf der Silbe "-maß-" betont. Diese *Welt*-Journalisten haben in ihrer Deutschstunde sicher immer gut mit arbeitet.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 03.06.2008 um 17.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3439


Genau dieser Ansicht bin ich auch, lieber Herr Bärlein, deshalb habe ich geschrieben, daß es so wohl nicht gemeint sein kann.

(Ich wollte dies nur ergänzen, weil ich nicht recht weiß, ob Ihre Bemerkung zustimmend oder ablehnend zu verstehen ist.)

Außerdem fällt mir noch ein, daß man den zweiten Teil sicher genau wie den ersten auch im Nominativ schreiben kann:
"Ein Mann wie ein Mast – mit einer Seele wie ein Anker und einem Charakter wie der eines Kapitäns."

Es kommt eben auf den Standpunkt an – man kann an die Tür genauso wie an der Tür klopfen.
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Urs Bärlein
*

Dieser Beitrag wurde am 03.06.2008 um 16.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3438


Ein Mann, der "mit einer Seele wie einem Anker" ausgestattet ist, hat im fraglichen Satz (oder Satzteil) sowohl eine Seele als auch einen Anker, aber nicht eine Seele, die wie ein Anker ist.
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Manfred Riemer
Mannheim

Dieser Beitrag wurde am 03.06.2008 um 16.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3437


zu dem Satzteil oder Titel (ein vollständiger Satz ist es ja nicht)
"Ein Mann wie ein Mast – mit einer Seele wie ein Anker, und einem Charakter wie ein Kapitän" würde ich folgendes sagen:

Die Bedeutung ist m.E. nicht "mit einer Seele wie mit einem Anker", sondern eher "mit einer Seele, die wie ein Anker ist", also steht Anker nach meinem Dafürhalten besser im Nominativ.

Der zweite Teil bedeutet nicht "mit einem Charakter, der wie ein Kapitän ist", denn ein Charakter und ein Kapitän sind ja keine vergleichbaren Dinge, sondern es bedeutet "mit einem Charakter, der wie der Charakter eines Kapitäns ist" bzw. "mit einem Charakter wie mit dem Charakter eines Kapitäns". Deshalb muß es im Ausgangssatz richtig heißen: "... und (mit) einem Charakter wie (mit) dem eines Kapitäns" oder stilistisch etwas besser "... und dem Charakter eines Kapitäns".

Das Komma zwischen den beiden Teilen gehört nicht dahin, denn es handelt sich um eine Aufzählung zweier Dinge mit 'und'.

Also komplett:
"Ein Mann wie ein Mast – mit einer Seele wie ein Anker und einem Charakter wie dem eines Kapitäns."
oder
"Ein Mann wie ein Mast – mit einer Seele wie ein Anker und dem Charakter eines Kapitäns."
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Dieser Beitrag wurde am 03.06.2008 um 09.23 Uhr eingetragen.
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 03.06.2008 um 09.07 Uhr

Ich habe da mal eine grammatische Frage. Eben las ich den Satz:

Ein Mann wie ein Mast – mit einer Seele wie ein Anker, und einem Charakter wie ein Kapitän.

Intuitiv tendiere ich da eher in die Richtung "...mit einer Seele wie einem Anker", bin mir aber nicht so sicher. Die Stelle am Schluß ist für mich plausibel, weil sich "Kapitän" auf "Mann" bezieht und nicht auf "Charakter".

Wer kann erklären, wie es richtig ist?

Danke.
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Paul Westrich
Kusterdingen

Dieser Beitrag wurde am 17.04.2008 um 11.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3188


Nein, auch ich stolpere über diese nach meinem Sprachgefühl falsche Schreibweise. Es heißt ja auch "jemandem einen Bärendienst erweisen" oder Bärentatze, also muß es auch Eisbärenkind bzw. Eisbärenbilder lauten. Google hat 243 Einträge für Eisbärbilder und sogar 2360 für Eisbärkind.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 17.04.2008 um 09.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3187


Da inzwischen über ein weiteres Eisbärenkind in den Medien geschrieben wird, stelle ich noch einmal die Frage, die ich an dieser Stelle schon einmal ausführlicher im Januar gestellt habe: Stocke denn nur ich beim Lesen, wenn da immer Eisbärkind steht und Eisbärbilder veröffentlicht werden?
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 06.04.2008 um 13.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3133


Bzgl. des Singular-Imperativs bei starken und schwachen Verben habe ich die Auskunft leider unvollständig wiedergegeben. Sie bezieht sich auf die ursprüngliche Bedeutung, die aber im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr nachvollzogen werden kann. Der heutige Sprachgebrauch hat diesen Ursprung vielerorts abgeschliffen, deswegen ist sowohl "Faß" als auch "Fasse" im Gebrauch und auch richtig. Das erstere wäre ein scharfer Anruf ("Faß mal mit an!"), das letzere fand man früher in Telefonzellen "Fasse dich kurz!".
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 06.04.2008 um 04.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3130


Bei üblicher Aussprache sehe ich keine besondere Ausspracheschwierigkeit beim Zusammenstoß der Konsonanten k-m (trink mit!). Allerdings wird dann der k-Laut nicht voll ausgesprochen: die Sprengung des Verschlusses (oder auch die Aspiration) wird unterdrückt.
Wichtiger für das e beim Imperativ scheint mir das rhythmische Gefühl zu sein. Insbesondere neigt man häufig dazu, das Zusammentreffen von zwei Betonungen zu vermeiden. "Trink(e) mit uns!" kann unterschiedlich betont werden: "Trink mit uns!" oder "Trinke mit uns!".
Gerade das Beispiel von Wilhelm Hauff ist ja sehr rhythmisch (trochäisch):
"Setze dich und iß und trinke mit uns!"
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 06.04.2008 um 00.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3129


Mein Beitrag zum "umgangssprachlichen" Kurzimperativ hol statt feinstem hole ist irgendwo untergegangen.

Wer hat wann und wo diese Quafilikation in die (Duden)-Grammatik gedrückt? Und wie hat er sie vor dem Hintergrund der Werke der – offenbar insgesamt niedere Volkssprache schreibenden – Autoren der bedeutendsten Werke deutscher Literatur – begründet?

Das wäre, ganz außerhalb von pedagogical correctness und so, zu eruieren.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 05.04.2008 um 23.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3128


Ausgegangen sind wir hier von #3117:
"'Trink mit uns!' oder 'Trinke mit uns!' Ich habe behauptet, daß das erstere umgangssprachlich ist und im Schriftlichen die letztere Schreibweise besser ist. Ein Kollege hat mich gleich eines Besseren belehrt."

Ich habe in diesem Strang hier mal zu dem, was "besser ist", geschrieben: "Denn: Jeder versteht sofort, was sie meinen." (#155) Und ums schnelle Verständnis geht's mir zuallererst, erst dann um den Stil (umgangssprachlich, Schreibstil), der aber auch sehr wichtig ist, aber nicht unbedingt, was das schnelle Verstehen betrifft.

Was hätte ich hier noch zum schon zum Du-Form-Imperativ Gesagten hinzuzufügen:

Zu "(3) Obligatorisch steht das e der Singularform bei Verben, deren Stamm auf -ig oder auf eine schwer aussprechbare Konsonantenverbindung ausgeht":
Wir hören oft "Berichtigt das" (berichti[ç]t das). Dann haben wir aber auch im Singular schon manchmal berichti[ç] das (aber doch sehr selten [na: "Erledi[ç] das heute noch!" haben wir sicher öfter als "Erledige das heute noch!"]). Im Plural ist der Ich-Laut jedoch beinahe schon gang und gäbe. Der morphophonemische Wechsel zum Ich-Laut ist jedenfalls nicht selten. (Übrigens ist ja auch der Wechsel zum k-Laut [erledi[k]t] ein morphophemischer! Der ist aber durch ein anderes Lautgesetz abgesichert.)

Unter "schwer aussprechbare Konsonantenverbindung" würde ich [tm] oder [çn] oder [kn] nicht einordnen; vor allem aus slawischen Sprachen sind meiner Zunge viel schwerere bekannt! Was man aber sagen kann: Diese Konsonantenverbindungen haben das folgende Imperativ-e auch in der Umgangssprache nur ganz selten ausfallen lassen: [se:kni:n] <– segne ihn; bei "widme/rechne/öffne/regne/atme" ist das Imperativ-e bei den meisten Sprechern ganz erhalten. (Ebenso ist hier auch das "e" des Ihr-Form-Imperativs erhalten. *singt* [im Gesangbuch oft "singet"], aber immer *atmet*.)

Übrigens ist dieses Singular-Imperativ-"e" bei "sein" immer ausgefallen und bei Verben mit Vokalwechsel von e > i im Präsensstamm (geben, er gibt / sehen, er sieht / sprechen, er spricht) auch. Aber: "(fakultativ bei sehen[:] sieh(e))", "Siehe, ich bin eine Magd des Herrn." Bei "wissen" ist es nie ausgefallen. (Aber wer den Du-Form-Imperativ zu "wissen" kennt, der benutzt ihn garantiert nicht so oft, daß die Endung sich hier durch häufigen Gebrauch abgeschliffen hätte.)

Ein Blick in die Sprachgeschichte erklärt das Problem also leichter als die Methode, wie man den Imperativ Singular heute "gewinnt/findet". Aber Jan-Martin Wagners Methode ist auch richtig; nur muß man dann von Erklärungen Abstand nehmen: "Die beiden Formen mit -e (*lasse! *trinke!) sind m. E. in falscher Analogie zu Imperativen gebildet, die das -e korrekter- bzw. notwendigerweise enthalten." Der Apostroph ist richtig, wenn man sagt, die Form mit "e" ist die Ausgangsform für diesen Imperativ, z. B. bei "lass'", und er steht nicht, wenn man sagt, eigentlich sei das "e" schon so lange ausgefallen, daß heute einfach der Infinitivstamm diese Imperativform ist und deshalb kein Ausfall mehr anzuzeigen ist ("laß").

Oliver Höhers "Das erklärt dann auch die Veränderung von du läßt –> laß. Einfach weil der Infinitiv "lassen" heißt. Geben –> gib ist dann wohl durch die Anmerkungen zu erklären" verdient deshalb auch einen Kommentar. Soweit ich mich erinnere (aus meinen Sprachgeschichtskursen, nicht aus der Sprachgeschichte selbst, o.k.!) gab's mal auch bei der Präsenskonjugation, wenigstens für einige Verben, einen unterschiedlichen Basisvokal für den Singular und den Plural (für den Singular [soweit ich mich erinnere, der i-umgelautete Stammvokal). Und das Du-Form-Imperativ-e schloß sich nicht an den Infinitivstamm an, sondern an die Form mit dem Singularvokal.

O.k., und da ich soweit gekommen bin und wenn mir bis hierher noch wer gefolgt ist: Mit letzterem erklärt sich also der e-zu-i-Wechsel in "gib", "sieh" usw. nicht als Ausnahme, sondern als etwas Normales. "Warum es [bei *lassen*, *halten* und *stoßen* aber] einfach nur laß! [*lasse/laß*, *halt[e]* und *stoß[e]*] ist, kann ich nicht weiter begründen", sagt Jan-Martin Wagner. Ich kann's auch nicht. Ich bitte um Antwort.

Oliver Höher weist sehr fein darauf hin, daß ein guter Autor sich verschiedene mögliche Wortformen zunutze macht, um klangliche Effekte zu erzielen, die ihm wichtig sind (Vorlese-, Vortragskultur).

Bis hierher war ich gestern abend gekommen. Heute sind die Beiträge ab #3123 dazu gekommen.

Zu #3123: Singe, wem Gesange gegeben.
Bei den schwachen Verben, z. B. bei "hassen", heißt der Du-Form-Imperativ "Hasse!"? Na, ich weiß nicht. Zum Hund sagen viele ziemlich sicher doch "Faß!" und auch zum wohlerzogenen Kinde oft "Faß den Hund nicht an! Laß ihn in Ruhe!", nicht wahr? Mit stark oder schwach hat das nichts zu tun.

Zu #3125: Und dem hieb er eine runter. — Na, doch wohl nicht.

Zu #3126: Bei "backen" gibt's sowohl im Präsens als auch im Imperfekt "schwache" Formen. Schwach bedeutet nur, daß wir im Imperfekt und Perfektpartizip das "zusätzliche dentale Element" (im Deutschen "t") als Kennzeichen haben. Im Imperfekt haben wir auch ein anderes Personalendungssystem (e/est/e/en/et/en) als bei den starken Verben (0/st/0/en/t/en). Wenn wer also "backte" sagt, dann ist das nicht weniger "richtig" als "buk", sondern bei diesem Sprecher hat sich eben ein schwaches Imperfekt fürs ursprüngliche starke eingebürgert. Ich kann mit beiden leben, finde ich doch "Sie buken einen Kuchen" sogar schon etwas hergeholt. (Und wenn wir dann, um den Konj. II zu feiern, einen Kuchen büken, ... O mein Gott!) Wenn übrigens jemand "er backt" statt "er bäckt" sagt, dann ist auch das "schwach" in grammatischer Hinsicht, wenn man weiß, daß die Umlautung a > ä (läßt), au > äu (säuft), o > ö (stößt, altes "kömmt") und e > i (gibt, lies) nur bei starken Verben eingetreten ist.

Und wieso "Klasse 8: [...]
laufen – lief – gelaufen
Ebenso: hauen (im Prät.: hieb), heißen, rufen, stoßen" etwas Besonderes sein soll, denn "[d]er Vokal des Partizips II stimmt mit dem Präsensvokal überein", sehe ich nicht ganz ein. Das ist doch bei geben/(gibt)/gab/gegeben, fahren/(fährt)/fuhr/gefahren auch der Fall.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 05.04.2008 um 23.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3127


Die wohl acht Haupt- und vielen Nebenklassen in Helbig / Buscha (es zieht sich) kann man auswendig pauken (lassen), ohne damit weder Sprachkompetenz für das Deutsche noch morphologische Einsichten in dieses zu gewinnen oder gewinnen zu lassen.

Wegen des aus historischen Zufälligkeiten geborenen Standes der heutigen (normierten!) Flexion der deutschen Verben sind diese in wie auch immer konstituierten Klassen nicht exhaustiv erfaßbar. Die Klassenbildung in Helbig / Buscha ist eine unter sehr vielen und hat mit den übrigen gemein, gehabte oder neu erfundene "Stammlautreihen" als Klassifikations"kriterien" auszugeben, um so in ehrfürchtiger Bewunderung des Phänomens zu bleiben.

Mit Deutsch als Fremdsprache Konfrontierten (das sind nicht die konfrontierenden Linguisten) ist nur zu raten, die sattsam berüchtigten Stammformen zu lernen. Wissen sie Gelehrtes über die Flexionsklassen deutscher Verben von sich zu geben, reden oder schreiben ansonsten aber verquer, glänzen sie linguistisch / typologisch / multikulti und bio-öko, indes ohne jeden Gewinn.

Das ist wissenschaftlich freilich defätistisch.

Ein sich schätzender germanistischer Linguist ist gehalten, eine aus 128, 256, 512 oder auch 1024 "phono-morphologischen" Klassen bestehende Neuordnung ins Werk zu setzen, nach der dann die letzten der Mohikaner gedrillt werden, die auf den geradezu wahnwitzigen Gedanken gekommen sind, Deutsch zu lernen oder gar das Exotikon Germanistik zu studieren.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 05.04.2008 um 18.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3126


Ich hatte gerade meine Botschaft weggeschickt, da fielen mir zwei Beispiele ein, die nicht dazu passen. Warum heißt es "Glaube an Gott!" oder "Liebe deinen Nächsten!"?

Ich habe gestern abend noch Gelegenheit gehabt, einen weiteren Fachmann zu fragen. Er sagte mir, das hinge mit den starken und schwachen Verben zusammen. Also bei den starken Verben "gehen" heißt der Imperativ "Geh!", bei "lassen" "Laß!", bei "singen" "Sing!", jedoch bei den Schwachen "hassen" heißt er "Hasse!", bei "hauen" "Haue!" usw.

Das klingt für mich noch überzeugender.


Lieber Herr Schuchardt,

wie Herr Markner schon feststellte, ist „hauen“ kein schwaches Verb. Aber das ist leider heute nicht mehr allgemein bekannt. Deshalb kommt zur Sicherheit hier nochmal die Unterscheidung:

Schwache Verben sind dadurch gekennzeichnet, daß sie „ihr Präteritum und Partizip mit Hilfe des Dentalsuffixes […] -t resp. -te: lachen – lachte – gelacht; hüpfen – hüpfte –gehüpft; schlängeln – schlängelte – geschlängelt. […]“ bilden.
(Elke Hentschel/ Harald Weydt: Handbuch der deutschen Grammatik. 2., durchgesehene Aufl. Berlin; New York: Walter de Gruyter 1994, S. 46).

Starke Verben bilden ihr Präteritum und auch ihr Partizip, indem sie ihren zentralen Vokal, den sog. Stammvokal oder Wurzelvokal, verändern: schwimmen – schwamm – geschwommen, geben – gab – gegeben. […]“ (ebd. S. 42)

Ich weiß, jetzt wird es langweilig, aber es fehlt noch eine Gruppe:

Unregelmäßige Verben werden in manchen Grammatiken auch als „gemischte“ Verben bezeichnet. Es handelt sich dabei um Verben, die sowohl vokalische als auch konsonantische Veränderungen aufweisen. […]“ (ebd. S. 47)

Nun zählt die Grammatik von Helbig und Buscha verschiedene Klassen dieser unregelmäßigen Verben auf. Uns interessiert hier nur eine, Klasse 8 nach Helbig/Buscha:

„Klasse 8: au / ei / o:/ u: – i: – au / ei / o: / u:
Der Vokal des Partizips II stimmt mit dem Präsensvokal überein:

laufen – lief – gelaufen

Ebenso: hauen (im Prät.: hieb), heißen, rufen, stoßen“
(Gerhard Helbig/ Joachim Buscha: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht. 11., unveränd. Aufl. Leipzig: VEB Verlag Enzyklopädie 1988, S. 40)

Also heißt das korrekte Präteritum hieb.

Nun zu Ihren beiden Beispielen: Glaube an Gott! und Liebe deinen Nächsten!:

Bei „glauben“ ist -en die Infinitivendung und entsprechend glaub das, was Helbig/Buscha den „Infinitivstamm“ nennen. Wenn man nun die Endung -e an diesen Infinitivstamm hängt, erhält man Ihre Form „glaube“, die ein vollkommen korrekter Imperativ ist. Analoges gilt für das Verb „lieben“. Ein e/i-Wechsel wie in Anmerkung 1 liegt hier nicht vor. Deshalb fällt das e auch nicht aus.

Unklar kann hier lediglich die Formulierung „Infinitivstamm“ sein. Und natürlich ist die Präteritumsform von „hauen“ nicht mehr sehr geläufig. Haute liest man inzwischen immer häufiger. Außerdem geht es tatsächlich immer gern durcheinander, was denn nun ein starkes, ein schwaches und ein unregelmäßiges Verb ist. Deshalb müssen Sie mir meine Ausführlichkeit an dieser Stelle nachsehen.

Nachtrag: Yahoo liefert tatsächlich diverse Belege für haute. Spaßeshalber habe ich auch noch nach backte – statt der korrekten Form buk – gesehen und wurde ebenfalls fündig.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 05.04.2008 um 14.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3125


hauen ist kein schwaches Verb.
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 05.04.2008 um 10.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3123


Ich hatte gerade meine Botschaft weggeschickt, da fielen mir zwei Beispiele ein, die nicht dazu passen. Warum heißt es "Glaube an Gott!" oder "Liebe deinen Nächsten!"?

Ich habe gestern abend noch Gelegenheit gehabt, einen weiteren Fachmann zu fragen. Er sagte mir, das hinge mit den starken und schwachen Verben zusammen. Also bei den starken Verben "gehen" heißt der Imperativ "Geh!", bei "lassen" "Laß!", bei "singen" "Sing!", jedoch bei den Schwachen "hassen" heißt er "Hasse!", bei "hauen" "Haue!" usw.

Das klingt für mich noch überzeugender.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2008 um 20.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3122


Nachtrag zum Nachtrag:

Der Hinweis auf die Literatur ließ mich dann noch folgendes finden. Hauff wurde bislang noch nicht so häufig auf diesen Seiten zitiert. Gleich mehrere Imperative:

„[…] Der älteste der Kaufleute nahm das Wort: „Selim Baruch“, sprach er, „sei willkommen in unserem Schatten! Es macht uns Freude, dir beizustehen; vor allem aber setze dich und iß und trinke mit uns!“ […]“

Wilhelm Hauff: Die Karawane. In: Märchen-Almanach auf das Jahr 1826. Zitiert nach: Hauffs Werke in sechs Teilen. Auf Grund der Hempelschen Ausgabe mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Max Drescher. Erster Teil: Gedichte – Märchenalmanache. Berlin; Leipzig; Wien; Stuttgart: Bong & Co. o. J. [1908], S. 67.

Eigentlich müßte es ja heißen: setz dich und iß und trink mit uns. Durch das Einfügen der beiden -e entsteht nun aber ein sehr sprechbares Alternieren von Konsonant und darauffolgendem Vokal: setze dich und iß und trinke mit uns.

Zum einen ist das hier wörtliche Rede und zum anderen stand Hauff durchaus noch in der Tradition einer Vorlesekultur. Aber mit diesem Beispiel mache ich nun Schluß.
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2008 um 19.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3121


Dank an die Herren Höher und Wagner. Ich werde es mir merken.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2008 um 18.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3120


"Der Imperativ verfügt auf Grund seiner Funktion [...] nur über Formen für die 2. Person Sing. und Pl. im Präsens Aktiv. Die Singularform des Imperativs ist gewöhnlich durch die Endung -e, die an den Infinitivstamm angefügt wird, gekennzeichnet. Die Pluralform hat die Endung -t und entspricht damit der 2. Person Pl. Präs. Indikativ. Zusätzlich dienen zur Kennzeichnung des Imperativs die Spitzenstellung der Imperativform im Satz, eine verstärkte Druckbetonung und das Fehlen des Personalpronomens."

Fußnote: "In der geschriebenen Sprache dient zur Kennzeichnung außerdem das Ausrufezeichen."

Anmerkungen: "(1) Gegenüber dem Umlaut und dem e/i-Wechsel des Stammvokals bei einigen unregelmäßigen Verben im Indikativ Präs. Sing. verhält sich die Singularform des Imperativs unterschiedlich. [...] Bei den Verben mit e/i-Wechsel ist außerdem zu beobachten, daß das die Singularform des Imperativs kennzeichnende e obligatorisch ausfällt (fakultativ bei sehen. sieh(e)) [...]
(3) Obligatorisch steht das e der Singularform bei Verben, deren Stamm auf -ig oder auf eine schwer aussprechbare Konsonantenverbindung ausgeht:

Entschuldige bitte! Erledige das selbst!
Antworte mir sofort! Lande dort! [...]"

Aus: Gerhard Helbig/ Joachim Buscha: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht. 11., unveränd. Aufl. Leipzig: VEB Verlag Enzyklopädie 1988, S. 192–193.

Das erklärt dann auch die Veränderung von du läßt –> laß. Einfach weil der Infinitiv "lassen" heißt. Geben –> gib ist dann wohl durch die Anmerkungen zu erklären.

Nachtrag: Zum Unterschied von Trink mit uns versus Trinke mit uns fällt mir noch auf, daß die phonetische Realisierung der beiden unterschiedlich gebildeten Konsonanten "k" und "m" (Trink mit uns) nicht ganz einfach ist. Womöglich ist das -e einfach nur da, um eine leichtere Sprechbarkeit – auch in der Literatursprache, etwa in Dramen – zu gewährleisten. Eine Art Fugen-e.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2008 um 18.38 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3119


Der Imperativ Singular wird gewöhnlich aus der 2. Person Singular gewonnen, indem das -st weggelassen wird, z. B. du gibst –> gib!, hier also du trinkst –> trink!; nicht aber bei lassen (du läßt –> ?). Warum es dort einfach nur laß! ist, kann ich nicht weiter begründen.
Die beiden Formen mit -e (*lasse! *trinke!) sind m. E. in falscher Analogie zu Imperativen gebildet, die das -e korrekter- bzw. notwendigerweise enthalten.

Ein Apostroph gehört hier auch nicht hin, außer bei einer Verkürzung der 1. Person Singular: ich trink' noch was; ich lass' das nicht zu (letzteres auch in herkömmlicher Schreibung; wegen des Apostrophs wird kein Eszett verwendet).
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 04.04.2008 um 16.45 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3117


"Trink mit uns!" oder "Trinke mit uns!"
Ich habe behauptet, daß das erstere umgangssprachlich ist und im Schriftlichen die letztere Schreibweise besser ist. Ein Kollege hat mich gleich eines Besseren belehrt.

"Trinke! Trink! Lasse! Lass!
Heute braucht man bei den meisten Verben im Imperativ kein e mehr (nur noch in der gehobenen, der besonders vornehmen Sprache.) Also, wenn man das e auch weglassen kann, lass es weg! Schreib nicht schreibe!
Keine Regel ohne Ausnahme: Verben auf -ern und -eln müssen das e behalten, Verben auf -t und -d können das e behalten:
Handle! Sammle! Traure nicht! Achte auf die Regel! Binde den Hund los!"

(aus: http://www.mittelschulvorbereitung.ch/content/ssv/Gr41iImperativ.pdf)

Ich bitte um eine Antwort.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 19.03.2008 um 19.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#3039


Josef Ackermann am 19.03.2008 im Gespräch mit "dieser Zeitung" (FAZ):
„Ich habe keine Zweifel an der Stabilität des Banksystems“.

Warum sollte er auch? Das funktioniert nach wie vor bestens.
Im Gebälk des Bankensystems dagegen knirscht es beängstigend.
Das wiederum kann Josef Ackermann fast gleichgültig sein.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 08.02.2008 um 09.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2933


»Akku-laden mit dem Knie-Dynamo« (heute.de, 08.02.2008)

Sehr kreativ, dieses Akku-laden. Immerhin weiß man so, daß es sich nicht um ein Geschäft (Akku-Laden) handelt, was allerdings schon aufgrund des Kontextes als unwahrscheinlich gelten muß.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 18.01.2008 um 08.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2845


Eigentlich ein gefundenes Fressen für Herrn Sick; fährt der etwa nie Bahn, daß ihm das noch gar nicht aufgefallen ist? Oder sollte ihm das schon zu primitiv sein?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 18.01.2008 um 00.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2843


Bahnsprak

Die Bahn hat nun mal einen Hang zu lustigen Formulierungen. Da trifft ein ICE »in seiner Ankunft(szeit)« voraussichtlich 10 bis 15 Minuten später ein; auf den Zugtoiletten werden die Fahrgäste gebeten, »den Raum so zu verlassen, wie Sie ihn vorfinden möchten« (erwartet man ernsthaft von mir, daß ich den Dreck beseitige, den irgendwelche Schmutzfinken hinterlassen haben, oder sind Graffitikünstler nun doch in den Zügen der DB willkommen?); die betrübliche Tatsache, daß einer der beiden Schalter im »ReiseZentrum« geschlossen ist, wird mit den Worten verklausuliert: »Bitte wählen Sie einen geöffneten Counter«; der knackige »Anschluß« war vorübergehend fast ganz der »nächsten Reisemöglichkeit« (vielleicht sollte man die Reise doch mit dem Fahrrad fortsetzen) gewichen; der Lokwechsel an der deutsch-niederländischen Grenze wird einem mit der Ankündigung versüßt: »Meine Damen und Herren, in Bad Bentheim erhält Ihr Zug fahrplanmäßig ein neues Triebfahrzeug«; der Oberschaffner stellt sich als »Ihr [= mein] Zugchef« vor (Sündenfall, 80er Jahre: »ZDF – Ihr Programm«); und wer seine Notdurft im »rauchfreien« Bahnhof zu verrichten sich gezwungen sieht, muß sich wohl oder übel in das »WC-Center« bzw. die – Achtung! – »ReiseFrische« begeben!

Meine Liste ist noch viel länger, aber das soll für den Moment genügen. Hoffnung machen mir jene Bahner, die noch Restbindungen an normales Deutsch haben. So verlas kürzlich ein Schaffner in einem IC zunächst die bahnamtliche Verlautbarung, der zufolge der Zug »aufgrund von Anschlußaufnahme« soundsoviel Minuten Verspätung hatte, um dann aber sofort nachzuschieben: »also weil wir in Mannheim auf Fahrgäste aus einem verspäteten ICE warten mußten«.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 17.01.2008 um 22.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2842


Die Deutsche Bahn verabschiedet in ihren Zügen die Aussteigenden mit folgendem Hinweis: "Beachten Sie bitte auch die örtlichen Lautsprecherdurchsagen am Bahnsteig."

Heißt das, daß ich die nicht-örtlichen Durchsagen nicht zu beachten brauche? Aber wie unterscheide ich die einen von den anderen? Und überhaupt: Auf vielen Bahnhöfen (bzw. Haltepunkten) gibt es bereits kein Personal mehr, die Durchsagen stammen von einem anderen Bahnhof (bzw. von einer Leitstelle), mithin sind dort alle Durchsagen nicht-örtlich(e). Was dann?
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 16.01.2008 um 13.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2830


Die Sache mit Bachs Klavier

Bachs Werk durch alle Tonarten zu Ehren des Erfinders der Wohltemperierung war wohl temperiert?
Unsicher wird man auf folgender und vielen weiteren Internetseiten (nachdem Google irritiert nachgefragt hat: "Meinten Sie `wohltemperiert´?"):

http://www.blogs-hbm.de/mahlzeit/2007/11/wohl_temperiert_1.php
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2008 um 20.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2813


Fehlanzeige.
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2008 um 15.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2812


Das hilft jetzt nur bedingt weiter. Das "Deutsche Wörterbuch" von Hermann Paul (9. Aufl. 1992 und 10. Aufl. 2002) hat für "Numero" den Frühbeleg von 1531 und zitiert als Autorität hierfür Alfred Schirmer (Wörterbuch der deutschen Kaufmannssprache. Auf geschichtlichen Grundlagen mit einer systematischen Einleitung. Straßburg: Karl J. Trübner 1911). Für "numerieren" wird auf einen Frühbeleg von 1570 verwiesen, der sich ebenfalls bei Schirmer findet. "Numerisch" wird leider nicht erwähnt.
Auch der Grimm (Bd. VII aus dem Jahr 1884, Bd. 13 der dtv-Ausgabe) hat lediglich "numerieren" und "Nummer". Schade.

Besitzt vielleicht jemand den Schirmer, um dort nach "numerisch" zu suchen?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2008 um 12.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2811


numerisch steht schon im »Urduden« von 1880. Laut Duden-Herkunftswörterbuch gibt es das Wort seit dem 18. Jahrhundert, während nummerisch im 20. Jahrhundert entstanden sein soll.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2008 um 12.46 Uhr eingetragen.
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Und seit wann gibt es numerisch?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2008 um 12.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2809


nummerisch steht seit der 12. Auflage (1941) im Duden.
Vielleicht handelt es sich ja um ein von der Redaktion zum Behufe des Plagiatschutzes erfundenes Ghostword …
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David Konietzko
Bad Homburg vor der Höhe

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2008 um 12.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2808


nummerisch steht bereits im West-Duden von 1954, aber nicht im „Urduden“ von 1880.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 12.01.2008 um 10.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2806


nummerisch mit Erstsilbenbetonung stand, soweit ich mich recht entsinne, bereits vor der Reform so im Duden – warum auch immer. Interessant wäre vielleicht, in älteren Ausgaben nachzuschauen, wann es zum erstenmal und dann in welcher Form verzeichnet worden ist.
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Karin Pfeiffer-Stolz
Düren

Dieser Beitrag wurde am 11.01.2008 um 20.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2803


Duden-Hinweis:
"nummerisch" – betont auf der ersten Silbe
?
Das erscheint mir allzu kraus. Kann man sich vorstellen, daß jemand dies so ausspricht? Man muß es mal selbst – in einer geschützten Ecke und unbelauscht – ausprobieren. Am besten in verschiedenen Tonlagen und Lautstärken.

Ist ja kabarettreif ...
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 11.01.2008 um 19.25 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2802


Dank "dem Duden" gibt es das "eingedeutschte" nummerisch. Und damit keiner etwas falsch macht, läßt uns "der Duden" wissen, daß es erstsilbenbetont ist.
Irgendwie erinnert die Genese (oder rein lexikographische Schöpfung) dieses Wortspaßes ans wohlbekannte Nasobem: "Es steht noch nicht im Meyer und auch im Brockhaus nicht, es trat aus meiner Leier [= Lyra] soeben erst ans Licht." Womit wir zu und gleichermaßen in – besagtem – Hause wären.
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Rominte van Thiel
Röttenbach

Dieser Beitrag wurde am 11.01.2008 um 19.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2801


In Anlehnung an den Tagebucheintrag über "den Mensch":
Heute fand ich bei Spiegel-online: "... und warf dem hessischen Ministerpräsident vor ...".
Aber darüber hinaus frage ich mich, ob nur ich mich an den ganzen Eisbär-Babys störe, die man heute bei Google findet, da ja auch Nürnberg jetzt seinen "Knut" hat. Einmal heißt es "den Eisbär", dann "den Eisbären". Oder handelt es sich beim Eisbärenkind nur um ein (entbehrliches) Fugenelement? Aber warum sagt niemand (so hoffe ich): das Bärkind, aber munter: das Eisbärkind? Überhaupt: Ich erinnere mich, vor vielen Jahren in der ZEIT den Eisbären stark dekliniert gefunden zu haben, worüber ich damals stolperte. Steht uns jetzt auch die Deklination "des Bärs" bevor?
Wie sehen das die anderen?
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Oliver Höher
Braunschweig

Dieser Beitrag wurde am 04.01.2008 um 19.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2749


Liebe(r) rr bth,
das mit der Betonung ist prinzipiell richtig. Auch wenn der Duden da jetzt einiges durcheinander bringt, um den Neuschrieb (und hier auch wirklich Dummschrieb) zu rechtfertigen.

Die lateinische Form "numericus" war mir freilich nicht geläufig, aber man lernt bekanntlich nicht aus.
Bleiben wir der Einfachheit halber mal bei der lateinischen Form numerus. Es gilt – auch wenn das keiner der Altphilologen jemals exakt wird beweisen können, mangels Tonaufnahmen – die Regel, wenn die letzte Silbe eines Wortes kurz ist, dann erhält die vorletzte eine Betonungslänge. Die Griechen und Römer hatten noch keine Akzentuierung, sondern maßen die Silben nach Längen und Kürzen (wiederum ohne exakte Tonaufnahmen). Nun ist us eine kurze Silbe, d. h. das e davor erhält eine Länge (numerus). Dieses quantitierende Prinzip der Silbenbetonung hat sich auch im Deutschen bei Fremd- oder Lehnwörtern aus den klassischen Sprachen erhalten. Deshalb wird es numerisch gesprochen, weil isch ebenfalls eine kurze Silbe ist. Nun kommt beim Verb "numerieren" sogar noch das Dehnungszeichen e nach dem iren hinzu (das bis zur ersten Dudenreform von 1901 tatsächlich so geschrieben wurde, damals war man eben noch altsprachlicher). D. h. en als letzte Silbe ist kurz, folglich muß die Silbe davor lang sein. Genauso kann man auch die Verdopplung des m im Substantiv "Nummer" erklären. Die letzte Silbe er ist wiederum kurz, der Vokal u ist aber ebenfalls kurz, was nun der nachfolgende Konsonant ausgleichen muß. Versuchen Sie mal, ein kurzes u, ein kurzes m und ein abschließendes kurzes er zu sprechen. Das geht schlicht und einfach nicht. Deshalb wird der Konsonant hier verdoppelt, um im Deutschen die erforderliche Sprechlänge zu erhalten. Gleiches gilt für Parallele, Satellit und viele andere Wörter, die vorzugsweise griechischen Ursprungs sind.

Um Ihre Frage noch zu beantworten. Das Adjektiv numerisch spricht nur jemand falsch aus, der die Bedeutung der Konsonatenverdopplung in Nummer verkennt.
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Wilhelm Bernhard Kloke
Dortmund

Dieser Beitrag wurde am 04.01.2008 um 15.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2747


Der Duden hat wieder einmal recht. Wenn man es so schreibt, spricht man es auch so. Das dürfte sogar Herr Lamm so sehen. Das Dumme ist nur, daß der Effekt beim Verb numerieren nicht eintritt, weil die andere Betonung ihn überdeckt.
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 04.01.2008 um 15.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2745


nummerisch – numerisch

Aus dem Julian-von-Heyl-Forum:

... was der Duden sagt:
"Beide Formen werden in der Bedeutung "zahlenmäßig, der Zahl nach" gebraucht. Das Adjektiv nummerisch (Betonung auf der ersten Silbe) ist die jüngere, eingedeutschte Form von numerisch (Betonung auf der zweiten Silbe), das im 18. Jahrhundert aus neulat. numericus entlehnt wurde."


Vielleicht kann hier jemand helfen:
Wer spricht (vor allem) ab wann dieses Adjektiv mit Betonung auf der ersten Silbe aus? Wie kommt die Duden-Reaktion zu dieser Aussage? Gibt es dafür Belege?

Vom Verb kenne ich diese Betonung, und konsequenterweise wurde ja auch vor der RSR oft „nummerieren“ geschrieben. Aber wer hat vor 1996 „nummerisch“ oder gar „alphanummerisch“ geschrieben (oder gesprochen)?
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 10.09.2007 um 18.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2297


Googeln und recyceln – mich stören eher dudenmäßige deutsch-englische Bastardformen, bei denen ein „e“ wegfällt, das zu richtigen Aussprache eigentlich nötig ist:
Tunten die Rennfahrer ihre Wagen und timten sie den Ablauf der Starts?
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Philip Köster
Hamburg

Dieser Beitrag wurde am 10.09.2007 um 16.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2296


Liebe(r) GL,

es gibt eine Übereinkunft kundiger Schreiber, recyceln und googeln zu schreiben. Wenn Sie dem nicht zustimmen mögen, kann ich Sie trösten, daß keine solche Verpflichtung besteht: Sie dürfen hier schreiben, wie Sie wollen, aber bitte bleiben Sie dann auch konsequent. Mir gefällt googeln als erste Stufe der Eindeutschung ganz gut, und ohnehin wird sich dieses Verb erledigen, wenn einmal eine bessere Suchmaschine antritt, die keine kommerziellen Interessen vertritt.
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Dieser Beitrag wurde am 10.09.2007 um 14.12 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2294


Kommentar von GL, verfaßt am 08.09.2007 um 07.58 Uhr

Was halten Sie von einem „Googler“, der googelt?
(Der Suchmaschinen-Betreiber Google hat den Duden-Eintrag „googeln“ bekanntlich ändern lassen mit der Begründung um den Markenschutz. Der Ausdruck „googeln“ ist m.E. somit nicht mehr korrekt und müsste doch wie folgt lauten: „mit Google im Internet suchen“.)

Und wie schätzen Sie die Zuverlässigkeit der Informationen von Google ein, nachdem unlängst bekannt wurde, wie beim Online-Lexikon Wikipedia Artikel als PR-Instrument missbraucht werden, d.h. nachträglich abgeändert, geschönt oder gar gelöscht wurden, vorzugsweise im Interesse von Behörden, Parteien und zahlreichen Firmen?

Es würde mich freuen, wenigstens diesmal eine kompetente und seriöse Antwort zu erhalten.



Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 05.09.2007 um 11.19 Uhr

Liebe(r) GL,

ich habe gestern abend eigens für Sie gegoogelt: für Ghanaer ergeben sich 51.400 Fundstellen in der de-Domäne, für Ghanese nur 650. Das ist für mich ein eindeutiges Votum und stimmt mit dem überein, was mir bekannt ist.

Wenn die übrigen Zeilen, die mir in diesem Zusammenhang erwähnenswert schienen, Sie nicht interessiert haben sollten, nehmen Sie sie doch einfach als weniger wichtige Ergänzung hin.



Kommentar von GL, verfaßt am 05.09.2007 um 10.55 Uhr

Meine Fragen, lieber Herr Köster, lauteten nicht, wie Bewohner aus Eritrea oder dem Kongo genannt werden. Notfalls hätte auch ich ein Wörterbuch zur Hand. Und was Sie letzte Woche nach der Rückkehr eines Arbeitskollegen aus Ghana „gehört“ haben, interessiert auch nicht, weil hören nicht unbedingt richtig verstehen oder interpretieren bedeutet.

Wenn ich mich an die Sprachforschung von Herrn Professor Ickler wende, dann nur, um eine seriöse Antwort zu erhalten.

Durchaus möglich, dass Sie Kongone mit Kanone verwechseln und als "Trekkie" herumirren! Ist es möglich, vor lauter Bäume den Wald nicht mehr zu sehen?



Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 04.09.2007 um 21.19 Uhr

Ghanaer ist richtig, wie ich zufälligerweise gerade erst in der letzte Woche gehört habe, als ein Arbeitskollege aus Ghana zurückgekehrt ist. (Ghanese scheint mir tatsächlich falsch, zumindest aber sehr unüblich.)

Ferner heißt es Eritreer und Kongolese, nicht etwa Kongone, wie manch ein Trekkie vielleicht gehofft hätte.



Kommentar von GL, verfaßt am 04.09.2007 um 21.02 Uhr

Verfahren gegen «Boxer» Frimpong

Am letzten Wochenende gerieten mehrere Akteure während und nach der Partie Young Boys – St. Gallen aneinander. In Folge der wüsten Schlägerszenen hat sich nun der YB-Stürmer Joetex Frimpong (Ghana) vor dem Einzelrichter der Swiss Football League (SFL) zu verantworten und wird vermutlich mit mehreren Sperren belegt.

Nennt man nun ein Einwohner von Ghana ein Ghanese oder ein Ghanaer? Ersetzt das Wort Schlägerszene die Szene einer Schlägerei? Und sieht man einen solo anstürmenden Spieler oder einen Solo anstürmenden Spieler? Sind die beiden Ausdrücke Disziplinar-Richter und Disziplinar-Kommission tatsächlich korrekt?

Darf ich freundlich um Aufklärung bitten?
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Dieser Beitrag wurde am 06.09.2007 um 11.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2281


Kommentar von Ingrid, verfaßt am 05.09.2007 um 16.57 Uhr

Vielen Dank, Herr Schatte, Sie haben mir sehr geholfen.



Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 05.09.2007 um 16.32 Uhr

@ Ingrid
Wiederholung nicht nötig.
Man hat eine Tastatur
mit Umlauten oder eine
ohne Umlaute.
So sollte es lauten.



Kommentar von Ingrid, verfaßt am 05.09.2007 um 16.03 Uhr

Soll ich meine Frage nochmal wiederholen?



Kommentar von Karl Berger, verfaßt am 05.09.2007 um 13.57 Uhr

Bravo, Herr Riemer, man sollte die Leute (den Menschen) tatsächlich dort abholen, wo sie stehen. Vielleicht fällt Ingrid jetzt etwas auf (– vielleicht auch Herrn Ludwig).



Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 05.09.2007 um 09.44 Uhr

Entschuldigung, Ingrid, dann heisst es natürlich ausnahmsweise "mit ss".



Kommentar von Ingrid, verfaßt am 05.09.2007 um 08.44 Uhr

Danke, aber das hilft mir noch nicht.

Mein Satz heist: "Ich besitze eine Tastatur ohne Umlaute" bzw "...ohne Umlauten". Also es ist ja kein Dativ, soweit ich das überblicke. Ich denke, da kommt ein Akkusativ hin, aber was ist richtig???



Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 05.09.2007 um 04.39 Uhr

Wenn das Objekt der Präposition "ohne" ein Substantiv oder Pronomen ist, eines Sprachteils also, der Fallformen hat, dann stehen diese Objekte im Akkusativ. Kann aber das Objekt dieser Präposition keine Fälle haben – wie hier der Infinitivausdruck "Umlauten die nötige Beachtung zu schenken" –, dann finden wir natürlich keinen Akkusativ vor. Der Dativ "Umlauten" ist das Dativobjekt zu "schenken", nicht das Objekt zu "ohne". Ähnliches haben wir bei "bis": Es ist eine Präposition mit dem Dativ (und nicht mit dem Akkusativ!): Wir kamen bis Berlin, dem (!) Zentrum dieser Aktivitäten, und blieben dann bis Dienstag, dem (!) ersten Tag nach dem Pfingstwochende. Wenn aber das Objekt von "bis" ein Nebensatz ist, – der hat natürlich keinen Fall: bis daß der Tod euch scheide. Auch Adverbiale, die sowieso im Akkusativ stehen (präzise Zeit- und Maßangaben), können Objekte von "bis" sein: Sie kommt jeden Sonntag, und diesmal bleibt sie sogar bis kommenden Mittwoch. (Wegen letzterem das Gerücht, "bis" regiere den Akkusativ. [Dazu haben mal Albrecht Holschuh und ich einen Artikel in einer amerikanischen Deutschlehrerzeitschrift veröffentlicht.])



Kommentar von Lw, verfaßt am 04.09.2007 um 23.11 Uhr

Es heißt aber: "Ohne Umlaute hätten wir weniger Laute."



Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.09.2007 um 21.51 Uhr

Es heißt natürlich "mit ß" und "ohne Umlauten".
Beispiel:
Man kann nicht richtig deutsch schreiben, ohne Umlauten die nötige Beachtung zu schenken.



Kommentar von Ingrid, verfaßt am 04.09.2007 um 19.34 Uhr

Ich habe eine wichtige Frage und hoffe, Sie können mir helfen.

Heisst es "ohne Umlaute" oder "ohne Umlauten"?

Danke und mfG

Ingrid
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 23.08.2007 um 17.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2235


Anhand der ellenlangen und keinesfalls vollständigen Aufzählung und Einteilung der deutschen Zahlwörter sollte deutlich werden, daß gelegentlich des unsinnigen Neuschriebs einige Mengennomen wie Dutzend, Schock, Mandel, Tausend der Garaus gemacht wurde. Die Mengenspezifikation (die Bindung des Quantors) erfolgt bei ihnen mit einem sog. Nomen covarians wie in
Dutzenden Besuchern gefiel das Etablissement.
oder mit einer von-Phrase wie in
Dutzenden von Besuchern gefiel das Etablissement.

Gemäß der außerhalb jeder Syntax liegenden deformierten Graphie soll nun das Nomen im ersten Falle wie ein Zahladjektiv, im zweiten indes normal (d.h. wie ein Nomen) verschriftet werden. Das begreifen nur Schüler und Beamte, denn sie müssen es.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 20.08.2007 um 17.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2224


Vielen Dank für die Richtigstellung. Und sie zeigt, daß man wirklich bei jedem Terminus auch immer gleich den ganzen Inhalt parat haben muß, der damit eigentlich gemeint ist. Ich hatte bei meinem Beitrag wirklich nur die "Zahladjektive" im Auge, und es ging mir bei der Anfrage nur um deren Substantivierung. – Das "entspricht der Deformschreibung" vermutete ich schon. Aber wo ist das System? Oder haben wir hier eben nur Vorschrift der Deformierer? Und gibt es derer/deren Hunderte oder hunderte? Und wenn ja, mit welchem Recht, – ich meine: mit welcher Begründung? (Vgl. auch: "Kein Bildungspolitiker kann es heute noch verantworten, dass sich an der Hauptschule das Scheitern der Bildungschancen Tausender Schüler weiter verfestigt." [Sueddeutsche.de, 20.08.2007,12:52])
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 17.08.2007 um 20.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2218


Das Fundstück von Horst Ludwig
"Polizei verhaftet dutzende Edelprostituierte" (welt.de, 18.8.)
entspricht der Deformschreibung.
Zahlwörter sind allerdings nicht nur Adjektive, d.h. Kardinalia wie "sieben" bzw. "siebene" für Menschen, Ordinalia wie in "die dritte Tante aber" Vervielfältigungszahladjektive wie "vierfach, tausenfältig" und weitere Zahladjektive, sondern auch
– Nomina wie Nennernomen ("Drittel") und Mengennomen ("Schock"),
– Wiederholungszahladverbien wie "siebenmal",
– (wenige) Buchzahladverbien wie "zweidrittel",
– Ordnungszahladverbien wie "zweitens"
– Gruppierungsausdrücke "zu dritt" bzw. "zu dreien" für Menschen
etc.
Aber das steht natürlich nicht in Schulgrammatiken oder in der Duden-Grammatik. Diese handeln nach wie vor z.B. von Bruchzahlen, obwohl solche Gegenstände der Mathematik sind, statt klarzumachen, daß es sich um Syntagmen aus einem Kardinalium zum Nennernomen handelt, das aus einem Ordinalium mit -el abgeleitet ist.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 17.08.2007 um 15.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2216


"Kriminalität / Polizei verhaftet dutzende Edelprostituierte" (welt.de, 18.8.) - Ich sehe mehr und mehr "dutzend(e/en/er)" (auch "hundert(e/en/er), tausend(e/en/er)" vor Substantiven, nicht aber "Millionen") von Reformbegeisterten klein geschrieben, wo's sich doch klar - wie die Endung zeigt - um ein Substantiv handelt (wie beim Plural von "Beamter"). Welches "System" wird hier vorgegeben? Natürlich gibt's "Wir sind der Kinder drei-e" und "Sie kamen zu vieren angerannt", aber letzteres ist doch bestimmt nicht gerade reformgerecht. Was für ein Adjektiv wäre "dutzend"? Man kann zwar sagen: "Das waren zusammen hundert" und "Das waren zusammen eine Million", aber nicht: *"Das waren zusammen dutzend" oder *"Das waren zusammen Million". (Zur Erklärung meiner Schwierigkeit etwas: Ich ordne Zahlwörter unter "Adjektiven" ein, eine besondere Gruppe zwar, aber da gibt's ja eine Reihe besonderer Gruppen.)
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 24.07.2007 um 17.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2110


Für Österreicher würde ich natürlich Jus schreiben. Mein Deutschler Kollege wollte Jura schreiben, das konnte ich natürlich nicht gelten lassen.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 21.07.2007 um 22.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2102


Wenn es denn nottut im CV eines /-er) österreichischen Ministerialen, sollte man füglich die Lang- oder (nach spanischem Muster) die Längstform wählen. Es lautet besser.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 20.07.2007 um 21.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2098


Im Österreichischen wohl eher Jus und Politik, gell?
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 20.07.2007 um 18.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2097


Kann man schreiben: Er hat Recht und Politik studiert?
Anstatt Rechts- und Politikwissenschaft?
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 08.07.2007 um 18.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2040


Lassen wir das stilistisch sicher gute gehen längs + Nomen im Genitiv beiseite, denn dieses steht nicht zu stilistisch fragwürdigem gehen entlang + Nomen im Dativ in Opposition, sondern zu gehen [Nomen im Akkusativ] entlang. Letzteres ist Standarddeutsch und überwiegt (in halbwegs redigierten Texten). Ersteres ist Symptom mangelnder Ausdrucksfähigkeit bzw. Sprachsicherheit. Der zweite von Herrn Bochem (2#2032) beigebrachte Beleg bestätigt den lokalisierenden, d.h. den nicht direktionalen Gebrauch der Postposition. Meine Behauptung bleibt: Ein Satz wie
"Sie gingen singend die Straße entlang."
ist normgerecht im Gegensatz zu
"Sie gingen singend entlang der Straße.",
weil er der Differenzierung von Orts- und Richtungsspezifikation durch Verwendung der Post- bzw. Präposition folgt. Ein einmal herausgebildetes Differenzierungsmittel läßt sich eine Sprache nicht ohne weiteres oder gar widerstandslos nehmen, auch von ein paar weniger Beholfenen nicht.
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K. Bochem
Köln

Dieser Beitrag wurde am 08.07.2007 um 00.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2032


Dazu passend im Kölner Stadt-Anzeiger, 7./8. Juli 2007, S. 8, Artikel "Wanderparadies abseits bekannter Routen":
"Längs des fahrradfreundlichen Siegtals ..."
" ... in den Dörfern entlang der Strecke ..."

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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 05.07.2007 um 23.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2028


Gut, lassen wir die Droste beiseite, aber wenn man zum Beispiel „gehen entlang des/dem" sucht, findet man zahlreiche Wegbeschreibungen in Texten der Gegenwart. Der Genitiv überwiegt klar, und das bessere „gehen längs" findet sich nur wenig häufiger als „gehen entlang dem".
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 05.07.2007 um 19.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2027


Richtig, Herr Markner,

mir ging es indessen um das heutige Deutsch, welches sich leicht von dem der zitierten Autoren unterscheidet. Im gegenwärtigen Deutsch sind die von mir angegebenen Gebrauchsweisen nach den angegebenen semantischen Regeln die eindeutig präferierten. Heute noch so wie die Droste zu schreiben ist mindestens auffällig. Abgesehen, daß diese Autorin schon zu Lebzeiten sprachlich in diesem und jenem als merkwürdig galt. Die Duden-Grammatik (der deutschen GEGENWARTssprache führt fleißig Belege aus Werken von Droste-Hülshoff an, u.a. auch irreguläre Adjektivflexionen in überspannten Nominalklammern usw. Das fällt dann in der Duden-Grammatik unter "einerseits die Regel -- andererseits Droste-Hülshoff".

Hinzuzufügen ist vielleicht noch, daß der Paul (auch in der Bearb. von Henne) ein historisch orientiertes Wörterbuch ist.
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 05.07.2007 um 16.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2025


Ich danke für die Antworten. Die Anwendung ist also hier Geschmackssache - interessant. Also, nach ein bißchen Nachdenken, finde ich "den Rhein entlang" am besten.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 05.07.2007 um 15.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2023


Hier die Belege im Kontext (der im Paul fehlt):

„Wir hatten schon den ganzen Tag gejagt / Entlang des Waldgebirges"
(Schiller, Braut von Messina)
„da mit Gekrächz / Hebt sich die Schar und klatscht entlang dem Hügel"
(Droste-Hülshoff, Die Krähen; im gleichen Gedicht: „Entlang die Gleise ist das Blut geflossen", „Entlang die Heide fuhr ich mit Gekrächze")
Außerdem im Trübner:
„preisend wallten sie dann entlang dem krummen Gestade" (Stolberg)

Alles nicht gerade statisch.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 05.07.2007 um 14.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2022


Lieber Herr Markner,
lieber Herr Schuchardt,

so einfach wie es nach dem Paul aussehen könnte, ist es nicht, denn:

"ent|lang [aus dem Niederd. < mniederd. en(t)lanc, aus in u. lang]: I. : an etw. in der ganzen Länge hin: die Wand, das Seil e.; den Fluss e. standen Bäume; durch kühle Wälder, über lange Strecken e. dem rauschenden Wildbach (NZZ 28.8. 86, 42); e. dem Weg/(selten:) des Weges läuft ein Zaun; die Truppe Stülpnagel, die immer noch e. des Gebirges ihr Unwesen treibt (Heym, Schwarzenberg 195). II. an etw. in der ganzen Länge hin: die Kinder stellten sich an den Fenstern e. auf; einen Weg am Ufer e. verfolgen" (Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim: Dudenverlag, 2000).

Das Deutsche hat nach wie vor die Präposition "entlang" und die Postposition "entlang" mit differenter Rektion:

Entlang dem Graben stehen Weiden. (eher statisch)
Entlang des Grabens stehen Weiden. (deutlich statisch)
Den Graben entlang kommen Sie zur Mühle. (eher prozessual)

Beide Präpositionen werden (immer noch) zur Differenzierung zwischen Zustandsbeschreibung und Prozeßbeschreibung bzw. -imagination genutzt, auch wenn das Duden-Wörterbuch nur diatopische und diachrone Angaben macht und das recht ungewisse Adverb "entlang" einführt.

Nicht korrekt ist also eine Verwendung wie in "Entlang des Grabens liefen wir nach Hause" und mindestens fraglich eine wie in "Entlang dem Graben liefen wir nach Hause".
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 05.07.2007 um 12.37 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2021


Beide Formen sind belegt (Paul). Besser klingt die Nachstellung: den/am Rhein entlang (auch hier schwankt der Kasus).
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Michael Schuchardt
Oberursel

Dieser Beitrag wurde am 05.07.2007 um 10.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#2020


"Sie fliegen (...), entlang dem Rhein (...)"

Gefunden auf der Buchungsseite von Zeppelinflug: www.zeppelinflug.de/pages/D/buchung.htm

Ich dachte, es müßte "Sie fliegen entlang des Rheins" heißen, aber auf der Internetseite CANOO.NET stand genau dieses Beispiel. Bin ich im Irrtum? Kann mich jemand aufklären?
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Urs Bärlein
*

Dieser Beitrag wurde am 26.05.2007 um 15.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1881


"Sich ehrlich machen" gibt es meines Wissen schon länger; es ist nur zwischendurch etwas aus der Mode gekommen. Geläufig ist mir der Ausdruck im Zusammenhang mit der Hure, die ihren Stand wechselt, etwa durch Heirat oder Eintritt in ein Kloster. Die Redensart setzt freilich voraus, daß die Ehrlosigkeit der betreffenden Person nicht substantieller Art war. Für einen Mörder dürfte es schon bedeutend schwieriger sein, wieder ehrbar zu werden, und für einen Verräter oder Betrüger unmöglich.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 26.05.2007 um 13.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1880


Angela Merkel zufolge sollen die Radrennfahrer sich ehrlich machen. Erstaunlicherweise scheint das bereits eine verbreitete Redensart zu sein.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 19.05.2007 um 19.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1854


"Sie konnten von einem alarmierten Fischerdorf aus dem Wasser gezogen werden." (Welt.de [Newsticker] erschienen am 19.05.2007 um 17:45 Uhr) "Dorf" eine Institution wie Feuerwehr, Polizei, Seenotdienst? Oder mit welcher Begründung?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 17.05.2007 um 15.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1850


Das müßte ein guter Journalist doch wohl auch besser formulieren können, selbst in Eile: "Marcel-Reich Ranicki über die Freiheiten von Schriftstellern und dem autobiographischen Werk von Hermann Hesse." Oder? (www.faz.net/s/homepage.html, 17.05.07) Welche Freiheiten hat denn ein autobiographisches Werk? Gemeint war ohnehin, daß man etwas über das autobiographische Werk Hesses zu lesen bekäme. Naja, und Bindestriche sind bei der FAZ sowieso ein Fach für sich.
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 29.03.2007 um 10.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1717



Mein Englisch brauche ich jeden Tag, ich arbeite allerdings mit Engländern, Iren (und Spaniern) zusammen, die sprechen ein anderes Englisch.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 28.03.2007 um 18.59 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1714


Deshalb riet ich Ihnen ja, "wenn Sie irgendwo Ihr Englisch brauchen, halten Sie sich bitte auch daran [an *wait for*]", und bleiben Sie also bei dem, womit Sie sich ganz normal und zeitgemäß fühlen.
Aber wenn Sie die Zeit dazu haben, dann tippen Sie mal bei
http://dictionary.reference.com/translate/
unter "Translate from English to German" *she waited on someone* ein. Oder sehen Sie sich bei
http://www.m-w.com/dictionary
unter *wait* bei *wait on [also] wait upon* Nr. 3 an.
Und vor allem sagen Sie Leuten z. B. vom lieblichen Berglandstaat Pennsylvanien und dem Großartigen Staat Texas nie, daß die da "sehr antiquiert" sprächen. Die in Pennsylvanien würden Ihnen sicher verschmitzt erklären, daß sie ja in sehr vielem der Schlußstein (*keystone [state]*) sind. Und in Texas, naja, da schießt man halt also auch schon mal in die Luft, wenn man sich etwas Luft machen will.
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 28.03.2007 um 17.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1713


Also "to wait on s.o." habe ich noch gar nie gehört. Klingt in meinem Ohren sehr antiquiert.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2007 um 20.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1706


Halt, halt, liebe Frau Aigner, schreiben Sie um Gottes willen "für [Ihr] deutschsprachiges Publikum" so, wie Ihnen der Schnabel gewachsen ist, damit gehen Sie schon in die richtige Richtung; und lassen Sie wirklich die links am Wege liegen — oder auf dem Wege, wie immer es Ihnen beliebt —, die Sie da "scharf" kritisieren, weil sie meinen, sie wüßten alles über den Gebrauch der Präpositionen. Als ich Englisch lernte, lernte ich für "auf j-n warten" *wait for s.o.* (und wenn Sie irgendwo Ihr Englisch brauchen, halten Sie sich bitte auch daran). Aber in den Staaten hörte dann das "ja dann wörtlich aus dem Deutschen übernommene" *wait on s.o.* auch dafür, wo es nicht darum ging, "j-n zu bedienen". Und in den Gegenden, wo die also *wait on people*, ohne dafür ein Trinkgeld zu erwarten, schreiben die auch so. Und nun kommt das wichtige: Wo immer im Gespräch das *wait on s.o.* kein Bedienen beinhaltete, war ich der einzige, der dazu offenbar eine Frage hatte. Alle anderen Gesprächsteilnehmer, wo immer sie herkamen, verstanden immer gleich richtig, welche Bedeutung im gegebenen Falle *wait on s.o.* hatte. Keiner kritisierte den Sprecher "scharf".
Im übrigen finde ich "Türschnalle" als auch "Türfalle" unheimlich gut. Und "zu Hause" hatten wir noch eine Türklinke! Als ich zum ersten Mal einen "door knob" sah, wußte ich nicht einmal, daß man den drehen mußte, um die Tür aufzukriegen. Und als ich in den österreichischen Bergen die Leute vom "einen Zahn ausreißen" reden hörte, da ging mir auf, daß "einen Zahn ziehen" nichts als verschönendes Dahergerede der Dentalmediziner ist.
So daß Sie sich im Laufe der Zeit mit Ihrem Deutsch aber im ganzen deutschen Sprachraum immer sicherer fühlen: Lesen Sie viel Thomas Mann, aus dem hohen Norden, und Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch und Hofmannsthal, bei letzterem besonders oft den "Schwierigen", — vorbildlicheres Deutsch, Frau Aigner, gibt's ja gar nicht! "Darf man ..." führt, wie Sie in dieser Diskussion sehen, jedenfalls nicht so senkrecht zum Ziel am Horizont.
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2007 um 16.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1704


Verstehe. Wobei ich finde, dass es "horizontal" ist, wenn ich mich "am Weg zum Ziel" befinde. Es geht doch eher um die Richtung, in die ich gehe, als um die Tatsache, dass ich "vertikal" auf dem Weg drauf bin.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2007 um 16.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1703


Es geht, vereinfachend gesagt, um eine horizontal-vertikale Ordnung. Aber es sind wohl auch andere Faktoren im Spiel, bei Goethe heißt es noch folgte ihm an den Fersen.
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2007 um 15.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1702


So müsste man dann auch am Weg zum Erfolg sein können, aber nicht "am" Kies des Weges, oder?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2007 um 13.49 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1701


Man kann am Strand liegen, aber nicht am Sand.
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2007 um 12.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1700


Und ich liege am Strand? Oder auf dem Strand?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2007 um 12.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1699


Ja. Die Schirme stehen auf dem Strand. Die Biertrinker hingegen stehen am Tresen. Eine mechanische Ersetzung von am durch auf dem sollte man also lieber nicht durchführen.
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 27.03.2007 um 10.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1698


Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen. Ich stehe ja gern zu meiner mir eigentümlichen Sprache, nur habe ich das Problem (nicht den Fehler), für ein deutschsprachiges Publikum zu schreiben - und das sind eben nicht nur Österreicher und Schweizer. Übrigens habe ich mich gestern "am Strand" gefragt, ob man denn in Deutschland sagt "auf dem Strand"?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 26.03.2007 um 22.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1696


Die Ersetzung von auf dem durch am gehört dem österreichischen und (weniger) auch dem schweizerischen Sprachgebrauch an und klingt in bundesdeutschen Ohren durchaus merkwürdig (oder wie es der Duden verniedlichend nannte, landschaftlich).
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.03.2007 um 20.53 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1695


"Türklinke"? "Türgriff" bitte! Wer klinkt denn heute noch? Es ist nichts beständiger als der Wechsel, auch der von Landschaft zu Landschaft. Und das haben wir halt hinzunehmen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.03.2007 um 20.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1694


Liebe Frau Aigner, Ihr Fehler ist, daß Sie überhaupt fragen: "Darf man...?" Wenn Sie für das, was Sie meinen, "ohnehin 'am Weg' schreiben", dann sprechen und schreiben Sie doch so, wie Ihnen der Schnabel gewachsen ist, und vor Leuten, die das tun, habe ich jedenfalls alle Achtung. (Aber Herr Herter hat zum Sprachlichen hier, wie ich gerade sehe, viel besser Stellung genommen, als ich es kann.) Der Fehler der Leute, von denen Sie "aber kürzlich dafür scharf kritisiert [wurden], da dies nicht 'deutsches' Deutsch sei", ist jedoch, daß die sich nicht zu benehmen wissen. Jeder hat ein Recht, seine Muttersprache so zu sprechen, wie er's gewohnt ist. Als ob diese scharfen versickten Berichtiger am Telefon nicht alle schon mal jemand versichert hätten: "Ich bin schon auf dem Weg", obwohl sie dabei doch noch den Telefonhörer in der Hand hatten und also da an der Strippe waren. Und wenn andere in Ihrer österreichischen Umgebung für "auf dem Weg sein" auch "am Weg sein" sagen, dann ist da gar nichts "falsch", wie übrigens mein Hinweis auf engl. "on" (dt. ja "an", nicht wahr?) zeigt. Lassen Sie sich doch "als Österreicherin von 'deutschen Deutschen'" nicht verunsichern! Und wenn die Sie dazu sogar noch "scharf" kritisieren wollen, schleudern Sie ihnen folgenden Text frei ins Gesicht, natürlich auf hochdeutsch, so daß die ihn auch wirklich verstehen:
>>>Ein Wiener Obdachloser durchstöbert die Wiener Müllkübel auf seiner täglichen Suche nach etwas zu essen. Dabei findet er in einer Tonne einen zerbrochenen Spiegel und weicht erschrocken zurück: "Jessas, a Leich!"
Er rennt also zur nächsten Polizeistation und meldet: "I hob a Leich gfund'n, im dritt'n Mistküb'l beim Stefansplotz. Schaut's eich des o!" Die Polizei fährt zum besagten Mistkübel, ein Beamter öffnet die Tonne, schaut in den Spiegel — und erbleicht: "Mei Gott, des is jo ana vo uns!"
Er nimmt den Spiegel als Beweismittel mit, vergißt ihn aber in seiner Uniform. Abends zu Hause stöbert dann seine Tochter zwecks einer kleinen Taschengeldaufbesserung in der Polizeijacke herum. Sie findet dabei den Spiegel und ruft: "Mama, Mama, da Papa hod a Freindin!"
Die Mutter kommt natürlich schnellstens gelaufen und sieht sich den Spiegel an: "A so a häßliche Sau!"<<<

Also: "Ein Obdachloser in Hannover/Berlin/Ostfriesland/Iowa..."
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Roger Herter
Basel

Dieser Beitrag wurde am 26.03.2007 um 19.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1693


Halt, halt. Eben fragten Sie doch, ob man "am Weg" für "auf dem Weg" sagen dürfe, und da ist die Antwort klar ja (zumal in Österreich; und ich weiß nie, ob ich Bayern in solchen Fällen zu Österreich rechnen soll...). Jetzt stellen Sie fest, Sie würden ohnehin "am Weg" schreiben.
Schriftlich (also standardsprachlich) besteht die von Herrn Ludwig beschriebene Differenzierung, die Sie ja in Ihrer Antwort (#1692) aufgreifen. Ob Sie z.B. "Er liegt am Bauch" hochsprachlich verwenden wollen, ist auch eine Frage des Stils: Möchten Sie regional wirken, das Österreichische betonen (etwa in direkter Rede)? Wo nicht, wäre besser "auf dem Bauch", damit's jeder gleich versteht.
Ich sage schweizerisch zwar: "Ich läute dir an." Was (manche) Deutsche unermüdlich zu verbessern pflegen, obschon es mündlich so – und nur so – heißt. Aber selbstverständlich schreibe ich: "Ich rufe dich an."
Anders sieht es aus, wenn ein Wort oder eine Wendung im jeweiligen Land als standardsprachlich gilt. Sie schreiben "Türschnalle", ich "Türfalle", und die Deutschen mit ihrer "Türklinke" haben das hinzunehmen...
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 26.03.2007 um 17.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1692


Bedeutet "am Weg zum Erfolg" nicht eher, dass man am Rande des Wegs zum Erfolg steht, während man "auf dem Weg" direkt "am besten Weg" zum Erfolg ist? Ich würde ohnehin "am Weg" schreiben, wurde aber kürzlich dafür scharf kritisiert, da dies nicht "deutsches" Deutsch sei. Und ich lasse mich als Österreicherin von "deutschen Deutschen" dann doch manchmal verunsichern.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.03.2007 um 17.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1691


"Darf man eigentlich sagen[:] 'Sie ist am Weg zum Erfolg'?" (#1690)
Man darf natürlich, — und man muß sogar, wenn man mit feinem Gefühl für Abweichungen vom unreflektierten Sprachgebrauch "am" und nicht "auf dem" meint.
Auch unter diesem Beitragskästchen bei unserer Sprachforschung haben wir ja "Vorschau für Ihren Beitrag", wo wohl "auf Ihren Beitrag" gemeint ist; und wenn Sie sich dann dahin weiterklicken, steht da "Voransicht zu Ihrem Beitrag", und kein Mensch regt sich darüber weiter auf, sie entsprechen dem Sprachgebrauch "reinen Sprachgewissens". — Präpositionen sind sowieso so eine Sache für sich, und was ihnen da oft als "Bedeutung" von in nur eigene schmale Betrachtung versickerten Vorschreibern unterschoben wird, das stimmt einfach gar nicht. So z. B. bei englisch "on", wo "on top of" als "Bedeutung" angegeben wird, mit dem Beispiel "the book is / put the book on the table". Aber dann haben wir "pictures on the wall", "lamps on the ceiling", "rings on our fingers" und "Straford-on-Avon", und all das weiß ich, weil ich mal bei einer "lecture on language structure" etwas zugehört habe. Und das praktische Leben lehrt einen ja auch einiges: So weiß ich nie, auf wessen Seite meine Frau eigentlich steht, wenn sie mit mir kämpft (when she fights with me). Wie in so vielen Sachen, stehe ich also auch hier nur am Wege zum Erfolg.
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margot aigner
kallham

Dieser Beitrag wurde am 26.03.2007 um 15.32 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1690


Darf man eigentlich sagen "Sie ist am Weg zum Erfolg"? Oder muss es heißen "auf dem Weg"?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 21.03.2007 um 15.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1673


Die Welt: "Nun fordern SPD und Grüne den Rücktritt von Hessens Polizeipräsident."
"In der Affäre um Friedmans Personenschützer gibt es nun Rücktrittsforderungen gegen Hessens Polizeipräsident"
Ich finde zwar auch, daß das richtiges Deutsch ist, aber das führt mich zu der Frage, wo denn die Endung bei schwachen Substantiven ohne weiteres ausfällt? Man würde ja nicht sagen: *von dem befragten Polizist, *gegen diesen Fotograf, *wegen solch eines Narr! Oder etwa doch schon?
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 18.03.2007 um 12.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1666


Es geht "der Kriminaler" so heftig in dem Rezensionstext um, daß wahrlich jede Liebesmüh verloren ist. Die SZ scheint über ihre Rezensenten eine neue deutsche Sprache oder wenigstens einen SZ-iolekt ins Leben rufen zu wollen. Solche kulturschöpferische Dreistigkeiten erheischen tiefe Verneigung.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 17.03.2007 um 17.56 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1664


Auch unser Plural der Majestät ist hier nur ein schöner Wahn und hilft, meine ich, nicht weiter. Denn man findet z. B., daß das mit dem Adjektivsubstantiv eben nicht mehr so ganz drin ist: "Die Todesumstände in der Abschiebehaft sind ebenso erschreckend für den Kriminaler wie die Hamburger Deportationspraxis von unliebsamen Ausländern." Man liest jedoch auch: "Der Kriminale deutet auf die Treppe und geleitet Gabi in sein Büro."

Stilistisch haben wir's hier eben mit Slang oder Umgangssprache zu tun (und für die bin ich in diesem Falle zu weit vom Schuß), aber auch auf derartigen Sprachebenen haben wir die normale Sprachstruktur. Daß wir hier einen Nominativ Singular nach dem Muster der Adjektivsubstantive haben und die anderen Fälle uns da aber stark daherkommen ("Ohne auch nur einen einzigen Moment reißerisch zu sein, beschreibt der Autor die Arbeit des Kriminalers und bietet in seiner spröden Erzählweise dennoch genügend Material zur Identifikation mit ihm an"; "Unter Hobby-Kriminalern"), ist für mich etwas Neues.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 17.03.2007 um 15.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1663


Um an dem von Horst Ludwig aus der SZ zitierten Satz nicht zu scheitern, habe ich in ihn einen Pluralis majestatis hineingewähnt, von dem ich allerdings nicht weiß, ob ihn der Schreiber in der / seiner Tat beabsichtigte.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 17.03.2007 um 07.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1662


"Dass Kriminaler kriminell werden, kommt vor." (SZ)
Wie wird dieses Substantiv benutzt? In einem (dt.-engl.) Wörterbuch, das ich gerade zur Hand habe, finde ich dazu: "der Kriminale (ein Kriminaler) [des Kriminalers, Pl. die Kriminaler] (colloquial) -> Kriminalbeamte".
Entweder ist es für mich ein Adjektivsubstantiv (der Kriminale, ein Kriminaler), oder es ist stark (des Kriminalers; Pl. die Kriminaler). Aber vom Nominativ "der Kriminale" ist der Sprung zum Genitiv "des Kriminalers" und Plural "Kriminaler" für mich zu groß. Was geht hier vor?
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 07.03.2007 um 23.34 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1603


Schade eigentlich

Frau Dr. Klein hätte auch noch die ihrer Meinung nach richtigen Fügungen angeben sollen. Z.B. wüßte man gern, warum "die vielversprechendsten" falsch sein soll. Auch die "tödlichste" Krebsart widerspricht nicht meinem Sprachempfinden. (Jaja, ich weiß, toter als tot geht nicht...). Und "der Glücksfall von einem Roman" (wirklich ein Genitiversatz?) ist sicher nicht dasselbe wie "der Glücksfall eines Romans".
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 16.02.2007 um 20.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1475


Anders als Herrn Ludwig scheint mir in dem Beitrag beides als vorab Vollzogenes gemeint, i.S.v. Mithin hatten sie vergessen, als sie dies und jenes ersonnen [hatten] (gleichzeitig vorzeitig zu:), auch dies und jenes zu verordnen. So hat dann der Trägersatz zum Vorzeitigen sein Präteritum im einfachen Tempus, und alles ist in Butter. Der Satz selbst besagt das Typische über die Verfahrensweise der Deformer. Kurz: sie wursteln.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 16.02.2007 um 17.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1474


„Damit der ICE 3 das gallische Schienennetz benutzen kann …"
Walter Wille, F.A.Z., 13. 2. 2007
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 09.02.2007 um 19.30 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1436


Zu diesem Beitrag ("Mithin hatten die Reformer also „vergessen“, als sie *jemandem Feind sein* ersonnen, auch* jemandem Gram sein* zu verordnen – wie sie zusammen mit *Leid tun* ja auch *Gut tun*, *Weh tun* hätten einführen müssen."):
"Lehrling ist ein jeder Mann, / Geselle erst, wer etwas kann, / Meister nur, wer was ersann."
"..., als sie *jemandem Feind sein* ersonnen, ...(#7686) Nicht "ersannen"? — Naja, "ersonnen" als finite Imperfektform gab's natürlich auch mal [daher die noch mögliche Konj.-II-Form "ersönne"], aber das ist doch schon arg lange her. Aber wenn's hier ein Perfektpartizip sein soll, was es ja auch sein kann ["Und am Kai geht Mackie Messer / Der von allem nichts gewußt"], wo also die finite Verbform von "haben" oder "sein" für die Perfektzeiten ausgelassen wird, muß da die Zeit im Hauptsatz nicht eine Hauptzeit sein [so daß das Perfektpartizip allein die dazugehörige Vorzeitigkeit ausdrücken kann]?
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 03.01.2007 um 15.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1260


Vielen Dank für den Hinweis auf Hartmann, den ich gern nutze.

(Fach)begrifflichkeiten werden natürlich nicht allein mit Nomina fixiert, sondern auch mit Verben, Adjektiven, Adverbien und vielleicht auch Verweiswörtern (sog. Fachlexikon). Im Falle von Begriffen indessen geht es wohl eher um mit Termini (Termen) festgemachte, definierte bzw. eingeführte Gegenstände.
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K. Bochem
Köln

Dieser Beitrag wurde am 03.01.2007 um 00.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1256


In aller Kürze, um das Forum nicht zu langweilen: Schlagen Sie mal, werter Herr Schatte, im Hartmann unter "Selbdritt" nach, es wird Sie vielleicht überraschen. Und Termini hin, Termini her: Fachbegrifflichkeiten aller Gebiete sind durchaus nicht auf Nomina beschränkt, – wo kämen wir da hin!
Nichts für ungut und ein erfolgreiches neues Jahr!
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 31.12.2006 um 19.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1238


K. Bochem hat recht: es gibt beide, d.h. die Anna und die Maria. Daß noch andere Formen mit dem heute unselbständigen Morphem "selb" vom Duden nach wie vor undeformiert geführt werden, belegt lediglich wie flach die Reformer gepflügt haben. Denn sie meinten ja, daß es /selb/ gar nicht (mehr) gibt oder geben darf und verschlimmbesserten selbständig zum Unaussprechlichen. Der Rest rest in pace im Duden. Wieso aber selbdritt, selbander Fachtermini sein sollen, kann ich nicht nachvollziehen, weil als Termini eher Nomina gelten, d.h. nicht Pronomina. Veraltet sind sie natürlich nicht, diese Wörter, auch wenn sie sich freilich auf – hoffentlich gegenwärtig bleibendes – Historisches beziehen.
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K. Bochem
Köln

Dieser Beitrag wurde am 31.12.2006 um 00.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1233


Ihrem Sarkasmus und Ihrer Ironie, verehrter Herr Schatte, unterlegt mit anscheinend grenzenloser Beschlagenheit, alle gebührende Anerkennung (!) – wenn auch bei Ihrer offensichtlichen Vorliebe für Fach- und Fremdwörter manchmal nicht leicht zu genießen. Kurz gesagt: Ich schätze Art und Inhalt Ihrer Beiträge. Dennoch sollten wir ehrlicherweise sagen, daß die Maria-selbdritt-Geschichte, die eher "Anna selbdritt" heißen sollte, nicht so richtig trifft. Der Duden führt seit Jahrzehnten "selbander" und "selbdritt" unverändert und stets mit dem (nicht ganz zutreffenden) Kommentar "veraltet für zu zweit" bzw. "zu dritt" auf. Soweit mir bekannt, traute sich bisher auch keine amtliche Wörterliste, diese Fachbegriffe als gestrichen zu erklären oder zu ersetzen.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 30.12.2006 um 12.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1232


Museen reformieren!

Der nicht seltene Gemäldetitel "Maria selbdritt" ist gemäß der RSR in allen Museen abzuändern in "Maria selbstdritt"! So müßte konsequenterweise die von allen Kultusministerien herauszugebende Weisung lauten, um Irritationen und eventuellem Nervenfieber von Schülern (und Deutschlehrern) vorzubeugen.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 21.12.2006 um 10.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1218


Schwierigkeiten beim Eieressen

Heute morgen aß ich zum Frühstück wie stets ein Ei (des Cholesterins wegen). Und ich konnte und konnte mir einfach nicht die Hühner vorstellen, von denen es stammte.
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Dieser Beitrag wurde am 27.11.2006 um 18.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1137


Kratzbaum am 26.11.2006 um 13:13:40 Uhr

Abschalten!

Zur Zeit läuft auf PHOENIX eine Sendung mit dem Titel "Sprache ist Macht – verramschen wir die deutsche Sprache?" Teilnehmer: eine Juristin, eine Opernsängerin, ein "Quartiermanager", ein Theaterintendant. Also kein einziger Fachmann, kein Sprachwissenschaftler, kein Schriftsteller, kein Dichter, nicht einmal B. Sick.
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Tanja Gerber
Olten

Dieser Beitrag wurde am 19.11.2006 um 03.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1095


Sprachlicher Bankrott der Bibel

In der NZZ vom 18./19. November 2006 unter Literatur und Kunst war folgender Beitrag zu lesen:

Der Ewige und die Ewige
Die "Bibel in gerechter Sprache" - weder richtig noch gerecht, sondern konfus
Von Herrn Prof. Dr. Ingolf U. Dalferth

Herr Glück kann mir sicher erklären, warum der liebe Gott eigentlich Geld verdienen sollte! (Beitrag am 02.08.2006 um 09:44:24 Uhr)
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 15.11.2006 um 23.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1088


In der FAZ von heute moniert ein Leser die Redeweise "von Verfassungs wegen". Ein anderer Leser habe diese dem Richter Hassemer "fälschlich" in den Mund gelegt. Verfassung bilde keinen Genitiv mit s am Schluß. Die sprachliche Seite könnte hier mal aufgeklärt werden. – Jedenfalls findet sich die Formulierung in jedem Urteil des BVerfG wieder – ist also insofern nicht "fälschlich".
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 14.11.2006 um 19.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1084


Sehr geehrte Damen und Herren,

Sprache ist Macht -Verramschen wir die deutsche Sprache?

Geht es bergab mit der deutschen Sprache, wie viele behaupten? Die Grammatik wird vernachlässigt, der Wortschatz schrumpft und Neuschöpfungen in der Jugendsprache beeindrucken nicht selten durch ihre „brutale Schlichtheit“. Wem deutsche Wörter fehlen oder zu langweilig erscheinen, der outet sich gern mit coolem Pseudo-Englisch als „weltoffener Kopf“.

Alles übertrieben? Sprache verändert sich, sie ist ein Gebrauchsgegenstand, entgegnen die Befürworter des Wandels. Doch das Bedürfnis nach „Deutsch-Nachhilfe“ ist größer denn je. Sprachpfleger wie Bastian Sick beweisen mit ihren Bestsellern und erfolgreichen Kolumnen das große Interesse am richtigen Umgang mit der deutschen Sprache. Wer beruflich und im öffentlichen Leben erfolgreich sein will, muss auch sprachlich überzeugen können. Gutes Deutsch gilt als Schlüssel zum Erfolg. Auch in der aktuellen „Unterschichts-Debatte“ spielt die Beherrschung der deutschen Sprache eine wesentliche Rolle. Worauf kommt es dabei an? Ist korrektes Deutsch eine berechtigte oder übertriebene Forderung? Was verlangt die Bundesrepublik als Einwanderungsland von ihren Bürgern nichtdeutscher Herkunft? Für mehr als 100 Millionen Menschen in Europa ist Deutsch die Muttersprache. Aber weltweit lernen immer weniger Menschen Deutsch. Geht damit auch kultureller Einfluss verloren? Auf der politischen Bühne in Brüssel ist Deutsch zwar die dritte Arbeitssprache, aber erst seit September 2006 werden auf Druck des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert Gesetzentwürfe und Dokumente, über die beraten werden soll, ins Deutsche übersetzt. Sind wir zu wenig an der Bedeutung unserer eigenen Sprache interessiert?

Über die Macht der Sprache, die Kritik am Alltagsdeutsch und die Bedeutung unserer Sprachkultur diskutiert Michael Naumann mit

Prof. Dr. Jutta Limbach
Juristin, Präsidentin des Goethe-Instituts
„Wir stellen einen bemerkenswerten Verzicht auf den Gebrauch der eigenen Sprache fest. Wie aber können wir etwas ins Ausland tragen, was im Inland verkümmert?“

Prof. Edda Moser
Opernsängerin, Professorin an der Kölner Musikhochschule
„Eine Persönlichkeit kann man daran messen, inwieweit sie die Kultur einer Sprache beherrscht.“

Matthias Lilienthal
Intendant „Hebbel am Ufer“ (HAU 1 – 3), Dramaturg
„Sprache ist ein Gebrauchsgegenstand. Je mehr englische Wörter ins Deutsche übernommen werden, desto besser.“

Gilles Duhem
Quartiersmanager im Neuköllner Rollbergviertel
„Wer Slang spricht, katapultiert sich selbst aus der Gesellschaft und der Arbeitswelt hinaus.“

Wir laden Sie herzlich ein, diese spannende Gesprächsrunde als geladenes Publikum vor Ort, im Marmorsaal des Palais am Festungsgraben in Berlin-Mitte, mitzuerleben. Das Palais befindet sich Unter den Linden zwischen Maxim Gorki Theater und dem Deutschen Historischen Museum.

Die Aufzeichnung findet statt am: Mittwoch, den 22.11.2006 von 19.00 Uhr bis 20.00 Uhr im Palais am Festungsgraben, Am Festungsgraben 1, 10117 Berlin. Kostenlose Karten können Sie telefonisch unter 030 / 31 80 03 77 oder per E-Mail unter kartenservice. impalais@rbb-online.de reservieren. Da unsere Platzzahl begrenzt ist, möchten wir Sie bitten, uns rechtzeitig Bescheid zu geben, ob wir mit Ihnen rechnen können. Um rechtzeitig mit der Aufzeichnung beginnen zu können, möchten wir Sie bitte [sic] bereits um 18.30 Uhr vor Ort zu sein.

Der Sendetermin dieser Ausgabe des RBB-Kulturtalks „Im Palais“ ist der 23.11.2006 um 22.45 Uhr im RBB-Fernsehen. (Wiederholungen: 24.11 2006, 11.45 Uhr im rbb, 26.11. 2006, 13.00 Uhr auf Phoenix, 27.11. 2006, 22.00 Uhr im Kulturradio)

Wenn Sie nicht mehr Informiert werden möchten, schreiben Sie uns bitte eine kurze eMail.

Mit freundlichen Grüßen

Kartenservice "Im Palais"
Tel: 030 / 31 800 377
Fax: 030 / 31 800 378
kartenservice.impalais@rbb-online.de

Rundfunk Berlin-Brandenburg
Redaktion "Im Palais"
Masurenallee 8-14
14057 Berlin
Tel.: 030 – 9 79 93 23 011
Fax: 030 – 9 79 93 30 019
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Charlotte *
*

Dieser Beitrag wurde am 30.10.2006 um 19.22 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1036


@ Horst Ludwig:
" .. habe ich "Tschüß" nirgendwo mit einem langen "ü" gehört, das mit "grüß" (wie in "Grüß Gott") reimte."

O ja, in Schleswig-Holstein/Hamburg ist das lange "ü" allgemein üblich. Man spricht häufig in etwa sogar "tschühüüß"...
In meinem Duden von 1986 steht übrigens: "tschüs! (auch: tschüß)"

In Bayern und anderen süddeutschen Gefilden habe ich jedoch immer - wenn überhaupt - "tschüss" mit kurzem Vokal gehört.

Also ein ähnlicher Fall wie "Spass" mit (kurzem Vokal) im Rheinland und "Spaß" mit langem Vokal in Norddeutschland? ;-)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 30.10.2006 um 03.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1035


Hier muß ich doch mal nachfragen. Ich habe mich mit bestimmten Sprachformeln, die durchaus weitgehend benutzt werden, nie richtig anfreunden können; dazu gehören z. B. "Sinn machen", "ein Tor machen" und ähnliches und eben auch dieses Tschüß/Tschüs. Meine Zurückhaltung hier hat also mit Stil und nicht mit Rechtschreibung zu tun.
Aber zur Schreibung: Da die Zugehörigkeit dieser für mich eben äußerst legären Abschiedsgrußformel zu "Adios" doch fast unbekannt ist, haben wir einfach eine Interjektion, und bei der könnte das /s/ nach kurzem Vokal mit "s" und mit "ß" geschrieben werden. Nur wenn man wikipedisch vermutet, der Ursprung sei "ad deus" ("ad" mit Nominativ?), wäre die vorschreibende Empfehlung mit einem "s" irgendwie noch begründet.
Jedoch zwischen "tschüss" bei kurzer Aussprache des Vokals und "tschüs" bei langer Aussprache des Vokals zu unterscheiden, das ist an den Haaren herbeigezogen und dummdreiste Herumrederei. Zu derartigem "tschüs" gibt es nämlich keine Form dieses Wortes, mit der es in morphophemischem Wechsel stünde (also eine Form mit stimmhaftem /s/ hätte, wie das z. B. bei "Haus" mit "Hauses/Hause" und auch den Pluralformen der Fall ist). *"Sie entboten einander ihre Tschüse" gibt's nun mal nicht.
Zusätzlich habe ich "Tschüß" nirgendwo mit einem langen "ü" gehört, das mit "grüß" (wie in "Grüß Gott") reimte. Wir dürfen hier nicht vergessen, daß der Unterschied zwischen dem sog. kurzen "ü" und dem sog. langen "ü" viel weniger ein quantitativer als vielmehr ein qualitativer ist. Und in Nordeutschland zeigt sich z. B. das "ü" oft nahe am "ö" (vgl. die Namen: Müller - Möller, Mühle - Möhle). Sollte nun das sog. lange Tschüs-"ü" in Norddeutschland gar nicht mit langen "ü" gesprochen werden? Ist der Ursprung der Lang-"ü"-Variante — so es die wirklich derart gibt, daß sie besonders behandelt werden muß — woanders zu suchen? Was sagen ausgereifte Phonetiker hierzu?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 29.10.2006 um 20.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1034


Nein, nein, auch der neueste Duden läßt tschüs zu, und zwar als genau jene norddeutsche Variante mit langem ü. Das s ist so oder so stimmlos zu sprechen, wie bei muss und Mus.

Was hinter der Neuregelung steckt, bleibt rätselhaft. Schließlich hätte man alles beim alten belassen und auf Beispiele wie Bus und plus (kurz) versus Mus und Schmus (lang) verweisen können. Das aber wäre der durch die bestrickende Einfachheit der neuen s-Laut-Regelung verwöhnten Öffentlichkeit kaum zuzumuten gewesen. Es bot sich also an, den Fall ins ß/ss-Schema zu pressen. Allerdings hätte man dann der Aussprachevariante mit langem Vokal die Schreibung tschüß zuordnen müssen. Damit wiederum hätte man einen Präzedenzfall geschaffen, den es zu vermeiden galt, denn meines Wissens gibt es kein einziges Wort, das durch die Reform zu einem ß gelangt wäre. So riskierte man denn einen Blick in die eigene Sprachkartei, und siehe da: die Schreibung tschüß war vor der Reform durchaus üblich, und zwar vermutlich vor allem bei jenen Schreibern, die das Wort mit kurzem Vokal sprachen. Da stellte sich die Lösung tschüs (lang) – tschüss (kurz) den Beteiligten wohl als das kleinere Übel dar. Immerhin kann man kritische Nachfragen mit dem tendenziell sympathiesteigernden Bekenntnis parieren, man habe die Variante tschüß früher schlicht verschlafen und die Reform nun dazu genutzt, diesen Fehler wiedergutzumachen.
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Kai Lindner
Delmenhorst

Dieser Beitrag wurde am 29.10.2006 um 17.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1033


Interessant finde ich eben, daß jetzt laut Duden *nur* noch ein tschüss! mit kurzem ü "erlaubt" ist... (die "Ehrensenf-Variante").
Der neue Wahrig läßt zumindest das alte tschüs! noch zu. Gemäß der absonderlichen neuschrieblichen s/ss/ß-Konvention bedeutet das dann aber wohl, daß man dieses tschüs! mit summendem s sprechen soll?!

Also... das spiegelt keinesfalls die norddeutsche Sprachwirklichkeit mit langem ü und scharfem s wieder!

Da das tschüs! geändert wurde, obwohl es nicht der ss/ß-Konvention unterlag, stellt sich für mich die Frage nach dem Warum?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 28.10.2006 um 15.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1031


Stimmt, das ist kurios. Vermutlich sind nicht wenige Leute durch diese Speziallautschrift in ihrem Glauben bestärkt worden, daß man laut Duden auch tschüß schreiben könne.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 28.10.2006 um 14.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1030


Die Angabe „auch tschüß“ in eckigen Klammern ist als Hinweis auf eine Aussprachevariante zu verstehen. Orthographische Varianten wurden im Duden nicht durch Kursivschrift gekennzeichnet. Das ß ist nur das phonetische Zeichen für das stimmlose s. Das Stichwort ist durch den Strich unter dem ü als die Variante mit langem Vokal gekennzeichnet, die Angabe in Klammern verweist durch den Punkt auf die Möglichkeit, den Vokal kurz zu sprechen. Mit der weitgehenden Aufgabe der Dudenschen Speziallautschrift in der 20. Auflage entfiel auch diese sehr verwirrende Darstellung.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 28.10.2006 um 14.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1029


Im Mannheimer Duden von 1973 steht tschüß drin, wenn auch nur als nachrangige Variante. Wann ist die Schreibung gestrichen worden?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 28.10.2006 um 13.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1028


Meiner Erinnerung nach war tschüß vor der Reform mindestens so verbreitet wie tschüs, doch der alte Duden – aber nicht nur der – hat die Schreibung mit ß stets ignoriert. Im Rechtschreibduden taucht das Wort zum ersten Mal in der 16. Auflage von 1967 auf. Einen Zusammenhang zwischen Schreibung und Aussprache kannten die früheren Wörterbücher nicht, wie die Aussprachehinweise (mal kurz, mal lang, mal beides) zu der immer gleichen Schreibweise tschüs belegen. Die Reform hat eine solche Differenzierung nun eingeführt: Die Variante mit langem Vokal soll tschüs, die mit kurzem tschüss geschrieben werden. Das erinnert stark an das Muster Mus – muss und damit ausgerechnet an eines jener Beispiele, die zeigen, daß die neuen Regeln zur s-Schreibung eben nicht so schlüssig sind, wie ihre Urheber behaupten (vgl. etwa Fuß – Fluss). Vielleicht sollte man dem Rechtschreibrat vorschlagen, für die mit langem Vokal gesprochene Variante die Schreibung tschüß einzuführen. tschüß (lang), tschüss (kurz) – damit kämen die Kleinen bestimmt noch „problemloser“ zurecht.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 28.10.2006 um 12.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1027


Ja, und deshalb sollen Sie auch weiterhin tschüs schreiben dürfen. Oder eben tschüss, aber auf keinen Fall tschüß. Ist doch gar nicht so schwer.
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Kai Lindner
Delmenhorst

Dieser Beitrag wurde am 28.10.2006 um 10.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1026


In meinem Einheitsduden steht jedenfalls "tschüs!" als Eintrag – inklusive Ausrufungszeichen.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 26.10.2006 um 11.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1023


tschüß stand so schon im alten Duden. Daher tschüss.
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Kai Lindner
Delmenhorst

Dieser Beitrag wurde am 25.10.2006 um 18.28 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1022


Was mir gerade auffiel...

Vor der neuen Rechtschreibung hieß es "tschüs"... mit NRS soll es "tschüss" heißen. Wobei man bei uns im Norden gerne auch mal "tschü-üß" sagt – mit deutlich übertriebenem Doppel-Ü und scharfem S.

Merkwürdig finde ich, daß es eine Änderung von S zu SS gab – gab es das bei anderen Wörtern auch?

Ärgerlich finde ich, daß man (mal wieder) einen Vokal kurz sprechen soll, dessen eigentliche Aussprache wohl eher regional abhängig zu sein scheint (so wie bei: Mass Bier – Maß Bier).
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 25.09.2006 um 15.47 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#964


Das der deformierten Orthographie folgende Springerorgan "Die Welt" trainiert die Groß- und Zusammenschreibung in ihrem Bericht über den Rückzug der (US-)Amerikaner aus dem (Zitat:) "Amerika Haus". Ein Kommentar erübrigt sich.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 24.09.2006 um 15.01 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#962


Zu effizienter Ausdrucksweise (Schauf, #961):
Naja, ich mache meinen (amerikanischen) Studenten auch klar, daß einige Adjektive keine Steigerung tolerieren, und zu denen gehört auch "complete". Hier haben wir Fernsehsender, die ihren Beschauern "the most complete news-coverage" versprechen; und wenn ich die Studenten auf die hinweise, habe ich die Lacher auf meiner Seite, weil sie Gott sei Dank etwas verstanden haben. Aber dann haben wir hier halt auch diesen Text: "We the People of the United States, in Order to form a more perfect Union, establish Justice, insure domestic Tranquility, provide for the common defence, promote the general Welfare, and secure the Blessings of Liberty to ourselves and our Posterity, do ordain and establish this Constitution for the United States of America." Und auf diesen Drang zu einer "more perfect Union" sind die meisten US-Bürger eingeboren und die naturalisierten US-Bürger eingeschworen, — und darauf lassen wir keine grammatischen Einwände kommen.
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Malcolm Schauf
Bielefeld

Dieser Beitrag wurde am 24.09.2006 um 11.36 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#961


Zu Materialschürfer:

Richtig, Effiktivität und Effizienz werden sehr häufig verwechselt. Durch die Steigerung von effizient machen Sie jedoch den gleichen Fehler. Zu dem Positiv ,,effizient" kann es keinen Komparativ geben. Effektiv ist etwas, wenn es geeignet ist, ein Ziel zu erreichen. Wenn ich eine Alternative finde, die mir hilft, das Ziel besser zu erreichen, dann ist dieselbe effektiver. Effizient ist etwas dann, wenn es das Ziel mit minimalem Aufwand erreicht. Es handelt sich also um eine optimale Lösung. Es kann also nur effizient und ineffizient geben. Vgl. etwa auch die falschen Steigerungen optimaler, falscher, voller etc.
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Christoph Schatte
Poznan

Dieser Beitrag wurde am 22.09.2006 um 19.19 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#958


deren - derer

Wie viele Absolventen der Studienrichtung "Deutsch" (Lehramt), abgesehen von einstelligen Prozenten der nicht literarisch Erleuchteten, können diese recht einfache Regel ihren Schülern in wenigen Worten zu Verständnis bringen? Ein Quiz unter Deutschlehrern würde uns schnell belehren.
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Dieser Beitrag wurde am 07.09.2006 um 16.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#921


Beitrag verfaßt von Materialschürfer am 07.09.2006 um 15:33 Uhr

Wortgebrauch und Verwechslungen
Wörter bedeuten spätestens dann das gleiche (oder dasselbe?), wenn der Unterschied nur noch Korinthenkackern bekannt ist, die scheinbar (oder anscheinend?) die einzigen sind, die ihn in wenigen Worten (oder Wörtern?) erklären können. Die weisen dann andere grundsätzlich (oder ausnahmslos?) auf solche Fehler hin. Aber den meisten ist das zu schwer (oder schwierig?), so dass die Mühe umsonst (oder vergeblich?) aufgewandt ist.

(Helmut Richter, de.etc.sprache.deutsch, 2004-06-05)


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dediziert oder dezidiert?
dedizieren heißt jemandem widmen (vgl. engl. dedicate) und ist vom lateinischen dedicare abgeleitet (de+dicare, jemandem etwas zu-sprechen, weihen, widmen; dicare als Intensivierung von dicere, sprechen). Es wird speziell im EDV-Bereich in der Bedeutung ausschließlich für eine bestimmte Aufgabe bestimmen gebraucht: ein dedizierter Datenbank-Server.

dezidiert hingegen heißt entschieden, bestimmt, energisch (vgl. engl. decided): einen Standpunkt dezidiert vertreten. Die ursprüngliche Bedeutung des lateinischen decidere ist abschneiden, was in der Bedeutung eines Einschnitts oder dem Ziehen einer Trennlinie dann den heutigen Sinn erhielt.


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deren oder derer?
deren und derer sind beides Pronomina im Genitiv Singular Femininum und im Genitiv Plural aller Genera.

deren ist zum einen Relativpronomen. Es kann alleinstehend (1) und attributiv (2) gebraucht werden:

(1) Sie besprachen die Kriterien, aufgrund deren eine Entscheidung getroffen werden sollte.
(2) Dies ist eine Newsgroup, deren Teilnehmer größtenteils lesen und schreiben können.
Im Fall (1) kann deren durch welcher ersetzt werden.

deren ist zum anderen aber auch rückweisendes Demonstrativpronomen:

(3) Der Artikel handelt von der Reform und deren Demontage.
(3) Die Entscheidungen und deren Grundlagen waren umstritten.
Selten kommt dieses rückweisende Demonstrativpronomen auch alleinstehend vor:

(4) Er hatte eine Nachricht geschrieben, aber er erinnerte sich deren nicht mehr.
In (3) und (4) kann deren durch ihr/ihre/ihren/ihrem/ihrer/ihres ersetzt werden, was einen Satz aber mehrdeutig machen kann:

Sie lachte über ihre Schwester und deren Mann.
Sie lachte über ihre Schwester und ihren Mann.
Nur im ersten Beispielsatz bezieht sich Mann eindeutig auf die direkt voranstehende Schwester.

derer hingegen ist ausschließlich vorausweisendes Demonstrativpronomen:

(5) Die Reaktionen derer, die teilnahmen, unterschieden sich.
Es kann durch derjenigen ersetzt werden. derer im Genitiv Singular Femininum wird heute selten verwendet.

Als Demonstrativpronomen ist derer somit vorausweisend und deren rückweisend. Als Relativpronomen, das ja aus dem rückweisenden Demonstrativpronomen entstanden ist, gibt es nur deren.

Soweit die präskriptive Seite. Während die Fälle (2) bis (5) im allgemeinen keine Schwierigkeiten bereiten, wird im Fall (1), dem alleinstehenden Relativpronomen, jedoch oft auch derer verwendet.


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derselbe oder der gleiche?
Im allgemeinen ergibt sich aus dem Zusammenhang, welche Identität gemeint ist, so daß eine strenge Unterscheidung zwischen derselbe und der gleiche unnötig ist. Sobald aber Mißverständnisse möglich sind, ist es besser, für die Identität der Gattung der gleiche, für die Identität der Einzelperson und des Einzelgegenstands derselbe zu sagen: Unsere beiden Monteure fahren denselben Wagen (= den einen Firmenwagen). Aber: Unsere beiden Monteure fahren den gleichen Wagen (= Wagen desselben Fabrikats).

(Duden, Band 9)

die gleiche setzt also nur voraus, daß etwas einer anderen Sache gleicht, während dieselbe die Sache selbst bezeichnet, also von Identität ausgeht. Siehe hierzu auch die Bedeutung von selb weiter unten im Abschnitt über selbständig.


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Ende diesen Jahres?
Das Demonstrativpronomen dieses wird — genau wie jenes und der Artikel das — immer stark dekliniert; die Endung im Genitiv Singular ist somit -es, und das Beispiel muß korrekt Ende dieses Jahres (wie des Jahres) lauten.

Die schwache Form mit der Endung -en im Genitiv Singular wird bei Adjektiven vor männlichen und sächlichen Substantiven (Anfang nächsten Monats, Ende letzten/vorigen Jahres) gebraucht. Die früher übliche Deklination mit -es findet sich hier nur noch selten (reines Herzens neben reinen Herzens), weil sich das Sprachgefühl am doppelten S-Laut stört.


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durchgeschleift oder durchgeschliffen?
Werden elektrische Signale, etwa einer Schnittstelle, durch eine Erweiterung hindurchgeführt, um den Anschluß zusätzlicher Erweiterungen zu ermöglichen, so spricht man auch vom Durchschleifen eines Busses, was wahrscheinlich von der Strom-/Leiterschleife current/wire loop abgeleitet ist und somit etymologisch weder mit schleifen, schliff, geschliffen (etwas durch Reibung schärfen/formen; jemanden drillen) noch mit schleifen, schleifte, geschleift (etwas schleppend nachziehen; ein Bauwerk abtragen/niederreißen) verwandt wäre.

Da einfache Verbableitungen mit Suffix schwach konjugiert werden (Ausnahme: preisen), lauteten die Partizipformen eines solchen von Schleife (im obigen Sinne) abgeleiteten neuen Verbs durchschleifen folglich schleifte durch und durchgeschleift.

(Der Disput um die »korrekte« Form kann durch die Verwendung von durchführen anstelle von durchschleifen übrigens leicht vermieden werden.)


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effektiv oder effizient?
Etwas ist effektiv (wirksam), wenn es einen Effekt erzielt, also etwas bewirkt. Je geringer der Aufwand ist, um diese Wirkung zu erreichen, desto effizienter (wirtschaftlicher) ist das angewandte Verfahren.


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emulieren oder simulieren?
Ein Emulator (emulieren über das englische emulate von lat. aemulari wetteifern) bildet einen Vorgang nach außen funktionsgleich nach, oft mit anderen Mitteln als das Vorbild. Beispiele hierfür sind Prozessor- und Betriebssystememulatoren, durch die Programme auf Plattformen ausgeführt werden können, für die sie ursprünglich nicht gedacht waren; der Rechner gibt also vor, ein anderer zu sein.

In einer Simulation (simulieren von lat. simulare nachahmen) wird nur so getan, als ob, etwa im Falle eines Flugsimulators zur Pilotenausbildung. Die Folgen sind also nicht wirklich, und der Simulator ist nicht geeignet, das nachgeahmte Original in mehr als nur Teilaspekten zu ersetzen.

Emulation fand 1986 Eingang in die 19. Auflage des Dudens. In älteren Wörterbüchern findet man auch noch Ämulation und ämulieren.


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Was heißt enteisent?
enteisent, ein Hinweis auf dem Etikett mancher Mineralwässer, ist das Partizip Perfekt zu enteisenen, was einer Sache das Eisen entziehen bedeutet. Warum das Verb nicht enteisen lautet? Ein solches gibt es auch; es bedeutet aber das Eis von etwas entfernen. Die Eigenschaft, Eisen zu entziehen, bezeichnet man wiederum als enteisenend. (Enteist! und Enteisent! sind übrigens auch die Formen des Imperativs Plural von enteisen und enteisenen.) Zu diesen Formen ein paar Beispiele:

Infinitive und Partizipien Infinitiv Perfektpartizip Präsenspartizip
ver- gold- en ver- gold- et ver- gold- end
ver- silber- n ver- silber- t ver- silber- nd
ab- kupfer- n abge- kupfer- t ab- kupfer- nd
ent- kalk- en ent- kalk- t ent- kalk- end
ent- eis- en ent- eis- t ent- eis- end
ent- eisen- en ent- eisen- t ent- eisen- end

Die Verwirrung ist wohl auf die Lautgleichheit des Präsenspartizips ent-eis-end und des Perfektpartizips ent-eisen-t zurückzuführen.

Doch nicht einmal Fachleute sind gegen Verwechslungen gefeit. So findet sich folgender Absatz auf einer Web-Seite eines deutschen Mineralwasserbrunnens:

Das Verfahren wird auf den Etiketten mit dem Zusatz enteisent erläutert und deklariert. Es bedeutet, dass dem Mineralwasser Eisen entzogen wurde. Falsch ist die Annahme, wie viele Verbraucher jedoch vermuten, dass es dem Körper Eisen entzieht. In diesem Fall müsste es sprachlich richtig enteisend heißen.

Im letzten Satz müßte es statt enteisend jedoch vielmehr enteisenend heißen. Hierzu noch einige Beispielsätze, mit Dank an Heinz Lohmann:

Ich enteise die Windschutzscheibe.
Der Autofahrer hat die Windschutzscheibe enteist.
Alkoholmischungen und Salz wirken enteisend.
Ich enteisene das Mineralwasser.
Der Ingenieur hat das Mineralwasser enteisent.
Enteisentes Mineralwasser wirkt nicht enteisenend.
Jetzt ist die Scheibe enteist und das Mineralwasser enteisent.
Kommentar von Malte Borcherding:

Bei uns auf dem Baggersee sind ein paar Enten, die durch Umherschwimmen das Wasser vom Vereisen abhalten. Enteisenten eben (nicht zu verwechseln mit enteisenenden Enteisenenten).


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Menschen evakuieren?
evakuieren heißt leeren, räumen. So kann man einen Behälter evakuieren (luftleer machen) oder ein Gebäude. Puristen lehnen es jedoch ab, evakuieren auch auf das anzuwenden, wovon ein Raum geleert wird, wenngleich Wörterbücher für evakuieren auch die Bedeutung [Bewohner] aus einem Gebiet aussiedeln verzeichnen.

Kommentar von Malte Borcherding:

Auf der Mir wird schon überlegt, die Besatzung zu evakuieren. Geht im All auch ziemlich einfach.


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die ganzen Leute?
Ach, nicht die halben? (Es heißt »all die Leute«.)


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Gelatine oder Galantine?
Vorab: Gelantine ist mir in keinem modernen Wörterbuch begegnet. Unter Gallerte wird im Grimm in Spalte 1193 lediglich die Variante gelantina erwähnt.

Beide Wörter gehen auf it./lat. gelare gefrieren, gerinnen (siehe auch it. gelato Eis[krem]) zurück. Verwandt: Gallert[e], Gel, Gelee.

Gelatine, im 19. Jahrhundert über das französische gélatine aus dem italienischen bzw. lateinischen gelatina ins Deutsche gelangt, bezeichnet eine aus tierischen Substanzen (primär Knochen und Knorpel) gewonnene Substanz, die zum Eindicken von Säften verwendet und auch Knochenleim genannt wird.

Galantine, von frz. galantine, bezeichnet eine kalte Pastete in Sülze. Das n soll durch volksetymologische Vermischung mit galant im Sinne von gefällig hinzugekommen sein. Im Englischen ist auch galatine, ohne dieses n, gebräuchlich.


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Glühbirne oder Glühlampe?
In der Gemeinsprache wird weitgehend Glühbirne gesagt. In der Fachsprache gilt nur Glühlampe.

(Duden, Band 9)

Auch Leuchtmittel ist fachsprachlich gängig. Das Gerät, in das die (umgangssprachlich nach ihrer klassischen Birnenform) Glühbirne (also fachsprachlich die Lampe) hineingeschraubt wird, nennt man übrigens (fachsprachlich) Leuchte — wofür umgangssprachlich wiederum Lampe gebräuchlich ist.


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grammatisch oder grammatikalisch?
Herkunft
Das althochdeutsche Substantiv grammatih wurde im 11. Jahrhundert aus dem lateinischen (ars) grammatica und dem griechischen grammatike (techne) (beides Sprachlehre, Sprachkunst) entlehnt; die heute gängige Form Grammatik ist erstmals im 16. Jahrhundert belegt. Hierzu wurde — ebenfalls im 16. Jahrhundert — das Adjektiv grammatisch gebildet und im 17. Jahrhundert grammatikalisch, letzteres in Anlehnung an das spätlateinische grammaticalis, möglicherweise mit Umweg über das französische grammatical.

Häufigkeit
War laut Grimm grammatikalisch bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts gängiger als das ältere grammatisch, so soll dessen Gebrauch im 19. Jahrhundert stark rückläufig gewesen sein.

Bisweilen erklärten Lexikographen, etwa Adelung, die längere Form gar für veraltet, doch Totgesagte leben — wie dieser Statistik zu entnehmen — bisweilen länger: Hat im Web grammatisch die Oberhand, so ist es in den News genau umgekehrt. Veraltet ist grammatikalisch also mitnichten; vielmehr erfreuen sich beide Formen offenbar bester Gesundheit.

Bedeutung und Differenzierung
Beliebig austauschbar sind grammatisch und grammatikalisch jedoch nicht; vielmehr hat sich seit ihrer Bildung eine feine Differenzierung herausgebildet.

So verzeichnen der sechsbändige Wahrig, der zehnbändige Duden und der Fremdwörterduden für grammatikalisch ausschließlich die Bedeutung die Grammatik betreffend, zu ihr gehörend, auf ihr beruhend, für grammatisch zusätzlich die Bedeutung der Grammatik gemäß, ihren Regeln entsprechend. Konsequenterweise ist in den ersten beiden Werken auch nur ungrammatisch (in der Bedeutung nicht der Sprachlehre gemäß) verzeichnet, nicht jedoch ungrammatikalisch.

Diese Nuancierung läßt sich auch der bereits genannten Suchmaschinenstatistik entnehmen, entspricht das Häufigkeitsverhältnis zwischen ungrammatisch und ungrammatikalisch und ihren jeweiligen flektierten Formen in keiner Weise dem der nichtnegierten Formen zueinander. Der rare Gebrauch von ungrammatikalisch legt nahe, daß auch grammatikalisch in der Bedeutung sprachrichtig nicht gebräuchlich ist.

Grimm
Für die Bedeutung die Grammatik betreffend nennt Grimm für beide Wörter Belege: grammatische und grammatikalische Formen, grammatisches Geschlecht und grammatikalische Fehler. Weitere dort belegte Bedeutungen, etwa buchstabenmäßig, schriftartig, zeichenhaft, wörtlich, buchstäblich (zu grch. gramma Buchstabe, Schrift) sind in keinem modernen Wörterbuch mehr anzutreffen und können wohl als veraltet betrachtet werden.

Die Bedeutung der Sprachlehre gemäß ist im Grimm gar nicht zu finden. Das ist insofern bemerkenswert, als diese Einträge immerhin erst 1957 erschienen — zu einer Zeit also, da andere Wörterbücher diese Bedeutung schon lange verzeichneten.

Deskriptivisten und Präskriptivisten
So findet sich bereits in der 8. Auflage des Dudens (1905) für grammatisch die Bedeutung der Sprachlehre gemäß — und sogar nur diese! grammatikalisch ist dort in der bereits genannten anderen Bedeutung verzeichnet. Auch Daniel Sanders trennt in seinem Wörterbuch der deutschen Sprache (1860) diese beiden Wörter und Bedeutungen streng auf diese Weise.

Viele Diskussionen in de.etc.sprache.deutsch haben gezeigt, daß sich auch heute noch viele aufmerksame Schreiber um diesen differenzierten Sprachgebrauch bemühen, um dem Leser durch möglichst eineindeutige Bezeichnungen das Erfassen eines Textes so leicht wie möglich zu machen — auch wenn diese Trennung natürlich nicht zwingend erforderlich sein mag.

Für diese Schreiber ist ein Ausdruck (ein Satz, eine Wendung) grammatisch (= der Sprachlehre gemäß), wenn er der Grammatik entspricht, er also keinen grammatikalischen (= die Sprachlehre betreffenden) Fehler enthält. Entsprechend ist ein ungrammatischer Satz grammatikalisch falsch. Ein grammatischer Fehler wäre also ein entsprechend der Grammatik geformter Fehler, was immer das sein mag.

Es besteht eine Parallelität zu den Pluralen von Wort: Während Wörter in nur einer Bedeutung üblich ist, wird Worte durchaus in beiden Bedeutungen gebraucht. (Details im Abschnitt über den Plural von Wort.) Doch auch hier gehen manche Sprachnutzer in ihrer Differenzierung über das gängige Maß hinaus, indem sie die Bedeutung von Wörter aus der von Worte ausgliedern. Gleichermaßen begann die Trennung zwischen anscheinend und scheinbar erst im 18. Jahrhundert; komplett vollzogen ist auch sie aber bisher nicht.

Im Englischen existiert mit that und which in Relativsätzen ein ähnliches Paar: Während that unstrittig nur in restrictive relative clauses (ohne Komma) verwendet werden kann, wird die Beschränkung von which auf nonrestrictive relative clauses (mit Komma) zwar von Stilkundlern im Interesse des besseren Verständnisses gefordert, im allgemeinen Sprachgebrauch aber nicht immer beherzigt.

Im Englischen
Für das Englische kehrt sich das Verhältnis zwischen den Adjektiven zu grammar um: So schreibt das OED dem gängigen grammatical beide Bedeutungen zu, dem weitaus seltener gebrauchten grammatic aber nur die Sprachlehre betreffend. Andere zeitgenössische Wörterbücher — so sie grammatic überhaupt noch führen — unterscheiden die beiden Wörter nicht. Dennoch sind auch dem Englischen Diskussionen um »grammatische Fehler« nicht fremd:

It must have been a humorist who in the 19th century attacked the phrase grammatical error in exactly the same way the guardians of the language had attacked many an idiom: »How can an error be grammatical?«

(Merriam-Webster's Dictionary of English Usage)

Eine Erstarkung von grammatikalisch als Anglizismus ist zwar denkbar, doch scheint es noch immer gängige Praxis, grammatical undifferenziert durch grammatisch zu übersetzen, was aber immerhin dazu beigetragen haben mag, die beiden Bedeutungen auch im Deutschen weniger streng zu unterscheiden — ähnlich der durch das englische physical immer stärker verwischten Grenze zwischen physisch und physikalisch.

Fachsprache und andere Mindermeinungen
In der deutschsprachigen linguistischen Literatur hat sich in beiden Bedeutungen grammatisch durchgesetzt — was nicht zuletzt die Arbeit von Übersetzern englischer Fachliteratur vereinfacht. Die längere Form ist dort aber mitnichten untergegangen: So wird grammaticality (grammatikalische Korrektheit; für die Linguisten: grammatische Korrektheit) meist mit Grammatikalität übersetzt und nur selten mit Grammatizität — was zusätzlich im Sinne von grammatikalische Beschaffenheit (für die Linguisten: grammatische Beschaffenheit) gebraucht wird.

Viele allgemeinsprachliche Wörterbücher — so sie überhaupt Bedeutungen angeben — setzen grammatisch und grammatikalisch inhaltlich gleich, was klar dem tatsächlichen Sprachgebrauch zuwiderläuft. Auch im Zweifelsfallduden wird — im Widerspruch zu den beiden anderen genannten Duden-Werken — behauptet, daß beide Wörter »heute« synonym gebraucht werden.

Einige wenige Wörterbücher, etwa das Heyne-Wörterbuch von 1996, vertreten sogar einen zu Duden und Wahrig diametralen Standpunkt: grammatisch bedeute zur Sprachlehre gehörig und grammatikalisch außerdem sprachlich richtig. Auch dies scheint angesichts der vorliegenden Belege wohl eher ein redaktionelles Versehen.

Zusammenfassung
grammatisch in all seinen Bedeutungen bietet sich für den an, der nicht trennen mag oder der den Bannstrahl deutscher Linguisten fürchtet. Wer nicht alle sprachlichen Feinheiten einebnen möchte und es gerne etwas nuancierter hätte, dem sei für die Bedeutung die Grammatik betreffend das Wort grammatikalisch nahegelegt.


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Was bedeutet Platzangst?
Man bezeichnet die Furcht vor engen, geschlossenen oder überfüllten Räumen (z. B. Fahrstühlen) als Klaustrophobie (lat. claudere schließen, grch. phobos Furcht), die vor weiten, offenen Plätzen als Agoraphobie (grch. agora Marktplatz).

Fachsprachlich entspricht die Klaustrophobie der Raumangst, die Agoraphobie der Platzangst. Im Alltag ist Raumangst jedoch wenig gebräuchlich, und Platzangst wird primär in der Bedeutung Klaustrophobie verwendet.

Wörterbücher führen für Platzangst beide Bedeutungen auf, mit der genannten Unterscheidung zwischen Fach- und Umgangssprache. Bei Verwechslungsgefahr empfehlen sich die Fremdwörter.

Scherzhaft wird Platzangst auch gebraucht als Furcht vor den Folgen der Völlerei.


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Warum selbständig und nicht selbstständig?
»Weil selbstständig nicht im Duden steht!«
Im Duden steht vieles nicht — kann ja auch gar nicht, denn die deutsche Sprache ist bekanntlich ein offenes System, das beliebig viele Neubildungen zuläßt. Die Aufnahme eines Worts in eines der gängigen Wörterbücher mag ein hinreichendes Kriterium für dessen »Existenz« — oder eher ein Hinweis auf dessen Gebräuchlichkeit — sein, ist aber mitnichten notwendig.

»Weil im Duden selbständig steht!«
Die Existenz eines bedeutungsgleichen Worts war noch nie ein zwingendes Argument gegen eine Neuschöpfung. Der Umfang vieler Synonymwörterbücher sollte Beweis genug hierfür sein.

»Wegen des doppelten st!«
Das scheint bei Selbststudium — seit geraumer Zeit im Duden verzeichnet — noch keinen gestört zu haben.

»selbständig ist von selber abgeleitet!«
Möglich. Und selbstständig eben von selbst.

So flapsig, wie die letzte Antwort erscheinen mag, ist sie gar nicht — wenngleich selbständig wohl eher von selb (siehe unten) denn von selber abgeleitet wurde. Die Frage müßte eher lauten, warum man das erstmals im 15. Jahrhundert belegte Wort mit der Bedeutung für sich bestehend nicht von selbst abgeleitet hat bzw. warum die von selbst abgeleitete Form heute weniger gängig ist, denn wollte man heutzutage ad hoc ein Wort beispielsweise für ohne fremde Hilfe stehend bilden, so nähme man wahrscheinlich eher selbststehend denn selbstehend.

selbst, von mhd. selb(e)s mit unorganischem t, ist ein erstarrter Genitiv Singular, selber ein erstarrter starker Nominativ Singular Maskulinum zu selb. selb, verwandt mit engl. self, kommt heute fast nur noch vor in selbig, der-/die-/dasselbe sowie getrennt bei vorangehender Präposition, die mit einem Artikel verschmolzen ist (zur selben Zeit aus zu derselben Zeit), oder mit Demonstrativpronomen. Formen wie selbander (zu zweit) und selbdritt (er kam selbdritt = selbst als Dritter = mit zwei anderen = sie kamen zu dritt) usw. sind veraltet.

Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht ungewöhnlich, daß man sich in älterer Sprache für Zusammensetzungen zunächst der Stammform selb bediente; laut Grimm überwog selbständig zunächst deutlich. Erst später, nachdem selbst über seine ursprünglichen grammatikalischen Grenzen hinaus zur Normalform geworden war, begann man, davon abzuweichen. Heute ist einzig selbst noch produktiv und selbständig das einzige noch gebräuchliche »selb-«-Kompositum. Im Grimm selbst wurde noch 1900 selbstständig verteidigt.

Mit den neuesten Ausgaben ihrer Wörterbücher haben indessen viele Redaktionen auch dem Wort selbstständig ihren Segen gegeben — was nicht heißen muß, daß es künftig weniger verpönt sein wird als bisher. Hat uns die angebliche Rechtschreibreform also ein neues Wort beschert? — Das ginge doch wohl weit über das Mandat der Reformer hinaus. Die Reform ändert nichts an der Schreibweise dieser beiden Wörter: Man schreibt selbständig also auch weiterhin selbständig und selbstständig wie bisher selbstständig, so wie man — mit oder ohne Reform — selber selber und selbst selbst schreibt. Wortwahl und Stil sind keine Angelegenheit der Rechtschreibung, und schon vor der Reform war es legitim, selbst und ständig zu einem Wort zusammenzufügen, das rein zufällig mit dem gebräuchlicheren Wort selbständig bedeutungsgleich war und bei undeutlicher Aussprache mit diesem verwechselt werden konnte. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich um zwei verschiedene Wörter mit ihrer jeweils eigenen Schreibweise handelt. Sogar im Ickler — alles andere als ein Reformwörterbuch — sind beide Wörter aufgeführt.

Die pragmatische Antwort auf die eingangs gestellte Frage muß also lauten: »Weil man üblicherweise nicht den Eindruck erwecken will, des allgemein akzeptierten Schrifthochdeutschen unkundig zu sein.« Zugegeben, das hat etwas Lemminghaftes.


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14tägig oder 14täglich?
14tägig heißt eine Zeitspanne von 14 Tagen dauernd (z. B. ein 14tägiges Seminar). Ein Ereignis findet hingegen 14täglich statt, wenn es sich alle 14 Tage wiederholt (z. B. eine 14täglich erscheinende Zeitschrift). Vergleiche wöchentlich, monatlich, jährlich.


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umgebrochen oder umbrochen?
Anders als in der Alltagssprache wird umbrechen im Schriftsetzerjargon als untrennbares Verb gebraucht. Man sagt dort also: Der Text wurde umbrochen, nicht umgebrochen. Außerdem wird dort umbrechen auf der zweiten Silbe betont, nicht auf der ersten.

In der 9. Auflage des Dudens (1915) — pikanterweise die, die den Buchdruckerduden integrierte — findet sich hierzu folgende Fußnote:

Es wäre zu wünschen, daß sich die Buchdrucker in diesem und in vielen ähnlichen Ausdrücken (z. B. umstellen) dem allgemeinen Gebrauche fügten. Dieser verlangt: er bricht, stellt den Satz um; der Satz wird umgebrochen, umgestellt; der Satz ist umzubrechen, umzustellen usw.

Kommentar von Wolf Busch: »Das war ein frommer Wunsch.« Die Fußnote entfällt bereits mit der 10. Auflage von 1929.


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Was sind Unkosten?
Un- ist eine Verneinungsvorsilbe; somit sind Unkosten das Gegenteil von Kosten, also eine Art Ertrag oder Gewinn. Richtig?

Nein, das wäre zu kurz gegriffen. Wie man dem Abschnitt über die Untiefe entnehmen kann, erfüllt die Vorsilbe un- mehr als nur diese ursprüngliche Funktion der Verneinung. Das Grimmsche Wörterbuch nennt drei weitere:

mißbilligend: Unart, Unfall, Unkraut, Unmensch, Unsitte. Die Vorsilbe wird verwendet, um jemanden oder etwas abzuwerten oder die Entartung auszudrücken.

als Füllsel; un- oder nicht macht keinen Unterschied, speziell bei doppelter Verneinung: nicht unübel (= nicht übel), unzweifellos (= zweifellos).

verstärkend: Unmasse, Unmenge, Unzahl.

Für Unkosten ist der Gebrauch bis in die Gegenwart nur in ebendiesen drei Bedeutungen belegt:

schlimme, unangenehme, unvorhergesehene oder vermeidbare Kosten; auch: was zu den Aufwendungen im engeren Sinne noch hinzukommt, Spesen.

identisch zu Kosten.

große Kosten; siehe die Wendung sich in Unkosten stürzen.

Unkosten als Nicht-Kosten war und ist nicht gängig.

Unkosten wird seit dem 14. Jahrhundert gebraucht, zunächst primär in Singularformen wie Unkost, seit dem 18. Jahrhundert dann verstärkt im heute gängigen Plural. Entsprechend finden sich die Unkosten in den genannten Bedeutungen in allen gängigen Wörterbüchern, einschließlich Duden (Ost wie West; seit der ersten Auflage), Wahrig und ÖWB.

Betriebswirtschaftler erkennt man oft daran, daß sie — der drei weiteren Bedeutungen der Vorsilbe un- offenbar nicht gewahr — auf das angebliche Unwort Unkosten auch außerhalb ihrer Fachsprache unangemessen unwirsch reagieren — wie Schriftsetzer auf umgebrochen, Ballonfahrer auf fliegen, Zeitschriftenredakteure auf letzt im Sinne von vorig, Usenet-Sheriffs auf den Oberbegriff Forum für Newsgroups und ein gewisser de.etc.sprache.deutsch-Linguist auf grammatikalisch.


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Was ist eine Untiefe?
Untiefe kann sowohl eine große Tiefe als auch eine seichte (flache) Stelle (speziell in einem Gewässer) bezeichnen. Wahrscheinlich hing die Verwendung ursprünglich vom Umfeld ab: Für einen Seefahrer gibt es wenig Grund, außergewöhnlich tiefe Stellen eigens auszuzeichnen, da diese keinen Einfluß auf das Funktionieren des Schiffs haben; seichte Stellen hingegen bergen die Gefahr des Auflaufens. Die Vorsilbe Un- fungiert hier also als Verneinungsvorsilbe, ihre ältere Bedeutung. Für den Landbewohner hingegen dient das Un- in Untiefe der Verstärkung (wie beispielsweise auch in Unmenge), da für ihn von besonders großer Tiefe eine besonders große Gefahr ausgeht; seichte Stellen an Land finden meist weniger Beachtung.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 26.08.2006 um 15.24 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#892


Zu "wohlüberlegt" und "wohl überlegt" (verwirrend in http://www.welt.de/data/2006/08/25/1010603.html?s=2 [Artikel erschienen am Fr., 25. August 2006]):
Da liegt eben ein Hase im Pfeffer. Vorher hatten wir schon ein Sprüchlein, wonach "gar nicht" gar nicht zusammen geschrieben wird. Warum eigentlich nicht? Das Adverb "gar" zu "nicht", so wie's hier gesprochen wird, hat doch keine separate Bedeutung mehr, nicht mal die einer richtigen Verstärkung, — welche bei "sehr" z. B. durchaus sehr gut zur Sprache kommt. Vernünftige orthographische Unterschiede zum Ausdruck von Bedeutungsunterschieden sind dem willkommen, der richtig schreibt, nicht aber so sehr denen, die nur Diktate schreiben und danach zensiert werden. Arme Springer-Journalisten! Aber die Firma kauft ihnen das Korrektor-Programm und entlastet sie wenigstens so.
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Alexander Glück
Hollabrunn

Dieser Beitrag wurde am 02.08.2006 um 09.44 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#825


Falls man künftig nicht mehr "Gotteslohn" schreiben sollte, sondern "Gottes Lohn", dann wüßte ich doch gerne mal, wieviel der liebe Gott eigentlich so verdient und ob er Arbeiter oder Angestellter ist.
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Karsten Bolz
Hofheim

Dieser Beitrag wurde am 28.07.2006 um 16.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#812


Gestern hörte ich mal wieder im DLF, daß ob eines tragischen Zwischenfalls sich jemand geschockt äußerte. Das in meinen Augen angebrachtere Wort schockiert scheint irgendwie aus dem deutschen Sprachwortschatz zu verschwinden.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 18.07.2006 um 19.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#797


Obwohl von den einschlägigen Sprachautoritäten (Duden, B. Sick et al.) abgelehnt, scheint Orangene Revolution gegenüber Orange Revolution klar im Vorteil zu sein. Die Form beigene ist sehr selten, und lilane gilt den meisten wohl immer noch als Kindersprache.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 18.07.2006 um 17.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#796


>>Nach der Orangen Revolution macht sich Ernüchterung in Kiew breit. Der Ex-Boxweltmeister über die Krise in seiner Heimat.
[...] Präsident Viktor Juschtschenko [...] setzt auf eine Einigung zwischen den prowestlichen "orangenen" Kräften und den prorussischen "blauen". Über die Krise in der Ukraine sprach Stefanie Bolzen mit Vitali Klitschko.<< (Die Welt, Di, 18. Juli 2006, http://www.welt.de/data/2006/07/18/962884.html)

Ich begrüße natürlich, daß der Sprachgebrauch "orange" — wie wohl auch "beige" — in die Gruppe der Adjektive aufgenommen hat, die auch attributiv verwendet werden können; aber Unsicherheit dabei ist doch noch bemerkbar: "nach der Orangen Revolution" - "zwischen den [...] 'orangenen' Kräften", später im Artikel "das 'orangene' Lager", "zu einer 'orangenen' Revolution" u. ä. Das alles übrigens bei der Einleitung und den Fragen der *Welt*, nur einmal beim interviewten Ex-Weltmeister Klitschko aus der Ukraine! Alle attributiven Formen allerdings — außer im Untertitel, wo die Endung richtig ist (parallel zu denen bei "weise", "lose") — immer in "Unsicherheitsanführungsstriche" gesetzt.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 08.06.2006 um 19.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#722


Zu: *gefolgt von: (folgen ist nicht transitiv) und dann, und, mit anschließendem, dann folgt, ihm (ihr, dem) folgt.
Trotz aller Lehrversuche mit dem Hinweis, "folgen" sei nun mal eben nicht transitiv, hält sich dieser Ausdruck schon wenigstens seit einem halben Jahrhundert, und das bei Sprechern und Schreibern, die's doch wohl besser wissen müßten. Der hat sich m. E. fest als Ausdruck eingebürgert, und würde er eben nicht im Unterricht bei der Erklärung des Passivs mit dem Hinweis auf transitive Verben jeder Gymnasiastengeneration aufs neue erklärt, fiele sein Gebrauch sicher nicht einmal gewissenhaften Lehrern mehr auf. Ich erkläre mir das so, daß er jetzt einfach als neue Präposition zu verstehen ist (so parallel zu "infolge" in "infolgedessen" und mit der Bedeutung "mit", wobei die Mitkommenden nicht vorneweg oder daneben gehen). Daß das möglich war, zeigt, daß die Kasusform bei Präpositionen eben automatisch mitkommt, während die Kasusformen zur Satzobjektkennzeichnung (und der Kennzeichnung der Art des Lokaladverbs bei Präpositionen mit Dativ und Akkusativ) doch stark Sinnfunktion haben.

Auch bei "*letztere: letzte (das ist schon der Superlativ: vgl. niederländisch laat, laatste)" ist der Sprachgebrauch sehr mächtig; und ein Grund ist, daß der Unterschied zum "allerletzten" (dessen Verstärkung man ja auch "eigentlich" nicht brauchte!) mit einer offenbar abschwächenden Form ausgedrückt wird. Das "letztere" ist seiner Verwendung entsprechend also nie das "hinterletzte"! (Würden Reformbefolger es groß schreiben müssen, wenn dieses "letztere" ohne Substantiv gebraucht ist?)

Bei den Steigerungsformen darf man sich nicht immer allein durch die grammatische Erklärung leiten lassen. Was manchmal "besser" ist, ist eben oft noch lange nicht "gut"! Und die Sprache macht da manchmal eigenartige Sachen: Der engl. Positiv "near" (jetzt mit den Steigerungsformen "nearer", "nearest") ist ja ursprünglich eine Komparativform. Den Positiv dazu haben wir noch in "nigh", und der Superlativ "next" hat eine Bedeutung angenommen, die der von "near" doch etwas sehr verschieden ist. Wie lauten der Positiv und Komparativ zu unserm "Superlativ 'letzt-'"? Nicht im Niederländischen oder Englischen, — im Hochdeutschen? Bei "letztere" steht also gar nicht der "Superlativ" in Frage, sondern ein eigenartiges "er"-Infix! Dürfte ein Sprachwissenschaftler dies nicht als eine "neuere" Form bezeichnen? Bei "neu" stolpern wir doch auch nicht über die Komparativ- und Superlativformen, obwohl die "vom Sinn her" doch eigentlich auch nicht so ganz drin sind.

Eberhard Wegners Liste ist jedoch auf jeden Fall bedenkenswert, und er ist für seine Arbeit bedankenswert! (In seiner Liste steht nichts zu "bedanken" und dessen "falschem" reflexiven Gebrauch, gegen den mein früherer Deutschlehrer schon nicht mehr ankämpfen wollte [obwohl "*sich bedanken" ja eigentlich was bedeutet?], ein Gebrauch, der mich aber, weil ich nun einmal darauf aufmerksam gemacht worden bin, jetzt noch immer innerlich aufregt, wenn er mir in die Quere kommt. Lieber Herr Wegner, bedenken Sie bitte, ob Sie dieses "*sich [bei jemandem] bedanken" nicht doch Ihrer Liste hinzufügen wollen. Ich würde es Ihnen sehr danken — auch weil's kürzer ist —, und das, wo ich doch vorm Gebrauch aller möglichen kleinen Adverbien [im Englischen: "flavoring particles"!] wirklich nicht gerade zurückschrecke! )
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Verschoben
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 08.06.2006 um 12.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#720


Beitrag verfaßt von Klaus Sterz am 08.06.2006 um 07:55 Uhr

Zu Eberhard Wegners Liste: Interessante Sammlung, wohl nicht an einem Tag entstanden. Fein beobachtet! Viele Beispiele, die man aus Presse, Fernsehen und auch Berufsleben kennt und - das muß man sich einmal eingestehen - so auch selbst verwendet. Rückbesinnung tut not!
Nur eine Bemerkung: Die stehenden Ovationen (standing ovations) werden - typische, wörtliche Übersetzung ohne Beachtung des ursprünglichen Sinnes - im Deutschen sehr oft als "Applaus im Stehen" verwendet, bedeutet meines Wissens jedoch im Englischen "lang anhaltender Applaus" (egal, ob man sitzt oder steht). Das heißt, auch auf einem Kongreß von Rollstuhlfahrern kann es für einen Redner stehenden Applaus geben, dürfte jedoch von der Mehrheit der Sprachteilnehmer als bestenfalls lustig-spitzfindig, schlimmstenfalls als pietätlos angesehen werden.
Freundlichst,
K

Beitrag verfaßt von Hermann Schwab am 06.06.2006 um 23:36 Uhr

standardmäßig : regelmäßig (ein altes Wort), normgerecht; unverändert; unverlangt.

Als Dipl.Ing. empfinde ich standardmäßig als saumäßiges Deutsch.
Normgerecht trifft es besser, wenn die Standards um die es geht, technische Normen sind, wie z.B. DIN oder ISO.
Regelmäßig verknüpfe ich mit Gleichmäßigkeit, der Kegelclub trifft sich regelmäßig jeden 2. Dienstag, Klaus trinkt beim Kegeln regelmäßig zu viel, das ist im ersten Fall eine einfache festgelegte Regel, im zweiten eine aus eigener Beobachtung abgeleitete. In den nächsten Wochen werden wir wieder die Streitereien hören können, ob das strittige Tor regelgemäß gewertet wurde, an der Stelle würde regelmäßig doch wohl nur schlecht passen?

Standardmäßig wäre mein erster (schlechter) Einfall, wenn es um die Übersetzung des schönen Wortes 'Default' ginge, das fiel mir vor Jahrzehnten als Markierung an der Heizungseinstellung im Mercedes auf. 'Default' steht für die Grundeinstellung, oder den Standard in Abwesenheit von Sonderwünschen, von daher gesehen wäre Normal-Einstellung, nicht Normeinstellung wohl treffender, weil Grund- für mich irgendwas mit Grundsatz, hoch, hehr und heilig zu tun hat, normal aber das normalste der Welt ist.

Ich habe mich zwar vor 40 Jahren über meinen Deutschlehrer geärgert, aber Herr Ickler hat mich mit der Zunft versöhnt, und ich freue mich nach dem Untergang von Rechtschreibreform.com diese Seite gefunden zu haben. ;-)
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 23.05.2006 um 11.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#685


Über den Dichter Iwan Heilbut schreibt Hans Magnus Enzensberger in der heutigen F.A.Z. – aber mit neuschreiblichen Einsprengseln, die an Angela Merkels Schreibfertigkeiten erinnern. Seltsam …
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 30.04.2006 um 20.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#658


Hm, gerade hab ich hier noch was gelesen (Hervorhebung wieder von mir):

Fußball oder Fussball?
Wahrscheinlich haben Sie sich beim Lesen des Artikels gewundert, dass wir Fußball mal mit "ß" und mal mit "ss" schreiben. Der Begriff "FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2006™" sowie weitere artverwandte Ausdrücke sind so genannte Schutzmarken. Das bedeutet, die FIFA hat sich diese als Markenbezeichnungen schützen lassen, damit Verbraucher sicher sein können: Wo "FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2006™" draufsteht, ist auch "FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2006™" drin. Wir übernehmen bewusst diese Schreibweise, um zu verdeutlichen, dass Schenker für die Logistik des offiziellen Fussball-Globus FIFA WM 2006™ verantwortlich ist und nicht für irgendeinen Fußball-Globus. Abgesehen von dieser Ausnahme gilt selbstverständlich die Duden-gerechte Schreibweise: Fußball.
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 30.04.2006 um 20.07 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#657


Der SPIEGEL schreibt in seiner Ausgabe 18/2006, S. 99, von einem „Libero in der Agentur-eigenen Fußball-Elf“ (Unterstreichung von mir).

Darf er das?
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Gerd-Peter Kossler
Frankfurt/Main

Dieser Beitrag wurde am 23.03.2006 um 08.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#570


Stimmt, auch in der Grimm-Ausgabe von 1877 steht es mit drei l. Na dann.
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 22.03.2006 um 17.42 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#569


Doch: helllicht steht im Grimm, hellicht im DWDS (gefunden über http://www.woerterbuch-portal.de/).
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Gerd-Peter Kossler
Frankfurt/Main

Dieser Beitrag wurde am 22.03.2006 um 08.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#567


Ich bin bei der Fragestellung - meinem Sprachgefühl folgend - davon ausgegangen, daß "hellicht" eine Wortbildung analog zu "bucklicht", "struppicht" oder "nackicht" sei. Die auch im alten Duden vermerkte Zusammensetzung aus "hell" und "licht" kommt mir wie ein unsinniger Pleonasmus vor. Ich dachte, bei "helllicht" handele es sich nicht nur um eine potthäßliche, sondern auch lächerlich falsche Schreibung. Leider steht das Wort weder im Grimm noch im Kluge.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 13.02.2006 um 08.23 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#515


Siehe dazu meinen Beitrag »Über das Pedantische in der deutschen Lexikographie«, in: Im Wundergarten der Sprache. Beiträge gegen die Rechtschreibreform, hg. v. Stefan Stirnemann, Eggingen 2004, S. 75–80.
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Gerd-Peter Kossler
Frankfurt/Main

Dieser Beitrag wurde am 13.02.2006 um 08.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#514


"Helllicht" wird nach der neuen Rechtschreibung so, und nur so, geschrieben - weiß jemand etwas über eine Begründung dafür?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 08.02.2006 um 04.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#506


In neueren Duden steht abhanden, nur in abhanden kommen. Eine Überprüfung ergibt jedoch durchaus Treffer für abhanden sein, so im Taoteking, dt. v. Richard Wilhelm, Jena 1921: »Wenn der SINN abhanden ist auf Erden, / so werden Kriegsrosse gezüchtet auf dem Anger.«
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Jan-Martin Wagner
Jena

Dieser Beitrag wurde am 29.01.2006 um 12.35 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#502


Zum Bremsweg und dem möglichen Wissen darüber siehe auch hier.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 29.01.2006 um 12.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#501


Der erste DUDEN-Newsletter dieses Jahres befaßt sich unter anderem mit dem Gebrauch der Modi nach Verben wie "wissen", "verstehen", "feststellen". Als Beispiel aus der Literatur wird eine Passage aus Musils "Mann ohne Eigenschaften" herangezogen. Dort wird im Eingangskapitel ein Verkehrsunfall geschildert, dessen Zeugen u. a. ein Herr und eine Dame der besseren Gesellschaft werden. (M. führt zwei Hauptfiguren der späteren Handlung, Bonadea und Arnheim, ein - und führt sie doch zugleich nicht ein, indem er ihre vorgeschlagene Identität sofort wieder verwirft). Jedenfalls heißt es von der Dame: " ...sie wußte nicht, was ein Bremsweg sei..." - Duden behauptet nun, korrekt müsse es heißen: "was ein Bremsweg ist". Aber "die Freiheit des Dichterischen sei ja schon sprichwörtlich." Ich denke, der Autor hat hier ganz bewußt den Konjunktiv als Stilmittel gewählt. Dazu muß man ergänzen, daß zuvor ihr Begleiter erläutert hat, daß die schweren Kraftwagen einen zu langen Bremsweg hätten, wofür sie ihm "mit einem aufmerksamen Blick" dankt. Der Autor will uns nicht die Unwissenheit seiner Figur demonstrieren, vielmehr geht es um das Verhältnis zweier Menschen und ihre teils verbalisierte, teils unausgesprochene Kommunikation. Auch die penetrante Vielwisserei des P. Arnheim wird durch diesen Konjunktiv schon leicht ironisierend angedeutet. Dem Realismus der Unfallszene steht das Schwebend-Ungewisse der beiden Personen gegenüber. Wie plump und geradezu zerstörerisch wäre: "Sie wußte nicht, was ein Bremsweg ist."
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 02.01.2006 um 15.50 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#463


Wort-Trennung bei Seitenwechsel

Im Kinderbuch Indianerwinter von Kirkpatrick Hill
http://www.leseland.de//_uploads/Probekapitel/P-000614.pdf

ist der erste Seitenwechsel folgendermaßen „gesetzt“:

Das alte Haus, in dem sie mit Mama und Daddy gelebt
hatten, stand neben dem von Natascha. Tür und Fens-
ter waren nun, da niemand mehr in dem Haus wohnte,
mit Sperrholz zugenagelt und verrottende gelbe Bir-
kenblätter bedeckten die Stufen zum Eingang.
Beim Anblick des Hauses konnten Starker-Sohn und
Schwester es kaum glauben, dass sie jemals darin ge-


xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxx Seitenwechsel mit Umblättern xxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

lebt hatten.“ Das schien alles so lange zurückzuliegen.
Nur Töle lief manchmal zum alten Haus hinüber und
winselte und kratzte an der Tür ...



Neben dem Neuschrieb fallen mir zwei Dinge (unangenehm) auf:
1. Der Abschnittswechsel wird nur durch eine neue Zeile gekennzeichnet. Weder wird eingerückt, noch wird ein etwas größerer Zeilenabstand gewählt. Was ist, wenn – wie beim letzten Satz des ersten Abschnitts fast geschehen – Zeilen- und Absatzende zusammenfallen?
2. Wörter sollten nicht über Seiten (hier sogar über Blätter) hinweg getrennt werden. Mich stört die lange Pause, die ich beim Umblättern mitten im Wort machen muß.

Bücher werden für Leser gemacht. Ist es da wirklich zu viel verlangt, daß auch auf solche Kleinigkeiten geachtet wird? Man kann doch automatisch nach solchen Trennstellen suchen lassen – auch einsame erste Zeilen eines neuen Abschnittes am Seitenende gehören dazu – und das dann eben von Hand korrigieren, wenn der Automat das nicht von selber schafft.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 20.11.2005 um 05.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#386


Re: Umgangssprachliche Verlaufsform
Klaus Achenbach fragte vor längerer Zeit (<www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#140): "Ist eigentlich irgendwo 'geregelt', wie man die umgangssprachliche Verlaufsform, z.B. 'Ich bin am essen', schreibt?" Er schlägt Kleinschreibung vor, da "es sich um eine Verbform handelt". "Andererseits scheint [ihm] ja das 'am' einen impliziten Artikel zu enthalten." Der definite Artikel in der Kontraktion "am" sagt klar, daß wir es mit einem Substantiv zu tun haben. Natürlich hat dieses Substantiv "Essen" seinen Ursprung im Verb "essen"; es ist die deutsche substantivierte Verbform, die gleiche, die wir haben, wenn wir sagen, daß Schwimmen gesund sei. Obwohl sich auch bei mir etwas dagegen wehrt, in "ich bin am Essen" diese substantivierte Verbform groß zu schreiben (ich bin ja sowieso aus guten Gründen für "im Zweifelsfalle klein" [Desubstantivierung!]), muß ich es groß schreiben. Warum? Nun, wenn einer noch am Leben ist, dann denke ich ja auch nicht lange nach, wie ich "Leben" hier schreiben muß, — wo ich es doch mit dem gleichen Muster zu tun habe. Nur ist der Ausdruck "noch am Leben sein" standardsprachlich, da von vorschreibenden Stilisten abgesegnet, von allen akzeptiert, während "am Essen sein" den Geruch des Umgangssprachlichen mit sich schleppt, den man also im Zweifelsfall "besser vermeidet", um nicht als ungebildet zu gelten, und darum den "Verlauf" lieber adverbial ausdrückt: "er ißt gerade", also das benutzt, was wir ja auch für das englische "he is eating" deutsch sagen "sollen". (Das englische "eating" ist hier allerdings ein Präsenspartizip, während "Essen" in unserm "am Essen sein" als Form dem englischen "gerund", also der substantivierten Verbform, entspricht.) Die Großschreibung hier ist nirgends abgesegnet ("geregelt"), weil die Ausdrucksweise als "Verlaufsform" in schlechtem Ruf steht. Doch der Ausdruck ist auch durchaus deutsch und eben deshalb nicht totzukriegen, und als lebendige Sprache müssen wir sie auch schriftlich wiedergeben können. Nun, "when the going gets tough, the tough get going", — und die erkennen hier "Essen" als das, was es zu Rechtschreibzwecken ist.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 16.11.2005 um 20.57 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#376


Frau Merkel fordert von der Industrie etwas Ehrfurcht angesichts der schwierigen und mühevollen Koalitionsverhandlungen und des Ergebnisses. Den Zeitungen kommt das wohl etwas zu hochgestochen vor und sie setzen da vorsichtshalber Gänsefüßchen: "Ehrfurcht" (z.B. die F.A.Z.), die A. M. sicher nicht mitgesprochen hat. - Der Vergewaltiger und Mörder Maik S. wird zu lebenslanger Haft verurteilt. "Anschließende" Sicherheitsverwahrung wird angeordnet. (NWZ/AFP). - In seinem Schlußwort sagt der Täter, das Geschehene tue ihm furchtbar Leid. Dafür tut er nun wiederum uns leid - oder? - Der dänische Prinz Henrik schreibt Gedichte, u.a. "A mon te-ckel". (NWZ/dpa). Ist das dänisch, und wenn ja, wird im Dänischen so getrennt? Oder hat sich die reformierte Rechtschreibung als Exportschlager erwiesen?
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 21.09.2005 um 09.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#276


Das ist korrekt. Ich werde es der Dame, die mir diese Frage gestellt hat, sagen, auch auf die Gefahr hin, dass sie mich dann für humorlos halten wird. Ich nehme an, sie meinte den Fall, dass die Herausforderung nicht zu dem von der Herausforderin angestrebten Ergebnis führt.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 19.09.2005 um 13.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#272


Nicht der Herausforderer, sondern der Herausgeforderte muß die Herausforderung bestehen oder meistern.
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Wolfram Metz
Den Haag, Niederlande

Dieser Beitrag wurde am 17.09.2005 um 12.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#271


Gestern fragte mich jemand, ob denn eigentlich die Herausforderin, wenn sie die Herausforderung nicht bestehen sollte, als *Verlierin weiter durchs Leben gehen müsse.

Wer sich mit der Herausforderin nicht anfreunden mag, dem bleibt immer noch entweder der Amtsinhaber oder aber die Herausfordrerin. Mit dieser hätte vermutlich auch Adelung leben können, der meinte, die deutsche Sprache vertrage es nicht, dass der Ton auf „die vierte Sylbe vom Ende“ fällt. Wird also wohl erst mal nix mit saubererem Sprachgebrauch ...
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Jörg Metes
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 16.09.2005 um 11.04 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#270


Die Frage, ob man nicht eigentlich Herausfordererin (oder Zaubererin etc.) sagen müßte, taucht immer wieder einmal auch in de.etc.sprache.deutsch auf, und das wiederum in Fortsetzung von Betrachtungen, die bis ins 17. Jahrhundert zurückgehen: Hier etwa (Beitrag Nr. 8) zitiert Wolf Busch u. a. aus Kaspar Stielers "Sprachkunst" von 1691.
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 16.09.2005 um 10.20 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#269


Servus,

da ich (seltsamerweise) keine Beiträge gefunden habe, wo das folgende dazupaßt, hänge ich es mal hier an. Vielleicht kann ja ein eigener Strang eröffnet werden.

Männlich/weiblich, sex und gender
Vorhin hab ich im Radio (Bayern 2) gehört:
... die Herausfordererin des Kanzlers ... Herausfordererin – ein schwieriges Wort, vielleicht weil es so selten ist ...

Hm,
ich hätte Herausforderin gesagt. Belege lassen sich bei http://wortschatz.uni-leipzig.de/ für beide Formen finden, für die „Stottererinnen-Variante“ allerdings nur 7.

Wie bildet man (politisch und sprachlich) korrekt die weibliche Form von „subjektivierten“ Verben, die auf „-ern“ enden, wie z.B. „rudern“, „wandern“, „zaudern“?
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Wolfgang Wrase
Unterhaching

Dieser Beitrag wurde am 04.09.2005 um 04.15 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#263


A als auch B

Ich hatte weiter unten (am 29.03.) die Frage aufgeworfen, was davon zu halten sei, daß man diese Formulierung immer häufiger antrifft; darüber hatten wir diskutiert. Jetzt sogar ein Beleg im SPIEGEL (Nr. 36, Seite 139 unten):

Seinerzeit hatten schwedische Wissenschaftler herausgefunden, dass es zwischen 17 und ein Uhr als auch etwa um neun Uhr morgens besonders gefährlich ist, auf die Welt zu kommen.

In derselben Ausgabe kommt wieder mal ein sächliches "Klientel" vor, allerdings in den Leserbriefen, Verfasser ist ein Prof. Dr. Walter van Laack.

Das eine als auch das andere empfinde ich nach wie vor als falsch. Mal sehen, wie lange es noch dauert, bis die Mitmenschen mein Sprachgefühl verändert haben werden.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 01.09.2005 um 18.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#260


In der Zeitung lese ich heute als AP-Meldung, die SPD versuche "das Ruder noch herumzureißen". Das würde doch bedeuten, sie sei bisher auf falschem, unheilvollem Kurs gewesen. Ob die Führung das auch so sieht? Oder verstehe ich bloß zu wenig von der christlichen Seefahrt?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 05.08.2005 um 19.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#227


Doch, "nach sich ziehen" hat natürlich einen Infinitiv mit "zu": z. B. in "ohne (etw.) nach sich zu ziehen".
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Horst Ludwig
St. Peter, MN, USA

Dieser Beitrag wurde am 04.08.2005 um 07.48 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#222


Re: Frank Günthers Intuition
Wenn der alte Duden nichts hat, dann meint das "nach sich ziehen", — und man stolpert tatsächlich etwas über diese Schreibung, betont sie doch "ziehen" in einem Maße, daß sie uns gegen den Strich geht. Interessant (und wohl auch von einigem Einfluß auf unser zögerndes Schreiben hier) ist, daß dieses Verb mit reflexivem Objekt nur beschränkt gebraucht werden kann: Es hat keine Imperative, es toleriert keine Subjekte in der Ersten und Zweiten Person, und einen Infinitiv mit "zu" hat es wohl auch nicht. Das Perfektpartizip "nach sich gezogen" scheint ebenfalls den "ziehen"-Teil zu stark zu betonen; aber damit müssen wir wohl leben. Denn: "nach sich" läßt sich nicht so ohne weiteres als "trennbares Präfix" einordnen (Das zieht Folgen nach sich); es besteht aus zwei Wörtern.
Das soll keine Belehrung sein. Aber es ist wohl etwas eine Erklärung.
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Sigmar Salzburg
Dänischenhagen

Dieser Beitrag wurde am 29.07.2005 um 11.39 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#211


Gerade fällt mir auf, daß das Wort „Glimpfwort" weder in den gängigen Lexika noch im Leipziger Wortschatzlexikon zu finden ist. Mir ist es seit langem vertraut, und vereinzelt findet es sich auch im Internet. Es wird als Grimmsche Übersetzung von „Euphemismus" bezeichnet. Durch seinen eigenen Charakter könnte es gut dort seinen Platz finden, wo das andere zu glatt und zu festgelegt erscheint.
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Frank Günther
Rot

Dieser Beitrag wurde am 13.07.2005 um 16.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#172


Nach sich ziehen – nachsichziehen

"… welche Folgen dies nachsichziehen wird"

Soeben stolpere ich – einen eigenen Text korrigierend - über das Problem, welche Schreibung wohl korrekt ist. Intuitiv und ohne Nachdenken habe ich "nachsichziehen" geschrieben; ich betone auf der ersten Silbe und empfinde den Ausdruck auch als ein Wort – aber nun, bewußt darüber nachdenkend, kommen mir Zweifel.

Im alten Duden finde ich nichts, in einem alten Mackensen wird nur "nach sich ziehen" angegeben. Das Grimmsche Wörterbuch führt ebenfalls nur die Getrenntschreibung auf. Google bietet zwar eine überwältigende Anzahl von Getrenntschreibungen, aber andererseits immerhin auch eine erkleckliche Anzahl an Zusammenschreibungen, nämlich über 500 – so ganz aus der Luft gegriffen ist meine (falsche?) Intuition also offenbar nicht.


Ist die Zusammenschreibung vielleicht ein Austriazismus? Kann mir jemand auf die Sprünge helfen? Ich danke für jede Belehrung.

F. Günther

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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 24.06.2005 um 15.09 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#157


Es gibt im Englischen noch mehrere Beispiele dieser Art, z.B. economic und economical, historic und historical.
Economic heißt wirtschaftlich, economical dagegen sparsam. Ein historic event ist ein Ereignis von historischer Bedeutung, ein historical event ist schlicht ein Ereignis in etwas entfernterer Vergangenheit.

Das erinnert auch etwas an die Unterscheidung im Französischen zwischen dem homme politique (Politiker im positiven Sinne, Staatsmann) und dem politicien (Politiker der niederen Sorte, Politikaster).
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 24.06.2005 um 14.06 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#156


Sehr geehrter Herr Schultz,
Ihre freundliche Frage zu grammatisch und grammatikalisch erinnert mich an einen native speaker des Englischen, der mir erklärt hatte, warum ich in einem bestimmten Zusammenhang keineswegs classical sagen dürfe, nur classic sei möglich. Wenn es dann in dem (von mir geschätzten) "Webster's New World Dictionary of the American Language" unter classical heißt: 1. classic (und zwar in den Bedeutungen 1,3, 4 u. 5), dann erscheint mir das ähnlich wie die von Ihnen so anschaulich gemachte Qual: Ich kann sie leider nicht lindern.
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Verschoben
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 23.06.2005 um 21.40 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#155


Beitrag verfaßt von Konrad Schultz am 23.06.2005 um 17:28 Uhr

Herren Achenbach und Scheuermann: Der Unterschied zwischen Kompliziertheit und Komplexität ist allenfalls gering. Ein Problem wie das Ziegenproblem ist in der Formulierung simpel, nicht kompliziert, in der Lösung komplizierter, komplexer. Die Komplexität eines Problems drückt sich im Ressourcenverbrauch für die Lösung aus; diese kann in der benötigten Zeit, im benötigten Platz für das Notieren von Zwischenergebnissen, im Aufwand von Intelligenz oder in Anderem bestehen. Die Komplexitätstheorie (Komplizierheitstheorie sagt man im Deutschen nicht) untersucht den nötigen Aufwand. Praktisch bedeutsam ist die Verschiebung von Komplexitäten bei der Umkehrung von Problemen. Das schriftliche Multiplizieren hat eine quadratische Komplexität in Zeit und Raum: Für das Aufschreiben der beiden zusammen n-stelligen Zahlen genügen n Kästchen auf dem Papier, für die Multiplikation ungefähr n² Kästchen. Die Aufgabe, zu einem gegebenen Produkt zweier Zahlen die Faktoren zu finden, ist bedeutend komplexer. Wenn Sie ein dem Aufwand nach einigermaßen erträgliches Verfahren für das Zerlegen von Produkten beliebiger zweier 300stelliger Dezimalzahlen finden, können Sie sehr reich werden, oder berühmt. Nachzuweisen, ob eine Zahl überhaupt zerlegbar ist, ist dagegen verhältnismäßig einfach. Keine Frage, die Komplexitätstheorie ist kompliziert.


Beitrag verfaßt von Horst Ludwig am 23.06.2005 um 11:23 Uhr

Lieber Herr Scheuermann, lindern Sie bitte auch etwas meine Qual: Was ist der Unterschied zwischen "grammatisch" und "grammatikalisch"? In dem Film "Die zwölf Geschworenen" (so lange trage ich also das Problem schon mit mir herum!) korrigiert in der deutschen Fassung ein Einwanderer aus der Schweiz einem geborenen Amerikaner dessen "grammatisch richtig" in "grammatikalisch richtig" um. Aber ehrlich: so fein rede ich nicht. Denn wenn in den USA was "a grammatic mistake" ist, dann ist es auch ein "grammatical mistake", es sei denn, man will "grammatisch"/"grammatic" von vornherein als "den grammatischen Regeln entsprechend" definieren. Aber man könnte es durchaus auch als "die Grammatik betreffend" verstehen, und das tun doch die, die "grammatisch richtig" sagen, m. E. durchaus mit dem Recht, das sie als Muttersprachler auf den Lebensweg mitbekommen haben. Denn: Jeder versteht sofort, was sie meinen. Ihnen pleonastisches Daherreden vorzuwerfen, ist nicht recht, vor allem nicht, wo wir gerade jetzt sehen, was für Unsinn "den Regeln entsprechend" produziert werden kann, wenn "nach den amtlichen Regeln zur Rechtschreibung" beraten und geschrieben wird. — War in diesem Brief bisher alles grammatisch richtig oder nur grammatikalisch richtig oder wenigstens grammatisch (welch letzteres mir gar nicht so richtig liegt, denn mir geht es bei solchen Fragen darum, ob etwas den Strukturen einer Sprache entspricht)? Oder anders gefaßt: Sollte auch mein Problem "sowohl offen als auch außerhalb jeder rigiden Ahndung im schulischen Bereich bleiben"? Was können mir Leute, die natürlich und gekonnt deutsch sprechen, in dieser Frage raten? — Mit freundlichen Grüßen Ihr Horst Ludwig


Beitrag verfaßt von Wolfgang Scheuermann am 23.06.2005 um 08:47 Uhr

Um Herrn Achenbachs Qual zu lindern: Das bekannte Ziegenproblem ist äußerst simpel konstruiert (also nicht komplex oder vielschichtig), aber die Herleitung der Lösung kann durchaus kompliziert (vertrackt oder verzwickt) sein.


Beitrag verfaßt von Klaus Achenbach am 22.06.2005 um 20:32 Uhr

Eine Frage, die mich schon seit längerem quält: Was ist der Unterschied zwischen Kompliziertheit und Komplexität?
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 22.06.2005 um 19.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#152


In einem solchen Fall sollte man sowie anstelle von und schreiben.
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 22.06.2005 um 19.11 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#151


Komma vor „und“?
Der Spiegel, 24/2005, S. 148:
308 Personen gehören dem Unternehmen an: Ethnologen, Bauingenieure, aber auch Köche und Helfer, die bei 35 Grad Hitze rote Schubkarren mit Geröll füllten.

Also ich kann mir nicht helfen, mir fehlt vor „und Helfer, die bei 35 Grad Hitze rote Schubkarren mit Geröll füllten“ ein Komma. Ohne Komma wird (mir) der Bezug des Relativsatzes nur auf „Helfer“ etwas verspätet klar. Jedenfalls bin ich beim Lesen darüber gestolpert.
Wäre es ein „Fehler“, trotz der gleichrangigen Satzglieder, dort ein Komma zu setzen? Oder führt der Relativsatz dazu, daß die Satzglieder eben nicht gleichrangig sind und deshalb ein Komma – bei formaler Regelanwendung – zumindest nicht falsch ist.

Übrigens:
Im gleichen Artikel findet sich auch das schöne Hochland „Alta-
merika
“.
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 21.06.2005 um 13.41 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#144


Maria Laach schreibt man vermutlich nicht ohne Grund so, denn es liegt irgendwo auf halber Strecke des Nord-Süd-Gefälles, wo Maria Lach einigermaßen kurios klingen würde.
Im Süden wird die Lache, mit der nur das kleine stille Gewässer gemeint sein kann, denn für das Gelächter wird dieses Wort hier nicht gebraucht, kurz gesprochen. Verwechslungen kommen kaum vor, es sei denn, man trägt den Namen, mit dem ich gesegnet bin und dessentwegen man immer wieder meint, mich für einen Humoristen halten zu müssen. Meine Vorfahren haben eben an einer Lache gesiedelt, das ist alles.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 20.06.2005 um 22.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#142


Bei Lache scheint es ein Nord-Süd-Gefälle zu geben, im Norden lang (wie das verwandte Lake), im Süden kurz (daher die Schreibung Lacke).

Die Kleinschreibung am arbeiten finde ich auch angemessener als die Großschreibung. Sie findet sich auch häufig. Noch gilt das rheinische Gerundium ja nicht als hoch- und schriftsprachlich, aber das wird sich in den nächsten hundert Jahren wohl geben.
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 20.06.2005 um 20.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#141


Wasserlache
Die deutsche Ausprache ist ja an sich erfreulich einfach. Deshalb enthalten deutsche Wörterbücher - im Gegensatz zu englischen - häufig nur wenige Angaben zur Aussprache.
Kürzlich fragte ich mich, ob das Wort Lache (im Sinne von Wasserlache) eigentlich lang oder kurzen ausgesprochen wird. Weder mein Duden noch mein Wahrig (beide aus den 60er Jahren) gaben mir darüber Aufschluß. Schließlich wurde ich im Zeit-Lexikon, das ein offenkundig vom Duden übernommenes Wörterbuch enthält, fündig. Danach wird Lache in beiden Bedeutungen kurz gesprochen.
Ich neige allerdings dazu, die Wasserlache lang auszusprechen, vielleicht um den Unterschied zur "irren Lache" (von lachen) zu verdeutlichen.
Liege ich da völlig falsch?
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 20.06.2005 um 20.05 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#140


Umgangssprachliche Verlaufsform
Ist eigentlich irgendwo "geregelt", wie man die umgangssprachliche Verlaufsform, z.B. "Ich bin am essen", schreibt?
Ich meine, daß es sich um eine Verbform handelt, und deshalb klein zu schreiben ist.
Andererseits scheint ja das "am" einen impliziten Artikel zu enthalten. Müßte daher in reformierter Schreibung, erst recht nach 2004, nun nicht "Ich bin am Essen" geschrieben werden?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 18.06.2005 um 12.46 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#139


Re: Bezug
Darf man so sagen — oder schreiben? Was "erlaubt" die Struktur unserer Sprache? Und wann ist der Stil so schlecht, daß er nicht akzeptiert werden kann?
Die Struktur des Deutschen erlaubt den Gebrauch des Fürwortes "sie", auch wenn es "so weit entfernt" steht, "daß man aus dem Bewußtsein verliert" — ja was denn? Doch nicht, ob es sich "um einen Klassenbegriff handelt". Das Problem ist doch, wofür so ein Fürwort steht, — und das zu erkennen bzw. nicht aus dem Bewußtsein zu verlieren, helfen uns Zahl und Geschlecht — und Eindeutigkeit. Bei "sie" sind weiblich und Mehrzahl möglich; wenn es Satzgegenstand ist, zeigt allerdings die finite Verbform, welches von beiden gemeint ist. Die Entfernung kann aber sogar noch größer sein als in "Die Nation ist in einem schlechten Zustand, und deshalb hält sie zusammen." Mir ist sie jedenfalls noch nicht zu groß, wenn wir zwei Sätze haben: "Die Nation ist in einem schlechten Zustand. Genau das ist jedoch der Grund, weshalb sie zusammenhält." Wenn aber der Bezug unklar ist, haben wir ganz klar ein Problem: So sollte kein Ballon über den Garten des Professors fliegen, welcher platzt. Fürwörter tragen nur Sinn, wenn klar ist, wofür sie stehen. (Deshalb sagen einige Linguisten, daß "es" in "es schneit" kein Fürwort ist, — weil es sich nicht auf etwas Indentifizierbares bezieht, das vorher genannt wurde. Ganz interessant, nicht wahr?)
Wieweit "ein Einzelnes eben nicht 'zusammen'-halten kann": Hier darf man nicht zulassen, daß die grammatische Terminologie einem in die Muttersprache hineinredet. Natürlich hält die Nation zusammen. Sogar der Deutsche hält zusammen (und ich meine, nicht nur in einer ironischen Feststellung; aber hier könnte man anderer Meinung sein [die Verallgemeinerungen "Der Russe ist unfähig..." / Der Deutsche kann und kann einfach nicht..." / "Der Amerikaner muß immer ..." / "Und der Franzose will immer" hat man uns nach dem 2. Weltkrieg ziemlich erfolgreich ausgeredet]). Klaus dagegen hält ganz sicher nicht zusammen. Und warum nicht? Weil keiner das so sagt. Der sichere Sprachgebrauch nämlich setzt uns die Grenzen, nicht die grammatische Terminologie! So ist "der Tisch" männlich und "die Uhr" weiblich, aber das hat nichts mit Biologie zu tun. So ist "alle" doch bestimmt Mehrzahl, nicht wahr? Aber trotzdem nur, wenn alles genaue Hinhören nicht hilft. So sagen viele ach so sicher vorschreibende Grammatiker, Präpositionen stehen nur vor Ausdrücken mit Fällen. Aber der Polier, ein Fachmann auf seinem Gebiet, sagt: "Das ist der Beton für unters Fenster", wo also ein präpositionaler Ausdruck Objekt einer Präposition ist, und alle, die es angeht, verstehen es auf Anhieb. Und "bevor" ist die Konjunktion, und "vor" ist die Präposition, nicht wahr? Aber Brecht singt: "Doch vor es Nacht wird, ..."; und einige Freunde von mir, Studierte (und das heißt, Leute, die studiert haben [Aktiv!]; aber es sind natürlich auch welche, die von mir studiert werden [Passiv, — doch das gilt hier nicht!]), schreiben's mir in ihren Briefen auch so. Und wir alle sagen oft: "Das weiß ich nicht", obwohl es doch so vieles [Sg.] ist, was [Sg.] wir nicht wissen. Nehmen wir also, was kommt; — und hoffentlich kommt doch noch so manches Gute, — und ich erwarte davon doch mehr als nur eins! Nehmen wir also als Deutsch an, was ganz natürlich aus dem Munde von jemandem [mask.] kommt, der [mask.] Deutsch als Muttersprache spricht. Das hat Luther auch schon getan. Und er hat dabei besonders Müttern zugehört. Und gegen die sind, was unsere Muttersprache betrifft, taz-LinguistInnen doch nur Waisenmädchen und -knaben!
Und noch etwas, weil die Frage war: "Was kann man 'sagen'?" Schreiben tun wir so, daß der Leser lesen kann, was wir meinen. Zum Schreiben haben wir weit weniger Intonations- und Pausenzeichen, als wir manchmal gerne zur Verfügung hätten, von Handbewegungen ganz zu schweigen. Aber beim Schreiben hat der Leser die Möglichkeit, sich einen Satz zwei- oder dreimal oder sogar noch öfter vor Augen zu führen, ohne vor aller Welt [Sg.] gleich dumm dazustehen. So oder so ähnlich jedenfalls Thomas Mann. Und davon mache ich auch Gebrauch.
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 15.06.2005 um 12.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#136


Einzahl – Mehrzahl – Bezug

Was kann man „sagen“?

Meiner Meinung nach geht folgendes:
Wir halten zusammen.
Wir halten alle zusammen.
Die Nation hält zusammen.
Das Land ist in einem schlechten Zustand, und deshalb hält die Nation zusammen.


*Die Nation ist in einem schlechten Zustand, und deshalb hält sie zusammen.*
Das letzte gefällt mir aber nicht, denn „Nation“ ist von „sie“ so weit entfernt, daß man aus dem Bewußstsein verliert, daß es sich bei dem Pronomen in der Einzahl „sie“ um einen Klassenbegriff handelt, in dem viele Individuen zusammengefaßt sind. Auch wenn das natürlich kein Fehler sein kann – grammatisch ist ja alles korrekt –, zeugt es doch zumindest von schlechtem Stil.

Evtl. geht schon „Die Nation hält zusammen.“ nicht, weil ein Einzelnes eben nicht zusammen-halten kann. Wäre das Verb reflexiv, ginge das wohl schon, ähnlich wie bei „Er reißt sich zusammen.

Gar nicht geht:
*Klaus hält zusammen.*
*Der Deutsche hält zusammen.
*
Sondern:
Klaus und Karin halten zusammen.
Die Deutschen halten zusammen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2005 um 18.21 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#129


Läßt sich noch feststellen, ob dpa am "schrüben" schuld war? Die jetzt so leichte elektronische Übernahme schwacher Texte hilft natürlich auch nicht, mittels eigenem wirklich bedachtem Schreiben die allgemeine Kultur mit anzuheben. (Das wissen auch die Rechtschreibreformierer. Deshalb fühlen sie sich so sicher; sie würden ja von der Öffentlichkeit sowieso nicht zur Verantwortung gezogen.) — Ich werde diesen kleinen Briefwechsel hier zum Konj. II mal auch an die F.A.Z. schicken.
Übrigens, lieber Herr Lachenmann, das richtige Perfektpartizip zur Konj.-II-Form "schrüben" ist wohl "geschroben", doch parallel zu "schwören, schwur/schwor, geschworen". Möglich wäre auch, parallel zu "sprechen, spricht, sprach, gesprochen", "schreben", usw. Das Perfektpartizip von starken Verben hat nie einen Umlaut. (Mensch, und ich habe früher mal bei Sprachgeschichte nur höchst ungern mitgemacht! Aber sachlich richtig informiert, kann ich mich heute nur über die Ignoranz der Rechtschreibreformer aufregen. Es ist nicht zu glauben, welchen Bärendienst die dem deutschen Volke erweisen!)
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 09.06.2005 um 09.00 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#128


»Stimmen der Anderen« ist der Titel einer Rubrik der FAZ, »die Kinder schrüben« ist wörtlich aus der FAZ abgeschrüben.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 08.06.2005 um 22.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#127


Weiter Verschrobenes zum Konj. II

http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=271#860 (Viel Kritik an Beschluß zur Rechtschreibreform):
>>Der Schulbuchverleger Michael Klett nannte die nun für Schüler entstandene Lage "desolat". Die Eltern schrüben anders als ihre Kinder. Lehrmaterialien kursierten in drei Rechtschreibungen.<<

"Die Eltern schrüben"? Das ist doch wohl ein Druckfehler! Wie las man das in der Zeitung wirklich? War das o-Ton dpa? (Ich komme nur schwer an die Papierausgaben heran.)

Und: "Stimmen der Anderen" würde ich auch anders schreiben, wo da doch zwei andere zitiert werden, die im Dienste der Leser auch Gott sei Dank noch richtig schrieben. Falls jedoch "Stimmen der Anderen" ein Untertitel bei der F.A.Z. selbst war, dann ist das etwas anderes. (Ich selbst bin allerdings durchaus fortschrittlich und schreibe aus guten Gründen im Zweifelsfalle immer klein.) Trotzdem: Die F.A.Z. ist zwar einmalig; aber sieht sie sich selbst als so einsam einmalig an, daß die anderen Zeitungen für sie immer die also ganz Anderen seien?
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 05.06.2005 um 11.08 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#126


Mehrzahl von Ukas in
Duden. Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter. 18. Auflage, Mannheim 1980. S. 707:
Ukas der; -ses, se (früher: Erlaß des Zaren; allg.: Verordnung, Vorschrift, Befehl)“

Bei
wortschatz.uni-leipzig.de
steht es zwischen „Ukase“ : „Ukasse“ 9 : 15,
wobei es für „Ukasse“ keine Belege vor 1996 gibt. Davor schreibt selbst die TAZ:
„All seine Ukase sind nur ein Ablenkungsmanöver. (Quelle: TAZ 1991)“

Mehrzahl von Ukas in
www.dwds.de
Ukas, auch Ukas, der; Ukas(s)es, Ukas(s)e umg. oft spött. Befehl, Anordnung: Er schimpft furchtbar auf die Zentrale, zerreißt alle ihre Ukase in kleine Stücke Tucholsky Gestern u. Morgen 64

Mehrzahl von Ukas in
www.canoo.net
„Ukasse“
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Klaus Achenbach
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 04.06.2005 um 22.33 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#125


Bei kürzlichem Überfliegen der "Amtlichen Regeln" stieß ich auf den absonderlichen Plural "Ukasse", von Ukas. Jedem, der die russische Herkunft dieses Wortes kennt, muß sich bei diesem Plural der Magen umdrehen. Mein Duden (von 1961) kannte nur den Plural "Ukase".
Kann jemand sagen, ob der neue Plural auch eine der Errungenschaften der Rechtschreibreform ist? Oder hatte der Duden schon früher diesen Plural zugelassen?
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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 04.06.2005 um 12.29 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#124


Die DUDEN-Sprachberatung hat also zwar ihres eigenen Erachtens guten Gewissens ihre eigenen *Zweifelsfälle der deutschen Sprache* eingesehen, aber wirklich nicht im geringsten geholfen, die Wogen der wahren Fehden in den Büros zu glätten. Sie zitiert praktisch die *Zweifelsfälle*, zeigt jedoch gleichzeitig durch ihr Auslassen eines nützlichen Beispiels, daß man nichts Salomonisches einbringen kann, wenn man nicht versteht, worum es geht. So wie sie daherredet, können "die beiden Zeitangaben" eben nicht "auch als Teile einer Aufzählung verstanden werden."

Das Problem liest sich nämlich 1972 anders: "Am Montag, den 10. Juni 1960 lief das Schiff vom Stapel." Man beachte, daß hier in diesem Beispiel kein Komma nach der Datumsangabe gesetzt ist, — womit wir rein formal tatsächlich eine Aufzählung hätten und keine Apposition!

Nur — und das hätten die auch 1972 schon wissen müssen — entspricht dieser hergestellte Satz nicht richtiger Sprache! Wer redet denn so? In einem Satz hier: Pause nach "Montag" und keine Pause nach "1960"? Mit anderer Zeichensetzung entspräche dieser Satz vielleicht noch vernünftigem gesprochenen Deutsch: "Am Montag — den 10. Juni 1960 [also] — lief das Schiff vom Stapel." Aber wir hätten hier einen erklärenden Einschub und keinesfalls eine Aufzählung. Auch der herangeholte Vergleich mit der "Angabe des Ortes und der Zeit: Berlin, den 5. 12. 1970" kann hier nichts zur Sache tun.

Bei den Fehden "unstrittig" (um hier mal ein jetzt oft mißbrauchtes Wort richtig zu verwenden) ist jedoch — weil es ganz natürlicher und klarer Sprache entspricht — "am Freitag, dem 2. Juni". Das empfehlen wir allen, die richtig sprechen und nicht unbedingt auf alle Kosten recht haben wollen.
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 03.06.2005 um 20.13 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#123


So, ich hab mal Dudens „Zweifelsfälle der deutschen Sprache“ (2. Auflage 1972) bemüht. Dort steht (S. 72) ungefähr das gleiche:

„Der Monatstag kann aber auch als selbständige Zeitangabe im Akkusativ neben die Angabe des Wochentages gesetzt werden; es handelt sich dann um eine Aufzählung (vgl. die Angabe des Ortes und der Zeit: Berlin, den 5. 12. 1970):
Am Montag, den 10. Juni 1960 lief das Schiff vom Stapel.

Bei der Orts- und Datumsangabe z. B. auf Briefen – „Berlin, den 5. 12. 1970“ – kann ich das auch als Aufzählung verstehen: Ich schreibe den Brief in Berlin, und es ist der 5. 12. 1960.

Bestimme ich aber den Wochentag näher (!), kann ich nur eine Apposition sehen, und damit steht der Monatstag nur dann im Akkusativ, wenn vorher schon der Wochentag im Akkusativ steht:
Es besteht Übereinstimmung, den Termin auf Montag, den 12. Dezember, zu legen.“ (Unterstreichungen von mir)
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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 03.06.2005 um 09.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#122


Grüß Gott! Man kann Fachleute auch daran erkennen, wie sicher sie bei ihrer Arbeit mit ihrem Handwerkzeug umgehen. Wenn jedoch hier die DUDEN-Sprachberatung "guten Gewissens" ihrer eigenen Beraterei gleich salomonische Qualität bescheinigt, dann kann man sehen, sie wirbelt nur jovial mit Fachjargon herum, hat aber weder vom Problem eine Ahnung noch hält sie ihr Handwerkszeug gekonnt in der Hand; ja, sie hat nicht einmal alles nötige davon in ihrer Werkstatt.

Natürlich kann man die beiden Zeitangaben nicht "als Teile einer Aufzählung" verstehen! Und der Hinweis, "am Freitag, den 2. Juni" sei richtig, stiftet auch keinen Frieden bei den wahren Bürofehden hierzu, denn in den Büros gibt's nämlich auch Leute, die mitdenken und sich nicht von irgendwelchen selbsternannten "Fachleuten" einfach etwas einreden lassen, — sonst hätten wir da ja keine wahren Fehden!

Was sagen denn diese "Sprachberater" selbst, wenn sie ihre angebotenen Möglichkeiten mal einfach sprechen? Was haben sie denn in dieser Hinsicht mütterlicherseits auf ihren Lebensweg mitbekommen? Das sollten sie sich mal fragen, bevor sie andern was Nutzloses einreden (auch, so daß Salomon in seinem Grabe wieder zur Ruhe kommen kann)! "Die Datumsangabe steht dann im Akkusativ: 'am Freitag, den 2. Juni'." Aufzählung? Mit den entsprechenden Pausen? Bloßes Gerede! Derart sind also diese "Fachleute", die der KMK den Unsinn einreden, den die dann Freitag, den 3. Juni, falsch eingestimmt zwar, aber einstimmig aufs Volk losläßt!
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rr bth
Bayreuth

Dieser Beitrag wurde am 02.06.2005 um 21.27 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#121


Duden und Datum
Servus,
grade habe ich den Duden-Newsletter erhalten. Natürlich fällt da kein Wort über die Entscheidungen, die morgen gefallen sein werden.

Aber der Duden hat für uns nachgeschlagen:
„Wahre Fehden sind schon in manchen Büros ausgebrochen, wenn
es um die Frage der richtigen Formulierung der Datumsangabe
ging. Heißt es denn nun "am Freitag, den 2. Juni" oder "am
Freitag, dem 2. Juni"? Hier kann die DUDEN-Sprachberatung guten
Gewissens ein salomonisches Urteil fällen: Beide Versionen
sind richtig: Fasst man die Datumsangabe als Apposition zum
Wochentag auf, so stehen Wochentag und Apposition im gleichen
Kasus, d. h. im Dativ: "am Freitag, dem 2. Juni". Genauso gut
können die beiden Zeitangaben aber auch als Teile einer
Aufzählung verstanden werden. Die Datumsangabe steht dann im
Akkusativ: "am Freitag, den 2. Juni".“

Weshalb soll „am Freitag, den 2. Juni“ eine Aufzählung sein, bei der „den 2. Juni“ im Akkusativ steht? Ich verstehe das nicht.
-*Wir gehen am Freitag und den 2. Juni zur Pressekonferenz.(?)
- Wir gehen am Freitag und an dem 2. Juni zur Pressekonferenz.
- Wir gehen am Freitag und dem 2. Juni zur Pressekonferenz.

Wenn das eine Aufzählung sein soll, dann kann ich doch entweder den ersten oder den zweiten Teil weglassen:
- Wir gehen am Freitag und am 2. Juni zur Pressekonferenz.
- Wir gehen am Freitag zur Pressekonferenz.
- Wir gehen am 2. Juni zur Pressekonferenz.
Wo ist da ein Akkusativ?

Wobei wir natürlich nicht am Freitag und am 2. Juni – also zweimal – dorthin gehen, sondern dieser Freitag ist eben auch ein 2. Juni.

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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 01.06.2005 um 23.46 Uhr eingetragen.
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>>>
A und B
A sowie B
sowohl A als auch B
sowohl A wie auch B
A wie auch B
aber nicht
A als auch B
<<<

Ganz ehrlich: Für mich drücken "sowohl A als auch B" und "sowohl A wie auch B" lang dasselbe aus wie "A und B" kurz, und dasselbe drücken auch die anderen Möglichkeiten aus, auch die mit "aber nicht" beurteilte. Hier geht's also bestenfalls um Stil. Denn wenn ich weiß, daß schwedisch "och" deutsch "und" bedeutet und etymologisch zu deutsch "auch" steht, welches mit lat. "que" zusammensteht, der Postposition neben "et" für unser "und", und daß engl. "as" zu unserem "als" steht, für das bei uns so mancher beim Komparativ ganz natürlich, wie seine Mutter nämlich auch, "wie" benutzt, welches uns andern aber — eigentlich ohne guten Grund — wegerzogen wird, so daß wir lernen und nicht aufhören zu lehren, "ebenso wie" und "größer als" zu sagen, — wenn ich das alles weiß und in Betracht ziehe, da lasse ich die Leute reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Auch "A wie B" würde mich nicht stören. — Dem Korrektor bietet sich dieses "Problem" allerdings ganz anders dar, das verstehe ich. Da soll ja etwas schwarz auf weiß erscheinen. Und da müßte man, meine ich, mit dem Autor besprechen, ob er nach der Anzahl der Wörter bezahlt wird oder ob er aber mit der Kürze seines Ausdrucks in jeder Hinsicht Hemingways Stil nachahmen und den Nobelpreis anstreben will.

Manchmal höre ich, man dürfe keinen Satz mit "und" beginnen. Und Gott sprach: "Es werde Licht bei den Leuten, die nur vorschreiben können, aber nicht alles wissen." Und ward bei denen Licht? — Aber ganz ehrlich: Mir reicht A und B. (Oder muß man sagen: Mir reichen A und B?)

"Wenn etwas immer öfter geschrieben wird, ist es schließlich irgendwann richtig." Nicht immer! Für mich bedeutet "richtig" jedenfalls, daß man sich ohne großes weiteres Bedenken zu seinem eigenen Guten danach richten kann. Wenn eine Formulierung immer wieder zu Mißverständnissen führt und eine "bessere" diese Mißverständnisse vermeidet, dann ist erstere trotz andauernder Wiederholung eben nicht richtig, auch wenn sie eigentlich kein falsches Deutsch ist. Wer mag schon andauernde Mißverständnisse? Wer mag schon "Mir reichen A und B", wenn "Mir reicht A und B" gemeint ist? Aber ob ich in Heidelberg auf einer Bank gesessen bin oder ob ich in Hannover auf einer Bank gesessen habe, das hängt vom Sprachgebrauch ab. Diskutieren kann man, welcher Gebrauch der wirklich gebrauchten Sprache in einer gegebenen Situation der klügste — oder wenigstens der klügere — ist.
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Kratzbaum
*

Dieser Beitrag wurde am 29.05.2005 um 19.26 Uhr eingetragen.
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Voll und ganz

Heute mußte Frau Gerster im ZDF vorlesen, daß die Mehrwertsteuer um ganze vier Prozentpunkte (ziemlich wenig) angehoben werden soll. Wo sie doch um volle vier Prozentpunkte (ziemlich viel, nämlich 25%) angehoben werden soll. Das war wohl mal wieder unredigiertes dpa-Deutsch.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 21.05.2005 um 00.52 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#104


Zu Walter Lachenmann (30.04.2005 um 11:10:03 Uhr)
"Unsinn wird Vernunft, Plage zur Wohltat.":
Warum beschäftige ich mich mit so etwas wie "Man kann z. B. sagen 'Er hat so gut wie gewonnen', aber nicht 'Er gewinnt so gut wie.'"? Ich weiß doch, daß es "defektive Verben" gibt und singularia tantum und pluralia tantum, wenn mich mein Latein nicht täuscht. Vom deutschen Verb "bergsteigen" existiert doch auch nur der Infinitiv, und die englischen modalen Hilfsverben haben sie ebenfalls nicht alle beieinander, da gibt's doch fast nur noch das Präsens und den Konjunktiv II, keinen Infinitiv, kein Perfektpartizip, ganz, ganz selten noch ein Imperfekt, vom Imperativ sowieso zu schweigen. Und bei "Er hat so gut wie gewonnen" fällt mir also begeistert auf, daß wir hier ein schönes deutsches verbum deponens haben, so à la "odi - ich habe [direktes Objekt] gerochen und kann [es] nicht mehr riechen, und also hasse ich [es]". Denn "Er hat so gut wie gewonnen" ist zwar formal ein Perfekt, aber es beschreibt doch eigentlich einen gegenwärtigen Zustand. Die Vergangenheit hierzu wird nämlich mit der Struktur des Plusquamperfekts ausgedrückt: "Er hatte so gut wie gewonnen." — Aber, halt mal, wär das wirklich dasselbe wie "Er hat so gut wie gewonnen", bloß vergangen? O nein! "Er hat so gut wie gewonnen", da ist schon beinahe kein Zweifel mehr am Gewinnen eingeschlossen. Bei "Er hatte so gut wie gewonnen" ist aber stark doch genau das Gegenteil impliziert! Und weiter entdecke ich beunruhigt zur Form: Kein Präsens, kein Imperfekt, kein Futur, und letzteres heißt also: keinen Infinitiv! Es gibt ihn also nicht, den Infinitv, den ich zuerst hatte postulieren wollen: "so gut wie gewonnen haben" (wozu der hier immer hätte gut sein sollen!). Lachenmann bietet an: "Sobald das Verb erweitert wird, sieht es schon wieder anders aus: "Er hat so gut wie nie gewonnen" und "er gewinnt so gut wie nie". Aber in "Er hat so gut wie gewonnen" ist das Verb doch erweitert! Also muß die Art der Erweiterung den Defekt bewirken! Wer kann einem wie mir helfen?
Aber Lachenmanns Befürchtungen ("niemand tut es — bisher") kann ich wenigstens Gott sei Dank nicht teilen. Denn während beim ernstgemeinten "Verstehen Sie mich bitte nicht miß?" der Sprecher zwar den Witz nicht verstanden, aber sonst durchaus gut zugehört hat (es gibt ja viele Verben mit trennbaren Präfixen, und sie sind betont; da liegt also durchaus ein brauchbares Muster vor [und kleine Kinder, wenn sie sprechen lernen, haben diese Muster schon ganz schön intus, bevor sie den Mund aufmachen!]), ist mir beim noch so ernst vorgetragenen "er gewinnt so gut wie" nicht klar, was damit ausgedrückt werden soll. Bei Heinz Erhards "Verstehen Sie mich nicht miß" lachen wir ungeniert und frech los; bei "er gewinnt so gut wie" würden wir alle höflich warten, nicht wahr, — aber nicht zu lange. Ich jedenfalls habe leider auch anderes zu tun. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch.

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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 20.05.2005 um 10.51 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#102


Auch ich kann mich, sehr geehrter Herr Ludwig, dem Dank von Herrn Paulwitz nur anschließen. (Eigene Fehler sind immer lehrreich ... besonders, wenn man ertappt wird.)
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Thomas Paulwitz
Erlangen

Dieser Beitrag wurde am 20.05.2005 um 10.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#101


Vielen Dank für Ihre schöne Darstellung. Sie haben sich das genauer angesehen als ich. Manchmal ist man zwar geschaffen, aber zu geschafft, um zu schaffen.
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Horst Ludwig
St. Peter, MN 56082 USA

Dieser Beitrag wurde am 18.05.2005 um 22.26 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#100


Zu Thomas Paulwitz' Beitrag vom 30.03.2005:
Indirekte Rede ist das schon; es kommt nur darauf an, was die direkte Rede war. Dem Konj. II (der hier aus guten Gründen statt des Konj. I in indirekter Rede verwendet wird) liegt die Imperfektform zugrunde, und hier stellt sich also die Frage, ob wir es beim Verb "schaffen" mit schwachen Formen (schaffte/ hat geschafft) oder starken (schuf/hat geschaffen) zu tun haben, also die Frage, ob wer hier Arbeitsplätze (im Imperfekt mal) "schuf" oder "schaffte". Mir wurde früher vorgeschrieben, "Gott schuf Himmel und Erde" (aber wir schafften so etwas nicht), und Unternehmen, meine ich, tun ähnliches wie Gott, wenn sie Arbeitsplätze schaffen. Aber Scheuermann hat natürlich auch recht, wenn er meint: "'Schafften' an dieser Stelle wäre mir vermutlich als normal erschienen." Aber alles, was er hier sagt, ist eigentlich nur, daß ihm die schwache Imperfektform von "schaffen" in dieser Situation näher liege als die ursprüngliche starke.
Paulwitzens Erwartung eines Nachsatzes wie z. B. "wenn die Politik mehr Anreize böte" ist dagegen nicht gerechtfertigt. Er begrenzt den Konj. II auf den Irrealis, aber man benutzt ihn ja auch zum Ausdruck der Höflichkeit und zum ganz klaren Rechtsschutz bei indirekter Rede, wo die Konjunktiv-I-Formen und die Indikativformen gleich aussehen.
Daß man "schüfe" überhaupt noch kennt, ist für mich erstaunlich, denn der "Ersatz" durch "Infinitiv + würde" ist doch auf dem besten Wege, den "alten" Konj. II zu ersetzen. Wer weiß denn noch auf Anhieb, also ohne lange nachzudenken oder gar nachzuschlagen, den Konj. II von "stehen", "kennen", "sterben" oder "verbrennen"? Im Englischen ist aus dem biblischen "(If you had come,) he had not died" schon lange ein "he would not have died" geworden". Und gerade lese ich hier einen Artikel im *Minneapolis Star Tribune*, einer Tages(!)zeitung, zu einem neuen "woulda", wonach die "würde"-Konstruktion auch in den irrealen Bedingungssatz Einzug gehalten hat und in den modernsten Bibeln dann sicher bald die Leute zu Jesus sagen: "If you woulda come, he woulda not died."
Deutschland, hast du es besser? Hörte man da im Religionsunterricht noch gut zu und läse man nicht Bilderhefte stattdessen, schüfen wir so manches in dieser Welt, was andere nicht schafften — schüfen, — o mein Gott! Ja, wenn der uns doch hälfe - hülfe - hälfte ??? — Hilfe!!!
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Walter Lachenmann
Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 30.04.2005 um 11.10 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#80


Herr Ickler schreibt bei den Kommentaren zu Hans Kriegers Beitrag: »Man kann z. B. sagen "Er hat so gut wie gewonnen", aber nicht "Er gewinnt so gut wie".«

Man könnte schon, aber niemand tut es - bisher.

Sobald das Verb erweitert wird, sieht es schon wieder anders aus:
»Er hat so gut wie nie gewonnen« und »er gewinnt so gut wie nie«. Da geht beides.

Unsinn wird Vernunft, Plage zur Wohltat. So hört man in Diskussionen gelegentlich den als kleinen Sprachscherz zur Kennzeichnung der eigenen Lockerheit gesprochenen Satz: »Verstehen Sie mich bitte nicht miß«. Das geht so lange gut, wie jedermann weiß, daß es sich um einen Scherz handeln soll. Aber neulich las ich diesen Satz in einem völlig ernsthaft vorgetragenen Kontext (vermutlich in meiner Lieblingspostille SZ, die in der Journalismusgeschichte wegen ihrer in jüngster Zeit an den Tag gelegten orthographischen Kühnheit einen besonderen Rang einnehmen dürfte).
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 01.04.2005 um 14.02 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#44


"DIHK-Präsident Braun, sagte ..." - genau das verstehe ich unter indirekter Rede; insofern ist m.E. "schüfen" schon richtig. Mit der Paulwitzschen Ergänzung käme ich zu Konjunktiv II, Futur I.
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Thomas Paulwitz
Erlangen

Dieser Beitrag wurde am 30.03.2005 um 16.31 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#21


Vielleicht spielt bei diesen Interferenzen auch eine Rolle, daß Herr Wrase im süddeutschen Raum arbeitet, wo gerne "als" und "wie" verwechselt werden.

Das "sowohl" bei "A als auch B" könnte auch aus Sprachbequemlichkeit (netter gesagt: aufgrund einer Ellipse) weggelassen worden sein.

Zu Herrn Scheuermann. Auf "viele Unternehmen schüfen neue Arbeitsplätze" erwartet man z.B. einen Nachsatz wie "wenn die Politik mehr Anreize böte". Indirekte Rede ist das jedenfalls nicht.
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Reinhard Markner
Berlin

Dieser Beitrag wurde am 29.03.2005 um 19.54 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#18


Gewöhnlich sollte es sowohl . . . als auch oder sowohl . . . wie heißen, nicht jedoch sowohl . . . wie auch.
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Wolfgang Scheuermann
Dilsberg

Dieser Beitrag wurde am 29.03.2005 um 16.16 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#17


Ich stimme sowohl Ihrer Haltung als auch Ihrer Herleitung zu, lieber Herr Wrase. Allerdings ist für mich, ohne behaupten zu können, es ginge nicht, "sowohl mündlich wie auch schriftlich" etwas ungewohnt.
Hinnehmbar erschiene mir zusätzlich "mündlich wie schriftlich".

Gänzlich überrascht war ich heute morgen beim Hören der Nachrichten (um 6 Uhr, im DLF). Da hieß es:
"DIHK-Präsident Braun, sagte der «Bild»-Zeitung, viele Unternehmen investierten in Deutschland und schüfen neue Arbeitsplätze.
(Schreibweise und Zeichensetzung gemäß "dradio.de")
Ich weiß gar nicht, wann ich den Konjunktiv II Präsens von schaffen zum letzten Mal gehört hatte. "Schafften" an dieser Stelle wäre mir vermutlich als normal erschienen.
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Wolfgang Wrase
Unterhaching

Dieser Beitrag wurde am 29.03.2005 um 09.18 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#13


Schriftlich als auch mündlich?

Soll ein Korrektor das stehen lassen? Immer öfter, ich schätze mal einmal pro Woche, begegnet mir der Ausdruck A als auch B, ohne das übliche sowohl zuvor. Ich habe das bisher immer korrigiert (weit über hundertmal), ich habe also das sowohl hinzugefügt. Manchmal habe ich dazugeschrieben, was es (nach meiner Meinung) für Alternativen für diese Formulierung einer Summe gibt:
A und B
A sowie B
sowohl A als auch B
sowohl A wie auch B
A wie auch B

aber nicht
A als auch B
Ich habe eine Vermutung dazu, wie es zu dem letzteren Ausdruck kommt, von dem ich meine, daß er mir immer nur schriftlich, aber nie mündlich begegnet: Der Schreiber "vergißt", rechtzeitig sowohl zu schreiben. Er entscheidet sich für sowohl als auch, wenn er schon A zu Papier gebracht hat. Dann schreibt er einfach weiter als auch B, weil es ihm zu mühsam ist, vorne noch etwas einzufügen, vielleicht auch aus abgestumpftem Sprachgefühl. Oder irre ich mich? Wenn etwas immer öfter geschrieben wird, ist es schließlich irgendwann richtig. Wie würden die anderen als Korrektor verfahren?
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Walter Lachenmann
83666 Waakirchen

Dieser Beitrag wurde am 18.03.2005 um 23.03 Uhr eingetragen.
Adresse: http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=2#1


Darf man so sagen – oder schreiben?

Man möge uns die Anleihe bei Walter Heuer verzeihen und nicht als geistigen Diebstahl, sondern als Hommage an den klugen und sprachsicheren, langjährigen Chefkorrektor der Neuen Zürcher Zeitung betrachten, – aber der Titel, die er seinen 1976 in Buchform erschienenen »Kritisch-vergnüglichen Glossen zu unserer Gegenwartssprache« gab, paßt eben sehr gut zu dem, worum es in dieser Rubrik gehen soll: die vielfältigen, offenbar unvermeidlichen Stolpersteine in unserer Sprache.
Oder Fallstricke. Das waren schon zu Walter Heuers Zeiten die »Steigerungsformen zusammengesetzter Adjektive und Partizipien« - und seit der Rechtschreibreform haben sie an Tücke noch zugenommen. Als ersten Stichwortgeber unseres neuen Diskussionsforums lassen wir, sozusagen »post mortem« Walter Heuer zu Wort kommen. Den nachstehenden Beitrag haben wir seinem oben erwähnten Buch entnommen
(© Buchverlag der Neuen Zürcher Zeitung):



Die weitgehendste Maßnahme und die langfristigere Tragweite

«Ich möchte kein Rechthaber sein, aber Ihre Zeitung zu lesen ist mir ein Bedürfnis und bereitet mir Belehrung und Vergnügen.» Leser, die zu einer Reklamation einen so freundlichen Schluß finden, sind mir höchst sympathisch. Steine des Anstoßes waren diesmal die «weitgehendste Maßnahme» und der «naheliegendste Ausweg» in unserm Blatt. Fast gleichzeitig mit diesem Leser aus der Innerschweiz meldete sich ein Zürcher Rechtsanwalt mit der Frage, ob die «ausgehandelten Vereinbarungen von langfristigerer Tragweite» nicht eher von längerfristiger Tragweite seien. Beide Beanstandungen betreffen ein altes Problem, das die Grammatiker dauernd beschäftigt: die Steigerungsformen zusammengesetzter Adjektive und Partizipien.
Richtig ist an sich der Einwand, es könne etwas nur -gehend oder -liegend sein, nicht gehender oder gar -liegendst. Wer daraus aber den Schluß zieht, es müsse bei solchen Zusammensetzungen immer das erste Glied gesteigert werden, ist im Irrtum. Bei Dutzenden solcher Komposita ist nur die Steigerung des zweiten Gliedes möglich. Sonst müßte man von wohlsttuender Anteilnahme, von feinstsinnigen Geschenken, von kleinermütiger Haltung und von böserwilligem Verhalten sprechen können. Kein Mensch bildet aber die Vergleichsformen hier anders als durch Steigerung des Grundwortes: wohltuendste Anteilnahme, feinsinnigste Geschenke, eine kleinmütigere Haltung und ein böswilligeres Verhalten.
Daneben gibt es Fälle, in denen der Sprachgebrauch schwankt. Zu ihnen gehört gerade das vielgebrauchte weitgehend. Man darf nach der Grammatik von weitergehenden/weitestgehenden, aber auch von weitgehenderen/weitgehendsten Maßnahmen sprechen, von schwererwiegenden/schwerstwiegenden, aber auch von schwerwiegenderen/schwerwiegendsten Verfehlungen, von weitertragenden/weitesttragenden, aber auch von weittragenderen/weittragendsten Beschlüssen. Ebenso schwankt der Gebrauch bei weitblickend und zartbesaitet. In gewissen Fällen wird unterschieden zwischen konkretem und übertragenem Gebrauch: es gibt höherfliegende Flugzeuge, aber hochfliegendere Pläne.
Zu diesen schwankenden Fällen gehören aber keinesfalls die naheliegendste Erklärung (statt richtig: nächstliegende), die feinschmeckendere Sorte (statt feinerschmeckende), der schöngelegenste Teil der Stadt (statt schönstgelegene) und die schlechtbezahlteste Stelle (statt schlechtestbezahlte). Alle diese Beispiele verstoßen gegen das gute Sprachgefühl, genau wie das hochbesteuertste Einkommen (statt höchstbesteuerte), die weitverbreitetste Unsitte (statt weitestverbreitete). Auch das in einem Inserat kürzlich empfohlene leichtverdaulichere Kindermehl ist von der Grammatik noch nicht verdaut; sie verlangt ein leichterverdauliches.
Man sieht: so einfach, wie mancher sich dies vorstellt, ist die Sache nicht. Ein gutes Sprachgefühl wird jedoch den Schreiber meist das Richtige finden lassen. Es wird ihm überall dort die Steigerung auf dem ersten Glied nahelegen, wo beide Glieder noch ihre eigene Bedeutung bewahrt haben; die Steigerung am Schluß drängt sich dagegen auf, wo die Zusammensetzung zu einem einheitlichen Begriff verschmolzen ist, oft mit übertragener Bedeutung. Schwankend bleiben die Fälle des Übergangs, wo man so oder so empfinden kann. Im Zweifel ist zu raten, das erste Glied zu steigern.
Dem Gesagten mag unser Leser entnehmen, daß der «naheliegendste Ausweg» zwar als unzweifelhaft falsch gilt, die «weitgehendste Maßnahme» dagegen als Nebenform anerkannt ist. Für die «langfristigere Tragweite» wiederum würde auch ich eine «längerfristige Tragweite» empfehlen.
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